Einfluß acker- und pflanzenbaulicher Maßnahmen auf einige bodenbiologische Faktoren

Einfluß acker- und pflanzenbaulicher Maßnahmen auf einige bodenbiologische Faktoren

Zentralbl. Mikrobiol. 143 (1988), 611-620 VEB Gustav Fischer Verlag Jena [Forschungszentrum fiir Bodenfruchtbarkeit Miincheberg der Akademie der Land...

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Zentralbl. Mikrobiol. 143 (1988), 611-620 VEB Gustav Fischer Verlag Jena

[Forschungszentrum fiir Bodenfruchtbarkeit Miincheberg der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR]

EinfluB acker- und pflanzenbaulicher MaBnahmen auf einige bodenbiologische Faktoren Effect of Agricultural Practices on Several Soil-Biological Factors GISELA HOFLICH und KARL STEINBRENNER Mit 2 Abbildungen

Summary In the rhizosphere of wheat and rye similar morphological and physiological differentiable types of bacteria were enriched like in soil by fertilization of organic matter. After green and straw manure and after soil fumigation with metham-sodium fluorescend Pseudomonas species and several Bacillus species were stimulated in the rhizosphere in comparison to mineral fertilization in the juvenile stage of plant development.

Zusammenfassung In der Rhizosphiire von Weizen und Roggen waren ahnliche, morphologisch und physiologisch differenzierbare Bakterientypen angereichert wie nach Einarbeitung organischer Substanzen in den Boden. Nach Griindiingung, Strohdiingung und Bodenentseuchung mit Metham-Natrium waren in der Rhizosphiire fluoreszierende Pseudomonas-Arten und einige Bacillus-Arten im Vergleich zu mineralischer Diingung wahrend der Jugendentwicklung der Pflanzen stimuliert.

1. Einleitung Die Mikroorganismen als wesentliches Kettenglied des biologischen Stoffkreislaufes vollbringen im Boden mit Hilfe ihrer Enzyme wichtige Leistungen wie Ab- und Umbau organischer Stoffe, Nahrstofftransformation, Luftstickstoffbindung, Bildung und Stabilisierung der Bodenstruktur, Schutz der Pflanzen vor Pathogenen, Abbau toxischer Stoffwechselprodukte bzw. Agrochemikalien und Bereitstellung von Wirkstoffen (Vitamine, Phytohormone, Antibiotika u. a.).

Ziel dieser Arbeit ist es, einige M6glichkeiten zur Beeinflussung biologischer Aktivitiiten und Faktoren im Boden und in der Rhizosphiire unter Beriicksichtigung organischer und mineralischer Diingung, 6kologischer Faktoren und des Biozideinsatzes aufzuzeigen. Eine entscheidende Basis zur Stimulierung des Bodenlebens und der biochemischen Umsetzung ist die umsetzbare organische Substanz, die dem Boden insbesondere in Form von Wurzelund Stoppelriickstanden, Stallmist, Giille, Griin- und Strohdiingung zugefiihrt wird (STEINBRENNER 1967, 1968a, b; MULLER 1957, 1959a, b, 1960, 1972; MULLER et al. 1959; HIRTE 1968; MAl 1968; LOSAKOV et aI. 1974; HOFLICH 1969,1976; DOMscH 1968a, b). Zwischen dem GehaIt an Ct und Nt, der Bodenatmung und verschiedenen Enzymaktivitiiten (saure und alkalische Phosphatase, Phosphodiesterase, Zellulase, Dehydrogenase, Polyphenoloxidase, Katalase, Invertase, Protease, Urease, Amidase, Arylsulfatase, NitrifikationsHihigkeit u. a.) besteht eine positive Korrelation (FRANKENBERGER et aI. 1983a, b, c; EVDOKIMOVA et al. 1984; WASILEVA 1980; KULAKOVSKAJA et al. 1975). Stroh und Wurzelexsudate wirken sich

