BlUteniikologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq. Von ~s Kugler (Dresden). Mit--1 Abbildungen im Text.
Einfiihrung. Die bliitenbiologische Betrachtungsweise des vergangenen und des Anfangs dieses Jahrhunderts ist vielfach in SpekuJationen ausgeartet, die einer sachlichen Kritik nicht standzuhalten vermochten. Den "Ergebnissen" der damaIigen bliitenbiologischen Forschung kann zum Teil nur die Bedeutung von Arbeitshypothesen beigemessen werden. HeB, Frisch [3,4,5], Kiihn [10, 11, 12, 13] und andere Iegten durch ihre sinnesphysiologischen Untersuchungen die Grundlagen von zoologischer Seite. Auf botanischer Seite ist es das Verdienst K noll s [7], den Hauptproblemen der Bliitenokologie mit zeitgemaBer Fragestellung entgegengetreten zu sein. Dureh seine umfangreichen Untersuchungen konnte er fiir einen Teil alter Probleme den experimentellen Beleg, den die Bliitenbiologie iiber hundert Jahre schuldig war, erbringen. Viele Fragen sind noch in Dunkel gehiillt. Sie konnen nur durch umfangreiche EinzeJanalysen der Wechselbeziehungen zwischen den betreffenden Blumen und den sie besuchenden Insekten einer Losung entgegengefiihrt werden. Die bliitenokologisehen Verhiiltnisse der Zaunriibe, Bryonia dioica, erschienen den alteren Bliitenbiologen in mehrfacher Hinsicht besonders ratselhaft. So schreibt K ern e r [6J in seinem "Pflanzenleqen" (2. Aufl., S. 186): "Die Bliiten, zumal die Fruchtbliiten, sind aber sehr un scheinbar; sie sind zwischen dem Laube halb verborgen, von griinIicher Farbe nnd schwachem Geruche. Viele Insekten fliegen an ihnen vorbei, ohne sie zu beachten, nur ein Hautfliigler, namIich Andrena florea, besucht sie nnd weiB sie an dem abgelegensten Standorte aufzuspiiren, was kaum anders erklart werden kann als dadurch, daB ein von den Bliiten der Zaunriibe ausgeschiedener Duft zwar von dem genannten Hautfliigler, nicht aber auch von anderen Insekten wahrgenommen wird". S pre n gel [16] Iegt dem GroBenunterschied zwischen mannlichen und weibIichen Bliiten. der Bryonia eine besondere Bedeutung bei: "Ich habe schon bei Valeriana gesagt, daB diese Blumen Saftblumen sind,
Biiitenllkoiogische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
95
uud die miinnIichen deswegen weit groBer sind als die weiblichen, damit die Insekten zuerst auf die mannIichen, und, nachdem sie dieselben ausgeleert, zugleich aber den Staub von den Antheren abgestreift haben, mit dies em Staube beladen, auf die weiblichen sich begeben und denselben wieder an das Stigma anstreifen". "Beiderlei Blumen haben zwar keinen Genich, aber ein Saftmal. Ihre Krone ist blaB grunlichgelb und grun geadert (Fig. 1). Diese Adern laufen nach dem Grunde des Kelches zu, zeigen also den Insekten, daB dort Saft befindd Iich sei." Die Sprengelschen Angaben sind fur Bryonia· alba gemacht. Doch sind die Bluten dieser Pflanze denen von Bryonia dioica so ahnlich, daB obige Satze von Muller [15] und Knuth [8] ohne weiteres auf Bryonia dioica ubernommen worden sind. Aufgabe der vorliegenden Arbeit soIl es nun sein, festzustellen, wieFig. 1. Zu Versuchsprotokoll 8. weit auf experimentellem Wege eine Bestatigung der obigen Annahmen erbracht werden kann. Sie wurde im Sommer 1928 wahrend meiner Assistentenzeit am Botanischen Institut der Universitat GieBen angefertigtl).
A. Allgemeines. Die Bluten von Bryonia dioica stehen zu wenigblutigen Infloreszenzen angeordnet. Der Kronendurchmesser mannlicher Bluten betragt 16-20 mm, der weiblicher nur 7-10 mm. Mannliche Bluten sind also etwa doppelt so groB (linear gemessen) als die weiblichen. In der Literatur wird die Blutenfarbe gewohnlich als grun bezeichnet. Zur genaueren Analyse will ich die einzelnen FarbtOne mit den "Farb1) Meinem damaligen Chef, Herrn Prof. Dr. E. Kiister, bin ich fUr die Uberiassung von Institutsmittein, sowie der Gewilhrung mancher dienstfrelen Stunde, die ich so am Versuchspiatz verbringen konnte, zu Dank verpflichtet.
il
96
Hans· Kugler,
papieren zur Her in g schen Farbentheorie" vergleichen, die ich im AnschluB an Frisch und KnolP) bei meinen Versuchen viel benutzt habe. Die Kronen mannlicher Eluten sind am AuBenrande (freie Teile der Kronblatter) leuchtend weiB (H. P. 17). Sie werden von ungefahr funf radial verlaufenden Nerven durchzogen. Die Mitte selbst ist goldgelb bis grun. Das Grfin der Nerven und der Kronenmitte stimmt uberein. Nur sind die Nerven satter. Die Farbe entspricht H. P. 7. Uber der Mitte liegen die Antheren. 1m Zustand der Anthese heben sie sich leuchtend von· der Krone abo Ihr Gelb kommt dem von H. P. 4 nahe, nahert sich aber mit fortschreitender Blfitezeit dem von H. P. 5. Die weiBe Farbe der Kronblatter wird durch das Mesophyll bedingt, dessen unregelmaBig gestaltete Zellen sehr groBe Interzellularraume zwischen sich lassen. Die unmittelbar unter der oberen Epidermis Iiegenden Zellen sind chlorophyllfrei. Gegen die untere Epidermis zu tritt in ihnen ein geringer Chiorophyllgehalt auf. So erscheint die I{rone auch nach Infiltration mit Petrol ather grunlich. Das Mesophyll ware demnach seiner Funktion als Tapetum im Sinne Ex n e r s [2] zu bezeichnen. Die Leitbundel werden von einem Mantel chlorophyll reicher, dicht aneinanderschlieBender Zellen umgeben, die die grune Aderung bedingen. Die Epidermis tragt neben anderen auch in groBer Zahl lange, vielzellige keulenfOrmige Haare. Die Kronen der weiblichen Eluten wei sen einen grunlicheren Farbton auf, der ungefahr dem von H. P. 6 entspricht. Das WeiB des Kronenrandes, das das Leuchtende der mannlichen Bluten bedingt, fehlt. Jedes Kronblatt zeigt, wie bei den mannlichen Eluten, ffinf radial verlaufende dunklere Nerven. Die Blutenmitte wird von den Griffeln mit ihren groBen, dreiteiligen Narben eingenommen. Daneben finden sich oft (nicht immer) noch Staubblattrudimente. Am Grunde der Elute liegt das nektarabsondernde Gewebe. Bei den mannlichen Eluten wird es durch das Androeceum vollstandig verdeckt. Nur vier enge Eingange bleiben frei, drei zwischen je zwei Staubblattern bzw. Staubblattpaaren und einer in der Mitte des Androeceums. AIle vier werden von den Besuchern zur Einfuhrung des Russels benutzt. Unterhalb der Antheren finden sich aIlenthalben lange Haare. Durch sie und die Staubblatter wird auf die Blute tropfendes Wasser dem Nektarium ferngehalten, was sich leicht im Versuch zeigen latlt. Die Pollenkorner sind Ian gIich , brotlaibchenformig. Oberflachenverdickungen, wie sie sich haufig bei Insektenblutlern finden, fehlen 1) Knoll, a. a. O. S. 137.
