Flora (1995) 190 315-321
© by Gustav Fischer Verlag Jena
Die Wurzelrinde von Betula pendula RoTH Identifizierung
Anatomie, Entwicklung,
MICHAEL ThOCKENBRODT
Ordinariat fiir Holzbiologie der Universitiit Hamburg verbunden mit dem Institut fiir Holzbiologie und Holzschutz der Bundesforschungsanstalt fiir Forst- und Holzwirtschaft. Present address: Dr. Michael Trockenbrodt, Wincklerstrasse 4, 20459 Hamburg, Germany Accepted: Dezember 13, 1994
The root bark of birch (Betula pendula Rom) - anatomy, development, identification Summary The development of root bark structure of birch (Betula pendula Rom) was analysed. With increasing distance from the stem less sclereids are formed, i. e. the formation of sclereids increases with root bark age. In root bark with less sclereids the dilatation of phloem rays is more distinct. With increasing distance from the stem the structural growth rhythm of the bark diminishes because of a delay in sieve tube collapse and similar dimensions of early and late phloem elements. The crystal quantity decreases with increasing distance from the stem. In roots the specific phellem growth rhythm of birch bark is maintained. In young root bark, cells are present which differ from bark fibres as well as from typical sclereids. These cells are restricted to the outer area of young root bark. Their presence has to be considered during root bark identifications, because they are absent in stem bark which is often used as reference material. However, the root bark structure of birch exhibits sufficient qualitative characteristics to serve as a useful tool for root identifications. Key words: Bark anatomy, root bark, Betula pendula
Zusammenfassung Wurzeln zweier Birken (Betula pendula Rom) wurden hinsichtlich der Entwicklung ihrer Rindenstruktur untersucht und aus den Beobachtungen Riickschliisse fiir die Identifizierung von Birkenwurzeln gezogen. Die Wurzelrinde zeigt einen Trend zu geringeren Sklerifizierung mit zunehmender Entfernung vom Stamm. Damit verbunden ist eine stiirkere Dilatation der Phloemstrahlen. Weiterhin ist ein Verlust der Zuwachszonierung mit zunehmender Entfernung vom Stamm zu beobachten, bedingt durch einen verzogerten Kollaps der Siebrohren und eine Angleichung der Zelldimensionen von Friih- und Spatphloem. Das Kristallvorkommen verringert sich tendenziell mit zunehmender Entfernung vom Stamm, iihnelt aber qualitativ dem der Stammrinde. Die charakteristische Zuwachsstruktur des Phellems der Birke bleibt in den Wurzeln erhalten. In junger Wurzelrinde werden Zellen gebildet, die sich sowohl von Phloemfasern als auch von den Sklereiden der Birkenrinde unterscheiden. Sie sind auf den iiuBeren Bereich junger Wurzelrinde beschriinkt. Ihr Vorkommen muB bei einem Identifizierungsversuch be-
riicksichtigt werden, da sie in der hiiufig als Referenzmaterial verwendeten Stammrinde nicht vorhanden sind. Es finden sichjedoch geniigend andere qualitative strukturelle Merkmale der Birkenrinde in der Wurzelrinde, die eine Identifizierung der Birkenrinde ermoglichen oder zumindest vereinfachen konnen.
1. Einleitung Fiir eine Untersuchung der anatomischen Struktur der Stammrinde einiger europaischer Laubbaume standen mehrere Birken (Betula pendula Rom) zur Verfiigung. Bei zwei Birken konnte auch das komplette Wurzelsystem entnommen werden. Daher wurde die anatomische Entwicklung der Wurzelrinde in die Untersuchung einbezogen. Dies sollte der Erweiterung des allgemeinen Wissens iiber die Struktur von Wurzelrinden dienen und gleichzeitig Hinweise auf die ldentifizierungsmoglichkeiten der Birkenwurzelrinde geben. Letzteres ist von groBer Bedeutung, da FLORA (1995) 190
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Baumwurzeln haufig Verursacher von Schaden an Gebauden, Sielen o. a. sind. Diese z. T. betrachtlichen Schaden fiihren nicht selten zu juristischen Auseinandersetzungen (Haftungsprobleme). In diesen Fallen ist eine genaue Identifizierung des die Schaden verursachenden Baumes notwendig. Sie erfolgt anhand des im Mauerwerk gefundenen Wurzelmaterials, d. h. Holz und Rinde der Wurzel. Eine Identifizierung des Holzes ist aufgrund des vorhandenen, umfassenden Wissens iiber Holzstrukturen meist moglich. In den Fallen, in denen das Holz jedoch nicht eindeutig bestimmt werden kann, gewinnt die Rinde an Bedeutung. Unser Wissen iiber die anatomische Struktur der Wurzelrinde, ihre Veranderung im Verlaufe des Wurzelwachstums und ihr diagnostisches Potential ist jedoch begrenzt.
