Beiträge zur Menschenaffenhaltung im Zoo Berlin nach 1945. 4. Mitteilung: Orang-Utans (Pongo pygmaeus)

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Zool. Garten N.F. 80 (2011) 106–116 www.elsevier.de/zooga Beiträge zur Menschenaffenhaltung im Zoo Berlin nach 1945. 4. Mitteilung: Orang-Utans (Pong...

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Zool. Garten N.F. 80 (2011) 106–116 www.elsevier.de/zooga

Beiträge zur Menschenaffenhaltung im Zoo Berlin nach 1945. 4. Mitteilung: Orang-Utans (Pongo pygmaeus) Keeping and breeding of Great apes in Berlin Zoo after 1945. 4. Orang-Utans (Pongo pygmaeus)

Bernhard Blaszkiewitz Zoologischer Garten Berlin, Hardenbergplatz 8, D-10787 Berlin Eingegangen am 30. März 2011

Abstract Since 1955 Orang-Utans (Pongo pygmaeus) have been kept in Berlin Zoo counted in the period after 1945. The first breeding success was registered in 1963. The breeding occurred from this year on up to now. In the first years the young Orang-Utans were raised artificially, but now both breeding groups are taking care of their offspring. The oldest specimens are 34 years (male) and 41 years for one female. Keywords: Orang-Utan; Pongo pygmaeus; Keeping and breeding; Zoo Berlin

Einleitung Schon mehrfach wurde in dieser Zeitschrift über die Menschenaffenhaltung im Zoologischen Garten Berlin nach 1945 berichtet, letztmalig in dem Beitrag über Westliche Flachlandgorillas (Gorilla gorilla gorilla) (Blaszkiewitz, 2010). Abschließend folgt nun der Aufsatz zur Haltung der Orang-Utans (Pongo pygmaeus). Schon 1872 war erstmals ein Orang-Utan in den Zoo Berlin gelangt (Schlawe, 1969), und auch das alte Berliner Aquarium Unter den Linden zeigte Orang-Utans ab 1876 (Strehlow, 1988). Der Zoo London hatte schon 1830 seinen ersten Orang-Utan erhalten, aber all diesen ersten Tieren war nur eine kurze Haltungsdauer beschieden. Grundlegend änderte sich das mit den OrangUtan-Importen von Hermann Ruhe, die in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stattfanden. Ruhe importierte über seinen holländischen Agenten Minjeher van Goens etliche Tiere, vor allem aus Sumatra (Ruhe, 1960). Unter anderem kam von diesen Importen auch das Orang-Utan-Weibchen ,,Suma“, das während einer Schiffspassage im Roten Meer

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das männliche Jungtier ,,Buschi“ zur Welt brachte. Beide gelangten dann in den Dresdner Zoo. Die Aufzucht des kleinen Orang-Utans ,,Buschi“ hat Gustav Brandes in seinem liebenswerten Buch ,,Buschi – vom Orang-Säugling zum Backenwülster“ gewidmet (Brandes, 1939). Und 1928 kam dann der erste in einem Zoo gezeugte Orang-Utan zur Welt, und zwar im Zoologischen Garten Berlin. Das Orang-Utan-Paar ,,Adam“ und ,,Cleo“ waren die Eltern (Klös, 1969; Blaszkiewitz, 1987). Es folgten die Zoologischen Gärten von Nürnberg, Philadelphia und Düsseldorf (Aulmann, 1932; Thäter, 1956; Ulmer, 1957; Seitz, 1969). Den zweiten Weltkrieg überlebte kein Orang-Utan im Berliner Zoo. 1943 war noch ein Weibchen in den Zoo Kopenhagen evakuiert worden.

