Specifying the nonspecific components of acupuncture analgesia

Specifying the nonspecific components of acupuncture analgesia

DZA Akupunktur Journal Club Deutsche Zeitschrift für German Journal of Acupuncture & Related Techniques im Behandlungsarm im Vergleich zum Kontro...

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DZA

Akupunktur

Journal Club

Deutsche Zeitschrift für

German Journal of Acupuncture & Related Techniques

im Behandlungsarm im Vergleich zum Kontrollarm. Auch der sekundäre Endpunkt wurde erreicht, Auftreten und Häufigkeit von Erbrechen waren im Behandlungsarm um die Hälfte geringer. Nebenwirkungen der Therapie mit Goreisan traten nicht auf. In der vorliegenden Studie wird Goreisan als interessante neue Therapieoption zur präoperativen Prophylaxe der PONV vorgestellt. Sollten sich die Ergebnisse reproduzieren lassen, könnte die Kampo-Rezeptur bald eine ernst zu nehmende Alternative zu Dexamethason werden. Die Studie wurde ausschließlich nach den Kriterien der modernen Medizin durchgeführt, die traditionelle Anwendung wurde erfolgreich neu interpretiert. Die methodische Qualität der Studie entspricht dem aktuellen Standard bei dieser Indikation. Leider wird das traditionelle Wirkprofil von Goreisan hier überhaupt nicht erwähnt und geht nicht in die Auswertung ein, obwohl unter den Autoren die führende Forschungsinstitution für Kampo-Medizin, das Kitasato Institut Tokio, vertreten ist. Solange die Ergebnisse solcher Studien signifikant sind, mag dieses Vorgehen legitim erscheinen. Allerdings wird so nur eine kleine Schnittmenge des Wirkpotenzials einer traditionellen Rezeptur beleuchtet.

Ein weiterer Schwachpunkt der Studie ist die einfache Verblindung und das Fehlen eines Placebos. Laut Autor war der Hersteller des Granulates nicht bereit, ein Placebo herzustellen. Es gibt aber auf dem japanischen Markt eine Fülle von Konkurrenzprodukten jeder Rezeptur, bei Tabletten wäre ein Placebo sicher einfach herzustellen gewesen. Wünschenswert wäre deshalb eine doppelblinde, plazebokontrollierte Folgestudie, um die Bedeutung der Rezeptur Goreisan zur Prophylaxe der PONV genauer zu untersuchen.

Literatur 1. Roewer N. Postoperative Übelkeit und Erbrechen – Ein Problem mit hoher Relevanz. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2009;44:278-9 PMID 19367531 2. Yamada K, Yagi G et al. Effectiveness of Gorei-san (TJ-17) for treatment of SSRI-induced nausea and dyspepsia: preliminary observations. Clin Neuropharmacol. 2003;26(3):112–4 3. Yamada K, Kanba S et al. Herbal medicine in the treatment of fluvoxamineinduced nausea and dyspepsia. Psychiatry Clin Neurosci. 1999;53(6):681 4. Apfel CC, Laara E, Koivuranta M et al. A simplified risk score for predicting postoperative nausea and vomiting: conclusions from cross-validations between two centers. Anesthesiology 1999;91:693–700

D O I : 1 0 . 1 0 1 6 / j . d z a . 2 0 1 4 . 0 2 . 0 1 1     3 2     D t. Z t s c h r . f. A k u p u n k t u r 5 7, 1 / 2 0 1 4

Specifying the nonspecific components of acupuncture analgesia Vase La,b, Baram Sc,d, Takakura Ne, Yajima He, Takayama Me, Kaptchuk TJf, Schou Sd, Jensen TSb, Zachariae Ra,g, Svensson Pc Pain. 2013 Sep;154(9):1659–67 a Department of Psychology and Behavioural Sciences, Aarhus University, Aarhus, Denmark; bDanish Pain Research Center, Aarhus University Hospital, Aarhus, Denmark; c Section of Clinical Oral Physiology, Department of Dentistry, Aarhus University, Aarhus, Denmark; dSection of Oral and Maxillofacial Surgery and Oral Pathology, Department of Dentistry, Aarhus University, Aarhus, Denmark; eDepartment of Acupuncture and Moxibustion, Tokyo Ariake University of Medical and Health Sciences, Tokyo, Japan; fBeth Israel Deaconess Medical Center, Harvard Medical School, Boston, MA, USA; gUnit for Psychooncology and Health Psychology, Aarhus University Hospital, Aarhus, Denmark