zahl der Strahlen pro Millimeter sowie ihre Hohe und Breite ebenfalls im kambiumnahen Bereich ermittelt. Die qualitativen Beobachtungen erfolgten am Lichtmikroskop bei 2.5-60 facher Vergr6Berung, bei Kristallvorkommen zusatzlich mit polarisiertem Licht. Die quantitative Auswertung der Lange der Siebrohrenglieder und der Haufigkeit bzw. Breite der Phloemstrahlen wurde am Lichtmikroskop vorgenommen. Andere Messungen der Zelldimensionen erfolgten mit Hilfe eines halbautomatischen Bildanalysegerates. Die im folgenden zum Vergleich herangezogenen Charakteristika der Stammrinde beruhen in erster Linie auf an anderem Orte beschriebenen Beobachtungen der Stammrinde derselben Baume (Th.OCKENBRODT 1991, 1994, 1995). Weitere Quellen sind die Arbeiten von MoLLER (1882), HOLDHEIDE (1951) und CHANG (1954).
3. Ergebnisse und Diskussion 2. Material und Methoden Es wurden Wurzeln einer 10-jahrigen Birke (BI) und einer 16-jahrigen Birke (BII) untersucht. Die Baume besaBen ein fiir Birken typisches Herzwurzelsystem. Jeweils zwei sich annahernd gegeniiberliegende, horizontal orientierte Hauptseitenwurzeln (BIS 1, BIS2; BIIS 1, BIIS2) und je eine vertikal orientierte Wurzel a us der Mitte des Wurzelstockes (BIS3; BIIS3) wurden zur U ntersuchung herangezogen. Die durch die groBe Zahl von Verzweigungen und Verwachsungen bedingte komplexe Struktur des Wurzelstokkes verhinderte eine Probennahme in definierten Abstanden. In der Nahe von Abzweigungen wurden keine Proben entnommen. Die Entfernungen der Proben vom Stamm, der Durchmesser der Wurzeln an den Entnahmeorten, das Alter der Proben (bestimmt anhand der Zuwachszonen in Xylem) und die entsprechenden Rindendicken sind in den Tabellen 1- 6 dargestellt. Die Proben umfaBten die Rinde, das Kambium und eine schmale Zone anhaftendes Xylem. Sie wurden sofort nach der Entnahme in Formol-Eisessig-Alkohol (FEA) fixiert. Zur Stabilisierung des Gewebes wurde die Fixierlosung dann gegen Polyethylenglykol 1500 (PEG) ausgetauscht. Die Dicke der auf einem Schlittenmikrotom angefertigten Quer-, Radial- und Tangentialschnitte betrug 10-20 !!ill. Die Schnittebene fiir die letzteren befand sich im kambiumnahen, nicht kollabierten Phloem. Nach Doppelfarbung mit Astrablau und Acridin-Crysoidin wurden die Schnitte direkt in Glycerin eingebettet. Die allgemeine Gewebestruktur, das Kristallvorkommen und die Peridetmstruktur wurden qualitativ analysiert. Quantitativ wurden die Dicke der Rinde, die Hohe, Breite und Anzahl der Phloemstrahlen sowie die Lange und der Durchmesser der Siebrohrenglieder bestimmt. Lange und Durchmesser der Siebrohrenglieder (Mittelwerte aus je 50 Messungen) wurden wegen des Siebrohrenkollaps im kambiumnahen Gewebe ermittelt. Da sich der Kollaps zuerst in radialer Richtung auswirkt, wurden die tangentialen Durchmesser ermittelt. Da auch die Phloemstrahlen durch tertiare Gewebeveranderungen beeinfluBt werden, wurde die An316
