Quantitative Sensorische Testung im Gesichtsbereich – eine Übersicht

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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2013) 107, 291—296 Online verfügbar unter www.sciencedirect.com journal homepage: http://journals.el...

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Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) (2013) 107, 291—296

Online verfügbar unter www.sciencedirect.com

journal homepage: http://journals.elsevier.de/zefq

SCHWERPUNKT

Quantitative Sensorische Testung im Gesichtsbereich — eine Übersicht Quantitative Sensory Testing in the facial area: a review Lydia Eberhard ∗ Universitätsklinikum Heidelberg, Mund-, Zahn-, Kieferklinik, Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, Heidelberg

SCHLÜSSELWÖRTER Orofazialer Schmerz; quantitative sensorische Testung; neurologische Untersuchung; neuropathischer Schmerz; sensorische Schwellen

KEYWORDS Orofacial pain; quantitative sensory testing; neurologic examination; neuropathic pain; sensory thresholds



Zusammenfassung Die Quantitative Sensorische Testung ist ein etabliertes Verfahren zur Beurteilung der somatosensorischen Funktionen. Das Procedere der Untersuchung im Gesichtsbereich richtet sich nach der Lokalisation der Beschwerden sowie den interessierenden Modalitäten. Die Teststimuli sind thermischer oder mechanischer Art (Berührungs-, Schmerz-, Vibrations- oder Druckreize). Nach dem Protokoll des Deutschen Forschungsverbunds Neuropathischer Schmerz können umfassende Informationen über die Funktion der afferenten Nerven auch im Gesichtsbereich gewonnen werden. Normwerte sind bisher für die Wange sowie für die intraorale Schleimhaut erhoben worden. Für mehrere Arten orofazialer Schmerzen liegen bereits Studien über die somatosensorische Funktion vor. Nicht nur bei neuropathischem Schmerz, sondern auch bei weiteren Diagnosen liegen dabei veränderte Funktionsmuster vor, die beispielsweise auf eine zentrale Sensibilisierung hinweisen können. Die standardisierte Erhebung von QST-Parametern kann in der Zukunft zu einem besseren Verständnis der Pathophysiologie orofazialer Schmerzen beitragen und sich auf das therapeutische Vorgehen auswirken. Umfangreichere Studien könnten zur Entwicklung spezifischer, für den Kliniker praktikabler Screening-Untersuchungen führen. Summary Quantitative Sensory Testing is an established method to evaluate somatosensory function. In the facial area, the procedures depend on the localisation of disorders and the modalities of interest. The test stimuli are of thermal or mechanical nature (touch, pain, vibration, or pressure stimuli). According to the protocol of the German Neuropathic Pain Network, comprehensive information on the function of afferent nerves can be generated in the facial area as well. Standard values have been obtained for the cheek and intraoral mucosa. For various orofacial pain conditions, studies concerning the somatosensory function are available. Changed functional patterns are not limited to neuropathic pain, but also occur in other orofacial pain conditions, indicating, for example, central sensitisation. The standardised collection of QST parameters may improve the understanding of the pathophysiology of orofacial pain and effect therapeutic approaches. Comprehensive studies may lead to the development of specific screenings that are feasible in a clinical setting.

Korrespondenzadresse: Dr. Lydia Eberhard, Universitätsklinikum Heidelberg, Mund-, Zahn-, Kieferklinik, Poliklinik f¨ ur Zahnärztliche Prothetik, Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg. E-Mail: [email protected]