It is well known that acupuncture has pain-relieving effects, but the contribution of specific and especially nonspecific factors to acupuncture analgesia is less clear. One hundred one patients who developed pain of P3 on a visual analog scale (VAS, 0 to 10) after third molar surgery were randomized to receive active acupuncture, placebo acupuncture, or no treatment for 30  min with acupuncture needles with potential for double-blinding. Patients’ perception of the treatment (active or placebo) and expected pain levels (VAS) were assessed before and halfway through the treatment. Looking at actual treatment allocation, there was no specific effect of active acupuncture (P = .240), but there was a large and significant nonspecific effect of placebo acupuncture (P < .001), which increased over time. Interestingly, however, looking at

perceived treatment allocation, there was a significant effect of acupuncture (P < .001), indicating that patients who believed they received active acupuncture had significantly lower pain levels than those who believed they received placebo acupuncture. Expected pain levels accounted for significant and progressively larger amounts of the variance in pain ratings after both active and placebo acupuncture (up to 69.8 %). This is the first study to show that under optimized blinding conditions, nonspecific factors such as patients’ perception of and expectations toward treatment are central to the efficacy of acupuncture analgesia and that these factors may contribute to self-reinforcing effects in acupuncture treatment. To obtain an effect of acupuncture in clinical practice, it may therefore be important to incorporate and optimize these factors.

P. Bäumler Beschreibung Die Arbeit von Vase et al. [1], beschreibt eine randomisierte kontrollierte Studie, mit dem Ziel die Rolle unspezifischer Wirkfaktoren der Akupunktur zu untersuchen – im Speziellen die Erwartung an den Therapieerfolg und die Überzeugung eine Verum- und keine Scheinbehandlung erhalten zu haben. Insgesamt nahmen 101 Patienten teil, bei denen eine Extraktion des dritten Molars des Unterkiefers durchgeführt wurde. Sie erhielten nach OP entweder Verum-Akupunktur (die Haut penetrierende Nadeln), Placebo-Akupunktur (nicht penetrierende Placebo-Nadeln) oder keine Behandlung. Die Verum- wie auch die Placebo-Akupunktur zeigten im Vergleich zu keiner Behandlung einen signifikanten Effekt auf den

Petra Bäumler, MSc Interdisziplinäre Schmerzambulanz Klinik für Anaesthesiologie Klinikum der Universität München

Pettenkoferstr. 8a D-80336 München Tel.: +49 89 5160 3625 [email protected]

empfundenen Schmerz (Intensität, Unangenehmheit) nach dem Eingriff. Im Vergleich mit der sog. Placebo-Akupunktur fand sich lediglich ein Trend im Sinne einer stärkeren Schmerzreduktion durch die Verum-Akupunktur. Gruppierte man in der Datenanalyse die Patienten allerdings nach der Behandlung, die sie meinten erfahren zu haben (Verum- oder sog. Placebo-Akupunktur), so erging es den Patienten, die glaubten, echte Akupunktur erhalten zu haben, signifikant besser. Zusätzlich zeigte eine lineare Regressionsanalyse, dass die erwartete Schmerzstärke bis zu 69,8 % der Variabilität der tatsächlich erfahrenen Schmerzen ausmacht und dieser Einfluss über die Zeit zunahm.