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Allgemeine Gewebestruktur Aile Wurzeln weisen eine ahnliche Rindenentwicklung auf. In alteren, stammnahen Proben wurde ein Rhytidom gebildet (Abb. 1). Die Zone nicht kollabierter Siebrohren ist deutlich. Das sekundare Phloem enthalt zahlreiche fusionierte Sklereidengruppen, deren Bildung haufig von sklerifizierten Phloemstrahlzellen ausgeht. Die relativ schmalen, radial gestreckten Strahlsklereiden sind deutlich von den eher isodiametrischen, in ihrer GroBe sehr variabien Sklereiden des axialen Systems unterscheidbar (Abb. 2). In einigen der stammnahen Proben der Seitenwurzeln sind im Gegensatz zur Stammrinde schon in unmittelbarer Kambiumnahe kleine Gruppen von Phloemstrahlzellen und axialen Phloemparenchymzellen sklerifiziert. Mit zunehmender Entfernung von Stamm, d. h. in den jiingeren Rindenproben ohne Rhytidom, ist die Sklerifizierung des Gewebes weniger intensiv, die Dilatation der Phloemstrahlenjedoch urn so ausgepragter (Abb. 3). Einige Strahlen dilatieren stark trichterformig, in anderen vergroBern sich die Zellen nur geringfiigig. Die Sklereidengruppen umfassen weiter auBen Phloemstrahlzellen und axiale Phloemparenchymzellen. Daher sind sowohl isodiametrische als auch tangential gestreckte Sklereiden unterschiedlicher GroBe vorhanden. Einige Sklereiden sind im auBeren Bereich der Rinde tangential bandformig arrangiert, primare Rindenfasern sind jedoch nicht zu erkennen. Cortexgewebe ist nur sparlich vorhanden. Im sekundaren Phloem sind noch mehrere Zuwachszonen deutlich. Mit fortschreitender Entfernung vom Stamm (Abb. 4) geht die Sklerifizierung des Gewebes weiter zuriick. Ein tangential umlaufendes, vom umliegenden Gewebe deutlich abgegrenztes, z. T. liickenhaftes
Abb. 1. Betula pendula, stammnahe Seitenwurzelrinde, Querschnitt; Rhytidombildung (Pfeile = Folgeperiderme), Sklereidenbildung ausgepragt (Sterne), deutliche Zone nicht kollabierter Siebrohren. Abb. 2. Betula pendula, stammnahe Seitenwurzelrinde, Querschnitt; Sklereiden aus Phloemstrahlzellen (Pfeile), Sklereiden a us axialen Phloemparenchymzellen (Sterne) Abb. 3. Betula pendula, Seitenwurzelrinde in groBer Entfernung vom Stamm, Querschnitt; geringere Sklerifizierung, tangential bandformig orientierte Sklereidengruppen im auBeren Rindenbereich, deutliche Pholemstrahldilatation (Umrisse der dilatierten Pholemstrahlbereiche nachgezeichnet), Zuwachszonen noch erkennbar (Pfeile = Zuwachszonengrenzen) Abb. 4. Betula pendula, Seitenwurzelrinde in groBer Entfernung vom Stamm, Querschnitt; geringere Sklerifizierung, tangential umlaufendes Sklereidenband mit Gruppen primarer Rindenfasern (Pfeile), Zuwachszonen undeutlich.
Sklereidenband wird deutlich. Dieses Band enthalt auch kleine Gruppen primarer Rindenfasern. Die Identifizierung von Zuwachszonen wird durch eine Angleichung der Zelldimensionen des Friih- und Spatphloems erschwert. Cortexgewebe ist nur sparlich zwischen Sklereidenband und Periderm vorhanden.
