B. Wille
ORIGINALIA
Gesetz zur Verbesserung der Krankenhaushygiene
Act for the Improvement of Hospital Hygiene Summary A draft of the act for the improvement of hospital hygiene was published recently. A crucial point of the act is to make the recommendations of the commission for hospital hygiene and infection prevention at the Robert Koch-Institute (KRINKO) more obligatory. In addition the commission ‘‘Anti Infective Resistances and Therapy (ART)’’ shall be founded at the RobertKoch-Institute. Several federal states which do not have hospital-hygieneacts will be obliged to decree these acts. Important issues of the hospital hygiene, particularly the employment of hygiene nursing personal must be defined in these acts. Meanwhile a commentary concerning the draft has been published by the German Hospital Society (DKG) questioning the obligatory character of the KRINKOrecommendations and the lack of transition periods particularly with regard to the employment of hygiene nursing staff. The author points out, that it is not possible to decree hygiene via an act, otherwise the rates of nosocomial infections and the appearance of microorganisms with specific or multiple resistances in the seven federal states with hospital hygiene decrees must be lower than in those federal states without these regulations. In contrast it is important, that aspects of hospital hygiene play a major role in the education of medical doctors and nursing staff
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Zusammenfassung. Es liegt ein Gesetz-Entwurf zur Verbesserung der Krankenhaushygiene in Deutschland vor. Darin soll als Kernpunkt die st€arkere Verbindlichkeit der Empfehlungen €r Krankenhaushygiene und Infektionspr€avention des der Kommission fu Robert Koch-Institutes (KRINKO) verankert werden. Im Weiteren soll eine Kommission ,,Antiinfektive Resistenzlage und Therapie (ART)‘‘ beim Robert Koch-Institut eingesetzt werden. Die Bundesl€ander, welche bisher €ber Krankenhaus-Hygiene-Verordnungen verfu €gen, werden nicht u verpflichtet, derartige Verordnungen zu erlassen. In diesen sind wesentliche Teile der Krankenhaushygiene zu regeln, so auch die Besetzung mit Hygienefachpersonal. Zu dem Gesetzesentwurf liegt ein Kommentar der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vor, worin insbesondere die Frage der Verbindlichkeit der KRINKO-Empfehlungen und die im Gesetzentwurf nicht € enthaltenen Ubergangsfristen, insbesondere zur Besetzung mit Hygienefachpersonal bem€angelt werden. Abschließend wird als Stellungnahme des Autors darauf hingewiesen, dass €ssten die Zahlen sich Hygiene nicht per Gesetz verordnen l€asst, ansonsten mu nosokomialer Infektionen und das Vorkommen von Erregern mit besonderen und Multiresistenzen in den sieben Bundesl€andern mit Krankenhaushygiene€nstiger sein als in denen ohne. Verordnung gu € Es ist vielmehr bedeutsam, dass im Bereich der Ausbildung von Arzten und Pflegepersonal der Aspekt der Krankenhaushygiene st€arker verankert wird, €gung steht, die gleichermaßen im Routinebetrieb mehr Zeit zur Verfu €hren. notwendigen Hygienemaßnahmen konsequent durchzufu €rter. Gesetz zur Verbesserung der Krankenhaushygiene, KRINKO-Empfehlungen, €sselwo Schlu Kommentar der Deutschen Krankenhausgesellschaft.
€hrung Einfu Derzeitige gesetzliche Regelungen und normative Grundlagen Zum Bereich der Krankenhaushygiene besteht in Deutschland eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen und anderen normativen Regelungen. An oberster Stelle steht das Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom 20.07.2000, in Kraft getreten am 01.01.2001, wobei insbesondere die §§ 6 und 7 sowie 23 und 36 die Krankenhaushyiene betreffen. Es ist nach § 36 Aufgabe der zust€andigen Beh€orde (Gesundheits€amter) die Einhaltung dieser Regelungen zu €uberwachen. Die Praxis zeigt jedoch, dass insbesondere zum § 23, Aufzeichnungspflicht von nosokomialen Infektionen und von Erregern mit
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besonderen und Multiresistenzen, teils nicht unerhebliche Defizite bestehen, d.h. die H€auser kommen diesen Aufzeichnungspflichten nicht oder nicht gen€ugend nach und die Aufsichtsbeh€orden kontrollieren die Einhaltung, aus welchen Gr€unden auch immer, nicht so, wie es notwendig w€are. Dagegen werden die §§ 6 und 7 bez€uglich Meldepflicht offensichtlich in hohem Maße eingehalten. Da die Krankenhaushygiene i. e. S. Angelegenheit der Bundesl€ander ist, bestehen in sieben Bundesl€andern zu den Krankenhausgesetzen Krankenhaushygiene-Verordnungen, die in einigen Punkten nicht unerheblich differieren. In der €uberwiegenden Zahl dieser KrankenhaushygieneVerordnungen wird auf die Empfehlungen des Robert
and that there is more time available under routine working conditions to accomplish necessary hygienic measurements consequently. Keywords. Act for the improvement of hospital hygiene, KRINKOrecommendations, commentary of the German Hospital Society (DKG).
