Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

(Aus der Biologischen Station Seeon des Bundes Naturschutz in Bayern und dem Botanischen Institut der Universitat Miinchen) Der Ionenaustausch bei To...

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(Aus der Biologischen Station Seeon des Bundes Naturschutz in Bayern und dem Botanischen Institut der Universitat Miinchen)

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum) Von

Irmgard Anschiitz und Fritz GeSner Mit 10 Abbildungen im Text (Eingegangen am 3. April 1954)

A. Einleitung Durch die 1909-1913 verOffentlichten Untersuchungen von BAUMANN und GULLY iiber die Humussauren (1) trat in der Erforschung der Hochmoorsauerung eine entscheidende Wende ein. Bis zu diesem Zeitpunkt galt die von SPRENGEL (24), BERZELIUS (2) und MULDER (24) begriindete Meinung, daB der Sauregrad der MoorbOden ausschlieBlich durch Hum ussa ure n verursacht werde, die sich in kalkarmen Boden beim Absterben der Pflanzen anreichern konnen. Allerdings blieb diese Theorie nicht unbestritten. Die Reindarstellung der Humussauren fiihrte zu vielen Widerspriichen, da die Produkte je nach der Gewinnungsmethode recht verschiedene Eigenschaften zeigten. 1m Laufe der Zeit wurden daher vier verschiedene Humussauren "entdeckt". Sie waren aile vollig amorph, zeigten beim Trocknen erhebliche Gewichtsverluste und im Wasser ein starkes Quellungsvermogen. Diese Feststellungen veranlaBten verschiedene Forscher wie SOSTEGNI (23), ADOLF MAYER (16) und MIKLANZ (19) zu der Behauptung, es gabe keine eindeutig definierbare Verbindung, die bei der pflanzlichen Verwesung entstiinde und den Namen "Humussaure" verdiene, vielmehr handle es sich dabei urn ein auBerst heterogenes Gemenge kolloidalen Charakters, das von Zersetzungsprodukten der Kohlenhydrate und EiweiBsubstanzen gebildet werde, mit teilweise noch erhalten gebliebenen, schwer verweslichen Pflanzenstoffen (Pentosanen, Fetten, Wachsen, Hemizellulosen, Amidosubstanzen und Harzen). Heute ist die Frage durch die verfeinerten Laboratoriumsmethoden zugunsten der Humussaure entschieden, wenn die Bruttoformel des Riesenmolekiils auch noch nicht eindeutig feststeht (FUCHS [7]). Immerhin verdankten BAUMANN und GULLY diesem kritischen Einwand die Anregung, nach einem anderen Ursprung der Hochmoorsauerung zu suchen, da es keine Huminsaure geben sollte. Sie machten dabei die wichtige Feststellung, daB bei einem Hochmoorquerschnitt die Ansauerung in der obersten Schicht, die aus lebenden Torfmoosen besteht, mit

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der gleiehen Intensitat vor sich geht wie in den darunterliegenden, bereits vertorften Horizonten. Dieses veranlal.lte sie als erste, das Sphagnum, den hauptsaehliehsten Torfbildner, auf seine Saurewirkung zu priifen. Dabei kamen sie zu folgendem Ergebnis: Sowohl in den Sphagnen als aueh im Moostorf miisse es ein und dieselbeSubstanz sein, die die Ansauerung hervorruft, wie aus dem gleiehen Grad der Saurewirkung hervorgehe. Diese Substanz konne aber keine organisehe Saure im herkommliehen Sinne sein, da trotz eingehender Priifung der Losungen weder sie selbst noch eines ihrer Salze festgestellt werden konnte. Damit stiinde aueh im Einklang, dal.l Moorwasser nur eine sehr geringe Leitfahigkeit besitzt, die die Gegenwart einer freien Saure aussehliel.lt. BAUMANN und GULLY kommen daher zu folgender Hypothese: In den Zellwanden der Sphagnen befinde sieh ein negativ geladenes Kolloid, das sieh aueh lange Zeit naeh der Vertorfung erhalte. Bei der Zugabe von Lauge vermoge dieses Kolloid die "Basis" zu adsorbieren, wodureh ein Teil verbraueht werde und aus der Losung versehwinde. Dal.l es sieh dabei um keine Neutralisation dureh eine Saure in den Sphagnen handeln konne, versuehten BAUMANN JInd GULLY mit der folgenden Tatsaehe zu beweisen: Es lal.lt sieh namlieh in einer bestimmten Menge Sphagnum kei ne bestimmte Sauremenge feststellen. Der Verbraueh an Lauge ist vielmehr je naeh ihrer Konzentration einma! grol.ler, ein andermal kleiner. BAUMANN und GULLY befal.lten sieh ferner ausfiihrlieh mit einem weiteren Problem. Beim Zusammenbringen von Sphagnum und einer NeutralsalzlOsung tritt namlieh eine deutliehe Ansauerung auf, die sie folgendermal.len erklarten: In wal.lriger Losung werde ein Neutra!salz, wie z. B. CaCl2 in Ca(OH)2 und HC!, hydrolysiert. Ersteres werde von dem negativ geladenen Kolloid "adsorbiert", wahrend die Salzsaure in der Losung zuriiekbleibe und deren Aziditat verursaehe. Demnaeh wiirde also die Ansauerung dureh eine Hydrolyse des Wassers entstanden sein, wahrend das Kolloid in der Zellwand nur die Rolle eines "Ka tal y_ sators" beim Nahrstoffang spie!en sollte. Aus diesen Ausfiihrungen wird ersiehtlieh, welehe Sehwierigkeiten um das Jahr 1912 bestanden, wenn man, ausgeriistet mit dem Anfangswissen der modernen Chemie, eine Erklarung fiir die saure Wirkung der Torfmoose zu finden suehte, ohne dal.l man eine frei e Sa ure hierfiir verantwortlieh maehen wollte. Die beobaehteten Phiinomene hatten zweifellos eine gewisse Ahnliehkeit mit den erst seit kurzem erkannten Erseheinungen an Kolloiden. Naeh dem bedeutenden Fortschritt der Chemie in den letzten 40 Jahren kann jedoch diese Deutung nicht mehr befriedigim, v(lr aHem seit man wei 1.1, daB in einer verdiinnten N eutralsalzlOsung nahezu eine vol!ige Dissoziation in Ca + + - und CI- -Ionen eintritt. Zum "Beweis" ihrer Auffassung fiihrten BAUMANN und GULLY eine grol.le Anzah! von Versuehen an, deren Ergebnisse grol.ltenteils heute noeh Giiltigkeit haben und brauehbare Unterlagen darsteHen, wennsieh aueh die Auslegung des Ansauerungsvorganges grund!egend geandert hat. Flora, Bd. 141

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lJber den Sitz des Kolloids in der Pflanze stellten sie folgende Betrachtung an: Bekanntlich ist das rhizoidlose Torfmoos befahigt, mit der ganzen Oberflache der einschichtigen Blattchen Wasser und darin geloste Nahrstoffe aufzunehmen. Die Versorgung mit letzterem geschieht auf dem mineralstoffarmen Hochmoor hauptsachlich durch die dem Flugstaub der Atmosphare entnommenen und im Regenwasser gelOsten Stoffe. Die Anatomie der Blatter zeigt zwei Zelltypen, kleine, dickwandige Chlorophyllzellen und daneben groBe, abgestorbene Zellen, die nur mehr aus einer durchsichtigen Zellwand bestehen und darum Hyalinzellen genannt werden. Spiralfasern dienen zur Wandverstarkung und schiitzen die Wande vor dem Kollabieren. In ihrem Inneren sind die Hyalinzellen gekammerV), wodurch eine groBere innere Oberflache entsteht. Die au.Bere Zellwand ist von Poren durchsetzt, die den Wassereintritt in die Zelle bedeutend erleichtern. BAUMANN und GULLY vertraten auf Grund ihrer Untersuchungen die Ansicht, daB sich im Inneren der Hyalinzellen ein quellbares Kolloid ausbreite, das die "Basis" der SaIze adsorbiere. Darum finde sich dieses "Nahrstoff-Fangorgan" am starksten ausgebildet bei Hochmoorsphagnen, wo die Nahrstoffarmut am gro.tlten ist. Bei Sphagnen von nahrstoffreicheren Niederungsmooren, wie beim Sphagnum parvifolium u. a., verfielen die Hyalinzellen einem Degenerationsproze.tl, und ihre Poren kOnnten sich sogar nachtraglich wieder schlie.Ben und sogenannte "Pseudoporen" bilden. Es kame auch vor, daB die HyalinzeJlen zwar ihre GroBe beibehielten, wie bei Sphagnum teres, da.tl ihre Oberflache aber durch auffallend groBe Membranliicken verringert werde. Durch beide Umbildungen der Hyalinzellen verkleinere aich das Wasserspeicherungsvermogen, das bei Hochmoorsphagnen noch das 23-26fache des Eigengewichtes betragt, wahrend das Spagnum teres nur mehr die 16-17 fache Menge zu speichern vermag (PAUL [22]). BAUMANN und GULLY untersuchten ferner die Ansauerung von Salzlosungen ein-, zwei- und dreiwertiger Metalle durch verschiedene Sphagnen von Hoch-, Waldund Wiesenmooren. Dabei kamen sie zu folgenden, heute noch giiltigen Ergebnissen ~ Fiir die Starke der "Adsorption" und damit fiir den Grad der Ansauerung sind im wesentlichen drei Faktoren ausschlagge bend: 1. Die Herkunft der Pflanzen. Stammen sie von nahrstoffreicheren Standorten, wie sie Wiese und Wald darstellen, so ist die Adsorption insgesamt kleiner als bei Sphagnen extrem nahrstoffarmer Herkunft, also bei den Torfmoosen der ombrogenen Hochmoore. Mit Recht brachten BAUMANN und GULLY diese Tatsache mit dem Nahrstoffgehalt (Aschegehalt) der Sphagnen in Zusammenhang, der bei Flachmoor- und Waldsphagnen hOher ist als bei Hochmoorsphagnen. 2. Fiir den Umfang der Adsorption spielt ferner die Wertigkeit der Kationen in der Salzlosung eine Rolle. In aquinormalen SalzlOsungen mit verschiedenwertigen Kationen ist die Adsorption der einwertigen am geringsten, dann folgt die Adsorption der zweiwertigen und zuletzt die der dreiwertigen, die demnach die starkste Ansauerung hervorrufen. 3. Die Konzentration der Salzlosung wirkt sich ebenfalls aus. Aus einer 0,01 normalen Salzlosung wird beispielsweise nicht 1/10 dessen adsorbiert,~ was aus einer 1) Vgl. hierzu BAUMANN (1), Heft 4, S. 136.

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0,1 n Lo sung entnommen worden war; vielmehr ist die Adsorption in einer verdiinnteren Losung stets verhiiltnismaBig groBer. Die in Punkt 2 und 3 angefiihrten Tatsachen waren die Hauptargumente BAUMANN und GULLYS fUr die Kolloidnatur der Substanz, die nach ihrer Meinung die Ansauerung hervorrief. Zweifellos stimmen sie mit den kolloidchemischen Gesetzen iiberein, dagegen laBt sich die Erklarung mit der Hydrolyse, wie schon erwahnt, nicht vertreten. Bald nach der Veroffentlichung der BAUMANNschen Ergebnisse erhoben verschiedene Forscher kritischen Einspruch. Vor allem entbrannte ein erbitterter Kampf zwischen den Genannten und TACKE und SUCHTING (25). Letztere vertraten die Meinung, es befinde sich in den Zellwanden eine losliche Humussaure, die in das Wasser abgegeben werde und dort durch die Inversion von Rohrzucker und durch die W asserstoffent~icklung in Gegenwart von blankem Eisen nachgewiesen werden konne. Ferner behaupteten TACKE und SUCHTING, daB in lebenden Sphagnen keine Humussauren vorkamen, daB sie sich vielmehr erst bei der Humifizierung der Pflanzenteile bildeten. Als weitere Gegner BAUMANN und GULLYS traten KAPPEN (13) und ODEN (21) auf. Zwar zeigten sie, daB die von TACKE und SUCHTING angegebene Methode in diesem FaIle nicht zum Saurenachweis benutzt werden konne, stellten aber auch eine reine Kolloidwirkung in Abrede. SVEN ODEN versuchte an Hand von Leitfahigkeitsmessungen den Vorgang der Ansiiuerung in einer NeutralsalzlOsung zu klaren. Er kam dabei zu der Auffassung, daB die Ansauerung sowohl bei den lebenden Sphagnen als auch beim Moostorf durch adsorbierte organische Sauren des A uBenmediums, wie Ameisen-, Propion-, Zitronen-, Oxal-, Apfel-, Milch- und andere Sauren bewirkt werde. Er schreibt wortlich: "Es ist klar, daB sich diese Stoffe besonders stark an die kolloidalen Stoffe in den Sphagnen und im Moostorf adsorbieren miissen, und es diirfte auBerordentlich schwer sein, sie durch einfaches Auswaschen zu entfernen." Weiterhin erklart ODEN, daB die Sauren "im G leichgewicht gegen Wasser" abgegeben werden, "in hOherem MaBe jedoch bei Zugabe von Salzen, die die Stelle def Sauren einnehmen". Neben diesen IOslichen Sauren befande sich in den Sphagnen aber auch noch von diesen selbst gebildete unlosliche Pektinsaure. Dagegen ist, wie MEVIUS (17) betont, einzuwenden, daB die Torfmoose besonders arm an Pektinstoffen sind, was gegen die Hypothese spricht. A uBerdem miiBten sich diese loslichen organischen Sauren durch groBe Wassermengen auswaschen lassen, was aber nicht der Fall ist. GELLESPIE und WISE (8) vertraten eine ahnliche Ansicht wie ODEN, die nur weniger scharf umrissen war. Sie behaupteten, daB die Sphagnen aus der Umgebung Wasserstoffionen aufnahmen und wieder gegen Kationen irgendwelcher Salze austauschten. Auch der KAPPENsche Erklarungsversuch (13) lehnt sich stark an die ODENsche Deutung an. Danach sollten ebenfalls Sauren aus dem umgebendenMedium von dem Sphagnenkolloid adsorbiert werden, aber nicht organische, sondern anorganische Sauren, vor allem Schwefelsaure. 12*

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Neben diesen geringen Sauremengen sollte nach KAPPEN auch eine gewisse "Austa uschsa ure" vorhan den sein, die die Ansauerung einer N eutralsa lzlosun g verursa cht. Eine andere Auffassung vertrat PAUL (22): In den Zellwanden der Sphagn en soUten sich grol.le Mengen einer in Wasser unloslichen Saure befinde n, die zur Auflosung der im Staub geboten en Nahrsto ffe diene. Die Empfin dlichke it der Sphagn en gegeniiber alkalisc h reagier enden Stoffen beruhe aber nicht auf der Neutr alisat ion dieser Saure und damit auf einem Entzug der Ernahr ungsmo glichke it. "Da die Torfmoose viel Saure besitzen, empfin den sie deren Bindun g als einen grol.len Stoffentzug, den sie gleich wieder zu decken suchen , und gehen an der Unmoglichkeit, das vollig zu konnen , ... zugrun de." 1m Gegensatz zu PAUL kommt MEVIU'S (17) zu dem Resulta t, dal.l "die Empfin dlichkei t der Sphagn en gegen alkalisch reagierende Substa nzen einer spezifischen Wirkun g der Hydrox ylionen zuzusc hreiben " seL In besonderem Mal.le ist nach MEVIUS das Wachs tum pH-abhangig. Neben dem pH-Wert komme aber auch der Konz entrat ion der Salzlosung eine entscheidende Wirkun g zu. "Aus den Versuchen geht hervor, dal.l in alkalischen Losungen die Schadigung mit steige ndem pH und mit steige nder Konze ntratio n des NaHCO a zunimm t." Einen weiteren Beitrag zur Erforsc hung der Hochm ooransa uerung lieferte HEH (10) in seiner Arbeit iiber "Biogene Sphagn um-Sau ren". Wie der Titel schon vermut en lal.lt, sollten seine Unters uchung en vor allem klaren, ob sich die "Austa uschsa ure", die er im Sinne KAPPEN S annimm t, in der Zellwand oder im Proto plasm a befinde t. Er stellte Moorwasser mit kleinen Mengen Salzsaure bzw. Natriu mbikar bonat auf verschiedene PH-We rte ein und gab Hochmoor-Sphagnum im Gewich tsverha ltnis 10: 1 dazu. In dem pH-Bereich zwischen 3,8 und 7,8 zeigte sich eine ErhOhu ng bzw. Ernied rigung der pH-We rte, bei der jeweils eine Einstel lung auf pH 4,3 angestr ebt wurde, ein Wert, der auch am natiirli chen Stando rt geherrs cht hat. Aul.lerdem fand HEH bei jungen , lebend en Sphag nen ein grol.le res Einstellu ngsve rmog en als bei alten, teilwe ise abges torben en, doch sind die Unters chiede nur sehr gering. 1m Autokl aven unter 2 Atm. sterilisiert, ergaben junge und alte Sphagn en in ebenfalls sterilen I,osungen ein noch viel geringeres Einstel lungsvermogen, als die teilweise abgesto rbenen Pflanze n besessen haben. Ferner wurden Torfmoose untersu cht, die entwed er durch eine Sublim atlosun g oder durch eine Alkoho l-Ather extrakt ion abgeto tet worden waren. Auch diese zeigten ein bedeut end abgeschwachtes Ansauerungsvermogen gegenii ber den lebenden. Aus diesen Resulta ten zog HEH den Schlul.l: "Die Eigens chaften der Wandu ng werden also durch die lebend en Protop lasten stark gesteigert. Die Saueru ng und Alkalisierung des Substra ts ware demnac h in erster Linie eine Wirkun g des lebende n Protop lasten. Die von ihm erzeugte Membr an besitzt diese Fahigk eit aber auch in gewissem Mal.le." Die Veroffentlichung von ZIEG ENSPECK (28) stellt eine Bestati gung und Erweit erung def HEHschen Ergebnisse dar. Nach derselben Method e wurden eine Reihe von Sphagn en und andere Moose versaue rter Stando rte gepriift .