Bliiten1ikologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
97
ihnen. Doch kleben sie fast stets zu mehreren aneinander, ohne daB Viscinfaden oder ahnliches sichtbar waren. In Aq. dest. und Regenwasser tritt Plasmoptyse ein. Bei der aufrechten Orientierung der Bliiten wird dementsprechend bei jedem Regen der Pollen der geoffneten Antheren zerstort. DaB damit der "Schutz des Saftes gegen den Regen", von dem Sprengel spricht, bedeutungslos und damit iiberfliissig ist, ist ldar. Am Rande der Theken sitzen groBe pralle Kugeln, die in ein Haar auslaufen. Ihr Inhalt ist klebrig. In den weiblichen Bluten wird das Nektarpolster von den Griffelasten in ahnlicher Weise wie in den mannlichen uberdeckt. 1m Gegensatz zu den Angaben der Literatur (Kerner, Knuth [8]) wurden die von mir beobachteten Bryoniapflanzen durchwegs von del' Honigbiene besucht und bestaubt. Zuweilen stellte sich auch eine Anthrena ein, doch war ihr Besuch so sparlich, daB ein Experimentieren mit ihr unmoglich schien. So fuhrte ich meine Untersuchungen mit Apis melIifica aus, iiber deren Sinnesphysiologie wir ja durch die .Untersuchungen von Frisch und Kiihn in weitgehendem Grade orientiert sind.
B. Experimenteller Teil. Der Versuchsplatz war eine Eichenhecke, die einem StraBchen entlang fiihrte und an mehreren Stellen von einem Flechtwerk der Bryonia dioica iiberzogen war. Die mannlichen Pflanzen bedeckten stets groBere Flachen mit einem dichten, dem menschlichen Auge aus der umliegenden dunkelgriinen Umgebung hell und deutlich leuchtenden Bliitenteppich (s. Kerner oben), wahrend weibliche Pflanzen (am Versuchsplatz nie mit mannlichen zusammen) erst in 9 m Entfernung' in bescheidener und wenig auffalIiger Entwicklung vorhanden waren. So wurden auch die mannlichen Bluten stets von einer groBen Besucherzahl umschwarmt, wahrend sich bei den weiblichen Pflanzen nur vereinzelt Bienen einstell ten, die sich auf dem Wege zu oder von den mannlichen Pflanzen befanden. Auf dieser Hecke wurde der jeweilige Versuchsort mehrfach gewechselt. Der gegenseitige Abstand der Versuchsplatze betrug etwa 2-4 m, einer dagegen lag in einer Entfernung von 120 m. Irgendwelche durch den Wechsel der Versuchsorte bedingte Versuchsdifferenzen wurden nicht bekannt, zumal die Bienen auch an dem entfernter gelegenen Platz aus dem gleichen Stocke stamm ten und das optische Bild der Versuchsplatze infolge der kurzen Dauer einer Einzelbliite stark variierte. Damit fallt zugleich der Einwand einer Ortsdressur auf eine Einzelbliite hinweg. Der Bienenstock, dem die Versuchstiere angehOrten, Flora.
Bd. 124.
7
Hans Kugler,
98
lag etwa 7 m westlich der Hecke, ungefahr in der Mitte zwischen den entferntesten VersuchspHitzen. Die Analyse der bei einem Bliltenbesuch in weiterem Sinne vollzogenen Bewegungserscheinungen der Besucher laBt deutlich zwei von Knoll bereits als Anflug und Besuch bezeichnete Stadien erkennen. die hier in der K noll schen Definition iibernommen seien (S. 49): "Unter An fl u g verstehe ich jede Annaherung eines fliegenden Tieres an eine Blume (bis in deren unmittelbare Nahe), ohne Riicksicht darauf, ob das Tier die, Blute dabei beriihrt oder nicht. Wenn sich aber ein Tier nach dem Anfluge noch an oder in einer Bliite irgend etwas zu schaffen macht und bei ihr Hi.nger oder kiirzer verweilt, dann spreche ich yom Be s u c h der Bliite. Der Anflug ist somit eine der Voraussetzungen fiir den Besuch durch f1iegende Tiere. Bei sol chen Besuchen kann die Bestaubung vermittelt werden, doch geMrt dieser fiir die Bliite wichtigeErfolg' nicht zu meiner Fassung des Begriffes Besuch." Bei der Beurteilung der Ergebnisse ist zu beachten, daB es sich bei den Versuchstieren urn Bienen handelte, die schon an. die Bryoniabliiten "natiirlich gebunden" waren, also urn "Sammlerinnen" 1) und nicht urn solche, die von den Bliiten "angelockt" zum· ersten Male Bryonia besuchten oder urn I,Sucherinnen". Den Lockmitteln kommt in diesem Zusammenhang nur die Bedeutung von Merkzeichen zu, d. h. friiheren Besuchern, wenn auch nicht der betreffenden Pflanze, so doch der gleichen Art, ein Kennzeichen einer bestimmten und gesuchten Nahrungsquelle zu sein. Wieweit sie aber imstande sind auf noch unbeeinfluBte Tiere, Sucherinnen im Sinne einer "Anlockung", wie sich das die alteren Bliitenbiologen gedacht haben, zu wirken, dariiber liegen keine Untersuchungen vor. I. Anflug auf die Bryoniabliiten. Die bliihende Bryoniahecke hebt sich dem menschIichen Auge schon auf groBere Entfernung, ohne daB noch Einzelheiten erkennbar waren, aus dem umliegenden Griin durch die helle, strahlende Farbe heraus. Ob bei den Besuchern ein ahnlicher Effekt vorliegt, Mngt von ihrem Fernsehvermogen und der GroBe ihres Gesichtsfeldes abo Da ich dariiber keine Versuche angestellt habe, soIl unsere Besuchsanalyse mit dem Moment beginnen, wo ankommende Bienen einen deutlich gerichteten Anflug auf einen Bliitenstand oder eine Einzelbliite ausfiihren. Dabei sollen die Eigenschaften der Bliite, die die Besucher zum Anflug er1) Nach Frisch (5).
BIiitenokologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
99
regen, damit also blutenokologisch von Bedeutung sind, bekannt werden . Eine Analys~ der BIutenfernwirkungen (chemisehe-optisehe) soU daruber AufsehluB geben. Chemis ehe :F·ern wirkung. Zur Aussehaltung der von K ern e r angenommenen Duftwirkung wurden mehrere mannliehe BIuten in ein sauber gereinigtes 1) Praparatenglaschen (Lange 5,5 em, Durchmesser 2,5 cm) so gebraeht, daB eine voU entfaltete BIute mit ihrer Oberseite der GIaschenwand anJag. Das GIaschen wurde in horizon taler Lage in einer Bryoniahecke befestigt und mit einem Kork verschlossen. Ein anderes GIaschen mit derselben BIutenanordnung war senkrecht aufgestellt und auf der Unterseite nur lose mit Bryoniablattern verstopft (urn die Bluten in ihrer bestimmten Lage zu erhalten). In einem dritten Versuche wurden weibliche Bluten verwendet. Das GIasehen stand senkrecht und war unterseits nicht verschlossen. Die Versuche fanden zeitIieh und ortlich getrennt statt. In all diesen Fallen flogen Bienen zwischen den Anflugen auf freistehende BIuten auch direkt auf die unter Glas befindlichen BIiiten zU. Nie dagegen wurden andere Stellen des GIaschens. etwa stark reflektierende, oder die Offnung (Moglichkeit eines Duftgefalles!) angeflogen. Wahrend mehrerer Anfliige blieben die Bienen vor einer unter GIas befindIichen BIute schweben. In einer anderen Versuchsanordnung wurde eine mannIiche BIute mit einem sorgfaltig geputzten DeckgJaschen 18X 18 mm bedeckt. Die Bienen beflogen die Mitte des Deckglaschens (mit der darunter gelegenen BJiiten. mitte) und nicht etwa den Rand des Deckglaschens, wo Duftstoffe diffundieren muBten. Protokoll 1: 2. VII. 15 58_16 '8 Uhr. Von 6 Bliiten (1,2,3, 4, 5, 6) war eine (4) mit einem Deckgliischen bedeckt. BIiite 1 erhielt 11 ') Besuche. 0 AnfJiige 3) 2 2 ,. 0 ,. 3 4 " 1 " " 4" 0 4" 5 " '4 " 0 ., 6 ,. 3 " 0
"
II! ;:
1) Um Versuchsfehler nach Moglichkeit auszuschalten, mu13 peinliche Sauberkeit herrschen. Glasutensilien habe ich stets liingere Zeit in Aqua dest. gespiilt und, soweit es moglich war, kiirzere Zeit vor dem Versuche ausgegliiht bzw. in der FJamme erhitzt. Sie wurden mit den Fingern nicht beriihrt. 2) Der starke Besuch von BIiite 1 war in deren Lage an der Hecke begriindet. 3) Wenn im folgenden kurzweg von. "Anflug" die Rede ist, so Boll darunter "Anflug ohne darauffolgenden Besuch" verstanden sein.