Koch-Institutes bzw. der KRINKO (Kommission f€ur Krankenhaushygiene und Infektionspr€avention) Bezug genommen. Bei den letztlich erschienenen Krankenhaushygieneverordnungen der L€ander Saarland, Nordrhein-Westfalen und Bayern sind die Empfehlungen ,,Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Pr€avention nosokomialer Infektionen‘‘ der Kommission f€ur Krankenhaushygiene und Infektionspr€avention am Robert Koch-Institut eingeschlossen. Insgesamt sind in den L€anderVerordnungen vielf€altige Forderungen enthalten, welche der Realisierung und der Verbesserung der Krankenhaushygiene dienen: wenn diese Verordnungen ihr Ziel erreichen w€urden, m€ussten folglich in den Bundesl€andern, in denen derartige Verordnungen existieren, die Zahlen an nosokomialen Infektionen geringer sein als in den Bundesl€andern, f€ur die derartige Verordnungen nicht existieren, vorausgesetzt, dass die Patientenklientele und Erkrankungen, welche in den Krankenh€ausern der einzelnen Bundesl€ander zur Behandlung gelangen, in etwa vergleichbar sind. Ein solcher Zusammenhang wurde bisher jedoch in keiner Studie untersucht, was nicht bedeutet, dass es ihn nicht gibt. Wenn es ihn allerdings g€ abe, w€ are er wahrscheinlich aufgefallen. Dieses ist ein erster Hinweis darauf, dass gesetzliche Verankerungen zur Krankenhaushygiene eher nicht oder nur bedingt dazu geeignet sind, die Zahlen nosokomialer Infektionen zu senken. Es gelten f€ur die Krankenhaushygiene diverse weitere Gesetze, so das Medizinproduktegesetz mit der Medizinproduktebetreiberverordnung und den Empfehlungen der Kommission f€ur Krankenhaushygiene und Infektionspr€avention und des Bundesinstitutes f€ur Arzneimittel und Medizinprodukte zur ,,Aufbereitung von Medizinprodukten‘‘, das Arzneimittelgesetz, das Lebensmittel-, Bedarfsgegenst€ande- und Futtermittelgesetz, das Abfallgesetz und das Chemikaliengesetz mit der Biostoffverordnung und der Gefahrstoffverordnung, um nur einige aufzuz€ahlen. Des Weiteren von Bedeutung sind die berufsgenossenschaftlichen Regeln BGR
250/TRBA 250, welche sich zwar in erster Linie auf den Personalschutz beziehen, sekund€ar jedoch auch Folgen f€ur den Patientenschutz haben. Eine Vielzahl von DIN- und EN-Normen regeln technische Aspekte der Krankenhaushygiene, so zu raumlufttechnischen Anlagen, zu Anforderungen und Betrieb von Sterilisationseinrichtungen, von Reinigungs- und Desinfektionsmaschinen und viele andere mehr. Es kann als Res€umee festgestellt werden, dass es in Deutschland eine große Vielzahl und Vielfalt verschiedenster gesetzlicher und anderer normativer Regelungen gibt, in welchen Verfahrensweisen zur Krankenhaushygiene geregelt sind. In diesem Zusammenhang ist die Bedeutung der Empfehlungen der Kommission f€ur Krankenhaushygiene und Infektionspr€avention des Robert Koch-Institutes und deren rechtliche Bedeutung zu diskutieren: allgemein sind diese Empfehlungen bei Nichteinhaltung nicht strafbewehrt, d.h. sie haben keinen Gesetzescharakter. Die Behauptung verschiedener Institutionen, dass diese Empfehlungen im Sinne eines vorweggenommenen Sachverst€andigengutachtens anzusehen sind, ist nicht korrekt: zwar wird in strafrechtlichen oder zivilrechtlichen prozessualen Auseinandersetzungen danach gefragt, ob die entsprechenden Empfehlungen in einem Krankenhaus bzw. bezogen auf den jeweiligen strittigen Fall eingehalten wurden; ist dieses nicht der Fall, muss vom Beklagten bzw. Beschuldigten zumindest nachgewiesen werden, dass seine abweichend gew€ahlte Vorgehensweise auf Grund von vorliegenden Literaturdaten o.€a. geeignet war, die Infektion zu verhindern. Im Weiteren ist in Sachverst€andigengutachten aber die konkrete Frage der Infektiologie im individuellen €fen, was h€aufig nur Einzelfalle zu pru bedingt mit den Empfehlungen der KRINKO in Verbindung zu bringen ist. €r ein neues Anlass/Ursachen fu Gesetz Mit den im Sommer 2010 aufgetretenen Todesf€allen von 3 S€auglingen am Universit€atsklinikum Mainz gelangte das Problem der Hygiene in deutschen Krankenh€ausern €uber die Medien
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vermehrt in das Bewusstsein der Bev€olkerung. Weitere sogenannte ,,Hygiene-Skandale‘‘ in verschiedenen Kliniken z. B. zur Reinigung, Desinfektion und Sterilisation von Medizinprodukten (OP-Instrumente) verst€arkten diesen Trend. Durch Aussagen von Fachgremien und Experten wurde das Problem im Sinne von deren Interessenslage mit Weglassen von Zahlen und Fakten in eine nicht mehr realistische Betrachtungsweise gelenkt: so ist in einer Vielzahl von Publikationen, Mitteilungen von Fachverb€anden und Experten zwar die korrekte Zahl an nosokomialen Infektionen in deutschen Krankenh€ausern mit ca. 400.000 bis 600.000 F€allen pro Jahr angegeben, es wurde jedoch nicht angegeben, dass ,,nur‘‘ ca. 25 bis maximal 30% davon vermeidbar sind. Um nicht missverstanden zu werden: jeder vermeidbare Fall einer nosokomialen Infektion ist einer zuviel. Das Problem der nosokomialen Infektion relativiert sich durch eben diese Information zumindest quantitativ erheblich. Von besonders Publicity-orientierten Experten werden die Zahlen an nosokomialen Infektionen f€ur alle europ€aischen L€ander mit zusammen ca. 4 Millionen pro Jahr genannt: das Problem wird durch diese Erh€ohung der Quantit€at kein anderes!. Auch hier gilt, dass nur der geringere Teil dieser 4 Millionen F€alle europaweit durch geeignete Maßnahmen vermeidbar ist. Zu den mit verschiedenen Verlautbarungen zitierten 7.500 bis 15.000 Todesf€alle/Jahr durch nosokomiale Infektionen ist anzumerken, dass diese eher die nicht vermeidbaren F€alle betrifft, so dass mit dieser bloßen Zahlenangabe ein zweites Mal Augenwischerei betrieben wird. In der weiteren Berichterstattung von Medien werden vielfach die ,,multiresistenten‘‘ Bakterienst€amme, wie z.B. MRSA, VRE, ESBL u.a. benannt und mit diesen ein Schreckgespenst an die Wand gemalt. Der eigentliche Hintergrund f€ur die Entstehung und Verbreitung derartiger Antibiotikaresistenter Mikroorganismen liegt jedoch – wie vom Gesetzgeber richtig erkannt – weit in der Vergangenheit im vielf€altigen Missbrauch von Antibiotika im ambulanten und station€aren Bereich und kann heute nicht mehr ohne Weiteres korrigiert werden. Es kann lediglich versucht werden, durch
