Desynapsis and chromosome breaks in a mutant of Pisum sativum

Desynapsis and chromosome breaks in a mutant of Pisum sativum

Mutation Research Elsevier Publishing Company, Amsterdam Printed in The Netherlands 277 DESYNAPSIS UND CHROMOSOMENBRLTCHE IN E I N E R MUTANTE VON P...

633KB Sizes 0 Downloads 47 Views

Mutation Research Elsevier Publishing Company, Amsterdam Printed in The Netherlands

277

DESYNAPSIS UND CHROMOSOMENBRLTCHE IN E I N E R MUTANTE VON PISUM SATIVUM*

HANS-DIETER KLEIN Institut fiir Genetik, Universitdt Bonn (Deutschland) (Eingegangen den 9. Mai 1969)

SUMMARY

Desynapsis and chromosome breaks in a mutant of Pisum sativum

An X-ray induced mutant of Pisum sativum shows considerable meiotic irregularities caused by a reduction of chiasma frequency and the occurrence of chromosome breakage during the first meiotic prophase. In the subsequent stages univalents, fragments and bridges arise, resulting in abnormal chromosome distribution and complete sterility of the mutant. The simultaneous occurrence of reduced chiasma frequency and chromosome breakage seems suitable to test the hypothesis of LEWIS AND JOHN5 that chromosome breakage might be produced by errors in the cross-over process. The following results of our investigations are regarded as a confirmation of this assumption. • . Both chromosome breakage and reduced chiasma frequency take place in meiotic prophase during the four-strand stage. In both cases 2 of the 4 chromatids are involved in the exchange process, and in both cases the exchange is complete and reciprocal. 2. The investigation of anthers being fixed at two different developmental stages of ontogenesis--immediately after entering flowering period and 4 weeks later-reveals remarkable differences as far as the amount of reduced chiasma frequency and aberration frequency is concerned. Both these factors change in the same way: the greater the number of chiasmata, the higher the number of aberrations, and vice versa.

3. A comparison between fragment size at metaphase I and chiasma distribution in the bivalents shows that chromosome breakage and chiasma formation are located in the same chromosome regions. Because of the predominance of sisterchromatid r~unions, the possibility is discussed that ineffective chromosome pairing might be responsible for both the reduced chiasma frequency and the occurrence of fragments and bridges.

* Die Arbeit wurde unterstiitzt durch das Ministerium ffir Wissenschaftliche Forschung der Bundesrepublik Deutschland. Abkfirzungen: AI, Anaphase I; AII, Anaphase II; MI, Metaphase I; MII, Metaphase II; PMZ = Pollen-Mutter-Zelle(n).

Mutation Res., 8 (1969) 277-284

278

HANS-DIETER KLEIN

EINLEITUNG

In einer Vielzahl von Untersuchungenl,a,s,<",'~, la k,mnte der Nachweis erbracht werden, dass Briicken und Fragmente in der ersten meiotischen Anaphase nicht nur als Folge eines Cross-overs in einer parazentrischen Inversionsschleife, sondern auch durch Brtiche und Reunionen in der Prophase erkl/irt werden k6nnen. Sp~iter entdeckten insbesondere LEWIS UND JOHNs sowie JONESa Hinweise dafiir, dass diese Briiche im Zusammenhang mit einem gest6rten Ablauf des Cross-overs stehen. Die nachstehend behandelte Pisum-Mutante liefert Befunde, die diese Hypothese bekr~iftigen. MATERIAL UND METHODE

