Ein modell für die berechnung von defekterzeugungsraten

Ein modell für die berechnung von defekterzeugungsraten

JOURNAL OF NUCLEAR MATERIALS 51 (1974) 227 -23 1. o NORTH-HOLLAND PUBLISHING COMPANY EIN MODELL FtiR DIE BERECHNUNG VON DEFEKTERZEUGUNGSRATEN D. KALE...

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JOURNAL OF NUCLEAR MATERIALS 51 (1974) 227 -23 1. o NORTH-HOLLAND PUBLISHING COMPANY

EIN MODELL FtiR DIE BERECHNUNG VON DEFEKTERZEUGUNGSRATEN D. KALETTA

and K. EHRLICH

Institut fiir Material- und Festkiirperforschung, Kernforschungszentrum Karlsruhe, Deutschland

Eingegangen am 1. Februar 1974

Es wird eine einfache Methode aur Berechnung der Eahl der verlagerten Gitterbausteine w&rend der Bestrahhmg mit geladenen bzw. neutralen Teilchen bekannter Energie vorgestellt. Die Berechnung verwendet ein reales interatomares Potential fiir die elastische Ni-Ni-Wechselwirkung. Die Methode wird mit anderen An&en zur Berechnung der Kaskadenzahl verglichen. A simple procedure is proposed for calculating the number of defects produced in a damage cascade by a primary knock-on atom of known energy. The calculation is based on a real interatomic potential for the elastic Ni-Ni interaction. The proposed methods are compared with other models for estimating the cascade factor. Un pro&ddC simple est propod pour calculer le nombre de difauts produits dans une cascade de dommages structuraux par un atome de collision primaire d’knergie connue. Le calcul est bas6 sur un potentiel interatomique r&l pour l’interaction hlastique Ni-Ni. La mdthode propos6e est comparde 2 d’autres mod?les d’estimation du facteur de cascade.

1. Einfiihrung Die elastische Wechselwirkung von Neutronen bzw. geladenen Teilchen mit einem Festkiirper bestimmt Art und Umfang der durch die Bestrahlung induzierten Schidigung. Ein charakteristisches Mass fiir die Scha’digung ist die Zahl nd der pro einfallendem Teilthen erzeugten Punktgitterdefekte. Diese Zahl ist nur von den Stossparametem abh%ngig und daher eine geeignete Griisse, urn verschiedene Reaktor- und Beschleuniger-Experimente bzgl. ihrer iquivalenten Schidigung vergleichen zu kiinnen. Die Defekterzeugungsrate K is das Produkt aus der Zahl der pro Zeiteinheit einfallenden Teilchen und dem Kaskadenfaktor nd . Ein Punktgitterdefekt liegt dann vor, wenn ein einfallendes Teilchen eine Energie an ein Gitteratom iibertrigt, die hinreichend gross ist, urn das Gitteratom in eine stabile Zwischengitterlage zu bringen. Die fiir diese Verlagerung notwendige Minimalenergie ist Ed ; sie ist im allgemeinen gitteranisotrop. In dieser Arbeit wird ein Modell zur Berechnung von nd vorgestelh, welches als Verbesserung gegeniiber dem Kinchin-Pease-Model1 [ 1] ein realistisches

Wechselwirkungspotential fiir den Stossprozess einsetzt und die nichtelastische Energiedissipation bei der Berechnung des Kaskadenfaktors beriicksichtigt. Es handelt sich urn ein statistisches Modell mit kugelsymmetrischer Zwei-K&per-Wechselwirkung. Ein kurzer Vergleich mit anderen Modellen wird gegeben. Die Modelle werden speziell im Hinblick auf Bestrahlungen in Fusionsreaktoren bzgl. ihrer hochenergetischen Anteile verglichen.