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korrekte Hygienemaßnahmen eine Ausbreitung dieser St€amme zu begrenzen. Auch zu diesem Themenkomplex muss hinterfragt werden, ob in den Bundesl€andern mit bestehender Krankenhaushygieneverordnung multiresistente Erreger bei Patienten seltener auftreten als in den Bundesl€andern ohne entsprechende Verordnungen. Von weiterem Interesse zumindest am Rande ist die Berichterstattung der Medien zu anscheinend nicht ordnungsgem€aß aufbereiteten Medizinprodukten in verschiedenen Krankenh€ausern. Es besteht hierzu ein Kommentar des ,,Arbeitskreises Instrumentenaufbereitung‘‘, einer Expertengruppe, die seit 1976 besteht und sich mit dem Thema des Funktionsund Werterhaltes medizinischer Instrumente befasst. In dieser Mitteilung wird darauf hingewiesen, dass es ,,derzeit keine wissenschaftlichen Erkenntnisse und Literaturhinweise gibt, die es erlauben, die in Rede stehenden Silikatbel€age auf chirurgischem Instrumentarium in Zusammenhang mit krankenhaushygienisch relevanten Aspekten zu sehen.‘‘ Es ist bekannt, dass auf Grund von Expertenempfehlungen wegen dieser Bel€age Operationsabteilungen in Krankenh€ausern geschlossen wurden: die Konsequenz daraus war, dass sowohl geplante als auch Noteingriffe an diesen Kliniken nicht durchgef€uhrt werden konnten, was unter Umst€anden mit einer erh€ohten Gef€ahrdung f€ur Leib und Leben bestimmter Patienten verbunden war. Allein dieses Beispiel zeigt, dass bei nicht sorgsamer und intensiver Analyse und falschen R€uckschl€ussen in Hinsicht auf eine Risikobewertung ein Risiko nicht vermindert, sondern eher erh€oht werden kann! Stellungnahmen von Fachverb€anden, € Außerungen sogenannter Experten und die Berichterstattung in den €hrt, dass die Medien haben dazu gefu Politik reagieren musste. Unabh€angig von den teils zutreffenden Defiziten in der Krankenhaushygiene in Deutschland ist jedoch die Forderung nach einem neuen Gesetz bzw. st€arkerer gesetzlicher Regelungen auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene eher in den Bereich Populismus einzuordnen, wobei allerdings bei der weiteren Betrachtung herauskommen wird, dass ein Teil der
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Regelungen und Forderungen des neuen Gesetzes durchaus gerechtfertigt zu sein scheint. Nicht verst€andlich ist allerdings, dass dieses Gesetz innerhalb k€urzester Zeit ,,durchgepaukt‘‘ werden soll. Insbesondere ist als kritisch zu sehen, dass keine Anh€orung der Fachverb€ande stattgefunden hat und damit die Chance vertan wurde, breite fachliche Expertise in das Gesetz einzuarbeiten. Derzeitiger Gesetzesentwurf (Stand 22.04.2011) Es liegt derzeit der Referentenentwurf der Bundesregierung f€ur ein ,,Gesetz zur Verbesserung der Krankenhaushygiene € und zur Anderung weiterer Gesetze‘‘, Bearbeitungsstand 10.02.2011, 16.23 Uhr vor. Eine Anh€orung zu dem Referentenentwurf soll laut Aussagen der Deutschen Krankenhausgesellschaft nicht stattfinden. Die Anh€orung im Gesundheitsausschuss des Bundestages ist f€ur den 11.05.2011 vorgesehen, das Gesetz soll noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. In der Einf€uhrung zum Gesetzestext werden die bereits oben genannten Zahlen an nosokomialen Infektionen und an Todesf€allen durch nosokomiale Infektionen benannt, wobei dann ausgesagt wird, dass ,,ein Teil der Infektionen und Todesf€alle durch geeignete Pr€aventionsmaßnahmen vermeidbar ist‘‘. Allein das Benennen eines Prozentsatzes zur Vermeidbarkeit w€are geeignet gewesen, das Problem realistischer zu sehen. Es wird im Weiteren darauf eingegangen, dass ,,viele‘‘ der erworbenen Infektionen durch resistente Erreger verursacht werden, wobei diese Erreger ,,die Medizin auf immer gr€oßere therapeutische Herausforderungen stellen, nicht zuletzt auf Grund der immer begrenzteren Therapieoptionen, bis hin zur praktischen Unbehandelbarkeit‘‘. Ziel des Gesetzes ist es, ,,die Zahl der nosokomialen Infektionen, insbesondere mit resistenten Erregern unter anderem durch bessere Einhaltung von Hygieneregeln und eine sachgerechte Verordnung von Antibiotika sowie die Ber€ucksichtigung von sektor€ubergreifenden Pr€aventionsans€atzen zu senken. Qualit€at und Transparenz der Hygiene in medizinischen Einrichtungen m€ussen gest€arkt werden‘‘.
Der L€osungsansatz wird darin gesehen, dass krankenhaushygienische Erfordernisse und Kontrollmaßnahmen verst€arkt unter Ber€ucksichtigung der €ortlichen Verh€altnisse durchgesetzt werden sollen. Es wird auf die sieben Bundesl€andern mit Krankenhaushygieneverordnungen verwiesen: nun sollen alle L€ander zum Erlass derartiger Landesverordnungen verpflichtet werden. Weiterhin sollen ,,die Verantwortung der Leiterinnen und Leiter von Krankenh€ausern und anderen medizinischen Einrichtungen und die rechtliche Bedeutung der Empfehlung der Kommission f€ur Krankenhaushygiene und Infektionspr€avention (KRINKO) sowie der neuen Kommission Antiinfektive Resistenzlage und Therapie (ART) beim Robert Koch-Institut gesetzlich geregelt werden. Es sollen Empfehlungen durch die Kommission € ART f€ur verordnende Arztinnen und € Arzte zum fachgerechten Einsatz von Diagnostika und Antiinfektiva bei der Therapie resistenter Infektionserreger abgegeben werden‘‘ (Anm. d. Autors: es werden nicht resistente Infektionserreger therapiert, sondern Patienten mit resistenten Infektionserregern). Des Weiteren sollen f€ur die