Der Adenylatgehalt in lufttrockenen und keimenden Karyopsen ausgewählter Weizen- Evolutionsformen

Der Adenylatgehalt in lufttrockenen und keimenden Karyopsen ausgewählter Weizen- Evolutionsformen

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Biochem. Physiol. Pflanzen 174, 235-239 (1979)

Der Adenylatgehalt in lufttrockenen und keimenden Karyopsen ausgewahlter W eizen -Evolutionsformen P.

HOFFMANN

Sektion Biologie der Humboldt-Universitat Berlin, DDR

Adenylate content in Dry and Germinating Caryopses of Selected Evolutionary Wheat Forms Key Term Index: adenylate content, adenines nucleatides energy charge, energy metabolism; Triticum spec. Aegilops spec.

Summary In dry and 16 h soaking caryopses of 9 selected evolutionary wheat forms the contents of AMP, ADP and ATP were estimated and their energy charge calculated. The data reflect no clear quantitative relations between adenylate content and genome or dry weight. However, in those caryopses with the smaller endosperm resel ves the de novo synthesis of adenylates starts earlier. The results are discussed in relation to the importance of the adenylates for the short-term and long-term regulation of the energy metabolism in plants.

Einleitung

Die Gehaite an Nucleotiden charakterisieren infolge ihrer entscheidenden Beteiligung am Wasserstoff- und Phosphatkreislauf die stoffwechselphysiologische Aktivitat eines Gewebes, wobei ihr vorrangiges Wirkprinzip bei gruppeniibertragenden Reaktionen in vielell Stoffwechselsequenzen wirksam wird. Zur weiteren Priifung dieser Zusammenhange wurden Weizen-Evolutionsformen unterschiedlicher gClletischer Konstitution und verschiedener Produktivitat in die Versuche ein bezogcn. Da bei galt es, zunachst deren Adenylatsystem in den Karyopsen quantitativ zu charakterisieren. Material und Methode Als Versuchsmaterial dienten Karyopsen ausgewahlter Weizen-Evolutionsformen der Ernten 1975/761 ) (Tabelle 1), die in lufttrockenem Zustand bzw. nach 16 h Quellung (in Aqua dest. im Dunkeln bei 25°C) analysiert wurden (n = 4-8, x = 100 Karyopsen). Die Adenylatbestimmung erfolgte nach KRAUSE (1976).

Ergebnisse und Diskussion

Voruntersuchungen hatten ergeben, daB bereits lufttrockene Karyopsen von Triticum aestivum ATP, ADP und AMP enthaiten. Wahrend der ersten 6 h Quellung, in 1) Das Saatgut wurde am Institut fiir Getreideforschung in Bernburg verml,hrt llnd uns fiir die Untersuchungen dankenswerterweise zur Verfiigung gestellt.

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HOFFMANN

Tabelle 1. Zusammenstellullg der in die Untersuchungen einbezogenen Evolutionsformen des Weizens Ploidiestufe

Form

Art

Diploid

Einkornreihe

Monococca 2n = 14 Triticum boeoticum Boiss. em Schiem var. symbolonense Flaksb. (Balkan) AA Aegilops speUoides Tausch BB Aegilops squarrosa L. DD Triticum monococcum L. var. macedonicum Papag (Kleinasien) AA

Wildform

Kulturform

Tetraploid

Emmerreihe Wildform Kulturform

Hexaploid

Dinkelreihe Kulturform

Genom

TKM (g)

15,33 5,87 17,91 23,43

= 28

Dicoccoidea Triticum dicoccoides Koern. var. spontaneovillaum Perc. Triticum dicoccon SchIank var. farrum Alef (Iran) Triticum durum Desf. var. hordeiforme (Host) Koern "Charkowskaja 46"

2n

Speltoidea

2n

Triticum spelta L. var. album Alef "Kipperhans WeiJ.ler Spelz" Triticum aestivum L. c. v. "Hatri"

