Physiologische und morphologische Veränderungen an Ratten nach peroraler Verabreichung von Benzoesäure

Physiologische und morphologische Veränderungen an Ratten nach peroraler Verabreichung von Benzoesäure

Fd Cosmet. Toxwol. Vol. 5, pp. 505-511. Pergamon Press 1967. Printed m Great Britain Physiologische und morphologische Ver~inderungen an Ratten nach ...

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Fd Cosmet. Toxwol. Vol. 5, pp. 505-511. Pergamon Press 1967. Printed m Great Britain

Physiologische und morphologische Ver~inderungen an Ratten nach peroraler Verabreichung von Benzoes~iure H. KP,Ets, K. FRESE und G. WILMES Instttut fur Ernahrungswissenschaft Iund Veterindr Pathologisches Institut der Justus Ltebig Universitat Giessen, Bundesrepubhk Deutschland (Emgegangen an 3 Mdrz 1967)

Zusammenfassung--Dle Toxizltat der Benzosaure ftir wachsende mannliche Ratten wurde verglelchend anhand phys~ologischerund anatom~sch-histologlscherKnterien errmttelt. Bei 3 % Benzoesaure ~m Futter traten nach 4-5 Tagen zentralnervose Storungen wie Erregbarkelt, Ataxle und tonisch-klomsche Krampfe auf. Eindeutige, makroskopisch slchtbare Organveranderungen wurden nicht festgestellt. Ebenso ergaben s~ch keme krankhaften histologischen Befunde an Herz, Leber und Nieren. Dagegen wurden schon nach 3 Tagen bei einigen Tieren und nach 5 Tagen bei allen Tleren morphologische Ver~inderungen lm Gehlrn in Form elektiver Parenchymnekrosen nachgewlesen. Diese betrafen mit RegelmaBigkelt das Stratum granulosum der Fascia dentata und die Rmde des Lobus plriformls. Erhielten die Ratten 5 Tage lang Futter mlt 3 % Benzoesaure und anschliessend fur 19 bzw. 30 Tage Futter ohne Benzoes~ure, so waren die beschnebene Hlrnparenchymverfinderung und eine verringerte Gewichtsentwicklung der Ratten feststellbar. Eine 35-taglge Aufnahme von 1,1% Benzoesaure im Futter verschlechterte die Gewichtsentwicklung und Futterwirkung, hatte aber keine Veranderung der Verhaltenswelse oder des anatomlsch-histologischen Bddes von Herz, Leber, Nleren und Gehim zur Folge. EINLEITUNG In Arbeiten fiber die Toxizit~it der Benzoes~iure wurde wiederholt festgesteUt, dass nach Dberschreiten einer gewissen Tagesdosis bei den Versuchstieren recht charakteristische klinische Symptome auftreten. Diese bestehen im wesentlichen in zentralnervtisen St/Srungen wie gesteigerter Erregbarkeit und tonisch-klonischen Kr~impfen, die zu einem Vergleich mit der menschlichen Epilepsie anregten (Rost, Franz u. Wetzel, 1913). Es gibt in der Literatur jedoch nut sp~irliche Angaben fiber anatomisch bzw. histologisch festgestellte Benzoes~iuresch~iden. Insbesondere wurden bisher offensichtlich Untersuchungen am Zentralnervensystem noch nicht durchgefiihrt. In den bier beschriebenen Untersuchungen fiber die Toxizit~it der Benzoes~iure sollte in Versuchen an Ratten festgestellt werden, ob und in welchem zeitlichen Verh~iltnis neben Sch~idigungen, die mit Hilfe yon bestimmten "physiologischen Kriterien" wie Gewichtsentwicklung, Futterwirkung, Verhaltensweise u.~i. nachweisbar sind, auch histologische Ver~inderungen sichtbar werden. Im einzelnen sollten folgende Zusammenh~inge gekl~irt werden: (1) Treten nach oraler Aufnahme toxisch wirkender Benzoes~iuredosen auch morphologische Organver~inderungen auf und nach welcher Zeit sind sie nachweisbar ? (2) Verursachen kurzfristige Benzoes~iuregaben fiber die Applikationsdauer zeitlich hinausgehende Schiiden ? (3) Fiihren auch geringe Benzoes~iuredosen zu Sch~idigungen ? 505