Die vorliegende Mutante von Pisum sativum mit der Sortimentsbezeiehnung 229A entstand naeh R6ntgenbestrahlung lufttroekener Samen der Handelssorte "Dippes gelbe Victoria". Die Vermehrung der sterilen Mutante und die Ermittlung der Spaltungsverh~iltnisse erfolgten tiber heterozygote M2- bis MT-Pflanzen. Ftir die zytologischen Untersuchungen wurden die Antheren junger Bltitenknospen in Carnoy 3:1 fixiert, mit Karmin-Essigs~iure gef~irbt und als Quetschpdiparate verarbeitet. Die Fixierung erfolgte zu zwei versehiedenen Zeitpunkten : das erste Mal zu Beginn der Bltihperiode, das zweite Mal 4-5 Wochen sp~iter. Die Messung der Fragmentgr6ssen und der L~inge der distal yon den Chiasmen gelegenen Chromosomenabsehnitte erfolgte nach JONES3 SO, dass die Fragmente und Bivalente fotografiert, ihre Konturen bei 216o-facher Vergr6sserung mit dem Vergr6sserungsapparat auf Millimeterpapier projiziert und nachgezeichnet wurden. Die Gr6ssenangaben erfolgten in ram, wobei I mm 0.46 # entsprieht. Da die Fragmente in den meisten F~illen kugelig abgerundet sind, wurde ftir ihre Charakterisierung der Durchmesser angegeben. ERGEBNISSE

Die Mutante 229A ist steril. Die Sterilit~it beruht auf der Wirkung eines rezessiven Gens, das im Stadienablauf der Meiosis vielf~iltige St6rungen verursacht und die Ausbildung funktionsf~ihiger Keimzellen verhindert. Die St6rungen werden erstmalig w~hrend der MI in Form yon Univalenten und Fragmenten sichtbar (Abb. I). Da sich die Homologenpaarung im Pachyt~in als exakt und vollst~indig erweist, wird das Auftreten der Univalente auf eine Reduktion der Chiasma-Frequenz im Pachyt~in zurtickgefiihrt (Desynapsis). Ftir die Bildung der Fragmente sind Brtiche verantwortlich zu machen, deren Entstehung wegen der Natur dieser Fragmente und wegen des Fehlens derartiger Aberrationen in der pdimeiotischen Mitose und den Anfangsstadien der ersten meiotischen Prophase ebenfalls in den Zeitraum des Pachyt~ins fallen dtirfte. Die Auswirkungen dieser St6rungen auf die mittleren und sp~ten Prophase-Stadien k6nnen wegen unklarer Kernverh~iltnisse nicht verfolgt werden. Bei normaler oder nut geringftigig herabgesetzter Chiasma-H~iufigkeit bleibt ein Grossteil der Fragmente tiber Chiasmen mit den Bivalenten bis zur Anaphase 3Iutation Res., 8 (1969) 277-284