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Uber die Ergebnisse schreibt ZIEGENSPECK: "Wir sehen also, daB die toten Materialien, besonders die Membranen, eine gewisse Pufferwirkung entfalten konnen, wie das aile Autoren fanden, aber das AusmaB ist bei weitem nicht so groB, als es das lebende Protoplasma durch Lebensprozesse zu tun vermag." Die Einstellung auf ein bestimmtes Optimum sieht der Autor einerseits als forderlich fur die Behauptung eines Lebensraumes an, andererseits soll dadurch auch ein Kampfwert gegen das Vordringen fremder Arten entstehen. Daraus erkJare sich beim Ubergang vom Niedermoor zum Hochmoor eine bestimmte Sukzession von Moosen, durch die Schritt fur Schritt der Sauregrad erhOht werde. Durch HEH und ZIEGENSPECK wird also die dritte und letztmogliche Ansicht uber den Sitz des die Ansauerung hervorrufenden Stoffes ausgesprochen. Die Arbeit von WILLIAMS und THOMPSON (27) geht auf keine dieser Fragen ein, wie ihr auch jegliche Bezugnahme auf fruhere Veroffentlichungen fehlt. Sie bringt lediglich Ergebnisse uber die potentiometrischen Messungen neutraler Salzlosungen nach der Zugabe einer nicht naher bestimmten Sphagnum-Art. Die Ergebnisse weichen zwar in ihren absoluten Werten von denen BAUMANNS ab, zeigen aber die allgemeinen GesetzmaBigkeiten, wie sie schon von BAUMANN erkannt worden waren: Je groBer die Salzkonzentration, desto groBer die Ansauerung. Bei einer bestimmten Salzkonzentration wachst die H-Ionen-Zunahme mit steigenden Mengen an Sphagnen. Die zweiwertigen Kationen bewirken eine starkere H+ -Konzentration als die einwertigen. Dagegen ist bei zweiwertigen Anionen die H+ - KonzentrationserhOhung viel geringer. Die Deutung fur den Vorgang der Ansauerung geben WILLIAMS und THOMPSON wie folgt: "Aus der Tatsache, daB die Zugabe von Sphagnen zu destilliertem Wasser keinen Effekt (auf den pH-Wert) hervorruft, kann geschlossen werden, daB die Hydrogenund Hydroxylionen (des Wassers) in gleichem AusmaB adsorbiert werden ... Das Phiinomen wird dadurch erklart, daB es durch die Adsorption von Metallionen und Hydroxylionen verursacht wird, die in der Losung zugegen sind. Damit kann von der Adsorption gesagt werden, daB sie ihrer Natur nach molekular ist." Entsprechend dieser Auffassung verwendeten WILLIAMS und THOMPSON bei ihren Konzentrationsversuchen a q uim olare und nicht aq uinormale Losungen. Ihre Anschauung stimmt also weitgehend uberein mit der BAUMANNS und GULLYS, da ebenfalls die H +-Ionen durch die Hydrolyse des Wassers erzeugt werden sollen: Aus einer KCl-Losung sollen K +- und OH --Ionen adsorbiert werden, wahrend H+ - und CL--Ionen zuruckblieben. Die H+- und OH--Ionen konnen also nuT. aus dem Wasser stammen.

Entgegen dieser Auffassung einer molaren Adsorption wird in dieser Arbeit gezeigt werden, daB das Ansauerungsvermogen der Sphagnen durch Austauschvorgange hervorgerufen wird, wofiir sich bereits ODEN und KAPPEN wenigstens teilweise ausgesprochen hatten. Dariiber hinaus ist es heute moglich, auf Grund der Erfahrungen der physikalischen Chemie tiefer in das Wesen dieser Austauschvorgange

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einzudringen. 1m VerI auf dieser Arbeit solI bewiesen werden, daB es sich bei der Ansauerung der Hochmoore urn einen echten lonenaustausch handelt, der zwischen einer heute noch beinahe unbekannten Substanz in den lebenden und abgestorbenen Sphagnen und dem umgebenden Medium vor sich geht.

B. Material und Methodik a) Die Herkunft der verwendeten Sphagnen Fiir die Mehrzahl der Experimente wurde das griine Sphagnum cuspidatum verwendet. Es stammt von einem kleinen Hochmoor, dem Rest einer abgelegenen Bucht des nach der Eiszeit entstandenen Seeoner Ursees, nordwestlich vom Chiemsee. Von anderen Standorten der gleichen Gegend stammten die SpagnumArten Sph. acutifolium, Girgensohnii und palustre, welche zum Vergleich mit Sph. cuspidatum herangezogen wurden. Urn auch Vergleichsmaterial aus ganz anderen Klimagebieten heranziehen zu konnen, wurden von einem von uns (G.) in Schottland und in Venezuela Sphagnum-Art en gesammelt und zum Teil am Standort selbst, zum Teil noch im frisch en Zustand nach einigen Wochen im Laboratorium untersucht. Zum Vergleich mit den Sphagnen wurden auch an Deucobryum-Arten und an Racomitrium hypnoides Messungen vorgenommen. Das Trocknen des gesammelten Materials geschah auf Filtrierpapier an der Luft. Hierbei sowie bei der Aufbewahrung in Stoffsackchen wurde die Beriihrung mit irgendwelchen Elektrolyten streng vermieden. b) Die Bestimmungen des Sauregrads Der Sauregrad wurde zum groBten Teil potentiometrisch mit einer Chinhydronelektrode gemessen. An eigenen Erfahrungen mochten wir noch hinzufiigen, daB bei den ungepufferten Neutralsalzlosungen, wie wir sie verwendeten, sowie bei destilliertem Wasser, selbst bei MERcKschem Chinhydron eine deutliche pH-Senkung eingetreten ist, wenn es im UberschuB zugegeben wurde. Nach dem AusgieBen der 1. MeBlosung blieb stets so viel Chinhydron an der Glaswand zuriick, daB ohne erneute Zugabe eine 2. Messung durchgefiihrt werden konnte. Ratte die Losung iiber pH 4,8, so lieB sich bei der 2. Messung meistens ein Anstieg feststellen, da offenbar selbst MERcKsche Praparate Spuren von sauren Verunreinigungen enthalten, die in vollig ungepufferten Losungen einen EinfluB ausiiben. Bei des tillierte m Wasser wurde stets pH 5,5 festgestellt. Trotz einer zweiten Destillation iiber Glas blieb dieser Wert gleich. Darauf wurde das Wasser 10 Minuten

~-~~-------

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ausgekocht. In einem ganz gefullten, zugedeckten Zylinder blieb es bis zur Abkiihlung auf Zimmertemperatur stehen. Die pH-Messung ergab diesmal 6,35. Also war die geloste Kohlensaure zum Teil die Ursache flir den niedrigen Wert gewesen. DaB aber nach dem Auskochen der pH 7 nicht erreicht wurde, ist ein MeBfehler, iiber den KORDATZKI schreibt (S. 110, Anmerkung): "Fiir den extremen Fall des vollig ungepufferten, allerreinsten Wassers bat man errecbnet, daB der pH-Wert durch Chinhydron auf 6,0 heragbesetzt wird." AuBerordentlich stark war in den Versuchen der Nachwirkungseffekt. Hatte man z. B. mit Standardazetat den Apparat nachgepruft, so muBte das ElektrodengefaB sehr lange mit immer wieder neuer MeBlOsung gespult werden, bis die letzten Nachwirkungen des Puffers beseitigt waren. Bei Vermeidung dieser Fehlerquellen war die Potentialeinstellung stets sehr rasch und gleichbleibend. Trotzdem wurden aber aUe Versuche zweimal an jeweils verschiedenen Tagen gemessen. Urn die Einwirkung des Glases auf die Versuchsliisungen auszuschalten, waren samtliche Flaschen und Zylinder mit saurefreiem Paraffin ausgegossen worden. Urn den mittleren Fehler bei der Messung ein und derselben Losung zu berechnen, wurde 0,01 normale Kaliumchloridliisung in die verschiedenen GlasgefaBe gegeben und nach kraftigem Schiitteln und langerem Stehen 20mal hintereinander gemessen. Dabei ergab sich als mittlerer Fehler: ± 0,014 pH. Die pH-Bestimmung in alkalischen Liisungen In gepufferten Liisungen werden oberhalb pH 8 die Messungen durch die Saurenatur und die leichte Oxydierbarkeit des Hydrochinons ungenau. In ungepufferten Liisungen beginnt sich dieser EinfluB schon urn den Neutralpunkt bemerkbar zu machen. Fur die potentiometrische Titration wurde darum die Antimonelektrode velwendet. Ais Anleitung diente wieder KORDATZKl (15) und eine Beschreibung, die dem Instrument beilag. Die Eichkurve, die wegen des sich standig verandernden Potentials vor jeder Messung aufgesteUt werden muB, wurde mit Hilfe von Standardazetat (pH 4,62) und einem Eichpuffer (pH 7,00) ermittelt. . Auch bei den Messungen mit der Antimonelektrode wurde jede Messung zweimal hintereinander ausgefuhrt, da der Nachwirkungseffekt groB war. Bei griiBerer Differenz der beiden Werte wurden die Messungen bis zur Konstanz wiederholt.

c) Analysen Fiir die titrimetrischen und gravimetrischen Analysen wurden die Vorschriften von Lux (12) verwendet. Bei ersteren betrug der mittlere Fehler ± 0,01 ccm In HCI bzw. NaOH.

d) Vorbehandlung der Sphagnen In der Regel wurde das lufttrockene Sphagnum auf einer Torsionswaage eingewogen und in einer Petrischale mit doppelt destilliertem Wasser versetzt. N ach etwa %stiindigem Stehen wurde dieses abgegossen und frisches Wasser hinzugegeben. Nach der gleichen Zeit wurde dieses wieder abgegossen, das Sphagnum

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mit einem Glasstab ausgedriickt und in die vorbereitete Versuchsflasche mit der Salzlosung gegeben. Urn dabei eintretende Verluste an Torfmoos auszugleichen, waren stets 0,05 g mehr als angegeben eingewogen worden. Hiervon abweichende Vorbehandlungen sind im Text stets vermerkt.

C. U ntersuchungsergebnisse 1. Grundversuch mit Sphagnum in Kaliumchlorid-Losung Als erstes wurde untersucht, wie sich die Torfmoose einerseits destilliertem Wasser, andererseits einer neutralen Salzltisung gegeniiber verhalten. Tabelle 1

I

pH des dest. H 2 O

Verhaltnis von g Sphagn. : dest. H 2 O

vor dem Versuch

1: 2000 ... ' ................. 1: 200 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1: 40 ... .................. . dest. H 2 O erneuert . . . . . . . . . . dest. H 2 O erneuert . . . . . . . . . .

5,50 5,50 5,50 5,50 5,50

I

nach dem Versuch 5,52 5,55 4,50 5,30 5,55

I

Tabelle 2 Verhiiltnis von g Sphagn. : ccm 0,01 n Kaliumchlorid-Losung 1: 2000 ..................... 1: 200 ...................... 1: 100 ..... ................

pH der 0,01 n KCI-Losung vor dem Versuch

I

6,00 6,00 6,00

nach dem I Versuch 4,40 4,06 4,06 I

Die Zahlen bestatigen die Ergebnisse der friiheren Arbeiten. Wir erkennen daraus, daB gut ausgewaschenes Sphagnum keine Ansauerung in destilliertem Wasser zeigt. Dagegen wird in einer relativ verdiinnten Salzltisung der pH-Wert urn 1,5-2 gesenkt.

2. Die Ansauerungs- oder Austauschgeschwindigkeit des Sphagnums Als zweiter Punkt sei die Ansauerungsgeschwindigkeit behandelt. Der Untersuchung dieser Frage diente folgende Anordnung: Eine bestimmte Menge Sphagnum wurde vor dem Versuch 15 Minuten lang zum Quellen in destilliertes Wasser gelegt, dann ausgedriickt und in 500 ccm Kaliumchloridltisung gegeben. In bestimmten Abstanden sind dann jeweils 15 ccm in trockene Erlenmeyerktilbchen gegossen worden. Diese Menge geniigte fiir zwei pH -Messungen.

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Zwischen den einzelnen Probeentnahmen erfolgte ein kritftiges Umschiitteln, urn Losung und Sphagnum griindlich durchzumischen. Wir erschen aus Abb. 1, daB die Einstellung des PH-Wertes schr schnell erfolgt, jedoch wird der Endwert urn so rascher erreicht, je mehr Material sich in der Losung befindet. Dies deutet darauf hin, daB die Diffusionsgeschwindigkeit als begrenzender Faktor wirkt. Je groBer die Oberflache, mit der das Torfmoos mit der Losung in Beriihrung steht, desto rascher stellt sich der pH-Wert ein. Da fiir diese Reaktion ph 4,3

A

4.4 45 4,6 4,7

8

5,2

5,3 5.4

5,5 5,6

5.7 5,8

5,91~~"HHrrrr~~~~-+~-+-+-+-+-+-+-+-+-+~~~~~~,,01 234567 8910 12 14 16 18 20 30 40

~

A bb. 1.

50 60 70 80 90 100110 120 130140150160170180

M~~

Ansauerungsgeschwindigkeit von Sphagnum cuspidatum in 0,01 n KC!. A 2,5 g Sphagnum; B 0,25 g Sphagnum in 500 cern Losung.

nun nicht nur die auBere, sondern auch die innere Oberflache der gekammerten Hyalinzellen maBgebend ist, wird der Endwert erst nach einer gewissen Zeit erreicht. DaB dieser bei der zehnfach geringeren Sphagnum- Menge urn etwa 0,3 pH hoher liegt, wird spater (S. 205) erklart werden. Die Geschwindigkeit und das AusmaB der Ansauerung andern sich nicht, wenn man Sphagnum lufttrocken (also ohne vorherige Aufquellung in Aqua dest.) in die Losung bringt oder wenn man das Torfmoos vor dem Versuch 16 Stunden bei 80-90° trocknet. Auch der Vorgang der Ansauerung selbst ist vollig temperaturunabhangig, denn, wie Abb. 2 zeigt, veriauft er bei tiefen und hohen

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ph 4,5

4,6 4,7 4,8 4,9

5.0 5,1 5,2 5,3

5,4 5,5 5,6 5,7 5,8 5,9

+-t-++-+-1H-I-t-++--t-I--+-+---t-!4--+-+-Ic-t-+-+-H---t--+--t-t--+-+-+-H-01 234 5678910 12 14 16 18 20 30 40 50 60 70 CO 90 100 110120130140 150160 170 18G ~

Minuten

Abb. 2. Ansauerungsgeschwindigkeit von Sphagnum cuspidatum bei verschiedenen Temperaturen. Je zwei Kurven fiir 50 und 70 0 C (0,25 g Moos in 500 cern 0,01 n KCl).

:,:t 4,61 4.7 4,8 4,9

5,0 5,1 5,2 5,3 5,4

5,5 5,6 5,7

5,8 5,9++-++-++-+++++-+-+-+++4--+-+-+-:-:-+1-+1-+1-+1--+1--+1~1'---11c....·-11--1--11-11 23456 78910 12 14 16 18 22-~0 40 50 60 70 80 90 100110 120 130 140 150 160 170 130 5cm Minuten

Abb. 3. Ansauerungsgeschwindigkeit von Sphagnum acutifolium von einem trockenen Waldstandort (0,25 g Moos in 500 ccm 0,1 n KCl).

Temperaturen gleich. Hinsichtlich zeigen Sphagnen, die nach Art und erkenn baren U nterschiede, wie dies z. auf Sphagnum acutifolinm von einem

der Ansauerungsgeschwindigkeit Standort verschieden sind, keine B. Abb. 3 erkennen UiBt, die sich trockenen Waldstandort bezieht.

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Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

3. Die Wirkung von verdiinnten Laugen und Sliuren auf den Wasserstoffionen-Austauch der Sphagnen a) Behandlung mit verdiinnter Natronlauge In diesem Kapitel sei die Frage beantwortet. inwieweit Sphagnen nach einer Einwirkung von OH-Ionen eine NeutralsalzlOsung anzusauern vermogen. Hierzu wurde lufttrockenes Sphagnum cuspidatum 30 Minuten lang in destilliertes Wasser gelegt, urn es wieder zum Aufquellen zu bringen. Nach leichtem Ausdriicken des Wassers kam es in eine 10% Natronlauge. Nach dem AbgieBen der Lauge folgte bis zu ihrer volligen Entfernung ein kraftiges Nachspiilen mit mehreren Litern destiUierten Wassers, bis die Messung mit dem Lyographen ergab, daB das Waschwasser frei von Elektrolyten war. - Daraufhin kam das Sphagnum an die Luft zum Trocknen. Von diesem Material dienten jeweils 0,25 g fUr die folgenden Ansauerungsversuche mit 0,1 und 0,01 normaler KaliumchloridlOsung. Die ErgebJlisse sind in Tabelle 3 zusammengesteIlt: Tabelle 3 I

II

III

IV

V

Normalitiit der KCl-Losung

Volumen in ccm

PH-Wert vor dem Versuch

Konst. pH-Wert am Ende des Versuchs

Vergleich mit gewohnlichem

0,01 ......... 0,D1 ......... 0,01 ......... 0,01 ......... 0,1 .......... 0,1 .......... 0,1 .......... Blindprobe mit dest. Wasser

75 75 100 100 75 100 100

5,40 5,40 5,40 5,40 5,85 5,85 5,85

5,70 5,77 5,64 5,63 5,28 5,20 5,15

4,06 4,06 4,10 4,10 3,96 4,00 4,00

100

I

5,50

I

6,12

Sphagnum

-

Aus den PH-Werten in den Spalten IV und V geht hervor, daB durch verdiinnte Natronlauge das Ansauerungsvermogen in 0,01 n KCI-Losung vollig verloren geht und in 0,1 n Losung nur sehr schwach vorhanden ist. b) Behandlung (des Sphagnums) mit verdiinnter Salzsaure Die nachste Untersuchung diente der Beantwortung der Frage, wieweit die Wirkung der Natronlauge durch verdiinnte Salzsaure wieder aufgehoben werden kann. Hierzu ist ein Teil des laugenbehandelten Materials 12 Stunden in halbkonzentrierte Salzsaure gelegt und anschlieBend sorgfaltig aIle iiberschiissige Saure mit destilliertem Wasser ausgewaschen worden (Priifung wie im vorigen Versuch I).

IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

190

Von dem lufttrockenen Material wurden wieder jeweils 0,25 g verwendet: Normalitat der KCI-Losung

I

Tabelle 4 Volumen in cern

Vergleich mit PH- Wert vor I Konst. pH-Wert I am Ende gewohnlichem dem Versuch des Versuchs Sphagnum

0,Q1 ......... 0,Q1 ......... 0,1 ..........

100 75 75

5,40 5,40 5,85

4,00 3,95 3,68

4,10 4,06 3,96

Blindprobe mit dest. H 2 O ..

100

5,50

5,40

-

I

Spalten IV und V zeigen, daB das saurebehandelte Sphagnum zu einer besonders stark en Ansauerung befahigt ist, die sogar die des natiirlichen Sphagnums iibertrifft. In der Rubrik V sind wieder vergleichsweise diesel ben Werte wie an der entsprechenden Stelle der vorhergehenden Tabelle eingetragen. Durch die Salzsaure wird das Sphagnum also in seinen urspriinglichen H +-Ionen austauschenden Zustand zuriickgefiihrt. Dieser Vorgang wird im weiteren Verlauf der Arbeit als "Regeneration" bezeichnet. Diese gibt uns die Moglichkeit zu quantitativen Untersuchungen,. denn bei nicht regeneriertem Sphagnum-Material kann man nie sagen, welche Menge an H-Ionen bereits abgegeben worden sind. Nur regeneriertes Sphagnum ist im Besitz seiner vollen H-Ionenkapazitat.

