ARTICLE IN PRESS
von Dr. G. Zuelzer in Berlin Eine ausgezeichnete klinische Studie, die Bedeutung der Blutdruckmessung fu¨r die Praxis, welche Geisbo¨ck unter Fr. Mu¨ller0 s Leitung gemacht hat, verdient die Beachtung weiterer Kreise (Deutsches Archiv fu¨r klein. Medizin, Bd. 83, H. 3 und 4). Es kann hier nur Auszugsweise auf die wichtigsten Ergebnisse eingegangen werden, wobei freilich zu bemerken ist, dass dieselben nicht durchweg neu sind, sondern zum Teil alte Untersuchungen besta¨tigt haben. Die Blutdruckmessungen wurden im allgemeinen mit dem Ga¨rtnerschen Tonometer ausgefu¨hrt, bei dem sich die Blutdruckzahlen bei normalen Menschen zwischen 80 und 120 mm bewegen. Dieser Apparat zeigt den maximalen Arteriendruck an, wenn man das erste Auftreten roter Flecke und nicht die vollendete Ro¨tung des Fingers als Endpunkt betrachtet. – Bei Lungentuberkulose bewegte sich der Blutdruck durchweg an der unteren Grenze des Normalen und war ha¨ufig noch tiefer, bis zu 60 mm, zu finden. Komplikationen, die sonst an sich eine betra¨chtliche Drucksteigerung zur Folge haben, z.B. starke Dyspnoe oder Nephritis, sind bei der Tuberkulose ohne oder nur von geringem Einfluß. Die Blutdrucksenkung scheint ebenso wie die Tachycardia phthisica als toxisch bedingt aufzufassen zu sein. Dafu¨r spricht, daß Tuberkulininjektion regelma¨ßig eine Drucksenkung um 15 bis 40 mm zur Folge hat, welche die Temperaturerho¨hung meist u¨berdauert. – Bei der Pneumonie war ein wechselvolles Verhalten zu beobachten, was daraus zu erkla¨ren ist, daß das drucksenkende Moment der Infektion durch das drucksteigernde der Dyspnoe, z.B. bei komplizierender Pleuritis, Nephritis usw. kompensiert oder u¨berkompensiert werden kann. Geringe Alkoholdosen erwiesen sich also ohne Einfluß auf die Druckerho¨hung, ebenso wie Coffein und Digitalis. Mit Bezug auf den Typhus ist von Interesse, daß im ku¨hlen Bade von 29 1C bis 30 1C eine allgemeine leichte Blutdrucksteigerung beobachtet wurde. y Das Auflegen einer Eisblase auf das Abdomen hatte regelma¨ßig eine Steigerung von 10 bis 20 mm durch Beeinflussung der Gefa¨ße des Splanchnikusgebietes zur Folge, ein Moment von therapeutischer Brauchbarkeit. Bei akuter Nephritis besteht bereits eine Blutdrucksteigerung, bevor es zur Herzhypertrophie kommt. y Daß der hohe Blutdruck zum Wesen der chronischen interstitiellen Nephritis geho¨rt, ist bekannt. Bei anderen Nierenerkrankungen hingegen, wie Pyelitis und Pyelonephritis wurde keine Druckerho¨hung gefunden. –
Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen (ZEFQ) doi:10.1016/j.zefq.2008.08.029
Beim gesunden Menschen bewirken ma¨ßige ko¨rperliche Anstrengungen eine leichte Blutdruckerho¨hung um 25 mm, die innerhalb weniger Minuten zur Norm herabgeht. y Bei schwereren, ho¨heren Graden von Leistungsschwa¨che der Zirkulationsorgane steigt der Blutdruck bei ganz geringer ko¨rperlicher Ta¨tigkeit ho¨her an als beim Gesunden, um nachher unter die Norm herabzufallen; dabei bestehen subjektive Atemnot und Mu¨digkeit. Bei noch ho¨heren Graden der Sto¨rung kommt es u¨berhaupt zu keiner Steigerung, sondern schon wa¨hrend der ko¨rperlichen Ta¨tigkeit kann eine Blutdrucksenkung mit bedeutender Atemnot und Pulsbeschleunigung auftreten. Auch bei funktionellen Herzerkrankungen, dem gesunden, sogenannten ner’’ vo¨sen Herzen waren die gleichen Erscheinungen der gesteigerten Pulsfrequenz und abnorm hohen Steigerung des Druckes bei ko¨rperlicher Arbeit sowohl wie durch psychische Erregung und nach Zufuhr bestimmter Nahrungs- und Genußmittel y zu beobachten. In den Fa¨llen, wo bereits O¨deme bestehen, finden sich ha¨ufig betra¨chtliche Blutdruckerho¨hungen; diuretische Mittel vermo¨gen den krankhaft gesteigerten Blutdruck zur Norm zuru¨ckzufu¨hren, so daß anzunehmen ist, daß das O¨dem eine Kompression der feinen Arterien und Kapillaren und dadurch eine Erho¨hung der peripheren Widersta¨nde bedingt. Bei Arteriosklerose findet man, je nach dem Befallensein oder Nichtbefallensein der peripheren Gefa¨ße hohe Zahlen, 160, 180 bis 200 mm oder normale Werte. Bei Angina pectoris wurde in zwei Fa¨llen nur wa¨hrend des Anfalles eine bedeutende, rasch voru¨bergehende Steigerung bis auf 175 resp. 210 mm gefunden, wa¨hrend der Blutdruck außerhalb des