7*
100
Hans Kugler,
Weiterhin wurden Bryoniabluten durch Eintauchen in geschmolzenes Paraffin mit einer Paraffinschicht uberzogen. Dadurch sollte das Ausstrahlen von Bryoniaduftstoffen verhindert werden oder durch "Paraffinduftstoffe" ersetzt werden. Form. und Farbe war durch den Eingriff nur wenig geandert. Von unversehrten Bluten unterschieden sie sich optisch (dem menschlichen Auge) nur durch einen matten Paraffinglanz. Solche Bluten wurden, unter echte Bluten gebracht, normal angeflogen (nicht besucht). Andere Paraffinbluten, die 18 Stunden vor Versuchsbeginn hergestellt waren, hatten bis Versuchsbeginn zum Teil eine gelbbraunliche Farbe angenommen. Doch wurden auch sie angeflogen. Der Versuchsplatz wies 11 Bluten auf. 4 davon waren paraffiniert. Es stenten sich in der Zeit von 12 57 bis 13 39 Uhr (12. VII.) 35 Bienen ein, die insgesamt 65 Besuche Anfluge auf qie 11 Bluten ausfuhrten. 11 Anfluge davon galten Versuchsbluten. Aus den angefuhrten Versuchen geht deutlich hervor, daB Blutenduftstoffe beim Anflug der Honigbiene auf Bryona dioica-Bluten keine bedingende Rolle spielen Mnnen (vgl. Andreae [1], S.455).
+
Optische Wirkun g. Zur Untersuchung der Farbwirkung auf den Anflug der Honigbiene wurden funfstrahlige Papiersterne ausgeschnitten, deren Durchmesser (18 mm) etwa dem der mannlichen Bryoniabluten entsprach. Sie erhielten mittels Farbstifte eine den echten Bluten moglichst getreue Farbe und Zeichnung. Diese "kunstlichen Kronen" wurden an ihrer Ruckseite an Drahten befestigt und in die Bryoniahecke zwischen natiirliche Bluten gebracht. Ein Teil der kunstlichen Kronen erhielt mittels eines Klebstoffes ein Deckglaschen vorgesetzt, urn eine eventuelle Duftwirkung feststellen zu konnen. Eine stOrende Wirkung des Klebstoffes auf den chemischen Sinn der Besucher batte sich in der gleichen Weise, wie eine solche der kunstlichen Krone uberhaupt, zeigen mussen. Bei positiver WirImng auf den Anflug batten die Bienen dem Rande des Deckglaschens und nicht der Mitte zufliegen mussen. Diese kunstlichen Kronen wurden sowohl mit als auch ohne Deckglaschen angeflogen. In zwei Fallen fand auch eine Beruhrung der Krone durch die Bienen statt. Nach verschiedenEm anderen Versuchen, die hier ubergangen seien, benutzte ich zu meinen kiinstlichen Kronen die Farbpapiere zur Heringschen Farbentheorie 1). Die Befestigung des Drahtes an der Krone war 1) Knoll hat sich der Miihe unterzogen, diese Papiere genau optisch zu analysieren. Nllheres bei K n 0 11, S. 173 ff. Proben dieser Papiere bei v. F ri 8 ch [3].
r I
Bliiteniikologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
101
diesmaI etwas anders, indem der Draht durch zwei Locher der Papierkrone durchgezogen war. Es war so auf der farbigen Seite in der Mitte ein StUck des Drahtes sichtbar. Doch konnte in Versuchen festgesteIIt werden, daB sich die Versuchstiere diesen Kronen gegenuber ebenso benahmen aIs soIchen ohne sichtbaren Draht. Die verwendeten Farben waren foIgende: 1. rot, 2. gelblichrot, 3. rotgelb (orange), 4. rotIichgelb (goldgeIb), 5. geIb, 6. grunlichgeIb, 7. geIbgriin, 8. geIblicbgrun, 9. griin, 10. bHiulicbgrun, 11. bIaugrun, 12. blau, 13. bIau, 14. rotlichblau (violett), 15. blaurot (purpur), 16. bHiulicbrot, 17. weiB, 18. schwarz. Die Farbversuche wurden in drei Teilen ausgeffihrt. Auf einem ca. 50 x 50 cm groBen Platz einer Bryoniahecke kamen 14 kunstliche Kronen zwischen den naturlichen BIiiten zur Befestigung. Die Anordnung war derart, daB eine kiinstliche Krone mindestens ca. 6 cm Abstand von der nachsten ecbten BIiite hatte, urn Tiiuschungen bei der Festlegung der AnfIugsrichtung ausz.\lschalten. Je zwei kunstliche Kronen waren aus demselben Farbpapier geschnitten (im Protokoll z. B. als 8 und 8 a bezeichnet).
,I
Versuchsprotokoll 2: 22. VII. 10-11 Uhr. Wetter: bedeckt, selten kurz-sonnig, manchmal triibe, Wind. Biene 19: 4a 5a Biene 1: 1(j X') ., 2: x 4 X 20 : 4a 511 3 : 3 8a 4aj2) 21 : X X X 4 4: 5 3 X 22 : X 8a I " 5: 8 8 5 " 23 : X X 5 X x 4 5a 6: 4a 4a 16a 24: 8 5a 7 : 4a 4a 5a 25: 5a 4a 8: 8 8 5 " 26: 4 8a 9: 5 27: 4 3a x 10: 5 X 28: 8 4 X ",. 11: 4 29: x 16a I 12: 5 15 X 4 x X 114 X 3 x 4 30: X 3 13: 4 x 31: 8a " 14: 4 X 32: 5 8a " 15: 5a 4a 16a 4 33: 5 ". " 34: 811 4 16: 4a X 13 " 17 : 4 15a 8 3a X 5a " 35: 5 18: 15 5 36: 5a 4a " " Die Zahlen bedeuten die Nummern der Farbpapiere, aus den en die Kronen geschnitten waren.
11
I~
,
1)
X
=
2)
I
=
Besuch einer echten Bliite. Anflug auf eine echte Bliite.
Hans Kugler,
102
Aus dem Versucbsprotokoll gehen folgende Ergebnisse bervor: Hering-Papier 3 " 4 " 5 " 8 " 13 " 15 " 16
(rotgelb) wurde 6x angeflogen 26x (roU.-gelb) " " 20x (gelb) 13x .," (gelbl.-griin) Ix (blau) " 3x (blaurot) " " 4x (blltul.-rot)
"
Nacb Beendigung des Versucbes wurden die kiinstlicben Kronen entfernt und 12 neue Kronen aufgestellt, von denen wieder jeweiIs zwei gleicbe Farbe zeigten. Versuchsprotokoll 3: 22. VII. 11 15_12 95 Uhr.
Wetter: bedeckt, nur von Zeit zu Zeit schwach sonnig j Wind. Biene 22: X 17 X Biene 1: 9 17 23: X 6a 17a X 2: 9a 6a 11 24: X 6 X 3 : 6a 11a " 25: X 6 X " 4: x6' X X X " 26: 9a 6a x II " 5: 9 11x " 27: X 9a x 6: llx " 28: X 17a II x 7: 11a 17a X " 29: x 17 x 8: 11x " 30: X 6 ,." 9: X " 31: 6 x 10: 17a 6a 17 " 32: x 6a X " 11: x 17 6a X " 33 : X X 6 x " 12 : X 17 6a X 6a " 34: X 9 II x " 13 : x 17 " 35: x X 17 x 14: .x 6a 36: X 17 6a 15: 6a 17 " 37: x 9 I x 16: 6a X X ",. 38: X 9a X " 17: X 11 X X " 18: X 179a X 6a X 39: X 9 X " 40: X 6 X " 19: X 9a 6a 17a X " 20: X 17 X ., 41: x 6 9a 6a 17a X " 21: X tix X 42 : X 6 9a " " Zeichenerklarung wie Protokoll 2.
