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J. ULTRASTRUCTURERESEARCH10, 194-206 (1964)
Fett im Nucleolus WOLFGANG THOENES
Pathologisches lnstitut der Universitdt Wiirzburg (Germany) Angenommen am 12. September 1963 Electron microscope studies have demonstrated the presence of compact and vacuolar lipid droplets in the enlarged nucleoli of thioacetamide-damaged liver cells of the rat. The droplets most frequently lie in the outer part of the nucleolus and are tightly held by nucleolar material. It can be shown that the lipid droplets are derived from the cytoplasm. They are taken up into the nucleus by infolding of the nuclear envelope, leading to intranuclear cytoplasmic inclusions. After breaking up of the included nuclear envelope, the droplets enter the nucleoplasm and may penetrate from there into the nucleolus. The driving force for the movement (wandering) of lipid droplets within the nucleoplasm and from the nucleoplasm into the nucleolus is considered to be the oncotic pressure of the chromosomes resulting in the course of thioacetamide-induced nuclear edema. Der Nachweis tropfigen Fettes innerhalb des Zellkernes (,,Kernfett") ist lichtmikroskopisch schon mehrfach geffihrt worden (1, 2, 5, 6a, 7, 10, 15, 31, 34, 37 u.a.). Dabei muB unterschieden werden zwischen Fettropfen, die von einer chromatinbesetzten Membran umzogen und dadurch - - nach heutiger Kenntnis - - auf eine Lage in nucMiren Cytoplasmainklusionen verd/tchtig sind, und solchen, die unvermittelt, also ohne jede (membran/Sse oder anderweitige) Htille im Binnenraum des Kernes liegen. Letzte Zweifel daran, dab Fettropfen auch frei im Karyoplasma auftreten k6nnen, sind durch entsprechende elektronenmikroskopische Befunde zerstreut worden (8, 12, 13, 19) (vergl. auch unsere Abb. 3 und 4). Das V o r k o m m e n von Fett innerhalb des Nucleolus (5, 7, 9, 10, 31) ist lichtmikroskopisch dagegen schwerer zu beweisen, da bei der Dicke eines Gefrierschnittes, die das 5-10-fache des Durchmessers normaler Kernk/Srperchen betrfigt, Llberlagerungseffekte niemals mit letzter Sicherheit auszuschlieBen sind. Hinzu kommt, dab Bilder, die eine intranucleolfire Lage von Fettropfen nahelegen, auch bei giinstigen Objekten ausgesprochen selten sind. Aus diesen Grtinden ist die Frage, ob Fett auch im Nucleolus vorkomme, bis heute umstritten. Als Beitrag zu diesem Problem soll im folgenden fiber einige elektronenmikroskopische Befunde an fetthaltigen Nucleolen berichtet werden.
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UNTERSUCHUNGSGUT UND METHODIK Die vorgelegten Befunde stammen aus der Leber yon Ratten, die die cirrhogen und carcinogen wirkende Substanz Thioacetamid (TAA) in t/iglichen Dosen yon 4 mg, im Trinkwasser gel6st, tiber insgesamt 48 Tage (Gesamtdosis pro Tier 190 mg) erhalten batten. Einzelheiten der Versuchsanordnung (siehe 33). Entnahme des Lebergewebes in kurzem ~.therrausch, Fixierung in l%iger isotonischer, gepufferter (pH 7,3) OsO~-LSsung mit Rohrzuckerzusatz (11, 22, 30). Einbettung in Vestopal W (27) mit 1% Initiator und 0.5% Aktivator. Herstellung der Dtinnschnitte auf dem PorterBlum-Mikrotom (Glasmesser), der elektronenmikroskopischen Aufnahmen mit dem Siemens-Elmiskop I. Lichtmikroskopische Vergleichsuntersuchungen wurden an 1 ~-dicken Vestopalschnitten von OsO4-fixiertem Gewebe nach Giemsa-Ffirbung (32) und an Sudan III-geffirbten Gefrierschnitten (Formalin-Fixierung) durchgeftihrt. In einem Fall (Einsatz in Abb. 8) wurde hierzu auch Lebergewebe von einer Ratte nach 17-w6chiger TAA-Vergiftung verwandt.