4. Quantitative Regenerationsversuche In diesem Abschnitt soll die Frage behandelt werden, ob der Austausch von Wasserstoffionen gegcn Metallionen im aquivalenten Verhaltnis vor sich geht. Erst wenn sich das bestatigt hat, diirfen wir von "Austausch" im eigentlichen Sinne sprechen. Vers uchsanord n ung: 26 g Sphagnum cuspidatum wurdcn mit vcrdiinntcr Salzsaure regeneriert, saurefrei gewaschen und wieder getrocknct. Dann wurden die Torfmoosc mit 1 Liter 10 % Bariumchloridlosung versetzt. Nach 24 Stunden zeigte die Losung pH 2,53. Sie wurde abgegossen und durch frische BaCl2 -Losung ersetzt, deren pH sich wiederum auf 2,60 senkte. Es waren also beide Male Bariumionen yom Sphagnum aufgenommen und Wasscrstoffionen abgegeben worden. Dann ist die ii berschiissigc BaCI2 - Losung abgegossen und mit etwa 12 Liter ausgekochtem destillierten Wasser ausgewaschen worden.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

191

(Ausgekoeht deshalb, da sonst dureh die H +-Ionen der Kohlensaure bereits ein Austauseh mit den aufgenommenen Bariumionen hatte eintreten konnen.) Am Ende des Auswasehens war besonders wiehtig zu wissen, ob im letzten Spiilwasser nieht doeh noeh Spuren von Barium enthalten waren. Es wurden darurn die letzten beiden Liter Spiilwasser auf 150 cern eingedampft und in der Hitze mit Sehwefelsaure versetzt. Die Losung blieb vollig klar, war also frei vQn Barium. Dureh die bisherige Behandlung sollte die austauschende Substanz im Sphagnum von der reinen ,,\Vasserstofform" in die reine "Bariumform" iibergefiihrt worden sein. 1m weiteren Verlauf des Versuehs sollte nun festgestellt werden: 1. Befand sieh naeh dem langen Auswasehen mit destilliertem Wasser iiberhaupt I10eh Barium im Sphagnum? Wenn das der Fall war, dann miiBte es dureh Sauren wieder in Losung gehen. 2. Wieviel Barium wird von dem Sphagnum abgegeben und wieviel Wasserstoff dabei aufgenommen? Damit diese Fragen beantwortet werden konnten, muBte zunaehst eine genau abgemessene Menge einer 1 n Salzsaure 12 Stunden lang auf das lufttroekene Sphagnum zur Einwirkung gebraeht werden. Naeh dem Abfiltrieren erfolgte in einem Teil des Filtrats gravimetriseh die Feststellung des Bariumgehalts. Der andere Teil wurde mit 1 n Natronlauge titriert. Aus dem Ergebnis lieB sieh bereehnen, urn wieviel Aquivalente Wasserstoff die Losung abgenommen hatte. Beide Resultate vergliehen, ergeben das Verhaltnis, in dem H + gegen Ba++ ausgetauseht worden waren. Naeh einer Vorprobe, bei der sieh die versehiedenen Fehlermogliehkeiten zeigten, wurde in zwei getrennten Versuehsreihen das Experiment durehgefiihrt. 1m naehfolgenden werden die einzelnen Analysendaten angegeben: 1. Versueh: Ti tra ti 0 ns erge bniss e: Je 50,00 cern der abfiltrierten Salzsaure verbrauehten in drei Parallel pro ben: 49,44 49,58 49,44 cern In NaOH.

Mittelwert:

49,486 eem In NaOH.

Die Differenz bis 50,00 betragt:

0,514 cern.

192

IRMGARD ANSCHUTZ

und

FRITZ GESSNER

Umgerechnet auf die Gesamtmenge der angewendeten Salzsaure (= 555,825 ccm) ist die Differenz 0,514 . 11,116

=

5,736 ccm In HCI,

das entspricht 0,005736 Aquivalenten H +-lonen = 5,736 Milliiiquivalente, die vom Sphagnum eingetauscht worden sind. Die gravimetrische Bariumanalyse mit jeweils 125 ccm Losung ergab: Probe A: 160,6 mg Probe b: 160,5 mg BaS04 •

Mittelwert:

160,55 mg BaS04.

Umgerechnet auf die Gesamtmenge betrug der Gehalt an BaS0 2 : 642,20 mg, das sind

378,06 mg reines Barium. Bei einem Aquivalentgewicht von 68,68 entspricht das

5,504 Milliaquivalenten Ba. Ergebnis: Austausch an Ba++ Eintausch an H + in M.A. in M.A. 5,504 5,736 1m 2. Versuch wurde bei gleicher Arbeitsweise gefunden: Austausch an Ba++ Eintausch an H + in M.A. in M.A. 6,784 7,850 F ehl er bere ch n ung: Blindprobe mit BaCI2 : Versuch I

Versuch II

Einwaage: 95,3 mg Ba Auswaage: 93,5 mg Ba Differenz: ~1,8 mg Ba = 1,88%

Einwaage: 95,0 mg Ba Auswaage: 93,3 mg Ba Differenz: 1,7 mg Ba = 1,78%

Nimmt man an, daB im Durchschnitt 1,83% Barium zu wenig gefunden worden sind, so betriigt das im 1. Versuch bei 378 mg

6,92 mg Ba oder 0,10 M.A. Ba. 1m 2. Versuch wurden demnach bei 466 mg 8,53 mg Barium oder 0,12 M.A. Barium zu wenig gefunden. Eine weitere Fehlerquelle entstand beim Zusammenbringen von 1 n Salzsaure mit dem durch Barium aufgeladenen Sphagnum. Die Ver-

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

193

mutung, daB auch bei saureregeneriertern Sphagnum ein kleiner Teil der Salzsaure durch anderweitige Vorgange neutralisiert wird, hat sich in folgenden Blindversuchen bestatigt: 7,5 g regeneriertes und wieder ausgewaschenes Sphagnum wurden mit 153,75 cern In HCI angesetzt. Nach dern Filtrieren durch ein trockenes Filter verbrauchten 51,25 cern der Saure in Probe 1 Probe 2

50,92 cern In NaOH 50,96 cern In NaOH

Mittel:

50,94 cern In NaOH.

Von dern Torfrnoos waren also 0,31 cern In NaOH neutralisiert worden. 7,5 g Sphagnum neutralisieren 0,31 cern In NaOH; 26 g Sphagnum neutralisieren also 1,085 cern In NaOH. 1m 1. Versueh sind dernnach statt 5,736 nur 4,651 cern In HCI flir den Bariurnaustausch verbraucht worden, was 4,651 M.A. H+ entspricht. 1m 2. Versuch ergeben sich statt 7,85 6,765 M.l\. WasserstofflOnen. Bei der Zusarnmenstellung der korrigierten Resultate erhalt man: Eintausch an H + Austausch an Ba++ in M.A./100 g in M.A./100 g 4,651 1. Versuch: 5,604 6,765. 2. Versuch: 6,904 Es zeigt sich, daB die in einern Versuch flir Barium und Wasserstoff gefundenen Werte annahernd gleich sind. Vor allern irn 2. Versuch ist das Verhaltnis, in dern die Aquivalente ausgetauscht wurden, fast genau 1: 1. Das besagt, daB es sich bei der Regeneration des Sphagnums wirklich urn einen lonenaustausch irn aquivalenten Verhaltnis handelt, wobei flir ein ausgetauschtes Ba++-Ion zwei H+-Ionen aufgenornrnen werden. 5. Die Abhangigkeit des lonenaustausches von natiirlichen und kiinstlichen Bedingungen Die vorhergehenden Versuche haben ergeben: 1. Wasserstoffionen werden gegen Metallionen ausgetauscht. 2. Der Austausch erfolgt etwa irn aquivalenten Verhaltnis~

194

IRMGARD ANSCHUTZ

und

FRITZ GESSNER

Nach der Feststellung dieser allgemeinen GesetzmaBigkeit ergab sich die Frage, von welchen Wachstums- und Umweltseinfliissen, ferner von welchen Laboratoriumsbedingungen die GroBe des Ionenaustausches bei Sphagnen abhangt. Fiir die meisten Versuche ist wieder Sphagnum cuspidatum verwendet worden. a) Unterschiede im Ionenaustausch zwischen ganzen Pflanzchen und pulverisiertem Material Versuchsanordnung: Sphagnum cuspidatum wurde mit destilliertem Wasser von allen auBeren Verunreinigungen befreit und wieder getrocknet. Dann wurden jeweils 0,25 g in einer Reibschale staubfein zerrieben und mit 0,01 n Kaliumchloridlosung angesetzt (Proben I und II). Zum Vergleich dienten zwei weitere Pro ben (III und IV) vom sel ben Material, jedoch unzerkleinert. Ergebnis: ~--------------------------------~

Anfangswert der 0,01 n KCI-Liisung: pH 6,20

Zerkleinert: Probe I .................. Probe II .................

5,20 5,28

U nzerkleinert: Probe III ............... . Probe IV ................ .

5.17 5,22

pH

Der Versuch zeigt also, daB das Sphagnum im pulverisierten Zustand ebenso viele Ionen austauscht wie im gewohnlichen. Es besteht vielleicht die Tendenz einer etwas groBeren Ansauerung bei unzerkleinertem Material. b) Unterschiede im Ansauerungsvermogen zwischen einzelnen Pflanzenteilen Es ist denkbar, daB die verschiedenen Pflanzenteile auch eine verschiedene Anzahl austauschbarer Ionen besitzen. U nterschiede miiBten sich dann vor allem erg eben : 1. zwischen alteren und jiingeren, noch im Wachstum befindlichen Teilen; 2. 'zwischen lebenden und abgestorbenen Pflanzen. Vers uchsan ord n ung: Bei den Experimenten wurden einerseits nur Kopfchen, andererseits fiie iibriggel:>liebenen Pflanzchen bis zu ihrem Ubergang in den braunen

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

195

Teil verwendet. Das Versuchsmaterial stammte bei den Versuchen A und B jeweils von den gleichen Pflanzen. Die Versuche A wurden mit 0,25 g Sphagnum cuspidatum und 200 cern 0,01 n KCI-Losuug durchgefiihrt, die Versuche B mit 0,25 g Sphagnum cuspidatum und 300 cern 0,01 n KCI-Losung. Ergebnis: Tabelle

l)

Anfangswert der KCl-Losung: pH 6,20

A: Kopfchen ................ . Gekopfte, griine Pflanzen ..

pH 4,34 4,30

B: Kopfchen ................ . Gekopfte, griine Pflanzen .,

4,51 4,58

Die gemessenen Werte differieren nur urn einige Hundertstel pH, es lassen sich also keine wesentlichen Unterschiede innerhalb einer lebenden Pflanze feststellen. Die nachste Untersuchung bezog sich auf lebende, griine Pflanzenteile und braune, abgestorbene. Hierzu dienten wieder jeweils 0,25 g Sphagnum cuspidatum und 200 cern 0,01 n KCI-Losung. Ais Mittelwerte ergaben sich: Anfangswert der KCI-Losung: Griine Pflanzenteile: Braune Pflanzenteile:

pH 6,20 pH 4,95 pH 4,86.

Die Unterschiede sind nur sehr gering, immerhin besitzt das abgestor bene Sphagnum ein etwas starkeres Ansauerungsvermogen, was in der Diskussion erortert wird. c) Das Ansauerungsvermogen nach Abtotung mit Sublimatlosung Versuchsanordn ung: Je 0,25 g Sphagnum cuspidatum wurden in feuchtem Zustand in verdiinnte Sublimatiosung gelegt. Nach einer hal ben Stunde wurde diese abgegossen und das Sphagnum dreimal mit destilliertem Wasser nachgespiilt. Daraufhin kam das ausgedriickte Torfmoos in 0,01 n Kaliumchloridlosung. So befand sich in der Versuchslosung selbst kein Sublimat mehr und konnte somit auch nicht die nachfolgende Messung beeinflussen. Flora, Bd. 141

13

196

lRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

Ergebnis: Tabelle (; Ausgangswert der 0,01 n KCl-Losung: pH 6,00 Abgetotetes Material Probe A pH 500 cern 50 cern

I

4,72 4,23

I

Lebendes Material

Probe B

Probe A

Probe B

pH

pH

pH

4,72 4,27

4,49 4,10

4,55 4,06

I

Besonders in 500 ccm machen sich deutliche pH-Unterschiede bemerkbar, da das mit Sublimat behandelte Material etwas weniger anzusauern vermag als das lebende. Auch von HEH und ZIEGENSPECK wird diese Tatsache beschrieben. Beide ziehen daraus den SchluB, daB die Ansauerung und somit der Ionenaustausch hauptsachlich durch das Pr ot 0 pI as rna des lebenden Sphagnums bedingt werde. Betrachtet man aber noch einmal Tabelle 4, so erkennt man, daB es sich bei dem saureregenerierten Material a uc h urn abgetotete Moose handelte, die aber starker als lebende anzusauern vermochten. Dieser vermeintliche Widerspruch laBt sich wohl durch Ionenaustauschvorgange erklaren: HgCl 2 ist in waBriger Losung, wenn auch sehr gering, dennoch etwas ionisiert, wodurch teilweise ein Austausch eintreten kann. Fiir den hernach vollzogenen Austausch von K + gegen H + standen darum nicht mehr aIle Wasserstoffionen zur Verfiigung, wodurch die PH-Werte etwas hoher als bei normalem Torfmoos ausfielen. d) Die Ansauerung nachmehrjahrigem trockenen Aufbewahren Die nachsten Versuche sollten zeigen, ob mehrjahrige lufttrockene Aufbewahrung des Sphagnums die Ausauerungsfahigkeit vermindern kann. Ais Material diente wiederum Sphagnum cuspidatum, das innerhalb von 2 Jahren in einem Abstand von mehreren Monaten von der gleichen Stelle eingebracht und lufttrocken in Stoffsackchen aufbewahrt worden war. Fiir die Versuche wurden jeweils 0,25 g Sphagnum in 500 bzw. 50 ccm 0,1 n KCI~Losung verwendet.

------

Der Ionenaustausch bei Torfrnoosen (Sphagnum)

197

Ergebnis: Tabelle 7 Ausgangswert der 0,1 n KCI-Losung: pH 6,00 Dauer der trockenen Aufbewahrung

12 Monat ............. 10 Monate ............ ............ 14,5 " ............ 21 "

I

pH-Wert in 500 cern

I

Probe A

I

4,41 4,46 4,49 4,52

I

pH-Wert in 50 cern

I Probe B I Probe A 4,42 4,45 4,53 4,53

3,98 3,99 3,92 4,02

I

Probe B 3,91 3,98 4,02 4,00

Aus dieser Tabelle laBt sich erkennen, daB in 500 cern Salzlosung im Laufe von etwa 2 Jahren ein geringer Abfall des Ansauerungsvermogens erfolgt, wahrend in 50 cern Losung zwar ebenfalls die Tendenz zurn Abfall spiirbar ist, jedoch die einzelnen Differenzen kaum iiber die Fehlergrenze hinausgehen. Dieser Versuch beweist also wieder, wie sehr es auf die Wahl des Verhaltnisses von Sphagnum zu Losung ankommt, urn die feineren U nterschiede zu erkennen. Aus alten Herbarien wurde uns von Professor PAUL Sphagnum cuspidatum zur Verfiigung gestellt, das aus den Jahren 1948, 1884 und 1878 stammte. Auch dieses diente Ansauerungsversuchen. J m Gegensatz zum vorigen Versuch wurden dieses Mal die Sphagnen mit 0,01 n KCl-Losung versetzt. Es war also von vornherein zu erwarten, daB der pH-Wert etwas hoher ausfallen werde. AuBerdem war die Moglichkeit zu bedenken, daB das Sphagnum beim Sammeln und Trocknen mit irgendwelchen Elektrolyten in Beriihrung gekommen war, vor allem mit Salzen, mit denen bereits ein teilweiser Austausch eingetreten sein konnte. Die Ergebnisse konnen also nicht mit voller Sicherheit gewertet werden. Immerhin zeigt sich ein ganz erheblicher pH-Anstieg, der bei weitem nicht allein auf die geringere Konzentration der SalzlOsung zuriickgefiihrt werden kann. Tabelle 8 Ausgangswert der 0,01 n KCI-Losung: pH 6,00 Dauer der trockenen Aufbewahrung

pH

3 Jahre ......................... . 67" ......................... . 73" ......................... .

5,10 5,47 5,90

Daraus darf unter obigem Vorbehalt angenommen werden, daB Sphagnum, das in getrocknetem Zustand aufbewahrt wird, innerhalb 13*

IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

198

mehrerer Jahrzehnte die Fahigkeit zum lonenaustausch mehr und mehr verliert, bis es sie wohl ganz einbiiBt. c) Die Wirkung hoher Temperaturen auf Sphagnen Neben dem EinfluB einer langjahrigen Trockenheit auf die An· sauerung sollten auch kurzfristige Temperaturerhohungen untersucht werden. Dazu ist Sphagnum cuspidatum 8 bzw. 16 Stun den lang auf 80 0 C erwarmt und anschlieBend mit 0,1 n KCl angesetzt worden. Ein Vergleich mit gewohnlichem Material zeigte folgendes Ergebnis: Anfangswert der 0,1 n KCl-Losung: pH 6,00

I

Dauer der Erwarrnung

o Stunden 8 16

"

"

........... ••

0

•••••







...........

pH-Wert in 500 cern

pH-Wert in 50 cern

4,42 4,48 4,49

3,94 3,97 3,96

Die U nterschiede in 500 ccm Losung betragen nur 0,07-0,09 PH, Es macht sich also eine ganz schwache Tendenz der Ansauerungsverminderung bei dem erwarmten Material bemerkbar. Ebenso waren bei allen Versuchen im Laboratorium keinerlei jahreszeitlich bedingte U nterschiede im Afisauerungsvermogen zu erkennen. 1m freien Hochmoor dagegen waren an ein und derselben Stelle die gemessenen PH-Werte nicht immer gleich gewesen, sondern hatten urn ganz erhebliche Betrage geschwankt, was iiberhaupt erst die Anregung gegeben hatte, die Moose nach einem jahreszeitlich-bedingten Rhythmus im Ansauerungsgrad zu priifen. Die Ursache fiir die verschiedenen Sauregrade eines Hochmoores liegt aber wohl nicht bei den Sphagnen,sondern an der Niederschlagsmenge. Fiir die Beobachtungen war es giinstig, daB es im Herbst 1951 monatelang nicht regnete. Das Hochmoor trocknete dadurch sogar in den obersten Schichten der Schlenken aus. Die PH-Werte waren sehr niedrig, sie betrugen durchschnittlich in den Schlenken 3,8 und in den Biilten 3,7. Auch PAUL bestatigte das Vorkommen von solch niedrigem PH-Wert nach langeren Trockenperioden. 1m Laboratorium dagegen zeigten diese Sphagncn keine erhohte Austauschfahigkeit. Der Herbst 1952 zeichnete sich dagegen durch groBe Feuchtigkeit aus. Dementsprechend betrugen die Werte im Freien durchschnittlich nur pH 4,40.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

199

Wahrend der iibrigen Jahreszeiten, in den en ein normaler Wasserstand herrschtc, betrug der pH-Wert meistens 4,20. f) Der Einflul3 der Salzkonzentration auf die Ansauerung Das Verhalten der Sphagnen gegenii ber verschiedenen Konzentrationen ist schon von verschiedenen Forschcrn untcrsucht worden (WILLIAMS und THOMPSON [27], BAUMANN und GULLY [1]). Dabei sind aber stets nur Konzentrationen zwischen 0,1 und 0,001 normal bzw. molar angewendet worden; ferner erfolgten die Saurebestimmungen friiher titrimetrisch, erfal3ten also die pot e n t i ell e Aziditat, die grol3er ist als die aktuelle. Interessant mul3te darum einmal eine Untersuchung sein, in der 1,0-0,000001 normale Losungen mit Sphagnum zusammengebracht wurden. V ers uc hs anord n ung: Nach zweimaligem Spiilen mit destilliertem Wasser wurde das Sphagnum in die SalzlOsung eingelegt. Jede Probe ist an zwei verschiedenen Tagen gemesllen worden, da besonders bei den stark en Verdiinnungen leicht Mel3fehler entstehen konnen. Von den beiden erhaltenen Werten, die nur in einem einzigen Fall urn 0,09 pH differierten, sonst stets nur urn ca. 0,04 pH, wurde das Mittel genommen. Aus den PH-W erten lal3t sich ferner durch Delogarithmieren das Gewicht der Wasserstoffionen pro Liter Versuchslosung berechnen. Abb. 4 und 5 zeigen die graphische Darstellung der logarithmischen und delogarithmierten Werte. Ergebnisse des 1. Versuchs mit jeweils 400 ccm KCl-Losung und 0,25 g Sphagnum: Tabelle 9 Ausgangswert der Losungen: pH 5,50

Probe A 0,000001 0,00001 0,0001 0,001 0,01 0,1 1,0

g H+ jLiter

pH

Normalitat

I

5,12 4,99 4,99 4,76 4,60 4,35 4,22

Probe B 5,15 5,07 4,91 4,83 4,55 4,32 4,24

Probe A

I 0,759· 1,02 1,02 1,74 2,51 4,47 6,03

10-5

"

"

" " " "

Verhaltnis ') Probe A I Probe B

I Probe B 0,708.10- 5 0,851 " 1,23 " 1,48 " 2,82 " 4,79 " 5,76

"

1

1,4 1,0 1,7 1,4 1,8 1,3

-

1) Verhaltnis je zwei aufeinanderfoIgender Zahlen zueinander.