Die jiingsten Proben bestehen aus einer schmalen Zone aus Siebrohren, Geleitzellen, axialem Phloemparenchym und Phloemstrahlen, iiber der ein breites Band aus Sklereiden und primaren Rindenfasern liegt. Cortex ist kaum vorhanden. Ein relativ breites Periderm schlieBt die Wurzeln nach auBen ab. In denjungen Proben der Wurzelliegen im SklereiFLORA (1995) 190
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Abb. 5. Betula pendula, Seitenwlirzelrinde in groBer Entfernung vom Stamm, Querschnitt; faser- bzw. sklereidenahnliche Zellen im sekundaren Phloem (Pfeile) Abb. 6. Betula pendula, Seitenwurzelrinde in groBer Entfernung vom Stamm, Radialschnitt; faser- bzw. sklereidenahnliche Zellen im sekundaren Phloem (Pfeile) Abb. 7. Betula pendula, Seitenwurzelrinde, Querschnitt; typisches Phellem der Birkenrinde (Pfeile = Zuwachszonengrenzen)
denband und im sekundaren Phloem, nicht jedoch im jiingsten Zuwachsbereich, vereinzelt Zellen, die sich sowohl von Rindenfasern als auch von typischen Sklereiden unterscheiden. Hinsichtlich ihrer Anfarbung und ihrer Wandstruktur ahneln sie den primaren Rindenfasern. Sie sind im Querschnitt jedoch meist groBer und unregelmaBiger, haufig tangential oval, geformt (Abb. 5). In Radialschnitten sind sie isodiametrisch, axial oval, z. T. axialleicht gestreckt (Abb. 6). Sie wurden in alterer Wurzelrinde und in der Stammrinde nicht beobachtet. Ihr auf den auBeren Bereich der jungen Wurzelrinde beschranktes Vorkommen und somit ihr sekundarer Ursprung sprechen im Gegensatz zu ihrer Wandstruktur fiir ihre Klassifizierung als Sklereiden. Veranderungen des Gewebeaufbaues der Wurzelrinde in Abhangigkeit von Alter bzw. Entfernung zum Stamm wurden bisher nicht untersucht. Die eigenen Beobachtungen erbrachten bei der Birke eine geringere Sklerifizierung mit zunehmender Entfernung vom Stamm. Diese Abnahme der Sklereiden ist 318
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eher als vermehrte Bildung mit zunehmendem Alter der Wurzel zu interpretieren und folgt damit in etwa einem im Stamm vorhandenen Trend (cf. ThocKENBRODT 1991). Die Wurzeln weisen ferner eine deutlichere Dilatation der Phloemstrahlen in den stammfernen Proben auf. Diese Zunahme erklart sich aus der Abnahme der Sklereiden, da die bei der Birke haufige Sklereidenbildung eine Dilatation der Strahlen nicht ermoglicht bzw. die durch das Dickenwachstum des Stammes notwendig werdende Gewebeerweiterung in der Rinde gewahrleistet. Ist die Sklereidenbildung geringer, erfiillt die Phloemstrahldilatation diesen Zweck. Dies ist auch in junger Stammrinde zu beobachten. Das Vorkommen morphologisch von den iibrigen Zellen der Rinde abweichender Zellen in den jungen Proben der Wurzelrinde der Birke wurde erstmals beobachtet und entzieht sich daher noch einer Interpretation. Alle Wurzeln zeigen eine schwacher ausgepragte Zuwachszonierung mit zunehmender Entfernung vom Stamm.
Dies iiberrascht nicht, da gleiches fiir das Xylem seit langem bekannt ist (z. B. LIESE 1926; RIEDEL 1937). Der Vergleich der Beobachtungen an der Wurzelrinde der Birke mit der Literatur beschrankt sich auf die wenigen Arbeiten, in denen Unterschiede zwischen Stamm- und Wurzelrinde dargestellt werden. Die Birkenwurzeln weisen weniger Sklereiden auf als die Stammrinde. Die Befunde decken sich mit den Ergebnissen von MACDANIELS (1918), der z. B. bei Populus deltoides und Ulmus americana in der Stammrinde prozentual mehr sklerenchymatisches Gewebe beobachtet. Ein Riickgang des sklerenchymatischen Gewebes in der Wurzelrinde entspricht dem seit langem bekannten Riickgang der der Festigkeit dienenden Zellen im Xylem (z. B. WIELER 1891; RIEDEL 1937). Eine funktionelle Interpretation dieser Unterschiede zwischen Stamm- und Wurzelrinde ist noch nicht moglich. Eine geringere Sklerifizierung der Wurzelrinde wurde auch an einigen Simaroubaceae (CASPARIS 1918), an Populus deltoides (MACDANIELS 1918), an Goniothalamus-Arten (BLUNDEN et al. 1974) und an Plumeria-Arten (DATTA & DATTA 1976) beobachtet. Die kurzen Beschreibungen der Anatomie der Wurzelrinde von Birke im "Root Identification Manual of Trees and Shrubs" von CUTLER et al. (1987) stimmen mit eigenen Beobachtungen an denjiingsten untersuchten Wurzelrinden iiberein. Da sekundare Phloemfasern in Birkenrinde nicht vorkommen, entsprechenjedoch die von CUTLER et al. (1987) erwahnten ,Fasern" vermutlich den in Wurzeln von Birke beobachteten, sklereiden- bzw. faserahnlichen Zellen.
Phloemstrahlzellen vorhanden. Die Menge der Drusen variiert stark. Bei allen Wurzeln nimmt die Zahl der Kristalle mit zunehmender Entfernung vom Stamm ab. Das Kristallvorkommen bei der Birke entspricht weitestgehend dem fiir Stammrinde (ThocKENBRODT 1995) und von CUTLER et al. (1987) fiir junge Wurzelrinden beschriebenen. Weitere Literatur liegt hierzu nicht vor.
