Clinica Chimica Acta, 44 (1973) 85-93 Q Elsevier Scientific Publishing Company, CCA
Amsterdam
- Printed in The Netherlands
85
5381
DIE
HYDROXYPROLINAUSSCHEIDUNG
TISCHEN
GESCHEHEN
WOLFGANG Institut
UND
BE1
IM HARN
ANTIRHEUMATISCHER
RHEUMABEHANDLUNG
RAAB
_fiir medizinische Chemie der Universitiit
(Eingegangen
BEIM
Wien
(kterreich)
den 24. August 1972)
SUMMARY
Urinary
Hydroxyproline
Excretion
in Rheumatic
Conditions
and under
Antirheumatic
Treatment In the clinical part of this study, changes in urinary hydroxyproline excretion were registered in patients with rheumatic disease. Furthermore, in laboratory animals adjuvans arthritis and lathyrism was produced and the changes in urinary hydroxyproline, again, were determined. The influence of glucocorticoids and of acetylsalicylic acid on the changes in urinary hydroxyproline under experimental “rheumatic” conditions were examined in the third part of this study. In patients with chronic polyarthritis, no significant changes in urinary hydroxyproline was found, with the exception of those few cases where a prolonged glucocorticoid medication has been applied (symptomatic osteoporosis). In rats with adjuvant arthritis, urinary hydroxyproline values did not differ significantly from normal controls. In lathyritic rats (lathyrism elicited by the administration of u-penicillamine), a significant increase in urinary hydroxyproline occurred. This increase was significantly lowered when glucocorticoids or acetylsalicylic acid was administered simultaneously with the lathyrogenic agent. It is concluded that investigations of urinary hydroxyproline are of high value in experiments concerning collagen metabolism and the influence of various drugs on collagen metabolism (e.g. antirheumatic drugs). In patients with rheumatic diseases, only the side-effects of long-term glucocorticoid medication may be detected by investigations of urinary hydroxyproline; collagen disturbances in rheumatism, generally, do not take any significant influence on urinary hydroxyproline.
I. EINLEITUNG
Im Rahmen des rheumatischen Geschehens treten mehr oder weniger massive Veranderungen im Bindegewebe auf. Es erfolgt unter anderem eine vermehrte Synthese von sauren Mukopolysacchariden und von Kollagen, eine Anhaufung von Mu-
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RAAB
kopolysacchariden in den erkrankten Geweben und eine Aggregation “li5slichen” Kollagens zu “unl6slichem” fibrillaren Kollagen als Folge der Ausbildung intra- und intermolekularer Quervernetzungen. (Die Bezeichnungen “lijsliches” und “unliisliches” Kollagen beziehen sich auf das Verhalten in vitro und werden deshalb besser nur unter Anftihrungszeichen gebraucht.) Die Storungen des Kollagenstoffwechsels beim Rheumatismus stellen ein medizinisch ungemein bedeutsames Problem dar und wurden bereits unter den verschiedensten Aspekten untersucht. In der Beurteilung und Verlaufskontrolle gewinnt in den letzten Jahren die Bestimmung
von Kollagenstoffwechselstiirungen der Hydroxyprolinausscheidung im