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H. KREIS, K. FRESE

und

G. WILMES

EXPERIMENTELLER TElL Als Versuchstiere dlenten wachsende miinnliche Ratten (Stamm Royal Wistar; Ztichter: Meyer Arend, Bad Salzuflen) mit einem durchschnittlichen Anfangsgewicht von ca. 60 g. Die Tiere wurden in Einzelk~ifigen mit Maschendrahtboden gehalten. Das Versuchsfutter bestand aus e!ner halbsynthetischen Kost, wie sie von H6tzel (1962) verwandt worden war: 60,0 g Saccharose (davon die Hiilfte gemahlen); 5,8 g Reisstiirke (DAB 6); 20,0 g Casein (vitaminfrei); 7,0 g gereinigtes Butterfett, darin die Vitamine A, D u. E; 4,0 g Mineralstoffmischung USP XIII, fliissig; 0,2 g Methionm; 1,0 g Reisstiirke + 0,2 g Cholinchlorid; 2,0 g Reisst~irke mit B-Vitaminen. In einem Spezialfuttermischer (Gebr. L~Sdige, Paderborn, Modell M 20 E) wurden die Futterbestandteile und--soweit erforderlich---der Benzoes~iurezusatz gemischt. Trinkwasser und Futter wurden ad libitum verabreicht. Durch die von Mtiller u. H6tzel (1955) beschriebene Maschendrahtfiitterung wurde das bei Ratten iibliche Verstreuen des Futters weitgehend verhindert. Die tatsiichliche Futteraufnahme konnte so anniihernd genau ermittelt werden. Wiihrend der gesamten Versuchsdauer erfolgten w6chentlich zwei Gewichtsbestimmungen. Es wurde der in Tabelle 1 zusammengestellte Versuchsplan entwickelt. Entsprechend den einzelnen Fragestellungen wurde das Versuchsprogramm in drei Reihen unterteilt (A, B, C), in einer vierten (K) wurden Kontrollgruppen angesetzt. Bei 3 ~o Benzoesiiure im Versuchsfutter (Reihe A) sterben erfahrungsgem~il3 die Tiere schon nach wenigen Tagen. Um festzustellen, nach welcher Apphkationsdauer Organschiiden bei 3 Yo Benzoesiiure im Futter erstmalig auftreten, wurden Gruppen yon Tieren in Zeitabst~,inden untersucht. Die Tiere der B-Gruppen (ebenfalls 3 ~o Benzos~iure) sollten solange Benzoesiiure erhalten, bis alle Tiere mit Sicherheit gesch~idigt waren. Diese Frist wurde mit 5 Tagen angenommen, da dann etwa 50~o der Tiere gestorben waren. Die iiberlebenden Tiere der Gruppe B I wurden am 6. Tag get/Stet. In Gruppe B II wurden die 5 Tage iiberlebenden Tiere auf Normalkost (ohne Benzoesiiure) gesetzt, um fiber die Applikationsdauer hinausgehende Sch~iden feststellen zu k6nnen. Tabelle 1.

Gruppe AI II III IV B I II

C I

Tierzahl 5 5 5 8 10 15

5

II

8

III

10

KI

II

Versuchsplan der Verabretchung yon Benzoestiure

Benzoesaure % im Futter Gabe (Tage) 3 3 3 3 3 3

1,1 1,1 1,1

1 2 3 5 5 5

7 14 35

Versuchsdauer (Tage) 1 2 3 5 5 24 bzw. 35

7 14 35

5

3

7

35

Die Tiere der Reihe C erhielten mit 1,I ~o Benzoes~iure eine vertriigliche Dosis. Zur Erkennung etwaiger Schiiden wurden die Tiere im Abstand yon einigen Wochen getiStet. Beide Kontrollgruppen (Reihe K) dienten der histologischen Kontrolle. Die Gruppe K II diente zusiitzlich dem Vergleich der physiologischen Kriterien. Die iiberlebenden Tiere der einzelnen Versuchsgruppen wurden durch Dekapitation