1865-9217/$ – see front matter http://dx.doi.org/10.1016/j.zefq.2013.06.002

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Quantitative Sensorische Testung Der orofaziale Bereich gehört zu den häufigsten Schmerzlokalisationen im Körper. Die Prävalenz von orofazialen Schmerzen liegt bei 17 bis 26% [1], wobei chronische Schmerzen in ca. 7 bis 11% vorhanden sind [2]. Orofazialer Schmerz kann klassifiziert werden in somatischen Schmerz, bei dem wiederum oberflächliche oder tiefe Schmerzen unterschieden werden, und neuropathischen Schmerz, der episodisch oder kontinuierlich auftreten kann. Der somatische oder viszerale Schmerz wird durch nozizeptive Reize aus den verschiedenen Geweben (Haut, Muskulatur, Parodontium, Drüsen, Pulpa) ausgelöst. Neuropathische Schmerzen dagegen haben ihre Ursache in einer primären Läsion oder Erkrankung des Nervensystems [3,4] und umfassen Neuralgien, aber auch traumatische Neuropathien, metabolische Polyneuropathien sowie zentral vermittelte Schmerzen wie Burning-Mouth-Syndrom oder atypische Odontalgie [5]. Neuropathische Schmerzen werden von Patienten oft als brennend, prickelnd, kribbelnd, juckend oder elektrisierend beschrieben [6]. Besonders kontinuierliche neuropathische Schmerzen können auch als dumpf wahrgenommen werden und sind damit oft schwer von somatischen Schmerzen abzugrenzen [7]. Die Differentialdiagnostik von orofazialen Schmerzen ist aufgrund der räumlichen Nähe verschiedener Strukturen im Gesicht und einer schlechten Lokalisierbarkeit durch den Patienten häufig schwierig [2,8—10]. Bei Verdacht auf neuropathischen Schmerz werden qualitative klinische Tests empfohlen, wie das Erfassen der Tastsensibilität bzw. Allodynie mit einem Wattebausch, die Beurteilung der Fähigkeit zur Wahrnehmung spitzer Reize mit einem Holzstäbchen, die Vibrationsempfindung mit einer Stimmgabel mit einem entsprechenden Mapping auf der Hautoberfläche und thermische Tests z.B. mittels, Thermoroller [4,11,12]. Die Quantitative Sensorische Testung (QST) wurde als Verfahren zur Charakterisierung neuropathischer Schmerzen entwickelt [13]. Es handelt sich um ein psychophysisches diagnostisches Verfahren zur Erhebung schmerzbezogener Symptome und Befunde, bei dem multimodal die Funktionen aller primär-afferenten Fasern (myelinisierte A-beta-Fasern sowie unmyelinisierte A-delta- und C-Fasern und zeitliche Summation) erfasst werden [14]. Dieses beruht auf sensorischen Veränderungen der Hautsensibilität. In den einzelnen Tests werden kalibrierte thermische und mechanische, teilweise auch elektrische Reize auf der Hautoberfläche appliziert. Letztere bergen allerdings die Gefahr einer Aktivierung peripherer Nervenfasern ohne Aktivierung der intrakutanen Rezeptoren. Vom Deutschen Forschungsverbund Neuropathischer Schmerz (DFNS) wurde eine standardisierte Testbatterie entwickelt, die in festgelegter Reihenfolge in sieben thermischen und mechanischen Tests die Erhebung von 13 QST-Parametern beinhaltet [14,15]. Damit umfasst dieses Protokoll beinahe alle Aspekte der somatosensorischen Funktion. Zunächst werden thermische Detektionsschwellen sowie paradoxe Hitzeempfindungen getestet, anschließend thermische Schmerzschwellen und mechanische Detektionsschwellen für Berührung und Vibration sowie mechanische Schmerzempfindlichkeit, die Schmerzschwellen für spitze und stumpfe Reize, eine Stimulus-Response-Funktion für Pinprick-Reize und dynamische mechanische Allodynie und

