Zwei in histologischer und biologischer Hinsicht bemerkenswerte Früchte von Fumariaceen.

Zwei in histologischer und biologischer Hinsicht bemerkenswerte Früchte von Fumariaceen.

lwei in histologischer und biologischer Hinsicht bemerkenswerte friichte von fumariaceen. Von E. Heinricher. Mit 7 Abbildungen im Text. Der eine Fall...

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lwei in histologischer und biologischer Hinsicht bemerkenswerte friichte von fumariaceen. Von E. Heinricher. Mit 7 Abbildungen im Text.

Der eine Fall betrifft Adlumia cirrhosa und ist von mir schon in einer gesonderten Abhandlung eingehend besprochen worden 1). Ich verweise das Biologische betreffend auf diese, erlaube mir aber, das Histologische hier kurz zu wiederholen und an der Hand einiger kopierter Abbildungen in der Figur 1 zu illustrieren, da die kleine Studie ganzlich in Vergessenheit geraten ist. Es handelt sich urn eine sehr interessante Umgestaltung, welche die innere Epidermis des jungen Fruchtknotens wahrend der Entwicklung zur reifen Frucht erfahrt. Die urspriinglich liickenlos zusammenschlieSenden Zellen der inneren i Epidermis (1 a) treten bald in Interzellularenbildung ein (1 b) und nimmt diese Interzellularenbildung bald exzessiv zu, wie 1 c im Flachenbilde, 1 d am Querschnitt durch das diinne Fruchtblatt, zeigen. Zur Zeit der Reife ist aus der urspriinglichen Epidermis das lose Gitterwerk hervorgegangen, von dem Fig. 1 e ein Bruchstiick zur Ansicbt bringt. Die schmalen, ziemlich dickwandigen, verholzten und getiipfelten Zellen lassen ihre Herkunft aus Epidermiszellen wohl nicht erraten, sie nehmen auch weniger Raum ein als die Interzellularen, deren Entwicklungsgang wir verfolgt haben. Vor kurzem hat K n 0 1P) eingehend "iiber die Liickenepidermis der Arum-Spatha" berichtet und in der Zusammenfassung gesagt: "Die Liickenepidermis der Arum-Spatha ist bis jetzt die einzige Angiospermenepidermis, bei der eine regelmaSige Durchlochung ohne Vermittlung von SchlieSzellen sicher nachgewiesen wurde." Meine Mitteilung iiber Adlumia war ihm entgangen. Bei ihr ist zwar die Interzellularenbildung 1) E. Heinricher, Dber einen eigentiimlichen Fall von Umgestaltung einer Oberhaut und des sen biologische Deutung. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss., Wien. Mathem.-naturw. Klasse 1890, XCIX, Abt. I, 15 S., 1 Taf. 2) 6sterreichische Botanische Zeitschrift, LXXII, Jahrg. 1923, S. 246-254, 1 Textbild.

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viel machtiger als an der Innenepidermis der Arum-Spatha, allerdings sind jedoch die beiden Falle wesentlich unterschieden. Bei Adlumia vollziehen die Epidermiszellen der Kapselinnenwand einen volligen Funktionswechsel, es geht ihnen der Epidermischarakter vollstandig verloren, bei der Aruma b Spatha hingegen funktioniert die Epidermis im fertigen Zustand doch noch als solche, sie hat durch Einschaltung von KantenlUcken nur die c Moglichkeit eines Gasaustausches mit den Interzellularen des SpathaMesophylls durchgefiihrt. Beide Falle fiir den Histologen gewiB lehre d reich und von groBem Interesse. Fig. 1. Der zweite Fall betrifft die blasig aufgetriebene Kapsel von Corydalis vesicaria (L) Pers (Cysticapnos Borh.) und aHem Anschein die ganze Sect. II, "Phacocapnos Bernh.", deren Arten unter diesem Namen als eigene Gattung gefiihrt wurden. Nach Prantls 1) Bearbeitung der Papaveraceae (inkl. Fumariacae), sollen zu ihr vier am Kap beheimatete, einjiihrige Arten mit "rankendem Stengel" gehOren. Hier ist es vor aHem das Mesophyll, das einen auBergewohnb lichen Entwicklungsgang nimmt. Das Ergebnis meiner Untersuchung Fig. 2. solI im folgenden beschrieben werden, doch will ich die Beschreibung der reifen Frllcht voranschicken.



1) Natiirliche Pflanzenfamilien 1891, III. T., 2. Abt., S. 144.

2.

