Journal of the Less-Common Metals, 0 Elsevier Sequoia S.A., Lausanne -
77
42 (1975) 77 - 88 Printed in the Netherlands
ZUM THERMISCHEN VERHALTEN VON R-Nb205* VERWANDTEM V3M00i0 UND VsWsOze
V. PLIES**
und R. GRUEHN
Institut fiir Anorganische und Analytische (Bundesrepublik Deutschland) (Eingegangen
UND STRUKTUR-
am 7. Mtiz
Chemie
der Justus
Liebig-Universitiit,
Giessen
1975)
Zusammenhssung Das thermische Verhalten von R-Nb205, VsMoOie, V5W30z0 sowie von P-Nb205, das bei cu. 630 “C zum Teil aus R-NbzOs entsteht, wurde bis max. 950 “C mit einer Heizguinierkamera, System Simon, untersucht. Durch bereits vorhandenes P-NbzOs begiinstigt geht R-NbsO, bei langsamem Aufheizen in P-NbzO, tiber; weiteres Aufheizen iiberfiihrt so entstandenes P-Nb,OS zum Teil in N-Nb,OB. Bei schnellem Aufheizen und anschliessendem Tempern iiber mehrere Stunden findet eine Umwandlung von R-NbsOs in N-NbsOs statt. Die R-Nbz05-analogen Phasen VsMoOic und VsWsOz,, zeigten beim Aufheizen keine Umwandlungen, z.B. in eine P-NbzOs-analoge Struktur. Im Gegensatz zu R-NbzOs tritt bei VsMoOic und V5W30z0 eine stark anisotrope therm&he Ausdehnung des Gitters in [ OOl]-Richtung auf; darin stehen sie der V,O,-Phase nahe. Summary The thermal behaviour of R-Nb205, VsMoOra, V5W30z0 as well as of P-NbsOs (which is partially derived from R-NbzOs at 630 “C) has been investigated with a high-temperature X-ray camera (as developed by Simon) up to 950 “C. If R-Nb205 is heated up slowly it undergoes a thermal transition to P-NbzOB; this is favoured by P-NbzOs initially present; further heating converts the resulting P-Nbz05 into N-NbzO+ If the temperature is rapidly increased and is followed by annealing for several hours, a thermal transition of R-NbzOs to N-NbzOs takes place. At high temperature the phases V,MoOiO and V5W302a analogous to R-NbsOs show no phase transitions, e.g., to a structure analogous to P-Nbz05. In contrast to R-NbzOs, the phases VsMoOia and VsWsOza exhibit a strongly anisotropic thermal lattice expansion in the direction of [ 0011. This expansion is similar to that of the V205 phase. * zur Bezeichnungsweise der Niobpentoxidmodifikationen, Schulte [ 11. ** Teil der Dissertation von V. Plies, Universitiit Giessen.
vgl. SchPfer,
Gruehn
und
'b
I
u Abb. 1. Idealisiertes Bauprinzip der R-Nb205Strukturvarianten nach Lit. 2, 3 und 8. Besetzung der Me-Lagen bei R-Nb20 : Nb auf 1, 2J 3bt; bei (Vu,,Mou,3)205: (V, MO) statistisch auf 1, 2, 3, 4; bei V5W3020 2 (V !l\(75Wv,$5)2V W 010: (Vu.~~Wu,z5) statistisch auf 1, 4, 5,8; V, W geordnet auf 2, 3,6,7. *: Grenzen der Elementarzelle von R-Nbz05 und (Vo,,Mou~)205, V: Grenzen der Elementarzelle von V,WaOzo. Pfeile geben die Richtung der stirksten Auslenkung der Me-Teilchen an; vgl. Text.