17a
Ergebnis: Hering-Papier 2 " 6 " 9 " 11 " 14 " 17
(gelbl.-rot) wurde 0 X angeflogen (griinl.-gelb) 26 x ., (griin) ,,13 X ,. (blaugriin) 7X " (rotl.-blau) ,. 1X " (weifi) ,,19 X "
Die letzte Farbgruppe kam an einem anderen Versucbsplatz zur Aufstellung. Die Grotle des Versucbsfeldes betrug 30 X 40 cm. Autler
BIiitenllkoiogische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
103
den bezeichneten Farbkronen wurden je zwei Kronen aus den Papieren . 10 und 20 der Heringschen Grau-Serie aufgesetzt (10 und lOa). Protokoll 4: 22. VII. 1[)o6_16 Uhr. Wetter: sonnig, heiLl, schwacher Wind. Biene 1: )( 7a X Biene 10: X 7a x ., 2: I 7 X 7a X 11: X 7 X ,. 3: X 7a I X 12: 7 X X 4: X 7a X 13: x 7a x 5: 7x ]4: 7 II X " 15: x7 6: 7a X " 7 : 7a X 7a ,. 16: 7a ,. 8: 'ia x ]7: x7x 9: x 7a x
Ergebnis: Hering-Papier 1 7 " 10 " 12 " 18 10 20
(rot) wurde 0 X angeflogen (gelbgriin) 19 X (blaul.-griin) ,,0 X (bIau) ,,0 X "OX (schwarz) " (grau, hell) ,,0x (grau, dunk1er) " 0X
Die Versuche zeigen, daB die oben geschilderten Papierkronen der WeiB-, Gelb- und Grungruppe, also der Farbgruppen, die in den Bryoniabluten selbst auch vertreten sind, den Anflug der Honigbienen hervorrufen konnen. 1m AnschluB daran sei eine Annahme K nut h s besprochen [9], die den Bryoniabluten die Eigenschaft,' Ultraviolett zu reflektieren, zuschreibt. Seit wir durch die Untersuchungen von K u h n wissen, daB Bienen auf die Quecksilberspektrallinie 313 ftft dressierbar sind, also ultraviolettes Licht sehen, ist die Annahme, daB Ultraviolett-Reflexion an Kronen auf Anflug und Besuch einen EinfluB haben konnte, sehr in den Bereich des MogIichen getreten. In der Tat konnten Ric h t m y e r und Lu tz [14J zeigen, daB manche, besonders gelbgefarbte Kronen, Ultraviolett reflektieren. K nut h kam damals zu obiger Annahme auf Grund photographischer Aufnahmen von Bryonia- und weiBen Phloxbluten. Er beobachtete, daB die Riimler der Bryoniabluten, wie die von Sicyos angulata L., die photographische Platte ebenso intensiv schwarzten wie die weiBen Phloxbliiten. Da die Bryoniabluten grunIich sind, ihre Helligkeit weit hinter der der Phloxblfiten zurucksteht, muBte die gleichmiiBige Schwarzung durch die beiden Eluten auf einer uns unsichtbaren Strahlung beruhen. Nach Ausscheiden von UItrarot bIieb nur Ultra-
t 104
Hans Kugler,
- violett zuriick. lch habe den gleichen Versuch mit demselben Ergebnis wiederholt. Das Objektiv (Zeiss-Tessar 6,3; F = 13,5 cm), das dabei Verwendung fand, ist nach Angabe der Zeiss-W erke gut durchlassig bis 320 ftft. Von 320 ftft nimmt die Absorption plOtzlich stark zu, so daB Wellen von 315 fJ,jl bereits kaum mehr durchgehen. Als Platten benutzte ich Hauff-Ultrarapid, die innerhalb dieses Wellenbereiches gut empfindlich sind. 1m Gegensatz zu K nut h habe ich dieses Ergebnis auch erwartet; denn die subjektive Beobacfltung der Bryolliabliitenfarben zeigte mir am Rande der mannlichen Kronen ein WeiB, das sich von dem del' Phloxbliiten kaum unterschied. Wenn K nut h (und dgl. K ern e r) von griinlichen Bliiten sprechen, so meinen sie damit die Gesamtwirkung der Bliiten, die aus dem weiBen Rand und der griinen Mitte hervorgeht. Auf der photographischen Platte wirkt dagegen nur der weiBe Rand, 'nicht dagegen die iibrige Bliite stark schwarzend. Der gleiche Fehler liegt auch seiner Helligkeitsbestimmung zugrunde, die fiir den Gesamteindruck, nicht aber fiir den Rand der Krone ausgefiihrt wurde. Zur naheren Untersuchung benutzte ich nicht die von Lutz verwendete spektrographische Methode, sondern ich photographierte die von Bliiten reflektierte ultraviolette Strahlung (bis 315 ttft). Diese Methode hat den Vorzug, daB dabei keine abstrakten Zahlenwerte ermittelt werden, sondern daB direkt das "Ultraviolettbild" der betreffenden Krone zur Abbildung kommt. Dabei erwies sich folgende Versuchsanordnung als brauchbar. Die betreffenden Bliiten wurden mittels des Beleuchtungsapparates eines Fluoreszenzmikroskopes von C. Zeiss bestrahlt. Das Licht entstammt einer Bogenlampe, deren Dochtkohlen eine 41ltraviolettreiche Strahlung erzeugen. Es passiert zuerst ein Quarzlinsensystem, gebt durch eine KupfersulfatlOsung, anschlieBend nochmals durch eine Quarzlinse hindurch und gelangt so auf die Objekte. Vor das Objektiv der Kamera ist eine "Zeiss Dvette-Scheibe" gesetzt, die die sichtbare Strahlung absorbiert. Die Absorptionsfahigkeit dieses Filters ist eine sehr groBe. Das dunkeladaptierte Auge konnte bei vorgesetztem Filter auf der Mattscheibe der Kamera kein Bild, sondern nur einen auBerst schwachen purpurnen Schimmer erkennen. Als Platte wurde Hauff "Ultra Rapid" verwendet. Die Beleuchtung mittels dieser ultra violettreich en und so "unnatiirlichen" Lichtquelle wurde aus praktischen GrUnden gewahlt, um die Expositionszeit moglichst niedrig zu halten. Wurde statt des kiinstlichen Lichtes gewohnliches Tageslicht benutzt, so erhOhte sich nur die Expositionszeit, der Bildeffekt war der gleiche.
Bliiten(lkoiogische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
105
Das Hauptergebnis ist in Fig. 2 niedergelegt. Fig. 2 zeigt die UltraviolettrefIexion verschiedener PflanzenteiIe. Stark refIektieren die Kronen von Oenothera gigans, Rudbeckia laciniata und Bryonia dioica, schwach die Kronen von Trifolium pratense und Trifolium repens. Bei Ietzterer reflektiert der Kelch starker aIs die Krone, bei ersterer erzeugt die Spitze der Kronblatter starke UItraviolettrefIexion. Auch Laubblatter wei sen Ilicht unerhebliche UItraviolettreflexion auf, so die von Oenothera
Fig. 2.
Verschiedene Pflanzenorgane in ultraviolettem Lichte aufgenommen. Links oben: Trifolium pratense mit Blatt. Links unten: Bryonia dioica mit Bllittern. Mitte: Rudbeckia laciniata mit Biattern. Rechts: Oenothera gigans mit Bllittern. Rechts oben: Trifolium repens (weiJ3 i).