2. Das statistische Modell fiir den atomaren Verlagenmgsprozess Ein einfliegendes Teilchen der Masse A, und der Energie E. transferiert im Stossprozess eine Energie I?‘< 4.4,A2(A, tA2)-2Eo an em Teilchen der Masse A,. Befindet sich das Teilchen 2 in einem festen Atomverband (Gitter) und ist die iibertragene Energie griisser als die Verlagerungsenergie Ed, so fliegt das angestossene Teilchen mit der Energie TO = E”- Ed als PKA (primary knock-on atom) weiter. Dieses PKA verliert in N Stijssen seine Energie, die sich Gherungsweise additiv in eine elastische oder

D. Kaletta, K. Ehrlich, Berechnung

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nukleare (n) und in eine inelastische oder elektrische (e) Komponente zerlegen l&St:

(1)

To =Tn+Te,

wobei nur die elastische Komponente zur Erzeugung von Punktdefekten beitrigt. Die Komponenten setzen sich aus den einzelnen Energieiibertrigen T(‘) in den N Stossprozessen zusammen

(2)

von Defekterzeugungsraten

Stosses untersucht, sondern dass man fiir jedes Stossereignis im Punkt i (kontinuierliche Darstellung) die im Mittel iibertragene Energie (T(% einsetzt. Der Stossverlust ist definitionsgem& dem mittleren Energietransfer proportional. Die Berechnung des elastischen Energieverlustes in der Zentralfeldn&erung (Zwei-K&per-Stoss) benutzt fiir die hier betrachtete Ni-Ni-Wechselwirkungein aus elastischen und Stossdaten gewonnenes Potential der G&se [2] V(r)

Die Berechnung der einzelnen Energieiibertrige ist im allgemeinen nur molekulardynamisch m&&h und setzt die Kenntnis der Streugesetze fiir den elastischen und inelastischen Stoss sowie die sie erzeugenden Potentiale voraus. Diesen numerischen Rechnungen sind infolge der begrenzten Speicherkapazithen der Computer enge Grenzen gesetzt, so dass nur Rechnungen fiir niedrige PKA-Energien (einige keV) miiglich sind. &e&es geht in Gl. (2) in sehr empfindlither Weise die Integrationsgrenze, der Minimalabstand fiir den Stoss i, in das Streuintegral fiir T ein. Eine in der unteren Integrationsgrenze nahezu unabh&ige G&se fiir den elastischen und inelastischen Energieanteil erhat man aus der Berechnung des Energieverlustes (-dE/ti),,, w&rend des slowingdown-Prozesses des PKA, in dem man nach der im Mittel transferierten Energie fiir den gesamten Absorptionsprozess fragt:

‘T’n,e =

RF) (-g) n,e

dx(~),

(3)

R(Tn&

=

exp[y]+ 24,54 exp[y]

lE$?

V(r) in keV, r in A.

Der differentielle Streuquerschnit do,, 1% sich f”ur dieses Potential &erungsweise analytisch angeben, indem man (4) durch ein in allen Minimalabst&rden an ein inverses Potenzpotential angepasstes Potential darstellt [3] . Die Berechnung des inelastischen Energieverlustes erfolgt in dieser Arbeit nach dem Modell von Lindhard, Scharff und Schi#tt [4] -- dE = k,Tip [erg/cm]mit kl(Ni-Ni) = 28,3052; ( tie ) wenn To (Ni-Ni) < 50 MeV. (5) Gleichung (5) erzeugt zusammen mit dem elastischen Stossverlust unter Verwendung des Potentials (4) experimentell verifiierbare (totale) Energieverluste mit Reichweiten im Energiebereich 5 keV < To Q 50 MeV [51Diezahlnd der Frenkel-Paare oder verlagerten Atome in einer Kaskade, die vom PKA der Energie To ausgeliist wird, ist eine statistische Gr6sse. Bei scharfer Verlagerungsschwelle ist die Maximalzahl nr” = Tn/Ed, falls das PKA bei jedem Stoss gerade die Energie Ed iibertrigt (T, % Ed), die Minimalzahl ist nzrn = 1, falls das PICAbei jedem Stoss eine Energie kleiner als Ed iibertrigt. Fiir jedes Stossereignis i 1st sich damit die Kaskadenzahl durch den Ansatz 0

R(To) ist die in N Stiissen durchlaufene Stossltige (Reichweite) und nA die Atomdichte des Absorbers. Physikalisch bedeutet die Gl. (3), dass man nicht wie in Gl. (2) die individuelle Stosshistorie des i-ten

(4)

.y1=

1 i_ .$.q 2E;i

lpCEd Ed
T$) > md

(6)