DIE TOXIZITiT

DER

BENZOESAURE

AN

RATlEN

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get&et und unmittelbar, die gestorbenen Ratten miiglichst bald nach dem Tode seziert. Die histologische Untersuchung von Herz, Leber und Nieren erfolgte nach Fixierung in lO%igem Formalin an Gefrierschnitten, die mit Hamatoxylin-Eosin und zur Fettdarstellung mit Scharlachrot gefarbt wurden. Das Gehirn wurde nach vorsichtiger Praparation aus der Schadelhohle entnommen, in lO%igem Formalin fixiert und hach Zerlegung in Frontalscheiben in Paraffin eingebettet. Die Beurteilung erfolgte im wesentlichen an mit Hamatoxylin-Eosin und mit Kresylviolett gefarbten Schnitten. ERGEBNISSE

UND DISKUSSION

Bei 3% Benzoesiiure im Futter zeigten die meisten Versuchstiere nach 4-5 Tagen ein abnormes Verhalten (Gruppe A IV, B I und B II). Anfangs wurde ein steifer, leicht ataktischer Gang beobachtet, dem bald ein mehr oder weniger ausgepragtes Zittern des ganzen Korpers folgte. Gleichzeitig waren Anzeichen einer motorischen Unruhe zu bemerken, die in der Folgezeit verstarkt auftrat. Die Tiere hefen unruhig im Kafig umher oder fiihrten ziellose Bewegungen aus, wobei einzelne Tiere such Manegebewegungen machten. Haufig war eine gesteigerte Aggressivitat zu bemerken, die sich darin auflerte, dass die Tiere wahllos m vorgehaltene Gegenstande oder in das Kafiggitter bissen. Die meisten Tiere waren auffallig schreckhaft, so dass sie auf Beriihrungen oder normale Versuchsraumgerausche rmt Schreien oder Schreckbewegungen reagierten. Charakteristisch waren in der Folgezeit pliitzlich einsetzende Krampfe klonischer oder tonisch-klonischer Art, wobei es bisweilen zu einer starken Extension der Hintergliedmassen kam. Die Krampfe dauerten in der Regel nicht lange an, wiederholten sich aber bei manchen Tieren h&fig. Im Anschluss daran verfielen die Tiere in einen somnolenten Zustand, dem vorwiegend nach kurzer Zeit der Tod folgte. Zwischen den ersten Zeichen einer Benzoesaureintoxikation und dem Tod des Tieres vergingen meistens nur Stunden, nie jedoch mehr als em ganzer Tag. Nach ftinf Tagen waren unter den geschilderten Symptomen etwa 50% der Versuchstiere gestorben (in den Gruppen A IV, B I und B II 3,4 bzw. 7 Tiere). Bei den iiberlebenden Ratten waren die Verhaltensanderungen, insbesondere die krampfartigen Symptome noch weniger stark ausgepragt. Diese Untersuchung tiber die Toxizitat hoher Benzoesauregaben bestltigt im wesentlichen die Ergebnisse anderer Autoren. Kieckebusch u. Lang (1960) fanden, dass Ratten bei 3% Benzoesaure im Futter innerhalb von 14 Tagen eingehen. Hdtzel (1962) gibt die LD,, fur Benzoesaure mit 1,8-2,0 g pro kg Kiirpergewicht bei Ratten an. Von Rost u.a. (1913) wurden bei Hunden nach mehrmaliger Gabe von 1 g Benzoesaure pro kg Korpergewicht Krankheitserscheinungen beobachtet, die Ahnlichkeit mit der Epilepsie des Menschen haben sollen. Charakteristisch waren neben Unruhe, Ataxie, gesteigerter Aggresivitat, anfallartig auftretende klonische Krampfe, die mit stunden- und tagelangen anfallfreien Intervallen abwechseln konnten. So wurden bei einem Tier innerhalb von 14 Tagen 22 Krampfanfalle beobachtet. Auch bei Kanmchen ftihrten hohe Benzoesauregaben zu Krampfen, denen innerhalb von wenigen Stunden der Tod folgte Rost u.a. (1913). In Versuchen von Griffith (1929) mit 3,5 % Natriumbenzoat im Futter gingen dem Tod der Ratten Unruhe, Ataxie und Krampfe voraus. Wurden mehrere Tiere in einem Kafig gehalten, war eine gesteigerte Aggresivitat gegeniiber den Kafiggenossen zu beobachten. Zusammenfassend la& sich somit sagen, dass perorale Gaben stark toxischer Benzoesauredosen zu zentralnervijsen Storungen fiihren, die sich in Motilitatsstorungen, gesteigerter Erregbarkeit und Krampfen aul3ern. Wahrend bei der Sektion der Tiere mit 1,l % Benzoedure im Futter in keinem Fall auffallige Veranderungen an den Organen beobachtet D