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E. Heinricher,

Fig. 2 a skizziert ein Stuck eines SproBchens mit ZWeI Jungeren Friichten, 2 b eine erwachsene, lokulicid aufgesprungene Kapsel. Fig. 2 c endlich die eine Kapselhalfte, von innen gesehen, mit den beiden verschrnmpften Plazenten und verschrumpften Resten der Innenepidermis der Fruchtblatter. An den Plazenten haften die zahlreichen schwarzen und glanzenden Samen. Die Plazenten verbleiben bei der Teilung der Kapsel stets in der einen Halfte zuriick Das Stielchen der Kapsel setzt sich in einem starkeren Leitstrang bis an den Grund der Plazenten

c Fig. 3.

fort. Die seitlichen zarten Linien entsprechen gezerrten, zum Teil durchrissenen GefaBbiindeln. Das Interessanteste enthaIt un sere Abbildung nicht, da keine Feder zart genug ist, das zur Darstellung zu bringen. Unter den zarten Strangen und den Plazenten ist der Raum erfiillt von einem diinnen Flaum, etwa sehr lockerer Baumwolle oder dem lockeren Pelz eines Pilzmycels entsprechend. Es war von vornherein wahrscheinlich, daB dieser Flaum durch exzessives Wachstum des Mesophylls zustande kommt. Proben dieses an Baumwolle erinnernden Gewebes bringt bei nur 60facher VergroBerung Fig, 3 1). Teils macht es den 1) Zu bemerken iat, daB meine Originalbilder bei der Wiedergabe im Verhiiltnis von 4: 3 verkleinert wurden, was bei den anatomischen zu beachten iat.

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Eindruck eines riesigen Sternparenchyms (3 a), teils tritt die Armbildung und Verzweigung zuriick und sind die Zellen durch besondere Langsentwicklung ausgezeichnet (3 b). Letzteres anscheinend besonders bei den den Leitstrangen genaherten Partien. (Zur besseren Illustration der GroBenverhaltnisse ist in Fig. 3 c bei gleicher VergroBerung das typische Sternparenchym aus einem Iuncushalm mit aufgenommen.) W 0 Zellen aneinanderstoBen, ist die trennende Querwand etwas verbreitert und reiche TiipfelbiIdung fiir den erleichterten Stoffverkehr vorhanden.Unschwer erfolgt an diesen Querwanden die Trennung der Zellen voneinander. Fig. 3 d zeigt eine solche Querwand im optischen Langsschnitt, 3 e von der Flache (Vergr. 220). In den Zellen, die vollig entleert erscheinen, sind oft Luftblasen vorhanden. Die Wandungen sind ziemlich dick, bestehen aus einem Gemenge von Pektinstoffen und Zellulose, mit Vorwiegen der ersteren. Das bedingt, daB mit Chlorzinkjod die Zellulosereaktion nicht gelingt, sondern die ZeIIen einen gel ben oder braunf,elben Farbenton annehmen. Hingegen b kommt die ZelluloseQ reaktion auf Anwendung von J od und Fig. 4. H 2 S0 4 deutlich zum Ausdruck. Einzelne Zellen werden tiefblau, andere, in denen die Pektinstoffe stark iiberwiegen, griinlich. Pektinreich sind die auBeren Schichten, wie man deutlich erkennt, wei! sich durch Einwirkung der H 2 S04 eine Spaltung der Schichten gewinnen laSt. Den Zellulosegehalt bestatigt auch die, wenn auch nicht sehr intensive, Farbbarkeit mit KongoroP). Aus dem Verfolg. der Entwicklungsgeschichte der Frucht und besonders des grob-lakunosen Gewebes, das wir berechtigt als Aerenchym bezeichnen konnen, mogen folgende Angaben gebracht sein: Zum Ausgang der Untersuchung wurden 3 mm lange Fruchtknoten aus Bliitenknospen gewahlt. Es zeigte sich, daB schon in so jungen Fruchtknoten die Lakunenbildung eingesetzt hat und daB demzufolge die an-

bar?

1) Vgl. E. Heinricher, 1st das Congorot alsReagenz auf Zellulose brauchZeitschr. f. wiss. Mikroskopie 1888, Bd. V.

