INTERVIEW
SPORT OT
rthopädie raumatologie
Sportorthopädie · Sporttraumatologie 17, 102 (2001) © Urban & Fischer Verlag www.urbanfischer.de/journals/sportmed
Das Interview Ciriaco Sforza, geb. 02.03.1970, 73 Länderspiele, bisherige Vereine: FC Aarau, Grasshoppers Club Zürich, Inter Mailand, 1. FC Kaiserslautern, FC Bayern München
Frage: Ciriaco Sforza, du hast eben eine Verletzung hinter dir und ein erfolgreiches Comeback mit Bayern München gegeben. Wie wichtig ist für dich bei einer Verletzung der behandelnde Arzt? C.S.: Am wichtigsten sind für mich der Mensch und das Vertrauen. Ich kann nicht zu irgendeinem Arzt gehen, sondern nur zu einer Person, die ich sehr gut kenne. Vom Verein her muss ich zuerst zum Mannschaftsarzt, habe aber nachher freie Arztwahl. Frage: Betrifft das auch den Physiotherapeuten? C.S.: Hier gilt grundsätzlich das Gleiche. Wesentlich ist dabei auch, dass man die vollständige Betreuung zusammen hat, d.h. dass Arzt und Physiotherapeut ganz eng miteinander zusammenarbeiten. Nur so ist eine Kontinuität vom Anfang der Verletzung bis zur Wiedereingliederung in das Mannschaftstraining optimal gewährleistet. Frage: Was erwartest du vom Trainer in einer Verletzungssituation? C.S.: Der Trainer muss gegenüber dem Spieler ebenfalls das volle Vertrauen haben. Das bedeutet also, dass der Trainer dem Spieler vollumfänglich glaubt, welche Probleme, wie viel Schmerzen usw. er hat. Es braucht auch hier, wie im ganzen Umfeld, Personen, die den Spieler als Menschen und seinen Körper gut kennen. Dies betrifft auch die Situation, wo der Spieler sagt, er sei für einen vollen Einsatz bereit. Diese Vertrauensbasis muss zwischen dem Trainer und dem Spieler vorhanden sein. Frage: Welche Ratschläge kannst du jungen Spielern zur Vorbeugung von Verletzungen geben? C.S.: Gewisse Unfälle in Zweikampfsituationen lassen sich leider nicht verhindern (z.B. Kreuzbandverletzungen). In Bezug
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auf Zerrungen oder Muskelverhärtungen ist aber der Lebenswandel für mich das entscheidend Wichtige. Dies betrifft neben der Ernährung vor allem auch die Einstellung zum Beruf selbst. Man muss in dieser Situation bereit sein, auf verschiedene Sachen zu verzichten und für den Fußball die Prioritäten setzen. Frage: Hast du schon mal eine Muskelzerrung gehabt? C.S.: Nein, ich habe noch nie eine Muskelzerrung erlitten. Den Grund sehe ich neben der Ernährung vor allem in der Erholung des Körpers und wie man generell seinen Körper einsetzt. Frage: Was hältst du vom Dehnen im Fußballsport? C.S.: Am Anfang war für mich Dehnen kein Thema. Je länger ich aber meinen Körper kenne, spüre ich, dass mir ein gewisses Dehnen gut tut. Frage: Was heißt das konkret und wann dehnst du? C.S.: In den letzten 2 bis 3 Jahren habe ich mir angewöhnt, eine Viertelstunde vor dem offiziellen Training schon auf den Platz zu gehen und mich langsam aufzuwärmen. Dabei mache ich ergänzend zum Laufen ein leichtes, dosiertes Dehnprogramm. Während dem offiziellen Training machen wir dann neben dem allgemeinen Einlaufen auch ca. 10 Min. Stabilisationsübungen und kurze Dehnungen der Muskulatur. Nach dem Training kann dann jeder Spieler individuell auslaufen. Frage: Wie sieht es mit dem Auslaufen nach einem Spiel aus? C.S.: Wenn wir ab Abend spielen, machen wir direkt das Auslaufen nach dem Spiel. Wir gehen in die Kabine, erholen uns etwas, ziehen uns um und gehen dann wieder hinaus.
Frage: In Deutschland (und in der Schweiz) macht man eine komplette Vorbereitung im Sommer und eine ca. 10- bis 14-tägige Vorbereitung nochmals im Winter. In Italien, wo du auch gespielt hast, gibt es nur eine Vorbereitungsphase pro Jahr. Welche Situation bevorzugst du? C.S.: Wenn ich beide miteinander vergleiche, finde ich, dass eine einzige Vorbereitung für den Körper besser ist. Der große Vorteil liegt darin, dass man nicht immer wieder am Anfang beginnen muss. In der Schweiz besteht wegen der Witterungssituation aber leider keine andere Möglichkeit als 2 Vorbereitungsphasen. Frage: Welche wichtige Empfehlung möchtest du einem jungen, 16-jährigen talentierten Fußballspieler mitgeben? C.S.: Talent allein ist heute nicht mehr ausreichend. Es braucht den absoluten Willen, um sich durchsetzen zu wollen und hart zu arbeiten. Der Fußball ist so athletisch geworden, dass man sich nur mit einem optimalen Training und einer guten Einstellung durchsetzen kann. Trotzdem bleibt aber das Talent natürlich die unabdingbare Voraussetzung für eine weitere sportliche Karriere. Das Interview wurde durchgeführt von PD Dr. R. M. Biedert