t

4

1

iz ABB. 1. Ischttmlsche Ganglienzellnekrosen im Stratum granulosum der Fascia dentata der Hippocampusformation nach 5-taglger Zuftitterung von 3 7o Benzoesaure. Deuthche Pyknose der Zellkerne und Schrumpfung der Perikarya. Ratte II/2. HE-F~rbung Leltz Orthomat, Objektiv 40:1.

ABB. 2. Ausschmtt aus dem Stratum granulosum der Fascia dentata der Hippocampusformation a) einer gesunden Ratte und b) einer Ratte nach 5-tiigiger Zuffltterung yon 3 70 Benzoesiiure. Ischb.mische Nekrosen der meisten Ganglienzellen ohne nennenswerte reaktwe Verfi.nderungen. Ratte B 1/283. HEFarbung, Leitz Orthomat, Objektiv 10:I.

H. KREIS, K. FRESE und G. W'ILMES

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werden konnten, fanden sich bei den Ratten mit 3 ~ Benzoes~ture im Futter vom 3. Tag der Teststoffapplikation an in Einzelf~illen Blutaustritte in das Darmlumen sowie hiiufiger eine leichte Tympanie des DiJnn- und Dickdarmes, seltener auch des Magens. An den Brustorganen, sowie an Leber, Milz und Nieren konnten auch bei diesen Tieren keine makroskopisch erkennbaren Ver~inderungen festgestellt werden. Herz und Nieren waren bei der histologischen Untersuchung in allen Gruppen ohne auffallige, auf die Benzoesaureapplikation zuriickfiihrbare Ver~inderungen. In der Leber fanden sich zwar recht haufig eine meist periphere geringgradige kleintropfige Fettinfiltration der Lappchen, sowie leichte histioplasmazellul~ire periportale Infltrate und vereinzelte meist in Beziehung zu den periportalen Feldern stehende submiliare Granulome. Diese waren jedoch in regelloser Verteilung in allen Gruppen einschliesslich der Kontrollgruppen zu beobachten. Dagegen konnten am Gehirn auffallige histologische Befunde erhoben werden. Die H~iufigkeit dieser Veranderungen ist in Tabelle 2 aufgefiJhrt. Tabelle 2.