Orang-Utan (Pongo pygmaeus) Die beiden auf den Sundainseln Sumatra und Borneo vorkommenden Orang-UtanFormen werden in zwei Unterarten unterschieden – Pongo pygmaeus pygmaeus für Borneo und Pongo pygmaeus abelii für Sumatra (MacKinnon, 1975). Erwachsene männliche Tiere zeigen deutliche morphologische Unterschiede in Behaarung, Gesichtsfeld usw., aber auch genetische Unterschiede sind vorhanden (Schmidt, 1986). 1955 begann die Haltung von Orang-Utans nach dem zweiten Weltkrieg im Berliner Zoo, als die Zoodirektorin Dr. Katharina Heinroth von einer Indonesienfahrt aus Borneo die beiden Orang-Utan-Knaben ,,Bubi“ und ,,Nakal“ nach Berlin brachte. Die abenteuerliche Rückreise nach Europa hat sie in ihren Lebenserinnerungen beschrieben (Heinroth, 1979). Am 17. Mai trafen die beiden Orang-Kinder im Zoo Berlin ein (Heinroth, 1957). Da das neue Menschenaffenhaus erst 1959 im ersten Bauabschnitt fertig wurde, lebten ,,Bubi“ und ,,Nakal“ wie auch die Schimpansen im alten Affenpalmenhaus von 1928. Ich selbst habe sie noch als Kind im großen Außenkäfig gesehen. Erst 1958 trafen weitere Orang-Utans in Berlin ein. Am 19.10. kam das junge, etwa 2 1/2jährige Sumatra-Orang-Utan-Paar ,,Jocki“ und ,,Jenny“ in den Zoo, vorerst als Einstellung, im Jahr darauf konnten sie gekauft werden. Außerdem schenkte Frau Barbara Harrison aus Borneo das junge Orang-Utan-Weibchen ,,Eva“, ein besonders schönes Tier, das u. a. bei Klös (1969) abgebildet ist. Am Jahresende 1969 besaß der Zoo also 2,1 Borneo-Orang-Utans und 1,1 Orangs von der Unterart aus Sumatra. Am 18.10.1961 traf das junge Weibchen ,,Bella“ aus Borneo ein, das von Hagenbeck zum Preis von 9.000 DM gekauft wurde. Zoodirektor Dr. Heinz-Georg Klös war bemüht, den Bestand an Menschenaffen auszuweiten und so die Grundlage für spätere Zuchterfolge zu legen. 1962 gab es dreimal Orang-Utan-Importe. So kamen am 18. August 0,2 Sumatra-Orang-Utans von Kern aus Indonesien ,,Babu“ und ,,Nonni“. Während ,,Nonni“ noch ein junges Tier war, war ,,Babu“ ein erwachsenes Weibchen. Für sie konnte am 1. November, ebenfalls von Kern, das erwachsene Männchen ,,Tuan“ für 9.500 DM gekauft werden. ,,Tuan“ wog schon damals 82 kg. Zwischenzeitlich war am 22. September ein junges Paar Borneo-Orang-Utans ,,Rib“ und ,,Raka“ hinzugekommen. 1963 kam es dann zur ersten Orang-Utan-Geburt nach dem zweiten Weltkrieg. Das Borneo-Orang-Utan-Paar ,,Bubi“ und ,,Bella“ hatten am 2.8. ein männliches Jungtier, das zur Handaufzucht abgenommen wurde, aber schon am 24.8.1963 starb. Das Sumatra-Paar ,,Tuan“ und ,,Babu“ hatten am 9. 10. ein weibliches Jungtier, das von der Mutter auch sofort betreut wurde. 1964 starb das zwei Jahre zuvor eingetroffene

