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JOURNAL CLUB SPORT OT rthopädie raumatologie Sportorthopädie · Sporttraumatologie 21, 293–294 (2005) Elsevier – Urban&Fischer www.elsevier.de/sport...

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SPORT OT

rthopädie raumatologie

Sportorthopädie · Sporttraumatologie 21, 293–294 (2005) Elsevier – Urban&Fischer www.elsevier.de/sportmed

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Originalpublikation

Repetitive niedrig-energetische Stoßwellentherapie ohne Lokalanästhesie ist effizienter als repetitive niedrig-energetische Stoßwellentherapie mit Lokalanästhesie bei der Behandlung der chronischen plantaren Fasciitis Jens Dargel und Rüdiger Schmidt-Wiethoff Institut für Biomechanik und Orthopädie, Deutsche Sporthochschule Köln

D

ie Fasciitis plantaris wird als eine im sportorthopädischen Patientengut häufige Ursache des Fersenschmerzes beschrieben. Der typischerweise im medialen Insertionsbereich der plantaren Faszie lokalisierte Schmerz wird hierbei zumeist mit einem Beschwerdemaximum am Morgen angegeben. Während für die bisherigen Therapieansätze keine konstante Effektivität hinsichtlich einer langfristigen Schmerzreduktion nachgewiesen werden konnte, wurde in zahlreichen internationalen Studien der Einsatz der niedrig- oder hoch-energetischen extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) als innovatives Therapiekonzept der chronischen Fasciitis plantaris vorgestellt. Obwohl in einer von Haake et al. publizierten placebokontrollierten multizentrischen Studie für die niedrigenergetische Stoßwellentherapie bei der Behandlung des Fersensporns keine positive Wirkung nachgewiesen werden konnte, wurde die Studienmethodik hinsichtlich der zu Verblindungszwecken durchgeführten Anwendung eines Lokalanästhetikums kritisiert (2, 4). Hierauf basierend konnte zuletzt in einer Pilot-

studie eine österreichische Arbeitsgruppe nachweisen, dass eine supplementär zur ESWT durchgeführte Injektion eines Lokalanästhetikums eine geringere Schmerzreduktion bewirkt als eine alleinige niedrigenergetische Stoßwellentherapie (1). Auf Grundlage dieser Erkenntnisse untersuchte die Arbeitsgruppe um J. Rompe in der vorliegenden prospektiv randomisierten Studie die Effektivität der niedrigenergetischen ESWT mit und ohne Lokalanästhesie bei der Behandlung der plantaren Fasciitis.

Rompe JD, Meurer A, Nafe B, Hofmann A, Gerdesmeyer L Repetitive low-energy shock-wave application without local anesthesia is more effective than repetitive lowenergy shock wave application with local anesthesia in the treatment of chronic plantar fasciitis. J Orthop Res 23: 931–941 (2005)

lokale Mepivacain-Injektion durchgeführt wurde. Die Stoßwellentherapie bestand für beide Gruppen aus jeweils 3 Behandlungen in 1-wöchentlichen Abständen. In einem ultraschallkontrollierten Verfahren wurden 2000 Impulse bei einer Energieflussdichte von 0,09 mJ/mm2 und einer Frequenz von 4 Hz appliziert. Die subjektive Schmerzempfindung während der ersten Schritte am Morgen wurde vor der Behandlung, sowie 3 Wochen, 3 Monate und 12 Monate nach der Behandlung anhand einer numerischen Rangskala (1–10) evaluiert und mit dem Welshkorrigierten t-Test analysiert. Die Effizienz der Behandlung wurde definiert als eine Reduktion der Beschwerden nach ESWT im Vergleich zum Ausgangsbefund vor Behandlung.

Methodik Ergebnisse 86 Patienten mit symptomatischer chronischer Fasciitis plantaris wurden nach standardisierter Indikationsstellung unter Berücksichtigung definierter Ausschlusskriterien einer niedrigenergetischen ESWT zugeführt. Die Patienten wurden im Zufallsverfahren zwei Gruppen zugeteilt: In Gruppe I erfolgte an 45 Patienten eine ESWT ohne zusätzliche Lokalanästhesie, während in Gruppe II bei 41 Patienten vor der ESWT eine

Die mittlere Schmerzempfindung entsprechend der Schmerzskala betrug vor Behandlung in Gruppe I 6,9 ± 1,2 Punkte und 6,7 ± 1,5 Punkte in Gruppe II. 3 Wochen, 3 Monate und 12 Monate nach Behandlung wurden in der Gruppe I mittlere Punktwerte von 5,0 ± 2,2, 2,2 ± 2,0 und 1,9 ± 1,8 erreicht. In Gruppe II wurden mittlere Punktwerte von 3,9 ± 1,9, 4,1 ± 1,5 und 4,1 ± 2,1 erhoben.