Periderm Die Periderme in Stamm und Wurzeln unterscheiden sich nicht. Das Phellem des zuerst gebildeten Periderms ist deutlich in Zuwachszonen aus je maximal15 Zellreihen gegliedert (Abb. 7), wobei die Zellwanddicke im Laufe einer Zuwachsperiode zunimmt. Die auBeren Zuwachszonen trennen sich leicht von den jiingeren, so daB z. T. nur die jiingste Zone erhalten ist. Die Phellemzellen sind im Querschnitt tangential rechteckig, im Radialschnitt axial rechteckig. Die tangentiale Ausdehnung iibersteigt die axiale. Das Phelloderm ist nur schwach ausgebildet. Die Folgeperiderme zeigen einen ahnlichen Aufbau wie das zuerst gebildete Periderm, sind jedoch ohne Zuwachszonen. Der prinzipielle AufbaU: der vereinzelt in Birkenwurzeln beobachteten Lenticellen entspricht dem ,Prunus-Typ' von WuTz (1955). Alle untersuchten Wurzeln zeigen keine Abhangigkeit der Peridermstruktur vom Alter. Von anderen Autoren wurde das Periderm diesbeziiglich nicht untersucht.
Kristalle
Dicke der Rinde (Tab. 1-6)
In der Wurzelrinde der Birke kommen sowohl Einzelkristalle als auch Drusen vor. Die Einzelkristalle befinden sich zumeist in Sklereiden, aber auch in nicht sklerifizierten axialen Phloemparenchymzellen nahe den Sklereiden. Drusen sind in Kambiumnahe in gekammerten axialen Phloemparenchymzellen, weiter auBen in den dilatierten Phloemparenchymzellen, in den Cortexzellen und selten auch in den
In allen Wurzeln sinkt die Rindendicke relativ kontinuierlich mit zunehmender Entfernung vom Stamm. Gleich alte Proben verschiedener Wurzeln eines Baumes weisen z. T. unterschiedlich dicke Rinden auf. Dies ist auch beim Vergleich von Wurzeln beider Baume der Fall. Bei heiden Birken ist bei Proben gleichen Alters die Stammrinde immer erheblich dicker als die Wurzelrinde.
Tabelle 1. Probennahme, Birke I, Seitenwurzel1 Entfemung zum Stamm [em]
16
30
52
80
102
123
136
151
183
192
226
248
Durchmesser der Wurzel [em] Alter [Jahre] Rindendicke [mm]
5.9 10 3.3
4.3 10 2.7
4.1 9 2.6
4.0 9 2.4
3.8 8 2.4
3.4 7 2.3
2.1 6 1.6
2.0 6 1.6
1.6 5 1.9
1.5 5 1.4
1.4 5 1.4
1.1 4 1.0
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Tabelle 2. Probennahme, Birke I, Seitenwurzel 2 Entfernung zum Stamm [em]
10
25
53
71
85
113
148
172
208
223
235
240
Durehmesser der Wurzel [em] Alter [Jahre] Rindendieke [mm]
7.8 13 3.2
5.7 12 3.8
3.7 12 1.9
3.3 10 1.7
2.4 9 1.6
2.3 9 1.7
2.0 8 1.5
0.9 7 0.7
0.8 6 0.8
0.8 5 0.8
0.5 4 0.4
0.3 2 0.4
Tabelle 3. Probennahme, Birke I, Seitenwurzel 3 Entfernung zum Stamm [em]
20
26
35
Durehmesser der Wurzel [em] Alter [Jahre] Rindendieke [mm]
12.0 13 4.3
3.8 10
3.0 9 1.2
1.5
Lange und Durchmesser der Siebrohrenglieder Die Seitenwurzeln weisen z. T. langere Siebrohrenglieder (bis 1010 J.lm) als die Stammrinde (470780 J.lm) auf. Jedoch wurde in keiner Wurzel eine gesetzmaBige Entwicklung beobachtet.