Einleitung Vor einiger Zeit fand einer von uns [ 21 die neue Niobpentoxidmodifikation R-Nb205, die ein besonders einfaches Bauprinzip besitzt, wie bereits aus der Auswertung von Guinieraufnahmen hervorging. Wie Kihlborg [ 31 gezeigt hat, kristallisiert die ternare Phase (V0,,Mo0,s)s05 ebenfalls in der monoklinen R-NbsOs-Struktur. Das Bauprinzip (Abb. 1) wurde von Kihlborg aufgrund einer vollstandigen rijntgenographischen Strukturuntersuchung mit Einkristahmethoden gesichert; hierzu diente ein Praparat der Zusammensetzung (V,,, zM~~,~)eOs [ 31. Nach eigenen Untersuchungen* schliesst die Phasenbreite der (V,,,Mo0,s)z05-Phase die Zusammensetzung VsMoOi,, g (V0,75M00,25)205 ein; wir bezeichnen daher die R-NbzOs-analoge Phase des Systems V/MO/O vereinfacht als VsMoOis. Aufgrund der strukturellen Verwandtschaft von R-Nb,O, und VaMoOia mit P-NbzOs erschien uns die beobachtete [ 21 thermische Umwandlung von R-Nb,O, in P-Nb,05 bemerkenswert. P-NbsOs [5, 61 ist im Bauprinzip [7] mit R-NbzOs nahe verwandt [ 21; die idealisierte tetragonale Elementarzelle von P-NbzOs lasst sich aus vier halben Elementarzellen (a/2; vgl. Abb. 1) von R-NbaOs aufgebaut denken. Hierbei entsteht eine Anordnung kreuzweise aufeinander folgender Zick-Zack-Ketten aus MeOs,,O,,,-Oktaedem; wie bei R-Nb,05 sind die Me-0-Oktaeder in der Kette iiber Kanten miteinander verbunden und die Zick-Zack-Ketten untereinander iiber Oktaederspitzen verkniipft. In der R-NbsO,-Struktur verlaufen alle Oktaederketten parallel zueinander. * Das System V205-“Mo205” Elling [ 41 untersucht.
wurde
z.T. bereits
in Miinster
(Westf.)
gemeinsam
mit
79
Es war ferner zu priifen, ob V~MOO~~ als R-NbzOs-analoge Phase bei hijherer Temperatur ebenfalls in eine mit P-Nb,O, isostrukturelle Form iibergeht. In diesem Zusammenhang ist das thermische Verhalten von (V0,625W0,375)205 (’ V5W3020) ebenfalls von Interesse, Monoklines V5W3020 besitzt nach Untersuchungen von Israelson und Kihlborg [8] ein R-Nb,O,analoges Bauprinzip, wobei die teilweise Ordnung von V und W zu einer Vervierfachung der Elementarzelle fiihrt (Abb. I). StabiIitltsverhPltnisse
R-Nbz05 ist aufgrund seines therm&hen Verhaltens als ~et~stu~i~e Nb20,-Modifikation anzusehen [Z]. Bei chemisehen Transportexperimenten mit NbzO, [ 1, 21 wurde die R-Form nur dann erhalten, wenn die Versuchsdauer kurz war, so dass eine ltigere Beriihrung mit der transportierenden, NbOCl, enthaltenden Gasphase fehlte. Lgngere Versuchsdauer und erhahter Zusatz von NbOCl, unterdriickt die Abscheidung von R-Nb,O,; in analoger Weise kann bereits abgeschiedenes (ebenfalls metastabiles) P-Nb20s unter Beteiligung der Gasphase in die stabilere Modifikation B-Nb20s iibergehen. Das Auftreten von R-Nbz05 bei der Erhitzung von Niobchloridhydrolysaten [Z] und die Umwandlung in P-Nb205 bei weiterer Erhitzung dieser PrPparate deutet ebenfalls auf eine geringe therm~yn~ische Stab~it~t von R-Nb205 gegeniiber anderen Nb~Os-Modifi~tionen hin.
