Koffein- und theophyllinmutagenese bei zell- und leukozytenkulturen des menschen

Koffein- und theophyllinmutagenese bei zell- und leukozytenkulturen des menschen

MUTATION RESEARCH 249 K O F F E I N - UND T H E O P H Y L L I N M U T A G E N E S E B E I ZELL- UND L E U K O Z Y T E N K U L T U R E N DES MENSCHEN...

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MUTATION RESEARCH

249

K O F F E I N - UND T H E O P H Y L L I N M U T A G E N E S E B E I ZELL- UND L E U K O Z Y T E N K U L T U R E N DES MENSCHEN

~V. OSTERTAG

Institut fiir Humangenetik, Munster/Westf. (Deutschland) (Eingegangen den 26. Juli 1965) (Revision eingegangen den 22. Dezember I965)

SUMMARY

Caffeine and theophyllin mutagenesis in cell and leukocyte cultures of man The induction of chromosome (chromatid) breakage after caffeine exposure of human cells in culture (HeLa cells and leukocytes) is described. Caffeine induces chromatid and chromosome breaks which show linear increase with dose. At higher doses (above IOOO/~g/ml) the increase is greater than linear. The distribution of breaks per cell at these doses (1% caffeine) does not correspond to the Poisson distribution, the number of cells with abnormally high breakage per cell being higher than expected. Chromosomal aberrations requiring rejoining of two breaks are extremely rare. Often extensive gaps of the chromatid type were found especially at higher doses. Caffeine-induced breaks can only be found if at least one DNA replication occurs between the exposure to caffeine and fixation of the cells. Chromatid breaks and deletions of the caffeine-type reach a maximum lO-3O h and chromosome (isolocus) breaks 25-40 h after treatment. 5o-6o h after treatment the breakage frequency reaches that of the controls. The frequency of breakage remains constant independent of the time of exposure to 1% caffeine if the cells are treated up to 3 h in one cell cycle. Theophyllin is also active in inducing chromatid breakage in H e L a cells. The results and their implications are discussed.

EINLEITUNG

Koffein ist eine Purinbase, 1,3,7-Trimethylxanthin. Es wird medizinisch als Diuretikum gebraucht. Da Koffein in grossen Mengen als Genussmittel verwendet wird, ist die Frage einer Mutagenit/it yon Koffein beim Menschen von grosser Bedeutung. Die mutagene Wirkung yon Koffein wurde bei Pflanzen1%19, ~ und bei Bakterien%8,~, 14,~s,~e festgestellt. In weiteren Untersuchungen wurde die Mutagenit/it von Koffein bei Drosophilae, 4~ und bei Pilzen ~3,5o untersucht. Koffein behindert die Erzeugung yon atmungsdefekten Mutanten bei Hefen, die nach Einwirkung yon Acridinfarbstoffen entstehen k6nnen 3~. Die Befunde bei Drosophilae, 49 und bei M~iusen ~,~8 Mutation Res., 3 (1966) 249-267

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w . OSTERTAG

erlaubten bisher kein Urteil, ob Koffein auch bei diesen Organismen mutagen wirkt. l)araufhin untersuchten wir nochmals die Wirkung von Koffein auf Drosophila und konnten eine signifikante Erh6hung yon X-Chromosomenverlust nach Koffeineinwirkung feststellenaL In einer wwbergehenden Mitteilung as stellten wit eine Erh6hung der Bruchh~iufigkeit nach Koffeinapplikation bei HeLa-Zellen fest, Gleichzeitig fanden wir nach Einwirkung wm i~}i, Koffein starke morphologische Veranderungen an den Zellen. Elektronenmikroskopisch zeigte sich, dass naeh Kofleineinwirkung hauptsfichlich Ver~inderungen am Zellkern zu beobachten sin& Dieser fragmentiert und Kernreste werden aus dem Zytoplasma ausgestossen 4o. In der vorliegenden Arbeit wird iiber die Wirkung wm Koffein auf HeLa-Zellen und auf Leukozytenkulturen des Menschen beriehtet. METHODEN

Zur Untersuchung einer m6glichen Mutagenit~t bei menschlichen Zellen wurden HeLa-Zellen und Leukozytenkulturen des Menscben herangezogen. Die Zellen wurden in Eagle's Minimum Essential Medium geztichtet. Die Serumkomponente war f6tales K~lberserum. Die nicht essentiellen Aminos~iuren wurden, wie yon Eagle angegeben% der N~ihrl6sung zugefiihrt, Die Leukozytenkulturen wurden mit geringen Abweichungen (mit Eagle's Medium) nach der Methode yon MOORHEaD et al. "-9 geziiehtet. Die Chromosomenpraparate wurden nach einer von uns modifizierten Methode hergestellt a7 und mit Giemsa ~" gef~irbt. ERGEBNISSE

Bei Konzentrationen fiber Ioo/~g/ml ist Koffein (Theophyllin) toxischaL Bei tiber IOO #g/ml wachsen die Zellen anfangs noeh, nach etwa 5 Tagen Wachstum in Koffein (Theophyllin) nimmt die Zellzahl bzw. das Zelleiweiss ab, und nach mehr als 5 Tagen trennen sieh die meisten Zellen vom Glas und 16sen sich auf. Nach etwa 30 Min. zeigen sich nach Behandlung der HeLa-Zellen mit I°/'oiger Koffein-(Theophyllin)16sung die ersten morphologischen Ver~inderungen; die Zellen runden sich ab und verlieren ihren Halt an der Glasoberflache. Wenn man frische N~thrl6sung ohne Koffein zugibt, befestigen sich die Zellen wieder am Glas und entwickeln sich scheinbar normal welter. Bei bis zu 3 Std. Behandlung mit i% iger Koffeinl6sung werden die Zellen im Wachstum wenig behindert. Jedoeh ist die RNA-Synthese nach 6 Std. zu iiber 9o°4, gehemmt. Die DNA-Synthese geht weiter, ist bei dieser Konzentration aber vermindert. Bei etwas niederen Konzentrationen konnten wir keine Hemmung der DNA- und eine teilweise Hemmung der RNA-Synthese beobaehten (W. OSqTH
( a ) Koff ei~ ( Theop h3,llin )-i~duzierte C hromosomem bzw. C hromatidenbri~.che Koffein wurde in verschiedenen Konzentrationen (5oo-~o ooo ffg/ml) in Eagle's L6sung den Zellen (HeLa-Zellen bzw, Leukozytenkulturen) zugegeben. Die Zellen wurden eine Stunde lang behandelt und die N~hrl6sung mit normaler Eagle's L6sung ausgetauscht. 25 Std. naeh Zugabe der Koffeinl6sung wurden die Zdlen fixiert a~. 1~fz~taNoJ,1 lees., 3 (1966) 249-267

KOFFEIN- UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

251

Art der BriAche. Die Chromosomen zeigten nach Behandlung mit Koffein, besonders bei h6heren Dosen, zahlreiche Chromatiden- und wenig Chromosomen-(Isolokus)brtiche. Fast keine komplizierten Aberrationen wurden gefunden. Der Typ der durch Koffein und Theophyllin produzierten Briiche ist in Fig. I illustriert. H/iufig sind bei h6heren Dosen auch Deletionen (wobei das fehlende Stiick vielleicht nie gebildet worden ist), die als grosse Liicken (gaps) zytologisch sichtbar sind. Dies macht wahrscheinlich, dass diese Art Deletionen nicht infolge eines Zweibruchereignisses entstehen. Bei niedrigen Dosen nimmt die Anzahl der Deletionen ab, die Briiche sind weniger deutlich sichtbar. Eine Erh6hung der Bruchh~iufigkeit gegeniiber den Kontrollen wurde his zu einer Dosis von 500 #g/ml gefunden.