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Nach 3 Monaten wurde bei 67% der Patienten in Gruppe I und 29% der Patienten der Gruppe II eine mehr als 50-prozentige Verbesserung der Beschwerden erreicht. 12 Monate nach Behandlung berichteten 64% der Patienten in Gruppe I über ein gutes oder sehr gutes Resultat, während in Gruppe II lediglich 27% der Patienten eine entsprechende Schmerzreduktion erfuhren.

Schlussfolgerung Die niedrigenergetische ESWT wird derzeit als potentielles Therapiekonzept bei einer Vielzahl von muskuloskeletalen Pathologien diskutiert und findet bei der plantaren Fasciitis vermehrt Anwendung. Die Evaluation der Effizienz einer ESWT bei Fersensporn wurde kürzlich in einer Multicenterstudie (2) validiert, musste jedoch methodisch durch den supplementären Einsatz von Lokalanästhetika relativiert werden. Auersperg et al. konnten in einer Pilotstudie nachweisen, dass eine zusätzlich zur ESWT durchgeführte Lokalanästhesie bei der Fasciitis plantaris einen negativen Effekt auf die Schmerzreduktion hat. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie bekräftigen signifikant bessere klini-

sche Resultate bei Anwendung einer niedrigenergetischen Stoßwellentherapie ohne zusätzliche Applikation eines Lokalanästhetikums. Als Ursache der langfristig reduzierten analgetischen Potenz unter zusätzlicher Anwendung eines Lokalanästhetikums vermuten die Autoren mehrere Faktoren. Die lokale Betäubung verhindere möglicherweise einerseits die Fokussierung der Stoßwelle auf den Bereich der maximalen Schmerzintensität, wodurch eine durch Überstimulation peripherer Strukturen hervorgerufene zerebrale Schmerzmodulation verhindert würde (3). Andererseits könnte die Wirkung der Stoßwelle mit jener des Lokalanästhetikums hinsichtlich neurogener Entzündungsreaktionen und einer lokalen Neovaskularisation interferieren. Die Autoren schlussfolgern, dass die niedrigenergetische ESWT 3 Monate nach Behandlung einen positiven Effekt auf die Beschwerdesymptomatik der Fasciitis plantaris hat, welcher durch eine zusätzliche Anwendung eines Lokalanästhetikums vermindert wird.

Kommentar Wenngleich der Wirkmechanismus der ESWT nicht abschließend geklärt

ist, scheint dieser multifaktoriellen Einflüssen zu unterliegen und bedingt neben gewebsmodulatorischen Prozessen und morphologisch nachweisbaren Veränderungen neuraler Strukturen nach Einschätzung kompetenter Arbeitsgruppen möglicherweise auch neuronale Modulationen der Schmerzverarbeitung. In der konservativen Behandlung überlastungsbedingter Sehnenerkrankungen kann die ESWT als etabliertes Verfahren angesehen werden. Wirkmechanismen und Langzeitergebnisse der niedrigenergetischen ESWT sind derzeit Gegenstand klinischer und experimenteller Forschung.

Literatur 1 Auersperg V et al. (2002): Influence of simultaneous anesthesia on the outcome of repetitive low-energy shock wave therapy for chronic plantar fasciitis. Presentation at the 2nd Tri-National Meeting of the Austrian, Swiss and German Societies for ESWT, Linz 2 Haake M et al. (2003): Extracorporal shock wave therapy for plantar fasciitis: randomized controlled multicenter trial. BMJ 327: 75–79 3 Petrovic P, Ingvar M (2002): Imaging cognitive modulation of pain. Pain 95: 1–5 4 Rompe, JD (2004): ESWT for plantar fasciitis-conclusion appropriate? Letter to the Editor. http://bmj.bmjjournals.com

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Redaktion „Journal Club“: Prof. Dr. med. R. Schmidt-Wiethoff · Dr. med. J. Dargel

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