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Borneo-Orang-Utan-Paar. ,,Raka“ erlag am 29. Februar einer Meningitis, und auch ,,Rib“ starb noch im selben Jahr am 24. September. Das Jungtier von ,,Tuan“ und ,,Babu“ verstarb am 1. Februar 1965 an einem Schädelbruch. Am 25. November 1965 hatten die BorneoOrang-Utans ,,Bubi“ und ,,Bella“ ein weibliches Jungtier – ,,Satu“, das jedoch ebenso wie das zweite Jungtier der Sumatra-Orang-Utans ,,Tuan“ und ,,Babu“, das Männchen ,,Anak“ (geb. 21.12.1965), zur Handaufzucht abgenommen wurde (Klös & Klös, 1966). ,,Satu“ starb am 1.6.1966 an einer Enteritis. Am 28.6.1966 kam das weibliche Jungtier ,,Ani“ zur Welt. Vater war erstmals der Borneo-Orang-Utan ,,Nakal“ und die Mutter die Sumatra-OrangUtan-Dame ,,Jenny“. Auch ,,Ani“ wurde in die Handaufzucht übernommen, verstarb aber am 9. Februar 1967 an einer chronischen Salmonellose. Am 18. August 1967 kam das Weibchen ,,Siti“ zur Welt; Eltern wiederum ,,Nakal“ und ,,Jenny“. Am 4.9.1968 starb ,,Nakal“, 13 Jahre nachdem er nach Berlin gelangt war, an einer Leukose. Und auch der wunderschöne, große Orang-Utan-Mann ,,Tuan“ verendete 1968 am 9. November. Hauptbefund war eine Myokarditis. Allerdings hatte er noch 1968, und wie sich zeigen sollte auch 1969, für Nachwuchs gesorgt. Am 25.3.1968 gebar ,,Babu“ das Männchen ,,Djongos“, und am 16.3.1969 bekam sie einen weiteren Sohn von ,,Tuan“ – ,,Sinjo“. Beide Orang-Utan-Knaben wuchsen in der Handaufzucht bei Reviertierpfleger Kurt Walter auf, genauso wie der am 29.10.1968 geborene ,,Tamor“, ein Borneo-Orang-Utan (,,Bubi“ x ,,Bella“). Am 26.7.1970 hatte ,,Bella“ erneut ein Jungtier von ,,Bubi“, das Weibchen ,,Sari“, das ebenfalls handaufgezogen wurde. Bis 1974 gab es dann keine Veränderungen im Orang-Utan-Bestand. Am 14. Juli 1974 starb ,,Jocki“ 16 Jahre nach seiner Ankunft in Berlin. Er hatte sich im Laufe seines Lebens zum großen und schlanken Orang-Utan-Mann entwickelt, der aber zeitlebens nur schwache Backenwülste ausbildete. 1975 kam es zu einer erneuten Geburt von ,,Bubi“ und ,,Bella“. Das männliche Jungtier ,,Raka“ kam am 23.6. zur Welt und wurde anfänglich von der Mutter gut betreut. Im Alter von knapp einem halben Jahr wurde er am 1. Januar 1976 dann doch der Mutter abgenommen, erstickte aber an der Kunstmilch, die man ihm zu verabreichen suchte. Am 12. Juni 1975 war der weibliche Sumatra-Orang-Utan ,,Nonni“ an einer Darmverschlingung gestorben. ,,Nonni“ hatte sich nie fortgepflanzt. Die ebenfalls niemals zur Fortpflanzung geschrittene Borneo-Orang-Utan-Dame ,,Eva“ wurde am 22.12.1976 im Allwetterzoo Münster eingestellt, allerdings starb sie schon wenige Monate später dort am 18. März 1977. Am 23. Januar 1978 wurde der Sumatra-OrangUtan ,,Djongos“ erstmals Vater. ,,Bella“ (Borneo-Unterart) gebar das Männchen ,,Pendek“. Das Jungtier wurde künstlich aufgezogen. Am 8.12.1978 starb ,,Anak“ an einer Lungenentzündung. Der Sumatra-Orang ,,Anak“ hatte sich zu einem wunderschönen Backenwülster entwickelt, der seinem Vater ,,Tuan“ ausgesprochen ähnlich sah. Gleiches gilt für seine Brüder ,,Djongos“ und ,,Sinjo“. 24 Jahre nach seinem Eintreffen in Berlin starb ,,Bubi“ am 30.5.1979 an einer Darmverschlingung. Am 3.10.1979 traf der männliche SumatraOrang-Utan ,,Tarzan“ ein. Das erwachsene, schwere Tier war 1950 in Rotterdam zur Welt gekommen und lebte seit 1952 in Kopenhagen. ,,Tarzan“ hatte eine Kehlsackfistel, war ansonsten aber ein ausgesprochen kräftiger und schöner Orang-Utan. 1980 war ein bewegtes Orang-Utan-Jahr im Menschenaffenhaus der Berliner Zoos. Am 2.6. kam das zweite Jungtier von ,,Djongos“ zur Welt. Es war gleichzeitig das erste Jungtier der 13jährigen ,,Siti“, also das Produkt einer Verpaarung aus Sumatra-Orang-Utan x Borneo x Sumatra-OrangUtan. Einen Tag nach der Geburt erlag das Jungtier einer Leberruptur. Am 6.8.1980 starb dann ,,Siti“ an einer Pseudomonasinfektion, und am 4.10. bekam ,,Jenny“ von ,,Tarzan“ ihr