I I

1,2 1,4 1,2 1,9 1,7 1,2

-

IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

200

2. Versuch mit 400 cern CaCI 2 - Losung und 0,25 g Sphagnum cuspi-

datum: Tabelle 10 Ausgangswert der Liisungen: pH 6,00-6,20 pH

i

Probe A I Probe B

I

Normalitiit 0,000001 0,00001 0,0001 0,001 0,01

6,40 5,80 4,66 4,30 4,10

6,20 5,45 4,67 4,35 4,06

gH+jLiter Probe A

Verhiiltnis

I Probe B

0,040 ·10-5 0,158 " 1,12 " 5,02 " 7,95

"

0,063.10- 5 0,355 " 2,14 " 4,47 " 8,71

"

Probe A . Probe B 4 7 4,4 1,6

5,63 6 2 1,9

-

-

3. Versuch mit jeweils 500 cern BaCI2 - Losung und 0,25 g Sphagnum

cuspidatum: Tabelle 11 Ausgangswert der Liisungen: pH 6,0 gH+jLiter

pH

Normalitat

Probe A I Probe B 0,00001 0,0001 0,001 0,01 0,1 1,0

5,58 5,05 4,76 4,26 4,08 3,68

5,73 5,20 4,75 4,27 4,09 3,65

Probe A 0,263.10- 5 0,891 " 1,74 " 5,49 " 8,32 " 20,9

"

Verhiiltnis

I Probe B 0,186.10- 5 0,631 " 1,78 " 5,37 " 8,13 " 22,4

"

Probe A , Probe B 3,4 1,9 3,2 1,5 2,5

3,4 2,9 3 1,5 2,7

-

-

I

Wie die Kurven der PH-Werte auf Abb. 4 zeigen, verHiuft der pH~ Abfall ziemlich geradlinig. Zeichnet man jedoch die Kurven der delogarithmierten Werte (Abb. 5), so zeigt sieh, daB die Ansauerung innerhalb der Konzentrationen 0,000001-0,001 n sehr gering ist. Aus allen Tabellen geht hervor, daB die Ansauerung in den verdiinnteren Losungen verhaltnismaBig viel starker ist als in den konzentrierteren. In den obigen Tabellen ist jeweils in der letzten Spalte das VerMltnis angefiihrt, in dem sieh zwei aufeinanderfolgende Austauschzahlen befinden, also z. B. in Tabelle 11, Probe A, 1. und 2. Wert: 0,263'10- 5 : 0,891· 10- 5 = 3,4. Mit anderen W orten: Wird die Konzentration von 0,00001 n auf 0,0001 n erhoht, steigt der Wasserstoffionenaustauseh urn das 3,4fache. Wie aus den Zahlcn hervorgeht, wird in keinem einzigen Fall bei einer Verzehnfachung der Konzentration des Salzes aueh eine Verzehnfachung der H +- Konzentrationen erreieht.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

201

In den Yerschieden normalen KCI-Losungen ist die H +-Zunahme ziemlich gleichmaBig. Bei jeder Verzehnfachung der K+-Konzentration steigt die H+-Konzentration urn das 1,2-1,7fache. Bei den Versuchen mit Calziumchloridlosungen raUt besonders auf, daB in der stark verdiinnten Losung die H + - Konzentration urn das 6-7 fache steigt, bier also wesentlich mehr ausgetauscht wird als in den 0,01 und 0,001 normalen. Abgeschwacht zeigt sich dieses Verhalten auch beim Barium.

oh 3,70 3,80 3,90

4,00 4,10 4,20 4,30 4.40 4,50 4,60 4,70 4,80 4,90

5,00

Zusammenfassend kann man also :sagen: 1. Bei der Konzentrationserhohung des Salzes urn das Zehnfache steigt die H +Konzentration jeweils nur urn einen Teil davon.

2. In KCI- Losungen steigt bei Konzentrationserhoh ungen die H + - Konzentration etwa auf das 1,2-1,7 fache.

5,10 5,20 5,30 5,40 5.50 5,60 5)0 5,80 5,90

6,00 6,10 6,20 6,30 6.40 -1'---t---t---+--t---+------j 0,000001 0,00001 0,0001 0,001 0,01 0,1 1 normal

Abb. 4. EinfluB der Salzkonzentration auf die An-

.3. In den CaCI 2- Losunsauerung (logarithmische Kurve), gen wirkt sich eine Erhohung der Salzkonzentration aUgemein starker aus, besonders aber in den verdiinnteren Losungen, wo die H +- Konzentration auf das 6-7 fache steigen kann.

202

IRMGARD ANSCHUTZ

und

FRITZ GESSNER

6. Die Neutral-Austauschkapazitat von Sphagnum cuspidatum a) Die Austauschkapazitat in 0,01 n KCI-Losung Bei den bisherigen Ansauerungsversuchen war auf die Wahl des Verhaltnisses von Gramm Sphagnum zu Volumen Salzlosung wenig geachtet worden, da stets Parallel pro ben mit gewohnlichem Material den U nterschied im V crhalten 10-5 gromm H + anzeigten. 22 .!Y

21

U o CD

20 19

18 17 16

15 14

13

In dicsem Kapitel soil nun die Frage behandelt werden, wie stark die Ansauerung von einer bestimmten Menge Sphagnum in vcrschiedenen Volumina eiller Salzlosung mit einer gewissen Konzentration ist. Ais Einheit Sphagnum wurden 0,25 g festgesetzt. Die Volumina an Salzlosung betrugen zwischen 50 und 1500 ccm. Die Normalitat der Losungen war entwcder 0,1 oder 0,01. Ais N eutralsalz diente flir die ersten Versuche Kaliumchlorid.

12 11 10

9 8

7 6

5 4 3

Vcrsuchsausfiihrung:

2

o 0,0000010.00001 0,0001

0,001

0.01

0,1

1 normal

Jeweils 0,25 g lufttrockenes Sphagnum cu-

spidatum wurden in Petrischalen zweimal mit destilliertem Wasser abgespiilt. Die ausgedriickten Sphagnen kamen dann in paraffinierte Glaser, die die Salzlosung enthielten. Ein wiederholtes U mschiitteln sorgte fiir eine gute Durchmischung. Die PH- Messungen geschahen am 2. Tag. (24 Stun den geniigen fiir die Einstellung des endgiiltigen pH-Wertes!) Zur Kontrolle der Ergebnisse wurde jede Probe zweimal gemessen. Abb. 5. Wie Abb. 4, delogarithmierte Kurven.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

203

Die erhaltenen PH-Werte wurden delogarithmiert und jeweils auf 10- 5 g H + berechnet. Es ergaben sich daraus die im Liter enthaltenen Gramm Wasserstoffionen. Diese Zahlen wurden umgerechnet auf die Gramm H+, die in dem angewandten Volumen vorhanden waren. Die erhaltenen Werte wurden nun schon das Resultat darstellen, wenn der pH-Wert der Salzlosung vor dem Versuch genau 7,00 betragen hatte. Durch die Kohlensaure der Luft wird aber stets ein etwas niedrigerer PH-Wert gefunden, der sich urn 6,00 bewegt und nicht immer ganz gleich ist. Also muB die Anzahl Gramm Wasserstoffionen, die vorher schon zugegen war, abgezogen werden. Erst danach erhiilt man die tatsachlich ausgetauschte Menge Wasserstoffionen. Beispiel: In 500 ccm Losung war durch '0,25 g Sphagnum pH 4,30 erzielt worden. Das entspricht 5,020 .10- 5 g H +- Ionen pro Liter oder

2,510 . 10- 5 g H+-Ionen pro 500 ccrn. Der Anfangswert der Losung betrug pH 6,20. Daraus errechnen sich 0,063 . 10- 5 g H +- Ionen/Liter = 0,032 . 10- 5 g H + /500 ccm. 2,510· 10- 5 - 0,032.10- 5 = 2,478 .10- 5 g H+-Ionen.

2,478' 10- 5 g Wasserstoffionen waren nun wirklich von 0,25 g Sphagnum abgegeben und eine entsprechende Anzahl Kaliumionen dafiir aufgenommen worden. Die nachfolgenden Versuche sollen nun die Fragen klaren: 1. Wie beeinflussen verschieden groBe Mengen einer Salzlosung den Ionenaustausch? 2. Wieviel Gramm Wasserstoffionen werden maximal in einer SalzlOsung mit einer gewissen N ormalitat ausgetauscht? Fur die erst en Versuche sind Sphagnum cuspidatum und 0,01 n KCI verwendet worden. Taoolle 12 CO.-bedingte Vom Sphagnum H+ -Konzentra- ausgetauschte H+ in g tion in g Anfangswert 1500 ccm 1000 " 750 " 500 " 250 " 100 " 25 "

6,00 I, 0,1 ·10-5 4,88 1,32 " 4,72 1,91 " 4,69 2,042 " 4,55 ! 2,82 " 4,34 I 4,57 " 4,12 ! 7,585 " 4,06 I 8,71 " '1'

1,98 ·10-5 1,91 " 1,532 " 1,41 " 1,143 " 0,379 " 0,218 "

0,15.10- 5 0,1 ,. 0,075 " 0,05 " 0,025 " 0,01 " 0,0025 "

1,83· 1,81 1,457 1,36 1,118 0,378 0,215

10-5 " " " " " "

204

IRMGARD ANSCHUTZ

und

FRITZ GESSNER

1. Diese Versuche zeigen, daB der pH-Wert bei 50 ccm am niedrigsten ist, die H+-Ionenkonzentration also am hochsten. Mit zunehmendem Volumen steigt der PH-Wert an bzw. sinkt die H +- Konzentration. 2. Tragt man die PH-Werte in einem Kurvenbild ein, so steigt die Kurve im allerersten Stiick langsam an, dann etwas schneller und schlieBlich wieder langsamer (Abb. 6, A). ph 4,90 4,80 4.70 4,60 4,50 4,40 4,30 4,20 4,10 4,00 50100

250

500

750

1000

1500

cem

10 5 gramm,H +

B

2,50 2,18 1,87 1,56 1,25 0,93 0,62 0.31

O.00-'-lH--+-+-+-_-+-_ _-+-_____~ 50100

250

400 500

750

1000

1500

eem

Abb. 6. Die Austauschkapazitat von Sphagnum cuspidatum in 0,01 n KCI. A Logarithmische Werte. B Delogarithmierte Werte.

3. Tragt man auf der Koordinate statt der PH-Werte die Gramm H-Ionen ein, so erhalt man das wirkliche Bild von der GroBe des Ionenaustausches in verschiedenen Volumina Salzlosung (Abb. 6, B). Die Kurven steigen erst steil, dann etwas langsamer an. Von 500 ccm Losung ab ist entweder nur mehr ein ganz geringer Anstieg oder gar keiner mehr zu verzeichnen.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

205

In Volumina unter 500 ccm kommt also der Austausch zum Stillstand, bevor die volle Kapazitat an austauschbaren H+ erschopft ist. Am deutlichsten wird das bei den kleinsten Fliissigkeitsmengen, namlich 25 und 50 ccm. Hier werden im ganzen nur 0,2-0,410- 5 g H + ausgetauscht. Haben sich also in einer Losung rund 10- 4 g H-Ionen angereichert, so wirken diese einem weiteren H-Ionenaustausch entgegen, d. h. wir haben uns nun ein dynamisches Gleichgewicht im Sinne des Massenwirkungsgesetzes vorzustellen. Der rechte Teil der Abb. 6 B zeigt, daB der GroBe des Ionenaustausches auch nach oben eine Grenze gesetzt ist. Die Abhiingigkeit dieses Maximums von der Anzahl austauschfiihiger Wasserstoffionen und von der Art und Konzentration der Salzlosung wird im liCI

NoCI

KCI

3OM.A.-

20M.:ti.lOMA_

Normolitdt der L6sung :0.lnO.01nO.01n Sph.- Material. reg. reg.n.reg,

O.1nO,OlnO,Oln reg. reg.n.reo.

O,lnO,lnO,OlnO,01n reo.nreg.reg.n.reo.

O,InO,OlnO,Oln reg. reo. n.reg.

O,1nO,OlnO,Oln reg. reg. n.reg.

O,lnO,DlnO,01n reg. reg.n.reg

Abb. 7. Die Neutralsalz-Austauschkapazitiit von Sphagnum cuspidatum in M.A../l00 g. Die schwarzen Balken konnen untereinander verglichen werden, ebenso die weiBen und die schraffierten.

folgenden noch untersucht werden. 1m Verlauf dieser Arbeit wird dieser maximale Austausch "Austauschkapazitat" genannt und in Milliiiquivalenten Wasserstoff pro 100 g Sphagnum berechnet. Beispiel: Aus dem vorhergehenden und zwei weiteren (hier nicht aufgefiihrten) Parallelversuchen ergibt sich als Durchschnittswert fiir den maximalen Austausch 2,0 . 10- 5 g H + pro 0,25 g Sphagnum. Das sind 8,0 . 10- 5 g H+ pro 1 g Sphagnum oder 800· 10-. 5 g pro 100 g Sphagnum = 8 Milliiiquivalente Wasserstoffionen/lOO g Sphagnum. Da der Austausch zwischen Sphagnum und einem Neutralsalz stattfindet, wird er mit "Neutralaustausch" bezeichnet, im Gegensatz zu der spiiter behandelten "Gesamtaustauschkapazitat" in alkalischen Losungen.

206

IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

Viele neue Fragen tauchen auf, da die Moglichkeit besteht, die Kapazitat an austauschbaren Wasserstoffionen zu bestimmen. 1m folgenden sollen die wichtigsten Pro bleme behandelt werden: b) Die Austauschkapazitat in 0,1 n Kaliumchloridlosung In 1500 cern 0,1 n KCl-Losung wurde eine Austauschkapazitat von durchschnittlich 3,1 . 10- 5 g H-lonen pro 0,25 g Sphagnum festgestellt, das sind 12,4 M.A./I00 g Sphagnum. Das hei13t also, da13 bei einer zehnmal so starken KaliumchloridIOsung nur etwa 1,5 mal soviel H + ausgetauscht werden. c) Die Austauschkapazitat bei regeneriertem Sphagnum cuspidatum

V e r sue h san 0 r d nun g: Regeneriertes Sphagnum cuspidatum wurde zu je 0,25 g mit 0,1 bzw. 0,01 n KCl-Losung angesetzt. Erge bnisse: Tabelle 13 Versuch mit 0,1 n KCl-Losung CO 2 -bedingte Yom Sphagnum H + -Konzentra- i ausgetauschte H+ in g tion in g

i

pH II

g H+j1

g H+jVol.

I Anfangswert 16,20 1500 ccm 4,47

1000 750 500 250 50

"

" " "

"

4,30 4,15 4,02 3,75 3,34

0,063 ·10-5 3,390 5,012 " " 7,08 " 9,55 " 117 ,80 " 45,70

5,085· 5,012 5,31 4,775 4,450 2,285

"

10-51

" "

" " "

0,094.10- 5 0,063 0,047 " 0,031 " 0.016 " 0;003 "

"

I

4,991· 4,949 5,263 4,744 4,434 2,282

10-5

" " " " "

Tabelle 14 Versuch mit 0,01 n KCI-Losung I

g H+f1

pH

g H+JVol.

I CO 2 -bedingte ,

Anfangswert 6,20 4,56 1500 ccm

1000 750 500 250 50

" " " " "

4,40 4,33 4,19 1 3,99 3,34

1

0,063 . 10- 5 2,760 " 3,981 4,680 " 6,456 " 10 ,240 " 45,710 "

"

Yom Sphagnum ausgetauschte H+ in g

H+ -Konzentration in g

1

4,14.10- 5 3,981 3,51 " 3.228 " 2;56 " 2,285 "

"

I

0,094.10- 5 0,063 0,047 " 0,031 " 0,016 " 0,003 "

"

Blind pro be mit destiIIiertem Wasser: pH 5,20 Anfangswert: 500 cern mit Sphagnum: 5,27.

1

4,046.10- 5 3,918 3,463 " 3,197 " 2,544 " 2,282 "

"

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

207

Bereehnung: Aus der TabeIle 13 ergibt sieh als Mittelwert der drei ersten Ansatze mit 1500, 100 und 750 cern Liisung: 5,1 . 10- 5 g H + /0,25 g Sphagnum = 20,4.10- 5 g H+/1,OO g Sphagnum

= 20 MilWiquivalente /100 g. In der TabeIle 14 zeigte sich bereits bei 750 cern ein merkliehes Absinken des PH- Wertes, so daB fUr die Bildung des Mittels nur die beiden ersten Werte herangezogen worden sind. Der Austausch betrug demnach 4,0 . 10- 5 g/0,25 g Sphagnum = 16,0 . 10- 5 g/l,OO g Sphagnum =

16,0 MiIliaquivalente/l00 g.