gigans, Rudbeckia und auch die von Bryonia dioica. Aus diesen Untersuchungen kann man ersehen, daB tatsachlich in Fallen, wo Kronen vieI, Laubblatter dagege~ nur wenig UItraviolett reflektieren, diese kurzwellige Strahlung den Farbkontrast Bliite- Laub vermehren wird. Wie weit beim Anflug neben der Farbe auch die UmriBform del' echten bzw. l{iinstlichen Kronen mitspielt, geht ails folgenden Versuchen hervor. In einer etwa 40 x 50 cm groBen Versuchsflache wurden 12 Bliiten durch Abschneiden einzelner Teile in ill reI' Gestalt geandel't, wie Fig. 1
106
Hans Kugler,
zeigt. Sie werden, wie das Protokoll 8 zeigt, aIle beflogen. BIuten, deren Kronen entfernt waren, wurden nur von Bienen beflogen, die in nachster Niihe beschaftigt waren. Eine BIute war zygomorph entwickelt, indem zwei nicht benachbarte Kronblatter an ihrer Spitze verwachsen waren und so einen nach oben gerichteten Helm darstellten. Auch diese BIute wurde angeflogen und besucht. Die betreffende Biene drangte sich wie bei einem Lippenblutler in den "Helm". SchlieLllich wurde das Vorhandensein einer Formbindung fUr den Anflug noch in folgender Weise uberpruft: Auf einer Versuchsflache wurden zwischen echten BIuten kunstliche Kronen aus Hering-Papier Nr. 6 an gebracht , die aber nicht wie bisher funfstrahlige Sterne darstellten. Zwei von ihIien waren Quadrate von 18 mm Seitenlange, zwei Rechtecke von 8 x34 mm und zwei Kreise von 18 mm Durchmesser. Versuchsprotokoll 5: 22. VII. 16°5 _1645 Uhr. Wetter: sonnig, gegen Ende des Versuches allmlihliche Beschattung. ] u. 2 Rechtecke, 3 u. 4 Quadrate, 5 u. 6 Kreise. Diene 1: 2 I x Biene 11: I 1 x 2: 1 I 12: I 2 x " 3: WI) 5 I x 13: I 5 2 I x 4: W 5 ,. 14: I 2 W " 5: 2 I x " 15: X 5 x 3 X 6: 5 4 6 x ., 16: 2 X 4 x x " 17: 3 6 4 ,. 7: X 5 " 8: x I 3 I x ]8: x 5 I 2 I ,. 9: 4 6 X " 19: x 5 2 20: X 1 x ,. 10: x 6 4 2 II x
Die Versuchsmodelle wurden, wie das Protokoll zeigt, sehr zahlreich zwischen Besuchen bei naturlichen BIuten angeflogen. Der BIutenform darf innerhalb bestimmter Grenzen beim Anflug keine besondere Bedeutung zugesprochen werden . . In einer weiteren Versuchsanordnung wurden zwischen Bryoniabluten BIutenstiinde von im folgenden angeffihrten Pflanzen aus dem 1 km LuftIinie entfernten botanischen Garten gebracht. Nr. 1. Lupinus varius, weiBbliihend, Fliigel reinweH\, Fahne weiB mit schwach violetter Tonung (14) '). Nr. 2 u. 5. Lythrum virgatum: Bliiten purpurn (ungefahr 15). Nr. 3 u. ] 1. Calendula officinalis: Strahlenbliiten orange und gelb (3-4); Rohrenbliiten (noch nicht entfaltet, braunlich). 1) W = Diene kommt von "weit" her angeflogen oder sucht das "Weite" auf. Die iibrigen Bezeichnungen wie Protokoll 2. 2) Die Zahlen bezeichnen die Nr. des Hering-Papiers, dem die betreffende Farbe entspricht.
Bliitenilkologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
107
Nr. 4. Lupinus varius: violette Form. Fliigel violett (14, doch weniger satt), Fahne ebenso, in der Mitte 'mit weiJ3em Streifen, der von sehr ungeslittigtem Purpur (15) umrandet ist. Nr. 5 ist gleich Nr. 2. Nr. 6. Lupinus luteus, gelb: Fahne und Schiffchen goldgelb bis gelb (4-5), Fliigel und Gesamtbild goldgelb (4). Nr. 7 u. 8. Anthemis tinctoria, Bliitenstand hellgelb (5, doch stark weiJ3haltig). Nr. 8" ist gleich Nr. 7. Nr. 9. Achillea millefolium: Strahlenbliiten weiJ3 (17), Antheren in der Mitte goldgelb (4). Nr. 10 u. 12. Sanvitalia. procumbens Lam. Strahlenbliiten goldgelb (ungeflihr 4), Rilhrenbliiten dunkelbraun bis violett. Nr. 11 ist gleich Nr. 3. Nr. 12 ist gleich Nr. 10. Versuchsprotokoll 6: 26. VII. 13-1345 Uhr. Wetter: schwach bedeckt bis triibe, selten schwach 8onnig. Pflanze 1 erhieIt 2 Anfliige, Schmetterlingsbi. weiH " 2 " 0 " radiilre Bl. purpur ,,3 11 Korbbliitler orange 4 1 ., Schmetterlingsbl. violett " 5 " 1 radiilre Bl. purpur " 6 ,." 4 " Schmetterlingsbl. gelb " 7 ,. 3 " Korbbliitler " 8 2 " 9 " " " " " weiJ3 " 10 " 2 " 4" ,. goldgelb " ". 11 " 9 " orange 12 " 7" ., goldgelb
BIute 3, 8 und 9 wurden je einmal aufgesucht. Das Tier lieB sich auf der BIute nieder, ohne aber den Honig zu finden. Wenn auch je eine BIute von 4 (violett mit weiBem Streiten) und 5 (purpur) angeflogen wurde, so durfte doch aus diesem Versuche hervorgehen, welche geringe Bedeutung die Form und welche groBe Bedeutung die Farbe der Blute fur den Anflug der Besucher hat. Auch der Blutenzeichnung (die radial verlaufenden grunen Nerven der Kronblatter) und der BIutenplastik kommt fUr den Anflug keine besondere Bedeutung zu. In einer groBen Reibe von Versuchen, die zugleich unter anderer im folgenden behandeIter Fragestellung unternommen wurden, konnte festgestellt werden, daB es fiir den Anflug ganz bedeutungslos war, ob die kunstlichen Kronen nur einfarbig waren oder ob auf ihneri noch eine Zeichnung nach Art der Aderung angebracht war. Auch eine ganze oder partielle Querstreifung der KronbHitter mit BIeistift oder dunkeIgriinem Farbstift blieb ohne Ergebnis. Ferner waren
Hans Kugler,
108
unter diesem Gesichtspunkt auch die weiter unten angefiihrten Versuche iiber den EinfluB einer partiellen Farbung natiirlicher Kronen zu betrachten (s. S. 111). II. Besucb der Bryoniabliiten. Nachdem so die Bedingungen, unter denen der Anflug erfolgt, kiargestellt waren, galt es die Faktoren zu ermitteln, die den Besuch einer Bliite veranlassen. Zunachst wurde festgestellt, ob vielleicht der Farbkontrast der helleuchtenden Antheren zu der dunkelgriinen Mitte der Bliite, der fiir unser Auge besonders auffallig ist, fiir den Besuch von Bedeutung ist. Es wurden die Staubblatter bis auf kleine behaarte Teile der Filamente (griin wie ihre Umgebung) entfernt. Der Honig war von auBen nicht sichtbar. Von 9 im Versuchsgebiet vorhandenen Bliiten waren 1, 2, 3 und 4 ohne Staub blatter, 5, 6, 7, 8 und 9 unverandert. Biene 1: " 2: 3: ,. 4: 5: 6: 7:
Versuchsprotokoll 7. 11) 2 3 5 Biene 9: 3
5 2
"
()
,.
7 6
1 7
8: 1
"
,."
10: 11: 12: 13:
1 8 1 1 7
14:
R
15: 6 5 16: 4
Wie das Protokoll zeigt, werden Bliiten ohne Staubblatter und ihrem Gelbkontrast wie normale Bliiten besucht. Dies ist fiir den gegenseitigen Besuch mannlicher und weiblicher Bliiten sebr wichtig, als ja bei weiblichen Bliiten dieser Gelbkontrast fehlt. In zwei anderen Bliiten wurden die Staubblatter ebenfalls entfernt. Auf den Eingang zum Bliitenkelch wurde ein Scheibchen aus HeringPapier 6 gelegt, doch so, daB ein seitIiches Einfiihren des Riissels zum Honig hin moglich gewesen ware. Das Scheibchen war heller als die Bliitenmitte. Innerhalb einer Stun de wurden die beiden Bliiten 11 mal beflogen, doch nie besucht. Zwei Bienen beriihrten die Bliiten, wandten sich jedoch wieder abo Von der Wirkung einer Gestaltsanderung der Bliiten auf den An£lug war schon die Rede. Hier soll ein eventueller EinfluB auf den Besuch festgestellt werden. In einem Versuchsfeld von etwa 40 x 50 cm AusmaB wurde eine Anzahl von Bliiten zum Teil mehrerer Kronblatt1) 1 = Besuch von Eliite 1 j 1 = Anflug auf Eliite 1.
Blfitenllkologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
109
zipfel beraubt, zum Teil wurde ihnen ein SUick des Blfitenbechers abgeschnitten, so daB das Androeceum nur mehr unvollstiindig war. Die Fig. 1 zeigt eine Photographie dieser einzelnen BIuten.