o

W

D

=

Fig. I. (a) T h e o p h y l l i n i n d u z i e r t e Brtiche (i.3~o, I Std.) F i x i e r u n g n a c h 3 ° Std. HeLa-Zellen. (b) Koffein ( i /o/ o , i Std.) F i x i e r u n g n a c h 24 Std. Deletionen (D). HeLa-Zellen. (c) Koffein (i~o , i Std.) F i x i e r u n g n a c h 24 Std. Zelle m i t t i b e r d u r c h s c h n i t t l i c h vielen C h r o m a t i d e n b r t i c h e u n d Deletionen. HeLa-Zellen. (d) Koffein ( i % , i Std.) F i x i e r u n g n a c h 24 Std. C h r o m a t i d e n (CTD) u n d C h r o m o s o m e n (Cs) B r u c h . HeLa-Zellen. Mutation Res., 3 (1966) 2*,9-267

252

W. OSTE R'[AG

Das Missverhfiltnis zwischen Translokationen und einfachen l-~rii('hen, d.l~ (li(, fehlende Bereitschaft der Bruchenden mit anderen Bruchenden zu v('rkM)(~u, ist charakteristisch fiir koffein- und theophyllininduzierte Brtiche und finder si(h niclJl bei den anderen yon uns untersuchten Agenzien (Actinomycin, Proflavin, .qth\-loJaimin, Mitomycin und Daunomycin)a". ~:{hnliches t)erichteten NICHOLS [N l) K It[I.MaN"a, aa-a5 ffir durch Viren und dutch Desoxyadenosin verursachte l~rii('he, l)as mehrfache Vorkommen von Translokationen in wenigen Zellen a~ bei einem sonsti
(b) Liuearitdt Wenn man die niederen untersuchten Koffeinkonzentrati(men vcxgleicht, zeigt sich ein linearer Anstieg der Bruehh~iufigkeit, der, naeh unten extrapoliert, die Kontrollhfiufigkeit ergibt. Die l)osisabhfingigkeit in den unteren Regionen ist wahrscheinlich linear. Niedrige Dosen an Koffein wtirden demnach entsprechend der Dosis Brtiche verursachen as.

(c) Bruchhdufigkeit pro Zelle Wenn man die Bruchh/iufigkeit pro Zelle bei h6heren Dosen mit der Poissonverteilung vergleicht, zeigt sich, dass ein l';berschuss an Zellen vorhanden ist, in denen unverhfiltnismfissig viele und wenig Chromosomenbrtiche zu finden sind (Tabelle I). Die Bruchh~iufigkeit pro Zelle entspricht der Poissonverteihmg, wenn mehr als 45 Std. nach der Behandlung mit Koffein vergangen sind (Tabelle II). Die Zellen mit abnormal hoher Bruchh~tufigkeit erklfiren vielleicht die mehr als lineare Zunahme der Bruchhfiufigkeit bei h6heren Dosen. Die vorhandenen Deletionen wurden als IBruchereignisse bzw. als i-Trefferereignisse bebandelt, da im allgemeinen kein deletiertes Stiick zu finden ist. TABEI,t~]¢ THEORETISCH

1 ER\VARTF.T|'~ U N D

N o f f e i n r. 5 S t d . B e h a n d l u n g Bruchzahl pro Zelle = 14.o.

Z a k l der Brfiche pro Zelle

GEFUNDENE

I°'i g e 1.6sung.

N a c h tier Poisso)zl ' e r l e i l u n g erwartc/

%

o

8.3i

1- 3

4.24-

- to 5 to

~

BRI.TCHVF.RTEILUNG

Fixierung

nach

Zrlh n Gqfu~T&m

v

PRO

ZEI.IA~

2 4 , e 8 , 33 S t d .

2~>

3

)-42

i7

8.o0

4 -6 7-9 t o 12

~ .37 9.48 24. 9

33 33 2.5

I5.0 r5.6 i i. 9

13

15

30.5

28

13.3

10 -IS

21. 7

I7

8.o0

lO 2 t

8.88

~5

7.1t

22

2. tO

I I

5.22

0.44 5.0' lo ~ 5.6- to a 3.13 " xo-~

S .5 Ir i ~

3.8o 2.37 5.21 0.47 ~.9o

24

-'5 2 7 28 3 ° 31-4 ° 4 T ,5° 51 u n d Total

mehr 100

M u t a t i o , , tees., 3 ( 1 9 6 6 ) 24 () -267

2I 1

IOO

Durchschnittliche

KOFFEIN-

253

UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

TABELLE

II

THEORETISCH ERWARTETE UND GEFUNDENE BRUCHVERTEILUNG PRO ZELLE K o f f e i n 1. 5 S t d . B e h a n d l u n g I % i g e L 6 s u n g . F i x i e r u n g n a c h 45, 57 S t d . D u r c h s c h n i t t l i c h e B r u c h z a h l p r o Zelle = 0.634.

A n z a h l der Briiche pro ZeUe o I 2 3 4 5 ulld lnehr

N a c h der PoissonVerteilung erwartet

%

53.1 33.6 lO.6 2.2 0"3 o.I

Total

Zellen Gefunden

~:o

x

73 42 9 5 2 o

IOO

55-7 33-1 6-87 3.82 1.53 o

131

IOO

(d) Bruchhaufigkeit in Abhdngigkeit vonder Einwirkungszeit Die Bruchh~iufigkeit nach verschieden langer Einwirkungszeit yon 1% Koffein und Fixierung der Zellen 24 Std. nach Beginn der Einwirkung wird in Tabelle III und Fig. 2 zusammengefasst. Die Gesamtzahl der Brtiche bleibt bei 3o-mintitiger his 3-sttindiger Einwirkungszeit etwa gleich, steigt dann aber stark an. Der starke Anstieg nach iiber 3 Std. ist nicht vorhanden, wenn man Zellen mit sehr hoher Bruchh~iufigkeit (mehr als 15 Brtiche pro Zelle) ausklammert. Die Verteilung der Bruchh~iufigkeit nach tiber 3 Std. entspricht nicht der Erwartung (Poissonverteilung) und erkl~irt sich wahrscheinlich durch die dann eintretende allgemeine St6rung des Stoffwechsels, die sich licht- und elektronenmikroskopisch in einer Kernfragmentierung, Vakuolisierung des Zytoplasmas und in einem Ausstossen von Kernfragmenten ~iussert. Nach tiber 5 Std. findet man praktisch keine intakten Zellteilungen mehr. Sehr h~iufig finden sich dann Zellkerne und Kernreste mit kondensiertem Chromatin, aber noch vorhandener Kernmembran. Wenn man also von den wahrscheinlich sekundiiren Bruchereignissen bei dieser hohen Dosis und l~tngeren Einwirkungszeit absieht, spielt die Zeitdauer der Einwirkung der Koffeinl6sung innerhalb eines Zellteilungszykluses keine Rolle. Die Bruchh~iufigkeit ist nur abh~ingig v o n d e r Gesamtdosis (Tabelle III, Fig. 2). TABELLE