Die zuletzt angefiihrte Blind pro be mit destilliertem Wasser beweist, daB aueh tatsachlieh aIle iiberschiissige Salzsaure naeh der Regeneration ausgewaschen wurde und im Versuch keine Fehler verursachen konnte. Ubersicht iiber die Austauschkapazitat in 0,1 und 0,01 n KCI-Losung

0,01 n KCl-Losung, nicht regeneriert 0,01 n KCl-Losung, regeneriert ..... 0,1 n KCI-Losung, nicht regeneriert . 0,1 n KCI-Losung, regeneriert ......

I

Austauschkapazitat in M. A./lO g 8,0 16,0 12,4 20,4

7. Die Austauschkapazitat bei ein- und zweiwertigen Kationen Nach der gleichen Methode wurde die Austauschkapazitat von Sphagnum cuspidatum auch fiir die Chloride der MetaIle Lithium, Natrium, Magnesium, Kalzium und Barium festgesteIlt. Jedem Salz galten drei Versuchsreihen: 0,1 n Liisung und regeneriertes Sphagnum, 0,01 n Liisung und regeneriertes Sphagnum, 0,01 n Liisung und nicht regeneriertes Sphagnum. Ferner wurden die Liisungen mit doppelt destilliertem Wasser angesetzt. Auch wurde mit kleinen Volumina von 50, 250 und 500 cern gearbeitet, weil sich erst mit ihrer Hilfe feststeIlen laBt, ob kein MeBfehler oder sonstige Ungenauigkeit vorgekommen ist. Enthalt das destillierte Wasser z. B. Spur en von alkalischen SUbstanzen, so verHiuft die Kurve gerade entgegengesetzt. Ebenso kiinnte das Glas der Versuchsflaschen durch Alkaliabgabe einen meBbaren EinfluB ausiiben. Sicherheitshalber wurden daher samtliche verwendeten Flaschen und Zylinder mit saurefreiem Paraffin ausgekleidet.

IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

208

Ubersicht der Neutralsalz-Austauschkapazitiit von Sphagnum cusp. gegeniiber Alkali- und Erdalkaliionen Tabelle 15 (s. auch Abb. 7) Vorbehandlung des Torfmooses

Losung

regeneriert

0,1 n LiCl 0,01 n " 0,01 n " 0,1 n NaCl 0,01 n " 0,01 n " 0,1 n KCl 0,1 n 0,01 n "" 0,01 n " 0,1 n MgCl. 0,01 n 0,01 n "

" nicht regeneriert regeneriert

" nicht regeneriert regeneriert nicht regeneriert regeneriert nicht regeneriert regeneriert

" nicht regeneriert

"

I

0,1 n CaCl. 0,01 n 0,01 n " " 0,1 n BaCl, 0,01 n 0,01 n "

regeneriert

" nicht regeneriert regeneriert nicht re'generiert

"

I I

Neutralaustauschkapazitiit in Milliiiquivalentenj100 g 25,20 13,72 6,60 19,12 10,05 6,80 20,40 12,40 16,00 8,00 34,60 28,00 15,60 33,60 26,00 14,48 37,90 32,00 14,00

I

Wir erkennen aus Tabelle 15 und Abb. 7, daB die Neutralsalzaustauschkapazitat bei zweiwertigen Kationen wesentlich iiber derjenigen einwertiger Kationen liegt, daB jedoch auch innerhalb der Reihen ein- und zweiwertiger Ionen Unterschiede vorhanden sind. Ferner ergibt sich, daB in allen untersuchten Fallen (mit Ausnahme der Versuche mit NaCl) die Austauschkapazitat des regenerierten Materials etwa doppelt so groB ist wie die des nicht regenerierten. Auf die Bedeutung dieser Ergebnisse werden wir spater eingehen (vgl. S. 219 und 220).

8. Kapazitatsmessungen an anderen Sphagnen N ach der gleichen Methode erfolgten auch Untersuchungen an anderen Sphagnen. Folgende Gesichtspunkte sind bei der Auswahl beachtet worden: 1. Nachdem Sphagnum cuspidatum stets einem Hochmoor mit starker Ansauerung entnommen worden war, sollten nun vor allem die anderen Standorte, namlich Wiese und Wald, untersucht werden. 2. Sphagnum acutifolium kommt an sehr verschiedenen Standorten vor: Die Farbe des Sphagnums auf einem trockenen Fichtenwaldboden war, wie beobachtet werden konnte, rein griin, wahrend sich auf

--

----

-

-

209

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

einem schattenlosen Ubergangsmoor viele rotgefarbte Pflanzen zwischen den griinen befanden. 3. Das bisher untersuchte Sphagnum cuspidatum stammte aus einer zusammenhangenden Sphagnum- Decke. Darum mu£ten im folgenden auch Pflanzen kleinster Sphagnum- Inseln innerhalb einer anderen Pflanzengesellschaft gepriift werden. 4. Auslandische Sphagnen aus ganz anderen Klimagebieten standen ebenfalls zur Verfiigung. Tabelle 16 (s. Abb. 8) Art

Standort und Wuchsform

I Sphagnum Girgensohnii

Sphagnum acutifolium Sphagnum acutifolium Sphagnum palustre Sphagnum limbatum Sphagnum monzonense

Ufersaum des sta.rk eutrophen Seeoner Sees, sehr feucht, in hohen Rasen zwischen Schilf wachsend Trockener Fichtenwald,Sphagnum in kleinen Rasen zwischen Heidelbeerstrauchern Flachmoor, Sphagnum in kleinen inselformigen Polstern zwischen Heidekraut Flachmoor, Ubergang zum Hochmoor

Art der Behandlung

I Austausch· kap. in

Z. Vergl. Kap. von

M. )\..1100 g

Sph. cusp.

n. t. ') 0,1 n KCl n. r. 0,01 n

10,0 8,7

"

I

12,4 8,0

, n. r. n.r. reg. n. r.

n. r. reg. reg. Venezolanische Anden 3700 m n. r. ii. M., Bachrand, nahe dem reg. Lago Mucubaji Venezolanische Anden, Fel-I n. r. senkessel des Lago Canoa, reg. 3900 m ii. M., moorartige Pflanzengesellschaft mit kleinen Sphagnum-Inseln

0,1 n KCl 0,01 n " 0,01 n " 0,1 n KCl

I

9,68 8,8 19,6 13,6

12.4 8,0 16,0 12,4

0,01 n KCI 0,1 n 0,01 n "" 0,1 n KCI 0,1 n

7,8 38,0 32,0 12,52 21,6

8,0 20,4 16,0 12,4 20,4

0,1 n KCl 0,1 n

6,24 16,1

12,4 20,4

"

"

I

Ergebnis: Die graphische Darstellung auf Abb. 8 vergleicht die gefundenen Kapazitaten mit Sphagnum cuspidatum. Daraus geht hervor: 1. Sphagnum Girgensohnii yom Ufersaum des stark entrophen Seeoner Sees weist in 0,1 n Liisung eine etwas geringere Austauschkapazitat auf als cuspidatum. Die Ursache diirfte eine bess ere Zufuhr von Mineralstoffen durch Seewasser sein. 2. Sphagnum acutifolium besitzt bereits je nach der Herkunft eine verschieden gro£e Austauschkapazitat. 1) n. r.

= nicht regeneriert.

IRMGARD ·ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

210

Bei dem vom Wald stammenden Material ist sie bedeutend niedriger als bei dem Flaehmoor-Sphagnum, das fast die gleiehe Kapazitat hat wie Sphagnum cuspidatum. Also scheinen im Wald bessere Ernahrungsverhiiltnisse fiir die Sphagnen zu herrsehen als im Hoeh- und Flachmoor. Regeneriertes Sphagnum acutifolium besitzt wiederum fast dieselbe Kapazitat wie regeneriertes Sphagnum cuspidatum. 5J>h, paluslre

3OM.A.-

Sph.mon-. zonense

Sph. Girgensohnil

2OM.J(,lQM,~.-

NoimolitOt der LOSUno: O.ln O,Oln S:phagnum~Mtiteriol: nreQJ1.reo.

'lib:,

0,lriO,0100,01nO}n nreo n.reo.r'eg.n.reg.

Z.Vol.: Sph.cusp.

O,OlnO;lnO,Oln nreg. reg. reo·

..

O,ln O,1n n.reo·reg.

O,1nO.ln n.reg.re
:....

~.

'::'.~

:~::~

:....

O,ln 0, l:nO,Q1o O,Oln r~.nr~.r~.I\!'eg.

Abb.8. Die Neutralsalz-Austauschkapazitiit verschiedener Sphagnen in KCI-Losungen in M.A./100 g.

Sphagnum palustre: Dieses Torfmoos stammte ebenfalls von einem Flachmoor. Die Austausehkapazitat des gewohnliehen Materials liegt unter der des Sphagnum cuspidatum. Auffallend hoeh ist die Kapazitat des regenerierten Materials. Die Ursaehe konnte jedoeh nieht gefunden werden. Sphagnum limbatum zeigt als tropisches Sphagnum gleieh starke Ansauerung wie Sphagnum cuspidatum. Sphagnum monzonense hat dagegen eine bed e ute n d s e h wa e her e Austauschfahigkeit, auffalligerweise driiekt sieh das aueh etwas in regeneriertem Zustand aus. Z us a m m e nf ass e nd laBt sich sagen, daB die Austausehkapazitat eines auf dem Hoehmoor lebenden Sphagnums am groBten ist. Danach folgen dieht dar auf die Flaehmoorsphagnen und zuletzt die Waldsphagnen.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

211

Es ist wohl anzunehmen, daB sich hierin die Nahrstoffverhaltnisse des betreffendcn Standortes widerspiegeln, da ein Hochmoor am nahrstoffarmstcn, ein Fichtenwald verhaltnismal3ig aber am nahrstoffreichsten ist, wahrend das Flachmoor eine Zwischenstellung einnimmt. 1m folgenden wurden auch brasilianische Torfmoose untersucht, bei denen besonders interessant war, daB sie teilweise direkt auf Granitboden wuchsen. Von ihnen und von den schottischen Sphagnen wurden jeweils zwei Proben mit 500 und 50 ccm Salzliisung angesetzt. Die Resultate finden sich in Tabelle 17. Der erhaltene pH-Wert wurde in 0,00001 g Wasserstoffionen umgerechnet und davon die durch die Kohlensaure der Luft bedingten H +- lonen subtrahiert. Die Gegeniiberstellung des entsprechenden Wertes bei Sphagnum cuspidatum zeigt das griiBere oder kleinere Ansauerungsvermiigen der auslandischen Arten an. Auch die venezolanischen Sphagnen werden in dieser Tabelle nochmals dargestellt. Die Behandlung war stets gleichbleibend: Die Moose wurden nicht regeneriert und kamen in 0,1 n KCI-Liisung. N ur bei den beiden venezolanischen Sphagnen wurden auBerdem Proben mit regeneriertem Material angesetzt. Tabelle 17 Sphagnum-Art und Herkunft

,

I

Standort

I H+ -Austausch I H+ -Austausch in 500 ccm Salzliisung

in 50 ccm Salzliisung

Sphagnum limbatum ....... Venezolanische Anden

s. Tab. 16 reg. Material

1,755.10- 5 4,42

0,354.10- 5

Sphagnum monzonense ..... Venezolanische Anden

s. Tab. 16 reg. Material

1,295 4,42

0,044

Sphagnum? 1) ........•... Brasilianisches Bergland

Lehmboden

1,07

Sphagnum? ............. Brasilianisches Bergland

saurer Torfboden

1,97

Sphagnum? ............. Brasilianisches Bergland

Granitboden

0,685

Sphagnum ? ............. Brasilianisches Bergland

Granitboden

1,05

Sphagnum papillosum .. ... Schottisches Bergland

Wiesenhang beiKirloch-Leven

1,421

Sphagnum acutifolium . .. Schottisches Bergland

Heidemoor bei Rannoch- Loch

3,881

Sphagnum auriculatum .... Schottisches Bergland

Kirloch- Leven, Wiesenhang

1,611

Sphagnum cuspidatum zum Vergleich ..........

..

1,87

"

" " "

0,250 0,416

"

0,250

"

0,315

"

0,280

"

1,434

"

0,273

"

"

I 0,575

I

1) DIe brasIlIamschen Sphagnen smd noch mcht bestImmt worden. 14

Flora, Ed. 141

"

" "

" " " " "

"

212

IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

Auf den versauerten Boden gedeihen auBer Sphagnen auch ofters andere Moose. Zwei Vertreter, die sehr haufig anzutreffen sind, wurden ebenfalls auf ein eventuelles Ansauerungsvermogen gepriift: Leucobryum glaucum und Racomitrium hypnoides. Ersteres stammt aus dem Seeoner Gebiet, letzteres aus Schottland. Ferner ist ein tropisches Leucobryum aus dem Regenwald bei Rancho Grande in Venezuela untersucht worden. Ergebnis: Tabelle 18 Standort

Art und Herkunft

I H+ -Austausch I H+ -Austausch in 500 ccrn Salzliisung

in 50 ccrn Salzliisung

Leucobryum glaucum ...

Trockener Fichtenwald I 1,725.10- 5 bei Seeon

0,451.10- 5

Racomitrium hypnoides .

Heide bei Loch- Rannoch

.. . .

Regenwald bei Rancho Grande

I

Leucobryum spec.

1,55

0,643

"

0,120

-

I

"

"

Ergebnis: Der graphischen Darstellung auf Abb. 8 laBt sich folgendes entnehmen: Das aus Venezuela stammende Sphagnum limbatum sauert, wie sich bereits friiher ergeben hatte, ebenso stark an wie Sphagnum cuspidatum._ Dagegen besitzt das gleichfalls venezolanische Sphagnum monzonense ein weit schwacheres Ansauerungsvermogen. Daraus kann geschlossen werden, daB, ahnlich wie bei den untersuchten Waldsphagnen, ein nahrstoffreicherer Standort vorhanden war, auf dem ein betrachtlicher Teil der H +- lonen bereits ausgetauscht worden war. Damit kommen wir zu einem wesentlichen, freilich schon lange bekannten Unterschied zwischen der Moorbildung tropischer und gemaBigter Zonen. Bei jenen kommt es infolge der hoheren Temperatur und def wahrend des ganzen Jahres ablaufenden Abbauvorgange nicht zu einer Ausbildung einer Torfschicht, welche die Wirkung eines lonenfilters hat. Die tropischen Sphagnen miissen sich also direkt auf dem mineralischen Untergrund ausbreiten und haben dort, selbst wenn dieser sehr elektrolytarm ist, reichlich Gelegenheit zum lonenaustausch, und die abgegebenen H -lonen werden durch die reichlichen Niederschlage weggefiihrt. Die geringe Ausbreitung der Torfmoose in den Tropen hat also die gleiche-

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

213

Ursache wie ihr Fehlen an nahrstoffreichen Standorten gemaBigter Zonen. Das optimale Gedeihen der Sphagnen veriangt eben ein bestimmtes Verhaltnis zwischen Torfmoosmasse, Elektrolytgehalt und Wasserhaushalt eines Standortes 1). In Ubereinstimmung mit diesen Ausfiihrungen finden wir, daB der Ionenaustausch brasilianischer Torfmoose, die auf iiberrieseltem Granit und auf Lehmboden wuchsen, am geringsten ist, wahrend solche Sphagnen, die hier auf einer diinnen Torfschicht vorkommen, das gleiche Ansauerungsvermogen aufweisen wie Sphagnum cuspidatum. Bei den schottischen Sphagnen lassen sich groBe U nterschiede erkennen. Das von einem Heidemoor stammende Sphagnum acutifolium sauert weitaus am starksten an und iibertrifft cuspidatum urn das Doppelte. Dagcgen bleiben die schottisehen Wiesens phagnen hinter Sphagnum cuspidatum bedeutend zuriick. Es lag nahe, auch andere als "saure Moose" bekannte Formen auf ihr Verhalten gegenii ber einer 0,1 n Kel- Losung zu untersuchen. An dem einheimischen Leucobryum glaucum und an einem aus Schottland kommenden Material von Racomitrium hypnoides, das sehr stark an der dortigen moorartigen Pflanzengesellschaft beteiligt ist, wurde ebenfalls ein betrachtliches Ansauerungsvermogen festgestellt, das nur wenig geringer als bei Sphagnum cuspidatum ist.

9. Die Gesamtaustauschkapazitat bei Sphagnum cuspidatum und Sphagnum acutifolium Von den kiinstlichen Harzaustauschern ist bekannt, daB sie neben der Austauschkapazitat in N eutralsalzlOsungen ein gesteigertes Austauschvermogen in al kal is c hen Losungen besitzen, und zwar deshalb, weil in dies en eine groBere Anzahl aktiver Gruppen wirksam wird. 1) Der eine von uns (G.) hat im November 1952 gemeinsam mit dem Pflanzengeographen V. VARESCHI das etwa 4000 m hoch gelegene "Hochmoor" an der Laguna Canoa in den Venezolanischen Anden untersucht. Von einer Moorbildung in unserem Sinne kann dort iiberhaupt nicht gesprochen werden. Die Schlenken stehen direkt auf dem Mineralboden, Sphagnen spielen eine sehr untergeordnete Rolle und bedecken hOchstens Flachen von ein paar qdm. Dementsprechend sinken die PH- W erte nirgends unter 5,5, obgleich das Wasser extrem kalkarm ist. Auch die fiir europiiische Hochmoore so charakteristischen Algengesellschaften (Desmidiaceen) fehlten in diesem Hochmoor vollstiindig . Uber die Ergebnisse dieser Mooruntersuchungen wird in den "Ergebnissen der deutschen limnologischen Venezuela-Expedition 1952" ausfiihrlich berichtet werden. 14*

IRMGARD ANSCHUTZ

214

und

FRITZ GESSNER

Vor allem die phenolischen OH-Gruppen, die in neutralen Liisungen nur wenig auszutauschen vermiigen, werden bei hiiheren PH- Werten zur . H +- Dissoziation aktiviert. Die erhaltene Austauschzahl wird als "Gesamtkapazitat" bezeichnet. Die nachsten Versuche sollten darum den Ionenaustausch in alkalischen Liisungen bei Sphagnum cuspidatum quantitativ klaren. Vers uc hsanordn ung: 25 g Sphagnum cuspidatum wurden zweimal mit destilliertem Wasser gespiilt und wieder ausgedruckt. Dann kamen 1200 ccm destilliertes Wasser hinzu. U nter standigem U mruhren wurde aus einer Burette tropfenweise insgesamt 10 ccm 2 n Natronlauge dazugegeben. Nach zweistundigem Stehen wurden je 50 ccm abfiltriert und mit

1 n Salzsaure titriert. Ein gleichzeitig angesetzter Blindversuch ohne Sphagnum ergab den Vergleichswert. Ergebnis: In drei Parallel proben des Blindversuchs wurden von 50 ccm Liisung jedesmal

0,927 cern 1 n Hel verbraucht.

Beide Versuche mit dem Sphagnum ergaben dagegen nur einen Verbrauch von

0,195 cern 1 n Hel.