:/
I·
Versuchsprotokoll 8: 21. VII. 15 25 _16 uO Uhr. Wetter: leicht bedeckt, hier und da sonnig, manchmal auch triibe. 8uchsplatz im Schatten gelegen. Biene 1: 5 6 Biene 15: 6 Ii X 3 x 2: 12 16: Ii x 3 1 x " " 17: 7 3: 11 10 " 4: 13 " 18: 8 x " 5: 3 " 19: 6 " 20: Ii " 6: 1 11 x " 7: 6 Ii " 21: 4 " 8: 6 ,." 22: 8 " 9: 2 3 x 23: 3 2 " 24: 11 " 10: 6 5 X " 25: 8 10 11 " 11: 10 Ii 3 " ]2: 2 8 " 26: 9 " 13: 11 .," 27: 2 " 14: 8 / x ., 28: 6
Ver-
" Wenn BIute 4 und 7 keinen Besuch bekamen, so mag dies nicht an ihrer Gestalt liegen, sondern daran, daB sie im Versucbsfeld ziemlich yersteckt lagen. Ihre Gestalt ist der von BIute 12 bzw. 6 so iihnlich, daB. ein abweichendes Verhalten kaum verstiindlicb erschiene. Auch erhielten sie nur je einen Anflug. Diese Versuche wurden in dem Sinne noch weiter gefubrt, daB der freie Teil der Krone vollstiindig entfernt wurde und nur der grunHche Blutenbecher mehr zuruckblieb. Die Staubbliitter blieben unversebrt. Diese BIuten konnten vom menscblichen Auge aus 1 m Entfernung nur schwer von benachbarten Blutenknospen unterschieden werden. Trotzdem wurden sie von Bienen, die sich in der Niibe bereits zu schaffen gemacht hatten, besucht. Ein Anflug von weiter her wurde, wieschon erwiibnt, nicbt festgestellt, gemiiB dem Mangel der auf die Ferne wirken den Krone. Weiterbin wurden von einer BIute die freien Teil~ der Krone mit einem Stiickcben gemeinsamen Grundes so abgeschnitten, daB sie als Ring erhalten bHeben. Ein Drabt 1) befestigte diese Krone obne BIutenbecher in natiirlicher Umgebung. Die Krone erhielt innerhalb 40 Minuten 6 Anfliige und einen Besuch, wobei 18 Bienen in das Versuchsfeld flogen . . 1) Der Draht "ar auf der Vorderseite der Krone nicht sichtbar.
p
Hans Kugler,
110
Nachdem so festgestellt war, daB die Krone zum Besuche nicht unbedingt erforderlich ist, wurde sie durch kunstliche Kronen aus Papier ersetzt. Dabei kamen erst mittels Farbstifte gezeichnete Kronen zur Verwendung, wie sie bei den ersten Versuchen dienten, spater solche aus Hering-Papier Nr. 6. Die kunstlichen Kronen wurden an die BIuten ohne Verwendung irgendeines fremden Materials gesteckt. Die Art der Befestigung geht aus den beigegebenen Skizzen hervor. Drei verschiedene Arten der Insertion der kiinstlichen Kronen wurden gewahIt:
1
~
" /--a-----61~
.
,~
,a
__ b
Fig. 3. Schemata echter Bliiten mit kiinstlichen Kronen 2 (a = Ansatzstelle der echten Krone, b = Papierkrone).
3
1. Die kiinstliche Krone befindet sich unmittelbar unter der Ansatzstelle der natfirlichen (BIiite 1, 3 und 6 beim ersten Besuch. Fig. 3, I). 2. Die kiinstliche Krone befindet sich am Grund der BIiite (Bliite 4 und 5. Fig 3, 2). 3. Die kunstliche Krone befindet sich ungefiihr 11/2 cm untef'halb der BIiite als "kiinstliche extraflorale Schaueiurichtung" (Bliite 6 nach dem ersten Besuch. Fig. 3, J). BIute 2 eine kunstliche Krone (Hering-Papier Nr. 6). Versuchsprotokoll 9: 23. VII. 13 25 -13 45 Uhr. Wetter: sonnig, heiB, starker Wind. Versuchsplatz in der Sonne gelegen. (Erkliirung im Text oben.) Biene 7: 4 5 Biene 1: 6 ., 2: 3 " 8: 2 7 9: 4 x ., • 3: 7 51) 3 " 10: 3 4: 7 X " 11: 6 3) 5 4 3 5:6 2 )/3 " 12: 7 5 ., 6: 4 !
"
1) Beriihrt. 2) Bei Beriihrung fiel die kiinstliche Krone herab. Sie wurde jetzt nach Fig. 3, 3 befestigt. 3) Fliegt erst die unten befindliche kiinstliche Krone an. Dann wendet sie sich der Bliite zu und besucht sie.
r
BliitenOkologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
111
Durch die Moglichkeit des Ersatzes der' echten Krone durch eine einfarbige kiinstliche wird zugleich gezeigt, daB die radial verIaufenden griinen Adern, die den Kronblattern eine deutIiche Zeichnung verleihen, fiir den Besuch keine groBere Bedeutung haben konnen. Ich konnte nie beobachten, daB bei einer gleichfarbigen Krone ohne Zeichnung der Anflug auf ein Kronblatt ausgefiihrt wurde. Immer flogen die Tiere gegen die Mitte der BIiite zu, auch dann, wenn ich kiinstlich auf die Mitte des freien Teiles der Kronblatter einer echten Bliite mittels Farbpulvers einen Farbfleck brachte. So wurden BIiiten, die auf jedem Kronblatt einen Flecken aus Carminrotpulver hatten, das den Bienen sehr dunkel erscheinen muB, ohne irgendwelche StOrung besucht, desgleichen solche, bei denen vier Kronblatter einen ebensolchen Flecken aus UItramarinpulver zeigten, das fiinfte aber freigebIieben war oder bei denen nur ein Kronblatt einen FarbfIeck aufwies. Urn sicher zu sein, daB diese Farbpulver nicht chemisch auf die Besucher wirkten und damit einen neuen Faktor hereinbringen, habe ich Kontrollbliiten, deren Oberseite unverandert blieb, unterseits dick mit dem betreffenden Farbpulver beschmiert. AuBerdem war auch die Umgebung dieser Kontrollbliiten teils sichtbar, teils unsichtbar damit bestreut. Die Kontrollbliiten wurden normal besucht. Damit besteht also die S pre n gel sche Auffassung, daB die erwahnte Zeichnung bei Bryonia ein Saftmal darstelle, wie etwa der orange Fleck auf den BIiiten von Linaria vulgaris, nach K nolI s U ntersuchungen zu unrecht. 1m folgenden sollen Anderungen am BIiitenbecher und ihre Wirkung auf deo Besuch ulltersucht werden. 2 Dazu steUte ich aus einem 5 mm dicken Glasrohr Napfchen (Fig. 4, I) von 7-8 mm Lange her. In das eine geschlossene Ende war ein Draht zur Befestigung ein- Fig. 4 (zu Skizze 5 u. ProtokoU 10). geschmolzen. Urn das obere offene Ende Versuchsbliiten. a = echte Krone; N = Glasnapfchen; G = Nektarium wurde eine echte Bryoniakrone ohne einer echten Bl iite. Staubblatter gesteckt. In der Mitte des Glasnapfchens befand sich der BIiitengrund mit dem Nektarpolster einer Bryoniabliite (BIiite 2 und 11). 1m gleichen Versuche kam noch ein anderer Bliitentyp zur Verwendung. Er bestand aus eineni beiderseits offen en Glasrohrchen (Fig. 4,2), das nach einer Seite hin konisch zulief. Auf der breiteren Seite war ein Befestigungsdraht eingeschmolzen. Am spitz en Ellde befand sich eine echte Krone mit Staubblattern. Die An-
I.
