DGMP
Nachruf Dr. Roberto Mini
Dr. Roberto Mini wurde am 21. Juni 1946 in Bern geboren und ist in Bern aufgewachsen. Seine letzten Jahre verbrachte er in Bolligen bei Bern zusammen mit seiner Frau und seinen zwei Kindern. Roberto Mini studierte Physik an der Universität Bern und hat im Jahre 1976 seine Lizenziatsarbeit am Physikalischen Institut durchgeführt. Hierbei untersuchte er die kosmische Strahlung auf dem Jungfraujoch. Regelmäßig reiste er deshalb ins Berner Oberland, um die kosmischen Teilchen mit entsprechenden Instrumenten zu detektieren. Er war stets stolz, wenn er über diese Zeiten erzählte, und mit einem Lächeln im Gesicht berichtete er über die nächtlichen Schichten und darüber, wie er den Detektoren einen Kick geben musste, damit diese die Protonen der kosmischen Strahlung korrekt einfangen konnten. Unmittelbar nach seinem Physikstudium wechselte Roberto Mini in die Medizinphysik. Zunächst wurde er als Assistent in der Klinik für Strahlentherapie am Inselspital, dem Universitätsspital von Bern, angestellt und promovierte unter der Leitung von Prof. Poretti, einem der ersten Medizinphysiker in der Schweiz. In seiner Doktorarbeit untersuchte Roberto Mini die strahlenbiologischen Modelle auf der Basis von klinischen Daten aus der Strahlentherapie. Im Folgenden war Roberto Mini in verschiedenen klinischen Aktivitäten der Medizinphysik involviert. Zur Zeit der frühen 80er Jahre war es keineswegs klar, dass ein Physiker überhaupt etwas in einer Klinik zu suchen hatte. Roberto Mini hingegen war eine jener Personen, welche davon überzeugt waren, dass ein Medizinphysiker die Verantwortung für die korrekt am individuellen Patienten applizierte Dosis zu übernehmen hat. Dies war ein
wichtiger Grundsatz für Roberto Mini: Als Akademiker muss man Verantwortung übernehmen. Somit war für Roberto Mini auch klar, dass ein Medizinphysiker dort präsent sein muss, wo die Therapieplanung und die Therapie-Applikation stattfinden. Ausgehend von diesem Grundsatz ist es nur logisch, dass Roberto Mini die ganze Medizinphysik beeinflussen und gestalten wollte. So war er nicht nur lokal am Inselspital tätig, sondern auch auf nationaler und internationaler Ebene. Er war Vorstandsmitglied und Sekretär der SGSMP und war eines der Gründungsmitglieder der Fachanerkennung SGSMP im Jahre 1988. Ein paar Jahre später war er Mitglied der Prüfungskommission der Fachanerkennung SGSMP. Verschiedene Arbeitsgruppen der SGSMP und der Schweizerischen Kommission für Strahlenschutz durften von der Erfahrung und dem Wissen von Roberto Mini profitieren. Aber es waren nicht nur sein Wissen und sein Interesse an der Medizinphysik, welche Roberto Mini zu einer einflussreichen Persönlichkeit machten. Diese Eigenschaften waren kombiniert mit etwas viel Stärkerem und Mächtigerem: Enthusiasmus und Leidenschaft. Auch seine Eloquenz und sein Verständnis der Wirtschaft und Ökonomie machten ihn zu einer überzeugenden und erfolgreichen Persönlichkeit. Wir erinnern uns alle noch bestens an die Dreiländertagung 2007 in Bern. Es waren primär seine Anstrengungen, welche dieses Treffen so erfolgreich machten, sowohl in Bezug auf die wissenschaftlichen Aktivitäten als auch in Bezug auf die Stärkung der Netzwerke und der Zusammenarbeit mit Kollegen aus der SGSMP, der DGMP und der OEGMP. Ferner war Roberto Mini Mitglied des Kuratoriums der Winterschule Pichl. Als Geschäftsführer der Bernischen Radium-Stiftung hat er alle zwei Jahre das Zuppinger-Symposium organisiert und damit eine weitere wichtige Plattform für die Medizinphysik geschaffen. Ohne Zweifel: Die SGSMP, die DGMP, die OEGMP und wir alle durften sehr oft von den Fähigkeiten und den Anstrengungen von Roberto Mini profitieren. Seit 1986 leitete Roberto Mini die Abteilung für Medizinische Strahlenphysik am Inselspital, Universitätsspital Bern. Seine Hauptaufgaben waren im Bereich der klinischen Dienstleistung innerhalb der Radio-Onkologie angesiedelt. Er war aber auch für den Strahlenschutz, für die Forschung und die Lehre zuständig. Roberto Mini konnte seine Mitarbeiter fördern und bis über die Grenzen hinaus motivieren. Sie waren und sind stolz, mit ihm zusammengearbeitet zu haben. Es ist sicherlich sein Verdienst, dass die Abteilung für Medizinische Strahlenphysik sowohl national als auch international einen ausgezeichneten Ruf genießt.