DESYNAPSIS UND CHROMOSOMENBR('CHEIN P i s u m sativum

279

Abb. I. MI der Mutante 229A mit einem Bivalent und 12 Univalenten. Ein Univalent ist als Folge eines Chromosomenbruches in der Prophase in ein azentrisches (am Bildrand) und ein zentrisches Fragment (Pfeil) zerteilt worden. verbunden (vergl.: REES UND THOMPSON11). In der vorliegenden hochgradig desynaptischen Mutante ist die Situation insofern ver~indert, als der fiberwiegende Teil der Chromosomen in Form yon Univalenten vorliegt. 80-90 % der Fragmente werden daher bereits in der Metaphase sichtbar, w/ihrend in der Anaphase lediglich die in Begleitung von Bivalentbrficken auftretenden Fragmente hinzukommen. Untersucht man dartiber hinaus Antheren, die zu zwei verschiedenen Zeitpunkten fixiert wurden--zu Beginn der Blfihperiode und 4-5 Wochen sp/iter--, so ergibt sich ein deutlicher Unterschied in der H/iufigkeit der Univalente und Aberrationen zu diesen beiden Zeiten. In der MI waren die Verh/iltnisse wie folgt: Im Material der ersten Fixierung wiesen mehr als die H~ilfte aller PMZ ausschliesslich Univalente auf (645 von I I I 3 ) , w~thrend der Rest mit stark abnehmender H/iufigkeit I, 2, 3 u n d - - i n nur 3 Zellen-- 4 Bivalente zeigte. Der Anteil der Zellen mit Fragmenten betrug 64.7%, wobei eine Streuung von 1- 5 Fragmenten pro Zelle verwirklicht war. Bei der spiT"teren Fixierung war der Chiasma-Ausfall noch wesentlich st/irker: von 381 Metaphase-Zellen batten nut 32 (8.5%) je ein Bivalent, w/ihrend die tibrigen 349 Zellen nur Univalente aufwiesen. Analog hierzu hatte sich der Anteil der Zellen mit Fragmenten auf 35-3% und ihre Zahl pro Zelle auf I b i s h6chstens 2 vermindert (Abb. 2). Es ergibt sich aus diesen Angaben ein gleichgerichtetes Verhalten zwischen Bivalenten und Fragmenten in der Weise, dass mit zunehmender Bivalenten-H~iufigkeit, d.h. mit zunehmender Chiasma-Frequenz, die Anzahl der Fragmente erh6ht ist. Die gleiche Beziehung wurde von REES 1° ffir eine Inzucht-Form von Secale ermittelt und von LEWIS UND JOHNs als ein wichtiger Befund ffir ihre Annahme angesehen, dass die Fragmente als Ausdruck eines gest6rten Austausch-Prozesses aufgefasst werden k6nnen. Ffir die gleiche Hypothese ist auch die Beobachtung von Bedeutung, dass in einigen Formen--z.B. SecaleS, n, Parisl--die Fragmentgr6ssen in Beziehung zu setzen sind mit dem Verteilungsmuster der Chiasmen in den Bivalenten. Dieser Befund kann am vorliegenden Material ebenfalls bestfitigt werden. Es wurden dabei zuMutation Res., 8 (1969) 277-284

2~0

HANS-DIETER t,~LE[N

90'

70"

50'

:30,

10'

Abb. 2. H~iufigkeitsverteilung der Merkmale: Bivalente je PMZ (leere S~iulen) und F r a g m e n t e je PMZ (quergestreifte Siiulen) zur Zeit der ersten F i x i e r u n g (dicke U m r a n d u n g ) u n d der zweiten F i x i e r u n g (diinne U m r a n d u n g ) . Den K u r v e n liegen die V~rerte yon insgesamt i494 PMZ zugrunde.

n~tchst durch Messung der Gr6sse der Fraginente und ihre Einordnung in Gr6ssenklassen die Stellen auf dell Chroinosoinen erinittelt, die bevorzugt zur Ausbildung von Brtichen neigen. Diese wurden anschliessend Init den Orten verglichen, an denen die Chiasinen lokalisiert sind. IIn Unterschied zur Norinalforin mit vorwiegend interstitiellen Chiasinen zeigte die Mutante eine Ver~tnderung des Verteilungsmusters zugunsten der terininalen Chiasinen. Sie tiberwogen init 76% (114 von 15o) deutlich, w/ihrend die interstitiellen mit 22.6% und die proximalen Init 1.4% in der Minderheit waren. Nach dieser Feststellung wurde von 21 Bivalenten der letzteren beiden Typen die Gr6sse der distal voin Chiasina-Ort gelegenen Abschnitte gemessen. Das Ergebnis dieser Messungen ist in der Tabelle I zusaininengefasst. Es ergibt sich, dass 78.5% der Fragmente kleiner sind als die Chroinosomenseglnente distal voin Chiasina-Ort bei Bivalenten Init interstitiellen und proximalen Chiasmen; dieser Wert stiinmt gut Init dein 76% -igen Anteil der Bivalente mit ternainalen Chiasmen iaberein. Auf der anderen Seite entsprechen sich die Fraginente der beiden letzten Klassen und der distal vorn Chiasma gelegenen Abschnitte der Bivalente Init interstitiellen oder proxiinalen Chiasmen sowohl in ihrer Gr6sse als auch in ihrer H~iufigkeit. Aus diesen ()bereinstiinmungen darf man schliessen, dass Brtiche in den Regionen auftreten, in denen bei Bivalenten die Chiasinen lokalisiert sind. TABELLE 1 GR(3SSI~NVERGLEICH DER SOMENSEGMENTE