Hans Kugler,
112
ordnung war so, daB die Staubblatter, zum TeiI wenigstens, den BIuteneingang (Glasnapfchen) bedeckten. Das Rohrchen war mit RohrzuckerIOsung 1) gefulIt. Die FuUung erfolgte durch die untere Rohrchenoffnung, wobei die Flussigkeit kapillar nach oben stieg. (Blute 3 und 7.) Versuchsprotokoll 10: 10. VII. 13°5 __ 1340 Uhr. Wetter: sonnig, zuweilen bedeckt, schwiil, gewitterig. 2,3, 7, 11 Versuchsbliiten (siehe oben) , die iibrigen unversehrte echte Bliiten. Biene 16: 4 Biene 1: 7 5 " 2:4 " 17:6 18: 6 3 2) 3: 9 10 " 4: 5 19: 8 5 2 20: 10 11 5: 10 '! " 21: 11 6: 11 " 22: 43 " 7:43789 " 23: 1 " 8: 6 " 24: 5 3 4 " 9: 5 2 25: 8 10 9 10: 9 8 " 26: 10 9 2 6 3 3) 2 " 11: 2 " " 12: 1 526 9 6 2 5 3 7 3) 2 " 13: 2 6 X 27: 8 X 8 " 14: 5 ., 28: 2563 3 )6534 " 15: 6 2 29: 11
"
"
Beide BIutenformen wurden besucht (s. Fig. 5 mit der Flugbahn von Biene 12 und 28), und zwar in einer der echten BIute nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ entsprechenden Weise. Auf die 010 11 bezeichneten E1uten erfolgBesuche; ten 68 Anfluge 4 26 davon entfallen auf die 4 Versuchsbluten. In anderen 08 Versuchen kam ein Modell Fig. 5. Skizze zur Verwendung, das sich zu Protokolll0. vondemvon Die schwarzen ~(---Kreise stell en Blute 3 und' 6 Versuchsbl titen 7 des vori--.----.. dar. gen Ver- ........0]----- •.. -- ____________-,-.j-...:.."--::::.---suchs darin
+
.11
1) Ungefiihr gleiche Teile Aqua dest. und Wiirfelzucker. 2) Die Biene trinkt mit groBer Begierde das Rilhrchen leer. Nach Erschilpfung des Zuckerwassers versucht sie immer wieder und in neuen Stellungen Nektar zu finden. SchlieBlich verBIBt sie in Schraubenwindungen aufsteigend den Versuchsplatz. 3) Rilhrchen leer getrunken.
Ii L i 2i !llii22 S!ii ii t3
iJ :
i biiZ
iJ
BlfttenOkologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
113
unterschied, daB die obere Offnung viel enger war und 4-5 mm tlber die Krone ragte. Diese BIilte wurde wiederholt besucht, doch konnten die Tiere den Eingang zum Honig nicht finden, da sie ihre Versuche stets nur wie bei unveranderten Bltlten am Grunde der Krone aus~ filhrten und das Glasrohrchen diesen weit tlberragte. Aus dies en Untersuchungen geht hervor, daB von keinem Teile einer Bryoniablilte (Krone. Staubblatter, Bliltenbecher) filr sich der ImpuIs zum Besuche ausgehen kann, und es fragt sich, ob an ~ryonia gebundene Bienen nicht auch Modelle ohne jede Zugabe einer echten BItlte besuchen. Es wurden die oben beschriebenen und abgebildeten Glasrohrchennektarien (Fig. 4, 2) mit klinstlichen Kronen (Hering-Papier Nr.5, 6, 7) versehen. Die BItlten wurden normal angeflogen, aber nie besucht.So wurde z. B. eine BIlite mit Krone aus Hering·Papier Nr. 6 von 20 unter 49 Bienen, die das Versuchsfeld bei sonnigem heiBen Wetter besuchten, angeflogen, doch von keiner einzigen besucht. Das gleiche Schicksal erlitten Model1e mit Papierkronen, die mittels Farbstifte eine moglichst naturgetreue Farbung und Zeichnung erhielten und Modelle. die Kronen aus einem vergilbten, ·gelb erscheinenden Blatte von Cirsium arvense geschnitten trugen. In anderen Versuchen wurden als Kronen Photographien echter Kronen in nattlrlicher GroBe benutzt. Sie waren auf Mimosa Orthotyp chamois und ein schichtloses Kapimpapier hergestellt, zum Teil wurden sie grilnlich getont. Die Photos machten auf den menschlichen Gesichtssinn auch einen raumlichen Eindruck. "Duftstoffe" konnte ich an ihnen keine wahrnehmen. Sie wurden wie aIle bisherigen Modelle angeflogen, aber nicht besucht. Auch Versuche, in denen die Glasnapfchen mit grun gefarbtem Papier (= grune Farbe der Bllitenmittte) bis auf eine enge Eingangsoffnung, um ein eventuell storendes Spiegeln des Glaschens Zll vermeiden, bedeckt waren, und BIuten, die vollstandig aus Papier angefertigt waren und deren Mitte ein satteres Grun aufwies als die freie Krone, erhieIten nur Anflilge. Diese MiBerfolge legten mir die Frage nahe, ob zum Besuche vielleicht nicht doch eine chemische Nahwirkung der BIute notig ist. Echte Krone kilnstlicher Bllitenbecher wurde besucht, desgleichen kunstechter BIiitenbecher. Dagegen erhielt kunstliche Krone liche Krone kunstlicher BIiitenbecher keinen Besuch. Die Trennung von chemischer und optischer Wirkung auf den Anflug ist verhiiltnismiiBig einfach auszufuhren. Knoll benutzte dazu seine Wind- und Glasrohrchenmethode. Die Analyse dieser beiden Faktoren beim Besuch dagegen scheint mil'
+
+
Flora. Bd. 124.
+
8
114
Hans Kugler,
sehr schwierig. Eine einwandfreie Feststellung, ob beim Besuche auch eine Bindung an irgendeinen dem Menschen nicht wahrnehmbaren "Bryoniaduft" vorhanden ist, HeBe sich wohl nur mittels der Frischschen Dressurmethode nachweisen 1). Doch wollen wir die Fragestellung so fassen, ob fiir den Besuch ein Bryoniaduft ausschlaggebend ist. Von kiinstlichen Bluten mit kiinstlichen Nektarien wurde die eine mit reinem Zuckerwasser gefiillt und die andere mit Zucker wasser, in dem Bryoniabliiten ausgepretlt wurden und mehrere Stunden lagen. Die Farbe der Krone entsprach Hering-Papier Nr. 5, war aber bei weitem nicht so gesattigt. In einem Versuch, der am 9. VII. 13°5_1347 Uhr ausgefiihrt wurde, beflogen 28 Bienen den Versuchsplatz. 6 fiihrten auf die Versuchsbliiten mit Bryoniazuckerwasser Anfluge aus, Besuch fand keiner statt. Diese Versuche wurden in mehreren Variation en ausgefiihrt. So befand sich z. B. in einer Versuchsanordnung unter der kiinstlichen Krone, aber von vorne unsichtbar, eine naturliche. Nie erfolgte bei derartigen Modellen, die Bryoniaduft an sich gebabt haben mlitlten, ein Besuch. Das gleiche Ergebnis zeitigte folgender Versuch, der an zwei verschiedenen Tagen ausgefiihrt wurde. In einer Kapsel aus Glaspapier, die auf der einen Seite ein Loch batte, war eine Bryoniabliite so eingeschlossen, daB die Staubblatter durch dieses Loch ins Freie ragten Fig. 6. Eliite in einem Glaspapier(Fig. 6). Duftstoffen war an dieser Stelle gehause. Durch ein auf der Vorderseite befindliches Loch treten die freier Austritt moglich 2). Die Objekte Staubblatter ins Freie. wurden angeflogen, doch nicht besucht. Bliiten mit relativ weitgehenden Abweichungen von der natiirlichen Form und Farbe wurden also noch besucht. Damit solI aber keineswegs gesagt werden, datl derartige Abanderungen von den Tieren nicht erkannt wiirden. Dies ist sogar auf Grund des relativ feinen Farbunterscheidungsvermogens der Bienen nach Kuhns [13] jiingsten Untersuchungen sehr unwahrscheinlich. Yom bliitenokologischen Standpunkt ails betrachtet ist es ja auch unwesentlich, ob derartige Anderungen von den Tieren erkannt werden oder nicht. Hier gilt es nur: Spiel en derartige Anderungen bei Anflug bzw. Besuch eine Rolle oder nicht. Nicht mehr besucht wurden Modelle ohne den Tieren bekannte sichtbare Teile (Krone 1) Wenn auch die naturgetreuesten Nachbildungen der Eliite nicht besucht werden. 2) Das Glaspapier erschien mir vollstandig geruchlos. Auch wurde bei friiheren Versuchen keine stilrende chemische Wirkung beobachtet.
14=
BliitenOkologische Untersuchungen an Bryonia dioica J acq.
115
oder Becher) einer echten Blute auch dann, wenn von ihnen auf Grund der Versuchsanordnung ein hypothetischer Bryoniaduft hiitte ausgehen mussen. Das optische BiId war zu stark verandert. Was Duftstoffe betrifft, so Mnnen solche, falls uberhaupt welche vorhanden sein soIl ten, was mil' sehr zweifelhaft erscheint 1), fur den Besuch nul' im Zusammenhang mit dem optischen BiId und nicht fUr sich allein eine Rolle spielen.