III

BRUCHHAUFIGKEIT IN H E L A ZELLEN IN ABHANGIGKEIT VON DER DAUER DER EINWIRKUNG VON 1 % KOFFEIN Zeit der ±% K o ~ e i n behandlung (Std.)

lnsgesamt A n z a h l der BriOche ChromoA n z a h l A n z a h l pro somen Chromosom

Zellen, ausgenommen mit Anzahl Bruchanzahlen i~ber z 5 der pro zelle Zellen A n z a h l der BriOche ChromoA n z a h l A n z a h l pro somen Chromosom

Mitosen Anzahl Anzahl × Ioo pro Zelle

Kontrolle 0.5 I 2 3 4.5 6

7348 3o69 3o53 3o19 2933 630 o

7348 2899 2993 2891 2605 13o o

114 122 115 114 45 3° o

io 318 29o 252 356 465 o

o.ool 4 O.lO4 o~95 o.084 o.121 1.35 --

io 264 270 208 23 ° 20 o

o.ool 4 o.o91 0.090 o.o72 °.117 o. 16 --

289o 3390 4290 414 ° 12250 13450 IOOOO

3.9 3.6 2. 7 2.8 0.37 0.22 o

M u t a t i o n Res., 3 (1966) 2 4 9 - 2 6 7

w . OSTE R'iAG

254

15

E

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4

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yon 1% Koffein

in S t u n d e n

F i g . 2. b i o f l e i n (I 0~), A b h ~ n g i g k e i t tier B r u c h h / i u f i g k e i t y o n d c r D a u e r (ler E i n w i r k u n g . F i x i e r u n g 2 4 Std. nach Beginn der Einwirkung. HeLa-Zellen. , Briiche pro Chromosom, (;esamtzahl; , B r i i c h e p r o C h r o m o s o m ( a u s g . s o l c h e in Z e l l e n t i b e r t 5 B r i i c h e p r o Z e l l e ) ; . , Abnahme d e r M i t o s e z a h I m i t d e r D a u e r tier E i n w i r k u n g s z e i t y o n I ° o l ( o f f e i n .

(e) Theophyllin und Theobromi,z Theophyllin induziert, ~ihnlich wie Koffein, Chromatidenbr/iche, aber ist weit weniger wirksam als Koffein (Tabelle IV, Fig. i)'I.3%ige Theophyllinl6sur~g erzeugt et1 / ". Koffeml6sung. ' wa dieselbe Anzahl Chromatidenbrfiche wie e'ne o. • o.2 O,olge Vorl~ufige Ergebnisse zeigen, dass auch Theobromin in einer o.o6Cl.~,igen Konzentration Brtiche in HeLa-Zellen verursacht. Diese sind in ihrer Art ~ihnlich wie die dnrch Koffein induzierten und die Bruchhfiufigkeff entspricht etwa der nach Koffeinapplikation. TABEL1A,~ IV ]~RZELIGUNG

VON

Theophyllin

I Std. Behandlung

Kontrolle Theoph yllin

(HROI~ATIDENI3RL'CHI']N

DURCH

THEOPHYLLIN

[.3°,oige L 6 s u n g . F i x i e r u n g n a c h 3 ° S t d . H c L a - Z e l l e n .

,4 nzahl der Chromosomen

Chromatidenbriiche \,2 0~ pro Chromosom

32o8 2770

,3 ()~

3lutalion Res., ,3 ( r 9 6 6 ) 2 4 0 e(~7

o.to 2. 4

KOFFEIN-

255

UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

(f) Die Abhdngigkeit der Koffeinmutagenese in HeLa-Zellen vonder Behandlungszeit im Zellzyklus HeLa-Zellen haben, wie L A J T H A et al.41,~2 zeigen konnten, den folgenden Zellzyklus: Nach der Mitose geht die Zelle durch die Interphase, die in drei Teile eingeteilt werden kann, in die G1-Phase, die 8- 9 Std. dauert, dann die DNA-Synthese Periode, kurz S-Phase, die etwa 6 Std. anh/ilt und anschliessend, vor der n/ichsten Mitose, die G2-Periode, in der keine DNA-Synthese stattfindet und in der sich die Zellen ftir die Mitose vorbereiten, die 4-5 Std. dauert. I m Anschluss daran findet die Mitose statt, die etwa I . I Std. dauert. Insgesamt ist die Generationszeit ffir HeLa-Zellen etwa 20.5 Std. Die Schwankungen bei den einzelnen Zellen bei optimalem Wachstum sind nicht gross. Wenn man nun Zellen, die in der Mitose fixiert wurden, in bestimmten Zeitabst/inden vor der Fixierung behandelt hat, kann man feststellen, wann sich die Wirkung eines Agens frfihestens einstellt und in welchem Teil des Zellzyklus ein Agens aktiv ist, vorausgesetzt, dass das Agens diesen Zellzyklus nicht stark beeinflusst. Bei Koffein ist nach unseren bisherigen Untersuchungen der Zellzyklus nicht, oder, wenn fiberhaupt, nur unwesentlich nach i-2-sttindiger Einwirkung von Koffein ver/indert. Wir untersuchen z.Zt. mit Hilfe von radioaktiv markiertem [3HlThymidin den Zellteilungszyklus nach Einwirkung yon Koffein. Die HeLa-Zellen wurden in verschiedenen Zeitabst/inden vor der Fixierung mit Koffein (I% ige L6sung, 1.5 Std. Behandlungszeit, dann frische N/ihrl6sung ohne Koffein) behandelt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in Tabelle V und Fig. 3 aufgezeichnet. Wenn man HeLa-Zellen bis 4 Std. vor der Mitose behandelt, findet man keine Erh6hung der Bruchh/iufigkeit. Wenn man etwas frtiher als 5 Std. vor der Mitose Koffein zugibt, stellt man die ersten induzierten Brfiche fest. Die Zahl der Briiche steigt mit zunehmenden Abstand der Behandlungszeit von der Mitose, bis sie ein Maximum nach etwa 18-28 Std. erreicht. Nach fiber 20 Std. erscheinen zum ersten Mal in gr6sserer H/iufigkeit Isolocus- oder Chromosomenbrtiche. Nach etwa 45 Std., d.h. nachdem zwei Zellteilungen durchlaufen sind, finden sich praktisch nur noch Chromosomenbri~che und keine Chromatidenbrfiche mehr. Nach fiber 48 Std. sind TABELLE

V

KOFFEIN--ZEITABHANGIGKEIT

K o f f e i n 1. 5 S t d . B e h a n d l u n g

DI~R

"BR~SCHE"

1 % ige L 6 s u n g .

Zeit der Fixierung nach Behandlung (Std.)

