Einfluß von FdUrd auf Enzyme der Thymidinphosphorylierung während des Streckungswachstums der Keimlinge von Sinapis alba L.

Einfluß von FdUrd auf Enzyme der Thymidinphosphorylierung während des Streckungswachstums der Keimlinge von Sinapis alba L.

Botanisches Institut der Universitat Heidelberg Einflu6 von FdUrd auf Enzyme der Thymidinphosphorylierung wahrend des Streckungswachstums der Keimlin...

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Botanisches Institut der Universitat Heidelberg

Einflu6 von FdUrd auf Enzyme der Thymidinphosphorylierung wahrend des Streckungswachstums der Keimlinge von Sinapis alba L. INGRID CAPESIUS Mit 3 Abbildungen Eingegangen am 29. Januar 1973

Summary The influence of FdUrd on the enzymes of phosphorylation of thymidine during the elongation growth of Sinapis alba seedlings. The enzyme activity of thymidine kinase and thymidylate kinase was studied in seedlings of Sinapis alba during 29 to 90 h after sowing. The maximum of the enzyme activities is reached later than that of DNA synthesis. Addition of FdUrd or thymidine 40 h after sowing results in an increase of the activity of thymidine kinase within the hypocotyls. On the other hand the activity of thymidylate kinase was decreased by addition of FdUrd by 30 to 57 0/0. This inhibition of the enzyme activty could be overcome by simultaneous addition of thymidine. A gradient of the activities of the two enzymes decreasing from the hypocotyl hook to the base was found.

Einleitung

1m Rahmen der Untersuchungen zur Hemmung des Streckungswachstums durch den DNA-Antagonisten FdUrd war aufgefallen, daB mit exogenem Thymidin die Hemmung von DNA und Streckung aufgehoben werden kann (Bopp, 1967; CAPESIUS und Bopp, 1970). Aus diesem Grund war es von groBem Interesse nachzupriifen, ob in Sinapis alba eine funktionsfahige Thymidinkinase (E.C.2.7.1.21) vorhanden ist. Einige Organismen sind nur in der S-Phase dazu fahig, Thymidin in die Zelle aufzunehmen (STONE et aI., 1968), andere konnen Thymidin aufnehmen, aber die Umwandlung und der Einbau in die DNA findet nicht statt, da die Thymidinkinase fehlt (KIT et aI., 1963). 1m Gegensatz zur Thymidinkinase wirkt die Thymidylatkinase (E.C.2.7.4.9.), die Thymidinmonophosphat zu Di- (TDP) und Triphosphat (TTP) phosphoryliert auf dem Hauptsyntheseweg der DNA. Wird der Hauptweg der Thymidylatsynthetase Abkiirzungen: FdUrd TMP

= =

Fluordesoxyuridin Thymidinmonophosphat

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TDP TTP

= Thymidindiphosphat = Thymidintriphosphat

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durch FdUrd gehemmt, so wird der Nebenweg notwendig, der aus dem von auBen angebotenen Thymidin, Thymidinmonophosphat liefert. In der vorliegenden Arbeit wurde gepriift, ob diese beiden Enzyme im Keimling vorliegen und FdUrd ihre Aktivitat wahrend des Streckungswachstums beeinfluBt. Material und Methoden Das Samenmaterial von Sinapis alba (Fa. Schoell, Stuttgart-Plieningen) wurde nach standardisierten Kriterien ausgelesen. Die Anzucht der Keimlinge erfolgte in Kunststoffdosen (9,5 X 9,5 em) auf vier Lagen vorgequollenem Chromatographiepapier (CAPESIUS und Bopp, 1970 a, b). ]e Schale wurden 30 Samen aquidistant ausgelegt und 4 ml dest. H 20 zugesetzt und im Dunkeln bei 25 ± 0,5 0 C angezogen. Die Zugabe von FdUrd oder Thymidin erfolgte 40 h naeh Aussaat auf gleiehe Weise wie bei den radioaktiven Markierungsversuchen (CAPESIUS et aI., 1972) durch Dbertragen der Keimlinge (Testa wurde vorher entfernt und 25 Keimlinge/Sehale weiter verwertet) mit der obersten Chromatographiepapierlage in andere Kunststoffdosen, urn eine Verwundung der Keimwurzeln zu verhindern. Die Anzucht erfolgte in allen Fallen im Dunke1n und samtliche Arbeitsgange wurden bei grunem Sieherheitslieht durehgefuhrt. N ach Versuchsende wurden die Pflanzen 3mal mit eiskaltem dest. H,20 gewasehen. Dureh sofortiges Schneiden auf einer vorgeklihlten Glasplatte trennten wir die Keimlinge in Radieula, Hypokotyl und Kotyledonen (+ Plumula) auf. In einigen Fallen wurden die Hypokotyle noch in verschiedene Abschnitte unterteilt. Pro Versuch wurde je 1 Dose mit 25 Pflanzen verwendet. a) Herstellung der Enzympraparate