Die Differenz betragt 0,732 cern 1 n Hel. Auf die gesamte Liisung berechnet, sind das 0,732 . 24 =

17,568 cern und flir 100 g Sphagnum

70,27 Milliaquivalente. Auf die gleiche Weise wurde nun auch die Gesamtkapazitat fur nicht regeneriertes Sphagnum acutifolium sowohl yom Wald als auch yom Flachmoor ermittelt. Ergebnis: Standort Wald: 70,27 M.A./IOO g Sphagnum Standort Flachmoor: 73,536 M.A./IOO g " Die folgende Ubersicht zeigt das Verhaltnis der N eutralaustauschkapazitat zur Gesamtkapazitat:

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

215

Tabelle 19 H+ -Dissoziation des Sphagnums in dest. H 2 O

Art

Sphagnum cuspidatuTf!,

(Hochmoor) Sphagnum acutifolium

I

0,00

Neutralausta.usch- I Gesamtkapazitat in M. A.j100 g austauschSphagnum kapazitat in nicht I regen. I M·A.·/100 g 0,01 n KCl Sphagnum reg.

I

7,56 ' )

0,00

13,16 2)

0,00

9,.68 2)

16,0

I

70,1

-

73,5

19,6

70,3

(Flachmoor) Sphagnum acutifolium

(Wald)

Die Tabelle zeigt, daB in einer verdiinnten Laugedie Austauschkapazitiit urn ein Vielfaches hoher ist als in einer Neutralsalzlosung. Durch die verdiinnte NaOH werden aIle vorhandenen sauren Gruppen neutralisiert. Man bezeichnet den so mit ermittelten Sauregrad auch als Ti t rat i 0 nsazid ita t oder po ten tiell e Azi di ta t. Diesem steht der aktuelle Sauregradgegeniiber, der bei Sphagnen auBerst niedrig ist. (1 g Sphagnum erzeugt in 200 cern destilliertem Wasser noch keine meBbare H +- Dissoziation, vgl. Grundversuch!) Zwischen der potentiellen und aktuellen Aziditat steht der Sauregrad, der durch Austauschvorgange in Neutralsalzlosungen hervorgerufen wird. Da in der Natur keine so hohen PH-Werte vorkommen: spielt die Mobilisierung des gesamten H+-Vorrates okologisch ·keine Rolle.

10. Die Neutralisationskurve, aufgestellt auf Grund potentiometrischer Titration Nach der Feststellung der Gesamtkapazitat wurde die Neutralisationskurve fiir Sphagnum aufgestellt. Aus einer Veroffentlichung GRIESSBACHS (9) geht hervor, daB die Neutralisationskurve je nach der Art der aktiven Gruppen verschieden verlauft. Ais aktive Gruppen kommen in Frage: Aromatische Kernsulfosauregruppen (K-Harz), Sulfonsaure (A-Harz), Karboxylgruppen (C-Harz), phenolische OH-Gruppen (R-Harz). Die Kurven befinden sich auf Abb. 9. 1) Dieser Wert gilt fiir 0,01 n KCl-Losung. 2) Dieser Wert gilt fiir 0,1 n KCl-Losung.

IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

216

V e r sue h san 0 r d n u ng : J eweils 25 g regeneriertes Sphagnum cuspidatum wurden mit 1200 eem destilliertem Wasser versetzt. Nach einstiindigem Stehen kamen aus einer Biirette jeweils eine bestimmte Menge 2 n NaOH hinzu. Naeh griindliehem Umriihren und Umsehiitteln wurde eine Probe fUr die potentiometrische Messung entnommen. ph

o

Bezeimnung

2 4

6 8 10

12 14

,. . ,'.,

K- Harz -S03H

...........\

-"'-------1\ " \ •.

\.

"

'.......

- - - - .......-

I

\

.......

\

Wirksame Gruppe

-

ph7

..........

--

........ ---::::.:::~ .... '---t--+-t-+-+--+--l-+-+-+-f-+

A-Harz

-CH2S03H

C-Harz

-COOH

R-Harz

-OH

Grunsand entbast, MeBreihe fUr 20 9

0,0 0,5 I,D 1.5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4.5 5,0 5,5 6,0 cem 2n NoOH

Abb. 9. Neutralisationskurven verschiedener Kationenaustauscher. je 5 g (nach GRIESSBACH).

MeBreihen fur

Jede pH-Bestimmung erfolgte 1,5 Stunden nach der Laugenzugabe, da Kontrollmessungen ergeben hatten, daB sieh der endgiiltige pH-Wert bereits nach einer Stunde eingestellt hatte. Ergebnisse: Tabelle 20

Probe A Zugabe an NaOH

Gesarntrnenge an NaOH

Anfangswert 0,5 ccrn 1,0 1,0 " 0,5 " 0,5 " 1,0 " 1,0 " 1,0 " 1,0 "

0,5 ccrn 1,5 2,5 " 3,0 " 3,5 " 4,5 " 5,5 " 6,5 " 7,5 "

"

"

pH

I 3,90 4,30 5,18 5,62 5,84 5,96 5,96 6,59 7,0 8,00

I

Probe B Zugabe an NaOH

Gesarntrnenge an NaOH

Anfangswert 0,5 ccrn 0,5 0,5 " 0,5 " 0,5 " 0,5 " 1,0 " 1,0 " 1,0 " 1,0 "

0,5 ccrn 1,0 1,5 " 2,0 " 2,5 " 3,0 " 4,0 " 5,0 " 6,0 " 7,0 "

"

"

pH

I 3,85 4,35 4,80 5,23 5,39 5,64 5,72 6,11 6,46 6,50 6,80

Die weiteren potentiornetrischen Titrationen wurden mit einer Anti rn 0 nelektrode ausgefUhrt, da die Einwirkung einer alkalischen Losung auf das Chinhydron eine genaue Messung, sobald der pH-Wert uber 8 steigt, unrnoglich rnacht.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

217

Die Antimonelektrode lieferte die Firma Lautenschlager, Munchen. Eine genaue Anweisung lag dem Gerilt bei. Vor jeder M€ssung muB eine Eichkurve mit Hilfe von rnindEstens zwei PufferlOsungen aufgestellt werden, da sich bei gleichern Potential die Strornstarke von Tag zu Tag etwas ilndert (s. KORDATZKI [15]).

Titration mit der Antimonelektrode Versuchsanordnung: 25 g nicht regeneriertes Sphagnum cuspidatum wurden vor der Titration zweimal mit je 1000 cern destilliertem Wasser abgespiilt. Das dritte Mal kamen 1200 cern destilliertes Wasser dazu. Der pH-Wert nach einstiindigem Stehen gilt als "Ausgangswert". Das Abspiilen soll zufiillige Verunreinigungen entfernen. Es wirkt sich aber sehr deutlich auf die Neutralisationskurve aus, wie ein Vergleich mit nicht abgespiiltcm Material zeigt. Die N atronlauge war wie zuvor 2 normal. Tabelle 21

Zugabe an NaOH 0,5 ccrn 0,5 1,0 " 0,5 " 0,5 " 0,5 " 0,5 " 1,0 " " 3,0 " 2,0 "

I

I

I

Gesarntrnengc an NaOH 0,5 cern 1,0 2,0 " 2,5 " 3,0 " 3,5 " 4,0 " 5,0 " " 8,0 " 10,0 "

I .

I

Probe A pH 5,85 6,05 6,15 6,15 6,30 6,40 6,45 6,65 8,05 9,35

I

Probe B pH 6,05 6,10 6,15 6,15 6,35 6,45 6,55 6,90 8,40 9,55

I

.

Die Neutralisationskurvcn bci Sphagnum acutifolium

.

Auf die gleiche Weise wie eben beschrieben wurde auch bei nichtregeneriertem Material von Sphagnum acutifolium die N eutralisationskurve bestimmt. Die Moose stammten von verschiedcnen Standorten, namlich yom Fichtenwald einerseits und yom Flachmoor andererseits. Trotzdem zeigten sich keinerlei U nterschiede, wie wir aus Abb. 10 erkennen k6nnen. Wic ein Vergleich der Kurven auf Abb. 9 und 10 ergibt, lassen sich die Sphagnum- N eutralisationskurven, die untereinander wcitgehend iibercinstimmen, mit keiner der GRIESSBACHschen Kurven v611ig zur Deckung bringen. Dieses Ergebnis war auch nicht zu erwarten, da es sich bei den Torfmoosen kaum urn einen Austauscher mit nur einer einzigen wirksamen Gruppc handeln diirfte.

IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER

218 ph

0 2 3 4

5 6

7 8

9 10 11

12 13 14~+-1--r-t~--~+-;--r-+~--r-+-~~-+~--~+--+-

0,0 0,5 1.0 1.5 2.0 2,5 3.0 3.5 4.0 4.5 5.0 5.5 6.0 6.5 7.0 7.5 8.0 8.5 9.0 9.5 10.0 ccm 2n NoOH

Abb. 10. Neutralisationskurven von Sphagnum-Arten fiir je 2,5 g Moos. 1. Sph. cusp. regeneriert, ChinhydroneJektrode; 2. Sph. cusp. nicht regeneriert, Antimonelektrode; 3. Sph. acutif. nicht regeneriert, Fichtenwald, Antimonelektrode; 4. Sph. acutif. nicht regeneriert (Flachmoor), Antimonelektrode.

Immerhin besteht eine gewisse Ubereinstimmung mit der Kurve des C-Harzes, dessen wirksame Gruppe die Carboxylgruppe ist. In der Diskussion wird hierauf noch besonders eingegangen werden.

D. Diskussion Nachdem als wichtigstes Ergebnis dieser Arbeit der Beweis erbracht worden war, daB die Saurewirkung der Torfmoose auf einem reinen Ionenaustausch beruht, lag der Gedanke nahe, das Sphagnum mit den in der Technik so vielfach angewendeten Harzaustauschern zu vergleichen und alle Erfahrungen, welche wir heute an diesen Stoffen gewonnen haben, auf die Torfmoose zu iibertragen 1). In der Tat ist nun die Ubereinstimmung zwischen den Sphagnen und den kiinstlichen Harzaustauschern eine vollstandige. Allerdings muB hinzugefiigt werden, daB die Torfmoose yom Standpunkt der technischen Verwertung "schlechte Austauscher" sind, da bei ihnen der Austausch ja schon bei einem pH-Wert von etwa 4 zum Stillstand kommt. 1) Der Gedanke, die Sphagnen als natiirliche Austauscher mit den kiinstlichen Austauschharzen zu vergleichen, wurde zum ersten Male ausgesprochen in der Arbeit: F. GESSNER, Die Limnologie des Naturschutzgebietes Seeon, S. 574. Archiv f. Hydrobiologie 47, 1953. In dieser Arbeit befindet sich auch eine Beschreibung der Hochmoore, von denen die zu unseren Versuchen hauptsachlich verwendeten Sphagnen stammten.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

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Bei Sphagnen wie bei den Austauschharzen vollzieht sich der Ionen- ~ austausch auBerordentlich rasch. Bei beiden ist - wie flir Sphagnum gezeigt werden konnte - der Austauschvorgang weitgehend temperaturunabhangig (NACHOD [20]), Auch die Fiihigkeit zur Regeneration finden wir bei den kiinstlichen Harzaustauschern (GRIESSBACH [9]). Sie ist hier Voraussetzung flir die wiederholte Verwend barkeit der Harze. Die "Regeneration" besteht sowohl beim Harzaustauscher wie beim Sphagnum darin, daB durch Saureeinwirkung (also bei sehr niederen PH- Werten) die gegen Abgabe von H + eingetauschten Metallionen nun wiederum durch H+-Ionen ersetzt werden. Ein "regeneriertes" Torfmoos befindet sich also im Zustand der maximalen Aufladung mit Wasserstoffionen. Der H +-Austausch des regenerierten Sphagnums ist etwa doppelt so groB wie bei gewohnlichem Material. Es ist denkbar, daB hierfiir zwei Ursachen in Frage kommen, die zusammenwirken: 1. Das gewohnliche Sphagnum hat an seinem Standort bereits einen Teil seiner austauschbaren H + gegen Metallionen abgegeben. 2. Durch die Einwirkung von verdiinnter Salzsaure konnen an dem Grundgeriist der austauschenden Substanz neue aktive Gruppen entstehen. Dieses Verhalten zeigen auch kiinstliche Kohleaustauscher. GRIESSBACH schreibt in einer Abhandlung "Uber die Herstellung und Anwendung neuer Austauschadsorbentien, insbesondere auf Harzbasis" (9): "Durch Behandl ung der kohleartigen Ausgangsstoffe (Holz, Torf, Braunkohle, Steinkohle, Anthrazit) mit konzentrierten Siiuren (H 2 S0 4 und H 3 P0 4 ) oder anderen wasserabspaltenden Mitteln wird eine Vervollstandigung der H umifizierung erreicht. v i elf a c hun t erg lei c hzeitiger, partielier Aufnahme von Chlorsulfonsiiure und dgl. Die so erhaltenen Kationenaustauscher sind gegeniiber stark en Mineralsiiuren wie Salzsiiure und Schwefelsaure, nicht aber gegeniiber Sal peter. saure und starken Oxydationsmitteln bestandig und dabei als H -Austauscher verwend bar." Aus einer Gegeniiberstellung der Austauschkapazitat von Sphagnum cuspidatum in Losungen von Lithium-, Natrium-, Kalium-, Magnesium-, Kalzium- und Bariumchloriden ergibt sich folgendes: 1. Die Austauschkapazitiit ist bei Gegenwart zweiwertiger Metallionen viel groBer als bei einwertigen. Der Unterschied betragt das 1,5 bis 2fache. Das gleiche Verhalten ist auch von den kiinstlichen Austauschern bekannt.

220

IRMGARD ANSCHUTZ

und

FRITZ GESSNER

In dem Werk "Ion Exchange" (N ACHOD [20]) heiBt es hieriiber: "Bei allen Austauschern wurden die gleichen Regeln gefunden: Zweiwertige Ionen werden viel starker gehalten als die einwertigen." 2. Innerhalb einer Gruppe des Periodischen Systems sind in den ent· sprechenden Losungen kleinere Unterschiede vorhanden, die aber k e i n e GesetzmaBigkeit erkennen lassen. BAUMANN und GULLY haben bei ihren Untersuchungen gefunden, daB innerhal b einer Gruppe die "Adsorption" mit steigendem Atomgewicht zunimmt. Da sie aber durch Titration den "potentiellen" Sauregrad ermittelten, kann dieser nicht mit dem "aktuellen" verglichen werden, wie er sich bei der PH- Messung ergibt. Auch die Ergebnisse der anderen Arbeiten konnen hiermit nicht verglichen werden, da bei jenen Untersuchungen nie die ganze Austauschkapazitat festgestellt worden war, sondern stets nur ein Teil. Die feineren U nterschiede lassen sich aber nur bei ihrer Bestimmung erkennen. Aber auch manche kiinstliche Harzaustauscher lassen keinen Unterschied im Austausch bei ein und derselben Gruppe des Periodischen Systems erkennen, sauern also z. B. eine Magnesiumchloridlosung ebenso stark an wie eine BaCI 2- Losung. Das unterschiedliche Austauschvermogen wird mit dem Ion e nradius in Beziehung gebracht. Aus NACHOD (20) ist hieriiber zu entnehmen: "W enn der Radius des hydratisierten Ions in der Losung sich verkleinert, steigt die Absorption durch den Austauscher. Es scheint, je mehr ein Ion hydratisiert ist, desto weniger stark wird es durch den Austauscher gebunden. Das bedeutet, die U nterschiede zwischen den Ionen mit gleicher Wertigkeit sind eher U nterschiede in der Losung als im Austauscher." 1m folgenden bringt N ACHOD jedoch eine Ausnahme. Es hat sich gezeigt, daB stark quell bare Austauscher, bei denen also eine bedeutende PorenvergroBerung eingetreten ist, k ei n e Au swahl zwischen starker und schwacher hydratisierten Ionen treffen. Es ist also moglich, daB auch bei dem Sphagnum-Austauscher eine so starke Quellung stattfindet, daB alle Ionen einer bestimmten Gruppe gleich gut in ihn hineindringen konnen.

3. Die Unterschiede in der Neutralaustauschkapazitat zwischen regeneriertem und nicht regeneriertem Sphagnum sind iiberall sehr groB. Beim BaCl 2 betragt der Austausch von regeneriertem Material gegeniiber gewohnlichem in 0,01 n Losung sogar liber das Doppelte.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

221

Am kleinsten ist der Unterschied in NaCI-Losung, wo regeneriertes Sphagnum etwa %, mehr auszutauschen vermag als gewohnliches. Wie bereits friiher erwahnt, wird man aber die Unterschiede in der Kapazitat nicht allein auf die Mineralstoffversorgung an dem jeweiligen Standort zuriickfiihren konnen. 4. Auch bei regeneriertem Material wirkt sich die Konzentration einer Salzlosung auf die Kapazitat aus. Bei den Salzen mit zweiwertigen Kationen sind die Unterschiede aber durchwegs geringer als bei den Salzen einwertiger Kationen . Kapazitatsmessungen an anderen Sphagnen Samtliche in dieser Arbeit untersuchten Sphagnen sowie e!mge andere "saure Moose" erwiesen sich als zum Ionenaustausch befahigt, doch ergaben sich im einzelnen betrachtliche Unterschiede. Zusammenfassend kann dariibergesagt werden: a) Das Austauschvermogen der Sphagnen hangt stark von dem jeweiligen Untergrund ab und ist darum selbst bei der gleichen Art sehr verschieden gro13. b) Ais immer wiederkehrende Tatsache la13t sich erkennen, da13 das Ansauerungsvermogen mit zunehmendem Mineralstoffreichtum des Bodens stark abnimmt. Der AbfaH erfolgtvon den Hochmoorsphagnen iiber die Flachmoor- zu den Waldsphagnen. An letzter Stelle stehen einige auf mineralischem Untergrund gedeihende tropische Sphagnen. ~)

Ais Ursache hierfiir liegt die Annahme nahe, da13 das Sphagnum an seinem Standort· bereits weitgehend mit Metallionen "aufgeladen" worden ist. Am deutlichsten tritt diese Erscheinung bei tropischen und subtropischen Torfmoosen auf, die nicht mehr in der Lage sind, den PH- Wert des Bodens unter 5,5 zu senken.

d) Die Neutralsalzaustauschkapazitat der Sphagnen kann als Ma13 fiir den Mineralstoffgehalt eines Bodens dienen. Die Gesamtaustauschkapazitat bei Sphagnum cuspidatum Von den kiinstlichen Wasserstoffaustauschern ist bekannt, da13 ihre lonenkapazitat in alkalischen Losungen viel gro13er ist als in neutralen Salzlosungen. Man erklart dieses Verhalten durch das Vorhandensein schwach saurer Gruppen am Austauscher, vor allem phenolischer OH-Gruppen, die erst im alkalischen Bereich zum Austausch aktiviert werden.