AABBDD

32,88

AABBDD

33,22

AABB

29,93

AABB

35,95

AABB

47,59

=

42

der Phase der starksten Wasscraufnahme, findet lediglich eine Phosphorylierung der vorhandenen Phosphorylierungsreserven AMP und ADP zu ATP statt. Damit ist bcreits eine Erhohung des energetischen Niveaus, des "energy charge", als eine Voraussetzung fUr die Keimung gegeben (CHIXG und CHING 1972; OBENDORF und MARCUS 1974). Erst im weitcren Quellungsverlauf nimmt auch die Gesamt-Adenylatmcnge zu, wobei der "energy charge" nach etwa 15 h sein Maximum erreicht (KRAUSE 1976). Diese Befunde bekriiftigen somit die SchluBfolgerungen aus anderen Arbeiten, iiber Adenylatbestimmungen die Stoffwechselaktivitat eines Gewebes zu charakterisieren (Lit. bei HOFFMANN und MEINL 1978). DaB dem "energy charge" als Regulationssystcm einc ulliverselle biologischc Funktion zukommt, dafUr sprechcn auch die vielfaItigen, prinzipiell aber verglcichbarcn Bcfundc an tierischen Organ ell bzw. Organism en (z. B. KAMIYAMA et al. 1976; KUSTER et al. 1976). Dabci bleibt jedoch die Frage nach denjenigell Mechanismen offen, welche die Information uber die Hohe des "einzustellenden" energetischcn Potentials vcrmitteln. ~icht zuletzt unter diesem Aspekt erfolgte die Einbcziehung der W eizen-Evolutionsformen unterschicdlicher Genome, wobei die AdenylatgehaIte in trockencn Karyopsen mit jenen nach 16 h Quellung verglichen wurden, zu dem Zeitpunkt, an dem der "energy charge" ein Maximum erreicht. Die Ergebnisse sind in Abb. 1 sowie in den TabclIen 2 und 3 wiedergegeben.

1

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Adenylatgehalt ausgewahlter Weizen-Evolutionsformen

Aus ihnen geht hervor, daB bei Bezugnahmc auf das Frischgewicht (Abb. 1 oben) die Karyopsen von Triticum dicoeeoides den geringsten, diejenigen von Aegilops speUoides den hochsten Adenylatgehalt besitzen. Bezogen auf 100 Karyopsen (Abb. 1 unten), sind die Gehalte bei Triticum dicoccon am hOchsten, bei Aegilops speUoides am niedrig(!)

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AMP

~ ADP

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ATP

0,140 0~20

0,100 0.080 o.oSO 0.040 0.020

1 2 ( 1

= trockene

1 2 Karyopsen

1 2

1 2

Karyopsen)

Abb.1. Gehalt an Adenylaten in trockenen und 16 h gequollenen Karyopsen von ausgewiihlten WeizenEvolutionsformen. BezugsgriiBen: 1 g Frischgewicht (oben), 100 Karyopsen (unten). 15a

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Tabelle 2. Prozentuale Veriinderungen im GesamtgehaIt an Adenylaten in trockenen und 16 h gequollenen Karyopsen ausgetciihlter Weizen-Evolutionsformen. BezugsgroBen: Frischgewicht (a) bzw. 100 Karyopsen (b). Evolutionsformen

Zunahme bzw. Abnahme in % (a)

Zunahme bzw. Abnahme in % (b)

Triticum boeoticum Triticum monococcum Aegilops speltoides Aegilops squarrosa Triticum dicoccmdes Triticum dicoccon Triticum durum Triticum speUa Triticum aestivum

-32% -31% - 4% -34% + 5% -63% -60% -51% -69%

-1% +29% +48% + 2% +76% -39% -35% -40% -29%

Tabelle 3. Veriinderungen im "energy charge" 'in trockenen und 16 h gequollenen Karyopsen ausgewiihlt er W eizen-Evolutionsformen. Auf Karyopsen bezogene Daten der Adenylatgehalte. Eyolutionsformen

trockene Karyopsen

Triticum boeoticum Triticum monococcum A egi ops speUoides Aegilops squarrosa Tnticum dicoccoides Triticum dicoccon Triticum durum 1 riticum speUa '{ riticum aesfivum

0,569 0,509 0,542 0,481 0,613 0,488 0,408 0,487 0,513

± 0,088 ± 0,090 ± 0,043 ± 0,051 ± 0,056 ± 0,024 ± 0,101 ± 0,016 ± 0,060

(15%) (18%) 8%) (11%) (9%) (9%) (25%) (3%) (12%)

16 h gequollene Karyopsen

0,662 0,676 0,578 0,560 0,650 0,663 0,665 0,696 0,702

± 0,060 ± 0,062 ± 0,065 ± 0,0:>4 ± 0,038 ± 0,0!7 ± 0,045 ± 0,072 ± 0,038

(9%) (9%) (11%) (10%) (14%) (7%) (7%) (10%) (5%)