V,MoO10 als tern&e, R-Nb,Os-analoge Phase ist such bei lgngerer Erhitzung im evakuierten, zugeschmolzenen Quarzrohr bei z.B. 550 - 650 “C stabil. Damit ist in Einklang, dass auf unterschiedlichen Reaktionswegen (a) und (b) als Endprodukt VsMoO,, erhalten wurde [ 41: (a) Gemenge der Oxide Vz05, VOz und MOO, wurden im zugeschmolzenen Rohr erhitzt (3 Tage, 550 “C oder 2 Tage, 650 “C), die V,MoO10 -P¶te waren danach einphasig. (b) Gemenge wie bei (a) wurden bei cu. 750 “C geschmolzen und anschliessend abgeschreckt. Das ents~ndene Gemenge von VOMoO, und orthorhombischem (V, Mo)~O, ging beim anschliessenden Erhitzen auf 650 “C in die V,MoO,,-Phase iiber. Die V,MoO,o-Phase besitzt eine variable Zusammensetzung innerhalb der Grenzen (V,,,MO,,,)~O~ und (V0,75M00,25)205 [4]; die Gitterkonstanten gndern sich mit der Zusammensetzung (Tabelle 1). Bei (Vo,,,5Moo,zu)20s liegt ein iiusserst schmales Zweiphasengebiet vor; als Nachbarphase tritt hier orthorhombisches (V,MO)~O, mit der VzOs-Struktur [9, lo] auf. Ein Einfluss der Temperatur auf die Grenzen dieses Zweiphasengebiets war nicht erkennbar. Prgparate von V,MoOlO, die bei 650 “C gewonnen und anschliessend hijher erhitzt wurden (cu. 720 “C; in zuge~hmoIzenen Quarzrohren), zeigten nach dem Abschrecken auf Raumtemperatur keinen Hinweis auf eine Um-
80 TABELLE
1
Gitterdimensionen
(bei 20 ‘C;
R-Nb205Struktur
(monoklin)
R-Nb205* VX
b c
12,79 3,826 3,983
B
go,75
a
0
* Die Aufstellung vertauscht
(V,MoI-x)205
in A) von R-Nbz05
VzOg-Struktur ? V3MoO10
VO.7
VO.15
11,811 3,660 4,179
11,776 3,654 4,231
go,55
o
erfolgte
und (V,Mol,)205-Praparaten
go,50
(orthorhomb.)
(VxM%--x)205
a C b
v0.8
v0.9
v2°5
11,719 3,611 4,224
11,605 3,595 4,291
11,510 3,558 4,369
=
hier wie international
iiblich.
Gegeniiber
[ 21 sind a und c
worden.
wandlung in eine P-Nb205-analoge Modifikation [4]. Damit war jedoch nicht auszuschliessen, dass die stabile Phase VsMoOre beim Erhitzen reversibel in eine ebenfalls stabile Modifikation mit der P-Nb205-Struktur iibergeht. Diese Frage lasst sich mit Hilfe von HochtemperaturriSntgenaufnahmen beantworten. v5 w.7020
V5W302,, entsteht bei cu. 900 ‘C; Rijntgenaufnahmen bei Raumtemperatur ergaben eine R-Nb205-analoge Struktur [ 81. Uber das Aufheizverhalten war bisher nichts bekannt. Es wurde in Betracht gezogen [ll], dass diese monokline Phase bei Erhitzung von t&ragOndeIII (vo,65wo,35)205 entstehen kann. P-Nb2 O5
P-Nb205 ist ebenso wie R-Nb205 nach unserer bisherigen Kenntnis als metastabile Niobpentoxidmodifikation anzusehen [ 1, 121. P-Nb205-Kristalle, die bei 600 “C bis 750 “C durch chemischen Transport gewonnen wurden, zeigen unter dem Polarisationsmikroskop kein einheitliches optisches Verhalten. Darauf wurde bereits von Laves [ 71 hingewiesen. Zur Kllrung der Frage, ob P-Nb205 wahrend des Abkiihlungsvorganges Umwandlungen erleidet, wie sie z.B. fiir H-Ta205 (“diffusionslose Umwandlung”) beobachtet werden [ 131, wurden Heizguinieraufnahmen dumhgefiihrt. Thermisches
Verhalten
Riintgenographische
in der Heizguinierkamera Guiniertechnik
Alle Pulveraufnahmen wurden nach der Guiniermethode mit CtXaIStrahlung (AEG-Quarzmonochromator; Kammerumfang 360 mm) aufgenommen. Die Eichung der Raumtemperaturaufnahmen erfolgte mit a-Quarz. Zur Anfertigung der Heizaufnahmen diente eine von Simon* entwickelte Guinierkamera mit kontinuierlicher Filmverschiebung. Hierzu wurde eine Proben* Die kontinuierliche Enraf-Nonius hergestellt.