III. Der Besuch mannlicher und weiblicher Bluten. Zum Schlusse solI die Sprellgelsche Deutung des GroBenunterschiedes zwischen mannlichen und weiblichen Bluten untersucht werden. Der Farbunterschied zwischen manlllichen und weiblichen Bluten erfahrt seitens der Besucher keine Beachtung. Es wurden mannliche Bluten, die an Stelle del' Staubblatter einen Griffel und weibliche, die an Stelle des Griffels Staubblatter bekamen (s. Protokoll 11), normal besucht. \ Der DiOzie entsprechend kommen ----------'.;-·.:z:.-~-6/ mannliche und weibliche Pflanzen entweder vollstalldig voneinander \ getrennt VOl', wie an meinen Versuchshecken, die an mehreren ~ 017 Stellen auf eine Breite von 4-5 m 07 \al von mann lichen Pflanzen uber16 \~ wuchert waren. Weibliche fan den $.... sich erst in einer Entfernung von .'. 9 bzw. 45 m. OdeI' es konnen mannliche und weibliche Pflanzen miteinander verfJochten in einer 14111 Hecke auftreten,. so daB hier ein ahnlicher Erfolg wie bei Bryonia alba resultiert. Fig. 7. Skizze zu Protokollll. Die kleinen Zur experimentellen Prufung Ringe stell en weibliche Bliiten dar. del' Sprengelschen Annahmen brachte ich auf eine mannliche Heeke drei Sprosse einer weiblichen Pflanze, die, urn nicht zu verwelken, mit ihren basal en Enden in ein unsichtbar angebrachtes Glaschen mit Wasser tauchten und beobachtete das Verhalten der Bienen den beiderlei Blutenformen gegenuber. ~
-.---.-;.
1
\
1
-.'1
1) v. F r is c h konnte zeigen, dag verschiedene fiir den Menschen duftlose Bliiten auch ffir die Bienen duftlos sind, z. B. Ampelopsis. 8*
116
Hans Kugler,
Wie das Protokoll zeigt, besuchen die Bienen keineswegs erst die mannlichen Bluten und, "nachdem sie dieselben ausgeleert", die weiblichen. So kommt z. B. Biene 7 von weither angeflogen und besucht gleich eine weibliche Blute. In Fig. 7 ist der Flug von Biene 2 und Biene 14 festgehalten. Mannliche und weibliche Bliiten werden untersehiedslos besucht. Dasselbe Ergebnis konnte auch in analogen Versuchen festgestellt werden, die deshalb hier iibergangen seien. Versuchsprotokoll 11: 26. VII. 15 3 °_1640 Uhr. Wetter: meist sonnig, Wind. Biiiten 1, 2, 3, 4, 5, 6, 10, 11, 15, 16, 17 sind weiblich (kleine Kreise), 1'4 sind unter einem Glaschen befindliche weibliche Biiiten. Biiiten 7, 8, 9, 12. 13, 18, 19 sind mannliche (groHe Kreise), Bliite 1 und 3 haben an Stelle des Griffels Staubblatter eingefiigt. Biene 1: 2: " 3: " 4: " 5: ",. 6: 7: " S: 0' 9: " 10: " 11: " 12:
"
12 4 15 11 122 3 4, 2 18 15 18 18 2 18 18 x 1) 13 18 15 14 x 15 14 13 12 W2) 1 x 15 6 x 13 X x 84,3 1 13 4 3 13 x 4, 3 74,3 2 11
Biene 13: ,. 14: 15: " 16: " 17: " 18: " 19: " 20: 21: " 22: " 23:
"
x 10 5 / x 6 5 1 x 13 10 11 19 6 5 15 x 4, 3 14 x x x 18 13 11 4 3 x x x 7 4, 1 12 15 7 x 147 6 4 3 6 14 3 4 x X 43
Dagegen werden, wenn mannliche und weibliche Pflanzen (wie an der Versuchshecke) weiter voneinander getrennt wachsen, die groBeren Kronen der mannlichen Bliiten auf die Ferne besser wirken als die der weiblichen. Ais FoIge kann der oben festgestellte zahlreiehere Besuch mannlicher Pflanzen gelten. Doch diirfte diese Tatsache meiner Auffassung nach keineswegs eine ErhOhung der Bestaubungsaussichten weiblieher Pflanzen zur FoIge haben und damit bliitenokologisch "bedeutungslos" sein. 1) x = Besuch einer auHerhalb des Versuchsfeldes liegenden mannlichen Biiite. 2) W = Die Biene kam von weither angeflogen.
i '
Bliitenokologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq.
117
IV. Ergebnis. 1. Bryonia dioica wurde in den von mir untersuchten Fiillen nicht "nur" von Andrena florea (K ern e r), sondern vornehmlich von der Honigbiene, Apis mellifica, besucht.
2. Der Anflug der Honigbiene auf die Bliiten von Bryonia dioica wird rein optisch durch Farben der WeiB-, Gelb-, und Griingruppe geleitet. In dieser FernwiJ'kung liegt die okologische Bedeutung der Kronen. Eine bestimmte Kronenform oder Zeichnung spielt dabei keine Rolle. 3. Besucht werden noch Bliiten mit weitgehenden kiinstlichen Abiinderungen. Trotzdem ist fiir den Besuch das optische Bild und nicht ein dem Menschen nicht wahrnehmbarer Duft wenigstens allein maBgebend. Die Kronblattzeichnungen konnen nicht als Saftmal (Sprengel) gedeutet werden. 4. Die Bienen unterscheiden bei Anflug und Besuch nicht zwischen mannlichen und weiblichen Bliiten, sondern besuchen beiderlei Formen nebeneinander. (Entgegen S pre n gel.)
Literatur. 1) And rea e: Inwiefern werden Insekten durch Farbe und Duft der Blumen angezogen? Beih. z. Bot. Zentralblatt, Bd. XV, ]903. 2) Ex n e r, Fr. u. S.: Die physikalischen GrundJagen der Bliitenfiirbungen. Sitz.Ber. d. Akad. d. Wiss. Wien, Math.-Naturw. Kiasse, Bd. CXIX, 1910, Abt. 1. 3)
Frisch, v.: Der Farbensinn und Formensinn der Bienen. Zool.Jahrb., Phys. Abt. 35, 1915.
4) -
Uber den Geruchssinn der Biene und seine bliitenbiologische Bedeutung. Ebenda 37, 1919.
5) - Ober die "Sprache" der Bienen. Ebenda 40, 1923. 6) K ern e r: Pflanzenleben. 2. Auf!., Leipzig-Wien 1898. 7) K noll: Insekten und Blumen. Wien 1926. 8) K n u th, P.: Handbuch der Bliitenbiologie. 9) -
Leipzig 1899.
Die Einwirkung der Bliitenfarben auf die photographische Platte. Zentralblatt, Bd. XLVIII, 1891, S. 160 und 314.
Bot.
10) K ii h n u. Po hi: Dressurfahigkeit der Bienen auf Spektrallinien. Naturwissenschaften 1921.
118 Hans Kugler, Bliitenllkologische Untersuchungen an Bryonia dioica Jacq. 11) Kiihn, A.: Zum Nachweis des Farbenunterscheidungsvermllgens der Bienen. Naturwissenschaften 1924. 12) - Uber den Farbensinn der Bienen. Zeitschr. f. vergl. Physiol. V, 4, 1927, S. 762. 13) - Uber das Unterscheidungsvermllgen der B'ienen fiir Wellenlangen im Spektrum. Nachr. d. Ges. f. Wiss. Gllttingen, Math.-Phys. Klasse, 1927. 14) Lutz, F. E.: Apparently non selective characters and combinations of characters including a study of ultraviolet in relation to the flower-visiting habits of insects. Anuals of the New York Akademy of sciences, Vol. XXIX, p. 181-283, pis. III-IX. 15) M ii 11 e r, H.: Die Befruchtung der B1umen durch Insekten und die gegenseitigen Anpassungen beider. Leipzig 1873. 16) Sprengel, Ch. K.: Das entdeckte Geheimnis der Natur im Ban und in der Befruchtung der Blumen. 1793.
Druck von Ant. KlImpfe in Jens.
,/