Harn zunehmend an Bedeutung; Veranderungen im Hydroxyprolinpool lassen sich durch quantitative Messung des Harnhydroxyprolins in relativ einfacher und den Patienten wenig belastender Weise erfassen. Bei Erkrankungen des Knochens, dessen organische Matrix zu 90% aus Kollagen besteht, wird diese Bestimmung heute vielfach schon routinemassig eingesetzt. Bei Patienten mit rheumatischen Erkrankungen, insbesondere bei prim& chronischer Polyarthritis, ist der Wert von Hydroxyprolinbestimmungen im Harn umstrittenl’. Im folgenden wird tiber Verdnderungen der Hydroxyprolinausscheidung im Rattenharn unter Bedingungen, wie sie als Modelle fur das rheumatische Geschehen und seine therapeutische Beeinflussbarkeit herangezogen werden, berichtet. Ferner werden die Ergebnisse klinischer Untersuchungen dargelegt, die zur Uberprtifung der Hydroxyprolinausscheidung im Harn von Patienten mit rheumatischen Erkrankungen durchgefiihrt wurden. 2,MATERIAL
UND
METHODEN
2 .I Tierversuche 2.r.1 Adjwans-Arthritis z.r.~.~. Versuchstiere: Bei 30 mannlichen Ratten (Wistar, FW 49 Biberach, 280 + 30 g) wurde versucht nach der klassischen Versuchsanordnung eine AdjuvansArthritis zu erzeugen (Injektion von Mykobakterien in Bayol F = Freundsches Adjuvans)rg. Bei 17 der 30 Ratten konnte nach 14 Tagen das Vorliegen einer AdjuvansArthritis klinisch festgestellt werden (deutliche Volumszunahme der Pfoten, siehelg). Diese 17 Tiere wurden dann durch vier Tage Hydroxyprolin-frei ernahrt. Am Beginn des dritten sowie am Beginn des vierten Tages (17. und 18.Tag nach der Injektion von Freundschem Adjuvans) erhielten die Ratten 10.0 ml Wasser mit der Schlundsonde zur Anregung der Diurese verabfolgt. An diesen beiden Tagen wurde jeweils der z4-l-Harn in Stoffwechselkafigen gesammelt (Rundkgfige aus durchsichtigem Plastik, Abtrennung der Faeces durch Doppelsiebe, Auffangen des Harns mittels Plastiktrichter, Sammlung des Harns tiber 24 h unter Paraffin). In den beiden z4-h-Harnportionen wurde jeweils das vorliegende Hydroxyprolin quantitativ bestimmt. 2 .2 .2.2 Kontrolltiere: 15 Ratten wie unter Pkt. 2.1.1.1 beschrieben erhielten eine Injektion von Bayol F ohne Mykobakterien in die linke Hinterpfote. Diese Tiere wurden ebenso wie die 13 Versuchstiere aus Serie 2.1.1.I, die keine Arthritis entwickelt hatten, vom 15. bis 18. Tag nach der Injektion Hydroxyprolin-frei ernahrt. Am 17.und 18. Tag erfolgte unter den gleichen Bedingungen wie unter Pkt. 2.1.1.1 beschrieben die Sammlung der z4-h-Harne ftir die Hydroxyprolinbestimmungen.
HYDROXYPROLINAUSSCHEIDIJNG
87
2.1.2. Lathyrismus
wad Corticosteroide, bzw. Natriumacetylsalicylat Zur Auslosung der als Lathyrismus bezeichneten Kollagenreifungsstorung wurde D-Penicillamin verwendet, dessen lathyrogene Aktivitat seit 1965 bekannt ist”. 20 mannliche Ratten (Wistar, FW 49 Biberach, 195 & 20 g) erhielten durch 14 Tage taglich n-Penicillamin mit der Schlundsonde oral verabfolgt. Die Dcsis betrug 0.5 g pro kg Korpergewicht und war in 3 ml Wasser gelost. Vom 13. bis zum 15. Tag nach Beginn der n-Penicillamin-Medikation wurden die Tiere Hydroxyprolinfrei ernahrt. Am 15. Tag erfolgte unter den gleichen Bedingungen wie unter Pkt. 2.1.1.1 beschrieben, die Sammlung des a4-h-Harnes zur Hydroxyprolin-Bestimmung. Zum Ausschluss einer schwereren Nephrose wurde in dieser Versuchsserie der Proteingehalt der Harne mittels Teststreifen (Albustix) untersucht. 