612

G. HOFLICH und K. STEINBRENNER

stimulierend auf die Nitrogenaseaktivitiit und damit auf die Luftstickstoffbindung aus. Der NBedarf der Pflanze kann dadurch jedoch nicht gedeckt werden (MISUSTIN et al. 1981; EMCEV 1982; HOFLICH 1987). Eine mehrertragswirksame Nutzung der biologischen Luftstickstoffbindung zeichnet sich unter gemaBigten Klimaten bei Leguminosen durch Impfung mit Rhizobium-Bakterien ab (HOFLICH 1985; HOFLICH et al. 1987). Die zeitIich enge Aufeinanderfolge der Fruchtarten durch Einbeziehung von Zwischenfriichten wirkt sich positiv auf den Ertrag und auf die biologische Aktivitat im Boden aus (STEINBRENNER 1967; LOSCHAKOV et aI. 1978; DRANDAREVSKI 1971; AGREEV et al. 1978; PETROWA et al. 1977; TOLOK et al. 1977; ZADRAZIL 1971; KALMUKOV et aI. 1978; LEITGEB et al. 1981; WASILEWA 1980). Durch Beachtung der Fruchtfolgegrundsatze ist jedoch einer Anreicherung spezieller Schadorganismen (STEINBRENNER et al. 1984a, b) und phytotoxinbildender Mikroorganismen (BERESTETSKI 1974; GRODSINSKI 1979; WOLF 1981; DRANDAREVSKI 1971) entgegenzuwirken. Die Intensitat der biologischen Umsetzungen im Boden wird von der Art und Menge der zur Verfugung stehenden organischen Substanzen und von den okologischen Faktoren bestimmt (VILSMEIER et al. 1981; HANSCHMANN 1983; SPORL et al. 1981; MULLER et al. 1982; FORSTER 1982). Verschiedene Bakterien- und Pilzarten konnen sich bei den Umsetzungsleistungen zum Teil ersetzen. In einigen Experimenten wurde versucht, durch chemische Wirkstoffe und Biozide die biochemischen Umsetzungen zu beeinflussen (DoMscH 1963, 1974; HOFLICH 1976). Die Ergebnisse zeigen: Die Moglichkeiten zur Beeinflussung von Umsetzungsprozessen sind um so goBer, - je weniger Organismengruppen zu der jeweiligen Leistung befiihigt sind (z. B. Nitrifrkation), - je starker die wirkstoffempfindlichen Pilze fUr die Umsetzungen verantwortlich sind (Zersetzung von Stroh, Zellulose, Lignin) und - je breiter das Wirkungsspektrum des eingesetzten Biozids ist. Nutzungsmoglichkeiten fUr Nitrifikationsinhibitoren zur Verminderung von Stickstoffverlusten zeichnen sich u. a. in Verbindung mit GiiIlediingung ab (SOLANSKY 1982). Viele bodenmikrobiologische Prozesse werden getrennt von der Pflanze analysiert. Da die Rhizosphare das entscheidende Zentrum fiir die Wechselbeziehungen zwischen Pflanze und Mikroorganismen ist, wurde in den weiteren Versuchen der EinfluB von organischer Diingung, Stickstoffdiingung und Biozideinsatz auf einige biologische Faktoren, insbesondere auf die Mikroorganismenzusammensetzung unmittelbar im Rhizospharenraum untersucht.

2. Methodik Die Untersuchungen erfolgten vorwiegend in mehrjiihrigen Feldversuchen mit Getreide (Tab. 1) in den Monaten MaiIJuni bzw. Oktober/November an jeweils zwei bis drei Terminen. Zur Einschiitzung der biologischen Aktivitiit wurden • die Bodenatmung als Ausdruck der Gesamtaktivitiit der Bodenmikroflora (GREILICH et al. 1978), • die Zellulosezersetzung als Fiihigkeit, schwer angreifbare Substanzen abzubauen (Zellulosebeuteltest nach UNGER 1960), • die Nitrifikationsflihigkeit als sensibles Merkmal fiir Schadwirkungen (Nitratanreicherung nach 14tiigiger Inkubation von 100 g Boden plus 30 mg als (NH4hS04 bei 60% WK und 25°C und • die N-Mineralisation (Bestimmung von NOr und NH4-N in inkubierten Bodenproben ohne N-Zusatz) bestimmt. Die Bakterienzahlen wurden auf Glyzerin-Pepton-Agar (HIRTE 1961) und die Pilzzahlen auf Biomalzagar ermittelt. Eine Analyse der Rhizosphiirenmikroflora erfolgte an Weizen- und Roggenwurzelproben zu ZADOKS 23 nach Abschiitteln des anhaftenden Bodens. Die Bakterien wurden in Anlehnung an HIRTE (1969 a) aufgrund makro- und

