Arch. Protistenk. 121 (1979): 138-145
Biologisches Laboratorium Waldviertel, SchremsjGebhards (Niederosterreich}
Neue und seltene Euglenales aus Teichen des Waldviertels, Nieder6sterreich New and Rare Euglenales from Ponds in the "Waldviertel", Niederosterreieh Von FRIEDERIKE WA WRIK Mit 5 Abbildungen
Summary Ecological and taxonomical observations on the Phytoplanktongenera Lepocinclis, Phacus and H eteronema are reported. The organisms were found in several fishponds in the"W aldviertel", Niederosterreich,
Gattung: Lepocinclis PERTY
Lepocinclis salina FRITSCH Abb. la-b
Irn Herbstplankton des Otterteiehes fand sieh eine leere Membran von Lepucinclis salina: zartwandig, hyalin, farblos, im Abstand von 2-3 {tm kraftig reehtswindend gerillt. Auffallend war der Pharynx: 6,um lag, gegen die Mundbueht tubenformig erweitert. Irn Sommerplankton lebte die Art im Pointgrabenteieh eingestreut; im Spielbergerteieh erreiehte sie eine Volksdiehte von 40 Zjml. Die dunkelgriinen Chloroplasten lagerten mosaikartig dieht, wandstandig ; sie waren meist unregolmalsig ge-
Abb. la-b. Lepocinclis salina.
Neu e und selten o Euglonales
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formt. Zahlreiche kleine Paramylonscheiboben fiillten die Zelle. Del' Kern war groB, submedian; das Stigma an del' Sohlundbasis polyedriseh ; die GeiBel korperlang. Bewegung: langsam mit hiiufigem Ri chtungswechsel. Die lVIaBe: 35-45 X25-30 ,urn. Physiographische Daten: t OO 12-24, pH 6,4-7 ,8, SBV 0,40-1 ,60 mval rl. Na ch H UBER-PESTALOZZI (1955) kenn t man die Art in del' Bundesrepublik Deutschland, in del' Deutsehen Demokratischen Republik, in del' VR Pol en , und in Sehottland. Fur Ost erreieh diirfte es sich urn eine Erstbeobaehtung handeln. Gattung : Phacus DUJARDIN Phacus liemorensis PLAYF. forma siqmoulea n. f. Abb. 2b-d.
Im Neuhaslauteieh, Gebiet Schrems, lebte im Sommerplankton bei Oberflachen. temperaturen um 23 °C und pH-Werten urn 7,4 Phacus lismorensis , Abb. 2a, del' gut mit del' Besehreibung bei HUBElt-PESTALOZZI (1955) iibereinstimmte, Irn Material gab es abel' auch Individuen die sigmoid gekriimmt gewesen sind . Ihre Gesamtliinge betrug 80-85,um, davon entfiel 1 / 3 auf den miiBig nach hinten gekrlimmten Staehel. Del' apikale Teil war daehfOrmig naeh vorn gewolbt: also eine deutlieh sigmoid gekrlimmte Zellgest alt. Die Zellbreite mall maximal 30 uu», die Dicke 2-3 urn. Die korperlange GeiBel sehlug kriiftig und versetzte die Zelle in eine kennz eiehn ende, sehaukelnde Bewegung. Na ch POCmIAKN (sehriftliehe Mitteilung vorn Dezemb er 1975) sind die " starr en Formen m. \" . weitgehend konstant.': Da es im Material keine Ubergang« zur sigmaiden Gestalt gab , wird diese als forma sigmoidea, Abb. 2 b-d , besehrieben. Pha cus lismor ensis PLAYF. forma sigrnoidea, f. nov. , differt a typo eellulis irregualiter sigmoidibus. Ikonotypus Abb . 2, Fig. b. Habit : In stagna Haslau , Austria infer . Phacus oscillans KLEBS Abb. 2e-f
Im selben Material wie oben lebte mit mittlerer Hiiufi gkeit Phacus oscillans. Die MaBe: 19-25 X 4-6 ,um. Es gab vereinzelt halbentrollte Exemplare, Abb. 2f. Manche Zellen ent hielt en nur einen , andere 2 Paramylonringe, selt en beobaehtete man unter dem vorn gelegenen Ring noeh einen kurzen Paramylonstab. Die rundliehen Chloropla sten waren von blaugriiner F arb e, Phacus similis CHRISTEN Abb.3 a-i
Haufiger im Friihling und Herb st bei Temperaturen um 12 °0 , [11s im Somm er und Winter , trifft man vorzii glieh in den Teiehen des nordli chen Waldviertels - seltener in den weniger meliorierten Fischgewassern des siidliehen Waldlandes Phacus similie an . Er wirbelt ra sch rotierencl und oft die Riehtung weehselnd durch das Gesichtsfeld. Okologische Daten : pH. Werte um den Neutralpunkt, SBV O,20-1 ,OOmval/I. Er ist meist ein Einsprengling und erreieht selte n mittlere H aufi gkeit. Die Art ist no ch wenig bekannt. Ihre MaBe: Lange 31-33,um , Breit e 12-16,um. Periplast zart, Streifun g undeutlieh, darunter viele kIeine rundliche OhIoropIasten, ± zentral eine
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Abb.2. a Phacus iismorensis ;
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WAWRIK
o
b
b~d.