Tabelle 4. Probennahme, Birke II, Seitenwurzel 1 Entfernung zum Stamm [em]
10
22
41
53
75
106
125
159
187
252
Durehmesser der Wurzel [em] Alter [Jahre] Rindendieke [mm]
4.3 8 1.7
3.7 7 1.6
2.9 7 1.2
2.5 7
2.0 6 1.0
1.8 5 1.2
1.2 5 0.9
1.1
4 0.9
0.8 3 0.8
0.7 2 0.5
Tabelle 5. Probennahme, Birke II, Seitenwurzel2 Entfernung zum Stamm [em]
10
22
42
Durehmesser der Wurzel [em] Alter [Jahre] Rindendieke [mm]
2.4 7 0.8
1.4 6 0.6
0.6 3
0.5
1.3
Die Entwicklung des tangentialen Siebrohrendurchmessers verHiuft in den Seitenwurzeln unregelmaBig, jedoch ist in einigen Fallen ein Anstieg des Siebrohrendurchmessers mit dem Alter zu verzeichnen. Der durchschnittliche Wert betragt 26 J.lm und liegt im Bereich des Stammrindenwertes. Entsprechende Untersuchungen anderer Autoren sind nicht bekannt.
Tabelle 6. Probennahme, Birke II, Seitenwurzel 3 Entfernung zum Stamm [em]
10
21
27 38 48
Wurzelrinde - Identifizierung
Durehmesser der Wurzel [em] Alter [Jahre] Rindendieke [mm]
4.9 7 1.5
2.3 6
1.4 1.1 0.4 5 5 3 1.1 0.8 0.4
Der Vergleich von Wurzel- und Stammrinde der Birke zeigt, daB sich ein groBer Teil der qualitativen rindenanatomischen Merkmale der Stammrinde (cf. ThocKENBRODT 1991) in der Wurzelrinde fortsetzt. Es sind dies u. a. die Charakteristika der Phloemstrahlen, die intensive Bildung von Sklereidengruppen mit zunehmendem Alter, die Periderm- bzw. Phellemstruktur, das Kristallvorkommen sowie das Fehlen sekundarer Phloemfasern. Es sind jedoch auch einige U nterschiede zu beobachten. So setzt der Siebrohrenkollaps spater ein, die Zuwachszonierung geht mit zunehmender Entfernung vom Stamm verloren, und das Cortexgewebe ist weniger ausgepragt. Von groBer Bedeutung ist bei Birkenwurzeln weiterhin das Vorkommen der im Stamm fehlenden sklereidenahnlichen Zellen, deren Anteil mit der Entfernung vom Stamm zunimmt. Unterschiede bestehen zwischen Stamm- und Wurzelrinde auch hinsichtlich der quantitativen Parameter. So ist der Anteil des Festigungs-
1.1
Hohe, Breite und Anzahl der Phloemstrahlen Es ergaben sich keine gesicherten Unterschiede zwischen Wurzelproben und zwischen den Stamm- und Wurzelproben. Die Strahlen sind 1-28, meist 4-13 und durchschnittlich 10 Zellen hoch. Die Phloemstrahlen sind 1- bis 3-reihig. In den Seitenwurzeln betdigt die Anzahl der Ploemstrahlen pro mm meist 6-10, selten mehr. Die Anzahlliegt damit unter der der Stammrinde (5 -19 pro mm). Untersuchungen anderer Autoren liegen hierzu nicht vor. 320
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gewebes in der Wurzel geringer, die Kristallmenge geringer, und die Siebrohrenglieder sind haufig Hinger. Diagnostisch wurden die Charakteristika der Wurzelrinde bisher nur wenig eingesetzt. Jedoch verwendet schon von ALTEN (1908) das Vorkommen von Sklereiden und Schleimzellen im Cortex sowie Vorkommen, Form und Anordnung von Sklereiden, Sekretzellen und Kristallen im sekundaren Phloem fiir eine grobe U nterscheidung von Wurzelrinden verschiedener Gattungen. GASSON (1979) identiftziert Wurzeln einiger Gattungen der Caprifoliaceae u. a. anhand der Form und Verteilung sklerenchymatischer Zellen der Rinde. Als diagnostische Hilfe ist das ,Root Identification Manual of Trees and Shrubs" von CurLER et al. (1987) gedacht. In dieser Arbeit werdenjedoch nur sehr junge Wurzelrinden knapp beschrieben, Informationen iiber die weiterentwickelte, altere Wurzelrinde fehlen. Die in der vorliegenden Arbeit beobachteten Parallelen bzw. Unterschiede zwischen Wurzelrinde verschiedener Entwicklungsstufen und der Stammrinde lassen erkennen, daB qualitative strukturelle Parameter der Wurzelrinde ein ausreichend diagnostisches Potential fiir die Identifizierung von Birkenwurzeln besitzen.
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