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E. Heinricher,

gewandten Mikrotomschnitte sich wenig giinstig erwiesen. Viel klarere Bilder ergaben die weiterhin allein beniitzten Handschnitte. Fig. 4 a gibt eine Skizze eines Fruchtknotens von 4 mm Lange, aus einer dem Aufbliihen pahen Knospe 1). Die zahlreichen der AuBenseite genaherten GefaBbiindel sind nicht angedeudet, sie sind zu der Zeit noch vollends auf prokambialer Stufe, nur die starkeren Strange unterhalb der Plazenten haben bereits eine Anzahl GefaBe differenziert. Die Lakunen, wie die FruchtknotenhOhlung sind durch Schraffierung hervorgehoben. Zuerst gelangen groBe Hohlungen unter den Plazenten zur Ausbildung; diese sind auch schon in noch jiingeren Fruchtknoten vorhanden. Es schlieBt

Fig. 5.

sich aber alsbald auch ihr Auftreten in den Iateralen Partien des Fruchtknotens an. Mehr schematisch deutet das Fig. 4 a an. Detail aus dieser Entwicklungsstufe bringt das Bild Fig. 5, das den Querschnitt einer lateralen Partie der Fruchtknotenwand darstellt (Vergr. 220). Es ist ersichtlich, daB der Querschnitt 12-13 Zellagen umfaBt Die Lakunenbildung setzt mehr innenseitig zwischen der zweiten und dritten, dritten und vierten, vierten und fiinften Zellage ein und beruht 1) Fig. 4 b skizziert eine Doppelsamenknospe. aus der sich allenfalls ein Doppelsame entwickelt hatte. Offenbar handelt es sich um die Verwachsung zweier zu eng nebeneinander und in paralleler Stel\ung zur Entwicklung gekommener Samenanlagen. Sie werden beide gemeinsam von einem auBeren Integument umschlossen; an der Verwachsungsseite wurde seine Ausbildung vollends unterdriickt.

I· I

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zunachst vorwiegend auf tangentialer Spaltung, daher die Interzellularen hauptsachlich von Zellketten begrenzt erscheinen Es treten abel' auch schon radiale Unterbrechungen del' Ketten auf. In del' auBeren Halfte sind, abgesehen von del' Epidermis, die ZeIlen kleiner und schlieBen noch engel' zusammen. Innen eingebettet sind zwei prokambiale GetaBbundel eingezeichnet und sehr auffallig treten die punktiert hervorgehobenen, besonders subepidermal und un mittel bar anschlieBend, oft gepaart, abel' auch zu dreien nebeneinander liegend, vorkommenden Elemente hervor. Das sind die von mil' seinerzeit bei den Fumariaceen entdeckten, fur sie so charakteristischen Schlauchzellen 1). Die Punktierung soIl nicht etwa den Inhalt hervorheben; im Gegenteil heben sich am Praparat die Elemente durch Helle, weil Inhaltsleere, vom ubrigen sehr plasmareichen Parenchym ab. Wenn die von Z 0 P f 2) in einer zweiten Arbeit erfolgte Angabe stimmt (seine erste, daB die SchlauchzeIlen Gerbstoffbehiilter seien, wurde von mil' widerlegt), was del' Fall sein durfte, daB diese ZeIlen unter anderen Stoffen auch Alkaloide fiihren, lage es nahe, ihre gehaufte periphere Anordnung als in Beziehung stehend zur Schutzfunktion, die ihnen gegenuber Angriffen kleiner Tiere zukame, aufzufassen. Von dem in Fig. 5 gegebenen Stadium schreitet die Lakunenbildung rasch VOl'. Querschnitte von Fruchtknoten mit 5 mm Lange weisen an Stelle del' wesentlich tangential gestreckten Lucken schon mehr das Bild polyedrischer Kammern auf. Wahrend vorher del' Starkegehalt in den dichteren AuBenpartien sich auf sehr kleine Kornchen beschrankte, nimmt er hier stetig zu und die Korner werden ansehnlicher. Noch in Fruchtknoten von 7 mm Lange ist del' Zusammenhalt del' funf auBeren Parenchymlagen wesentlich erhalten, ihr Starkegehalt erscheint gesteigert. Hingegen erweckt die innere Epidermis den Eindruck, etwas verschrumpft zu sein. Die Schlauchzellen haben nunmehr ungefahr den gleichen Durchmesser wie die sie umgebenden Parenchymzellen und treten deshalb vie I weniger hervor als in den jungeren Stadien. Del' Mangel an Starke macht sie fur den Wissenden immerhin noch leicht 1) Vgl. E. Heinricher, Die Eiweil3schHiuche der Cruciferen und verwandte Elemente in der Rhoeadinen-Reihe. Mitteil. des botan. Inst. zu Graz, Bd. I, S. 49, Jena 1886. Weiters "Vorliiufige Mitteilung iiber die SchlauchzeBen der Fumariaceen". Ber. d. d. bot. Ges. 1887, S.233, und "Nochmals tiber die SchlauchzeBen der Fumariaceen". Ebendort 1891, S. 184. 2) Z 0 P f, tIber die Gerbstoff- und Anthocyan-Behlilter der Fumariaceen und einiger anderer Pflanzen. Bibliotheca Botanica, Cassel, Theod. Fischer, 1886, und "Zur physiologischen Deutung der Fumariaceen-Behiilter". Ber. d. d. bot. Ges. 1891, Heft 4.