L. Eberhard Summation bei wiederholten Pinprick-Reizen umfasst. Zu den thermischen Parametern gehören die Kaltschwelle (Cold Detection Treshold, CDT), Warmschwelle (Warm Detection Treshold, WDT), Temperaturunterschiedsschwelle (Thermal Sensory Limen, TSL), Kälteschmerzschwelle (Cold Pain Treshold, CPT) und die Wärmeschmerzschwelle (Warm Pain Treshold, WPT). Die mechanischen Parameter erfassen die mechanischen Detektions- (Mechanical Detection Treshold, MDT) und Schmerzschwellen (Mechanical Pain Treshold, MPT), die Schmerzsensitivität für Nadelreize (Mechanical Pain Sensitivity, MPS), die dynamische mechanische Allodynie (DMA), die Wind-Up Ratio (WUR), die Vibrationsschwelle (Vibration Detection Treshold, VDT) und die Druckschmerzschwelle (Pressure Pain Treshold, PPT). Die Ergebnisse einer QST können als somatosensorische Profile dargestellt werden, auf denen in positiver Richtung der Ordinate eine erhöhte, in negativer Richtung eine erniedrigte Sensitivität gegenüber dem jeweiligen Testreiz angezeigt ist. Diese Z-Profile ermöglichen auch einen direkten Vergleich der somatosensorischen Funktion in unterschiedlichen Körperarealen (Abb. 1). Die Ergebnisse variieren stark, abhängig von Geschlecht [15], Alter und den getesteten Arealen. Während bei Frauen im Allgemeinen geringere Schmerzschwellen vorliegen [16], scheinen Detektionsschwellen weitgehend geschlechtsunabhängig zu sein [15,17,18]. Bezüglich des Einflusses des Alters auf somatosensorische Parameter ist die Studienlage heterogen. Im Gesicht, insbesondere in Nähe der Lippen, scheint die Sensibilität gegenüber thermischen Reizen auch in zunehmendem Alter im Vergleich mit anderen Körperregionen nur gering abzunehmen [19]. Im Alter von 20 bis 80 Jahren scheinen die Empfindlichkeit für Tastreize, Vibrationsreize und thermische Reize konstant [20]. Dagegen werden für Erwachsene ab 40 Jahren reduzierte Sensitivität für thermische und mechanische Stimuli beschrieben [14]. Auch bei Kindern variieren die Ergebnisse der QST: in jüngerem Alter (6-8 Jahre) ist die Empfindlichkeit gegenüber allen Schmerzreizen erhöht, die Sensibilität für thermische und mechanische Reize jedoch deutlich geringer als bei älteren Kindern (9-12 Jahre) [21]. Der Einfluss des Testareals wurde für einige sensorische Modi beschrieben. Die thermische Sensitivität der Zungenspitze ist größer als die des Lippenrots [22,23], beide sind jedoch deutlich sensitiver gegenüber Wärmereizen als die übrigen oralen Gewebe [24]. Deshalb ist vor einem breiten Einsatz des QST eine Erhebung von Normwerten an gesunden Probanden beider Geschlechter in unterschiedlichen Altersstufen für jedes betroffene Körperareal notwendig [25]. Für die beschriebene Testbatterie wurden im Rahmen einer multizentrischen Studie an 180 Patienten zwischen 17 und 75 Jahren Normwerte für Wange, Fußrücken und Handrücken erhoben [14]. Im Bezug auf orofaziale Schmerzen sind diese Testregionen jedoch nur bedingt geeignet. List et al. führten eine somatosensorische Testung im Bereich der Gingiva durch [26]. Die QST orientierte sich an der standardisierten Testbatterie, war aber für die intraorale Befunderhebung angepasst; so wurde beispielsweise die Messung der mechanischen Schmerzschwellen mit von-Frey-Filamenten durchgeführt, das eingesetzte Druckalgometer hatte einen geringeren Durchmesser und die

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Abbildung 1 Beispiel eines Z-Scores bei peripherer und zentraler Sensibilisierung. In positiver Richtung der y-Achse liegt ein Funktionsgewinn, in negativer Richtung ein Funktionsverlust vor.