2.1.2.2. Corticosteroide: IO Ratten des gleichen Stammes wie unter Pkt. 2.1.2.1 beschrieben erhielten durch 14 Tage taglich 20 mg Hydrocortisonacetat pro kg Korpergewicht intraperitoneal injiziert. IO weitere Ratten erhielten in gleicher Weise die zehnfache Dosis an Hydrocortisonacetat appliziert. Vom 13. bis zum 15. Tag nach Beginn der Corticosteroidinjektionen wurden die Tiere Hydroxyprolin-frei ernahrt; am 15. Tag wurden die s4-h-Harnportionen fur die Hydroxyprolinbestim2.1.2.1. Lathyrismus:
mungen gesammelt . 2.1.2.3. Natriumacetylsalicylat: Je IO Tiere wie unter Pkt. 2.1.2.1 beschrieben erhielten 5, bzw. 5omg/kg Natriumacetylsalicylat durch r4Tage taglich intraperitoneal injiziert. Vom 13. bis zum 15. Tag nach Beginn der Injektionen wurden die Ratten wieder Hydroxyprolin-frei ernahrt; am 15. Tag wurde der z4-h-Harn fur die Hydroxyprolinbestimmungen gesammelt 2.1.2.4. Penicillamin und Corticosteroide, bzw. Natriumacetylsalicylat: Je 5 Ratten (siehe Pkt. 2.1.2.1) erhielten n-Penicillamin (siehe Pkt. 2.1.2.1) und Hydrocortisonacetat, bzw. Natriumacetylsalicylat in niedriger Dosierung (20, bzw. 5 mg/kg). Je 25 weiteren Ratten wurden D-Penicillamin und Hydrocortisonacetat, bzw. Natriumacetylsalicylat in hoher Dosierung verabreicht (zoo, bzw. 50 mg/kg). Samtliche Tiere wurden wieder ab dem 13. Tag der Versuchsperiode Hydroxyprolin-frei ernahrt, am 15. Tag erfolgte die Sammlung der z4-h-Harne zur Hydroxyprolinbestimmung. 2.1.2.5. Kontrolltiere: 40 Ratten wie under Pkt. 2.1.2.1 beschrieben erhielten nur die entsprechenden Losungsmittel oral oder intraperitoneal verabfolgt. Auch diese Tiere wurden nach 13 Tagen Hydroxyprolin-frei ernahrt. Am 15. Tag erfolgte unter den gleichen Bedingungen wie in allen Tierversuchen (siehe Pkt. 2.1.1.1) die Sammlung der eq-h-Harne fur die Hydroxyprolinbestimmung. 2.2. Klinische
Untersuchungen
_o.z.I. Patienten mit prim&chronischer
Polyarthritis. Bei insgesamt 32 an primarchronischer Polyarthritis erkrankten, unbehandelten Patienten wurden Bestimmungen der Hydroxyprolinausscheidung im Harn durchgeftihrt. Zum Teil handelte es sich urn schwere Falle, die einer stationaren Behandlung bedurften (siehe I!,). Die Patienten wurden durch drei Tage Hydroxyprolin-frei ernahrt (keine Gelatine, kein Fleisch, kein Fisch). Am dritten Tag erfolgte die Sammlung des z4-h-Harnes, in dem der Hydroxyprolingehalt bestimmt wurde. Bei den hier angeftihrten Patienten handelte es sich durchswegs urn Personen iiber 30 Jahren. Ferner wurde bei 8, durchwegs iiber 50 Jahre alten, mindestens ein Jahr lang
88
RAAB
mit Glukokortikoiden behandelten Patienten mit prim%-chronischer Polyarthritis die HydroxyprolinausscheiduIlg im Harn bestimmt. Bei diesen Patienten konnte der Beginn einer Osteoporose (synlptomatis~he Osteoporose als Folge der Glukokortikoidmedikation) riintgenologisch verifiziert werden. 3.:?.2. Kontrollpersonen. An insgesamt 60 gesunden erwachsenen Probanden wurde am dritten Tag miter einer Hydroxyprolin-freien Ernahrung die Hydroxyprolinausscheidung im Harn bestimmt.
