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DZA vor 50 Jahren | DZA 50 years ago
Akupunktur Deutsche Zeitschrift für
Dt Ztschr f Akup. 1959;8,9–11:95–97
Ohr-Akupunktur bei Asthma Von KARL-EMIL GERDTS
Nachdem Herr Dr. BACHMANN uns im März 1957 in Bad Pyrmont die Ohr-Akupunktur des Kollegen NOGIER dankenswerterweise erklärte, habe ich diese Methode bei verschiedenen Krankheitsbildern mit wechselndem Erfolg angewandt. Nun hatten wir seit Anfang Februar 1959 im Ruhrgebiet einen derartigen Nebel, daß alle meine Asthma-Patienten sprunghaft mit ihrem Medikamentenverbrauch stiegen und trotzdem kaum eine Erleichterung verspürten. Bei nahezu allen Patienten hatte ich schon die „normale“ Akupunktur versucht (bei Jugendlichen mit gutem Erfolg). Mein alter Stamm hingegen blieb mir treu mit den üblichen Asthmamitteln. Da kam mir der Gedanke, auch bei diesen Patienten die Ohr-Akupunktur zu versuchen. Mit dem Punkt-Detektor untersuchte ich das ganze Ohr, bekam in dem unteren Lungen-Segment einen Ausschlag, aber nur eine geringe Schmerzempfindung. Dagegen war der Hypophysen-Punkt, der auch einen Ausschlag anzeigte, äußerst schmerzhaft. Hier setzte ich nun beiderseits eine Nadel. Nach ca. 10 Minuten gaben die Patienten an, daß sie sich vollkommen wohl fühlten. Während sie vor Beginn der Behandlung schwer nach Luft rangen, atmeten sie nach diesen 10 Minuten ganz ruhig. Zur Veranschaulichung mögen 5 Krankenberichte folgen: 1. Fall: 30jähr. Frau, seit 1952 Asthma. Bisher Medikamente pro Woche, 30–40 Makara-Pulver, 6 AsthmolysinAmpullen, nach denen sie jedoch immer Herzbeschwerden bekam. Ferner Antibex c. Ephedrin. Bei schlechtem Wetter zusätzlich Inhalationen mit entsprechenden Mitteln. Es folgen, wie auch bei den nächsten Berichten, die Daten der Behandlung mit der Dauer der Beschwerdefreiheit, d. h. die Zeit, in der keinerlei Mittel benötigt wurden. 17.2. – 24 Std., 19.2. – 10 Std., 21. 2. – 26 Std., 23. 2. – 30 Std., 25. 2. – 30 Std., 27. 2. – 25 Std. Seit dieser Zeit braucht die Patientin pro Woche 7–14 Makara-Pulver (je nach Arbeit und Wetterlage).
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2. Fall: 54jähr. Mann, seit 1942 Asthma, beginnend mit einer starken Bronchitis. Mehrfach zur Kur mit jeweils ca. 14 Tagen Linderung nach Rückkehr. Bisher ca. 50 Tabletten Taumasthman pro Woche, zusätzlich Inhalationen und Asthmolysin-Spritzen. Auch er hat danach Herzbeschwerden. 12. 2. – 24 Std., 14. 2. – 30 Std., 16. 2. – 17 Std., 17. 2. – 24 Std., 19. 2. – 20 Std., 21. 2. – 30 Std., 23. 2. – 26 Std., 25. 2. – 30 Std., 5. 3. – 18 Std. Nach der letzten Behandlung klagte der Pat. noch über Herzbeschwerden. Eine Gold-Nadel in den REOU-TSRI befreite ihn auch hiervon. Seitdem nimmt er 2–6 Tabletten; bei Herannahen einer Regenfront etwas mehr, wenn nicht eine Nadel gesetzt wird. Asthmolysin-Ampullen halten nicht so lange vor. 3. Fall: 44jähr. Frau, seit 1942 Asthma, nach Grippe. 3 Monate Krankenhaus, anschließend 3 Monate in einer Spezialklinik mit Klima-Kammern. Keine Besserung. 1950 zur Kur auf Norderney. Bisher pro Woche: 18 AsthmolysinAmpullen, 40 Priatan-Tabletten, 2 große Packungen Asthma 6, jeden Abend 1 Acedicon. 29. 1. – 12 Std., 2. 2. – 12 Std., 7.2. – 14 Std., 12.2. – 14 Std., 17.2. – 12 Std., 25. 2. – 16 Std. Jeweils 5 Minuten nach Setzen der Nadeln verschwand ein krampfartiges Kloßgefühl unter dem Brustbein (ist jetzt ganz fort), nach weiteren 5 Minuten freies Atmen. 2mal traten hinterher Schmerzen in der Herzgegend auf, die durch den REOU - TSRI beseitigt werden konnten. Jetzt verbraucht die berufstätige Patientin: 7 AsthmolysinAmpullen, 20 Priatan-Tabletten und 1 Packung Asthma 6. 4. Fall: 30jähr. Patient, seit 1948 Asthma im Anschluß an eine chronische Bronchitis. 1950 Kur in Godesberg. 14 Tage später: Status idem. Bisherige Medikamente: 120 Tabletten Taumasthman + 20 Asthmolysin-Ampullen. 2. 3. – 24 Std., 3. 3. – 15 Std., 5. 3. – 13 Std.