Journal Club

Kommentar Liebe Damen und Herren der Acupuncture Trialist Collaboration, ihre fleißige Arbeit mittels zahlreicher Metaanalysen, die spezifische Wirkung von Akupunktur elegant mathematisch herauszuarbeiten [2], war leider umsonst. Mit einem einzelnen RCT konnten Vase et al. zeigen: Diese spezifische Wirkung gibt es nämlich gar nicht! Doch halten die vorgestellten Daten dieser Behauptung stand? Die Bezeichnung „Placebo“-Akupunktur, die die Autoren für die Kontrollintervention wählten, bei der nicht penetrierende Akupunkturnadeln verwendet werden, ist irreführend. Die Führungsröhrchen (ohne penetrierende Nadel) werden gegen die Haut der Patienten gedrückt und zwar an den Akupunkturpunkten, an denen in der Verum-AkupunkturGruppe die Nadeln gesetzt werden. Für eine solche Intervention gibt es einen Namen: Akupressur. Die Problematik sog. „Sham-Akupunkturnadeln“ wurde in der Literatur ausführlich beschrieben. Ihre Applikation ist kein inertes Verfahren, weshalb die Bezeichnung Placebo umstritten ist [3]. Im vorliegenden Fall wird die spezifische Wirkung des Nadelreizes gegenüber einem Druckreiz an spezifischen Akupunkturpunkten untersucht. Weitere spezifische Faktoren der Akupunkturwirkung wie z. B. Punktspezifität werden nicht betrachtet. Es ist ein altbekanntes Phänomen, dass sich die Therapieerfolge der Verum- und „Placebo-“ oder besser Sham-Akupunktur (nicht penetrierende Nadelung oder andere Scheinakupunkturverfahren) wenig unterscheiden. Herauszustellen ist bei dieser Studie, dass die Effekte beider Interventionen (Verum und sog. Placebo-Akupunktur) als klinisch relevant einzustufen sind. Ab einer Effektstärke von 0,8 spricht man von einem großen Effekt. Die sog. Placebo-Akupunktur erreicht Werte über 1 (auch unter Berücksichtigung der leichten Baseline-Unterschiede), und die Verum-Akupunktur liegt zu allen Zeitpunkten weitere 0,3 Einheiten darüber. Die Autoren zeigen, dass ein wesentlicher Prädiktor für die eigentliche Schmerzempfindung der erwartete Schmerz ist, und der Einfluss der Erwartung mit der Zeit zunimmt; sozusagen im Sinn einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Sie räumen aber ein, dass dies sowohl für pharmakologische als auch für komplementärmedizinische Verfahren gilt. Ob dieser Zusammenhang nun bei der Akupunktur besonders ausgeprägt ist, wäre z. B. im Vergleich mit einer medikamentösen Schmerzbehandlung möglich. Ein solcher wurde in der vorliegenden Arbeit allerdings nicht angestellt. Außerdem bleibt unerwähnt, dass zumindest in der frühen Phase des Experiments bei gleicher Schmerzreduktion der Einfluss der erwarteten Schmerzen in der Verum-Gruppe geringer ausfiel als in der sog. Placebo-Gruppe. Die Tatsache, dass sich die Schmerzempfindung in den beiden Interventionsgruppen nicht signifikant unterschied, jedoch die Patienten, die glaubten mit Placebo-Akupunktur behandelt worden zu sein, signifikant stärkere Schmerzen empfanden, als solche, die annahmen, sie hätten eine echte Akupunkturbehandlung erhalten, interpretieren die Autoren als Beleg dafür, dass die Überzeugung der Patienten, welcher Studiengruppe sie angehörten, eine größere Rolle für den Behandlungserfolg spiele als die eigentlich spezifische Wirkung der Akupunktur. Diese Schlussfolgerung erscheint aus folgenden Gründen nicht haltbar. Erstens, die Autoren lassen den Leser im Unklaren darüber, wie viele Patienten mit ihrer Annahme über Gruppenzugehörigkeit richtiglagen. Das heißt, ob die angestrebte Verblindung erfolgreich war und ob der Gruppenvergleich „Placebo angenommen“ vs. „Verum angenommen“ auf sinnvollen Fallzahlen beruht, kann nicht eingeschätzt werden. Nur am