BEFUNDE Die zu beschreibenden nucleol~tren Fetteinschltisse, die in drei von vier Fgllen an der Peripherie der Kernk6rperchen gefunden wurden, treten in zwei Formen auf: entweder als rundliche, homogen-kompakte und extrem dichte Tropfen (Durchmesser etwa 0,5-1,5 #), die im Dtinnschnitt fast stets eine regelmfil3ige Wellung quer zur Schnittrichtung des Mikrotommessers (,,shatter") aufweisen, oder als vakuolisierte Gebilde von ~hnlicher GrN3enordnung, bestehend aus einer - - m a n c h m a l rundlich, manchmal unregelm~iBig geformten - - sehr dichten Schale (Dicke 0,1-0,7 #) und einem gleichm/iBig hellen Zentrum. Ein Vergleich der beiden Einschliisse ergibt, dab die kompakten Tropfen und der Schalenanteil der vakuolisierten Tropfen elektronenmikroskopisch den gleichen Aspekt bieten: sie sind in sich gleichm/iBig dicht und zeigen bei mittlerer elektronenmikroskopischer VergrSBerung keinerlei Struktur. Bei sffirkerer Vergr6Berung erkennt man allenfalls eine feine unregelmfil3ige KSrnelung, die in gleicher Weise auch innerhalb der (hellen) Vakuolen nachzuweisen ist. Eine besondere (osmiophile) ,,Htillmembran" an der Peripherie der Tropfen, wie sie von Bargmann, Fleischhauer und Knoop (6) im Cytoplasma der Milchdriisenzelle beschrieben worden ist, war im vorliegenden Fall nicht festzustellen. Die Nucleolarsubstanz, die in weiten Teilen des Nucleolus die typische strangf6rmig-retikul/ire Anordnung aufweist, wobei zahlreiche kleine (30-120#) und einzelne gr613ere (bis ca. l #) Zwischen- bzw. Hohlrfiume mit wenig feinfl0ckigem Inhalt ausgespart sind, bildet um die Einschltisse eine schmale (100-200#) Zone, in der die Retikulierung fehlt. Die 150 ~-Partikel der Nucleolarsubstanz sind hier, auf den Fettropfen bezogen, mehr oder weniger deutlich radi/ir gelagert (Abb. 7). Sie grenzen
ABe. 1. Kompakter Fettropfen (F) in dem vergr/SBerten Nucleolus (Nl) einer TAA-geschfidigten Leberzelle. Der Tropfen grenzt noch mit einem Teil seiner Oberfl/iche an das stark aufgelockerte Karyoplasma. Rechts oben ein vakuolisierter Fettropfen (F'), der die Nucleolusoberfl/iche einbuchtet. Unten (-+) ein Membranrest im Karyoplasma. KH, Kernhtille. 27 500 : 1.
ABB. 2 und 3. Vakuolenhaltige Fettropfen (F')in vergr6Berten Nucleolen (N1)TAA-geschgdigter Leberzellen. Je ein weiterer vakuolisierter (F', links oben) bzw. kompakter (F, rechts unten) Fetttropfen frei im aufgelockerten Karyoplasma. KH, Kernhtille. Abb. 2:21 000:1; Abb. 3:30 000:1.
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ABB. 4. Kern einer TAA-gesch~idigten Leberzelle mit einem vakuolenhaltigen (F') und zwei kompakten (F) Fettropfen im Karyoplasma. In der Umgebung der letzteren und im oberen Kernabschnitt Reste cytoplasmatischer Elemente. Von den beiden Nucleolen (Nl) erstreckt sich der obere bis an die Kernhiille. 14 600 : 1.
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ABB. 5. Cytoplasma-EinschluB mit mehreren Fettropfen (F) im Kern einer TAA-gesch/idigten Leberzelle. An der inkludierten Kernhtille ist auf gr6Beren Strecken die,,fiuBere" (zum Karyoplasma gelegene) Membran bereits verloren gegangen (-+). Nl, Nucleolus. Zwei vakuolenhaltige Fettropfen (F') im Cytoplasma. 17 700 : 1.