Die quantitative Restimmung des Hydroxyprolins im Harm der Versuchstiere und im Harn der Patienten erfolgte nach einer eigenen Modifikation der Stegemannschen MethoderG: 2.0 ml Harn werden mit 1.0 ml IO N H-ICIdurch 3 h bei 130’ in einem gut verschlossenen Glasrijhrchen (Cholesterolrohrchen) hydrolysiert. Hierdurch werden die Harnpeptide-97~~ des Harnhydroxyprolins liegt in Form von Peptiden vor-aufgespalten. Nach der Hydrolyse erfolgt eine K&rung mit Aktivkohle (Absorption stiirender Pigmente). Die Aktivkohle wird nach guten Durchschtitteln abfiltriert (mehrmaliges Nachsptilen). Das Filtrat wird mit NaOH auf einen pH-Wert von knapp unter 8 eingestellt (Phenolphthalein) und mit destilliertem Wasser auf ein Volutnen von 8.0 ml aufgeftillt. Hiervon werden 2.0 ml zur Hydroxyprolinbestimmung nach Stegemalln verwendet. Nach Decarboxylierung und ~~asserabspaltung wird Hydroxyprolin iiber einige Stufen zu Pyrrol oxydiert (Oxydationsmittel Chloramin T). Das entstehende Pyrrol kann durch Farbreaktion mit P-Dimethylaminobenzaldehyd photometrisch bestimmt werden (Einzelheiten der Methode bei I,). In jedem Versuchsansatz laufen einige Kontrollen mit reinen Hydroxyprolinlosungen bekannter Konzentratiou mit. 3. ERGERNISSE 3.1. Ad juuans-Arthritis Die 15 Kontrolltiere dieser Serie schieden im Durchschnitt 0.48 -& 0.17 mg Hydroxyprolin im zq-h-Harn aus (Mittelwert aus 2 Tagen). Die 13 Ratten ohne erkennbare Zeichen einer Arthritis wiesen eine dur~l~scl~~~ittliche H~ldro~yprolinurie von 0.50 _+ 0.22 mg/z4 1~ auf. Im Harn der 17 Ratten mit Adjuvans-Arthritis fand sich ein durchschnittlicher Hydroxyprolinwert von 0.52 & 0.19 mgj24 h (Durchschnittswert von 2 Tagen). Die Ergebnisse sind in Tabelle I zusammengestellt.
L~t~y~~srn~~sund ~ort~~osteyo~~e, bzw. Natri~macetyEsnbzc~~~t ~.L).I. KodrolZtiere: Im 24-h-Harn der 40 Kontrolltiere dieser Serie fand sich eine durchschnittliche Hydroxyprolinausscheidung von 0.39 + 12 mg. .?.z.z. Lathyrismzcs: Die r4-tagige Verabreichung von u-Penicillamin bewirkte 3.2.