Die Hypokotyle bzw. Kotyledonen wurden in tiefgeklihlten Morsern mit 1 ml 0,05 M TRIS, 0,15 M KCI Puffer, pH 7,5 bei -18 0 C eingefroren. Das Versuehsgut lieB sich im tiefgefrorenen Z\lstand pulverisieren, anschlieBend wurde mit 1 ml des gleichen Puffers flir 4 min gemorsert. Es folgte eine 3 min. Zentrifugation bei 3000 Umdr./min, urn Zellreste zu entfernen. Der nach sofort anschlieBender Zentrifugation bei 133 000 g in 90 min gewonnene partikelfreie Dberstand wurde zur Bestimmung der Enzymaktivitaten benutzt. Der Proteingehalt dieses Extraktes wurde nach der Methode von LOWRY et ai. bestimmt. b) Enzymtest 1. Bestimmung der Thymidinkinase-Aktivitat (E.C. 2.7.1.21.)

Die Bestimmung erfolgte in Anlehnung an BOLLUM und VAN POTTER (1959) sowie HILDEBRANDT (1970). Die Endkonzentration im Testgemiseh der einzelnen Substanzen betrug bei pH 7,5 (8 mM ATP, 80 mM TRIS, 100 mM KCI, 24 mM MgC1.2' 5 mM dCDP, 5 mM 3-Phosphoenolpyruvat 0,02 % Pyruvatkinase, 16,7 p:M3H- Thymidin spez. Aktivitat 20 C/mMol) und Enzymextrakt (0,4-0,8 mg Protein/ml). Die Reaktion erfolgte im zirkulierenden Wasserbad bei 25 0 C in ReaktionsgefaBen mit angesetzten VerschluBkappen (1,5 ml) in einem Volumen von 0,1 ml. Sofort naeh Zusetzen des Enzymextraktes wurden 20 ,Ill entnommen, die in bezug auf die Reaktionszeit als Nullproben dienen. Wahrend der Inkubation des Testansatzes wurden im Zeitabsehnitt von 20 min je gleiche Aliquote von 20 III auf Whatman-Deae-81-Papierstreifen (2 X 0,7 em) aufgetragen und die Reaktion bei der Temperatur des fllissigen Stiekstoffs unterbroehen. Naeh Fertigstellung einer Testserie werden die nicht ausgetauschten Substanzen durch 4maligen Wechsel in 1 mM Amoniumformiatlosung (je 500 ml fur 7,5 min) ausgewasehen. AnschlieBend werden die Papierstreifchen 2mal in dest. H 20 (500 ml fur 7,5 min) gebadet und zum AbschluB 2mal mit 96 % Methanol. Danaeh werden sie in Triearb-GHischen bei