vertrags€arztliche Versorgung Verg€utungsregelungen f€ur die ambulante Therapie (Sanierung) von MRSA-besiedelten und MRSA-infizierten Patienten sowie f€ur die diagnostische Untersuchung von Risikopatientinnen und –patienten geschaffen werden. Bei erfolgreicher Umsetzung wird mittelfristig auch eine Reduzierung der MRSA-Besiedlung in Heimen erwartet (!) Auf die zu erwartenden finanziellen Auswirkungen auf den €offentlichen Haushalt soll an dieser Stelle nur nebenbei eingegangen werden. Es ist lediglich anzumerken, dass sich f€ur die gesetzlichen Krankenversicherungen j€ahrlich rund 2,5 Millionen Euro Aufwand f€ur die MRSA-Diagnostik und MRSA-Eradikationstherapie ergeben sollen (diese Zahl ist nach Sch€atzung des Autors viel zu niedrig angesetzt). Neu geregelt werden im Artikel 1 des geplanten Gesetzes einige Paragraphen des Infektionsschutzgesetzes vom 20. € Juli 2000 mit diversen Anderungen, so in § 23, Nosokomiale Infektionen, Resistenzen der Absatz (2): ,,Beim Robert Koch-Institut wird eine Kommission Antiinfektive Resistenzlage und Therapie eingerichtet. . . Die Kommission erstellt Empfehlungen und
allgemeine Grunds€atze f€ur Diagnostik und die antiinfektive Therapie, insbesondere bei Infektionen mit resistenten Krankheitserregern. Die Empfehlungen der Kommission werden von dem Robert Koch-Institut ver€offentlicht. Die Mitglieder der Kommission werden vom Bundesministerium f€ur Gesundheit im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbeh€orden berufen. . ..‘‘ Weiterhin neu gefasst wird § 23, Absatz 3: ,,Die Leiter von Krankenh€ausern und anderen medizinischen Einrichtungen haben sicherzustellen, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verh€uten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden. Die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft auf diesem Gebiet wird vermutet, wenn €ffentlichten jeweils die vero €r Empfehlungen der Kommission fu Krankenhaushygiene und Infektionspr€avention beim Robert Koch-Institut und der Kommission antiinfektiver Resistenzlage und Therapie beim Robert Koch-Institut beachtet worden sind.‘‘ Der Absatz 4 des § 23 wird insoweit ge€andert, als neben der Aufzeichnungspflicht von nosokomialen Infektionen und Krankheitserregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen gefordert wird, dass ,,sachgerechte Schlussfolgerungen hinsichtlich erforderlicher Pr€aventionsmaßnahmen zu ziehen sind, die erforderlichen Pr€aventionsmaßnahmen dem Personal mitzuteilen und umzusetzen sind (Anm. d. Red.: als ob dieses bisher nicht der Fall gewesen w€are!). Im § 23, Absatz 8 werden die Landesregierungen verpflichtet, ,,durch Rechtsverordnung f€ur Krankenh€auser, Einrichtungen f€ur ambulantes Operieren, Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen, in denen eine mit den Krankenh€ausern vergleichbare medizinische Versorgung erfolgt, sowie f€ur Dialyseeinrichtungen und Tageskliniken die jeweils erforderlichen Maßnahmen zur Verh€utung, Erkennung, Erfassung und Bek€ampfung von noskomialen Infektionen und Krankheitserregern mit Resistenzen zu regeln. Es werden dann
die notwendigen Regelungen, die zu treffen sind, aufgez€ahlt: 1. ,,Hygienische Mindestanforderungen an Bau, Ausstattung und Betrieb der Einrichtungen 2. Bestellung, Aufgaben und Zusammensetzung einer Hygienekommission 3. Die erforderliche personelle Ausstattung mit Hygienefachkr€aften und Krankenhaushygienikern und Bestellung von Hygienebeauftragten 4. Aufgaben und Anforderungen an Fort- und Weiterbildung der in der Einrichtung erforderlichen Hygienebeauftragten, Hygienefachkr€afte und Krankenhaushygieniker 5. Strukturen und Methoden zur Erkennung von nosokomialen Infektionen und resistenten Erregern und zur Erfassung im Rahmen der €arztlichen und pflegerischen Dokumentationspflicht 6. Die Erf€ullung der Pflichten nach Absatz 4 (Aufzeichnungspflicht von nosokomialen Infektionen und Krankheitserregern mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen) 7. Die Einsichtnahme in Akten der jeweiligen Einrichtung einschließlich der Patientenakten durch die in Nummer 4 genannten Personen 8. Die erforderliche Qualifikation und Schulung des Personals hinsichtlich der Infektionspr€avention 9. Die Mitteilung von infektionsschutzrelevanten Daten an das Personal 10. Die mikrobiologischpharmakologische Beratung des €arztlichen Personals 11. Die Weitergabe von infektionsschutzrelevanten Informationen an die aufnehmende Einrichtung, den niedergelassenen Arzt bei der Verlegung, € Uberweisung oder Entlassung von Patienten‘‘ Im Artikel 3 des Gesetzes wird auf eine € Anderung des 5. Buches Sozialgesetzbuch eingegangen, danach wird der § 87 ge€andert, indem dem Absatz 2a folgende S€atze angef€ugt werden: ,,Bis sp€atestens zum 31. Oktober 2011 ist mit Wirkung zum 1. Januar 2012 eine Regelung zu treffen, nach der €arztliche Leistungen zur Diagnostik und
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ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Tr€agern mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) verg€utet werden. . .