HYDROXYPROLINAUSSCHEIDUNG
bei den
Ratten
20
dieser
89 Gruppe
einen signifikanten
Anstieg
der Hydroxyprolin-
ausscheidung im 24-h-Harn auf 0.98 & 0.17 mg (Zunahme auf das z.gfache, fi < 0.001). Die Proteinausscheidung im Harn dieser Tiere war praktisch unvergndert gegeniiber den Kontrollen. 3.2.~. Corticosteroide: WBhrend bei den IO Ratten unter niedriger Hydrocortisonmedikation die Hydroxyprolinausscheidung im 24-h-Harn praktisch gleich blieb (0.34 + 0.19 mg), fand sich bei den IO Tieren unter Hydrocortison in hohen Dosen (200 mg/kg) eine ErhGhung auf 0.58 & 0.20 mg. Wegen der relativ geringen Tierzahl und der Streuungen war dieser Anstieg auf das r.5fache des Normalwertes nicht signifikant (vgl. hingegen der Versuchsserien bei14). 3.2.4. Natriwnacetylsalicylat: Acetylsalicylat in niedriger Dosierung liess die Hydroxyprolinausscheidung im 24-1-Harn von IO Ratten praktisch unbeeinflusst (0.37 _C 0.18 mg); bei Verabreichung hoher Dosen (50 mg/kg durch 14 Tage) kam es zu einem Anstieg der Hydroxyprolinausscheidung im 24-h-Harn auf 0.49+~0.21 mg (Zunahme auf das 1.3fache des Normalwertes). _1.2.5. Penicillamin und Corticosteroide: Nach I4-tggiger Verabreichung von DPenicillamin und Hydrocortisonacetat in hoher Dosierung (200 mg/kg) fand sich ein Ansteigen der Hydroxyprolinwerte im 24-h-Harn der 25 Ratten dieser Versuchstiergruppe auf 0.48 + 0.18 mg. Dieser Wert ist statistisch signifikant niedriger alsder Hydroxyprolinwert im 24-h-Harn von Ratten under D-Penicillamin allein (0.98~0.17 mg; fi < 0.01). gleichen, jedoch 24-h-Harn der 0.98 * 0.17 mg
Hydrocortisonacetat in niedriger Dosierung (20 mg/kg) zeigte einen weit schwgcheren Effekt (Anstieg der Hydroxyprolinausscheidung im 5 Ratten dieser Versuchstiergruppe auf 0.68 & 0.29 mg statt auf wie unter D-Penicillamin allein).
9 9 6. Penicillamin und Natriumacetylsalicylat: Nach I4-tggiger Verabreichung V’-’ von D-Penicillamin und NatriumacetylsalIcylat in hoher Dosierung (50 mg/kg) stieg die Hydroxyprolinausscheidung im 24-h-Harn der 25 Ratten dieser Versuchstiergruppe auf 0.58 & 0.22 mg an, Dieser Wert lag statistisch signifikant niedriger als bei den Ratten unter D-Penicillamin allein (0.98 & 0.17 mg; 9 < 0.05). In niedriger Dosierung (5 mg/kg) zeigte Natriumsalicylat einen gleichartigen, jedoch schw%cheren Effekt (Anstieg der Hydroxyprolinausscheidung bei 5 Ratten auf 0.77 5 0.32 mg TXRELLE
II
DIE HYDROXYPROLINAUSSCHEIDUXG UND
IM HARN
“OS
RATTEN
UNTER
D-PENICILLAMIK,
HYDROCORTISON
KATRIUMACETYLSALICYLAT .~
Vevsllchsbeding2lngen
Dosis
Kontrollen (Lbsungsmittel) D-I’enicillamin
Natriumacetylsalicylat und
_
0.12 0.17** 0.19 0.20
IO IO
0.37
_c
0.18
O.Oj
IO
0.49
*
0.21
5 25
0.68 0.48
& 0.29 * 0.1s***
5 25
0.77 0.58
i 0.32 + 0.22***
0.005 1
* * * +
O.OOj
0.2
Natriumacetylsalicylat
mg Hydroxyprolzn
0.2
0.5 0.02
Hydrocortisonacetat
Tievzahl 4o
0.39 0.98 0.34 0.58
0.5 0.02
Hydrocortisonacetat
o-I’enicillamin
*
0.05
* in g pro kg Kerpergewicht pro Tag. ** p < 0.001 gegen Kontrolle. *** p < O.Oj gegen D-Penicillamin allein.