222

IRMGARD ANSCHUTZ

und

FRITZ GESSNER

Auch bei Sphagnum ist nach Zugabe von 10 cern 2 normaler NaOH und anschlieBender Titration mit HCI die "Gesamtaustauschkapazitat" viel hoher als die "N eutralsalzaustauschkapazitat" (70 M. A. bei ersterer, 7-13 M.A bei letzterer). Allerdings diirfen die beiden Werte nicht ohne wei teres miteinander verglichen werden, und zwar wegen des bereits erorterten Unterschiedes zwischen "potentieller" und "aktueller" Aziditat. Die Titration der beiden verschiedenen Sphagnum acutifolium-Formen ergibt eine Differenz von 3,2 M. A.., da das (besser mit Mineralstoffen versorgte) Wald-Sphagnum weniger Wasserstoffionen zum Austausch zur Verfiigung hat als das (an Mineralstoffen armere) Flachmoor-Sphagnum. Dieses Resultat steht mit der Neutralaustauschkapazitat in gutem Einklang, denn auch bei dieser zeigt sich eine Differenz von 3,4 M. A. (vgl. Tabelle 19). Die Gesamtaustauschkapazitat hat jedoch nur eine rein theoretische Bedeutung im Hinblick auf die Parallele bei den kiinstlichen Austauschern. Da in der Natur keine so hohen PH-Werte vorkommen, spielt die Mo bilisierung des gesamten H + -Vorrats okologisch keine Rolle. 1m AnschluB seien noch einige Kapazitatsmessungen an kiinstlichen Harzaustauschern angefiihrt (GRIESSBACH [9]) (s. Tab. 22, S. 223). Die Neutralisationskurve, aufgestellt auf Grund potentiometrischer Titration Wichtiger als die Gesamtkapazitat ist das Ergebnis der potentiometrischen Titration des Sphagnums. Aus dem Verlauf der Kurve lassen sich namlich Riickschliisse auf die Art der aktiven Gruppen ziehen, da man an kiinstliehen Harzaustauschern ihr Verhalten genau studieren konnte (vgl. die Kurve aus GRIESS BACH [9] auf Abb. 9). Wie die Neutralisationskurven von Sphagnum cuspidatum und Sphagnum acutifolium auf Abb. 9 zeigen, lassen sie sich nieht vollig mit einer der GRIESSBACHsehen Kurven zur Deckung bringen. Jedoch besteht eine recht gute Vbereinstimmung mit der Kurve des C-J-Iarzes. dessen wirksame Gruppc die Carboxylgruppe ist. Da an einem Austauscher auch verschiedenc aktive Gruppen vorhanden' sein konnen, ware es denkbar, daB in den Sphagnen neben den Carboxylgruppen noch Sulfosauregruppen (- SOaH) anwesend sind, die den flaehercn Verlauf der Kurve bedingen und phenolische OH-Gruppen. die auf Grund ihres schwaeh sauren Charakters erst im alkalischen Bereich Wasserstoffionen gegen Metallionen austauschen.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

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Tabelle 22 N eutralsalzspaltung Gesamtkapazitiit in Milliiiquivalenten / 100 g Austauscher

Komponente

OH

A I

0

0

8

9

43

57

58

157

57

107

I

~/

A

I

IOH

VOH

I

OH

/~ VSOa H

OH

A I

A

!

i

\/CH 2 SOaH

IOH

A

VOH

A

i

I

OH

VOH

I I vCH,SOa H

I

I

Aus diesen Ergebnissen laBt sich also schlieBen, daB nicht erst bei der Humifizierung permutoide Eigenschaften erworben werden, daB diese vielmehr schon in den lebenden Sphagnen vorhanden sind und wahrscheinlich auf der Gegenwart von Carboxyl- und vielleicht auch von Sulfosauregruppen sowie phenolischer OH-Gruppen beruhen. Ob bei der Vertorfung eine teilweise Veranderung der aktiven Komponenten eintritt, miiBte noch untersucht werden. In diesem Zusammenhang seien auch die Ergebnisse von H. THIELE (26) "Uber die Salzbildung und den Basenaustausch der Graphitsaure" erwahnt: "Graphitsaure = C6 (OHh laBt sich in Huminsaure iiberfiihren. Besonders bei der tiefbraunen Stufe der Graphitsaure spricht die Farbe

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und

FRITZ GESSNER

das hydrophile Verhalten, die Saureeigenschaften und die Fahigkeit, Salzt' zu bilden, fiir einen engeren Zusammenhang dieser Stoffe. Es ist mir gelungen, durch Abbau aus Graphitsaure bei gewohnlicher Tern peratur unmittel bar losliche H uminsauren zu erhalten, die alII' Eigenschaften haben, welche die Substanz als Huminsaure kennzeichnen. Beim Vergleich der Huminsaure kann man die Identitat der beiden verschieden hergestellten Korper leicht feststellen an dem eigentiimlich moorigen Geruch, dem intensiven Farbvermogen, der Salzbildung und der leichten Oxydierbarkeit. "" Uber die gesamte chemische Struktur des Sphagnum-Austauschers laBt sich bis jetzt noch nichts Definitives sagen. Immerhin geben friihere Untersuchungen iiber den Chemismus der Sphagnen bemerkenswerte Hinweise auf eine mogliche Einreihung des Stoffes in eine schon bekannte Gruppe von organischen Verbindungen. CZAPEK (5) isolierte erstmals durch ein langwieriges V crfahren, dessen Kernstiick die Extraktion des zerriebenen Sphagnums mit 21 % NaOH im Autoklaven bei 3 Atm. Druck war, das sogenannte Sphagnol, einen phenolartigen Korper. IBELE (11) fand durch saure Oxydation einen ahnlichen, ebenfalls phenolartigen Stoff, und BUNNING schreibt in der Arbeit "Chemismus der Sphagnum-Membran" (4): "Den Membranen des jungen Zentralkorpers ist ein Phenol eingelagert, das wohl der Dicranumgerbsaure nahesteht. Wahrscheinlich entsteht aus dem Phenol einerseits S p h ag n 0 I, andererseits zunachst griiner, dann gelber, brauner usw. Farbstoff. Sphagnol befindet sich besonders reichlich dort, wo zwei Lamellen aneinander grenzen; es befindet sich jedoch auch in den Lamellen sel bst." Betrachten wir die chemische Struktur der kiinstlichen Harzaustauscher, so laBt sich vielleicht eine Verwandtschaft feststellen. Diese sind namlich ein Kondensationsprodukt von Phenol und Formaldehyd. Die erste Stufe ihrer Bildung vollzieht sich nach folgender Gleichung: /1

2

"'''OR I

V

+

OR 2 0

/";0 V

-)-!

1

OR, -

00I + H V I

2

0

Bei einem entsprechenden Mengenverhaltnis entsteht durch die Bildung neuer Methylenbriicken "ein riesiges Fischnetz" (NACHOD [20]). Das Polymerisationsprodukt ist in Wasser zwar stark quell bar (30-50% H 2 0), jedoch vollig unloslich.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

225

An diesem "Geriist" befinden sieh nun die "aktiven" oder "wirksamen" Gruppen, phenolisehR Hydroxylgruppen - OH, Carboxylgruppen - COOH, Sulfonsauregruppen -- CH 2 -- S02 -- H, aromatische Kernsulfosauregruppen -- SOaH. Ihre Substitution gesehieht zweekmaBigerweise schon bei dem Ausgangsstoff Phenol. Das starkste Argument fiir die Verwandtsehaft des "der Dieranumgerbsaure nahestehenden Sphagnols" mit den Harzaustausehern ist ein Hinweis GRIESSBACHS auf ein britisehes Patent (3), wonaeh nat ii rl i c h e G e r bs t 0 f f e fUr die Herstellung von Austauschharzen dienen. Dagegen ist es bis jetzt immer noeh unmiiglieh, die Fra.ge zu klaren, warum gerade bei Sphagnen und anderen Pflanzen saurer Standorte elll Saureaustauseher gebildet wird. Beruht dies auf der N otwendigkeit, auf dem meist feuehten Standort besonders viel gerbstoffartige Kiirper zu bilden, urn eine Faulnis zu verhindern? Oder ist es letzten Endes eine Folge des Stiekstoffmangels (6) der Moore, wodureh die Torfmoose nieht imstande sind, geniigend EiweiBstoffe zu bilden? Man kiinnte dieses mit der Entstehung der groBen, abgestorbenen HyalinzeHen in Zusammenhang bringen, in deren Wand en aus Mangel an Aminogruppen ein Saureaustauseher entsteht. Es sei hierbei noeh erwahnt, daB man aueh Austauscher hergestellt hat, die saure und basisehe Gruppen (- NH 2) vereinen und somit zum Sauren- und Basenaustauseh verwelldet werden kiinnen. Ais letztes sei noeh die naeh aHem Vorangegangenen naheliegende Frage beantwortet, ob auf dem freien Moor nieht schon langst eine viillige Sattigung mit Metallionen eingetreten sein miiBte. Hierii ber kann in erster Linie die Lei t f a h i g k e i t des Moorwassers AufschluB geben. Eigene Messungen zeigen: Ausgedriiektes Moos polster: Hochmoorsehlenke: 0,01 n KCI-Liisung: 0,1 n KCI-Liisung:

0,000135 0,0001075 0,001355 0,0119

reziproke reziproke reziproke reziproke

Ohm Ohm Ohm Ohm.

Demnaeh hat das Moorwasser ungefahr die Elektrolytkonzentration einer 0,001 n KCI-Liisung. Der maximale Neutralaustauseh laBt sich nur ungefahr angeben, da ja nieht bekannt ist, in welehem Verhaltnis ein- und zweiwertige Ionen vorhanden sind.

226

IRMGARD ANSCHUTZ

und

FRITZ GESSNER

Von kiinstlichen Harzaustauschern ist bekannt, daB aus gemischten Losungen die zweiwertigen Ionen bevorzugt eingetauscht werden, und man wird wohl auch hierin eine Parallele zu den Austauschvorgangen bei den Sphagnen ziehen diirfen. In 0,01 n CaCl 2 - Losung betragt die N eutralaustauschkapazitat 14,5 M.A./100 g Torfmoos. Da die Kapazitat bei der zehnfachen Verringerung der Konzentration durchschnittlich nur den 1,7. Teil betragt, wiirden in 0,001 normaler CaCl 2 -Losung etwa 8,5 M.A./100 g Sphagnum ausgetauscht werden. Dieser maximale Austausch scheitert aber auf dem freien Moor aJ;l den zu geringen Wassermengen, in denen der pH-Wert zu rasch sinkt und es bei etwa pH 4,2 zu einem Gleichgewicht zwischen H + und den Kationen kommt. Welches Verhaltnis von Gramm" Sphagnum zu Kubikzentimeter Wasser im Durchschnitt in einem Moor herrscht, kann natiirlich nur annaherungsweise gesagt werden. In den untersuchten Schlenken diirften ungefahr 1 g Sphagnum auf DO-80 ccm Moorwasser getroffen haben. In dieser geringen Fliissigkeitsmenge ist aber wegen der pH-Abhangigkeit nur mit einem Austausch von hochstens 0,4-0,8 M.A./100 g Sphagnum zu rechnen, also mit 1/10 - 1 /20 des bei dieser Konzentration m og I i c hen Austausches. Daraus geht hervor, daB unter natiirlichen Bedingungen der Sphagnum-Austauscher nie ganz mit" Metallionen aufgeladen werden kann und dadurch zur Ansauerung unfahig gemacht werden konnte. Bei den Moosen des mineralstoffreicheren Flachmoores und des Waldes herrscht zwar eine groBere Ionenkonzentration, aber dafiir sind die Wasserverhaltnisse meist ungiinstiger, so daB das pH-abhangige Austauschgleichgewicht noch rascher erreicht wird. Man wird sich aber nun sofort die Frage stellen, welche Bedeutung ein solch geringer Austausch fiir die Ernahrung der Pflanze hat. Von BAUMANN und GULLY (1) besitzen wir eine groBe Anzahl von Aschenanalysen vieler Sphagnen. Ais Mittelwert von Sphagnum cuspidatum, das von drei verschiedenen Dberbayerischen Hochmooren stammte, geben sie an:

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Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

Lebende Pflanzenteile Verbrennliehe Stoffe ink!. CO. Unverbrennliche Stoffe exkl. CO. Davon in HOI loslich: Reinasche ................. Kalk (CaO) ...... ; ........ Magnesia (MgO) ........... Kali (K.O)

~

..............

Phosphorsiiure (p.Os) ....... In Salzsiiure unloslich ........ Stickstoff (N) .............

97,566 2,434

I

Abgestorbene Pflanzenteile 97,470 2,530

2,037 0,233 (= 0,166 Ca = 8,3 M.A.) 0,179 (= 0,11 Mg = 9 M.A.) 0,580 (= 0,48 K = 12,3 M.A.) 0,076 0,397 0,798

Die in Klammern beigefiigten Zahlen stammen nicht von Sie wurden erst anliiBlich dieser Untersuchung berechnet.

1,612 0,310 (= 0,221 Ca = 11,1 M.A.) 0,139 (= 0,08 Mg = 6,5 M.A.) 0,214 (= 0,17 K =4,5 M.A.) 0,061 0,918 0,641 BAUMANN

und

GULLY.

Aus ihnen geht die Anzahl von Milliaquivalenten an Kalzium, Magnesium und Kalium hervor. Bei lebenden Pflanzen betrugen sie insgesamt rund 30 Millia qui val e n t pro 100 g To rf moo s, bei a bgestor.benen 22M. A. /100 g. Aus diesen Zahlen und den zuvor ermittelten 0,4-0,8 M.A./IOO g sieht man, wie schwer den Sphagnen, trotz ihres "Niihrstoff-Fangorgans" die Versorgung mit diesen wird. Wir verstehen nun, weshalb die SphagnumDecke jahrlich nur einige Millimeter wachst, da stets nur sehr wenig Mineralstoffe aufgenommen werden konnen. Nur durch die Zufuhr von Regenwasser wird das pH wieder etwas erhoht, und ein neuer Austausch kann stattfinden. Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Untersuchungen zeigten wie die BAUMANNS und GULLYS bei abgestorbenen Sphagnen ein etwas stiirkeres Ansauerungsvermogen, wenn auchin ganz geringem AusmaJ3. Eine Erklarung dieser Tatsache konnten vielleicht die obigen Zahlen liefern, wonach die abgestorbenen Pflanzenteile weniger Mineralstoffe enthalten als die lebenden. Eine Betrachtung der einzelnen Kationen zeigt eine verhaltnismaJ3ig groJ3e Abnahme des einwertigen Kaliums in den abgestorbenen Pflanzen, wahrend das Magnesium nur wenig abgenommen und das Kalzium sich sogar angereichert hat. Das gleiche Resultat iiber den Aschegehalt lebender und abgestorbener Sphagnum- Teile ist auch bei FIR BAS zu finden (6). Dieses stimmt gut mit unseren Vorstellungen von den Austauschvorgangen ii berein: Flora, Bd. 141

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und

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Einwertige Kationen werden nicht nur verhaltnism aBig schwerer eingetausc ht, sondern auch wieder leichter yom Torfmoos abgegeben . Sind in einer Lasung zweiwertig e Kationen zugegen, so kann es ebenfalls zu einem Austausch kommen, ohne daB Wasscrsto ffionen sich daran beteiligen (vgl. KELLEY [14]: "Ober die relative Ersatzkraf t von Kationen "). Eine weitere Erklarung fUr die Metallione nabnahme in den abgcstorbene n Sphagnen lieBe sich durch folgende Uberlegun g geben: Durch eingeweht en Staub aus der Atmosphli re und die im Regenwasser mitgefUhr ten Stoffe wird die Ionenkonz entration an der Oberflache des Moores erhaht, und es kann nach den gefundcne n GesetzmaBigkeit en ein verstark ter Austausc h eintreten. Dazu tragt noch die groBe Geschwind igkeit bei, mit der sich diese Vorgange vollziehen , wodurch eine Diffusion der Mineralsto ffe in die Tiefe verhindert wird. Die dabei in Lasung gehenden Wassersto ffionen werden aber entsprechend dem entstanden en Konzentra tionsgefal le die abgestorbe nen Sphagnum- Teile erreichen und hier einen entgegeng esetzten Austausch , also in beschrank tem U mfang eine Art "Regenera tion", hervorrufe n (vgl. ZIEGENSPECK: "Uber das Pufferung svermagen der Sphagnen " [28]). Zusammen fassend kann also gesagt werden: a) Bei der durchschn ittlichen Konzentra tion und Menge des Moorwassers kannen nur ungefahr 0,4-0,8 M.A.j100 g Sphagnum ausgetauscht werden. In 100 g lufttrocke nem Sphagnum befinden sich etwa 30 M. A Ca, K und Mg. Das ist rund das 50fache des obigen Wertes. Fur die Torfmoose ist darum die Erneueru ng des Wassers von lebenswich tiger Bedeutung , da nur hierdurch eine Erhahung des pH eintritt, wodurch erneut ausgetaus cht werden kann. b) Die Austausch vorgange an lebenden Sphagnen sind nicht nur fUr die Aufnahm e von Nahrstof fen aus der Atmosph are wicht ig, sondern auch fUr die Wiedergew innung wichtiger Mineralstoffe aus den abgestorbe nen Pflanzen, wo sie mit verhliltnism aBig groBer Kraft festgehalte n werden und darum z. B. fUr hahere Pflanzen oft nicht austausch bar sind (6). In diesem Zusammen hang sei noch kurz die Her k u n ft der Nahrstoffe erwahnt, uber die FIRBAS (6) einigen AufschluB gibt. Ais Quellen fUr die fortdauern de Ernahrung der Hochmoor e werden angesehen : a) Adsorptio n von Gasen (NH3) durch den sauren Torf oder Bindung durch lebende Organisme n (C0 2, N2);

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

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b) im Regenwasser geloste oder suspendierte Stoffe; c) die mineralischen und die organischen Komponenten des Flugstaubs; d) die gelegentliche Zufuhr von groBeren Pflanzenresten, von Tierleichen und -exkrementen. Dagegen ist die Diffusion von Stoffen aus dem mineralischen Untergrund durch das humide Klima und eine erschwerte Diffusion durch die Torfmasse auBerst gering oder sie fehIt ganz. Eine "Nahrstoffbilanz " (bei FIRBAS befindet sich hieriiber eine ausfiihrliche Tabelle) iiber die zugefUhrten Stoffe auf einem Hochmoor laBt sich bis jetzt nul' annaherungsweise geben. Es ergibt sich aus ihr, daB Natrium und Kalium dem Hochmoor reichlicher zugefiihrt werden als Kalzium und Magnesium. VerhaItnismaBig sehr hoch ist dagegen die Zufuhr von Chloriden und Schwefel (als Sulfat oder Schwefelsaure), weniger von Phosphorsaure. Die Chloride sind im Regenwasser geli:ist enthalten, aber die Herkunft des Chloridgehalts in der Atmosphare ist noch nicht ganz geklart. Der Stic ks t offge h al t der Hochmoore ist, wie schon erwahnt, sehr gering. Er wird ihm entweder im Regenwasser gelost zugefUhrt oder direkt durch Adsorption des NH3 oder durch den Flugstaub, besonders durch Pollen, wie von FIRBAS nachgewiesen worden ist. Die N a h rs t 0 ff auf n a h me diirfte jedoch nicht die einzige Aufgabe des Sphagnum-Austau schers sein. Bei einem Gang durch die Moorlandschaft drangt sich unwillkiirlich del' Gedanke auf, daB die Sphagnen durch die Ansauerung des Substrats einen weiten Vorsprung den anderen Pflanzen gegeniiber besitzen. Nicht nur, daB sich keine Faulnisbakteri en ansiedeln konnen, sondel'll es fallt VOl' allem auch die groBe Artenarmut innerhalb eines Hochmoores auf. Die biologische Forschung del' letzten 10 Jahre hat uns gelehrt, was fiir eine ungeheure Bedeutung chemischen Stoffen im Konkurrenzkamp f del' Organismen zukommt. Zuerst bei Pilzen und Bakterien nachgewiesen, werden solche Ant i b i 0 t i k a in rasch steigender Zahl auch bei Algen und hoheren Pflanzen entdeckt. Wir haben nun gesehen, daB die Torfmoose auch den Ionenaustausc h in den Dienst des chemischen Konkurrenzkamp fes stellen konnen. Ionenaustauschvo rgange, von denen die Technik heute einen so ausgiebigen Gebrauch macht, finden wir in del' Natur weit verbreitet. Sie spielen im Boden eine groBe Rolle und werden von den Pflanzen, wie wir wissen, auch in der ersten Phase der Nahrstoffaufnahm e an15*

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gewendet. Die sogenannten W urzelsauren sind ja seit langem als das Resultat von Austauschvorgangen, die sich zwischen der Wurzel und dem Boden abspielen, erkannt worden. Nun sehen wir, daB diese Fahigkeit, durch Ionenaustausch eine Ansauerung des Milieus hervorzurufen, bei Sphagnen und bei einigen anderen Moosen bis zur Meisterschaft weiterentwickelt wurde. Wir sehen, daB sie sich dieser Eigenschaft bedienen, urn tiber alle jene Pflanzen zu siegen, die derartig niedere PH-W erte nicht mehr vertragen. So ist es denn letztlich der physiko-chemische Vorgang des Ionenaustausches, der auf dem Wege tiber die Moorbildung so tief in die Gestaltung der Landschaft eingegriffen hat.