Haufigkelt von Htrnveriinderungen nach Benzoesdureapphkation

Gruppe

H~iufigkeit von Hirnveranderungen

Gruppe

H~iufigkeit yon Hirnver~inderungen

A I II HI

0/5 0/5 2/5

C I II III

0/5 0/8 0/10

K I II

0/5 0/7

Iv B I II

8/8 I0/I0 13/I 5

Wahrend bei den Tieren der Gruppen C I-C Ill, sowie bei den Kontrollgruppen in keinem Fall eine Sch~idigung der zentralnerv6sen Strukturen festgestellt werden konnte, waren schon nach 3-tagiger Applikationen von 3 ~o Benzoes~iure in zwei Fallen und nach 5-t~giger Teststoffapplikation in allen Fallen Sch~idigungen nachzuweisen. Auch bei den iiberlebenden Tieren der Gruppe B II, die anschlieBend 19 bzw. 30 Tage lang keine Benzoesaure bekommen hatten, konnten in fast allen Fallen Veranderungen im Gehirn festgestellt werden. Das histologische Bild war gekennzeichnet durch das Auftreten charakteristischer Ganglienzellveriinderungen in Form sogenannter isch~imischer Ganglienzellnekrosen, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen. In den ver~inderten Himabschnitten waren die Perikarya der Ganglienzellen stark geschrumpft und fielen in mit Hamatoxylin-Eosin gef~irbten Praparaten durch eine mehr oder weniger stark ausgepr~tgte Eosinophilie auf, wahrend sie sich bei der Kresylviolettfarbung nicht oder nur schwach tingierten. NisslSchollen waren nicht nachzuweisen. Die Zellkerne waren ebenfalls deutlich geschrumpft und boten in den meisten F~illen das Bild des karyorhektischen Zerfalls in gr~Sbere oder feinere Chromatinbr6ckchen, wobei im letzteren Fall die Kernform noch erhalten sein konnte. Einfache Kernpyknosen waren im allgemeinen seltener, konnten aber in Einzelfiillen iiberwiegen (Abb. 1). Die pyknotischen Kerne waren von rundlich-ovaler, in Pyramidenzellen gelegentlich auch yon dreieckiger Gestalt. Bei den Tieren, die im Verlauf von 3-10 Tagen nach Beginn der Benzoes~iuregabe gestorben oder gettitet wurden, waren die Keme bzw. ihre Zerfallsprodukte in HE-Schnitten intensiv mit H~imatoxylin angefarbt, ebenso zeigten sie bei der Kresylviolettfarbung noch eine mehr oder weniger deutliche Tinktion. Dagegen waren bei den nach 24 bzw. 35 Versuchstagen get6teten Tieren der Gruppe B II die Kerne mit