Guinierkamera
nach Simon
[ 141 wird jetzt von der Firma
81 TABELLE
2
P-NblOg-Gehalt
der R-NbaOg_PrZiparate
Nr.
Verh%ltnis der relativen Intensitit der Reflexe 105 von P-Nb,0,/102
1 2 3 4 5 6
0,5 1,4 194 174 194 12,0
7
1,4
PrB’parat
Prsparat max.
700
Nr. 6 wurde
durch
Aufheizen
von R-Nb20,
von Prlparat
Nr. 3 mit 13,4
“C StdT’
auf
“C gewonnen
heizung konstruiert, die es gestattet, ein in eine Quarzkapillare eingeschmolzenes Praparat mit Hilfe eines elektrisch vorgeheizten Luftstromes bis auf 1000 “C aufzuheizen [ 151. Uber ein Miniaturmantelthermoelement wird die Temperatur am Ort des Praparats nach einem mit der Filmbewegung gekoppelten Programm geregelt. Ein weiteres Thermoelement registriert die am Ort der Probe herrschende Temperatur. Zur Erganzung wurden bei besonders interessierenden Temperaturen, insbesondere zur Bestimmung der Gitterkonstanten, Aufnahmen mit nicht bewegtem Filmzylinder und konstanter Temperatur angefertigt. Zur Eichung wird auf demselben Film das Diagramm eines a-Quarz-Praparats, das sich bei Raumtemperatur befindet, aufgenommen. Aufheizverhalten
von R-Nb,05
Fri.ihere Experimente, in denen R-Nbz05 bei langerer Erhitzung auf 700 - 750 “C (20 Std.; an der Luft) in P-Nb,O, iiberging [2], wurden mit der Heizkamera iiberpriift. Ausgangsprciparate
Eine Schwierigkeit besteht darin, dass einphasige R-NbzOB-Praparate bisher nicht gezielt dargestellt werden kijnnen. Lediglich die Darstellungsweise iiber Niobchloridhydrolysate, die R-NbzOs im Gemenge mit P-NbsO, und TT-NbzOs liefert, war bisher einwandfrei reproduzierbar. Untersucht wurden R-NbzOs-Praparate aus einem Transportexperiment, das iiberwiegend R-NbzOs lieferte [ 21. Die einzelnen Proben unterschieden sich im P-Nb205-Gehalt. Zur Charakterisierung des P-Gehalts, der nicht exakt anzugeben ist, wurde das Verhlltnis der Intensitaten des lo&Reflexes von P-NbsOs zum 102-Reflex von R-Nbs05 aus den Guinieraufnahmen photometrisch bestimmt. Dadurch konnte eine relative Zuordnung der Praparate nach steigendem P-Gehalt vorgenommen werden (siehe Tabelle 2). Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, hatten die Pdparate 2 - 5 etwa gleichen P-Gehalt, wahrend sich Prap. 1 durch einen deutlich geringeren und Prap. 6 durch einen hijheren P-Gehalt auszeichnen.
82
I
66
13.4
5
6
9.7
61
Abb. 2. Ergebnis von Heizaufnabmen von R-Nbz05-Prlparaten. Die Breite der Felder ist ein Mass fiir den geschlitzten Anteil einer Modifikation im Prlparat. In den schraffierten Bereichen ist die Umwandlung noch nicht vollstiindig abgelaufen. Punktierte Linien geben die jeweils erreichte Endtemperatur einer Heizaufnahme an. Modifikationsangaben: B: B-NbZ05; H: H-Nb205; N: N-Nb205; P: P-Nbz05; R: R-Nb,O,; ‘I: T-NbzO,; U: Unbekannte Phase. Moglicherweise vorliegende amorphe NbZOs-Anteile (vgl. Text) sind in der Abbildung nicht beriicksichtigt.