‘‘ Weiter wird der § 137 wie folgt ge€andert: ,,(1a) Der gemeinsame Bundesausschuss legt in seinen Richtlinien nach Absatz 1 geeignete Maßnahmen zur Sicherung der Hygiene in der Versorgung fest und bestimmt insbesondere f€ur die einrichtungs€ubergreifende Qualit€atssicherung der Krankenh€auser Indikatoren zur Beurteilung der Hygienequalit€at. Er hat die Festlegungen nach Absatz 1 erstmalig zum 31. Dezember 2012 zu beschließen. Der gemeinsame Bundesausschuss ber€ucksichtigt bei den Festlegungen etablierte Verfahren zur Erfassung, Auswertung und R€uckkopplung von nosokomialen Infektionen, antimikrobiellen Resistenzen und zum Antibiotika-Verbrauch sowie die Empfehlung der nach § 23 Absatz 1 und 2 Infektionsschutzgesetz beim Robert Koch-Institut eingerichtete Kommission. €hrung mit den Die nach der Einfu Indikatoren nach Satz 1 gemessenen €ffentlichung €r eine Vero und fu geeigneten Ergebnisse sind in den Qualit€ atsberichten nach Absatz 3 Nummer 4 darzustellen. Der gemeinsame Bundesausschuss soll ihm bereits zug€angliche Erkenntnisse zum Stand der Hygiene in den Krankenh€ausern unverz€uglich in die Qualit€atsberichte aufnehmen lassen sowie zus€atzliche Anforderungen nach Absatz 3 Nummer 4 zur Verbesserung der Informationen €uber die Hygiene stellen. Artikel 6 regelt das Inkrafttreten wie folgt: ,,(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am Tag nach der Verk€undigung in Kraft (!) Im Text der Begr€undung zum neuen Gesetz, I. Anlass, Zielsetzung und wesentliche Schwerpunkte des Entwurfs wird darauf hingewiesen, dass ,,viele der im Krankenhaus – aber auch zunehmend der ambulant-erworbenen Infektionen durch resistente Erreger verursacht werden, die schwieriger zu therapieren sind und so zu einer verl€angerten Behandlungsdauer, erh€ohten Letalit€at und h€oheren Behandlungskosten f€uhren. Die multiresistenten Erreger nehmen nicht nur zahlenm€aßig zu, sondern sie stellen die Medizin auch vor immer gr€oßere
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therapeutische Herausforderungen, nicht zuletzt auf Grund der immer begrenzteren Therapieoptionen bis hin zur praktischen Unbehandelbarkeit. . .. Die Ursachen f€ur die Zunahme von Antibiotikaresistenzen sind komplex, schließen aber auch die unsachgem€aße Verordnung von Antibiotika (Selektionsdruck) und M€angel in der Hygiene (Weiterverbreitung) ein. Mehrfach resistente Bakterien breiten sich im Krankenhaus aus und k€onnen mit der Verlegung von Patientinnen und Patienten auch zwischen Krankenh€ausern und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens €ubertragen werden. . .. Auch wenn nur ein Teil dieser Erkrankungen vermeidbar ist, m€ussen nachhaltige Anstrengungen unternommen werden, um deren Zahl zu senken. Der sachgerechten Verordnung von Antibiotika und die Ber€ucksichtigung von sektoren€ubergreifenden Pr€aventionsans€atzen kommt daher eine entscheidende Rolle bei der Verminderung des Selektionsdruckes und der Sicherung von Therapieoptionen zu. . .. Da zur Erkennung und Verh€utung nosokomialer Infektionen eine intensive Beratung, Information und Schulung von € Pflegepersonal und Arztinnen und € Arzten erforderlich ist, m€ussen diese zentralen Regelungen in den Krankenhaushygiene-Verordnungen enthalten sein. Erfahrungen aus Pilotprojekten und Studien haben gezeigt, dass durch ein gezieltes Hygiene-Management die Infektionsraten in Krankenh€ausern reduziert werden k€onnen. Voraussetzung ist der Einsatz entsprechend qualifizierten Personals mit guten krankenhaushygienischen, infektiologischen und mikrobiologischen Grundkenntnissen. . . ... Der fachgerechte Gebrauch der Diagnostik (Anm. d. Redaktion: gemeint ist vor allem die mikrobiologische Diagnostik) und der fachgerechte Einsatz von antimikrobiell wirksamen Therapeutika (Antiinfektiva) ist eine wichtige Voraussetzung, um der Entstehung und der Weiterverbreitung von resistenten Krankheitserregern vorzubeugen und die Wirksamkeit von Antiinfektiva zu erhalten. Von besonderer und weltweit aktueller Bedeutung sind mehrfach gegen
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Antiinfektiva resistente Erreger, die sich im Krankenhaus ausbreiten und die mit der Verlegung von Patientinnen und Patienten auch zwischen Krankenh€ausern und anderen Einrichtungen des Gesundheitswesens €ubertragen werden k€onnen. Im Falle von Infektionen mit diesen Erregern sind die antibiotischen Behandlungsalternativen deutlich eingeschr€ankt. Gegenw€artig besteht diese Problematik in Deutschland insbesondere bei Methicillin-resistenten Stapyhlococcus aureus-St€ammen (MRSA), bei Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) sowie Escherichiacoli- und Klebsiella-St€ammen mit erweitertem Resistenzspektrum (ESBL). Vor diesem Hintergrund ben€otigen € € behandelnde Arztinnen und Arzte f€ur ihre Therapieentscheidungen gut zug€angliche und €ubersichtliche Informationen €uber die Resistenzlage, Therapieprinzipien sowie Therapie- und Diagnoseleitlinien in denen die Standards f€ur Diagnostik und Therapie benannt werden. Die Zusammenstellung dieser Informationen wird eine zentrale Aufgabe der eingerichteten Kommission antiinfektive Resistenzlage und Therapie am Robert Koch-Institut sein.‘‘
Vorl€aufige Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) Mit Datum vom 04.03.2011 €ubersandte die Krankenhausgesellschaft NordrheinWestfalen die Stellungnahme der Deutschen Krankenhausgesellschaft, datierend vom 28. Februar 2011. Im € Anschreiben zur Ubersendung wies die KGNW darauf hin, dass der Regierungsentwurf voraussichtlich am 16.03.2011 vom Bundeskabinett ohne die sonst €ubliche Anh€orung der Verb€ande durch das zust€andige Ministerium in der dann vorliegenden Fassung beschlossen werde. Auf Grund des engen Zeitplanes ist zudem eine Paralleleinbringung durch die Regierungsfraktionen des Deutschen Bundestages am 22.03.2011 geplant. Die erste Lesung im Bundestag wird somit bereits am 25.03.2011 stattfinden. Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 26.04.2011 erstmalig mit dem Gesetzentwurf befassen. Soweit die Zeitschiene aus der Retrospektive. Zur Stellungnahme der DKG selbst:
Im allgemeinen Teil wird darauf hingewiesen, dass sich die DKG auf die in Artikel 1 und 3 beabsichtigten Maßnahmen zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen und Antibiotikaresistenzen beschr€ankt. Grunds€atzlich begr€ußt die DKG die mit dem Gesetzentwurf verfolgten Ziele und hebt als positiv den pr€aventiven und sektor€ubergreifenden Ansatz hervor, der sich durch die Einrichtung einer Kommission antiinfektiver Resistenzlage und Therapie (ART) beim Robert KochInstitut (RKI) und erg€anzende Maßnahmen im niedergelassenen Versorgungsbereich ergibt. Sie fordert allerdings unbedingt € Ubergangsregelungen und € €glich der Offnungsklauseln bezu fortlaufenden Aktualisierung in den RKI-Empfehlungen und weist darauf hin, dass ,,bereits heute absehbar ist, dass die sofortige Verpflichtung zur Umsetzung der KommissionsEmpfehlungen zu einer objektiven €glichkeit mit allen Unmo haftungsrechtlichen Konsequenzen €r die Krankenh€ €hrt.‘‘ Den fu auser fu Berechnungen der DKG zufolge w€urde ,,eine verpflichtende Umsetzung der ,,Empfehlung zur personellen und organisatorischen Voraussetzungen zur Pr€avention nosokomialer Infektionen‘‘ beispielsweise zu einem sofortigen Bedarf von rund 270 hauptamtlichen Krankenhaushygienikern, 1.800 € hygienebeauftragten Arzten und € €hren‘‘. 1.300 Hygienefachkraften fu Zu Recht wird in der Stellungnahme der DKG darauf hingewiesen, dass entsprechendes Personal nicht verf€ugbar ist und der Bedarf an speziell € ausgebildeten Arzten und Fachkr€aften selbst bei einer sofortigen Ausweitung der Studienkapazit€aten und der Ausund Weiterbildungsm€oglichkeiten allenfalls langfristig gedeckt werden kann, vor allem bei anhaltendem Trend zur r€uckl€aufigen Kapazit€aten in der Ausund Weiterbildung von Hygienikern (siehe unten). Die Kosten f€ur zus€atzliches Hygienepersonal berechnet die DKG auf j€ahrlich rund 400 Millionen Euro und weist darauf hin, dass ein finanzieller Ausgleich oder eine finanzielle Beteiligung im Gesetzentwurf nicht vorgesehen ist. Auch weist sie darauf hin, dass die Einf€uhrung einer Verg€utungsregelung im vertrags€arztlichen Bereich f€ur Tests und Behandlungen von Risiko-Patienten zwar sinnvoll, aber nicht ausreichend ist, da
etwa 30% der im Krankenhaus behandelten Patienten ohne Einweisung eines niedergelassenen Arztes in die Kliniken kommen. Insofern muss auch f€ur Krankenh€auser die M€oglichkeit einer Refinanzierung des Aufwandes f€ur Tests, Isolation und Behandlung geschaffen werden. Die Einrichtung einer Kommission Antiifektive Resistenzlage und Therapie (ART) wird von der DKG grunds€atzlich begr€ußt. Allerdings sind auf Grund der Tatsache, dass der €uberwiegende Anteil der Antibiotika im vertrags€arztlichen Bereich verordnet wird, erg€anzend verpflichtende €arztliche Fortbildungen zum Thema Antibiotikaregime insbesondere f€ur Vertrags€arzte erforderlich. Auch sollten aus Sicht der DKG Programme zu Antibiotic Stewardship und nosokomiale Infektionspr€avention gef€ordert werden. Der beabsichtigten Neuregelung, der Empfehlungen der KRINKO ein st€arkeres Gewicht zu verleihen, steht die DKG kritisch gegen€uber. Insbesondere die Forderung, Abweichungen von den von der KRINKO geforderten Maßnahmen fachlich zu begr€unden, wird schwierig sein. Durch die vorgesehene Neuregelung wird nach Auffassung der DKG der Rechtscharakter der KRINKOEmpfehlungen grundlegend ver€andert, ohne dass dies bei der Abfassung der Empfehlungen h€atte ber€ucksichtigt werden k€onnen. Zudem wird darauf verwiesen, dass die €alteren Empfehlungen allein auf fachlicher Expertise ohne systematische Literaturrecherche oder Evidenzbasierung erstellt worden sind. Es wird auf die unterschiedlichen Empfehlungskategorien IA/IB/II und III hingewiesen, wobei es sich bei Kategorie III um eingeschr€ankte Empfehlungen bzw. noch in Frage stehenden Empfehlungen handelt. Somit sind aus Sicht der DKG nur die Kategorien IA, ggf noch die Kategorie IB als harter Erforderlichkeitsmaßstab geeignet. Auch wird darauf hingewiesen, dass unklar ist, wie ein ,,Kommentar‘‘ der KRINKO zu einer Empfehlung (z.B. zum MRSA-Screening) zu werten w€are. Laut DKG ist es eine große Herausforderung, die Empfehlungen der KRINKO (und der Kommission ART) zeitgerecht zu erarbeiten und existierende Empfehlungen regelm€aßig anzupassen, um dem Anspruch gerecht zu werden, grunds€atzlich dem aktuellen
Stand der medizinischen Wissenschaft zu entsprechen. Geht man von einer € €fung des Aktualisierung bzw. Uberpr u Wissensstandes alle 2 Jahre aus, €ssten 34 der 39 KRINKO mu Empfehlungen dieses Jahr aktualisiert werden, da sie €alter als 2 Jahre sind. Die DKG sieht massive – auch haftungsrechtliche – Probleme f€ur die Krankenh€auser, wenn die KRINKO Vorgaben macht, die von den Krankenh€ausern nicht erf€ullt werden k€onnen. Dieses bezieht sich insbesondere auf die Empfehlung ,,Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Pr€avention nosokomialer Infektionen‘‘, die f€ur Krankenh€auser ab 400 Betten einen hauptamtlichen Krankenhaushygieniker vorsieht. 2009 h€atte danach rein rechnerisch ein Bedarf von 360 Krankenhaushygienikern bestanden, es waren jedoch nur an 92 der Krankenh€auser mit €uber 400 Betten Hygieniker besch€aftigt, so dass ein Bedarf von mindestens 268 hauptamtlichen Krankenhaushygienikern bestand. Dazu addiert werden m€ussen noch die Krankenhaushygieniker, die den €ubrigen 1.420 allgemeinen Krankenh€ausern in beratender Funktion zur Seite stehen sollten, woraus sich nach Berechnungen der DKG ein Gesamtbedarf von 850 Krankenhaushygienikern ergibt. Nach Einsch€atzung der DKG kann eine Verbindlichkeit allenfalls f€ur einzelne Richtlinien durch die Bezugnahme auf diese spezifische Richtlinie (wie z.B. im § 4 MedizinprodukteBetreiberverordnung) erreicht werden, nicht jedoch durch einen ,,Generalverweis‘‘ auf alle KRINKOEmpfehlungen – unabh€angig von Aktualit€at und Evidenz. Dieses muss gleichfalls f€ur die Empfehlungen der Kommission ART abgelehnt werden. Begr€undet wird dieses unter anderem damit, dass die Empfehlungen der Kommission ART hinsichtlich des Einsatzes eines bestimmten Arzneimittels einer Festlegung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) im Rahmen seiner RichtlinienKompetenz zuwiderlaufen kann, in dem z.B. f€ur dieses Arzneimittel eine Verordnungseinschr€ankung oder ein Therapiehinweis festgelegt wurde.