DIE TOXIZITAT DER BENZOES~,URE AN RATTEN

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basischen Farbstoffen kaum mehr anfarbbar und boten sich als blass-bl~iulich-rote Scheibchen dar. Reaktive Veranderungen in Form von Gliaproliferation waren bei den Tieren der Gruppen A III-A IV sowie B I und frfihzeitig untersuchten Ratten der Gruppe B II nicht mit Sicherheit festzustellen. Erst bei den nach 24 bzw. 35 .Tagen gettiteten Tieren der Gruppe B II war eine deutlichere Gliareaktion nachzuweisen. Vaskulare Ver/inderungen und ein Auftreten von K6mchenzellen konnte in keinem Fall verzeichnet werden. Ebsenso wurden auff'~lige Beschadigungen der Marksubstanz vermiBt. Das Verteilungsmuster der beschriebenen Ganglienzellver~inderungen war in allen Fallen yon auffalliger ,g.hnlichkeit. Konstant befallen war die Fascia dentata der Hippocampusformation, in welcher in den meisten Fallen ein fast totaler Ganglienzellausfall im Stratum granulosum bemerkbar war (Abb. 2). In nahezu gleicher Haufigkeit fanden sich die Ver~inderungen, wenn auch haufig in geringerer Ausdehnung, in der Rinde des Lobus piriformis (Area prepiriformis, frontales und temporales Feld in der Nomenklatur von Zeman u. Innes, (1963). Seltener, in 9 Fallen der Gruppen B I und B II, fanden sich einzelne Ganglienzellnekrosen auch im sogenannten Endblatt des Ammonshorns. In drei Fallen waren sparliche Ganglienzelluntergange auch im Bereich des dorsalen Pyramidenzellbandes des Hippocampus nachzuweisen, einem Gebiet, das nach den Angaben von Colmant (1965) mit dem Sommerschen Sektor (Feld h 2) des Menschen vergleichbar ist. In der fibrigen GroShirnrinde, in den Basalganglien, im Zwischen- und Mittelhirn sowie im Kleinhim einschliesslich Medulla oblongata konnten aufF~illige Veranderungen nicht nachgewiesen werden. Es sei aber darauf hingewiesen, dass aus auBeren Grfinden eine histologische Bearbeitung der Gehirne in Stufenschnittserien nicht durchgeftihrt wurde, so dass vollstandige Angaben fiber das Verteilungsmuster nicht gemacht werden k(Snnen. Wie schon betont, liegen fiber pathomorphologische Befunde bei Benzoesaureapplikation nur sparliche Angaben in der Literatur vor. Eine cancerogene Wirkung konnte von Hosino (1951) fiir Benzoesaure nicht nachgewiesen werden. Nach Kieckebusch u. Lang (1960) fanden sich bei der histologischen Untersuchung der Organe von Ratten, die wahrend 16 Wochen eine Futterbeigabe yon 0,5 bzw. 1 ~o Benzoesaure erhalten hatten, keine I-linweise auf eine sch~idliche Wirkung der Substanz. Diese Angaben k6nnen auf Grund der eigenen Untersuchungen mit 1,I ~o Benzoesaurezusatz im Futter (Gruppen C I-C III) bestatigt werden. Darfiber hinaus zeigen die eigenen Untersuchungen, dass auch bei peroraler Applikation von 3 ~o Benzoesaure spezifische histologische Veranderungen an Herz, Leber und Nieren der Ratten nicht zu beobachten sind. Dagegen konnten bei diesen Tieren deutliche Schadigungen des Hirnparenchyms festgestellt werden. Sie bestanden im wesentlichen in Ganglienzellver~inderungen, die auf Grund ihres morphologischen Bildes (Zellschrumpfung mit Kernpyknose und karyorhektischem KernzerfaU, Plasmaeosinophilie und Verlust der Farbbarkeit mit Kresylviolett) als ischamische Ganglienzellnekrosen gedeutet werden kiSnnen. Auffallige Veranderungen in der Marksubstanz, sowie Erweichungen und Anzeichen ffir ein Hirn(Sdem waren in keinem Falle nachzuweisen. Die reaktiven Veranderungen, die insbesondere bei den fiberlebenden Tieren der Gruppe B II untersucht werden konnten, bestanden in einer nicht sehr ausgepragten Gliaproliferation wahrend vaskulare Reaktionen nicht nachweisbar waren. Damit lassen sich die beobachteten Schadigungen dem Bild der elektiven Parenehymnekrose im Sinne von Scholz (1957) zuordnen. Diese sind durch das Auftreten ischamischer Ganglienzellnekrosen charakterisiert, ohne dass es zu einer starkeren Schadigung der iibrigen Strukturen, insbesondere der Glia, kommt. Die elektive Parenchym-