Ferner ist zum Teil ein Zusserst geringer An teit an Z’-iVb2OS erkennbar (Prap. Nr. 2 und 5). Wie bei (21 gezeigt wird, enthielten die Praparate wahrscheinlich einen geringen Ante3 an r~ntgenumorphem Nb205. Ergebnis der Au fheizaufnahmen Das thermische Verhalten der R-NbsOOli-Prtiparate wurde in unterschiedlichen Temperaturintervallen mit verschiedenen Aufheizgeschwindigkeiten untersucht; Experimente mit langsamem Aufheizvorgang sind in Abb. 2 wiedergegeben. Wie Experimente mit vergleichbarer Aufheizgeschwindigkeit zeigen (Abb. 2), beeinflussen bereits vorhandene Anteiie (“Keime”) anderer Modifikationen (P-NbsOr,, T-NbsO,) die Richtung, in der die Umwandlung von R-Nbz05 erfolgt. Dies ist verst~ndIich, da im wesentlichen Umwandlu~en metastabiler Nb~O~-~odifikationen ineinander beobachtet wurden: R-NbzOs + T-Nbz05
(“amorphes”
NbzO,
-+ T-Nb,O,)
T-NbzOS tritt ab etwa 450 - 470 “C auf (Prap. Nr. 1, 2, 5). Nach friiheren Beobachtungen [ 21 bildet sich T-Nb,OS aus rontgenamorphen Anteilen der Prgparate. Bei den vorliegenden Experimenten wurde die Bildung von T-Nb,OB durch einen bereits uorhandenen geringen T-NbaOB-Anteil gefijrdert (Prap. Nr. 2, 5). Bei weiterer Erhitzung entstehen bevorzugt Gemenge aus T- und P-NbsOs, wie sie bei Erhitzung von Niobchloridhydrolysaten [ 1,2] sowie beim thermischen Abbau von NbaO,Gl [ 12,161 ebenfalls auftreten. Davon ist verschieden, dass P-Nbz05 in R-Nb~O~-Pr~p~aten aus dem R-NbsOS Anteil entsteht und daher erst bei hoherer Temperatur auftritt als ein T-Nb~O~-Anteil. Bei weiterem Aufheizen verschwindet T-Nb,O, zugleich mit
83 TARELLE
3
Verhalten van R-Nbz05 nach schnellem Aufheizen und bei anschliessender konstanter Erhitzung bei 800 “C. Aufheizgeschwjndjgke~t: 20 ‘C bis 800 ‘C in 5 Min. Der P-Nb$s-Anteil nimmt nach ca. 1 Std., der N-Nb%Og-Anteil nach cu. 2 Std. nicht mehr zu Prfparat Nr.
4
7
Erhitzungsdauer (Std.) bei 800 “C
beobachtete Umwandlung von R-Nb205
Zusammensetzung nach der Erhitzung
sofort
bei weiterer Erhitzung
in P-Nb2U5
in N-Nb$35 (nach c(i. 1 Std.)
P-Nb20j, N-Nb205 geringer Rest R-Nb205(!
in P-Nb,05
in N -NbZOs
P-Nb,05,
8 16
N-Nb205
(nach cu. 1 SM.)
dem Auftr~ten von H-Nb205 und N-NbzO, (Prap, Nr. 5). Nach unserer bisherigen Kenntnis geht T-Nb205 hierbei in H-N&O5 iiber [If. R-Nb205
+ P-NbzOa
Wenn bereits hinreichend P-Nb,,OF, vorhanden ist (P-NbzOs-“Keime”), geht R-Nb205 bei 630 “C bevorzugt in P-Nb,O, iiber. Dies war am deutlichen relativen Entensit;itszuwaehs der vorher nur schwachen FaNb,O,-Reflexe der Rijntgenaufnahmen zu erkennen. Nur bei sehr geringem P-Nb,Oa-Gehalt (Prap, Nr, 1) trat noch vor einer Zunahme des P-Nb205-Anteils ausser T-Nbz05 eine neue, formal P-tihnliche Form (s.u.) sowie B-Nb205 auf. Ein Einfluss der Au.fheizgesclrwinddgkeit auf die Art der entstehenden Mod~f~kationen ist beim Vergieich von Expe~men~n der Abb. 2 (langsames Aufheizen) mit denen der Tabelle 3 fschnelles Aufheizen)” zu erkennen. Bei sehr hohen Aufheizgeschwindigkeiten (Tabelle 3) konnten die Phasenverhlltnisse riintgenographisch erst nach Erreichen einer konstanten Maximaltemperatur in AbhZngigkeit von der Erhitzungsdauer auf dem Film aufgenommen werden. R-Nb205 + N-Nb,05;
P-Nb205 -+ N-Nb205