20 IO
124
h
RAAB
90
statt auf 0.98 + 0.17 mg wie bei den Tieren unter D-Penicillamin allein). Die Ergebnisse aller Versuche mit lathyritischen Ratten sind in Tabelle II zusammengestellt. 3.2. Klinische
Untersuchungen
Die Hydroxyprolinausscheidung
im Harn gesunder
sonen betrug 36 & 14 mg/zq h. Die 32 Patienten mit unbehandelter Hydroxyprolinwerte
im Harn, die durchwegs
erwachsener
primar-chronischer innerhalb
Versuchsper-
Polyarthritis
des Normalbereichs
zeigten oder nur
ganz gering dartiber lagen (28-52 mg/24 h). Bei Vorliegen einer symptomatischen Osteoporose als Folge einer kingerdauernden Glukokortikoidbehandlung fand sich bei 8 Patienten mit primar-chronischer Polyarthritis eine gesteigerte Hydroxyprolinausscheidung im Harn (vgl. I,,). Die gemessenen Werte lagen zwischen 74 und 120 mg/24 h. Die Ergebnisse sind in Tabelle III zusammengestellt. TABBLLE
111
Gesundc I
60 32 8
4. BESPRECHUNG Nach den iibereinstimmenden Ergebnissen klinischer Beobachtungen und tierexperimenteller Untersuchungen sind Bestimmungen der Hydroxyprolinausscheidung im Harn zur Diagnose und Verlaufskontrolle von Kollagenstoffwechselstiirungen gut geeignet. Die tiberwiegende Masse des metabolisch aktiven Kollagens (standiges Turnover) liegt allerdings in den Knochen vor, sodass Veranderungen der Hydroxyprolinausscheidung im Harn in erster Linie bei Knochenerkrankungen auftreten. Storungen des Kollagens anderer Gewebe fiihren erst bei griisserer Ausdehnung und/ oder Intensitat zu Anderungen der Hydroxyprolinwerte im Harn. In verschiedensten Tierversuchen an der Ratte ergab sich durchwegs eine gute Ubereinstimmung der experimentell auslosbaren Veranderungen der Hydroxyprolinausscheidung im Harn mit den an Patienten mit bestimmten Stijrungen feststellbaren Veranderungen dieser Aminosaure im Harn (Ubersicht bei 17). Den Ergebnissen der hier vorliegenden Versuche nach ftihrt die ,4djuvans-Arthritis der Ratte, die viele Kennzeichen einer immunologischen Reaktion aufweist und die ausser den Gelenken such die Sehnen und das subkutane Bindegewebe ergreiftl!‘, zu keinen signifikanten Storungen im Hydroxyprolinpool. Dieser Befund macht es eher unwahrscheinlich, dass eine primar-chronische Polyarthritis tiblicher Ausdehnung und Intensitat zu Veranderungen der Hydroxyprolinausscheidung im Harn ftihrt. Der Lathyrismus ist eine toxische Kollagenreifungsstiirung, die durch einen gesteigerten Auf-, Ab- und Umbau des Kollagen, durch eine gesteigerte Kollagensvnthese (“losliches” Kollagen) und durch einen vermehrten Kollagenabbau (“unlosi ]iches” Kollagen), charakterisiert ist 9124.Zu den Substanzen mit lathyrogener Aktivi-
9’
HYDROXYPROLINAUSSCHEIDUNG
kommt es den vorliegenden tat gehort such das n-Penicillamin 11. Beim Lathyrismus Untersuchungsergebnissen nach zu einem signifikanten Anstieg der Hydroxyprolinausscheidung im Harn der Ratte, was mit den Befunden anderer Autoren, die zum Teil an anderen Tierspecies und mit anderen lathyrogenen Agentien arbeiteten, gut iibereinstimmt5~7~10~l*. Der Anstieg der Hydroxyprolinausscheidung im Harn nach Verabreichung von n-Penicillamin kann nicht ausschliesslich auf die auftretenden Kollagenstoffwechselstiirungen zurtickgeftihrt werden. Wie aus dem in Tabelle IV TABELLE
IV
VEREINFACHTES
SCHEMA
DES
HYDROXYPROLINSTOFFWECHSELS
(modifiziertnach
‘7)
Nahrung
direkter Abbau Enzymatische Hydroxylierung van Peptid-Prolin
/\
Hydroxyprolin - Pool ==z===============
\/ freies Hydroxyprolin
PeptidHydroxyprolin
II
!