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€ Der Anderungsvorschlag der DKG zum § 23 Absatz 3 IfSG lautet wie folgt: ,,Die Leiter von Krankenh€ausern und anderen medizinischen Einrichtungen haben sicherzustellen, dass die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verh€uten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solche mit Resistenzen, zu vermeiden. €r die Als Orientierungsmaßstab fu erforderlichen Maßnahmen dienen die jeweils ver€offentlichten Empfehlungen der Kommission f€ur Krankenhaushygiene und Infektionspr€avention beim Robert KochInstitut und der Kommission Antiinfektive Resistenzlage und Therapie beim Robert Koch-Institut. Diese sind mindestens alle 2 Jahre auf ihre €fen und Aktualit€ at zu pru erforderlichenfalls anzupassen. € €age beziehen ,,Weitere Anderungsvorschl sich auf den § 23 Absatz 4 und insbesondere zu § 23 Absatz 8, Nummer 3 bez€uglich der personellen Voraussetzungen. Danach‘‘ muss Krankenh€ausern eine ausreichende € Ubergangsfrist gew€ahrt werden, das erforderliche Personal einzustellen. Da diese nach der gegenw€artigen Situation hinsichtlich der Krankenhaushygieniker jedoch einige Jahrzehnte umfassen m€usste, ist eine alternative L€osung notwendig (z.B. Zusatzweiterbildung). Die Krankenh€auser sind nicht f€ur den Fach€arztemangel in Deutschland verantwortlich. Zus€atzlicher Handlungsbedarf besteht auch bez€uglich der Ausbildungsst€atten. Bestehende Lehrst€uhle d€urfen nicht weiter abgebaut werden, die Fach€arzteausbildung muss attraktiver gestaltet werden. Ebenso muss f€ur die Qualifikation von € zu zus€atzlichen Arzten € Hygienebeauftragten Arzten bzw. von zus€atzlichem Pflegepersonal zu Hygienefachkr€aften eine ausreichende € Ubergangsfrist (z.B. 5 Jahre) vorgesehen werden. Insgesamt muss das Thema ,,Hygiene‘‘ im Rahmen der Ausbildung von Medizinstudenten und Krankenpflegepersonal st€arker gewichtet werden. Dar€uber hinaus m€ussen die Krankenh€auser bei der Finanzierung der erforderlichen Personalsituation unterst€utzt werden.‘‘ € In Artikel 3 – Anderung des 5. Buches Sozialgesetzbuch – geht es um die Verg€utung €arztlicher Leistungen zur
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Diagnostik und Eradikationstherapie von MRSA-Tr€agern. Die DKG berechnet unter der Annahme, dass von insgesamt 18 Millionen station€aren Patienten im Jahr ca. 10% in eine der Risikogruppen gem€aß der KRINKO-Empfehlungen fallen und die Testung auf MRSA-Besiedlung oder –Infektion ca. 50 Euro pro Patient kostet, f€ur die Krankenh€auser allein f€ur die Testung pro Jahr ca. 90 Millionen Euro Kosten entstehen. Aus Sicht der DKG ist ein sektoren€ubergreifender Ansatz f€ur die Bek€ampfung resistenter Erreger unerl€asslich und die Vertrags€arzte sind mit einzubinden. Bei elektiven Eingriffen sollte eine Testung auf MRSA bereits vor Einweisung in das Krankenhaus durchgef€uhrt werden und erg€anzend – bei positivem Ergebnis – bereits mit der Eradikationstherapie begonnen werden. Zudem sollte aber die Regelung nicht nur f€ur MRSA-Erreger, sondern f€ur alle resistenten Keime wie ESBL, VRE etc. gelten, da diese derzeit stark zunehmen und es deshalb wichtig ist, diesen m€oglichst fr€uhzeitig Einhalt zu bieten. Soweit die aus Sicht des Autors wesentlichen Aspekte der Stellungnahme der DKG. Abschließend wird hierzu noch darauf hingewiesen, dass im Anhang zu dieser Stellungnahme eine Bedarfs- und Kostenberechnung zu der KRINKOEmpfehlung ,,Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Pr€avention nosokomialer Infektionen‘‘ angestellt wird. Danach w€urden insgesamt 850 Krankenhaushygieniker, € 1.780 hygienebeauftragte Arzte und 2.072 Hygienefachkr€afte f€ur Deutschland ben€otigt werden, woraus sich Mehrkosten f€ur zus€atzliches € Hygienepersonal (Arztliches und Pflegepersonal) in H€ohe von ca. 400 Millionen Euro pro Jahr erg€aben. (Anmerkung des Autors: bei der Berechnung durch die DKG der Kosten € f€ur Hygienebeauftragte Arzte wurde insofern ein Fehler gemacht, als diese nicht – wie dort angenommen hauptamtlich t€atig sind, sondern die T€atigkeit als hygienebeauftragter Arzt nebenamtlich mit ca. 2 bis maximal 4 Wochenstunden erbringen. Bei einer durchschnittlichen 40-st€undigen w€ochentlichen Arbeitszeit w€urde folglich nur ein Zehntel der berechneten Kosten € f€ur hygienebeauftragte Arzte anfallen, also statt ca. 169 Millionen pro Jahr lediglich ca. 17 Millionen. Die Gesamtkosten ,,Personal f€ur Hygiene‘‘ w€urden sich somit um ca. 152 Millionen
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Euro pro Jahr auf 258 Millionen Euro pro Jahr reduzieren.) Stellungnahme des Autors Wie ausgef€uhrt, bestehen zum Komplex ,,Krankenhaushygiene‘‘ vielf€altige gesetzliche Vorschriften und andere Regelungen und Normen. In sieben Bundesl€andern sind teils seit geraumer Zeit konkrete KrankenhaushygieneVerordnungen erlassen, gleichwohl gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass in diesen Bundesl€andern bessere krankenhaushygienische Verh€altnisse herrschen als in den Bundesl€andern ohne entsprechende Verordnungen. Daraus ist ablesbar, dass sich ,,Hygiene‘‘ nicht per Gesetz verordnen l€asst, die Umsetzung von den allseits wohl bekannten Hygienemaßnahmen individuell und kollektiv vielmehr von den handelnden Personen abh€angt. Ein Gesetz kann lediglich Rahmenbedingungen setzen und ggf. die Kontrolle durch Aufsichtsbeh€orden verbessern. Gerade dieser Komplex ist jedoch im Gesetzentwurf als kritisch anzusehen: sofern Regelungen der KRINKO in einer Klinik nicht befolgt werden, m€usste dieses entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen, letzten Endes bis hin zur Schließung einzelner Abteilungen. Insofern ist die Einlassung der Deutschen Krankenhausgesellschaft von außerordentlicher Bedeutung, n€amlich, dass den KRINKO-Empfehlungen nicht der ,,Gesetzes-Charakter‘‘ gegeben werden kann, wie es im Gesetzentwurf geplant ist. In besonderem Maße trifft dieses f€ur die Frage des Hygienepersonals zu: wer sich mit diesem schon seit l€angerer Zeit unbefriedigenden Thema auseinandersetzt, weiß, dass die Forderungen zur personellen Besetzung zwar grunds€atzlich berechtigt sein m€ogen, eine Realisierung ist jedoch auch €uber viele Jahre in die Zukunft gesehen eher nicht m€oglich. Hier wird € sich auch der allgemeine Arztemangel in Deutschland auf diesem Gebiet bemerkbar machen bzw. verst€arkt auswirken, in dem – wie bereits seit geraumer Zeit feststellbar – sich immer € weniger Arzte f€ur nicht klinische F€acher und insbesondere die Krankenhaushygiene interessieren. Ob mit dem geplanten Entwurf zur € Weiterbildung von Arzten f€ur Krankenhaushygiene das Problem