E. Heinricher,

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reitend neue nachweisbar. Nach und nach werden nach auEen hin vorsch die anfiingIich Schichten in die Lakunenbildung einbezogen, wahrend s Streckungsmehr tonnenfOrmigen Zellen der alteren durch starke gestalt zuStern der h vielfac en wachstum und lokalisierte Verzweigung en Quergeling e zufolg es gefiihrt werden. Der Lockerheit des Geweb der Karseite schnitte immer schwerer. SchlieBlich sind an der Innen dung einbezogen pelle alle Mesophyllzellagen in die Interzellularenbil idermalen (evenworden, an der AuBenseite aber bleiben die zwei subep n Zusammenengere im dritte) tuell, wo GefaBbiindel anstoBen, eine GefaBbiindel). = a in schIuB (vgl. Fig. 7 a und b, Vergr. 98; G. B. s) und Die Epide rmen der Innen - (Oberseite des Fruchtblatte ieden. Fig. 6 a AuBenseite (Unterseite des Fruchtblattes) sind versch

a Fig. 6.

lte Epidermis und b geben Flachenbilder (Vergr. 220); a zeigt die gewel Zellage, die ale der Innenseite und punkt iert anged eutet die subepiderm der die ArmwesentIich aus Iangsgestreckten Zellen besteh t und in In Fig. b sind bildung gegeniiber den foJgenden ZeJlagen zuriickbleibt. rischen Umpolyed tlich wesen die Zellen der auBeren Epidermis, mit en einffnung SpaItO ZahI rissen, wiedergegeben, in die in beschrankter ngewoh den gelage rt sind. 1m allgemeinen eine Umkehr gegeniiber rmis die Epide lichen VerhaItnissen, in denen gewellte Oberhautzellen fiir ist. Regel ite del' Blattunterse und geDie Epidermis der Fruchtinnenseite stirbt friihzeitig ab mehr sie wo nden, verbu schrumpft finden sich ihre Reste den Plazenten sse Intere res odeI' minder die Samen umhiillen (vgl. Fig. 2 c). GroBe

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beansprueht die AuBenepidermis. Ihre Zellen miissen dureh andauerndes Waehstum der bedeutenden Umfangszunahme der Frueht folgen. Man vergleiehe die Bilder von Querschnitten durch die reife Fruehtwandung in Fig. 7 a und b mit 6 b. Wahrend letzteres bei 220faeher VergroBerung gezeiehnet wurde, sind die der Fig. 7 nur 100faeh vergroBert. Die Bilder wei sen aber aueh nach, daB sich die AuBenoberhaut wahrend des Entwieklungsganges der Frueht zu einer typisehen ,;Wasserepidermis" ausgestaltet. Wir sehen, daB die sehr voluminosen ZeBen eine starke AuBenwand, aber diinne, fiir ein blasbalgartiges Spiel geeignete Radialwande besitzen. Wahrend, wie erwahnt, die Zellen des Aerenehyms trotz ihres naehweisbaren Zellulosegehaltes aufChlorzinkjodbehandlung die Zellulosereaktion nicht geben, tritt sie an den Wandungen der Epidermis, wie aueh der ihr angelagerten a beiden Parenehymsehiehten hervor. Die Schnitte, die Fig. 7 vorfiihrt, wurden durch TeiIstiieke einer halben, reifen Kapsel gefiihrt, die in 96 0/oigen Alkohol konserviert war, dann in Safranin durchFig. 7. gefarbt wurde und schIieBIich in Xylol gebracht worden war. Der Schnitt in a ist riicklaufig entfarbt und wieder in Wasser gebracht worden, der in b wurde in Xylol geschnitten und in Kanadabalsam iibertragen. Schon a zeigt an dem in Wasser gequollenen Sehnitt die Neigung zur Wellung der diinnen Radial wande ; viel auffalliger zeigt es b. Dureh Wasserentziehung haben sich diese Wande in Falten zusammengelegt. Die Zellen der Epidermis erseheinen deshalb niedrig, mehr tafelartig. Die beiden oberen Zellen sind durchgeschnitten, die beiden unteren aber geben die Aufsicht auf die Radialwande und die Falten erscheinen in der Form einer queren Strichelung. Die Zellen sind ganz enge zusammengezogen. Noch etwas Besonderes kam in den Zellen der auBeren Epidermis der Fruchtkapsel zur Beobaehtung. An den in Alkohol fixierten und