P. lismoreneis forma sigmoidea n. fo.; e-f. P. oscillans.
groBe Paramylonscheibe oder ein Paramylonring, darunter haufig ein kantiger Paramylonkorper. Das Stigma liegt vorn, groB, kirschrot; die GeiBel ist korperlang. Der Endstachel, 6-10;um, verlauft ± in der Korperachse. Die Figuren in Abb. 3 stellte ich nach lebendem Material dar; Fig. a und h hat in dankenswerter Weise Herr Dr. ETTL aus konservierten Proben gezeichnet: in ihnen wird der Kerper des Flagellaten besonders deutlich. CHRISTEN (1962) fand den Organismus bei pH-Werten zwischen 5,5-7,0 in moorigen Gewassern in der Schweiz und im Uferschlamm des Etang de Gruyere. Er bezeichnet den Periplast als "maBig dick mit verhaltnismafsig zarter Spiralstreifung." Seine Individuen enthielten "meist 1-2 groBere Paramylonkorner (selten auch klei-
Neue un d selte ne Euglonal es
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Abh.3 . n o- i . Ph ucus simil is ,
Ahb . 4. a- c. Ph aCU8 aqilis
v,
okoboji ensie.
nere)". Del' Autor st ellt die Art in die Na he del' t ort us- und heliko ides -F ormen von Ph . lonqicauda, doch ist sie st ets viel kleiner . Bei CHRISTEN 1962, Tafel 1, Fi g. 3-4. Ph.a cu s agilis SKtrJA val'. okoboj i en si s ALLEGRE et JAHN Diese Varietat, 1943 im Staa t I owa USA besehrieben , wurde im Sommerplankton 1970 im Sageteieh , Gebiet Kirchb erg a . Walde, eingest re ut beobachtet : t DC 20,0, pH 7,0, SBV 0,80 mv al j]. Die Ex empl are mafsen 15-1 8 x 9 -12 flm und war en 8 fl m dick. Gegeniiber del' D arstellung del' Autoren in H UBER-PESTALOZZI 1955 Abb. 216a, b Tafel 36, trat eine Abw eichung in del' Form des Querschni ttes auf: er war frontal nicht plan , sonder n ent sprec hend meiner Abb. 4 c geru ndet , so wie bei del' Art Pha eus agilis SKlJJA. I rn Material ga b es keine Var iation dieses Merk males. H UBER-PESTALOZZI zweifelt , ob es sich in del' Darstellung del' Autoren wirkli ch urn 2 Chromato-
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phoren handelt. Ich kann das bestatigen: sie sind hellgrun und durch die Einrollung del' Seitenrander del' Zelle entsprechend sattelformig gebogen. -ober den Paramylongehalt folgendes: In meinem Material lagen parallel zur hellen Langsrinne untereinander gereiht 1-5 kleine Paramylonkorner, auf jeder Seite war die Anzahl meist verschieden, Abb. 4a. Es wurde auch ein Stigma beobachtet: verhaltnismalsig groB, apikal gelagert, braunrot, etwas diffus. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Erstbeobachtung fiir Osterreich, wenn nicht fiir Europa. Incolorate Euglenineen-Peranemaceae Gattung: Heteronema DUJARDIN 1941 emend. STEIN 1978 Das Milieu: Del' Pointgrabenteich, etwa 1 ha groB, 1 m tief, ein richtiges Karpfenwasser, sohilfgesaumt, in gutem LichtgenuB hart an del' StraBe nach Kirchberg a. Walde im oberen WaIdviertel. Das Wasser: stark Fe-haitig, 13 mgjl Gesamteisen, pH 6,4-7,1, SBV 0,40-1,00 mval/l. Del' Teich ist eisbedeckt, es ist die Zeit del' Schwaohlioht-Kalteformen, eine gute Zeit auch fiir einige Heteronemen. Sie siedein iiber Grund wie H. metabolissima oder im freien Wasser wie H. citriformis und H. acuta, 3 neue Arten, die nachfolgend beschrieben werden. Die Gattung ist nach CHRISTEN (schriftliche Mitteilung vorn Dezernber 1971) wenig bearbeitet und es harren noch eine Anzahl diesel' Protisten del' Entdeckung. H eteronema metobctiesi mo: n. sp. Abb, 5a-d