E. Zusammenfassung L U ntersucht wurde der Wasserstoffionenaustausch der Torfmoose in N eutralsalzlosungen und schwach alkalischen Losungen. Als Versuchsmateria1 diente neben anderen Arten vor aHem das aus einer Hochmoorschlenke stammende Sphagnum cuspidatum. II. Methodik: Ftir die PH- Bestimmungen der N eutralsa1zlosungen vor und nach der Zugabe von Sphagnum wurde eine Chinhydronelektrode verwendet, fUr die potentiometrische Titration eine Antimonelektrode. Die Aziditat der Sphagnen in einer alka1ischen Losung ist titrimetrisch ermittelt worden. III. Ergebnisse: 1. Alle untersuchten Torfmoose verursachten in Neutralsalzlosungen eine pH-Senkung, in destilliertem Wasser dagegen nicht. 2. Die Ansauerung einer N eutra1sa1zlosung durch Sphagnen geht mit groBer Geschwindigkeit vor sich und ist in der ersten Minute am groBten. DaB sie im neutral en Bereich viel schneller erfo1gt als im schwach sauren, beweist, daB sie yom pH-Wert abhangig ist. ErwartungsgemaB nimmt die Geschwindigkeit zu, je mehr Sphagnum in einer bestimmten

·· . B. d V h·1 . 1 g Sphagnum k Menge Losung zugegen 1st. e1 em er it tms 200 cern L.·osung sen t sich der pH-Wert nach 1 Minute bereits urn 1,5. In den nachsten 4 Minuten tritt nur mehr die geringe Senkung urn 0,1 pH ein. In der freien Natur trifft wesentlich mehr Sphagnum auf eine bestimmte Fltissigkeitsmengc. Desha1b kann angenommen werden, daB hier die Austauschgeschwindigkeit mindestens ebenso groB ist, obwohl die Sa1zkonzentration kleiner ist.

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

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Mehrere Wochen lufttrocken aufbewahrtes Sphagnum benotigt fiir seine Quellung und so mit fUr den Eintritt in den austauschfahigen Zustand weniger als 1 Minute. Die Austauschgeschwindigkeit laBt sich durch Erwarmung auf 80 0 C und durch Abkiihlung auf 50 C nicht beeinflussen. Die Austauschgeschwindigkeit ist von der Herkunft der Torfmoose (mit Wasser erfiillte Hochmoorschlenke, Flachmoor mit sehr unterschiedlichem Feuchtigkeitsgehalt, trockener Waldboden) weitgehend una bhangig. 3. Waren Sphagnen bereits in einer Salzlosung oder in einer alkalischen Losung gelegen, so vermogen sie eine frische Losung nicht mehr oder nur ganz geringfugig anzusauern. Durch v erd ii n n t e Sa ur e n laBt sich jedoch der urspriingliche Zustand wiederherstellen. Es findet nach dieser "Regeneration" der Sphagnen sogar eine we::;entlich verstarkte Ansauerung gegeniiber vorher statt. 4. Quantitative Bestimmungen des Austausches von Bariumionen gegen Wasserstoffionen fiihrten zu dem Ergebnis, daB der Austausch nahezu im aquivalenten Verhaltnis erfolgt. Es kann daher folgende Gleichung fur den Austauschvorgang aufgestellt werden:

+

A - Ba

+ 2 H+ ~ A -

H2

+ Ba++

(A = austauschende Substanz in den Sphagnen, Ba = Barium, dessen Stelle auch in anderes Metall einnehmen kann.) Erst auf Grund dieser Ergebnisse kann man von einem echten Ionenaustausch sprechen. 5. Die GroBe des Ionenaustausches zeigte sich von foigenden Faktoren una bhangig: a) Dem Zerteil ungsgrad der Moose; b) der ausschlieBlichen Gegenwart eines bestimmten Pflanzenteils (entweder nur Gipfel oder nur griine Stengel mit Seitenastchen oder nur braune, abgestorbene Teile); c) der Einwirkung von Rontgenstrahlen (45000 r)l). Eine ganz geringe Verminderung des Ionenaustausches trat nach mehrstiindigem Erwarmen auf 80 0 C ein. Lufttrockene Aufbewahrung der Torfmoose wirkte sich mit zunehmender Dauer mehr und mehr negativ auf die Ansauerung aus. Nach ctwa 60 Jahren haben die Torfmoose die Fahigkeit zum Ionenaustausch verloren. Eine Parallele finden wir im "Altern" der Harzaustauscher. 1) Infolge des vollig negativen Ergebnisses der Versuche, durch starke Rontgendosen die Austauschfahigkeit der Sphagnen zu beeinflussen, wurde von einer eingehenden Darstellung dieser Experimente in der Arbeit Abstand genom men.

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Die GroBe des Ionenaustausch es ist stark abhangig von der Sal zk 0 n zen t rat ion der Losung. Erwartungsgem aB ist die Ansauerung in starkeren Losungen groBer als in verdiinnteren. Es wird aber in letzteren stets r el at i v me h r ausgetauscht als in den konzentriertere n. Der Wasserstoffion enaustausch ist stark pH-abhangig. In alkalischen Losungen wird am meisten ausgetauscht, in den schwach sauren am wenigsten. 6. Es wurde die Au s tau s c h k a paz ita t des Sphagnums bestimmt, d. h. der in einer bestimmten Losung maximal mogliche Austausch. Dabei zeigte sich, daB in den verschiedenen Elektrolytlosun gen je nach ihrer Art und Konzentration eine bestimmte Austauschkapa zitat erreicht wird. In einer verdiinnten alkalischen Losung war sie am groBten (etwa 70 M.A./100 g Sphagnum). Da bei dem hohen pH-Wert alle vorhandenen sauren Gruppen im Sphagnum neutralisiert werden konnen, wird die ermittelte Zahl als "Gesamtaus tauschkapaz itat" bezeichnet. In den Neutralsalzl osungen war die Austauschkapa zitat im allgemeinen viel geringer als in den alkalischen Losungen. Zudem war die N eutralsalzausta uschkapazitat je nach Art und Konzentration des Salzes verschieden. In 0,01 n Salzlosung mit einem zweiwertigen Kation betrug die Kapazitat 14-15 M.A.j100 g Sphagnum, in 0,01 n Salzlosung mit einwertigem Kation 6-8 M.A.j100 g Sphagnum. Regeneriertes Material zeigte durchschnittlic h die doppelte Austauschkapazita t gegeniiber gewohnlichem. 7. Die Neutralsalzaus tauschkapazita t ist urn so kleiner, je groBer der Mineralstoffrei chtum des betreffenden Standortes ist. 8. Torfmoose des atlantischen, tropischen und subtropischen Klimabereichs zeigen ebenfalls eine gewisse Austauschkapa zitat. Soweit sie auf vermoorten Boden vorkamen, stimmte ihre Austauschkapa zitat mit der unserer einheimischen Hoch- und Flachmoorspha gnen gut iiberein. Meistens siedelten sie jedoch auf mineralischem Untergrund (Lehm oder Granit) und wiesen dann ein bedeutend geri nger es Ansauerungsve rmogen auf, da ein Teil ihrer Wasserstoffion en bereits ausgetauscht worden war. 9. Es konnte festgestellt werden, daB der Verlauf der potentiometrischen N eutralisationsk urve eines Sphagnums Ahnlichkeit mit der Neutralisations kurve eines kiinstlichen Harzaustaus chers hat, der zum Austausch berahigte Carboxylgru ppen (- COOH) besitzt. AuBerdem ist anzunehmen, daB sich in dem Sphagnum-Austauscher neben dem Carboxyl noch andere wirksame Gruppen befinden, namlich schwach saure phenolische OH-Gruppen, die die hohe Gesamtkapazit at hervorrufen, und Sulfosauregrup pen (- SOaH).

Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

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10. Durch den Saureaustausch sind die rhizoidlosen Torfmoose in der Lage, Mineralstoffe aufzunehmen, die einerseits aus del' Atmosphare stammen, andererseits aus den abgestorbenen, vertorfenden Pflanzenteilen. Ferner entsteht durch die Versauerung des Bodens ein Kampfwert gegen das Vordringen anderer Pflanzen. Da nul' wenige den niederen pH-Wert ertragen konnen, ist hierin eine der Hauptursachen flir die gro13e Art e n arm u t der Moore zu sehen. 11. Berechnungen ergaben, da13 100 g lufttrockenes Sphagnum cuspidatum, das aus einer Hochmoorschlenke stammte, in der Pflanzenasche insgesamt 30 M.A Natrium, Kalium und Kalzium enthalten. Bei der durchschnittlichen Wassermenge und der Elektrolytkonzentration in einem Hochmoor konnten wegen der pH-Abhiingigkeit des Austauschers nur 0,4-0,8 M.A.jl00 g Sphagnum eingetauscht werden, wenn nicht durch den Regen immer wieder frisches Wasser zugefiihrt werden wiirde, das den pH-Wert etwas erhoht und somit einen erneuten Austausch ermoglicht . IV. Neue Gesichtspunkte: 1. Aus der Sphagnum-Membran ist friiher von verschiedenen Wissenschaftlern ein phenolartiger Stoff, das Sphagnol, isoliert worden, das der Dicranumgerbsaure nahestand. 2. Die an dem Sphagnum-Saureaustauscher gefundenen Gesetzmii13igkeiten gelten ausnahmslos auch fiir die kiinstlichen Harzaustauscher. Diese auch als "kiinstliche Gerbstoffe" bezeichneten Verbindungen sind ein Kondensationsprodukt von Phenol und Formaldehyd, an dem sich saure Gruppen wie die - COOH-, - SOaH- und OH-Gruppe befinden. 3. Fiir die permutoiden Eigenschaften natiirlicher Gerbstoffe spricht ferner ein britisches Patent, demzufolge natiirliche Gerbs t 0 ff I' flir die HersteUung kiinstlicher Harzaustauscher verwendet werden konnen. Diese drei Tatsachen sind Argumente fiir folgende Hypothese: Der Ionenaustausch des Sphagnums ist nicht nur den gleichen physikochemischen Gesetzen wir die kiinstlichen Harzaustauscher unterworfen, sondern es sprechen mehrere Anzeichen auch flir eine chemische Verwandtschaft der beiden Austauscher. Bei unserer Arbeit wurden wir durch Herrn Professor Dr. PAUL unterstiitzt, der die Bestimmung der Sphagnum-Art en durchflihrte. Ihm und Herrn Professor Dr. MARKGRAF, der uns brasilianische Sphagnen zur Verfiigung steUte, moehten wir flir ihre Hilfe herzlichen Dank sagen.

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Der Ionenaustausch bei Torfmoosen (Sphagnum)

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Nachtrag Wahrend der Drucklegung unserer Arbeit erschien eine Veroffentlichung von J. RAMAUT, Modifications de Ph apportees par la Tourbe et Ie Sphagnum sees- aux solutions salines et a l'eau bidistillee, Academie royale de Belgique, Bull. de la Classe des sciences, 5. Serie, Tome XL, 305-319, 1954. RAMAUT berichtet hierin, daB Sphagnum papillosum, bei 105 0 C getrocknet und in steigender Menge (bis 900 mgj100 ccm) in bidestilliertes Wasser gebnicht, den pH-Wert von 6,7 auf 4,6 senkt. Nach 24 Stunden in neues Aqua bi~est. iiberfiihrt, sinkt der pH-Wert nur mehr auf 5,9, bei der dritten Uberfiihrung auf 6,1 und bei der vierten ist keine Ansauerung mehr nachweis bar. RAMAUT erklart dies damit, daB eine saure Substanz, welche fiir die Saurewirkung des Torfmooses verantwortlich ist und eine geringe Wasserloslichkeit besitzt, allmahlich aus dem Sphagnum ausgewaschen wird und dieses dadurch seine Fahigkeit zur Ansauerung verliert. Es gelang nun RAMAUT, durch..aufeinanderfolgende Behandlung mit Petrolather, Schwefelather und Athylalkohol, den Sphagnen eine Substanz zu entziehen, welche - nach Entfernung der Losungsmittel -- das Wasser in gleicher Weise anzusauern vermag wie das Torfmoos, wahrend das behandelte Sphagnum selbst seine Ansauerungsfiihigkeit fast vollig verI oren hat. Auch dies sieht RAMAUT als Beweis dafiir an, daB die Saurewirkung des Sphagnums wenigstens teilweise auf der Ausscheidung einer sa-uren Substanz beruhe, wie dies schon PAUL angenommen hatte. Wir konnen uns dieser SchluBfolgerung nicht anschlieJ3en. Wenn man verhiHtnismaBig groBe Mengen von Sphagnum in Aqua bidest. bringt, bleibt dies eben kein destilliertes Wasser mehr, und die eingebrachten Spuren von Neutralsalzen geniigen v ollig , urn auf dem Wege des Austausches eine Ansauerung zu bewirken. Die Abnahme der Ansauerung bei mehrmaligem Wasserwechsel erkHirt sich dann von selbst. Auch wir beniitzten ja ausgewaschenes Sphagnum fiir unsere Austauschversuche. Die Unrichtigkeit der Deutung, die RAMAUT gibt, laBt sich entscheidend dadurch beweisen, daB man Sphagnum, das im Aqua dest. keinerlei Ansauerung mehr zeigt, nun in verdiinnte Neutralsalzlosungen bringt, wo die pH-Senkung vollkommen normal einsetzt. Dies ware unmoglich, wenn - nach der Annahme RAMAUTS - der Stoff, welcher fiir die Saurewirkung verantwortlich ist, vorher durch das destillierte Wasser entzogen worden ware. Was den zweiten Punkt betrifft, beweisen die Extraktionsversuche nicht die Ausscheidung einer sauren Substanz. 1m Gegenteil! In der Tatsache, daB es lipoidlosender Mittel bedarf, urn dem Sphagnum seine Saurewirkung zu nehmen, sehen wir den Beweis dafiir, daB im normalen waBrigen Medium keine Abscheidung eines derartigen

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IRMGARD ANSCHUTZ und FRITZ GESSNER, Der Ionenaustausch bei Torfmooseri

Stoffes erfolgt. U nsere Auffassung, die Saurewirkung der Sphagna beruhe ausschliel3lich auf einem Ionenaustausch, wird also durch die Versuche von RAMAUT indirekt bestatigt. Zu dem Versuch, aus dem Sphagnum den die Ansauerung bewirkenden Stoff rein darzustellen, ist an Hand der friiheren Literatur ebenfalls kritisch Stellung zu nehmen. Wie bereits in der Diskussion erwahnt wurde, haben dasselbe schon CZAPEK (5) und IBELE (11) versucht. Den gewonnenen Stoff nannten sie "Sphagnol". CZAPEK wies besonders auf die bakterientotende Wirkung des Sphagnols hin. Die Untersuchungen der drei Autoren zeigen aber, daB drei ganz verschiedene Stoffe dargestellt worden waren. Die Gewinnungsmethoden sollen kurz wiedergege ben werden: .. CZAPEK extr~hierte Sphagnum acutifolium bis zur Erschopfung mit Ather und 96% Athylalkohol. Das ausgelaugte Torfmoos behandelte er mit 1 % Natronlauge, wobei ein Teil des Mooses in Losung ging. Sas Filtrat wurde mit verdiinnter Schwefelsaure neutralisiert und das Losungsmittel verdampft. Der feste, als .,Rohsphagnol" bezeichnete Riickstand war in Alkohol und Wasser loslich. lBELE extrahierte Sphagnum papillosum wochenlang mit Athylalkohol, Ather, Benzol, Benzin und Chloroform, bis alles Chlorophyll und alle Fette vollstandig verschwunden waren. Dann behandelte er das Sphagnum mit 30% Wasserstoffsuperoxyd und mit verdiinnter Natronlauge, wobei es sich bis auf geringe Spuren aufloste. Aus dem Filtrat fallte IBELE mit Salzsaure eine grauweiBe Masse aus, die beim Trocknen hornartig erhartete, "i n gewoh nlichen Losungsmitteln unloslich war" und mit neutral en Salzlosungen einen H-Ionenaustausch zeigte, d. h. also eine Ansauerung ~ervorrief. RAl\lAUT extrahierte ebenfalls Sphagnum papillosum mit Ather und Athylalkohol. 1m Gegensatz zu den beiden anderen Autoren gewann er aber aus diesem Extrakt nach dem Verdampfen des Losungsmittels einen Stoff, der nach seiner Meinung die Ansauerung hervorruft. Diese Zusammenstellung liiBt erkennen, wie schwer es ist, aus der Vielfalt der im Torfmoos enthaltenen Stoffe die Verbindung zu isolieren, die tatsachlich im lebenden und abgestorhenen Torfmoos den Ionenaustausch bewirkt. Viele Fehler sind dabei moglich, z. B. konnen durch Saureeinwirkung erst nachtraglich permutoide Eigenschaften auftreten (GRIESBACH [9]). Die Erforschung der chemischen Natur des Sphagnum-Austauschers bleibt also der Zukunft vorbehalten, und es sei darum zum SchluB die Hoffnung ausgesprochen, daB sie nach der Entdeckung der physikalisch-chemischen GesetzmaBigkeiten nicht mehr allzu lange ausbleiben wird. Anschrift der Verfasser: Dr. IRMGARD ANSCHUTZ, Trost berg/Altottingerstr. 49 (Oberbayern). Professor Dr. FRITZ GESSNER, Miinchen 38, Menzinger StraBe 67, Botanisches Institut der U niversitat.