Ob diese Umwandlungen, die hier erstmals beobachtet wurden, bei 790 800 “C ablaufen, h%ngt von der Vorgeschichte der Praparate ab: Langsames Aufiehen ksst R-Nbz05 bei 630 “C in P-Nb205 tibergehen: auf diesem Wege entstandenes P-Nbz05 wandelt sich bei 790 “C in N-Nb,OS (und zum Teil in H-N&&) urn (Priip. Nr. 5, 6). Schnejbs Aufheken auf 800 “C setz das Umwandlungsvermijgen von R-Nb,Or, herab: Auch nach 8 Std. bei 300 “C ist zum Teil noch R-Nb205 vorhanden (Prap. 4); nachdem die Umwandlung in P-TJb205 zum Erliegen gekommen ist, geht es IX. 1 Std. nach dem Aufheizen teilweise in N-Nb,O, uber (Tabelle 3). Einen Verlauf dieser Umwandlung i_iber P-NbaOB (R -+ P -+ N), der hier ebenfalls denkbar w&e, halten wir &r weniger wahrscheinlich, denn die Bildung von N-Nb,OF, setzt sich bei weiterer konstanter Erhitzung (> 2 Std. bei 800 “C) nicht mehr weiter fort, obwohl P-Nb,05 vorhanden ist. Demnach geht P-Nb,O,, das bei schnellem Aufheizen von R-NbzO,
)
85
TABELLE
4
Gjtterdimensionen bei 600 ‘C
(in A ) von (V~Mo~-~)~O~-Pr~paraten
nach Heizguinieraufnahmen
VaMoO1o-Struktur
V,O,-Struktur
VX
VQ.7
vo.75
VW
vo.9
vzo5
(I
11,823 3,654 4,298 go,17 3
11,753 3,643 4,351 90,08’
11,781 3,620 4,353
11,692 3,599 4,427
11,541 3,558 4,497
b
a :
Eine P-Nb,O,-analoge Form tritt nicht auf. Auf der Heizaufnahme erkennt man eine kontinuierliche Verschiebung von Reflexen, die eine ~nde~ng der Metrik der Elementarzelle in Abhgngigkeit von der Temperatur anzeigt. Werden die Proben vor Erreichen des Aufschmelzens wieder abgekiihlt, so stellt sich die urspriingliche Metrik wieder ein. Bemerkenswert ist, dass die Anderung der Gitterkonstanten mit steigender Temperatur bevorzugt zur Streckung der c-Achse fiihrt. In dieser Richtung weicht die Element~elle von V3Mo01c bereits bei Raumtemperatur am starksten von der Metrik von R-NbzO, ab (Tabelle I); diese Abweichung nimmt beim Vz O,-reicheren Praparat ( V0,75 M0,,z5)a05 sowie mit steigender Temperatur zu (Tabelle 4). Ein Vergleich der Metrik von VsMoOie mit der Metrik des orthorhombischen V,05 zeigt, dass die Zelle von VsMoO,, mit steigender Temperatur “V,O,2ihnlicher” wird’. Wie Vergleichsexpe~mente (Tabelle 4) ergaben, zeigt die V,O,-Struktur eine analoge Streckung (hier in der b-Richtung). Die V3Mo0,,-Struktur strebt offenbar mit steigender Temperatur einer Deformation der Koordinationspolyeder zu, wie sie fir VsOs charakteristisch ist; die Substanz wird Nbz05-unahnlicher, so dass das Ausbleiben des Uberganges in eine P-NbzOB-analoge Form von der Metrik her verst~ndlich wird. Hierbei ist he~orzuheben, dass eine Umordnung von VsMoOre in die orthorhombi~he (V,Mo)zOs-Phase nicht beobachtet wird; die Anderung der Temperatur hat auf die Grenzzusammensetzung der Phase keinen erkennbaren Einfluss. Thermisches Verhalten uon V, W3020 VsW~Oz~ wurde durch Erhitzung entsprechender Gemenge aus VzOa, VzO, und WOa in evakuierten Quarzampullen und anschliessendes Abschrec ken auf Raumtemperatur dargestellt, Das Praparat liefert das Guinierdiagramm der von Israelson und Kihlborg [ 81 beschriebenen Phase. Die gepulverte Substanz wurde in zugeschmolzenen, mit Ar aIs Schutzgas gefiillten Qu~zm~kr~hrchen in der H~htempe~tur~inierk~era untersucht. Die Au~eizgeschwindigkeit betrug 10 “C Std?, die Endtemperatur 1000 “c. * Die unterschiedliche Auslenkuqg der Me-Teilchen in beiden Kihlborg hingewiesen hat [ 31, bleibt hierbei ausser Betracht.