Rande sei erwähnt, dass auch über den Erfolg der Verblindung der Therapeuten keine Angaben gemacht wurden. Zweitens wäre eine Aussage über die Größenordnung des Einflusses der Wahrnehmung der Therapie (Placebo oder Verum) gegenüber der spezifischen Akupunkturwirkung nur dann möglich, wenn diese für jede Interventionsgruppe separat vorgenommen worden wäre; sprich „Placebo angenommen & Placebo erhalten“ vs. „Placebo angenommen & Verum erhalten“ usw. Diesen Vergleich bleiben die Autoren allerdings schuldig. Außerdem wird eine Gegenüberstellung zur Kontrollgruppe in diesem Teil der Datenanalyse gänzlich außer Acht gelassen. Die gezeigten Graphen machen deutlich, dass Probanden, die dachten, sie hätten eine Placebo-Behandlung erhalten, weniger Schmerzen hatten als solche, denen keine Behandlung zuteil wurde. Die sonst stets angegebenen statistischen Größen (p-Wert und Effektstärken) des Vergleichs zu keiner Behandlung fehlen gänzlich. Eine zufällige Unachtsamkeit der Autoren und Editoren? Als dritter Kritikpunkt ist in diesem Zusammenhang noch anzumerken, dass die Einschätzung der Patienten, welcher Gruppe sie zugeordnet worden waren, erst nach der Therapie erfolgte. Es liegt also die Vermutung nahe, dass die Patienten, die weniger von ihrer Therapie profitierten, im Nachhinein folgerten, sie hätten gar keine „wirkliche“ Therapie erhalten. Die Autoren diskutieren diese Problematik, schließen sie aber schlicht auf Basis von Ergebnissen anderer Studien und „persönlicher Kommunikation“ mit den Patienten aus. Es scheint sich hier eher der Einfluss der erwarteten Schmerzstärke widerzuspiegeln, denn diese lag bei Probanden, die meinten eine Placebo-Behandlung erhalten zu haben, höher, also bei solchen, die dachten, sie hätten Verum-Akupunktur erhalten. Zudem verliert die Arbeit durch selektive Darstellung der vorliegenden Daten an Qualität. Die Autoren geben zwar an, sie hätten die Schmerzen, wie auch den Verbrauch an Analgetika über weitere sieben Tage beobachtet, allerdings seien diese Daten aufgrund des heterogenen Gebrauchs von Analgetika nicht interpretierbar. Nur weil Daten schwierig zu interpretieren sind, sollten sie nicht verschwiegen werden. Dies ist ein wissenschaftlicher Grundsatz, der besonders für ein derart renommiertes Journal wie Pain gelten sollte. Zusammenfassend bleibt vom vielversprechenden Titel der Arbeit und der mutigen Schlussfolgerung der Autoren, die Akupunktur hätte keine spezifischen Effekte, wenig übrig. Dass die spezifischen Wirkfaktoren (Nadelreiz, Punktlokalisation, usw.) nur einen moderaten Teil der gesamten Akupunkturwirkung ausmachen, wissen wir bereits. Hier wird der Einfluss des Nadelreizes untersucht, welcher erwartungsgemäß klein ist. Dass die Akupunktur KEINE spezifischen Effekte hätte, kann aus dieser Untersuchung aber nicht geschlossen werden. Auch dass die Wahrnehmung und damit verbundene Erwartung an die Therapie sicher einen beträchtlichen Anteil der unspezifischen Wirkung der Akupunktur (und übrigens auch von medikamentösen Interventionen) ausmacht, soll nicht bestritten werden. Wie stark dieser Einfluss ist, wird aus der vorliegenden Arbeit allerdings nicht deutlich.

Literatur 1. Vase L, Baram S, Takakura N, Yajima H, Takayama M et al. Specifying the nonspecific components of acupuncture analgesia. Pain 2013;54(9):1659–67 2. Vickers AJ, Cronin AM, Maschino AC, Lewith G, MacPherson H et al. Acupuncture Trialists C: Acupuncture for chronic pain: individual patient data meta-analysis. Archives of internal medicine 2012;172(19):1444–53 3. Zhu D, Gao Y, Chang J, Kong J. Placebo acupuncture devices: considerations for acupuncture research. Evidence-based complementary and alternative medicine: eCAM 2013, 2013:628907

D t Z t s c h r f A k u p. 5 7, 1 / 2 0 1 4     3 3     D Z A