Z. Med. Phys. 22 (2012) 76–77 doi:10.1016/j.zemedi.2011.12.008 http://www.elsevier.de/zemedi
Seine eigenen Forschungsinteressen lagen zu Beginn seiner Karriere in den Bereichen der Strahlenbiologie und der Röntgendiagnostik. Er analysierte die Daten von verschiedenen Zentren in der Schweiz und lieferte damit einen wertvollen Vergleich von aktuellen Strahlendosen in der Diagnostik. Seine Arbeit ist anerkannt und, wie die häufigen Zitierungen zeigen, immer noch aktuell und bedeutend. Später fokussierte Roberto Mini seine Forschungstätigkeit in den Bereich der Strahlentherapie. Hierbei widmete er sich den Fragestellungen der inversen Therapieplanung, der Erzeugung und Verifikation von intensitätsmodulierten Feldern sowie der Analyse und Berechnung von Dosisverteilungen für Photonen und Elektronen mittels MonteCarlo-Methoden. Zweifelsohne war Roberto Mini ein Vorbild, wenn es darum ging, einen Forschungsantrag zu erstellen oder – trotz limitierter Ressourcen – einen alten Linearbeschleuniger durch einen neuen zu ersetzen. Dank seines persönlichen Einsatzes, seiner Kreativität und seiner zielorientierten aber stets korrekten Hartnäckigkeit konnten große und erfolgreiche Geschäfte realisiert werden. Mit seinem professionellen Geschick und nachhaltigem Engagement war es möglich, auch risikoreiche Projekte anzupacken. In mehreren Situationen konnte Roberto Mini seine Fähigkeiten unter Beweis stellen und zeigen, dass er schwierige Situationen professionell und oft sogar mit einer gewissen Leichtigkeit zu meistern wusste. Roberto Mini war ein passionierter Lehrer und Förderer. Er war involviert im Studiengang der Medizin an der
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Universität Bern sowie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich, an welcher er Physikstudenten unterrichtete. Er war eine derjenigen Personen, welche fähig sind, unser Fach Medizinphysik für alle attraktiv zu machen: für die Studierenden, die Kolleginnen und Kollegen, die Ärztinnen und Ärzte, die Führungspersonen und die Behörden und Regierungsvertreter. Es waren seine außergewöhnlichen Kommunikationsfähigkeiten, seine charismatische Präsenz und wahrscheinlich auch sein charmanter und jederzeit geschätzter „Italian Style“, welche ihn zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten im Bereich der Medizinphysik machten. Und schließlich war es auch sein Funkeln in den Augen, mit welchem er führte, überzeugte und motivierte. Für Roberto Mini war die Medizinphysik nicht einfach ein Beruf. Es war für ihn beides: harte, aber auch befriedigende Arbeit. Medizinphysik faszinierte und interessierte ihn. Sie war seine Herausforderung und sie war das Feld, in welchem er seine Neugier befriedigen konnte. Für ihn war die Medizinphysik seine Chance, seine Bestimmung, sein Leben. Seit dem Herbst 2009 konnte Roberto Mini aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr arbeiten. Zwei Jahre später, am 8. Oktober 2011 verstarb er und wurde von seinem Leiden erlöst. Wir behalten ihn in Erinnerung als großartige Person und als guten Freund. Dr. P. Manser und Dr. E. Born, Abteilung für Medizinische Strahlenphysik, Inselspital – Universitätsspital Bern
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P. Manser und E. Born / Z. Med. Phys. 22 (2012) 76-77