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H. KREIS, K. FRESE

und

G. WILMES

nekrose stellt eine Gewebsschiidigung dar, die vor allem nach akutem, tempor~iren Sauerstoffmangel, aber auch bei anderen Formen gest/Srter Gewebsatmung auftritt. Auf die Fragen, die sich daraus hinsichtlich der Pathogenese der in den eigenen Fallen erhobenen Befunde ergeben, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht niiher eingegangen werden. Nach der Zusammenstellung von Lang (1960) fiber die Hemmung von Fermenten und biochemischen Prozessen durch Benzoes~iure liegen kline Anhaltspunkte dafiir vor, dass Benzoesiiure fiber eine spezifische Fermenthemmung im Sinne einer Wirkstoffmangelhypoxydose ihre toxische Wirkung auf das Gehirn entfalten k/Snnte. Besonders yon Scholz (1957) und in neuester Zeit von Peiffer (1963) ist auf die Bedeutung von Kriimpfen ffir die Entstehung elektiver Parenchymnekrosen hingewiesen worden. Die Art und das Verteilungsmuster der in den eigenen Untersuchungen beobachteten Hirnsch~idigungen mit dem Vorherrschen yon Hippocampusveriinderungen und lamin~iren Ganglienzellnekrosen in der Gro#hirnrinde zeigen gewisse Parallelen zu den Krampfschiidigungen im menschlichen Gehirn, bei denen ebenfalls Ammonshornveriinderungen im Vordergrund stehen. Die Tatsache, dass Kr~impfe des charakteristische klinische Symptom bei den Ratten der eigenen Versuchsreihe darstellten, legt die Vermutung nahe, dass diese an der Entstehung der Ganglienzellver~inderung zumindest mitbeteiligt waren. Offenbar ffihren die beschriebenen Ver~inderungen des Hirngewebes nicht zwingend zum Tod der Versuchstiere. Obwohl nach 5 t~igiger Benzoesliureapplikation alle Tiere eine Hirnschiidigung erlitten haben (B I), iiberlebt die Mehrzahl der Tiere, wenn anschliessend Futter ohne Benzoes~iure gegeben wurde (B II). Die Hirnschgdigung war, wle zu erwarten, jedoch nach ! 9 bzw. 30 Tage langer benzoesiiurefreier Erniihrung noch eindeutig nachweisbar. Auch auf die anschliessende Gewichtsentwicklung scheint eine 5 t~igige Zufuhr von 3 % Benzoes~iure im Futter einen ungiJnstigen Elnfluss zu haben. Der Unterschied gegeniiber der Kontrollgruppe (K II) war zwar wegen der zu geringen Tierzahl nicht zu sichern, jedoch war die Gewichtszunahme dieser Gruppe noch kleiner als die der Gruppe C III, die sich ihrerseits statistisch gesichert v o n d e r Kontrollgruppe unterschied. Mit 1,1 ~o Benzoes~iure im Futter erhielten die Gruppen der Reihe C eine fiber der toxischen Grenzkonzentration liegende Dosis. Die Gruppe C III wies eine signifikant schlechtere Gewichtszunahme und Futterwirkung als die Kontrollgruppe K II auf (170,4 -4-17,1 g gegeniiber 196,7 -4-20,7 g bzw. 0,335 ±0,033 gegenfiber 0,398 +0,038). H6tzel (1962) stellte nach 1 g Benzoes~iure/kg K6rpergewicht bei Ratten eine Wachstumsdepression fest, w~ihrend Kieckebusch u. Lang (1960) bei 1% Benzoes~iure im Futter keine nachteiligen Wirkungen beobachteten. Eine Dosierung yon 1% dtirfte aber nahe an der oberen Grenze der Vertr~iglichkeit liegen, wie die eigenen Ergebnisse und Untersuchungen anderer Autoren zeigen (Kieckebusch u. Lang, 1960; Lang, 1960; Marquardt, 1960). Ebensolche iibereinstimmung besteht bei der Feststellung, dass eine etwa 1%-ige Benzoesiiuregabe im Futter noch nicht zu einer Verhaltensiinderung und auch nicht zu histologisch feststellbaren Organschiiden ffihrt.

LITERATUR Colmant, H. J. (1965). Zerebrale Hypoxie. Zwanglose Abhandlungen aus dem Gebiet der normalen und pathologischen Anatomie. Heft 16. Verlag Thleme, Stuttgart. Griffith, W. H. (1929). Benzoylated amino acids in the animal organism. J. biol. Chem. 82, 415. Hosino, L. (1951). In Survey of Compounds which have been Tested for Carcinogenic Activity. Von. J. L. Hartwell. 2te Auflage. S. 54. U.S. Public Health Publ. 149, Bethesda. Hotzel, D. (1962). Einfluss suboptimaler Versorgung mit B-Vitaminen auf dte Belastungsfiihigkeit des Stoffwechsels. Schnftenrelhe des Instituts ftir Ernahrungswissenschaft der Justus Liebig, Universit~it Giessen.