Anfalles ganz normal war. y Geisbo¨ck weist wiederum darauf hin, wie notwendig es ist, den Blutdruck auf beiden Seiten zu bestimmen, da ha¨ufig, nicht nur bei Aneurysmen, starke Differenzen in beiden Armgefa¨ßen bestehen; so z.B. war in einem Falle, in dem die Abgangsstelle der Carotis und Subclavia sinistra hochgradig verengt war, der Blutdruck rechts 140 bis 145 mm, links 85 bis 105. – Bei Herzklappenfehlern ist der Blutdruck nicht so sehr von der anatomischen Beschaffenheit der Klappen, als von der Funktionstu¨chtigkeit des Herzmuskels und der Gefa¨ße abha¨ngig. Was die Wirkung der Arzneimittel auf den Blutdruck anbelangt, so ist die der Digitalis wohl von dem gro¨ßten Interesse. Es wurden Fa¨lle beobachtet, in denen es u¨berhaupt zu keiner A¨nderung im Blutdruck kam, und darunter nicht nur solche, in denen u¨berhaupt jeder Nutzen des Medikamentes ausblieb. Vielmehr wurde in einigen Fa¨llen von Klappenfehler und Herzmuskelerkrankung durch die Digitalis eine regelma¨ßige und langsamere Herzta¨tigkeit erzielt, wa¨hrend sich gleichzeitig die Diurese sowie das Allgemeinbefinden hob, ohne A¨nderung des Blutdrucks, so dass also die gu¨nstige Wirkung des Medikamentes ’’
II. Aus Wissenschaft und Praxis a. Fortschritte auf den einzelnen Sondergebieten 1. Aus der inneren Medizin
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ARTICLE IN PRESS nicht ausschließlich durch eine Hebung des Blutdruckes zustande kommen kann. In mehreren anderen Fa¨llen wurde eine deutliche, wenn auch nicht so betra¨chtliche Steigerung des Blutdrucks bewirkt; in einer großen Anzahl von Fa¨llen endlich war ein ausgesprochen gu¨nstiger therapeutischer Erfolg der Digitalis mit einer namhaften Senkung des Blutdrucks z.B. von 170 bis 180 auf 130 bis 140 verbunden. Es handelte sich hierbei stets um die sogenannte Hochdruckstauung (Sahli), einer pathologischen Zirkulationssto¨rung mit Blutdruckerho¨hung, bei welcher die Besserung mit starker Diurese einherging. Auch andere diuretisch wirkenden Mittel, wie Theocin, fu¨hrten eine Blutdrucksenkung herbei. y Das in letzter Beziehung die Punktion des Ascites von außerordentlicher Wirkung sein muß, ist selbstversta¨ndlich. In einem Falle, in dem 12 Liter aus der Bauchho¨hle entleert wa-
ren, betrug der Blutdruck, der vorher 110 gewesen war, 6 Stunden nach der Punktion nur noch 55 mm. Bedeutungsvoll ist die Beobachtung, dass das Chloralhydrat y nur eine ganz geringfu¨gige Blutdruckherabsetzung um 10 bis 20 mm zur Folge hat. y Ein Mittel, welches dauernd den Blutdruck herabsetzte, wurde nicht gefunden. Jod hatte nur manchmal einen ganz geringen Einfluß in dieser Beziehung und auch Amylnitrit und Nitroglyzerin bewirkten, selbst in den Fa¨llen, wo sie subjektive Besserung zur Folge hatten, keine deutliche Blutdrucksenkung. Eine klinische Studie, die in einem anderen medizinischen Journal erschienen ist, wird referiert. U¨ber den Umfang, die Zahl der Probanden oder andere Parameter wird wenig gesagt. Die technischen Bedingungen – der Apparat nach Riva-Rocci hatte offensichtlich
Biographien der Referenten zum 10ja¨hrigen Bestehen des deutschen Cochrane Zentrums
Sir Iain Chalmers, who coordinates the James Lind Initiative, which promotes public and professional acknowledgement of uncertainties about the effects of treatments, and research to address them. He also coordinates the Database of Uncertainties about the Effects of Treatments – DUETs (www.duets. nhs.uk), a resource to help prioritise new research in the UK, and edits The James Lind Library (www.jameslindlibrary.org), a webbased resource containing explanatory material in seven languages about fair tests of medical treatments. Testing Treatments: better research for better healthcare – a book for the public co-authored by Imogen Evans, Hazel Thornton and Iain Chalmers – was published by The British Library in 2006, and is now available without charge in The James Lind Library. Iain Chalmers was director of the UK Cochrane Centre between 1992 and 2002, and director of the National Perinatal Epidemiology Unit between 1978 and 1992. Prof. Dr. med. Ulrich Tro¨hler, Ph.D., FRCP Edin. Als approbierter und promovierter Arzt unterbrach er zwischen 1976 und 1978 eine Laufbahn in der Experimentalforschung an der Universita¨t Bern, um ein Studium der Geschichte der Medizin am Wellcome-Institute/ Universita¨t London mit einer zweiten Promotion zum Ph.D. abzuschließen. 1980 an der Universita¨t Basel fu¨r Medizingeschichte habilitiert, leitete er von 1983 bis 1994 das Institut fu¨r Geschichte der Medizin an der Universita¨t Go¨ttingen, wo er die dortige Akademie fu¨r Ethik in der Medizin mitbegru¨ndete. Von