beherrscht wird, ist fraglich: in diesem Entwurf besteht die Gefahr, dass ,,Schmalspur-Krankenhaushygieniker‘‘ produziert werden, bei denen das notwendige, umfassende fachliche Wissen nicht vorhanden ist. Auch der € Vorschlag des Berufsverbandes der Arzte f€ur Mikrobiologie in Deutschland, Mikrobiologen vermehrt ohne umf€angliche zus€atzliche Weiterqualifikation im Bereich Krankenhaushygiene einsetzen zu wollen, muss fehlschlagen: Mikrobiologen haben viel zu wenig fachlichen Hintergrund im Bereich der Technik, der Klimatechnik, des Baus von Krankenh€ausern etc., so dass die L€ucke auf diesem Weg eher nicht gef€ullt werden kann. Ein positiver Ansatz besteht darin, bei dem auch langfristig zu erwartenden Mangel an Hygienefachkr€aften vermehrt Hygienebeauftragte in der Pflege einzusetzen, um eine breitere Durchdringung an der Basis zu erreichen. Die Implementierung einer Kommission ,,Antiinfektive Resistenzlage und Therapie (ART)‘‘ beim Robert KochInstitut ist grunds€atzlich zu begr€ußen. Aus der sehr langen Erfahrung als klinischer Mikrobiologe bez€uglich der Beratung bei der Antibiotikatherapie bedarf es jedoch eines immensen Schulungs- und Fortbildungsaufwandes € bei klinisch t€atigen Arzten und € niedergelassenen Arzten, um den Bereich ,,Antibiotikatherapie‘‘ in Deutschland zu verbessern. Hier k€onnte vorbildhaft das Modell aus Holland sein, bei welchem feste Schl€usselzahlen nicht nur bez€uglich der Krankenhaushygiene, sondern auch bez€uglich der Zahl klinischer Mikrobiologen und Infektiologen festgelegt sind. Zu den personellen Aspekten sind kurzfristig und mittelfristig nicht nur im Bereich Hygienefachpersonal sondern auch von anderen fachlich qualifizierten Personal f€ur z.B. Zentralsterilisationen keine wesentlichen Verbesserungen zu erwarten. Auch die Frage der besseren Kontrolle der Krankenhaushygiene durch die
Aufsichtsbeh€orden scheitert einerseits an der fachlichen Qualifikation der Personen, welche diese Kontrollen durchf€uhren, andererseits an der quantitativen personellen Ausstattung der Gesundheits€amter, welche vielf€altige weitere Aufgaben haben. Mit einem einmaligen und eint€agigen Besuch eines Krankenhauses pro Jahr kann keine umfassende Kontrolle ausge€ubt werden. Es m€ussten also auch in diesem Bereich quantitative und qualitative Verbesserungen erfolgen, was im Gesetzesentwurf jedoch nicht vorgesehen ist. Ausblick Durch die Einf€uhrung des geplanten Gesetzes zur Verbesserung der Krankenhaushygiene sind kurzfristige Erfolge keinesfalls zu erwarten. Auch ist die Realisierbarkeit der im Gesetz verankerten Inhalte fraglich, weil die personellen Ressourcen sowohl f€ur Hygienefachpersonal in Krankenh€ausern als auch bei den Aufsichtsbeh€orden begrenzt sind und sich nur langfristig Verbesserungen erzielen lassen. Insofern muss dem Vorschlag der DKG unbedingt gefolgt werden, bei der Besetzung der notwendigen Stellen mit Hygienefachpersonal im Krankenhaus eine Zeitschiene einzubauen. Es wird sich allerdings zeigen, dass diese Forderungen in Deutschland auch mittelfristig und langfristig absolut nicht erf€ullbar sein werden. Verabs€aumt wurde im Gesetzentwurf, ein Messsystem einzurichten, mit welchem festgestellt werden kann, ob die neuen Regelungen effektiv sein werden. So wird es wissenschaftlichen Studien vorbehalten bleiben, zu €uberpr€ufen, ob durch Einf€uhrung des geplanten Gesetzes tats€achlich eine Verbesserung des outcomes, n€amlich eine Verringerung an nosokomialen Infektionen, erreicht werden kann. Dieses d€urfte methodisch zwar schwierig sein, da sich Patientenklientele bez€uglich Alter, Zusammensetzung, durchgef€uhrte Eingriffe etc. im Laufe der Zeit €andern,
ist aber notwendig, um ggf. sp€ater Korrekturen des Gesetzes begr€unden zu k€onnen. Die Fehler im Bereich der Krankenhaushygiene, welche Anlass zu diesem Gesetz waren, sind prim€ar in individuellem Fehlverhalten einzelner Personen zu sehen und eine Verbesserung kann nur erreicht werden, indem - klinisch t€atiges Personal bez€uglich der Krankenhaushygiene besser und intensiver geschult wird (was durch mehr ,,Hygienepersonal‘‘ besser leistbar ist) - mehr zeitliche Ressourcen f€ur klinisch t€atiges Personal zur Verf€ugung stehen, um im Arbeitsalltag die notwendigen Basishygienemaßnahmen realisieren zu k€onnen. Als weitere absolute Notwendigkeit muss die intensive Verbesserung der Ausbildung im Bereich der Antibiotikatherapie im Medizinstudium € und bei klinisch t€atigen Arzten gesehen werden. Allerdings muss gleichzeitig eine umfassende und gut erreichbare Beratung durch klinische Mikrobiologen und Infektiologen sichergestellt sein. Somit wird es außerordentlich spannend sein, zu beobachten, ob und in welchem Maße Verbesserungen im Bereich der Krankenhaushygiene durch Verringerung der F€alle an nosokomialen Infektionen auf Grund des neuen Gesetzes erreicht werden.
Korrespondenzautor Prof. Dr. med. Burkhard Wille Arzt f€ur Hygiene und Umweltmedizin Arzt f€ur Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie Institut f€ur Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle GbR, Siemensstraße 18 35394 Gießen Tel.: 0641-979050 Fax: 0641-9790534. E-Mail:
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