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erstes Jungtier, das Weibchen ,,Bini“. ,,Jenny“ selbst starb schon wenig später am 28.10. ,,Bini“ war schon vorher zur künstlichen Aufzucht übergeben worden. Nachdem ein größerer Teil des Altbestandes an Orang-Utans nicht mehr lebte, wurden 1981 zwei neue Tiere erworben. Am 23. März traf der Sumatra-Orang-Utan ,,Mano“ ein. Er war am 9.4.1977 in Rotterdam zur Welt gekommen. Das Borneo-Weibchen ,,Rawit“ wurde am 10. November von Amsterdam gekauft. Nachdem ,,Jenny“ gestorben war, war ,,Tarzan“ 1982 mit ,,Bella“ verpaart worden, die ein erprobtes Zuchtweibchen war, und am 27.9. hatte sie ein weibliches Jungtier. Dieser Unterartmischling starb jedoch schon am 15.10. Drei weitere Zugänge gab es 1982. So war am 4. Mai der Borneo-Orang-Utan-Mann ,,Eddy“, ein großes, erwachsenes Tier vom Zoo Köln eingestellt worden, der jedoch schon am Tag nach seiner Ankunft einem Kreislaufversagen erlag. Als Ersatz traf am 24.6. der 1970 geborene ,,Kajan“ aus Rotterdam ein, ebenfalls ein Vertreter der Borneo-Unterart. Drei Monate war der weibliche Orang-Utan ,,Karla“ vom Zoo Münster bei uns eingestellt. Der zweite Nachwuchs von ,,Tarzan“ und ,,Bella“ kam am 13.10.1983 zur Welt. Der Sumatra-Borneo-Orang-UtanJunge erhielt den Namen ,,Sumbo“ und wuchs künstlich heran. Am 7.2.1985 wurde ein weiteres Kind von ,,Tarzan“ und ,,Bella“ geboren: das Weibchen ,,Katai“ (Kunstaufzucht). Am 24.6.1987 wurde ,,Djongos“ an den Zoo Münster abgegeben, und am 10.11. ging sein Bruder ,,Sinjo“ an Hagenbecks Tierpark nach Hamburg. Dort ist er übrigens ein erprobtes Zuchtmännchen geworden, von dem etliche Jungtiere aufgewachsen sind. Dies und die Zeugungsfähigkeit seines Bruders ,,Djongos“ sind einmal mehr Hinweis darauf, dass auch aus Handaufzuchten biologisch verwertbare Vertreter ihrer Art hervorgehen können. 1989 stellte der Zoo Rostock am 7. Juni seinen weiblichen Sumatra-Orang-Utan ,,Maja“ im Zoo Berlin ein, was am 28.6.1990 zur Geburt eines Jungtieres führte, das die Mutter annahm. Am 8. August gingen Mutter und Kind nach Rostock zurück. Schon am 14.3.1990 war es zur Geburt des weiblichen Jungtieres ,,Njamuk“ (im Zoojargon ,,Mücke“ genannt) gekommen. Vater war erstmalig ,,Mano“, und auch für die 10jährige ,,Bini“ war es das erste Jungtier. Es musste mit Kaiserschnitt entbunden werden und wuchs im Haushalt von Primatenkurator Dr. Peter Rahn auf. 1991 verstarben zwei alte Orang-Utans im Berliner Zoo, so am 28. April der über 40jährige ,,Tarzan“, der im Laufe seiner Zeit im Zoo Berlin mehrfach für Nachwuchs gesorgt hatte. Und auch das Borneo-Orang-Weibchen ,,Bella“, das am Zuchtgeschehen rege beteiligt war, starb am 1. Juli 1991. Am 7. Juli wurde die 20jährige ,,Bata“, ein Sumatra-Orang aus dem Tierpark Berlin, im Zoologischen Garten eingestellt, da die OrangUtan-Haltung im Tierpark Berlin aufgegeben worden war (Rudloff, 1995). Am 5.9.1991 gab es erneut Nachwuchs von ,,Mano“ und ,,Bini“, jedoch wurde das weibliche Jungtier nur wenige Tage alt. Am 11. 9. starb es aufgrund mangelnder Nahrungsaufnahme. Besser gelang es mit dem Jungtier von 1992, das ,,Mano“ und ,,Bini“ hatten. Das Männchen ,,Budi“ kam am 1.11. zur Welt. 1993 kam es zur Nachzucht bei dem Mischlingspaar ,,Sumbo“ und ,,Katai“. Das Weibchen erhielt den Namen ,,Shinta“ und wuchs heran (Kunstaufzucht). Da sowohl ,,Sumbo“ als auch ,,Katai“ Mischlinge zwischen Sumatra- und Borneo-OrangUtan sind und ihre absolute Fruchtbarkeit unter Beweis gestellt haben, ist das einer der vielen Hinweise dafür, dass es sich bei Sumatra- und Borneo-Orang-Utan um Unterarten und nicht um Arten handelt, wie heute vielfach postuliert wird. 1994 wurde am 6.11. aus einer Beschlagnahme der ungefähr 12jährige Borneo-Orang-Utan ,,Kevin“ im Berliner Zoo eingestellt. Am 29. November 1997 kam es zu einer Fehlgeburt aus der Verpaarung ,,Kajan“ und ,,Rawit“ (Borneo-Orang-Utan). Da sich der Tierpark-Orang-Utan ,,Bata“ nie