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Seitdem Verbrauch von 80 Tabletten + 8 Ampullen. Eine weitere Behandlung, um die Medikamente noch mehr zu reduzieren, war aus besonderen Gründen nicht möglich. 5. Fall: 43jähr. Patientin, seit 1945 Asthma und chronische Bronchitis. Mehrere Kuren in Reichenhall, Schwarzwald und Lippspringe. Keine Besserung. Letzter Verbrauch: 14 Ampullen Efrodal B, 8 Tabletten Efrodal B, ]osimitinBalsam, Inhalationen mit Brox und Emsclorat-m, 14 Acedicon- Tabletten + 25 Neuralgin, Spasmo-Cibalgin Supp., Kresival forte. 3.3. – 72 Std. (!), 6.3. – 24 Std., 7.3. – 18 Std. Am 8. 3. und 9. 3. jeweils 1 Ampulle Efrodal (Ostwind). 10.3. – 24 Std. Am 11. 3.: 1 Amp., 12.3.: 1 Tab!. (Luftdruck-Änderung), 13.3.: 2 Amp. + 1 Tab!., 14. 3.: 2 Amp. (Aufregung), 15.3.: 2 Amp. (Regen), 16. 3.: 1 Amp., 17. 3.: 2 Amp. (Ostwind). Nach weiteren Nadelungen ist Pat. jetzt ca. auf die Hälfte des früheren Medikamenten- Verbrauches gekommen. Die geringe Dauer der Ohr-Akupunktur- Wirkung an manchen Tagen führe ich darauf zurück, daß ich nicht den Hypophysenpunkt angestochen habe, sondern einen Punkt im unteren Lungensegment, der von den Patienten bei der jeweiligen Untersuchung als schmerzhafter bezeichnet wurde. (Höchstwahrscheinlich spielen auch die Wetterver-
hältnisse eine Rolle). Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, daß in Asthmolysin-Ampullen auch Hypophysin-Hormon enthalten ist. Als ich Herrn Prof. GENUIT (Universität Münster), der sich schon seit Jahren für die Akupunktur interessierte, hiervon erzählte, stellte er zur Diskussion, eine evtl. durch die Nadelung mögliche Ausschüttung von ACTH durch klinische Methoden nachzuweisen. Hierdurch könnte man die Wirkung erklären. Entsprechende Versuche sind mit Herrn Prof. GENUIT geplant. Diese Mitteilung, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, soll nur andere Kollegen anregen, bei scheinbar aussichtslosen Asthma-Fällen, die auf die übliche Akupunktur-Behandlung nicht ansprechen, die Ohr-Akupunktur zu versuchen. Ich bin überzeugt, daß wir mit dieser Methode den enormen MedikamentenVerbrauch der langjährigen Asthmatiker, der letztlich den Magen und die Leber schädigt, stark einschränken können. Ob eine restlose Ausheilung der einzelnen Asthma-Formen gelingt, kann ich anhand meiner bisherigen Behandlungsergebnisse noch nicht sagen. Das mögen die weiteren Versuche, auch die anderer Kollegen, ergeben. (Anschr. d. Verf.: Dr. Kar-Emil Gerdts, Herringen b. Hamm/ Westf., Jahnstr. 1)
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