Fragmente Bivalente

BEI

I~RAGMENTE UND

BIVALENTEN

MIT

DER

DISTAL VOM CHIASMA-ORT

INTERSTITIELLEN

ODER

A n z a h l der

Grdssenklassen in mm

97 21

13 --

M u t a t i o n t?es., 8 (1969) 277-284

4° --

GELEGENEN

PROXIMALEN

23 --

18 16

CHROMO-

CHIASMEN

3 5

DESYNAPSIS UND CHROMOSOMENBRI;CHE IN Pisum sativum

28I

Einen n/iheren Einblick in die Art des Bruchgeschehens erh/ilt man durch das Studiuin des weiteren meiotisehen Stadienablaufs. Die folgenden Zahlenangaben beziehen sich auf das umfangreichere Material der ersten Fixierung; die entsprechenden Werte der spfiteren Fixierung werden--soweit vorhanden--in Klammern hinzugeffigt. Die Anaphase verl~uft in zwei deutlich von einander getrennten Etappen. In der ersten Phase werden die Chroinosoinen aus den Bivalenten auf die Pole verteilt. Zu diesem Zeitpunkt werden in 3-7% (2%) der Zellen Bivalentbrticken sichtbar, die durch U-f6rinige Reunion zwisehen Bruchfl/iehen von Nicht-Geschwister-Chroinatiden zu erkl~iren sind. Sie werden begleitet von ebenfalls U-f6rinigen Fraginenten, bei denen die Reunionsstelle vielfaeh an einer schw/icher f/irbbaren Zone in der Mitte erkannt werden kann. Erfolgt dergleich Vorgang an allen 4 Chroinatiden eines Bivalents, so resultieren Doppelbrficken, die in 6% (3%) der Zellen anzutreffen sind. Sie sind entsprechend von zwei Fragmenten begleitet. Die Brficken werden mit zunehmender Polwanderung der Zentroinere iininer dfinner und zerreissen sehliesslich. Relativ h~iufig jedoeh--nainentlich dann, wenn das zentroinerverbindende Mittelsegment lang ist-- werden die Brticken nicht gel6st, sondern bleiben in unvergnderter Lage bis zur zweiten Teilung be';tehen. Die H~tufigkeit dieser persistierenden Brficken--gemessen in MI oder MII--betr/igt rund 20/o. o/ IIn zweiten Abschnitt der Anaphase ffihrt ein Tell der Univalente (durehschnittlich 3-4 pro Zelle) vorzeitig die ji,quationsteilung durch. Neben den polw~trts wandernden Chroinatiden werden nun ausserdein Univalentenbrfieken sichtbar, die sich auf Grund ihrer syminetrischen Struktur als das Ergebnis U-f6riniger Rekombinationen von Gesehwister-Chroinatiden zu erkennen geben. In der zweiten Anaphase wird das gesainte Ausmass der Brueh- und Reunionsvorg~inge deutlich. 73% (39%) der analysierten Zellen wiesen Fraginente auf, 61% (35%) hatten Brtieken, deren Hfiufigkeit yon 1-6 (I-2) Init einer ausgepr~igten Bevorzugung der Zellen Init einer Brticke variierte. Die Angaben fiber die Variationsbreite des Merkinals "Brt~ckenzahl je Zelle" sowie seine H~ufigkeitsverteilung stimmen dabei gr6ssenordnungsinS, ssig Init den entsprechenden Angaben fiber die Fragmente in MI tiberein. Zus~ttzlich zu den brtickenbildenden Aberrationen in der Prophase hat man als Ursachen ftir die Brtickenbildungen in dieser Phase anzunehmen: (z) Bivalent-Doppelbrticken, die in der AI gesprengt wurden, deren Bruchfl~ichen naeh ~