Die Art ist langgestreckt.spindelformig-zylindrisch, sackformig bis bandartig und mil3t ausgestreckt 70-80Xl0-12.um. Am Vorderende ist sie abgeschragt, basal lauft sie unvermittelt in eine Spitze aus. Del' Periplast ist zart, fein von links nach rechts windend gestreift; Schlund und Staborgan sind deutlich sichtbar. An del' Schlundbasis liegt die Hauptvacuole, im Cytoplasma mehrere Nahrungsvacuolen, die trotz des Detritusreichtums des Teiches ohne Einschliisse sind; vereinzelt rundliche Paramylonkorner, basal del' groBe Kern. Del' Protist ist iiberaus metabol: tordiert, gelappt, weBig zusammengeschoben, fast abgekugelt; dann rniBter20 X 20.um Abb. 5d. Die SchwimmgeiBel ist 1 X, die NebengeiBel 1/ 4X korperlang, die Bewegung trage kriechend, vereinzelt iiber Grund. H. metabolissima steht zwischen H. spirogyra SKUJA und H. tortuosum CHRISTEN. Sie ist groBer als jene und kleiner als diese. Die Streifung des Periplasten ist unterschiedlich, auch die Bewegung. H. metabolissima zeigt nie die sehr regelmaBige Torsion wie letztere: CHRISTEN 1962, p. 184, T. VI, Fig. 4-6. Heteronema metabolissima n. sp., cella cylindracea-fusiformis, antice oblique truncata, postice acutae formae, cellula extensa 70-80.um longa, 1O-12.um lata. Periplasto delicate spiraliter ad dextra striis. Cytoplasma cum pluribus vacuolis. Pharyngae cum organo baculiforme, iuxta varyngem vacuolum generale. Nucleus magnus basaliter. Flagello antice 70 to», flagello postice 20 pm. Zellula valde metabolica: torsa, cum pluribus panniculis, in forma globosa 20 X 20 us», Forma hiemisj Ikono, typus Abb. 5, Fig. a. Habit: Pointgrabenteich, WaIdviertel, Austria inferiore.
Neue lind selte ne Euglonal es
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A b b . 5. a-d. H eteronem a metabolis si ma ; e - f. H. aeu ta ; g -h. H . citriformis.
H et er one m a citriform i s n . Sp. Abb. 5 g-h Diese sehr charakteristisch e neue Art ist zitronenforrnig : da s Vorderende k urz halsformig vorgezogen, da s Hinterende ebenfalls kurz, et was schief und immer scharf zu gespitzt. Die Art ist weni g meta bol und in den MaBen ziemlich konstant: 40 X 25 !Jill. Del' Quersehnitt ist kreisforrni g. Del' kraftige Periplast laBt kein e Streifung erkennen. CHRISTE N (1962) bem erkt , daB " man allerdings noe h sehr wenig tiber die Variati onsbreite solcher Merkmal e weils" . Schlund und Schlundsta b sind wegen del' Fiille rund . licher kl ein er Param ylonk orn er nicht a uszuma che n. Dagegen trat die H auptva cu ole an del' Schlund basis deutIich hervor . Auffallend ist del' kraft ige, gesehicht ete und im mer sehrag durch die Zelle lagernde P aramylonring, del' im Dur chmesser 30 !Jill erreicht und lO!Jm dick ist, Aus del' 4 !Jill weiten, meist gerade abgestutzten H alsoffnung tritt a us dem Schlund eine et wa 60 !Jill lange Zu ggeiBel, wiihr end die SchleppgeiI3d u ur 25 !JUl e r r eic lrt. Der P ro t ixt sch wirnm t z.iem li c h sch nell rotieren d grada us. Seine Fr equenz war ma13ig haufig. Er la13t sich gut mit del' na chfolgend beschrieb en en
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Art vergleichen, aber sonst mit keiner, in der mir verfugbaren Literatur tiber Heteronemen. Heteronema citriformis n. sp. (Abb. 5g-h). Cellula modice metabolica, citriformis, antice forma colli brevis, postice brevis forma oblique acuta; periplasto valide levi, sine striis. Mensura 40 X 25 flm. Cytoplasma incoloratum granulis paramylaceis globosis impletum, anulus paramylaceus 30 X 10 ut«, oblique depositus. Flagello antico 60 flm, postico 25 flm. Forma hiemis ? Ikonotypus Abb. 5, Fig. g. Habit.: Pointgrabenteich, Waldviertel, Austria infer. H eteronema acuta n. sp. Abb. 5e-f