Protein Hydroxyprolin
%sliches”
Kollagen
Filtration in der Niere
+-
I i
“unliisliches”
t Kollagen
RiickResorption + in der Niere
v freies Hydroxyprolin
PeptidHydroxyprolin
Harn Hydroxyprolin =====================
wiedergegebenen Schema des Hydroxyprolinstoffwechsels hervorgeht, bewirken Storungen der tubularen Rtickresorption ein Ansteigen der Hydroxyprolinausscheidung im Harn. Es war deshalb wichtig, das Vorliegen schwererer nephrotischer Veranderungen durch Untersuchung der Eiweissausscheidung im Harn auszuschliessen. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Nierenbeteiligung im Kreislaufschock (passagere Hypoxie, reflektorische Vasokonstriktion, Abstossung der Biirstensaume) zu einem Anstieg der Hydroxyprolinausscheidung im Harn ftihren kann, wie dies im anaphylaktischen, anaphylaktoiden und histaminbedingten Schock gezeigt
92
RAAB
werden konnteZ3; die Steigerung der Hydroxyprolinausscheidung im Harn nach der Verabreichung von Schlangengift geht ausser auf renale Faktoren au& auf eine echte Kollagenolyse zuriickG~12. Die Verabreichung
von Glukokortikoiden
in hiihcrer
Dosierung
bewirkt-wie
an grosseren Untersuchungsserien an Ratten verschiedener Altersstufen gezeigt werden konnte14-einen Anstieg der Hydroxyprolinausscheidung im Harn als Folge .eines vermehrten Abbaus “unloslichen” Kollagens bei stark gebremster Kollagensynthese (Vorwiegen des katabolen Effektes). Die Verabreichung von Glukokortikoiden in niedriger Dosierung fiihrt ebenfalls 2u einem Anstieg der ~ydroxyprolinausscheidung im Harn, diesmal als Folge einer antianabolen W’irkung bei gleichzeitiger beschleunigte Umwandlung von “liislichem” 2u “unl6slichem” Kollagenl*,?2; da hier aber zum Teil gegensinnige Einflussnahmen auf den Hydroxyprolinpool vorliegen, bleibt bei bestimmten Dosierungen die Hydroxyprolinausscheidung im Harn mitunter unverandert (siehe die hier beschriebenen Versuchsergebnisse mit Hydrocortisonacet at in niedriger Dosierung) . Bisher noch nicht beschrieben wurde die Steigerung der Hydroxyprolinausscheidung unter dem Einfluss einer langerdauernden hochdosierten Verabreichung von Natriumacetylsalicylat. Dies dtirfte in erster Linie auf eine Steigerung des Kol1agenTurnover zurtickgehen, wie sie bereits vom Natriumsalicylat beschrieben wurde ,(Lit. 21). Auch an renale Effekte muss gedacht werden (vgl. I,). Die vorliegenden Tierversuche haben gezeigt, dass sowohl Hydrocortisonacetat ,(als Vertreter der antirheumatischen Wirkstoffklasse Glukokortikoide) als such Natriumacetylsalicylat (als Vertreter der klassischen Anti@zlogistika) die unter D-hicillamin eintretende Steigerung der Hydroxyprolinausscheidung im Harn ahschwathen. Da sowohl n-Penicillamin als such jedes der beiden verwendeten “Antirheumatica” fiir sich allein 2u einem Anstieg der Hydroxyprolinausscheidung ftihrt, kann der beobachtete Abscllw~chungseffekt bei gleichzeitiger Cabe als ausserordentlich stark bezeichnet werden. Im Hinblick auf das Zustandekommen dieses Effektes lasst sich allerdings nicht entscheiden, ob eine direkte Hemmung der Proteolyse (Kollagenolyse) erfolgtz”. Fur den therapeutischen Einsatz von