All

~

NII

J~

Abb. 3. Verhalten einer persistierenden Chromosomenbrficke in der AII. Das bizentrische Chromosom ist zwischen den Metaphaseplatten ausgespannt. Nach der Bildung der Tochterzentromere ergeben sich in Abh/ingigkeit yon deren VCanderungsrichtung w/thrend der AII Brfickenkonfigurationen, die wir als Quer- (rechts) und Diagonalanordnung (links) bezeichnen k6nnen. Die gleiche Verhaltensweise gilt sinngem/iss ftir persistierende Chromatidenbrficken. Mutation Res., 8 (I969) 277-284

282

HANY;-I)II~TERKLEIN

Abb. 4. Sprite All dcr Mutante 229,t. Die I'MZ zeigt 2 Chromatidenbriicken in DiagonalanordImng (Pfeile). Sie stammen aus persistierenden bizentrischen Chromosomen der i. Teilung. Daneben befinden sich je 2 Chromatidenbriicken zwischen den Polen der beiden Spindeln. Art des "Bruch-Fusion-Brticke-Zyklus ''7 verheilen und in der A I I zu erneuter Brtic~ kenbildung fiihren. (2) Bivalent-Doppelbriieken, die persistieren und ihre Form und Lage bis zur AII unver~indert aufrechterhalten haben. Ihre Zentromere liegen in den beiden ,X,quatorialbereiehen der zweiten Metaphase. Naeh ihrer Aufspaltung sind in Abh~ingigkeit yon der Wanderungsrichtung der Tochterzentromere zwei verschiedene Konstellationen m6glich, die ats Quer- und Diagonalanordnung bezeiehnet werden k6nnen (Abb. 3, 4). (3) Bivalent- und Univalentbriicken, die w~ihrend der AI ausgebildet, aber nicht gel6st wurden und bis zur zweiten Teilung persistieren. Da die Mehrzahl der Univalente und damit auch der Univalente mit Aberrationen erst in der zweiten Meiose geteilt wird und da 20% der AI-Briicken persistieren, ist die Briickenh~tufigkeit in der AII wesentlich gr6sser als in AI. Um eine Vorstellung dariiber zn bekommen, wie hoch der Anteil vollstiindiger U-Reunionen ftir die zentrischen Fragmente ist, wurde die Anzahl der AI-Fragmente, die praktisch das gesamte nachweisbare Bruehgeschehen wiederspiegeln, der Gesamtzahl der AI- und AII-Briieken gegeniibergestellt. Umgerechnet auf jeweils IOO Zellen hatten, unter Beriicksichtigung der Tatsaehe, dass 20°,/0 der AI-Briicken persistieren und somit doppelt bzw.--fiir den Fall persistierender Doppelbriicken-- 4 mal gez/ihlt wurden, Ioo AI-Zellen 120 (49) Fragmente, und IOO AI- und AII-Zellen 142 (60) Briicken. Weiter muss man beriieksichtigen, dass Bracken stets gut erkannt werden, w~ihrend die Registrierung von Fragmenten zuweilen sehr viel schwieriger ist. Hinzu kommt, dass in einigen Zellen zwar ein Briicke, aber kein Fragment nachgewiesen werden konnte, was m6glieherweise darauf beruht, dass in diesen F~illen die Bruchund Reunionsstelle so weit terminal liegt, dass das resultierende Fragment submikroskopisch klein ist. Insgesamt ergibt sieh aus diesen ['berlegungen eine weitere AnnAherung der beiden Werte. Aus ihrer gr6ssenordnungsm~issigen [.~bereinstimmung darf man schliessen, dass praktiseh alle Bruchfl~ichen in der Prophase rekombinieren. 3 l u t a t i o n Res., 8