A nzahl A nzahl der Chromatidenbrfiche der Chromosomen Anzahl % proZellen Chromosom

Kontrolle 1.5 3.5

5° 5° 48

32o8 3111 3o49

3 4 5

o. I o °.13 o.16

o o o

4.5 6 I2. 5 24

5° 5° 50 5°

3077 3145 2807 3o91

IO 22 461 51o

0.32 0.70 16. 4 16.5

o 5 78 75

28 33 45 57

5° 5° 78 5o

2988 2975 4771 3o57

553 3Ol 13 4

18.5 io.i 0.28 °.13

5° 21 o o

Deletionen Anzahl % pro Chromosom o o o

Chromosomenbriiche Anzahl % pro Chromosom 3 3 5

o.Io o.io o.16

o o.16 2.78 2-42

2 2 8 134

0.0 7 0.06 o.29 4.33

1.67 0.74 o o

243 225 53 16

8.13 7.56 i.ii 0.52

Mutation Res., 3 (1966) 2 4 9 - 2 6 7

256

\~. ~ l l : l ( l . \ { ,

fast keine Brtiche mehr nachweisbar, jedoch findet ]nan dann aberrantc (hr, mt,,>,,mentypen und kleine fragmentierte Chromosomen. ]{hnlich verhalten sich dic l)ch,tionen, die anfangs ziemlich h/iufig auftreten, aber nachdem eine Zellteiluug nm'h der Behandlung durchlaufen wurde, nicht mehr nachzuweisen sind. I)elctionen trod Chromatidenbr/iche zeigen dasselbe Muster in Abh/ingigkeit yon dcr Zeit der l-{uhandlung.

°2°I E

o x:L 0.15

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0 Stunden

20 nach 1 1/2 s t u n d i g e r

F i g . 3- A b h t i n g i g k e i t d e r B r u c h h ~ u f i g k e i t ( i . 5 S t d . ). , Chronmtidenbriiche;

40 Behandlung

6O

mlt Koffein (1°/o)

yore Zcitabstand nach der Behandlung mit I ~ Koffcin , Chromosoinenbrfiche; ....... , Deletionen.

(g) K o f f eininduzierte C hromosomen- bzw. C hromatidenbriiche a~z Leukozv/enk~dtur en des Mensche~,

Koffein erzeugt auch in Leukozytenkulturen des Menschen Chromatidenbrtiche (Fig. 4) und seltener Aberrationen, an denen mehr als ein Chromosom teilnimmt (Fig. 5). Die Erzeugung von Chromatidenbrtichen in Leukozytenkulturen wurde ebenfalls in Abhfingigkeit yon tier Zeit vor der Fixierung der Zellen untersucht (Tabelle VI). Es zeigte sich, dass in der Metaphase haupts~ichlich dann Brfiche festgestellt wurden, wenn nach Koffeineinwirkung eine DNA-Replikation stattfand. Die Bruchh~iufigkeit ist gering, wenn man Koffein in den ersten Stunden nach Ansetzen der Leukozytenkulturen zugibt. Vorl~tufige Ergebnisse lassen vermuten, dass Koffein haupts~ichlich Chromatidenbrtiche in der Nachbarschaft der Telomeren verursacht. Mutation. Res., 3 (1966) 2 4 9 - 2 6 7

KOFFEIN-

257

UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

$ L

F i g . 4. K o f f e i n ( 1 % , 2 SLd.) E i n w i r k u n g

TABELLE

2 6 - 2 4 S t d . vor der Fixierung. L e u k o z y t e n k u l t u r .

VI

LEUKOZYTENKULTUREN. BRUCHHAUFIGI~EIT NACH 2 S t d . VERSCHIEDENEN ZEITEN VOR DER FIXIERUNG

EINWIRKUNO VON 1 %

Einwirkungszeit vor der Fixierung (Std.) a

A n z a h l der Chromosomen

Anzahl der Chromatidenbr~che

Briiche pro Chromosom

Kontrolle 2 o 8-6 28-26 46-44 72 7 °

1978 2402 251o 3484 2373 1377

i 21 53 607 334 lO5

0.00055 0.008 o.o21 o. 174 °.14° 0.076

KOFFEIN ZU

a 3 T a g e nach A n s e t z e n der K u l t u r w u r d e n die Zellen fixiert.

DISKUSSION

(a) Das Bruchereignis Aus unseren Untersuchungen k6nnen wir entnehmen: ( z ) Koffein verursacht "Brtiche". (2) Die Bruchh/iufigkeit steigt, zumindest im niedrigen Dosisbereich, ungef~ihr linear mit der Dosis an. (3) Die Dauer der Einwirkung spielt bis zu 4 Std. Einwirkungszeit bei 1% Koffein keine Rolle, wenn man die wahrscheinlich sekund~ire Bruchverursachung ausklammert. (4) Die Bruchzahlen pro Zelle sind nicht zuf~illig verteilt, d.h. es gibt Zellen, die abnormal viele Brfiche aufweisen. (5) Es besteht ein starkes Defizit an Translokationen. Diese seltenen Translokationen treten oft geh~iuft auf. (6) Deletionsartige Aberrationen v o m Chromatidentyp sind bei h6heren Mutation Res., 3 ( I 9 6 6 ) 2 4 9 - 2 6 7

258

W. OSTERTAG

B

II Fig. 5- l(offein (1 /)~), 2 Std.) l'2inwirkungszcit 40-44 Std. xor dcr Fixicrung. Translokation ('I) oder somatische Austauschfigur.

Dosen relativ h/iufig, bei niedrigen Dosen ziemlich selten. (7) Diese Deletionen treten nach dem Durchlaufen von zwei Zellteilungszyklen nach der Behandlung nicht mehr auf. (8) Chromatidenbriiche sind nur dann festzustellen, wenn zwischen der Behandlungszeit und der Mitose mindestens eine DNA-Replikation und nicht mehr als zwei DNA-Replikationen liegen. ( 9 ) Das Maximum der Chromatidenbriiche lindet man nach etwa I8-28 Std., das Maximum der Chromosomenbrtiche bei etwa 30 Std. ; bis zu 45 Std. sind noch Chromosomenbriiche, aber keine Chromatidenbrtiche mehr nachweisbar. (zo) Nach tiber 45 Std. sind fast keinerlei Brachereignisse mehr festzustellen. ( z z ) Koffein verursacht auch in Leukozytenkulturen des Menschen Chromatidenbrfiche. Die H/iufigkeit entspricht etwa der H/iufigkeit wie sie in HeLa-Zellkulturen gefunden wurden. Diese i I Punkte k6nnen alle durch ein einfaches Modell der Erzeugung wm ('hromosomenaberrationen durch Koffein erkl/irt werden. Koffein reagiert mit DNA, vielleicht/ihnlich wie es von T s ' o et al. ~6 gefunden wurde : Koffein bildet mit DNA "Komplexe ''~5, dabei werden hydrophobe Bindungen im DNA, die fiir die ~%trukturerhaltung der doppelstr/ingigen DNA wichtig sind, geschw/icht. Es k o m m t zu einer Erniedrigung des Schmelzpunktes (T,,) der DNA. Die doppelstr~tngige DNA-Struktur in ihrer Helixform geht nach Koffeineinwirkung Mutation Res., 3 (t90()) 24c) 2(~7