Strukturen,
auf die
86
Das erhaltene
Guinierdiagramm zeigte im Bereich von 20 “C bis 1000 “C Phasenumwandlungen. Beobachtete Linienverschiebungen waren, wie eine Bestimmung der Gitterkonstanten von V5W30s0 bei 800 “C zeigt, vorwiegend auf eine relativ starke thermische Ausdehnung der c-Achse zuriickzufiihren: 20 “C: a = 24,41 A; b = 7,446 A; c = 3,950 A ; 0 = 91,03 O. 800 “C: a = 24,56 A; b = 7,502 A; c = 4,025 A;0 = 90,66 ‘. Hervorzuheben ist, dass die bevorzugte Ausdehnung in der c-Richtung senkrecht zu den Ebenen erfolgt, in denen Kantenverkniipfungen der Oktaeder auftreten. V5W302,, schliesst sich damit im therm&hen Verhalten an V3MoO10 an.
keine erkennbaren
Thermisches
Verhalten
von P-Nb205
Die Aufheizversuche mit R-Nbz05 lassen zugleich das thermische Verhalten des in den Proben mitenthaltenen P-Nbz05 erkennen. Zum Vergleich wurde P-Nb205 aus einem Transportexperiment (Abscheidungstemperatur 750 “C) in der Heizkamera von Raumtemperatur bis auf 900 “C mit einer Geschwindigkeit von 30 “C Std,l aufgeheizt. Bis zur Endtemperatur blieb das Guinierdiagramm bis auf geringe Linienverschiebungen unverandert; die Gitterkonstanten fiir P-Nbz05 betragen danach fiir 20 “C: a = 3,90 A; c = 25,43 A; fiir 720 “C: a = 3,91 A; c = 25,78 A. Umwandlungsvorgange, die im Rbntgenbild erkennbar sind, konnen damit ausgeschlossen werden. Es tritt demnach such zwischen dem Temperaturbereich, in dem die Bildung der P-Nb205-Kristalle erfolgte (600 - 750°C) und der Raumtemperatur keine reversible (“diffusionslose”) Umwandlung [ 131 auf, wie man sie z.B. bei den strukturell verwandten H-TasOs-Varianten [ 7, 191 beobachtet. Bei langerer Erhitzungsdauer oberhalb 850 “C (z.B. 2 Std. 900 “C) beginnt mit der Transportmethode gewonnenes P-Nbz05 in H-NbzOs iiberzugehen; diese bekannte [l] Umwandlung ist nicht reversibel. Diskussion Beim Aufheizen geht nur R-Nbs05 in die P-NbzOB-Struktur iiber; bei den R-NbzO,-Analogen V3MoO10 und VsWsOse ergibt sich kein Hinweis auf eine korrespondierende, P-NbzO,-analoge Phase. Andererseits zeigen die Vhaltigen Phasen eine stark anisotrope therm&he Ausdehnung, wie sie fir R-Nbz05 nicht zu beobachten war. Mijglicherweise steht das Fehlen einer P-NbzOB-analogen Struktur fiir VsMoOra und VsWsOze mit der extremen thermischen Ausdehnung ihrer Gitter in c-Richtung und mit den in dieser Richtung besonders ausgepragten Unterschieden in den Me-0-Abstlnden, wie sie bei der orthorhombischen V,O,-Phase ebenfalls auftreten, im Zusammenhang. Fiir eine derartige Deformation der Koordinationspolyeder in einer Vorzugsrichtung diirfte das P-Nb,O,-Bauprinzip mit sich kreuzenden Oktaederketten recht ungiinstig sein. Das Umwandlungsverhalten von R-NbzOr, deutet darauf hin, dass eine Neubildung von P-NbsOs nach einem teilweisen Zusammenbruch des R-NbzOB-Gitters erfolgt. Ein unmittelbarer Ubergang dieser Strukturen in-
87