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E. Heinricher,

in Safran in durchgefarbten, darauf entwasserten und in Xylol gebrachten Kapseln, traten in den Schnitten, durch das Safranin gefarbt, EiweiBkristalle hervor. Zumeist lagen schOn ansgebildete Kristalle von wechselnder GroBe vor. Bald lagen sie einzeln in den ZeIlen, bald zu zweien, auch in groBerer Zahl, dann mit sinkender GroBe. Fig. 7 c gibt Formen der Kristalle bei 43Dfacher VergroBerung wieder. Der groBte Kristall, rechts oben, lieB einen kleineren, von der Form eines sechsseitigen Blattchens, durchschimmern. Ausnahmsweise wurde (Fig. 7 c unten) auch eine Druse von EiweiBkristallen beobachtet. Die iiblichen Reaktionen auf EiweiBkristalle fielen aIle positiv aus. Mit J od farben sie sich rasch dunkel braungelb, Farbstoffe nehmen sie offenbar die verschiedensten auf. Besonders rasch ist die Farbung mit Hamatoxylin nach Delafield, oder mit Kernschwarz erzielbar; schon im Farbstofftropfen auf dem Objekttrager gelingt sie 1). Gegeniiber manchen EiweiBkristallen zeichnen sie sich durch weitgehende Widerstandsfahigkeit aus. So war die Fruchtkapsel, in der sie entdeckt wurden, ohne Zerteilung in 96 %igen Alkohol eingelegt worden, ein Vorgang, der Z. B. bei den prachtigen ZellkernkristaUoiden, die sich in den Plazenten der reifenden Kapsel von Lathraea squamaria finden, keinen Erfolg brachte ~). Dieses Objekt fordert Einlegen von dicker en Schnitten in Sublimatalkohol und auch dann sind die EiweiBkristalle nur in den unverIetzt gebUebenen Zellen erhalten zu finden. Die in Alkohol fixierten EiweiBkristalle von Corydalis vesicaria hingegen zeigen sich aber sogar hochgradig widerstandsfahig gegeniiber dem Zusatz von 10%iger Salzsaure oder von 3 % iger Kalilauge. Das Vorkommen von EiweiBkrystallen in der Familie der Fumariaceen ist bisher in der Literatur nicht erwahnt. Weder entsinne ich mich einer Angabe, obschon ich iiber diese Bildungen mehrfach selbst berichtete oder diese betreffende Arbeiten von Schiilern veranlaBt habe und deshalb die Literatur einigermaBen kenne, noch finde ich sie in 1) Die Fil.rbung mit Hamatoxylin gewinnt einen helleren Farbenton, wenn den in Wasser ausgewaschenen Praparaten etwas 3 %ige Kalilauge beigefiigt wird. Nach neuerlichem Auswaschen kllnnen die Schnitte sowohl in Glyzeringelatine als auch in Kanadabalsam iibertragen werden; in beiden Medien scheinen di~ Praparate dauernd haltbar zu sein. Ob dieses einfache Tinktionsverfahren auch fiir ZellkerneiweiEkristalle anwendbar ist, wurde nicht gepriift. 2) Vgl. E. He i n ric her, Biologische Studien an der Gattung Lathraea. I. Mitteil. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. in Wien, math.-naturw. Klasse, 1892, Bd. CI,' S. 30, und E. Heinricher, Uber die Arten des Vorkommens von EiweiEkristallen bei Lathraea und die Verbreitung derselben in ihren Organen und deren Geweben. Jahrb. f. wiss. Bot. 1900, Bd. XXXV.