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60° C tiber. 2 h getrocknet, abgektihlt mit Szintillator versetzt (PPO und POPOP in Toluol) und im Tricarb-Szintillationszahler der Fa. Packard die Menge an 3H-markiertem TMP bestimmt. Der Nullwert wird von jeder Probe abgezogen. Die Reaktion verlief tiber die gemessene Zeit von 60 min linear. Die Enzymaktivitat ist die Zahl der ipm/mg Protein X min an gebildetem 3H TMP. 2. Bestimmung der Thymidylatkinase-Aktivitat (E.C. 2.7.4.9.) Das Testgemisch wurde in Anlehnung an HILDEBRANDT (1970) hergestellt und enthielt die Substanzen in folgenden Endkonzentrationen: 80 mM TRIS, 27 mM KCI, 16 mM MgCI 2 , 10 mM ATP, 4,4 pM 3H TMP (spez. Aktivitat 11,4 C/mMol), 3 mM Phosphoenolpyruvat, 0,02 % Pyruvatkinase und Enzymextrakt (0,5-1 mg Protein/ml) bei pH 7,5. Der Testansatz umfaBte 0,1 ml in verschlieBbaren ReaktionsgefaBen bei 25° C. Aliquote von 20 ttl wurden auf Whatman-Deae-81-Chromatographiepapier (2,5 X 25 cm) pipettiert und bis zur Beendigung der Testserie in fltissigem Stickstoff aufbewahrt. Chromatographiert wurde bei Zimmertemperatur im aufsteigenden Verfahren mit 4 N Ameisensaure, 0,1 N Amoniumformiat fur 2,5-3 h. Nach AbschluB der Chromatographie werden die Streifen getrocknet und quer zur Laufrichtung in 1 cm breite Stticke geschnitten und die Menge an gebildetem 3H TDP und 3H TTP im Szintillationszahler bestimmt. Der Nullwert wird von jeder Probe abgezogen. Die Reaktion verlief auch in diesem Falle tiber die gemessene Zeit von 60 min linear. Die Aktivitat der Thymidylatkinase ist die Zahl der ipm/mg Protein X min an gebildetem 3H TDP und 3H TTP.

c) Chemikalien Thymidine (methyl 3H) 5'-monophosphate Amoniumsalz und Thymidine (methyl 3H) stammten von The Radiochemical Centre, Amersham. 5-FdUrd war eine Gabe der Fa. Hoffmann-La Roche, ATP, Phosphoenolpyruvat, Pyruvatkinase und Thymidin stammten von der Fa. Boehringer, dCDP von Calbiomem und alle weiteren Chemikalien waren pa Substanzen von Merck.

Ergebnisse

a) Thymidinkinase Wurden zu bestimmten Zeiten des Langenwachstums Enzymbestimmungen an Hypokotyl und Kotyledonen vorgenommen, so konnten unterschiedliche Enzymaktivitaten festgestellt werden. Zu diesem Zeitpunkt war die Enzymaktivitat sehr gering und stieg dann sowohl im Hypokotyl als auch in den Kotyledonen an und erreichte zur 64.-66. h nach Aussaat ihr Maximum (Abb. 1). Ais BezugsgroBe diente das Gesamtprotein, das in den Hypokotylen bis zum Endbestimmungswert (90 h) geringfiigig zu-, in den Kotyledonen aber abnimmt. Die Aktivitaten bezogen auf gleiche Pflanzenanzahl wiirden einen ausgepragteren Anstieg und Abfall der Enzymaktivitat ergeben. Bei Unterteilung eines Hypokotyls in drei gleichgroBe Abschnitte findet sich von oben nach unten eine abnehmende Proteinmenge, was sich bei Angabe der spezifischen Aktivitat auswirkt. Vergleichen wir die Enzymwerte (ipm) pro Abschnitt, so ist ein ausgepragter Gradient yom oberen zum unteren Hypokotylabschnitt zur 42. h nach Aussaat vorhanden, der bei Bezug auf den Gesamtproteingehalt jedoch verschwindet (Tab. 1). Nach 66 h ist dieser Gradient der spezifischen Aktivitat ausgepragt.

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EinfluB von FdUrd auf Enzyme der Thymidinphosphorylierung Aktivitiit

(a)

Hypokotyl

20

~

.S

15 .!

E

.b

.S

~

~ 10

o

Q: tn

~

E

.g.