einander, wie er fiir die H-Ta205-Varianten beobachtet [ 13, 191 und zur Zeit bei uns naher untersucht wird [ 201, ist hier auszuschliessen. Als weitere Umwandlung zwischen metastabilen Nb,O,-Modifikationen wird hier erstmals ein Ubergang von R-Nb,05 und P-Nb,O, in N-Nb205 beobachtet, wobei die Bildung von N-Nb,O, stark von der Vorgeschichte der Praparate abhangt. Hervorzuheben ist ferner, dass die Umwandlung von R-Nb,O, in P-Nb,OS und in T-Nb,05 stark durch bereits von vornherein uorhandene Anteile dieser Modifikationen gefordert wird. Ob das Umwandlungsverhalten von R-Nb205 such durch nicht von der Darstellung her vorhandene, nachtraglich mechanisch beigemengte Anteile anderer Modifikationen in entsprechender Weise beeinflusst werden kann, ist noch unbekannt. Beim thermischen Abbau von Nb,O,Cl haben Kodama et al. 1121 durch mechanische Beimengung von P-Nb,05-Keimen die Bildung von P-Nb,05 fijrdern konnen. Bemerkenswert ist ferner ein deutlicher Einfluss der Aufheizgeschwindigkeit: Nur bei langsamem Aufheizen von R-Nb,05 gebildetes, besonders reaktionsfahiges P-Nb205 vermag anschliessend in N-Nb,O, iiberzugehen. Analog hierzu wird R-Nb205 durch schnelles Aufheizen weniger reaktionsf&ig und ist nicht mehr vollstindig in P-NbzO, iiberzufiihren. Hier kijnnten Unterschiede im mikrokristallinen Gefiige vorliegen, wie sie sich mijglicherweise mit elektronenoptischen Methoden nachweisen lassen. Dank Herrn Prof. A. Simon und Herr-n Prof. H. Schafer danken wir fur die uns zur Verfiigung gestellte kontinuierliche Guinierkamera. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft haben wir fiir ihre finanzielle Unterstiitzung sehr zu danken. Dem Verband.der Chemischen Industrie gebiihrt Dank fur seine standige Forderung. Literatur 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
H. R. L. K. H. F. W. M. H.
Schafer, R. Gruehn und F. Schulte, Angew. Chem., 78 (1966) 28. Gruehn, J. Less-Common Met., 11 (1966) 119. Kihlborg, Acta Chem. &and., 21 (1967) 2495. H. Elling, Staatsarbeit, Universittit Miinster, 197 1. SchHfer, F. Schulte und R. Gruehn, Angew. Chem., 76 (1964) 536. Laves, W. Petter und H. Wulf, Naturwissenschaften, 51 (1964) 633. Petter und F. Laves, Naturwissenschaften, 52 (1965) 617. Israelson und L. Kihlborg, J. Solid State Chem., 1 (1970) 469. G. Bachmann, F. R. Ahmed und H. W. Barnes, Z. Kristallogr. Mineral.,
110. S. Andersson, Bull. Sot. Chim. Fr., (1965) 1088. M. Israelson und L. Kihlborg, Ark. Kemi., 30 (1968) 129. H. Kodama, T. Kikuschi und M. Goto, J. Less-Common Met., F. Laves und W. Petter, Helv. Phys. Acta, 37 (1964) 617. A. Simon, J. Appl. Crystallogr., 4 (197 1) 138. V. Plies, Diplomarbeit, LJniversitHt Giessen, 1972. W. Mertin, Dissertation, UniversitIt Miinster, 1967. S. Tamura, J. Mater. Sci., 7 (1972) 298.
29 (1972)
115 (1961)
415.
88 18 J. L. Waring, R. S. Roth und H. S. Parker, J. Res. Nat. Bur. Stand., 77A No. 6 (1973) 705. 19 N. C. Stephenson und R. S. Roth, J. Solid State Chem., 3 (1971) 145. 20 V. Plies, unveriiffentlicht.