DIE TOXIZITAT DER BENZOESAURE AN RATTEN

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Kieckebusch, W. u. Lang, K. (1960). Die Vertr~iglichkeit der Benzoes~iure im chronischen Ftitterungsversuch. Arzneimtttel-Forsch. 10, I001. Lang, K. (1960). Vertraglichkeit der Benzoesaure. Z. Lebensmittelunters. u. -Forsch. 112, 394. Marquardt, P. (1960). Zur Vertraglichkeit der Benzoesaure. Arzneimtttel-Forsch. 10, 1033. Miiller, R. u. Hotzel, D. (1955). Ein Vorschlag zur Verbesserung der Ftitterungsvorrlchtung an Stoffwechselk~ifigen ffir Ratten. Arch. Tiererndhr. 5, 65. Peiffer, J. (1963). Morphologtsche Aspekte der Epilepsten. Pathogenetlsche, pathologisch-anatomische und klinische Probleme der Epilepswn. Monographien aus dem Gesamtgebiet der Neurologie und Psychiatric. Heft 100, Verlag Springer, Berhn. Rost, E., Franz, F. u. Wetzel, A. (1913). Zur Kenntms der Wlrkangen der Benzoesaure and ihres Natrmmsalzes auf den tlerischen Organismus. Arb. K. GesundhAmt. 45, 425. Scholz, W. (1957). Handbuch der speziellen pathologischen A natornie und Histologie. Fur &e allgemeine Histopathologic degeneratwer Prozesse bedeutsame morphologische, hlstochemlsche und strukturphyslologische Daten. XIII 1 Bandteil A, 42. Die nlcht zur Erwelchung fuhrenden unvollstand~gen Gewebsnekrosen (elektive Parenchymnekrose) XIII 1 Bandted B, 1284. An nerv6se Systeme gebundene (topistische) Kreislaufschaden XIII 1 Bandteil B, 1326. Verlag Springer, Berlin. Zeman, W. u. Innes, J. R. M. (1963). Cralgie's Neuroanatorny of the Rat. Academic Press New York.

Physiological and histological changes in rats fed benzoic acid Abstract--The toxxcity of benzoic acid has been mvestlgated in weanling male rats. At a 3 ~o dietary level for 5 days, growth was retarded and neurological disorders were manifested by ~rritat~on, ataxm and tomc-clomc convulsions. Bram damage was demonstrable instologlcally and consisted of necrosis of parenchymal cells of the stratum granulosum of the fascia dentata and of the cortex of the lobus pinformis. These changes occurred consistently after 5 days and occasionally after 3 days. Other organs did not appear to be affected. The growth retardation and brain damage was stdl evident 19 or 30 days after treatment ceased. Feeding of 1.1 Yo benzolc acid for 35 days retarded growth and impaired food utilization but faded to induce any neurotoxlc signs or pathological changes in the brain."

Modifications physiologiqu~ne et histologiques chez le rat recevant de l'acide benzoique R6sum6--La toxicit6 de l'aclde benzo~que a 6t6 6tudide chez des rats mfiles sevr6s. Apr6s administration ~. raison de 3 ~o de la ration pendant 5 jours, la croissance est retard6e et des troubles neurologiques se manifestent sous forme d'irritation, ataxie et convulsions d'ongine tonique--clonique. On peut mettre en 6vidence par des m6thodes histologiques une atteinte du tissu c6r6bral, laquelle consiste en n6crose des cellules parenchymateuses de la couche granuleuse du corps dent6 et du cortex du lobe pynforme. Ces modifications se manifestent r6guli~rement apr~s 5 jours et occaslonnellement apr~s 3 jours. Les autres organes ne paraissent pas 6tre affect6s. Le retard de cromsance et l'atteinte du tissu c6r6bral sont encore manlfestes 19 ou 30 jours apr~s interruption du traitement. L'admimstration de 1,1 ~ d'acide benzoique pendant 35 jours retarde la croissance et affecte le rendement ahmentaire mais ne provoquet aucun slgne neurotoxique ni alt6rations pathologiques du cerveau.