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der dankenswerten Zusammenstellung, die Mol i s Chi) bringt, angefiihrt. Uber die weitere Verbreitung der EiweiBkristalle in den iibrigen Organen und in den Geweben von Corydalis vesicaria habe ich keine Untersuchungen angestelIt; ebenso bleibt auch die Frage nach ihrer Verbreitung innerhalb der Gattungen und Arten der Fumariaceen noch zu verfolgen. Ich beabsichtige mit dieser Aufgabe einen meinerSchiiler zu betrauen. Doch aber mochte ich bei dieser Gelegenheit einen Gedanken auBern, der die Funktion der EiweiBkristaile betrifft. DaB ihre Auffassung als Reservematerial gewiB in manchen Fallen zutrifft 2), ist ebenso sicher als die Tatsache, daB andere Falle sich unter diesen Gesichtspunkt schwer einordnen lassen. Schon R a d I k 0 fer 3), der als erster Zellkernkristalloide bei Pflanzen (Lathraea squamaria) entdeckte, sprach sich, mit Riicksicht auf den Ort, wo er sie beobachtete, gegen die Reservenatur aus. Ich mochte auf die Tatsache aufmerksam machen, daB nun mehrere Falle bekannt sind, wo sich EiweiBkristalle oder ihnen Entsprechendes in Friichten und speziell in Geweben finden, deren Aufgabe es ist, starke Turgeszenzzustande zu gewinnen. Bei Lathraea Clandestin a ist es das Schwellgewebe der explosiven Kapse}4), das durch groBe Kerne reich an Kristalloiden ausgezeichnet ist; bei Lathraea squamaria 5) wird die ebenfalls saftige Kapsel durch das enorme Schwellen der Plazen ten gesprengt, deren Zellen Riesenkerne mit ganzen Rollen von Kristalloidplattchen fiihren. In den Springkapseln von Impatiensarten 1st das Schwellgewebe (1. parviflora, I. glanduligera) oder die auBere Epidermis (I. Balsamina, I. Sultani) der Ort, wo EiweiBspindeln in auffalliger Weise auftreten 6). Dazu kommt nun die Epidermis der KapselauBenwand von Corydalis vesicaria, deren Zellen den Charakter einer Wasserepidermis aufweisen, mit den beschriebenen EiweiBkristallen im Zellsafte. In allen 1) Mikrochemie der Pflanzen, Jena 1913, S.329. Die von Zimmermann in seiner Abhandlung "ITber Proteinkristalloide II" gegebene Liste ist hier erweitert. (Z i m m er man n, Beitrlige zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle, Bd. I, Tiibingen 1893.) 2) Vgl. A. S per lie h, Die ZellkernkristaUoide von Alectorolophus. Beihefte z. Bot. Zentralbl. 1906, Bd. XXI. 3) Uber Kristalle prote"inartiger Kijrper pflanzlichen und tierischen Ursprungs. Leipzig, W. Engelmann, 1859. 4) He i n ri c her. In der vorausgehend zitierten, ersten Abhandlung ist der iiberaus interessante Bau der Kapseln eingehend besprochen. 5) Ebendort S. 30. 6) Vgl. die Arbeit meines Schiilers G. A mad e i, Uber spindelfijrmige EiweiJ3kijrper in der Familie der Balsamineen. Bot. Zentralbl. lS98, Bd. LXXIII. Flora, Bd. 118/119. 13

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E. Heinricher,

diesen Fallen kommt es nicbt zum Verbraucb der in den Kristalloiden gegebenen EiweiBmengen, zum mindesten ein groBer Teil kommt als Reservesubstanz nicbt zur Nutzung und zum Verfall beim Zugrundegeben der betreffenden Gewebe. Ware bier nicbt der Gedanke berechtigt, daB den Kristalloiden und aquivalenten Bildungen (EiweiBspindeln, E~weiBringen) eine Rolle bei der Regulierung des Wasserbezuges zufallt? Auch andere Vorkommen HeBen sicb unter diesem Gesicbtspunkte vielleicht verstehen. Die Scrophulariaceen und besonders die parasitischen Rhinantheen sind allgemein durch das Vorkommen von EiweiI3kristallen ausgezeichnet.. Bekanntlich sind letztere gekennzeichnet durch eine auBergewobnlich bohe Transpiration und dementsprechend hohes Wasserbedurfnis 1) •. Pinguicula und auch das Vorkommen bei Succulenten (Opuntia, Epiphyllum) wurden sich hier eben falls unschwer anreihen lassen. ICD beschranke mich hier obige Frage aufzuwerfen. Weitere Untersuchungen zur Klarung konnen ja folgen 2). Uberblickt man die Verh1i.ltnisse, so geht aus ihnen, glaube ich~ hervor, daB die auBeren Gewebeschichten der Fruchtwand, die langereZeit ihren festen Zusammenhang bewahren (vgl. Fig. 5) und von denen. die beiden subepidermalen ibn auch noch in der reifen Kapsel aufweisen, mit der Speicherung der Reserven, die fur das exzessive Wachstum der Zellen, die sichzum Aerenchym ausgestalten, betraut sind. Diese Reserven betreffen Kohlehydrate, EiweiB und Wasser. Die autleren Mesophyllschichten sind besonders reich an Starke, wahrend die in dieLakunenbildung eingetretenen Lamellen meist sparHcher damit versehen sind. Das Wasser, das aie fur das Streckungswachstum 'benotigen,. besorgt zunachst ein sehr reiches Netz von Leitstrangen, die den im festen ZusammenschluB ubrig bleibenden subepidermalen Parenchym~ schichten angelagert sind; uberdies bat aich die AuBenepidermis in zur Wasserspeicherung geeigneter Weise ausgebildet und in ihr erfolgt aucn 1) Hinweise darauf an verschiedenen Stellen in meinen StudieD. "Die griinen Halbschmarotzer (I-VI)" in den Jahrbiichem fiir wiss. Botanik. Experimentelle· Belege brachte zunl1chst mein Assistent R. See g e r. Vgl. seine Abhandlung "VerBuche iiber die Assimilation von Euphrasia (sens. lat.) und iiber die Transpiration der Rhinantheen". Silzungsber. d. Akad. d. Wiss. Wien, math.·naturw. Kl., 1910,. Bd. CXIX, Abt. I; in jiingster Zeit wieder S. Kostytschew in seiner Arbeit "Untersuchungen iiber die Erniihrung der griinen Halbschmarotzer". Beihefte z. Bot. Zentralbl. 1924, Bd. XL, Abt. I. 2) Ich sehe iibrigens, daB schon S per Ii chin den Schlui!sl1tzen S. 38 derzitierten Abhandlung die Beziehungen streift, welche die Kristalloide zu osmotiBchen. Vorgl1ngen haben diirften.