441

---

5

.---_...-

--- ---

_--

.-'---

- - -- ,~ III

~

·s

3~

o

O"'"--....,....--..,----....,------r-"--~--~--~

30

'0

60

50

70

80

Aktivitiit

d: ~

90 h

(b)

J(otyledonen

20 C'\I

Q15 .S

E

·s

~ 10

~

- ... ---

tn

~ .~ 5

30

'0

--- --- ............... -

50 60 70 Zeit nach Aussaat

-..-._-80

Abb. 1. Spezifische Aktivitat der Thymidinkinase wahrend des Streckungswachstums von Sinapis alba. a) im Hypokotyl . - . Spezifische Aktivitat, . - - - . Protein mg/25 Hypokotyle; b) in Kotyledonen . - . Spezifische Aktivitat, . - - -. Protein mg/25 Kotyledonen. Zum Zeitpunkt der angegebenen MeBwerte wurden die Enzymaktivitatsbestimmungen durchgefiihrt. Tabelle 1 Thymidinkinase-Aktivitat in den verschiedenen Hypokotylabschnitten. Spez. Aktivitat (ipmjmg Protein X min) Hypokotyl 42 h Hypokotyl 66 h nach Aussaat nach Aussaat oben mitte unten

9527 11012 9216

16284 12640 9746

Da durch FdUrd vor aHem der Neueinbau von Thymidin angeregt wird (CAPEund Bopp, 1970 b), untersuchten wir auch den EinfluB dieser Substanz auf die

SIUS

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1.

CAPESIUS

Tabelle 2 EinfluB von FdUrd und Thymidin auf die Aktivitat der Thymidinkinase in Hypokotylen von

Sinapis alba.

Behandlung ab 40 h nach Aussaat fur 7 h fur 24 h

Spez. Aktivitat (ipm/mg Protein X min) 5

5 X 10-5 M FdUrd 5 X 10- M FdUrd 10-4 M Thymidin

Kontrolle

9246 15362

10762 17752

10590 16812

10-4 M Thymidin 10412 16395

Die MeBwerte sind Mittelwerte aus 3 resp. 6 Versuchen, die alle die gleiche Tendenz zeigten.

Enzymaktivitat. Vor allem interessiert dabei, ob zum Zeitpunkt, zu dem FdUrd die Einstellung des Streckungswachstums bedingt, eine Anderung dieser Enzymaktivitat vorhanden ist. Es wurden entsprechend Tabelle 2 vier Versuchsansatze durchgefiihrt. Nach 7 h waren zwischen Kontrollen und Parallelansatzen noch keine auBerlichen GroBenunterschiede der Keimlinge festzustellen, nach 24 h hingegen waren die mit FdUrd behandelten Pflanzen wesentlich kiirzer (CAPESIUS et aI., 1972). Wird gleichzeitig mit FdUrd

.-

Abb. 2. Quetschpraparate aus dem Streck.ungsgewebe von Sinapis alba. Zellkerne nach Feulgen angeHirbt. Markierung mit 3H-Thymidin 10 ftC/ml von 40-47 h nach Aussaat in Gegenwart von 5 X 10-5 M FdUrd.

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von FdUrd auf Enzyme cler Thymidinphosphorylierung

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Thymidin gegeben, so wird die Streckungshemmung aufgehoben. Die Ergebnisse in Tabelle 2 zeigen, daB durch die Gabe von FdUrd oder Thymidin die Enzymaktivitat cler Thymidinkinase geringfiigig aber regelmaBig gesteigert werden kann. Dieselbe prozentuale Steigerung ist auch nach 24 h vorhanden. Die Anderung der Enzymaktivitat hat demnach nichts mit der wiedereinsetzenden DNA-Synthese zu tun. Diinnschnitte und Quetschpraparate von Sinapis-Keimlingen, denen 5 X 10-5 M FdUrd in Gegenwart von 3H-Thymidin verabreicht wurde, zeigen eine intensivere Markierung der Kerne als FdUrd-freie Kontrollen. Auch die Zahl der markierten Kerne nimmt zu (Abb. 2). Markierungsmuster von FdUdr-freien Kontrollen sind in friiheren Arbeiten (CAPESIUS und Bopp, 1970 a; Bopp und CAPESIUS, 1971) publiziert worden.

b) Thymidylatkinase Bei Durchfiihrung der Aktivitatsbestimmungen der Thymidylatkinase in Hypokotylen von Sinapis alba war bereits 29 h nach Aussaat eine hohe Enzymaktivitat zu verzeichnen, die sich im Laufe der folgenden Stunden noch steigerte und dann ab 50. h abnahm (Abb. 3). Vergleicht man die Enzymaktivitat bei Unterteilung des

Aktivitat 8

O-+---...------.------.--oy---..........----r-----.---.