(1969) 277-284

DESYNAPSIS UND CHROMOSOMENBRI~CHEIN

Pisum sativum

283

DISKUSSION

Ftir die in der vorliegenden Arbeit behandelte Mutante ergeben sich auf dem Hintergrund der dargelegten Befunde und unter der Voraussetzung, dass die angenommenen Beziehungen zwischen Aberrationen und "Fehlern" im Cross-overProzess richtig sind, folgende Interpretationsm6glichkeiten: (z) Die hohe Reduktion der Chiasmafrequenz ist zurfickzuffihren auf eine Verminderung des Bruchgeschehens als Voraussetzung f fir die Austauschvorg~nge. Die wenigen Brtiche, die sich ereignen, ffihren in einigen F~llen zu X-f6rmigen Rekombinationen und damit zu Chiasmen und Bivalenten, meistens jedoch zu U-Reunionen zwischen Geschwister- und Nicht-Geschwister-Chromatiden, die Aberrationen in Form yon Brficken und Fragmenten bedingen. (2) Die Bruchh~ufigkeit ist in der Mutante und in der Normalform etwa gleich gross; es zeigt sich jedoch ein ver~ndertes Verhalten der Brnchfl~chen in der Weise, dass besonders h~ufig Restitutionen, weniger h~ufig U-Reunionen und sehr selten chiasma-bildende X-Reunionen erfolgen. Da sowohl die Restitutionen als auch die im vorliegenden Falle besonders h~ufigen U-Reunionen zwisehen Geschwister-Chromatiden intrachromosomale Vorg/inge sind, mag man vermuten, dass die Bruchfl~chen lagem~ssig ftir diesen Verheilungstyp g~nstiger sind als ffir den interchromosomalen, chiasma-bildenden Austausch. Als tiefere Ursache ffir die St6rungen wfirde sich somit ein anomales Konjugationsverhalten der homologen Chromosomen ergeben, obwohl bei mikroskopischer Beobachtung die Pachyt~tnpaarung normal und vollst~ndig zu sein scheint. Es sei in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass in der Spermatogenese von Drosophila kein Cross-over stattfindet, obgleich sich die Chromosomen paaren. Elektronenmikroskopische Untersuchungen 7 legen nahe, dass das Fehlen der Austauschvorg~tnge zurfickzuffihren ist auf das Fehlen eines sogenannten "synaptischen Komplexes" in dem Spermatozyten, der bei den Cross-over durchftihrenden Ooeyten vorhanden ist. Die Begriffe effektive und nicht-effektive Paarung 4umschreiben einen vergleichbaren Sachverhalt, und RILEY UND LAW12und JOHN UND NAYLORz u.a. sind der Ansicht, dass solche submikroskopischen St6rungen im Paarungsverhalten bei der Diskussion fiber die Entstehungsursachen der Desynapsis berficksichtigt werden sollten. Es bleibt jedoch absehliessend festzustellen, dass alle Theorien zur Erkl~rung der genannten Probleme solange unbefriedigend bleiben mfissen, als keine genaueren Kenntnisse fiber die Paarung, die Chiasma-Bildung und die Chromosomenstruktur vorliegen. Die Analyse yon Meiosen mit St6rungen in der Konjugationsphase kann jedoch dazu beitragen, diese Lficken zu sehliessen. ZUSAMMENFASSUNG

Die zytogenetisehe Bearbeitung der Pisum-Mutante 229A ergab folgende Ergebnisse : (z) Die Mutante ist wegen erheblicher Meiosisst6rungen steril. Die St6rungen bestehen in einer Reduktion der Chiasma-Frequenz bei mikroskopisch normaler Pachyt/in-Paarung (Desynapsis) und dem Eintreten yon Chromosomen-Brfichen in der meiotischen Prophase. Sie ffihren zu Univalenten, Fragmenten und Briicken und bedingen erhebliche Verteilungsanomalien der Chromosomen. Als Ergebnis resultieren funktionsunf~hige Genen. Mutation Res., 8 (1969) 277-284