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direkt an die Oberflfiche des Tropfens; ein Spalt zwischen dem letzteren und der Nucleolarsbustanz ist nicht zu erkennen. Wenn die Einschliisse an der Peripherie des Nucleolus liegen, sind sie u. U. nicht ganz von Nucleolarsubstanz umschlossen. Ein wechselnd grol3er Teil der Oberflfiche grenzt dann direkt an das Karyoplasma (Abb. 1, 2 und 7). Was den iibrigen Kernraum anbetrifft, so beschr/inken wir uns in diesem Zusammenharlg auf folgende Feststellungen: In den vergr6gerten Kernen TAA-geschfidigter Leberzellen mit und ohne fetthaltigen Nucleolen finden sich Fettropfen gleicher Art vielfach auch im stark aufgelockerten Karyoplasma, und zwar einzeln oder zu mehreren in beliebiger Verteilung (Abb. 3 urld 4). Besonders hinzuweisen ist auf die Position eines solchen (vakuolfiren) Tropfens in Abb. 1, der der Oberfl/iche des Nucleolus angelagert ist und diese leicht einbuchtet. Daneben werden in derartigen Zellkernen fast regelm~il3ig einzelne Membrarlen oder Membranpaare angetroffen, die teils uncharakteristisch sind, teils dutch Besatz mit Ribosomen ihre ergastoplasmatische und damit eytoplasmatische Herkunft belegen. In manchen Fgllerl liegerl alle diese Elemente im K e r n r a u m nicht frei und regellos verstreut, sondern noch an umschriebener Stelle in eindeutig cytoplasmatischer Formation (Abb. 5). Sie sind dann ringsum von einer doppelten Membrarl umschlossen, welche in verschiedenen Stadien der Aufl/Ssung angetroffen werden kann, wobei zurlgchst die/iul3ere (zum Karyoplasma gelegene), dann auch die innere (zum Einschlul3 gelegene) Membran verschwindet oder unterbrochen wird (Abb. 5 und 6). I m letztererl Falle kann der fJbertritt yon Formelementen (Membranen, Fettropfen etc.) aus dem membranumzogenen Einschlul3 in das angrenzende Karyoplasma direkt im Bilde festgehalten sein (Abb. 6). Bei geeigneter Schnittrichturlg erkennt man, dab Einschltisse durch eine Art yon Porus mit dem tibrigen Cytoplasma in Verbindung stehen k/Snnen, wobei sich die doppelte Grenzmembran als eingestiilpter Tell der Kernhiille erweist. ABB. 6. In Aufl6sung begriffener Cytoplasmaeinschlug. Durch den Defekt der Kernhiille (links) wird ein Fettropfen in das Karyoplasma freigesetzt. Links oben umschriebene Ausstiilpung mit seitlichen Einziehungen der Kernhiflle (Residuum der voraufgegangenen cytoplasmatischen Inklusion?). 20 000:1. ABe. 7. Intranucleolgrer Fettropfen bei stgrkerer Vergr6gerung (Parallelschnitt zu Abb. 1). Rechts Nucleolarsubstanz (Nl), die den Fettropfen fest umklarnmert. Radifire Anordnung der nucleolfiren 150 ~-Partikel in direkter Umgebung desselben. Links stark aufgelockertes Karyoplasma. 44 000 : 1. ABB. 8 und 9. Kernfett in TAA-gesch~digten Leberzellen lichtmikroskopisch 2000 : 1. Abb. 8: Giemsa-gefO.rbterVestopalschnitt, OsO4-Fixierung. Links oben und Mitte rechts Kerne mit mehreren unterschiedlich grogen, kompakten Fettropfen im Karyoplasma (tiefschwarz mit Beugungssaum, yon den unscharf begrenzten Nucleolen deutlich zu unterscheiden). Zahlreiche solcher osmiophiler Fettropfen auch im Cytoplasma. Ausschnitt rechts unten: Vakuolisierter Fettropfen im Kerninneren. Abb. 9: Sudan-gefgrbter Gefrierschnitt, Formalin-Fixierung. Die Kerne enthalten auger den grogen Nucleolen im Karyoplasma je einen sudanophilen Fettropfen (-+) ohne sichtbaren Chromatinsaum.