Thermode zur Messung der Temperaturschwellen war mit 9x9 mm ebenfalls kleiner [26]. Die Methodik wurde validiert anhand von 21 gesunden Probanden, die an jeweils 4 Arealen getestet wurden: Zungenspitze, Gingiva beidseits im maxillären Prämolarenbereich und Wange. Dabei ergab sich eine geringere Sensitivität der Gingiva gegenüber der Wange bei den Parametern CDT und WDT, jedoch eine höhere Sensitivität bezüglich der mechanischen Detektionsschwelle, Hitzeschmerz und PPT. Die Zunge war bei allen Parametern empfindlicher als die Gingiva und bei den Parametern MDT, MPT, VDT und PPT empfindlicher als die Haut im Gesichtsbereich. Sowohl Interrater- als auch Intrarater-Reliabilität der intraoralen QST waren akzeptabel bis exzellent [27]. In einer weiteren Studie wurden 60 gesunde Probanden im behaarten Bereich der Ober- und Unterlippe sowie intraoral am lateralen Rand des anterioren Zungendrittels untersucht. Die thermische Sensitivität der Oberlippe war am höchsten, gefolgt von Unterlippe und Zunge, während die mechanische Detektionsschwelle der Zunge am geringsten war.

Anwendung der QST im Gesichtsbereich Auch unabhängig von der klassischen Indikation bei Verdacht auf neuropathischen Schmerz kann eine Analyse der somatosensorischen Funktion einen diagnostischen Gewinn bieten [28]. Im Folgenden sollen bisherige Anwendungsbereiche der QST im Gesicht zusammengefasst werden.

Kraniomandibuläre Dysfunktion (CMD) CMD ist ein kollektiver Terminus, der eine Gruppe von unterschiedlichen Befunden und Symptomen bezeichnet. Hauptsymptome bei CMD sind: Schmerzen im Gesichtsbereich ausgehend von der Kaumuskulatur und/oder von den Kiefergelenken, Bewegungseinschränkung des Unterkiefers und Geräusche in den Kiefergelenken [29]. Der Verlauf von CMD kann auch periodisch-chronisch sein [30—32]. Bei schmerzhaften CMD waren thermische Schmerzschwellen gegenüber Probanden signifikant erhöht, egal ob

Schmerzen myogenen oder kombiniert myogen-arthrogenen Ursprungs waren [33]. CMD-Patienten zeigten außerdem eine stärkere zeitliche Summation, was auf eine Sensibilisierung des zentralen nozizeptiven Systems hinweisen könnte [34]. Im Vergleich der somatosensorischen Profile von Patienten mit myogenen CMD, Patienten mit Fibromyalgie-Syndrom und gesunden Probanden zeigten sich signifikante Unterschiede in den Parametern CPT, PPT, MPT, MPS, MDT und DMA. Anhand der Diagnosekriterien des Fibromyalgie-Syndroms des American College of Rheumatology wurden die CMD-Patienten in sensitiv oder insensitiv klassifiziert. Zwischen diesen Subgruppen bestanden deutliche Unterschiede in den somatosensorischen Profilen: bei insensitiven CMD-Patienten beschränkten sich die somatosensorischen Veränderungen auf Wange (mechanische Hypästhesie) und M. trapezius (Kälte-Hyperalgesie und Pinprick-Hyperalgesie). Bei Patienten mit sensitiver CMD bestand im Allgemeinen starke Ähnlichkeit zu den ZScore-Profilen von Patienten mit Fibromyalgie-Syndrom. Vor allem eine generalisierte Druck-Hyperalgesie und WärmeHyperalgesie sowie eine Kälte-Hyperalgesie an Wange und M. trapezius und gesenkte mechanische Schmerzschwelle sowie mechanische Hyperalgesie an der Hand traten auf [35]. Ebenfalls bei Patienten mit myogener CMD wurde die Druckschmerzschwelle erhoben. Dabei wurden für M. masseter und M. temporalis anterior signifikante Unterschiede gegenüber schmerzfreien Probanden gefunden [36]. Aufgrund der Sensitivität von ca. 70% und Spezifität von 85% ist die Druckschmerzschwellenmessung als einziges Diagnostikum jedoch nicht geeignet [36]. Im Rahmen einer großen Kohortenstudie (OPPERAStudie), deren Ziel die Ermittlung kausaler Determinanten für CMD ist, wurden mehrere QST-Parameter gefunden, die mit dem Auftreten von CMD korrelieren. Die standardisierten Odds Ratios für die Parameter PPT, MPT, MPS und WUR lagen zwischen 1,3 und 4,1 und veränderten sich durch das Einbeziehen demografischer Faktoren nur wenig. Generell lag bei CMD-Patienten eine erhöhte Empfindlichkeit nicht nur im Gesichtsbereich, sondern auch an der oberen Extremität vor [37].