Zunahme bzw. Abnahme (in %) +16% +33% + 7% +16% + 6% +36% +63% +43% +37%

stell. In entsprechenden Untersuchungen am 2. Folgeblatt beobachteten MIGINIACMASLOW und HOARAU (1977) einen niedrigen Adenylatgehalt bei allen das D-Genom ent haltenden Formen. Wie die EC-W erte (Tabelle 3) ausweisen, liegt bereits in den groBeren Karyopen im trockenen Zustand ein hoherer Anteil an Adenylaten in energiereicher Form vor. Mit einsetzender Quellung ist, bezogen auf das Frischgewicht, ein Ruckgang des relativen Adenylr,tgehaltes zu beobachten, der vorrangig auf die Wasseraufnahme der Karyopsen zuruckzufiihren ist und daher in etwa mit der Tausendkornmasse korreliert. Triticum aet'tirum-Karyopsen besitzen das groBte Endosperm, und bei ihnen ist auch der hochste prozentuale Abfall meBbar, wahrend bei Triticum dicoccoides nur unwesentliche Veranderungen auftreten. 1m Hinblick auf die Absolutwerte ergibt sich der auf Grund unserer fluheren Arbeiten zu erwartende Befund, daB diejenigen Formen mit

Adenylatgehalt ausgewiihlter W eizen-Evolutionsformen

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den geringsten Endospermreserven am raschesten und starksten zur Adenylatneubildung libergehen (Tritic~tm dicoccoides; Aegilops speltoides, Triticum monococcum (vgl. TKM-Werte in Tabelle 1), verglichen mit den nahrstoffreicheren Formen (Triticum dicoccon, Triticum durnm, Triticum spelia, Triticum aestivum). Die erhaltenen Befunde bestatigen somit auch fUr die untersuchten Karyopsen, daB neben dem "energy charge" der Gesamtmenge der Adenylate eine besondere regulative Bedeutung beizumessen ist. Sie widerspiegeln gleichzeitig verschiedene Moglichkeiten der Regulation im Energiestoffwechsel: die "Kurzzeitregulation" durch die Phosphorylierung (bzw. Dephosphorylierung) des vorhandenen AMP und ADP (ATP) sowie die "Langzeitregulation" auf Grund von Anderungen im Adenylatgehalt. Damit kristallisiert sich der Zusammenhang heraus zwischen der Information bzw. ihrer Realisierung liber die Adenylatsynthese und der jeweiligen Energiestoffwechsellage. Frau E. HELMER danke ieh fiir die bewiihrte und zuverliissige Unterstiitzung bei der Durchfiihrung der Versuche.

Literatur CHING, T. l\f., and CIIING, K. K.: Content of adenosine phosphates and adenylate energy charge in germinating Ponderosa pine seeds. Plant PhysioI. 50, 536-540 (1972). HOFFMANN, P., und MEINL, G.: Der Adenylatgehalt in BIiittern von Brassica oleracea, var. capitata unter besonderer Beriicksichtigung resistenz- und entwicklungsphysiologischer Aspekte. Wiss. Z. Humboldt- Universitiit, Berlin, Math.-Nat.-Reihe (1978). (im Druck). KAMIYDIA, Y., OZAWA, K., and HONJO, J.: Changes in mitochondrial phosphorylative activity and adenylate energy charge of regenerating rabbit liver. J. Biochem. 80, 875-881 (1976). KRAUSE, CRR.: Die Dynamik des Adenylatgehaltes in Keimpflanzen von Triticum aestivum L. unter besonderer Beriicksichtigung regulativer Aspekte des Energiestoffwechsels. Wiss. Z. HumboldtUniversitiit, Berlin, Math.-Nat.-Reihe 25, 769-775 (1976). KUSTER, U., BOIlNENSACK, R., and KUNZ, W.: Control of oxidative phosphorylation by the extramitochondrial ATPjADP-ratio. Bioehim. biophys. Acta 440,391-402 (1976). MIGINIAC-}IASLOW, M., and HOARAU, A.: The adenine nucleotide levels and the energy charge values of different species of wheat. Abstr. 4. Intern. Congress on Photosynthesis, Reading, U.K., 151 to 152 (1977). OBENDORF, R. L., and MARCUS, A.: Rapid increase in adenosine 5' -triphosphate during early wheat embryo germination. Plant Physiol. 53, 779-781 (1974). Eingegangen am 20. Oktober 1978.

Ansehrift des Verfassers: P. HOFFMANN, Sektion Biologie der Humboldt-Universitiit Berlin, DDR - 108 Berlin, Hannoyersrhe StraBe 27.

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