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so recht in eine Orang-Utan-Gruppe einfügen wollte, wurde er am 9.6.1998 an einen französischen Zoo abgegeben. Am 18.11.1998 wurde der Sumatra-Orang-Utan-Mann ,,Enche“ vom Zoo Heidelberg übernommen (geb. 15.5.1989). Am ersten Weihnachtsfeiertag 1999 hatte ,,Rawit“ ihre zweite Geburt, ebenfalls eine Totgeburt. Als Vater wird ,,Kajan“ vermutet, allerdings im Tierbuch mit Fragezeichen eingetragen. ,,Mano“ und ,,Bini“ hatten am 8.6.2000 ein weiteres Jungtier, das Männchen ,,Bintag“, das jedoch am 21.2.2001 an Rachitis starb. Ebenfalls 2001 starb ,,Pendek“ am 12. Juli an einer eitrigen Kehlsackentzündung. ,,Pendek“ hatte sich all die Jahre nicht gut entwickelt und war nie zum Backenwülster herangereift. 2002 wurde in Absprache mit den entsprechenden Zuchtprogrammen beschlossen, die Unterartmischlinge langsam auslaufen zu lassen. Und so wurde das Paar ,,Sumbo“ und ,,Katai“ am 18.9.2002 an den Zoo Brasilia abgegeben. Am 20.6. war es schon zur Geburt des nächsten Jungtieres von ,,Mano“ und ,,Bini“ gekommen, dem Orang-Jüngling ,,Bagus“, der seitdem mit seinen Eltern in der Familie zusammenlebt. Schon am 15. Februar 2002 hatten wir die alte Sumatra-Orang-Utan-Dame ,,Babu“ verloren, die ganz deutlich alterskachektische Anzeichen zeigte. Seit 1963 lebte sie im Berliner Zoo. Das geschätzte Alter auf über 50 muss dahingestellt bleiben. Der 1992 geborene ,,Budi“ starb am 23.7.2004, und am 10.8.2005 verendete die 25jährige ,,Rawit“. 2006 kam es zum ersten Mal zur Vaterschaft von ,,Enche“ im Zoo Berlin. Das weibliche Jungtier ,,Satu“ wurde von ,,Njamuk“ geboren. Wie auch ,,Bini“ zog ,,Njamuk“, selbst handaufgezogen, ihre Jungtiere anstandslos groß. ,,Kajan“ starb im Alter von 37 Jahren am 23.7.2007. 2008 kam am 16. Juni die