KOFFEIN- UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

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teilweise in eine ungeordnete Spiralform (Coil) fiber. Die Verringerung des DNASchmelzpunktes durch Koffein ist anfangs linear konzentrationsabh/ingig. Koffein bindet sich vorzugsweise an die DNA in ungeordneter Spiralform. Deshalb ist zu erwarten, dass Koffein haupts/ichlich diejenigen Stadien des DNA-Zykluses beeinflusst, in denen natiirlicherweise einzelstr/ingiges oder Coil-DNA vorhanden ist. Solche Stadien sind die Zeit der DNA-Replikation (S-Phase) und m6glicherweise des aktiven Stoffwechsels, d.h. der mRNA-Bildung an der DNA 4.-46. Eine solche 6rtliche Aufl6sung der Helix-Struktur k6nnte den Angriff anderer mutagener Agenzien erleichtern, wie es KUBITSCHEK27 vorgeschlagen hatte. Die nattirlichen Mutagene wfirden dann nach Koffeinwirkung sehr viel st/irker wirksam. Nach NOVICKa~ sind etwa 2/3 der nattirlichen Mutagenese und lOO% der koffeininduzierten Mutagenese bei Escherichia coli durch Zugabe von Ribosiden zu verhindern. Man k6nnte deshalb annehmen, dass zumindest bei E. coli und vielleicht auch bei anderen Organismen die natfirliche Mutagenese zu 2/3 /ihnlich entsteht wie die koffeininduzierte. Um die wahrscheinlich replikationsspezifische Wirkung der Koffeinmutagenese zu deuten, gibt es zwei M6glichkeiten, die sich gegenseitig nicht ausschliessen: (z) die oben erw/ihnte Auflockerung der DNA-Struktur ftihrt zu einer Anlagerung 24 von mutagenen, natfirlich vorkommenden Substanzen, die erst w/ihrend der Replikation 6rtlich die Replikation behindern und dabei Mutationen etwa vom Proflavintyp ~2,13, nicht aber vom Transitionstyp oder yore Transversionstyp erzeugen. (2) Koffein verursacht als solches, m6glicherweise durch Auflockerung der DNA-Struktur, Mutationen. Dass die koffeininduzierten Mutationen nicht yore Basenanalogtyp (Transitionstyp) sind, kann aus den Untersuchungen bei Bakterien entnommen werden, die eine Verwandtschaft der koffeininduzierten Mutationen mit den nattirlich vorkommenden Mutationen feststellten. Die natfirlich vorkommenden Mutationen (und damit die koffeininduzierten) sind im allgemeinen nicht durch Basenanaloge revertierbar 3. Die Mutationsbehinderung durch Riboside ffir koffeininduzierte und fiir 2/3 der natfirlichen Mutationen untersttitzt diese Schlussfolgerung. Die koffeininduzierten Mutationen mfissten also von Proflavin- oder einem /ihnlichen Typ sein und damit eine Deletion bzw. Addition einer oder mehrerer Basen verursachen. Die Revertierbarkeit der koffeininduzierten Mutationen (KumTSCHEK et al.) durch Acridinfarbstoffe unterstfitzt diese Hypothese. Gegen eine Inkorporation yon Koffein in die DNA sprechen auch unsere Ergebnisse mit Theophyllin. Eine Inkorporation in die DNA wtirde voraussetzen, dass die NT-Methylgruppe im Koffein entfernt wird. Das Produkt einer solchen Demethylierung w/ire aber Theophyllin. Theophyllin ist aber nur i/8 his I/IO so wirksam wie Koffein. Deshalb erscheint eine mutationsl6sende Wirkung yon Koffein dutch Einbau in die DNA unwahrscheinlich.

(b) Modell der Koffeinmutagenese bei HeLa-Zellen und Zellen in Leukozytenkulturen des Menschen Da eine Inkorporation yon Koffein in die DNA also unwahrscheinlich ist (siehe auch Ref. 36), und da Koffein anscheinend spezifisch w/ihrend der DNA-Replikation Chromatidenbrtiche verursacht, m6chte ich folgendes hypothetische Modell der Koffeinmutagenese an menschlichen Zellen vorschlagen (sehe Fig. 6). Koffein lagert sich an die DNA vor oder w~thrend der DNA-Replikation an Mutation Res., 3 (1966) 249-267

2(10

\¥. ()STER-fA(; Koffein m

Chromosom vor der DNA-Replikation nach Koffeineinwiekung

O

6rtliche IAuflockerun9 der DNA Helix 1. Replikation

1. G1 - Periode

-

Chromosom nach der S-Periode (DNA-Replikotion) noch Koffein behondlun 9

I

--,,elnstr~ngige

/

/

DNA"

/

fbhrt zu) Chromatidenbruch (hciufi 9 ) oder b) selten zu labiler Stelle im DNA-Stron 9 ( bleibt einstr6ngig~ hot noch Koffein in ,Komplexform" gebunden)

l

labile Stelle

m

!11

~

1. Metclphose

T)

2. GI- Perlode

"~

;

w

~

13

--

--

Chromosom vor der 2. DNA-Replikation

ChromGtldenbruch

J Chromosom nGch der S-perlode i

f~hrt zu o) Chromosomenbruch oder b) [abiler Stelle im DNA- Stran£ und Chromatidenbruch (sehr selten) \ -\ /

2 Metaphcl se

~ Chromotidenbruch

I Chromotidenbruch

Fig. (). Thcorctisches Modell der l,~olTeinmutagcnesu an Zellkulturen des Mcnschcn. und bewirkt eine 6rtliche Auflockerung der DNA-Helix. Diese Auflockerung der DNAHelix k6nnte sich w~hrend der DNA-Replikation so auswirken, dass an dieser Stelle die DNA-Polymerase nicht die Replikation der DNA-Struktur iibernehmen kann. Die Stellen der DNA, die mit Koffein besetzt sind, w~rden dann w~thrend der Replikation ausgelassen. Ein solches Auslassen der Replikation k6nnte zu partieller Einstr~tngigkeit (Fig. 6) fiihren. Da DNA-Einzelstr~nge in der S~iugetierzelle wahrscheinlich nicht stabil sind, entstiJnden hierbei Lficken bzw. Brtiche und Deletionen. Die koffeinbesetzten Stellen, die die Replikation behindern, wiirden dann eliminiert. Wenn nun diese Koffeinanlagerung und eine anschliessende fehlende Replikation an der betroffenen Stelle zu einer kleineren 6rtlichen Einzelstr~ingigkeit fiihrt, die sich nicht sofort als Bruch auswirkt, k6nnte diese in der folgenden Replikation zmn Bruch ftihren (Fig. 6). Hierbei wtirde sich der eine deletierte Einzelstrang eine deletierte Kopie schaffen, w~ihrend der andere Einzelstrang wiederum aus einem deletierten und einem koffeinbesetzten Strang zusammengesetzt w~ire. I)a die Einzelstr~ingigkeit, wie oben erw~hnt, in den meisten F~llen zu Brtichen fiJhren mt~sste, kfime es damit zu einem Chromosomenbrnch (Fig. 6). Auf Grund dieser Hypothese mtisste man erwarten, dass Chromosomenbrtiche nut dann auftreten, wenn zwei Mutation Rex., 3 (i960) z49 267