Die Gestalt dieser Art ist breit spindelforrnig bis zwiebelformig. Vorne ist sie halsartig vorgezogen, das Hinterende verlauft in Richtung der Korperachse ± lang und immer scharf zugespitzt. Der Protist ist wenig metabol, die MaBe bleiben konstant bei 30-40 X 25-20 flm. Der zarte Periplast zeigt keine erkennbare Streifung. Das Cytoplasma ist farblos. Schlund und Hauptvacuole an der Schlundbasis waren erkennbar, Schlundstab und Zellkern nicht feststellbar. Zahlreiche kleine rundliche Paramylonkorner fullten die Zelle vom Fortsatz bis zum Halsansatz dicht gelagert an. Sie gruppierten sich um eine basale groBe Paramylonscheibe (D = 12,um) und 3 weitere kleinere (D = 4flm) weiter vorn gelegene, aIle mit Porus versehen. Vom Schlund traten durch die etwas abgeschragte 3-4 flm weite HalsOffnung eine 55,um lange SchwimmgeiBel und eine 1/2_3/4korperlange SchleppgeiBel. Die Art schwimmt langsam rotierend. Sie lebte im Sommerplankton des Spielberger- und Pointgrabenteiches bei Wassertemperaturen urn 24 GO und urn den Neutralwert schwankenden pH- Werten. Die Teiche kommunizieren nicht! Frequenz der neuen Art: maHig haufig. In der mir verftigbaren Literatur findet sich keine vergleichbare Art. Auch die beiden Arten H. nebulosum (DUJ.) KLEES und H. globuliferum STEIN (bei HUBERPESTALOZZI 1955) zeigen nur durch ihre rundliche Form eine gewisse Ahnlichkeit. Doch haben die beiden neu beschriebenen Heteronemen viele Merkmale gemeinsam: Den kreisrunden Querschnitt, die ahnliehe Zellgestalt, den glatten (?) Periplast, die ganz spezielle in der Form unterschiedliche - Scheibe-Ring-Paramylumspeicherung, die dichte Anhaufung kleiner Paramylonkorner, die Schlund, Schlundstab und Zellkern fast vollig verdecken. Heieronema acuta n. sp. cellula fusiformis aut cepeformis, antice colli longi, postice acutissima forma; modice metabolica; 30-40 flm longa, 25-20 flm lata. Periplasto delicato sine striis, Cytoplasma incoloratum. Vacuolum generale basaliter ad pharyngem. Unuus discus mag nus paramylaceus, supter tres disci parvi; multa granula paramylacia. Flagello antice 55 us», flagella postice 3/ 4 cellulae longo. Nucleo non visibili. Forma aestatis? Ikonotypus Abb. 5, Fig, e. Habit.: In stagnis Spielberger et Pointgraben, Waldviertel, Austria.
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Zusammenfassung Im Zuge del' Teichforschung im Waldviertcl (\VAWRIK 1966, 1972) wurde zu allen Jahreszeiten Zentrifugenmaterial aus frischen Sehopfproben studiert. Das besondere Interesse galt den Euglenales, Es konnten oinige seltone Arten beobachtet und neue Taxa boschrieben werden: Phocus lisrnorensis forma sigmoidea nova forma, Heteronema metabolissima n . sp., H. acuta n. sp., H. citri[orrnis n. sp.
Literatur CHRISTEX,H. R.: Neue und wenigbekannto Eugloninon und Volvocalon. Rev. Algolog. 6 (3) (1962): 162-202. - Zur Taxonomio del' farbloson Eugleninon. -- Nova Hedwigia 4 (3/4) (1963): 438-464. HL"BER-PESTALOZZT, G.: Das Phytoplankton des SiiI3wassors, 4. Tl., Euglonophyoon; 14. Stuttgart 19.55. 606 S. WAWRIK, F.: Die Waldviort.lor Fischteiche und ihre Entomostrakenfauna auf okologischer Grundlage. Hydrobiologia 28 (3/4) (1966): 385-552. Vorgleichende Braunwasser- Teichstudien im niedorostorroichischon Waldviertel. Ebenda. 39 (1) (1972): 17-82. Anschrift del' Verfasso-in: Dr. FRIEDERIKI'} \VAWRIK, A - 3270 Schoibbs, Austria.
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