Abb. 1 . Die Borneo-Orang-Utan-Jungen ,,Bubi“ und ,,Nakal“, die Frau Dr. Heinroth 1955 aus Indonesien nach Berlin brachte. Aufn.: W. Zellmann, 17.5.1955.

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5jährige ,,Djasingha“, ein Sumatra-Orang-Utan aus der Zucht des Zoologischen Gartens Dresden, zu uns. Der letzte Orang-Utan-Mischling, die 1993 geborene ,,Shinta“, wurde am 9.10.2009 an den Zoo Sao Paulo abgegeben. Die vorerst letzte Geburt fand am 22.9.2009 statt. Das erfolgreiche Sumatra-Orang-Utan-Paar ,,Mano“ und ,,Bini“ hatte ein männliches Jungtier, das auf den Namen ,,Bulan“ hört und ebenfalls in der Familie aufwächst. Die beiden Sumatra-Orang-Utan-Männer ,,Mano“ und ,,Enche“ sind inzwischen 34 bzw. 22 Jahre

Abb. 2 . Das Sumatra-Orang-Utan-Paar ,,Tuan“ und ,,Babu“ einen Tag nach seiner Ankunft 1962. Aufn.: Wieczorek, 2.11.1962.

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alt und zeigen bisher keinerlei Alterserscheinungen. Auch die inzwischen fast 41jährige ,,Siri“ lebt noch immer im Zoo Münster und erfreut sich guter Gesundheit. Der einzeln lebende Borneo-Orang-Utan ,,Kevin“ wartet auf seine Reise in einen anderen Zoo im Rahmen des EEP, so dass dann nur noch Sumatra-Orang-Utans im Zoologischen Garten Berlin leben werden. Das erfolgreiche Nachzucht- und Aufzuchtverhalten von handaufgezogenen Orang-Utans aus dem Zoo Berlin belegt, dass die generelle Ablehnung von Handaufzuchten in Zoologischen Gärten unberechtigt ist, wie schon Katharina Heinroth (1970) belegt hat (Abb. 1–6).

Abb. 3 . Reviertierpfleger Kurt Walter mit dem ersten Orang-Utan-Nachwuchs nach dem 2. Weltkrieg. Der männliche Borneo-Orang-Utan kam am 2.8.1963 zur Welt. Aufn.: H. Jurisch, 10.8.1963.

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Abb. 4 . Sumatra-Orang-Utan ,,Babu“ mit weiblichem Jungtier (geb. 9.10.1963). Aufn.: Zoo BerlinArchiv, Dezember 1963.

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Abb. 5 . Sumatra-Orang-Utan ,,Jocki“ entwickelte nie richtige Backenwülste. Hier als 11jähriger. Aufn.: F. Kleinschmidt, 1969.

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Abb. 6 . Über 50 Jahre wurde der Orang-Utan ,,Tarzan“. Beachte die Kehlsackfistel. Aufn.: F. Kleinschmidt, 13.1.1986.

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