KOFFEIN- UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

261

Replikationen vor der beobachteten Mitose und nach der Koffeinbehandlung durchlaufen wurden. Dies wurde festgestellt. Gleichzeitig mfisste die Zahl der Chromosomenbrtiche sehr viel geringer sein als die der Chromatidenbri~che, da nach unserer Hypothese in der Mehrzahl der F~lle eine Koffeinanlagerung schon nach der ersten DNA-Replikation zu einem Chromatidenbruch ffihren wfirde und der kleinere Rest als Chromosomenbruch nach der zweiten DNA-Replikation in Erscheinung treten k6nnte. Wir finden nach fiber 5 ° Std. Abstand nach der Behandlung erwartungsgem~tss keine nennenswerte Erh6hung der Bruchh/iufigkeit. Die yon KUBITSCHEK UND BENDIGKEIT erzielten Ergebnisse bei E. coli lassen auf eine mutationsinduzierende Wirkung von Koffein haupts~tchlich w~hrend der DNA-Replikation 24-27 schliessen, obwohl in Einzelf~llen die koffeininduzierte Mutationsrate auch zeitabh~ngig und nicht teilungsabh~ngig sein kann. Die Koffeinmutagenese bei Bakterien und bei Zellkulturen ist also wahrscheinlich im wesentlichen replikationsabh~tngig und nicht zeitabh~ngig (diese beiden m6glichen Mutationsarten wurden von MULLER3°,31 bereits 1928 und 1961 diskutiert). I m Gegensatz dazu stehen die Ergebnisse mit N-methylierten Oxypurinen bei Pflanzen 19,~o,~3. Diese Agentien wirken auch w~hrend der G2-Phase und erzeugen Chromatidenbrfiehe und Translokationen. Die H~ufigkeit der Aberrationen l~sst sich hier durch Sauerstoffmangel und H e m m u n g der Atmung w~hrend oder kurz vor der Behandlung (mit Athoxykoffein oder 1,3,7,9-Tetramethylharns~ure ) reduzieren 19, so. Ob dasselbe ffir die durch Koffein induzierten Brtiche in Zellkulturen des Menschen gilt, ist noch often.

(c) Koffeinmutagenese beim Menschen ? Koffein dringt nach Kaffee-und Teegenuss in das Keimzellgewebe ein, und die menschlichen weiblichen und m/innlichen Keimzellen sind diesem ausgesetzt n, 15,le. Aus unseren Untersuchungen geht hervor, dass Koffein in Zellen des Menschen (in vitro) und in Leukozytenkulturen Brfiche induzieren kann. Ahnliches k6nnte in menschlichen Keimzellen geschehen. Die koffeininduzierte Bruchrate ist mindestens his unter 500 /~g/inl linear dosisabh~tngig. Es ist wahrscheinlich, dass dann auch die von uns nicht untersuchten Dosisbereiche unter 500 #g/ml entsprechend ihrer Konzentration Chromatiden- und Chromosomenbrfiche verursachen. Nach unseren Untersuchungen ist es unwesentlich, ob Koffein l~ngere oder ktirzere Zeit vor der DNA-Replikation mit konstanter Dosis auf die Chromosomen einwirkt. Um die bier gefundene Bruchinduktion durch Koftein rechnerisch und theoretisch auf andere Zellen des Menschen zu tibertragen, mfissen folgende Voraussetzungen eintreffen: (~) Koffein induziert nicht nur in Leukozyten und HeLa-Zellen Briiehe, sondern auch in anderen diploiden Zellen, so auch in den Keimzellen. (2) Die Bruchbereitschaft in HeLa- und Zellen in Leukozytenkultur muss ~hnlich der sein, wie sie in menschlichen Keimzellen gefunden wird. (3) Die vorgefundenen Brtiche sind Ereignisse, die man mit Mutationen beina Menschen gleichsetzen kann. (4) Der Stoffwechsel des Koffeins beim Menschen ist im wesentlichen derselbe in Zellkultur wie

in vivo. Die erste Annahme, dass Brfiche auch in Keimzellen auftreten k6nnten, ist nach allen bekannten Daten gerechtfertigt. Die zweite Annahme ist sicher nur eingeschr~nkt richtig, da w i r e s bier mit Zellen in Kultur zu tun haben. Wenn wir aber (Annahme 4) einen ~hnlichen oder gleichen Stoffwechsel in Zellkulturen wie beim Menschen 2,6, 47,48 vorfinden, ist auch diese Annahme berechtigt. Ob hierbei die AbMutation Res., 3 (1966) 249-267

262

W. OSTERTAG

bauprodukte von Koffein (die verschiedenen Methylxanthine und Methylharns/iuren) eine Rolle spielen, ist bet gleichem Stoffwechsel ftir eine Berechnung der m6glichen Mutagenese uninteressant. Wenn aber in Zellkulturen andere Abbauprodukte entstehen sollten, mfisste auch die Wirkung dieser Abbauprodukte untersucht werden. Z.Zt. testen wir die Wirkung verschiedener Methylxanthine auf die Entstehung wm Chromatiden- und Chromosomenbrfiehe an HeLa-Zellen. Die dritte Annahme, dass sich die zytologisch sichtbaren Brtiche genetisch alle als Mutationen ausdriicken wiirden, ist bestimmt nicht korrekt. Ein Teil der Brfiche fiihrt zu partiellen Deletionen gr6sseren Ausmasses, die sich beim Menschen wahrscheinlich als dominant letale Faktoren auswirken. Die wenig gefundenen dizentrischen Chromosomen und Translokationen bedingen sichex auch dominante Letalit/it, da hierbei aneuploide Zust~inde entstehen k6nnen. Eine weitere Gruppe der durch Koffein verursachten Briiche sind kleine terminale Deletionen, die m6glicherweise in vielen l:tillen auf die n~tchste Generation iibertragen werden. Diese Gruppe der nach Bruch der Chromosomen entstandenen Mutationen kommt also ffir eine koffeininduzierte Mutagenase in Frage. Diejenigen Chromosomen, die zwar gebrochen und deletiert sind, deren gebrochene Enden sich aber wieder vereinen, wiirden dann Mutationen vom interkalaren (Deletions-) Typ enthalten. Da nach unseren Untersuchungen die Bruchenden der von Koffein gebrochenen Chromosomen sich nicht--oder nur sehr wenig--mit anderen Bruchenden nicht-homologer Chromosomen vereinen, scheint eine Vereinigung yon Bruchenden homologer Chromosomen fraglich. Dies wird untcrstfltzt (lurch die geringe Htiufigkeit dizentrischer Chromosomen und Isochromatidfusionen. Auf der anderen Seite kann man nicht annehmen, dass ausschliesslich Chromosomenbriiche oder Deletionen nach Koffeinbehandlung entstehen, sondern man muss auch die M6gliehkeit erw~igen, dass Punktmutationen bzw. zytologisch nicht feststellbare Deletionen erzeugt werden. Das letztere l~isst sich mit dem diskutierten Mechanisnms der Koffeinmutagenese vereinbaren, wenn man annimmt, dass die Anlagerung eines Koffeinmolektils an die DNA-Helix nur an einer begrenzten Stelle die Replikation eines oder nur weniger Nukleotide verhindert, und dass der Replikationsvorgang diese Stelle iiberspringt, ohne dass ein Brueh entsteht. Falls die Koffeinmutagenese analog zur Proflavinmutagenese ist, kann man auch Additions- und Deletionsmutanten (Nukleotiddeletionen) innerhalb eines Gens erwarten, l)iese Klasse der "Punktmutationen" wird durch unsere Untersuchungen nicht erfasst. Die hier durchgefiihrten Kalkulationen entsprechen deshalb nur entfernt den natiirlichen Vorg~tngen in den menschlichen Keimzellen. Die Daten unserer Untersuchung, die hierbei verwendet werden, sind folgende: (r) Die BruehhSufigkeit ist proportional zur Dosis und im wesentlichen nicht zur Dauer der Einwirkung. (2) Die Brfiche sind vom Replikationstyp und realisieren sich erst wtthrend oder nach der DNA-Replikation. (3) Koffeininduzierte "Prftmutationen" k6nnen bis zur Mutationsfixierung wfihrend der Replikation repariert werden. GOLDSTEIN15 hat ein Modell der Mutationsratenberechnung fiir (lie t
3 (J90(~)) ->4<) ->()7