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192 Probezahl

Abb. I. EinfluB von Griin-, Stroh-, Stallmist- und Giillediingung auf biologische Faktoren (Bodenatmung, Zellulosezersetzung, Bakterien- und Pilzzahlen). Feldversuche mit Getreide 1974 bis 1981, D 2/3 Standorte (ohne Diingung = 100).

mikroskopischer Merkmale zuniichst in Typen eingeteilt und anschlieBend der Anteil der Typen an der Gesamtzahl ermittelt. Eine systematische Eingruppierung erfolgte nach HIRTE (I969b) und den dort angegebenen Literaturquellen. Zur Ermittlung des Einflusses organischer Substanzen auf die Mikroflora wurden in 300-ml-Erlenmeyerkolben 100 g lehmiger Sandboden mit 1 % gemahlener organischer Substanz'(Luzeme, Zellulose, Stallmist) vermischt und bei einer WK von 60% und einer Temperatur von 25 DC 90 d inkubiert. Die Untersuchungen erfolgten wiichentlich. Der Niihrstoffgehaltje 100 g Boden betrug 24,5 mg N, 211,5 mg C, 10,7 mg P und 6,2 mg K.

3. Ergebnisse und Diskussion

In mehrjiihrigen Feldversuchen wirkte sich die organische Dungung in Form von Griindungung, Stroh, GuIle und Stallmist einzeln oder in Kombination stimulierend auf die Bodenatmung, Zellulosezersetzung, Bakterien- und Pilzzahlen im Rhizospharenraum von Getreide aus (Abb. 1). Die Bakterien wurden meist starker stimuliert als die Pilze. Die Bakterien sind auch in der Rhizosphare, bedingt durch die Absonderungen energiereicher organischer Zellen im Vergleich zu unbewachsenem Boden stark vermehrt (Tab. 2). Stimuliert wurden bei Weizen und Roggen besonders Bakterien der Gattungen Pseudomonas, Agrobacterium, Flavobacterium sowie Coryneforme und sonstige - nicht diagnostizierte - Bakterien (Tab. 2). An der insgesamt ermittelten Bakterienflora in der Rhizosphare von Roggen- und Weizenpflanzen zu ZADOKS 23 nahmen die Pseudomonas-Arten mit ca. 60% den relativ hOchsten Anteil ein. Ihnen folgten Agrobacterium (ca. 12%), Bacillus (ca. 10%), Coryneforme (ca. 8%), sonstige Bakterien (ca. 6%) und Streptomyces-Arten (ca. 3%). Vergleichende Untersuchungen zeigten, daB in der Rhizosphare von Weizen und Roggen iihnliche, morphologisch und physiologisch differenzierbare Bakterientypen stimuliert waren, wie nach Einmischung organischer Substanzen in den Boden (Tab. 2) (HOFLICH 1976). Die in der Rhizosphare hiiufig vorkommenden Pseudomonas spp. dominierten infolge hoher enzymatischer Aktivitiit, KonkurrenzHihigkeit und Anpassungsfiihigkeit auch bei der Zersetzung organischer Substanzen im Boden und nach einer Bodenentseuchung. In Feldversuchen mit W.-Roggen wirkten sich Griin- und Strohdungung im Vergleich zur mineralischen Diingung stimulierend auf die Bakterienflora im Rhizospharenraum aus (Tab. 3). Dieser Stimulierungseffekt war im Herbst, zur Zeit def lugendentwicklung def Pflanzen, in

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Feldversuch Griindiingung2) Strohdiingung 2 ) Metham-Natrium2 ) Weizenrhizosphiire Roggenrhizosphiire

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Pilzflora

Tabelle 2. EinfluB von organischen Substanzen, Nematizid und Getreideart auf die Bakterien- und Pilzflora im Boden 1) bzw. Rhizosphiirenbereich2) (Bakterien auf GlyzerinPepton-Agar, Pilze auf Biomalzagar)

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Tabelle 3. EinfluB der Griindiingung, Strohdiingung und Nematizideinsatz auf die Bakterien- und Pilzpopu1ationen im Herbst (H) und Friihjahr (F) im Verg1eich zur mineralischen Diingung bzw. ohne Nematizid (Fe1dversuche 1979 bis 1981; D2I3-Standorte)