20

30

40

50

60

Zeit nach Aussaat

70

80

90 h

Abb. 3. Spezifische Aktivitat der Thymidylatkinase in Hypokotylen von Sinapis alba wahrend des Streckungswachstums . - . Die Enzymaktivitatsbestimmungen wurden zum angegebenen Zeitpunkt nach Aussaat vorgenommen. Tabelle 3 Thymidylatkinase-Aktivitat in den verschiedenen Hypokotylabschnitten. Keimlingsalter

42 h

Spez. Aktivitat ipmjmg Protein X min

oben mitte unten

159658 68952 18941

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Hypokotyls in drei gleichlange Abschnitte, so ist ein ausgepragter Gradient von oben nach unten festzustellen (Tab. 3), der in Beziehung zu einem Gradienten der Kernmarkierung steht (Bopp und CAPESIUS, 1971). FdUrd flihrte zu einem Abfall der Aktivitat der Thymidylatkinase bereits nach 7 h, die bei fortgesetzter Behandlung der Keimlinge nach 24 h, 43 % der Kontrollen betrug, jedoch bei gleichzeitiger Gabe von FdUrd und hoheren Dosen von Thymidin nicht auftrat (Tab. 4). Tabelle 4 EinfluB von FdUrd auf die Aktivitat der Thymidylatkinase in Hypokotylen von Sinapis alba. Spez. Aktivitat (ipmjmg Protein X min)

Behandlung ab 40 h nach Aussaat

Kontrolle

fiir 7 h fiir 24 h

72292 61872

5

5 X 10-5 M FdUrd 5 X 10- M FdUrd 10-4 M Thymidin 50272 26531

68318 60248

Diskussion Vergleicht man die Ergebnisse der Enzymaktivitaten und der DNA-Synthese bei

Sinapis alba, so erkennt man wahrend des Streckungswachstums (36 bis 66 h nach Aussaat) sowohl bei der Thymidinkinase als auch bei der Thymidylatkinase einen Anstieg der Aktivitat. Dagegen nimmt die DNA-Synthese 36 h nach Aussaat sowohl in Hypokotylen als auch in den Kotyledonen sehr stark abo Es besteht demnach im Sinapis-Keimling keine direkte Proportionalitat zwischen Enzymaktivitat und DNA-Synthese. Bei Weizen fanden WANKA und WALBOOMERS (1966) sowie KERN (1969) erst nach 36-48 h Keimdauer Thymidinkinase-Aktivitat, welche bis zur 96. h zunahm. Dieser Befund ist vergleichbar mit dem bei Sinapis alba, da zu Beginn des Streckungswachsturns der Hypokotyle (29. h nach Aussaat) ganz niedrige Enzymaktivitaten zu verzeichnen waren. Der hohe Anstieg der Aktivitat dieses Enzyms zu Beginn und liber den Zeitraum des linearen Wachstums (40 h-72 h nach Aussaat) ist moglicherweise flir den Umsatz von Thymidin im Keimling verantwortlich, das vermutlich aus dem Abbau von Reserven aus den Kotyledonen stammt. Die Enzymkurve hat groBe Ahnlichkeit mit der aus den Kotyledonen von Sinapis alba stammenden nicht durch AuBenfaktoren beeinfluBten Isocitratlyase (KAROW und MOHR 1967). FdUrd verursacht die Hemmung der Thymidylatsynthetase und als sofortige Folge eine Herabsetzung des Thymidylatpools und der DNA-Synthese, welcher eine Strekkungshemmung folgt, welche nur durch Verabreichung hoherer Thymidinkonzentrationen aufgehoben werden kann (Bopp, 1967; CAPESIUS und Bopp, 1970 b; Bopp et aI., 1972). Die Existenz einer funktionsfahigen Thymidinkinase im Sinapis-Keimling erklart die Aufhebung der DNA- und Streckungshemmung durch Thymidingabe. Darliber hinaus fordert eine Behandlung der Pflanzen mit FdUrd die Aktivitat der Thymidinkinase in gleicher Weise wie die Zugabe von Thymidin bzw. Thymidin