KOFFEIN- UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

263

I m frtihen Stadium des m~nnlichen Keimes bis zum IOO. Tag der Schwangerschaft teilen sich die Urkeimzellen: es entstehen die prim~iren Spermatogonien (Periode I). Die Wanderung der frfihen Keimzellen in das Gebiet der Gonaden und ihre schnelle Multiplikation nimmt einen ziemlich kurzen Abschnitt v o n d e r 6. bis zur 8. Woche des f6talen Lebens ein. Die Keimlinienzellen teilen sich in der Zeit bis zur Pubert~tt weiter (Periode 2), und nach der Pubert~t (Periode 3) verl~uft neben der weiterftihrenden Teilung der Keimzellen noch die Spermatogenese (Periode 4). Die Wahrscheinlichkeit P, dass eine beliebige Spermienzelle eine Neumutation enth~lt, ist dann das Produkt der Wahrscheinlichkeit der Mutation dieses Genoms pro Zellzyklus multipliziert mit der Anzahl der Zellteilungen, die vor der Bildung der Spermienzelle liegen und die dem mutagenen Agens ausgesetzt waren. Wenn nunp0 die Wahrseheinlichkeit der Mutation in einer Zelle in einem Zellzyklus (bei einer bestimmten Konzentration des mutagenen Agens c) ausdrtickt, dann ist die wirkliche Wahrscheinlichkeit P der Mutationsausl6sung pro Replikation Po multipliziert mit der vorhandenen Konzentration des Agens:

P-~poxc Wenn m~ die Gesamtzahl der Zellteilungen bis zur Spermienzelle ist, dann ist die Mutationsrate einer Zelle in dieser Zeit

P-----m, × P o X c Wenn wir die Gesamtzeit der Keimzellentwicklung nun in die vier Perioden unterteilen, dann ist m, = ml + m~ + m3 + m4 Da aus einer Replikation letzten Endes zwei Zellen entstehen, von denen die eine den Replikationsfehler enthalten wfirde, die andere nicht, ist P--I/2

xpoxms

Wenn nun jedcs Gcnom durchschnittlich dieselbe Wahrscheinlichkeit einer Mutation nach Zugabe einer Mutagens hat, so kann man die Gesamtmutationsh~ufigkeit P ausdr~cken :

P= 1/2(m,+ms+m~+m,)po Die Anzahl der Zellgenerationen in der Keimzellinie des F6tus ml wird yon GOLDSTEIN auf 30 gesch~tzt, m2 und m~ sind bei der Frau wahrscheinlich o, da die Oozyten bei der Geburt bereits gebildet sind und die Meiose I I erst nach der Befruchtung stattfindet. Beim Mann ist m2 4oo, wenn man das Alter bis zur Pubert~it mit 5 " lO3 Tagen seh~itzt und annimmt, dass jeden 12. Tag eine Zellteilung vorkomt, ms h~ingt vom Alter des Mannes ab. Da etwa alle 12 Tage jede Keimlinienzelle des Mannes durchschnittlich eine Replikation mitmacht, kann man m3 bei einer durehsehnittlichen Zeit yon 5 " Io3 Tagen nach Ende der Pubert~it bis zur Befruchtung des Eies auf etwa 400 sch~itzen. Wenn man in die Gleichung diese gesch~itzten Daten einsetzt, erh~ilt man fiir PF bei der Frau PF ---- 0.5 × (30 + O + 0 + 2) × P0. PF = I6po. Beim Mann gilt dann PM ---- 0.5 × (30 + 4O0 + 400 + 4) × P0. P• ~ 417P0 • Bei der Frau ist also (wenn unsere Annahmen korrekt sind) die Entwicklung der Keimzellen im F6tus massgebend fiir die Mutagenese, beim Mann kann man diese Mutation Res., 3 (I966) 249-267

264

W. O S T E R T A ( ;

vernachltissigen, wem~ man sie mit der W a h r s c h e i n l i e h k e i t der M u t a t i o n nach tier G e b u r t vergleicht. (IO~.>STI,:IX schtitzt, class im D u r e h s c h n i t t e t w a 30o mg Koffein pro Tag v()n jeder erwachsenen Person eingenommen wird. W e n n dieses sich in der g e s a m t e n K6rperfl(issigkeit verteilt, finder m a n eine K o n z e n t r a t i o n yon e t w a 6 rag/1 K6rperfliissigkeit m i t einer H a l b w e r t s z e i t yon etwa 3.5 Std. Dies wtirde bedeuten, dass, wenn m a n die K o f f e i n k o n z e n t r a t i o n auf 24 Std. ausreehnet, dies einen k o n s t a n t e n Spiegel von etwa L3 rag/1 Koffein ergibt. (GoL1)STHN : " W e m a y say, then, t h a t the exposure of the p o p u l a t i o n is as t h o u g h all t h e h u m a n germ plasm of the c o u n t r y were c o n s t a n t l y b a t h e d in caffeine at a c o n c e n t r a t i o n of a b o u t I mg/l"). Die geschtitzte G e s a m t b r u c h r a t e bei diploiden Zellen ( L e u k o z y t e n k u l t u r e n ) nach ~o: /o Koffeineinwirkung ist e t w a o.z74 >< 46 == 8 pro Zelle, wenn m a n die D a t e n yon Tabelle VI (Einwirkungszeit 28-26 Std. vor der Fixierung) i i b e r n i m m t ; das wfiren 4 Brfiche pro diploide Zelle nach vollendeter Teilung, d a es sieh hierbei u m Chromatidenbrtiche und nicht um Chromosomenbrfiche handelt. U m g e r e c h n e t auf ein haploides Genom, wttren (ties 2 Briiche t)ro haploide Zelle pro i°i, Koffein. l:fir I / t g / m l , d.h. der wirkliehen d u r c h s c h n i t t l i c h e n Koffeinkonzentration im menschlichen Gewebe wtiren dies 4.o - Io ~ Briiche pro Zellgeneration. Beim Mann wtir d a n n 1)~1 - - 416 × p , ()tier P ~ = 416 ~- 4 " lO ~ oder p~ -- o.i 7

Bei der F r a u w~iren die e n t s p r e c h e n d e n W e r t e P ~ ~ I o p o oder Pv = 16 x 4 " i() ~ oder P ~ , - - 0.006

D a n a c h unseren Befunden bei den H e L a - Z e l l e n bei einer Dosis yon I(~o die Dosisbeziehung nicht m e h r linear ist, sondern e t w a das D o p p e l t e tiber d e m Linearen, k6nnen diese Zahlen noeh dureh den K a k t o r 2 r e d u z i e r t werden. Es w~iren d a n n also P ~ = 0,085 und P~,, =: o.oo3 W e n n m a n die obere Zahl beim Mann (o~o85 pro Samenzelle) als m a x i m a l e Sch~itzung der M u t a t i o n s e r z e u g u n g d u t c h Koffein n i m m t , k o m m t m a n in die Naehb a r s c h a f t der natfirliehen M u t a t i o n s r a t e des Menschen. Verglichen m i t R 6 n t g e n s t r a h l e n wiirde dies einer k u m u l a t i v e n S t r a h l e n d o s i s von etwa lOO-2OO R entsprechen ~5. J e d e Tasse Kaffee enthielte d a n n ein R 6 n t g e n S q u i v a l e n t y o n f u n d o.ot R. Diese Zahlen basieren auf einer SchSAzung u n t e r Z u h i l f e n a h m e ungesieherter, a b e r plausibler A n n a h m e n . Es ist d e n k b a r , dass die Koffeinmutagenese in der N a c h b a r schaft dieser Zahlen liegt. Bis die wirkliche koffeininduzierte M u t a t i o n s r a t e beim Menschen errechnet werden kann, muss m a n sich m i t ~ihnlichen Sch~itzungen, wie sie hier durehgefiihrt wurden, begniigen. Man k a n n nicht, wie bereits erwtihnt, alle Briiche m i t G e n m u t a t i o n e n gleichsetzen. M6glicherweise reduziert sieh die Zahl der lebensftihigen Spermien durch koffeininduzierte Deletionen. Die koffeingesehtidigten Spermien gehen vielleicht zum gr6ssten Teil verloren, sodass nur solche, die wenig oder gar n i c h t gesch/idigt sind, (ibrig bleiben. D a GOIA)STEIN m i t Hilfe der bei a n d e r e n Organismen errechneten M u t a t i o n s r a t e nach Koffein3]utalion l ~ s . , 3 (I9¢~t~) 2,t9-267