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EinfluB acker- und pflanzenbaulicher MaBnahmen

617

Tabelle 4. EinfluB der Bodenentseuchung auf Bodenatmung, Zellulosezersetzung, Bakterien- und Pilzzahlen; Feldversuche 1974 bis 1981; D2/3-Standorte (ohne Entseuchung == 100) Wirkstoff

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1) SignifIkanz der Relativwertdifferenzen nach dem KonfIdenzintervall bei

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mehreren Jahren sHirker als im Friihjahr. Insbesondere wurden einige Pseudomonas- und BacillusArten gefOrdert. Auch nach Bodenentseuchung mit Metham-Natrium war bei W.-Weizen und W.-Roggen der Anteil fluoreszierender Pseudomonas-Arten und einiger Bacillus-Arten - im Herbst starker als im Friihjahr - stimuliert. Fluoreszierende Pseudomonas spp. haben eine hohe phytosanitare Funktion beim Schutz deT befallsgef1ihrdeten Getreidepflanze vor pilzlichen Wurzelschaderregem und bei der Stimulierung der Pflanzenentwicklung (WELLER et al. 1985; WONG 1984; PRIKRYL und VANCURA 1983; KLOEPPER et al. 1980; ZASPEL 1988). Moglicherweise kommt den im Rhizospharenraum junger Pflanzen nach organischer Diingung und Einsatz von Metham-Natrium stimulierten PseudomonasArten auch eine Bedeutung fUr die Ertragswirksamkeit dieser MaBnahmen zu. Von den untersuchten Bodenentseuchungsmitteln wirkte sich nur Metham-Natrium stimulierend auf die Bakterienflora und Bodenatmung aus (Tab. 4). Die Pilzflora und damit auch die Zellulosezersetzung wurden reduziert. Bedingt durch die reduzierte Pilzflora war offensichtlich auch eine starkere Entwicklung der Bakterien moglich. Neueste Ergebnisse aus den in der Tab. 1 angefUhrten Versuchen zeigenjedoch eindeutig, daB beijahrlicher Anwendung von Entseuchungsmitteln (Metham-Natrium) die in den ersten Jahren ermittelte Stimulierung der Bakterienflora und Ertragssteigerung nach 5 bis 7 J ahren nachlieB und ab 11. VersuchsjahT sogar zu einer signifikanten Ertragsdepression fiihrte (STEINBRENNER 1987). Eine erh6hte Stickstoffgabe kann sich direkt und indirekt tiber Forderung des Pflanzenwachsturns, Erh6hung der Wurzelausseheidungen sowie der Stoppel- und Wurzelriiekstande stimulierend auf das Bodenleben auswirken. In den untersuchten Feldversuehen wurden dureh gestaffelte N-Diingergaben die Bodenatmung, Zellulosezersetzung und N-Mineralisierung nieht signifikant gesteigert (Abb. 2). Deutlieh gefordert wurde die Nitrifikationsf1ihigkeit. Eine qualitative Differenzierung der Mikroorganismen zeiehnete sieh im Rhizospharenraum nieht abo Die meisten Mikroben kommen mit weniger Mineralstoffen aus als hohere Pflanzen (BECK 1981). Literatur und eigene Ergebnisse lassen die SehluBfolgerung zu, daB eine gezielte Steuerung der am organischen Stoffumsatz beteiligten Mikroflora und ihrer Aktivitat infolge der groBen Stabilitat und Heterogenitat der fUr den Umsatz verantwortliehen Bodenmikroflora, einer hohen Anpassungsfiihigkeit der Mikroorganismen, der groBen inneren sorptionsaktiven Oberflaehe der BOden und der Tatsaehe, daB der Boden ein offenes System darstellt, ersehwert ist (HIRTE 1968; MAl 1968; HOFLICH 1976). Dem stimulierenden EinfluB organiseher Substanzen auf die Entwicklung der Rhizospharenmikroflora, insbesondere junger Pflanzen, soUte in der Forsehung weitere Aufmerksamkeit gesehenkt werden.

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288 Probenzahl

Abb. 2. EinfluB der N-Diingung auf Bodenatmung, Zellulosezersetzung, Nitrifikationsflihigkeit und N-Mineralisierung, Feldversuche 1974 bis 1982 auf D 2/3 Standorten (I. NStufe = 100).

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