Substanzen aus den beiden untersuchten Wirkstoffklassen Glukokortikoide und Antiphlogistika scheint entscheidend, dass eine Schutzfunktion ftir das Kollagen ausgetibt wird. Hier l&t sich also vom Tierexperiment her anhand der Verfolgung von Veranderungen im Kollagenstoffwechsel der Wert von Hydrocortison und Acetylsalicylsaure beim rheumatischen Geschehen und seinen Auswirkungen auf das Bindegewebe untermauern. Erw&nenswert scheint in diesem Zusammenhang noch der Befund eines Antagonismus zwischen lathyrogenen Substanzen und Glukokortikoiden in ihren auswirkungen auf die mechanischen Eigenscllaften des Rattenkollagensz3. Bei Patienten mit Erkrankungen aus dem rhcumatischen Formenkreis findet sich die Hydroxyprolinausscheidung nur in den seltensten Fallen erhiiht, z.B. bei 394. Im eigenen Untersuchungsgut lagen prakVorliegen starker Entziindungszeichen tisch alle beobachteten Werte im Bereich der Norm, was mit den Ergebnissen anderer Untersucher gut tibereinstimmt *rZ5. Bei den seltenen Fallen von primar-chronischer Polyartl~ritis, bei denen einc Erh~llung der Hydroxyprolinurie festzustellen ist, lasst sich das therapeutische Ansprechen auf Antirheumatika durch das Absinken der Hydroxyprolinwerte im Harn objektivieren”. Entwickelt sich bei einem Patienten mit primar-chronischer Polyarthritis
HYDROXYPROLINAUSSCHEIDUNG
unter
Glukokortikoidbehandlung
93 eine gesteigerte
Hydroxyprolinurie,
so muss dies
als ein Hinweis auf eine mijgliche Entstehung einer symptomatischen Osteoporose gewerte t werden (unerwtinschte Glukokortikoidwirkung). Hier kijnnte also die relativ wenig aufwendige Bestimmung der Hydroxyprolinausscheidung im Harn bei routinemassiger Anwendung in langeren Intervallen von grossem klinisch-pharmakologischem Wert sein. 5. ZUSAMMENFASSUNG
Die vorliegenden Untersuchungen beschaftigen sich mit den Veranderungen der Hydroxyprolinausscheidung im Harn von Patienten mit Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises ; ausserdem wurde die Hydroxyprolinurie bei experimentellen Kollagenstoffwechselstiirungen untersucht (Adjuvans-Arthritis, Lathyrismus) und ihre Veranderung bei gleichzeitiger Gabe von Antirheumatika (Hydrocortison, Acetylsalicylat). Bei Patienten mit primar-chronischer Polyarthritis liess sich keine Steigerung der Hydroxyprolinausscheidung nachweisen, ausser es war durch langdauernde Glukokortikoidmedikation eine symptomatische Osteoporose eingetreten. Im Tiermodell der Adjuvans-Arthritis der Ratte war eine unveranderte Hydroxyprolinausscheidung im Harn festzustellen. Die unter den Bedingungen einer toxischen Kollagenreifungsstiirung (Lathyrismus) eintretende Steigerung der Hydroxyprolinwerte im Harn verringert sich, wenn mit den lathyrogenen Agens (hier D-Penicillamin) gleichzeitig Hydrocortison oder Acetylsalicylat verabreicht wird. Derartige Untersuchungen erlauben pharmakologische Einfltisse auf den Kollagenstoffwechsel, bzw. Wechselwirkungen von Pharmaka festzustellen, was fur Fragen der antirheumatischen Therapie von Bedeutung ist. I,ITE I 2 3 4 5 6 7 8 9
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16 17 I8 19 20
21 22 23 24 25
KATUR