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eine Speicherung von EiweiB in Form der EiweiBkristalle, welche Reserve im Bedarfsfalle herangezogen werden kann. Die leichte Zufuhr der Reserven an die wachsenden Aerenchymzellen gewahrleisten die verbreiterten Querwande, mit denen sie zusammenstoBen, und die in so auffaIliger Weise durch die reiche Tiipfelbildung den Stoffverkehr begiinstigen. Uber die Rolle, welche die Schlauchzellen spielen, sind wir noch keineswegs sicher orientiert. Wenn ihnen infolge Alkaloidgehaltes Schutzfunktionen zukommen, so werden sie diese vor allem fiir das jugendliche Organ zu gewahrleisten haben. So auffallend die Schlauchzellen an Querschnitten durch die Wandung des jugendlichen Fruchtknotens hervortreten (Fig. 5), so schwer findet man sie an Querschnitten, die durch die reife Fruchtwandung gefiihrt wurden. Wer von ihrer Existenz nichts weiB, wird sie kaum beachten. 1m jugendlichen Stadium iibertraf ihr Durchmesser zumeist den der umgebenden Zellen, im Stadium der reifen Frucht ist er eher geringer und die Wandungen sind mehr oder minder knitterig. Man kann ihren Durchschnitt leicht mit einem Interzellularraum verwechseln. 1m BiIde Fig. 7 a sind ein Paar Schlauchzellen subepidermal erkennbar. Sehr auffaIlig aber sind die langen Schlauche auch an reilen Kapseln in Schnitten, die parallel zur Flache angefertigt wurden. In biologischer Hinsicht unterliegt es wohl keinem Zweifel, daB die Frucht von Corydalis vesicaria (und in der ganzen Sektion Phacocapnos) eine AusbiIdung aufweist, die der Samenverbreitung dienlich ist. Die ballonartige Form der Kapsel wird durch das in der Reife einem Haarflaum ahnlich 'erscheinende, massig Luft umschlieBende Aerenchym nach dieser Aufgabe hin wesentlich unterstiitzt. Die auBerordentlich leichte Fruc;htkapsel wird sowohl fiir den Transport durch den Wind als auch durch das Wasser geeignet sein. Die Schwimmfiihigkeit ist eine ausgezeichnete; selbst in 96 %igen Alkohol geworfene Friichte hielten sich durch Monate an der Oberflache schwimmend. Auch die halben Kapseln (friiher oder spater muB ja die TeiIung der Frucht erfolgen) sind fiir das Schwimmen sehr geeignet. Ihre Gestalt ahnelt der eines breiten Kahnes (vgl. Fig. 2), die AuBenseite ist durch einen Wachsiiberzug, der eine bHiulichgriine Fiirbung bewirkt, gegen Benetzung weitgehend geschiitzt. Wie in so vielen ahnlichen FaIlen mangeln uns leider Kenntnisse iiber die Bedingungen der Pflanze an den natiirlichen Standorten. Der Eindruck, den sie erweckt, laBt nicht auf einen trockenen Standort schlieBen, das Laub und die Sprosse erscheinen sehr zart und gegen Transpiration wenig geschiitzt. Man mochte glauben, daB die Pflanze eine rasche Entwicklung in einer, vielleicht auch kurzen, Periode groBerer 13*