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DISKUSSION Dutch die vorgelegten Befunde daft als erwiesen gelten, dab Fettropfen nicht nur im Karyoplasma, sondern auch im Nucleolus vorkommen. Unser Untersuchungsobjekt - - die TAA-gesch/idigte Leberzelle - - begtinstigt die Entscheidung gerade der letzteren Frage durch zwei Gegebenheiten: erstens durch das relativ h/iufige Auftreten yon Kernfett (18, 25, 26), zweitens durch die - - schon seit den ersten Untersuchungen an der TAA-Leber (24) bekannte - - u n g e w 6 h n l i c h starke Vergr6Berung des Nucleolus; daft man doch damit rechnen, dab mit steigende~ Nucleolengr613e auch die Chance zur Inkorporation von ,,Fremd" partikeln, wenn solche im tibrigen Kernraum vorliegen, zunimmt. Die elektronenmikroskopischen Aufnahmen lassen darauf schlieBen, dab sich die Fettropfen mindestens zum Zeitpunkt der Untersuchung fest im Verband des Nucleolus befinden. Daftir spricht die geschlossene Formation der Nucleolarsubstanz und die vielfach radi/ir gerichtete Lagerung der nucleol~iren 150 A-Partikel in direkter Umgebung der Tropfen sowie der aul3erordentlich enge Kontakt d.h. das Fehlen eines sichtbaren Spaltes zwischen den beiden Elementen (Abb. 1, 2, 3 und 7). Dal3 es sich um Fetttropfen handelt, daft aus folgendem geschlossen werden: (a) Die extrem hohe Dichte der Tropfen beruht auf einer starken Osmiophilie, die schon seit langem aufgrund der Erkenntnis, dab Fette stark reduzierend auf OsO4 wirken (vergl. 3), als histochemische Reaktion auf Fettsubstanzen gewertet wird. (b) Die physikochemische Beschaffenheit der Tropfen veranlaBt beim Herstellen der Dtinnschnitte Schwingungen des Messers, welche das als ,,shatter" bekannte Ph~inomen hervorrufen (vergl. 29). Es tritt hier so regelm/iBig auf, dab es geradezn zur deskriptiven Charakterisierung dieser Art yon Fettropfen herangezogen werden kann (siehe auch 6). (c) Untersucht man Leber oder anderes Gewebe, und zwar direkt benachbarte Abschnitte ein und desselben Organes, vergleichend lichtmikroskopisch [an Sudan-gef~irbten Gefrierschnitten (Abb. 9) und an OsO~fixierten 1 ~-Vestopalschnitten (Abb. 8)] sowie elektronenmikroskopisch an OsO~-fixierten Dtinnschnitten, so ergibt sich folgendes: An Stellen, an denen im lichtmikroskopischen Prfiparat sudanophile bzw. osmiophile Tropfen angetroffen werden, finden sich im elektronenmikroskopischen Pr~iparat regelm~il3ig die oben beschriebenen extrem dichten (und daher als osmiophil anzusprechenden) Tropfen, die den sudanophilen des lichtmikroskopischen Pr~parates in Gr6Be und Verteilungsmuster vollst~tndig entsprechen (vergl. auch 21). Das liel3 sich auch an der vorliegenden TAA-Leber, die zahlreiche verfettete Epithelien enthalt, zeigen, und zwar nicht nur ftir das Cytoplasma, sondern vor allem auch ftir den Kern (Abb. 3, 4, 8 und 9). (d) Poche (23) behandelte feintropfig verfetteten Herzmuskel vor der Sudanffirbung bzw. OsO4-Fixierung mit einem Fettl6sungsmittel und stellte bei der darauffolgenden licht- und elektronenmikroskopischen Kontrolle tibereinstimmend einen Schwund der sudanophilen bzw. osmiophilen Tropfen fest. Dartiberhinaus konnten (e) Ehrenbrand und Lindner (12) dutch Anstellen weiterer Farbreaktionen (Sudanschwarz B, Scharlachrot, Baker-Test, Nilblausulfat) sowie Prtifung der Doppelbrechung zeigen, dab die Tropfen im wesentlichen Neutralfett enthalten. - - Nach alldem kann kein Zweifel dartiber bestehen, dab