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EinfluB von FdUrd auf Enzyme der Thymidinphosphorylierung

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und FdUrd. Eine ausgepragte Steigerung des Enzyms durch FdUrd wurde bei Physarum polycephallum beobachtet (LINSER et aI., 1972). Vorbehandlung mit Thymidin fiihrte in Wurzelspitzen von Vicia faba zu einer erhohten Thymidinkinase-Aktivitat (MAcLEon, 1970) ein abfallender Gradient von der Spitze zur Basis war sowohl bei vorbehandelten als auch bei Kontrollen festzustellen. Eine spezifische Induktion der Thymidinkinase durch Thymidin, wie sie in den Antheren (HOTTA und STERN, 1963) beobachtet wurde, konnte fUr Sinapis alba nicht bestatigt werden. Dieses ist auch nicht zu erwarten, da die Enzyminduktion friiher stattfindet. Eine geringfiigige Aktividitssteigerung ist bereits nach 7stiindiger Gabe von FdUrd bzw. Thymidin nachzuweisen. Die bei Sinapis alba gefundenen Ergebnisse deuten darauf hin, daB die Fahigkeit zur Phosphorylierung des Thymidins mit der DNA-Synthese nicht direkt gekoppelt ist, da die Aktivitat der Thymidin- und Thymidylatkinase wahrend des dunkelbedingten Streckungswachstums nicht nur vorhanden sind, sondern sogar gleichzeitig mit der Abnahme der DNA-Syntheserate noch zunehmen. Es wurde nicht die Enzymmenge, sondern die Enzymaktivitat bestimmt. Die Thymidylatkinase hat etwa zur 48.-50. h nach Aussaat ihr Aktivitatsmaximum erreicht und nimmt dann abo Wurde die DNA-Synthese durch 7-24 h FdUrd-Gabe gehemmt, so war die Thymidylatkinase-Aktivitat verringert. Sie betrug nach 24 h nur noch 43 % der Kontrolle. Zu diesem Zeitpunkt war die DNA-Synthese stark und die Streckung vollstandig gehemmt. Wurde die durch FdUrd verursachte DNA- und Streckungshemmung durch hahere Gaben von Thymidin aufgehoben, war die Aktivitat der Thymidylatkinase die gleiche wie in der Kontrolle. Das wUrde darauf deuten, daB der Abfall der Enzymaktivitat auf eine Verringerung des Thymidylatpools zuriickzufiihren ist. Die gleiche Ursache kannte fiir den im Hypokotyl des Keimlings gefundenen Aktivitatsgradienten gelten. Der EinfluB von FdUrd auf die beiden Enzymaktivitaten ist demnach ein positiver auf die Aktivitat der Thymidinkinase, da es zu einer geringfiigigen Steigerung derselben fiihrt und ein negativer auf die am Bauptweg der DNA-Synthese liegenden Thymidylatkinase. Bei gleichzeitiger Gabe von FdUrd und hoheren Dosen von Thymidin wird iiber den Nebenweg das Thymidylat bereitgestellt und die Thymidylatkinase findet das natige Substrat vor, so daB Enzymaktivitat, DNA-Synthese und Strekkungswachstum den unbehandelten Kontrollen gleichen. Der EinfluB von FdUrd auf die Thymidylatsynthetase ist Ziel weiterer Untersuchungen. Herrn Prof. Bopp danke ich fur die wertvolle Diskussionsanregungen und Fdiulein MECHTKESTEN fur die sorgfaltige Mithilfe bei der Durchfuhrung der Versuche. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich fur die finanzielle Unterstutzung. HILD

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