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Akute traumatische Gewebeschädigung Nach Extraktion von dritten Molaren (Weisheitszähnen) waren postoperativ die thermischen Parameter im Vergleich zu Probanden nicht erhöht [38], dem entgegen konnte aber eine mechanische Hyperalgesie im operierten Gebiet festgestellt werden [38,39], die als Zeichen einer zentralen und peripheren Sensibilisierung interpretiert wurden [39]. Bei direkter Schädigung des N. trigeminus infolge einer Fraktur der Mandibula oder des Arcus zygomaticus bzw. einer Umstellungsosteotomie wurde in der Regel ein sensorischer Funktionsverlust beschrieben. Es kam zur Erhöhung von Kaltund Warmschwellen [40,41], aber auch zu erhöhten mechanische Schmerzsensitivitäten [42], während Tastschwellen und PPT nicht erhöht waren [42,43]. Die Veränderungen der Temperaturschwellen war teilweise ein Jahr nach dem operativen Eingriff noch nachweisbar [41,44].

Burning-Mouth-Syndrom Auch beim Burning-Mouth-Syndrome konnten sensorische Veränderungen nachgewiesen werden. Die Empfindlichkeit gegenüber einer thermischen Laserstimulation war sowohl an intraoralen als auch extratrigeminalen Testarealen erhöht [45]. Dies ist in Übereinstimmung mit einer weiteren Studie, bei der erhöhte Warm- und/oder Kaltschwellen eine Dysfunktionen der nicht-myelinisierten Nervenfasern vermuten ließen [46]. Diese klinischen Befunde werden durch immunhistochemische Anzeichen von axonaler Degeneration in Biopsien der Zunge bestätigt [47].

L. Eberhard Vibrationsreizen berichtet [58]. Sowohl die A-beta- und A-delta- als auch C-Fasern seien betroffen [57,58]. Es wird vom Vorliegen peripherer und zentraler Sensibilisierungsphänomene ausgegangen [56,57], deren Anteil interindividuell und im Verlauf der Erkrankung variiere [56].

Trigeminusneuralgie Sowohl bei idiopathischer als auch bei symptomatischer Trigeminusneuralgie wurde eine thermische Hypästhesie [59,60] mit sensorischem Defizit für Kalt-, Warm- und Temperaturunterschiedsschwelle sowie Hyperalgesie bei Kaltund Warmschmerzschwelle [60] beschrieben. Teilweise trat diese kombiniert mit einer mechanischen Hyperalgesie auf [59]. Bei der Testung mit Hilfe der QST-Batterie des DFNS imponieren auch hier beträchtliche interindividuelle Differenzen: Ca. 20% der Fälle zeigen ausschließlich Hyposensibilitäten, in 30% der Fälle ist eine Hypersensibilität zu beobachten, bei ca. 35% der Fälle liegt eine Kombination vor und ca. 15% der Fälle weisen keinerlei signifikanten Abweichungen von gesunden Probanden auf [59]. Eine andere Studie zeigt, dass nicht nur im Innervationsgebiet des betroffenen Nervenastes, sondern des gesamten Trigeminus sensorische Defizite vorliegen [60]. Es wird vermutet, dass die zentrale Sensibilisierung auch zu einem Funktionsverlust in den Dermatomen von C2 und C3 führen könnte, da deren Kerngebiete ebenfalls im trigemino-zervikalen Komplex des Hirnstamms liegen [60]. Die beschriebenen sensorischen Defizite sind als subklinisch zu betrachten [59—61] und widersprechen somit nicht der IHS-Klassifikation.