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es sich bei den yon uns beschriebenen osmiophilen Einschlfissen im Karyoplasma und im Nucleolus um (Neutral-)Fettropfen handelt. Dabei ist einstweilen ungeklfirt, worauf die bei einem Teil dieser Tropfen zu beobachtenden Vakuolen beruhen (Abb. 2-5). Aufgrund unserer Bilder haben wir Zweifel, dab es sich um ein prfiparativ bedingtes Ph/inomen, z.B. die Folge ungentigender Fixierung wegen zu langsamer Diffusion des Osmiumtetroxyds (vergl. 4), handelt. Es w/ire dann schwer verst~indlich, dab erstens kompakte und vakuolisierte Tropfen in einer Zelle direkt nebeneinander vorkommen und dab zweitens die Vakuolen innerhalb des Tropfens nicht nur in Gr613e und Zahl, sondern auch in der Lage (zentrisch-exzentrisch) stark wechseln k6nnen. Crberdies scheinen die HohMiume in vielen Ffillen nicht leer zu sein, sondern irgendein Material zu enthalten; anders w/ire die bei st/irkerer Vergr613erung erkennbare feine K6rnelung innerhalb der Vakuolen kaum erkl~trbar. Es erhebt sich die Frage, woher die im Nucleolus gefundenen Fettropfen stammen und wie sie in diesen gelangen. D a es abwegig erscheint, dal3 sie im Nucleolus selbst gebildet werden, k6nnen sie nur aus dem umgebenden Karyoplasma stammen, wo sie im vorliegenden Material ungew6hnlich hfiufig angetroffen werden (Abb. 3, 4, 8 und 9). Sie finden sich hier fast regelmfil3ig zusammen mit membran6sen Elementen, die ihre cytoplasmatische Abkunft vielfach noch deutlich erkennen lassen (Abb. 1 und 4). Kleinfeld, Greider und Frajola (17), Rondez, Riittner und Vogel (26) sowie Salomon, Salomon und Bernhard (28) haben zeigen k6nnen, dab in den Kernen TAA-gesch/idigter Leberzellen Cytoplasmainklusionen auftreten. Unsere Abb. 5 stellt eine Best~ttigung dieser Befunde dar (vergl. entsprechende Beobachtungen an anderen Objekten, z.B. von Wessel und Bernhard (35), Wessel (36), Kevorkian und Wessel (16), Luse et al. (20), Leduc und Wilson (19), Cossel (11a), Gusek (14)). Die Abb. 6 zeigt, dal3 die in das Kerninnere verlagerten, den EinschluB umgebenden Anteile der Kernhiille sich aufl/Ssen k6nnen, wobei die inkludierten Fetttropfen und iibrigen cytoplasmatischen Elemente in das Karyoplasma hinein freigesetzt werden. Entsprechende Beobachtungen sind von Leduc und Wilson (19) an der M~iuseleber sowie yon Ehrenbrand und Lindner (12) an der laktierenden M a m m a des Goldhamsters mitgeteilt worden. Die Fettropfen nehmen somit den gleichen Weg, wie er von Altmann (2) far die in den Zellkern eindringenden Coccidien (Cyclospora caryolytica Schaudinn) im Epithel des Maulwurfsdarmes und ftir eingeschlossene Cytoplasmaareale in Zellkernen der M/iuseleber lichtmikroskopisch beschrieben worden ist. Ohne auf die verschiedenen M6glichkeiten der Entstehung yon Cytoplasmainklusionen in Zellkernen nfiher einzugehen, sei daraufhingewiesen, dab die Einschltisse im Falle der TAA-Leberzelle offenbar am (intermitotischen) Ruhekern, also nicht im Gefolge -con Mitosest6rungen zustandekommen. Ffir die vorliegende Problematik gentigt die FestStellung, dab das Kernfett der TAA-gesch~idigten Leberzelle auf dem Wege solcher Inklusionen in den Kern gelangt, dab es also cytoplasmatischer Herkunft ist (siehe schematische Abb. 10).