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E. Heinricher,

Feuehtigkeit durehmaeht. Naeh Angabe des Garteninspektors volIzieht sieh die Entwieklung im Zeitraume von etwa 4 Monaten. Geeignete Bedingungen waren in Ostafrika (der Kew-Index gibt dieses als Heimat von C. vesiearia an) zu vermuten, sehwerer stellt man sieh feuehte Gebiete in Kapland vor, welehes die natiirliehen Pflanzenfamilien als Heimat der Arten aus der Sektion Phaeoeapnos anfiihren. Ob etwa aueh eine allmiihliehe Wasseraufnahme dureh das Aerenehym auf die Keimung fOrdernd eingreifen kann, bleibt offen und jedenfalls in zweiter Linie stehend. Wenn die Frueht geteilt ist, lOsen sieh die Samen leieht von den Plazenten ab und werden zum groBen Teil wohl verstreut. Festhaftende konnten aber dureh eine Wasseraufnahme seitens des Aerenehyms Vorteil ziehen. Denn benetzbar und quellbar sind die Wandungen sieher. Legt man eine halbe Frueht mit der Innenseite auf Wasser, so sehwimmt sie zwar aueh tagelang, denn es bleibt viel Luft im Aerenehym eingesehlossen, doeh naeh und naeh sinkt sie mehr und mehr ein, weil viel Luft yom Wasser verdrangt und infolge von Quellung der Membranen das Gewieht der Kapselhiilfte bedeutend gesteigert wird.

Zusammenfassung. 1. Bei Adlumia eirrhosa treten die Zellen der inneren Epidermis des Fruehtknotens friihzeitig in InterzellularenbiIdung ein, die sieh bis zur Reife soweit steigert, daB die Interzellularen an Masse die der Zellen iiberwiegen. Diese haben den Charakter von Epidermiszellen· ganzlieh verloren, gleiehen mehr meehanisehen Elementen, haben verholzte Wandungen und bilden ein loekeres Gitterwerk. 2. Bei Corydalis vesiearia nnd wohl in der ganzen Sektion "Phaeoeapnos" geht der iiberwiegende Teil des 12-13 Zellagen umfassenden Diaehyms der Fruehtblatter dureh auBerordentliehes Waehstum zur Bildung eines weitmasehigen Aerenehyms iiber, das an der geoffneten Kapsel, deren Innenepidermis versehrumpft, dem freien Auge als zarter b~umwollartiger Filz erseheint. 3. Die reife Frueht erreieht eine ballonartige Gestalt. Bei der groBen Volumzunahme ist aueh ein betraehtliehes Waehstum der AuBenepidermis notwendig und sie gewinnt dabei die typisehen Kennzeiehen einer "Wasserepidermis". Ihr angelagert sind 2-3 Sehiehten des Mesophylls, die in die Aerenehymbildung nieht einbezogen wurden und an die sieh das reiehe Netz der Leitstrange ansehlieBt. Unter der Epidermis sind in groiler Zahl die fiir die Fumariaeeen kennzeiehnenden "Sehlauehzellen" vertreten. Sie fallen besonders in den Quersehnitten dureh

Zwei bemerkenswerte Friichte von Fumariaceen.

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junge Fruchtknoten auf und dfirften, ob ihres Alkaloidgehaltes, gegen tierische Angriffe Schutz gewahren. 4. In der AuRenepidermis sind im Zellsafte EiweiRkristalle vorhanden; das Vorkommen solcher bei den Fumariaceen ist bisher nicht bekannt gewesen. 5. Mit Rucksicht auf das auffallig haufige Vorkommen von EiweiBkristallen verschiedener Art (Zellkernkristalloide, EiweiBspindeln, freie Kristalloide im Zellsaft) bei explosiven Kapseln usw. wird die Frage aufgeworfen, ob den EiweiBkristallen nicht eine Rolle bei der ReguHerung der osmotischen Verhaltnisse zukommt? 6. Wahrend bei Adlumia die Kapsel von der verwachsenblattrigen Korolle umschlossen bleibt, die Samen in der Kapsel keimen und die umgestaltete Epidermis offenbar dem Einfangen eines Wasservorrates dient, ist das eigenartige Aerenchym der Kapsel von Corydalis vesicaria zweifellos geeignet, die Verbreitung der Fruchte, die schon durch ihre ballonartige Gestalt weitgehend gefOrdert erscheint, zweckdienlich zu unterstfitzen. AuRer der Verbreitung durch den Wind ist, infolge der ausgezeichneten Schwimmfahigkeit der Kapseln, eine solche auch durch das Wasser moglich. Innsbruck, Botanisches Institut im April 1924.