D. Kaletta, K. Ehrlich, Berechnung von Defekterzeugungsraten

To % Ed gilt; Nd ist die Zahl der zwischen (I!$, 2Li’d) erfolgten AustauschstZisse. Ersetzt man T, durch seinen Erwartungswert (3), so erhat man die im Mittel zu erwartende Kaskadenzahl (n,) als Funktion der PKA-Energie.

beschreiben. Die Griisse [r ist ein Potentialformfakfor, der im wesentlichen die Abweichung vom HarteKugel-Boss beschreibt, wenn physikalisch reale Potentiale fir den Stossprozess vorliegen. Defmitionsgemass ist .$= 1 fiir den Harte-Kugel-Stoss [l] . Es wird im allgememen davon ausgegangen, dass die [i fiir grosse To energieunabh&ig sind. Die Literaturangaben f”ur[i schwanken je nach Modell van 0,75 his 1,2. Eigene Rechnungen haben fiir To 2 10 keV ein l” 1 und fiir To 3- 10 keV ein t von 0,84 ergeben [6] . Die Summation iiber alle nd(i) Glut auf nd =~+&-&“r’-&Tn

3. Ergebnisse und Diskussion

(7)

wobei die rechte N&erungsgleichung f”urden Fall

Das hier behandelte Modell(7) fiir die Kaskadenzahl ist ein Kinchin-Pease-Model& in dem die beiden schwa’chsten Punkte des Original-Modells, Gmlich die Harte-Kugel-Streuung und die nicht beriicksichtigte inelastische Energiedissipation korrigiert werden. Das Modell(7) nhnmt ferner an, dass die gesamte zur VerfCgung stehende elastische Energie als Schadens-

l-

c

/

-

DIESE ARBEIT NAT-MODELL-

ENERGIE

DES

229

PRIMARTEILCHENS

(eV)

Abb. 1. Elastischer Energieanteil des Rhnikteilchens w&rend des Abbremsvorgmges.

D. Kaletta, K. Ehrlich, Berechnung von Defekterzeugungsraten

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energie zur Verfiigung steht. Die G&se ( T),, ist unempfmdlich gegeniiber Anderungen der Minimalenergie Tmin. Andert man den Minimalabstand im Stossprozess von D iiber D/d auf ;D (die korrespondierenden Tmin-Werte sind 0,012; 093 und 23 ev), so Zrdert sich (T,) urn weniger als 4% bezogen auf den benutzten Standardwert von fD (D = 3,5 A: Gitterkonstante im Ni). Des weiteren zeigt sich das Model1 (7) als relativ unempfindlich gegeniiber PotentialHnderungen. Bei Verwendung eines Thomas-Fermi-Potentials erhalt man elastische Energieverluste, die im Maximum der (- dE/ti), -E-Kurve einen Fehler von < 2% relativ zum Energieverlust mit dem Potential (4) aufweisen und bei hiiheren Energien ineinander iibergehen. Einen Vergleich der mittels (3) berechneten

elastischen Energie mit anderen Modellen zeigt die Abb. 1. Im NRT-Modell von Ijorgett, Robinson und T_orrens [7] wird die elastische Schadensenergie T, nach einem Kaskadenmodell von mdhard, Nielsen, Scharff und Thornsen [8] angegeben, das eine allgemeine Integralgleichung fiir Tn/To beinhaltet. Die approximative Lijsung dieser Gleichung fiihrt auf eine N&erungsformel, die eine Funktion der reduzierten Energie E = ~$2, To) ist. Robinson gibt fiir diese Funktion g(e) ein Polynom an. Die L6sung dieser Integralgleichung, die vom Thomas-FermiPotential und vom inelastischen Energieverlust nach (5) ausgeht, weicht, wie die Abb.1 zeigt, bei hohen Energien erheblich von den Ergebnissen fiir (3) ab (Faktor < 3). Eine genaue Diskussion dieser Diskrepanz, die

l-

Ed=40eV

= I,0 -

KINCHIN-

-

-HALF-NELSON

-‘-DIESE

PEASE

ARBEIT

=O,B -----NRT-MODELL

I 3

I

III

I

I

III

I

I

III

I

I

II

10 ENERGIE

DES

PRlMiiRTElLCHENS

CeV)

Abb. 2. Der Kask?denfaktor fld als Funktion der Anfmgsenergie des Prim&teilchems (F’KA).