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ABB. 10. Schematische Darstellung der Aufnahme yon Fettropfen in Kern und Kernk/Srperchen - aufgrund von Beobachtungen an Thioacetamid-gesch/idigten LeberzeUen. a und b: Zwei kompakte und ein vakuolisierter Fettropfen werden dutch Einstiilpung der Kernhfille aus dem Cytoplasma in das Kerninnere aufgenommen, e: Abgeschniirte (fetthaltige) Cytoplasmainklusion mit erhaltener Membranhtille. d und e: Durch Aufl6sung der letzteren gelangen die Fettropfen in das Karyoplasma und gegebenenfalls an die Oberfl/iche des Nucleolus (Nl). Von hier aus dringen sie in die Nucleolarsubstanz ein (gestrichelte Pfeile). F~a. 10. Schematic illustration of the receiving of lipid droplets into the nucleus and nucleolus--as revealed by observations on thioacetamide-damaged liver cells, a and b: Two compact and one vacuolar lipid droplets are taken up from the cytoplasm into the nucleus by infolding the nuclear envelope, c: Intranuclear cytoplasmic inclusion (containing lipid droplets) with preserved membranous envelope, d and e: By breaking up of the included membranous envelope the lipid droplets enter the nucleoplasm and may reach the surface of the nueleolus (N/); from there they penetrate into the nucleolar substance (broken arrows).
D a sich die freigesetzten F e t t r o p f e n irn K a r y o p l a s m a regellos verteilen, k 6 n n e n sie auch in direkte N/ihe z u m Nucleolus geraten. Wir vermuten, dab sie nach Kont a k t n a h m e mit der oberfl~che rein mechanisch in die N u c l e o l a r s u b s t a n z gelangen (vergl. Abb. 10). Daftir spricht einmal die Position des rechten oberen Fettropfens ( F ' ) in A b b . 1, der das Kernk/Srperchen a n dieser Stelle einbuchtet, u n d z u m anderen die Tatsache, dab die Fetteinschliisse meist in der Peripherie des Nucleolus gefunden
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werden, wobei sie meist mit einem Teil ihrer Oberfl/iche noch direkt an das Karyoplasma grenzen (Abb. 1 und 2). Der Dichteunterschied zwischen dem Nucleolus und dem - - stark aufgelockerten - - Karyoplasma setzt eine Kraft voraus, die den Widerstand der Nucleolarsubstanz beim Vordringen des Tropfens tiberwindet; denn es ist sehr unwahrscheinlich, dab der in der Regel ausgesprochen kompakte und abgerundete Nucleolus der TAALeberzelle wiihrend der Intermitose seine F o r m derart ver/indert, dab dabei ein Fettropfen rein zuffillig mit eingeschlossen werden k6nnte. Da die Kerne bei der TAAVergiftung unter Wasseraufnahme stark schwellen, liegt es nahe, die treibende Kraft im karyoplasmatischen (chromosomalen) Quellungsdruck zu suchen. M a n daft annehmen, dab auch in geschwollenen Kernen der Hydratationsgrad der einzelnen Chromosomen 6rtlich verschieden und tiberdies nicht konstant ist, sondern in gewissen Grenzen schwankt. Die dadurch bedingten lokalen Druckunterschiede im Kernbinnenraum wtirden dann fiir die Fortbewegung der ,,suspendierten" cytoplasmatischen Elemente - - also auch der Fettropfen - - nicht nur innerhalb des Karyoplasmas, sondern auch vom Karyoplasma in den Nucleolus hinein verantwortlich sein. ZUSAMMENFASSUNG In den vergr6gerten Nucleolen Thioacetamid-geschfidigter Leberzellen der Ratte wurden elektronenmikroskopisch (kompakte und vakuolisierte) Fettropfen beobachtet. Sie liegen meist in der Peripherie des Nucleolus und werden yon der Nucleolarsubstanz fest umklammert. Es 1/il3t sich zeigen, daf3 die Fettropfen aus dem Cytoplasma stammen. Sie werden auf dem Wege fiber Cytoplasmainklusionen in das Kerninnere aufgenommen. Dutch Auft6sung der eingeschlossenen Kernhtille gelangen sie in das Karyoplasma und dringen von hier aus in den Nucleolus ein. Als treibende Kraft ffir die Fortbewegung der Fettropfen innerhalb des Karyoplasmas und vom Karyoplasma in den Nucleolus hinein wird der gesteigerte Quellungsdruck der Chromosomen verantwortlich gemacht, der im Zuge der Thioacetamidbedingten Kernschwellung auftritt. LITERATUR
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