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1994 bis 2006 war er Direktor des Instituts fu¨r Geschichte der Medizin an der Universita¨t Freiburg i. Br. und Mitglied des Direktoriums des Zentrums fu¨r Ethik und Recht in der Medizin (ZERM) im Universita¨tsklinikum. Seit seiner Emeritierung in Freiburg ist er am Institut fu¨r Sozial- und Pra¨ventivmedizin der Universita¨t Bern ta¨tig. Ulrich Tro¨hler ist Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher (Leopoldina), der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften, Fellow des Royal College of Physicians in Edinburgh, Mitherausgeber der James Lind Library (www.jameslindlibrary.org) sowie Gru¨ndungspra¨sident der European Association for the History of Medicine and Health. 1997 pra¨sidierte er die ‘‘First World Conference on Ethics Codes in Medicine and Biotechnology’’. Jos Kleijnen, MD, PhD, is a physician (University of Maastricht, Netherlands), and is specialised as a clinical epidemiologist. Currently, he is director of an independent company, Kleijnen Systematic Reviews Ltd., which prepares systematic reviews and health technology assessments for various commissioners, and provides training courses in these areas. Previously, he was professor and director of the Centre for Reviews and Dissemination at the University of York; and director of the Dutch Cochrane Centre at the University of Amsterdam. His interests include: methodology of patient related research, health technology assessment, placebo effects, diagnostic and screening procedures, dissemina-
noch keinen Eingang in den klinischen Bereich gefunden – sind heute ungewo¨hnlich. Auch die pathophysiologischen, klinischen und therapeutischen Schlußfolgerungen ko¨nnen wir kaum noch nachvollziehen. – Sicher konnten sich die Autoren die weitere Entwicklung der Medizin als Wissenschaft und den Umfang des Schrifttums, die Zahl und Vielfa¨ltigkeit der Vero¨ffentlichungen, die verschiedenen Mo¨glichkeiten der Kommunikation, damals nicht vorstellen? Da erhebt sich gleich die Frage: Wie sehen wir unsere Zukunft? Wie werden die fachlichen und technischen Probleme in 100 Jahren gelo¨st? Nicht nur ein Blick zuru¨ck, auch ein Blick nach vorn wa¨re interessant und reizvoll.
Geidel (Dresden)
Magazin tion and implementation of research-based evidence, Evidence-based medicine, systematic reviews and the Cochrane Collaboration. After a degree in Chemistry at the University of Oxford, Prof. Mike Clarke did a PhD on the history of suicide of poisoning. Since 1989, he has worked at the Clinical Trial Service Unit in Oxford on systematic reviews of cancer treatments. The largest of these provides knowledge that influences the treatment of women with breast cancer around the world. He was chair of The Cochrane Collaboration Steering Group until 2004 and has been Director of the UK Cochrane Centre since 2002. In August 2007, he moved with his family to Ireland, where he is a Professor in the School of Nursing and Midwifery in Trinity College Dublin. But he continues his work at both the UK Cochrane Centre and the Clinical Trial Service Unit. As well as his more administrative duties, Mike is an active researcher and has considerable experience in the conduct of systematic reviews and large randomised trials. PD Dr. Klaus Linde, studierte 1981 bis 1982 Germanistik und Vo¨lkerkunde an der AlbertLudwigs-Universita¨t Freiburg, 1990 bis 1993 Medizinstudium an der Universita¨t Bologna und der Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen. 1991 Promotion (Dr. med.) zu dosisabha¨ngigen Umkehreffekten bei Prof. Forth am Institut fu¨r Pharmakologie und Toxikologie der Ludwig-Maximilians-Universita¨t Mu¨nchen, 2002 Habilitation im Fach Epidemiologie zu systematischen U¨bersichtsarbeiten
Z. Evid. Fortbild. Qual. Gesundh. wesen 102 (2008) 503–505 www.elsevier.de/zefq