Kopfschmerz Anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz Patienten mit Migräne zeigten signifikant niedrigere Druckschmerz-Schwellen als Probanden [48]. Patienten mit Cluster-Kopfschmerzen wiesen erhöhte Warmschwellen [49] und Wärmeschmerzschwellen sowie Temperaturunterschiedsschwellen [50] auf, Patienten mit zervikogenem Kopfschmerz erhöhte Wärme- und Kältedetektionsschwellen [49]. Bei Patienten mit chronischem Kopfschmerz vom Spannungstyp fanden sich ebenfalls signifikant erniedrigte Druckschmerzschwellen [51,52], aber keine veränderten Temperaturschwellen [52].

Der atypische Gesichtsschmerz, nach Klassifikation der International Headache Society „anhaltender idiopathischer Gesichtsschmerz‘‘ (IHS 13.18.4), wird als täglich auftretender, tiefsitzender, auf eine Gesichtshälfte beschränkter, nicht durch sensorischen Defiziten gekennzeichneter Schmerz definiert [62—65]. Da er nicht von pathologischen klinischen oder bildgebenden Befunden begleitet wird, handelt es sich um eine Ausschlussdiagnose [66]. Trotzdem zeigten sich bei der QST höhere Wärmedetektions- und [53,67] sowie Druckschmerzschwellen [67].

Chronischer neuropathischer Schmerz Chronischer neuropathischer orofazialer Schmerz war mit thermischer Hypästhesie verknüpft [53,54]. Eine Studie zeigte zusätzlich erhöhte taktile Schwellen und eine erhöhte temporale Summation [55]. Möglicherweise bestehen dabei Unterschiede zwischen neuropathischem Schmerz mit nachgewiesener vorausgehender Nervschädigung und spontan auftretendem neuropathischem Schmerz [55].

Postherpetische Neuralgie Patienten mit postherpetischer Neuralgie wiesen ebenfalls signifikante sensorische Defizite in der Temperaturwahrnehmung auf [56,57]. Darüber hinaus wurde auch über taktile Hypästhesien gegenüber Berührungs-, Nadel- und

Empfehlungen Derzeit ist die QST im Kiefer- und Gesichtsbereich noch kein Standarddiagnoseverfahren, welches die Abgrenzung unterschiedlicher Schmerzerkrankungen erlaubt. Eine weitere Akquirierung ausreichender valider Basis-Daten sowie die auf dieser Grundlage durchgeführte Anpassung der standardisierten Untersuchung an die Besonderheiten der orofazialen Region kann dazu beitragen, die QST als Diagnoseverfahren zu etablieren. Das Potential dieser Untersuchung erscheint jedoch beträchtlich und kann durch die weitere evidenzgestützte Entwicklung künftig auch in Form eines Screenings, das sich auf die Erhebung weniger spezifische Parameter beschränkt, im klinischen Alltag genutzt werden.

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Schluss mit dem Impact-Factor-Diktat!

Der Journal Impact Factor wird vielerorts als zentrale Information zur Einschätzung von Qualität und Relevanz wissenschaftlicher Forschung benutzt. Dagegen protestieren Wissenschaftler, Redakteure und Herausgeber von wissenschaftlichen Journalen in einer Declaration on Research Assessment (DORA). Das DNEbM hat diese Erklärung unterzeichnet.

Der in den 1950er Jahren von Eugene Garfield entwickelte Impact-Faktor ist ein gutes Maß für den Einfluss von Zeitschriften. Seine Anwendung auf die Beurteilung der Relevanz von Forschungsarbeiten führt jedoch zu Verzerrungen der Art, wie Forschung durchgeführt, veröffentlicht und finanziell gefördert wird. Die DORA zeigt zahlreiche Defizite des Journal Impact Factors auf und gibt

AUS DEN GESELLSCHAFTEN 18 Empfehlungen an alle Beteiligten des Wissenschaftsbetriebes für die Bewertung von Forschungsarbeiten. Zur Deklaration http://am.ascb.org/dora/