'KOFFEIN- UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

265

behandlung etwa auf dieselbe Mutationsrate beim Menschen kommt, (wenn man die Daten yon Drosophila oder Bakterien auf den Menschen iibertr~igt), wie ich sie mit unseren Daten gefunden habe, muss ernsthaft mit der M6glichkeit gerechnet werden, dass Koffein frir den Menschen eines der gef~ihrlichsten Mutagene sein kann. Wie bereits ausgerechnet, ist die Rate bei der Frau (nach diesen hypothetischen Sch~itzungen) etwa 1/26 derjenigen, die beim Mann induziert wrirde. Da hierbei besonders die f6tale Entwicklung betroffen ist und kaum noch Mutationen zwischen der Gehurt und der Befruchtung des Eies vorkommen diirften, (wenn koffeininduzierte Sch~iden repariert werden), w~ire der Genuss von Koffein fiir Frauen, ausser in der Schwangerschaft genetisch ungef~ihrlich. Die bei M~iusen vorgenommenen Untersuchungen yon LYON et al. ~8 ergeben keine signifikante Erh6hung der Mutationsrate nach Koffeinapplikation. Da nach unseren Ergebnissen bei durchschnittlichem Kaffeekonsum die Mutationsrate im Bereich der natrirlichen Mutationsrate beim Menschen liegt, und da die von LVON et al.38 verwendeten Dosen nicht sehr wesentlich tiber diesen Dosen liegen, mtisste man nur etwa eine Verdoppelung der Mutationsrate in ihren Untersuchungen erwarten. Ftir den Nachweis einer solchen Verdoppelung reichen die Untersuchungen von LYON et al. nicht aus, da zuwenig Nachkommen der behandelten M~innchen untersucht wurden, um eine signifikante Abweichung in dieser Gr6ssenordnung zu erzielen. Interessant sind die Befunde yon CATTANACH5 bei M~iusen, die eine deutliche Verringerung der Fertilit~it nach Behandlung der M~innchen mit Koffein und in mehreren F/illen zytologische Aberrationen feststellten. Von CATTANACHwurde keine Erh6hung der Translokationsh~iufigkeit gefunden. Die fehlende Erh6hung der Trans]okationsh/iufigkeit nach Koffeinapplikation stimmt mit unseren Befunden tiberein. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Feststellung von CATTANACH: "Without assumptions ad hoc, such as the production of breaks without reioining ability, it is indeed difficult to see how a chemical that produces dominant lethality through chromosome breakage should fail to produce at least some viable rearrangements." Unsere Untersuchungen an Zellkulturen zeigen, dass Koffein solche Briiche erzeugt, die nicht die F~ihigkeit zum "Verkleben" ("rejoining ability") besitzen. Z.Zt. untersuchen wir die Frage der Brucherzeugung von Koffein und den Verlust von Chromosomenbruchstricken nach Koffeinapplikation bei M~iusen und Kaninchen, um diese Frage zu kl~iren. ZUSAMMENFASSUNG

I. Koffein erzeugt linear dosisabh~ingig Chromatiden- und Chromosomenbrtiche in Zellkulturen des Menschen (HeLa-Zellen). 2. Koffeininduzierte Brriche werden auch in Leukozytenkulturen des Menschen gefunden. Die Bruchh~ufigkeit entspricht etwa der bei HeLa-Zellen. 3. I m h6heren Dosisbereich findet man mehr Brfiche als erwartet. Nach Aufteilung der Brtiche pro Zelle zeigt sich, dass ein l]berschuss an Zellen mit h6herer Bruchzahl (verglichen mit der Poissonverteilung) vorhanden ist. 4. Koffeininduzierte Brtiche verhalten sich bis zu 3 Std. Einwirkung yon Kofrein nur dosisabh~ingig und sind nicht abhiingig von der Dauer der Einwirkungszeit. 5. Chromosomenaberrationen komplizierterer Art (z.B. Translokationen) sind nach Koffeineinwirkung ~iusserst selten. 6. Grosse Lricken (gaps) vom Chromatidentyp sind bei h6heren Dosen bis 30 Std. Mutation Res., 3 (1966) 249-267

266

w. OSTER'FAG

n a c h d e r B e h a n d l u n g r e l a t i v h/iufig. D i e s e L i i c k e n ( " D e l e t i o n e n " ) e n t s t e h e n w a h r s c h e i n l i c h als E i n t r e f f e r e r e i g n i s s e . 7. K o f f e i n i n d u z i e r t e B r i i c h e f i n d e t m a n n u r d a n n , w e n n v o r d e r F i x i e r u n g u n d n a c h d e r B e h a n d l u n g m i n d e s t e n s eine D N A - R e p l i k a t i o n s t a t t f i n d e t . C h r o m o s o m e n brtiche findet m a n gehfiuft, w e n n zwei D N A - R e p l i k a t i o n e n nach der B e h a n d l u n g u n d v o r d e r l q x i e r u n g d u r c h l a u f e n w e r d e n . Die D e l e t i o n e n v e r h a l t e n sich fihnlich wie die e i n f a c h e n C h r o m a t i d e n b r i i c h e . l ? b e r 5o S t d . n a c h d e r B e h a n d l u n g f i n d e t m a n p r a k t i s c h keine E r h 6 h u n g der Bruchh~tufigkeit mehr, jedoch eine grosse Zahl f r a g m e n tierte kleine Chromosomen und selten dizentrische und abnormal lange Chromosomen. 8. T h e o p h y l l i n e r z e u g t , wie K o f f e i n , C h r o m a t i d e n b r f i c h e in H e L a - Z e l l e n . T h e o p h y l l i n ist j e d o c h w e n i g e r w i r k s a m . 9. Die g e f u n d e n e n E r g e b n i s s e u n d die m 6 g l i c h e m u t a g e n e W i r k u n g b e i m M e n schen werden diskutiert. DANK D i e s e U n t e r s u c h u n g e n w u r d e n d u r c h d a s L a n d e s a m t ffir F o r s c h u n g L a n d N o r d rhein/Westfalen unterstiitzt.

1.1TEI,IATU 1¢ 1 ANDRE\V, l.. l:.., The nlutagenic activity of caffeine in Drosophila, ~4m. Naturalist. 43 (1951~)

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KOFFEIN- UND THEOPHYLLINMUTAGENESE

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