2~ 4

HAN S-I)IF.Tlr~R KLEIN

(2) Um die Entstehung der Brflche zu erkl~tren, wird geprtift,"ob sie im Zusammenhang mit einem gest6rten Ablauf des Cross-over-Prozesses stehen. Als in diesem Sinne positive Befunde wurden ermittelt : (a) Die Entstehung der Briiche erfolgt im gleichen Prophase-Zeitraum, in dem sich die Austausch-Vorg~tnge ereignen. (b) Bei Fixierung zu zwei verschiedenen Zeiten ver~indern sich Chiasma- und Aberrationsfrequenz gleichsinnig in der Weise, dass zunehmende Chiasma-H~iufigkeit wm zunehmender Aberrationsh~iufigkeit begleitet wird. (c) Durch Messung der Fragmentgr6ssen und BestimInung des Verteilungsnmsters der Chiasmen in den Bivalenten ergibt sich, dass Briiche in den Chromosomenregionen auftreten, in denen die Chiasmen lokalisiert sind. (3) Die geschilderten St6rungen beruhen auf der Wirkung eines rezessiven Gens. (4) Wegen der Bevorzugung intrachromosomaler Rekombinationen der Bruchfl~iehen wird als tiefere Ursache fiir die St6rungen eine Beeintr~iehtigung der Homologenpaarung diskutiert. LITERATUR i HAGA, T., Meiosis in Paris, I[. S p o n t a n e o u s b r e a k a g e a n d fusion of c h r o m o s o m e s , Cytologia, 18 (I953) 50-66. 2 JOHN, B., UND 9 . NAYLOR, A n o m a l o u s c h r o m o s o m e b e h a v i o u r in t h e g e r m line of Schistocerca gregaria, Heredity, 16 (1961) 187-198. 3 JONES, O. H., T h e control of c h i a s m a d i s t r i b u t i o n in rye, Chromosoma, 22 (i967) 69-9o. 4 LEVAN, A., T h e c y t o l o g y of d l l i u m amplectens a n d t h e occurrence in n a t u r e of its a s y n a p s i s , Hereditas, 26 (I94 o) 353-394. 5 LEWIS, K. R., UND B. JOHN, T h e meiotic c o n s e q u e n c e s of s p o n t a n e o u s c h r o m o s o m e breakage, Chromosoma, i8 (1966) 287-3o 4. 6 MATSUURA, H., C h r o m o s o m e s t u d i e s on Trillium kamtschaticum Pall. a n d its allies, X I X . C h r o m a t i d b r e a k a g e a n d r e u n i o n a t c h i a s m a t a , Cytologia, 16 (I 96o) 48-57. 7 MCCLINTOCK, B., T h e s t a b i l i t y of b r o k e n e n d s of c h r o m o s o m e s in Zea mays, Genetics, 26 (1941) 234-282. 8 MEYER, G. 1~'., O. HESS UND ~¢V. BEt~RMANN, P h a s e n s p e z i f i s c h e F u n k t i o n s s t r u k t u r e n in Sperm a t o c y t e n k e r n e n y o n Drosophila melanogaster u n d ihre Abh~ingigkeit yore y - C h r o m o s o m , Chromosoma, 12 (1961) 676-716. 9 NEWMAN, n. J., Meiotic c h r o m o s o m a l a b e r r a t i o n s in wild p o p u l a t i o n s of Podophyllum peltatum, Chromosoma, 22 (1967) 258-273. io REES, H., D e v e l o p m e n t a l v a r i a t i o n in t h e e x p r e s s i v i t y of genes c a u s i n g c h r o m o s o m e b r e a k a g e in rye, Heredity, 17 (1962) 437. I i REES, H., ldNn J. B. THOMPSON, Localisation of c h r o m o s o m e b r e a k a g e at nleiosis, Heredity, 9 (1955) 399-407 • 12 RILEY, R., UND C. N. LAW, Genetic v a r i a t i o n in c h r o m o s o m e pairing, Advan. Genet., 13 (1965) 57-114. 13 SMITH-WHITE, S., UND A. McCUSKER, S p o n t a n e o u s c h r o m o s o m e b r e a k a g e in Astroloma pinifolium, Proc. Linnean Soe. N.S. Wales, 85 (196o) 142-153.

Mutation Res., 8 (1969) 277 284