D. Kaletta, K. Ehrlich, Berechnung

ausserhalb der Fehler durch e und damit der involvierten Potentialtypen liegt, ist bisher noch nicht erfolgt. Es wird angenommen, dass die von LNST aufgestellte Integralgleichung eine starke Abhtigigkeit von der unteren Integrationsgrenze besitzt, die in der Originalarbeit gleich Null gesetzt wird. Dieses Argument wird durch die Tatsache gestiitzt, dass zwar die Energieverluste unempfindlich gegeniiber TminAnderungen sind, dagegen aber nicht die im Mittel iibertragenen Energien ( Z’@)>, die sich bei ‘minAnderungen von $0 + D urn mehr als eine Griissenordnung verringern, wenn To B (T(‘)) ist. Die von Nelson [9] berechnete elastische Energie wird nur tabellarisch angegeben. Fiir die Berechnung wird als Referenz auf das LSS-Model1verwiesen. Die Nelson-Werte fiir T,,/To decken sich mit dem Quotienten

(-gJ-g)toti

q(To) =

fiir das Thomas-Fermi-Potential und den inelastischen Energieverlust nach (5). Die G&se q ist der Differentialquotient d (T),/dx an der Stelle To der Gl. (3). Infolge der oben e&&ten Potentialunempfmdlichkeit der Gl. (3) (< 20-30%) entspricht der q-Wert etwa dem unseren. Das Prod& aus q(Th jund To deckt sich im wesentlichen, speziell im hochenergetischen Bereich, mit der in Abb. 1 angegebenen NRT-Kurve fiir Tn. In der Abb. 2 werden die Kaskadenzahlen als Funktion der PKA-Energie To fiir die hier diskutierten Modelle aufgetragen. Es wurde eine Verlagerungsenergie Ed = 40 eV gewamt. Obgleich experimentell fiir Ni eine Verlagerungsenergie von Ed N 25 eV [lo] gemessen wurde, erscheint der 4O-eV-Wertplausibel:

van Defekterzeugnungsraten

231

Die hier gegebene Definitionsgleichung fiir nd schliesst Rekombinationen dicht benachbarter Frenkelpaare aus, die zu einer Reduzierung der Kaskadenzahl ftien. GrundsHtzlich kann in Zwei-K&per-Modellen jedoch kein Rekombinationsradius fiir die spontane Rekombination angegeben werden. Fiir die nd-Berechnung ist jedoch ein kleinerer Ed -Wert mit positivem Rekombinationsradius einem griisseren Ed-Wert mit verschwindendem Rekombinationsradius iquivalent. Die Abb. 1 und 2 zeigen, dass die Modelle bedeutsame Abweichungen in der Defektererzeugungsrate erst bei griisseren Prim%energien, T, > 50 keV, aufweisen, wobei die bisherigen Modelle die Kaskadenzahl nd unterschitzen. Dies kann bei Reaktorspektren mit Riickstossatomen (PKA) hoher Energie, wie im Fall des Fusionsreaktors, zu erheblich hiiheren Verlagerungsraten fiihren als bisher angenommen wurde.

Literatur [l] G.H. Kinchin und R.S. Pease, Rep. Prog. Phys. 18 (1955) 1. [2] D. Kaletta, BNES Proc. Europ. Conf. on Void Swellings, Reading, 23-24 March 1971 (AERE, Harwell) p. 319. [ 31 D. Kaletta, in Vorbereitung. [4] J. Lindhard, M. Scharff und H.E. Schiht, Mat. Fys. Medd. Dan. Vii. Selsk. 33 No. 14 (1963). [S] D. Kaletta und W. Schneider, KFK-1652 (1972). [ 61 K. Ehrlich, D. Kaletta und W. Schneider, KFK-1438 (1971). [7] J.M. Norgett, M.T. Robinson und I.M. Torrens, IAEA Meeting, Radiation Damage Units, Seattle, Wash., USA (Okt./Nov. 1972). [8] J. Lindhard, V. Nielsen, M. Scharff und P.V. Thomsen, Mat. Fys. Medd. Dan. Vid. Selsk. 33 No. 10 (1963). [9] R.S. Nelson, E.W. Etherington und M.F. Smith, TRG Report 2152 (D) (1972). [lo] P.G. Lukasson und R.M. Walker, Phys. Rev. 127 (1962) 485.