2 Zbl. Bakt. II. Abt., Bd. 132, S. 722-728 (1977)
[Aus dem Institut fUr Angewandte Botanik der Universitat H8mburg und der Abteilung fUr Mikrobiologie und Phytopathologie der Universitat Hohenheim]
Phytopathologische Untersuchungen mit Pseudomonas aeruginosa1 ) Phytopathological Tests with Pseudomonas aeruginosa Dieter Knosel und Eckhard Lange Mit einer Abbildung
Summary Several strains of Pseudomonas aeruginosa were investigated for pathogenicity to plant tissue. Inoculations into the intercellular spaces of leaves of Viciafaba (28°C) und Vinca rosea (36°C) showed negative results. In leaves of Nicotiana tabacum (32 0 C) the bacteria multiplied; the tissue reacted to form partial lesions and necrosi8. Neither in culture filtrates of the bacteria nor in eluates of inoculated leaves pectolytic and cellulolytic enzymes or breakdown products of these could be obtained. Whilst the proteolytic activity was high, symptoms for effects on the plant tissue, however, were not observed. Although this bacterium may be able to multiply after injection into tobacco leaf, the general question about pathogenicity to plants must be denied.
Zusammenfassung Verschiedene Stamme von Pseudomonas aeruginosa wurden dahingehend untersucht, ob sie pflanzliches Gewebe zu befallen und zu schadigen vermogen. Inokulationen in die Intercellularraume der Blatter von Testpflanzen blieben bei Viciafaba (28°C) und Vinca rosea (36°C) negativ. In den BlatteIll von Nicotiana tabacum (32°C) vermochten sich die injizierten Bakterien zu vermehren; das Gewebe reagierte mit Ausbildung von partiellen Lasionen und Nekrosen. Weder in Kulturfiltraten der Bakterien noch in Eluaten inokulierter Blatter lieJ3en sich mazerierende Enzyme, also Pektinasen und Cellulasen wie deren Spaltprodukte, nachweisen. Hingegen bestand eine ausgepragte proteolytische Aktivitat, die an Proteinen tierischer Herkunft bestimmt wurde, und die sich offenbar auf Pflanzengewebe nicht schadigend auswirkte. Wenn auch das Bakterium nach massiver Inokulation in den Blattern der Tabakpflanze in der Lage ist, sich zu vermehren, wird die Frage nach der Moglichkeit pathogenen Verhaltens gegeniiber Pflanzen verneint.
Das Bakterium ist bereits Ende vorigen Jahrhunderts geziichtet und als "Erreger des Blauen Eiters" (Bacterium pyocyaneum) bezeichnet worden. Es ist weit verbreitet, besonders irn Boden und irn Abwasser. Bei gesunden Personen befindet es sich im Stuhl, in der MundhOhle und auf der Raut; bei ungiinstiger Abwehrlage kann efl pathogene Eigenschaften entfalten. Als 'Erreger von Sekundarinfektionen tritt der Keirn haufig in Wunden und Abszessen auf. Er ist fUr die gebrauchlichen Versuchstiere pathogen; in fliissigen Medien produziert er stark wirksame Toxine. 1) Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Phytopathologische Untersuchungen mit Pseudomonas aeruginosa
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Moglicherweise besteht eine Identitat mit Pseudomonas pyooyanea, von der altere Autoren angenommen haben, daB sie pflanzenpathogen sei. STAPP (1955) konnte bei eiRer Isolierung alterer Herkunft von Ps. aeruyinosa die Fahigkeit zur Entwicklung auf Kartoffelknollen feststellen. Somit lag unter gewissen Vorbehalten der Fall vor, daB einem zoopathogenen Bakterienstamm gleichzeitig phytopathogene Eigenschaften zuerkannt werden konnten. Anliegen unserer Arbeit war, unter Verwendung mehrerer Bakterienstamme zu priifen, ob tatsachlich pflanzliches Gewebe befallen werden kann und welche Ursachen gegebenenfalls dafiir entscheidend sind.
Material und Methoden Bakterienstamme Die nachfolgend aufgefiihrten Organismen sind von verschiedenen Sammlungen bezogen und aufbewahrten Nahrbiiden gehalten worden. Pseudomonas aeruginosa: ATCC 15152, 19429,10145, 7700, CCM 1760, 1968, CCEB 466, 468; Pseudomonas polycolor: NCPPB 292, 1224.
Infektionen Pflanzen von Nicotiana tabacum, Vicia laba und Vinca rosea wurden im Gewachshaus herangezogen. Die Inokulation erfolgte, indem Bakteriensuspensionen bestimmter Zelldichte in die "Adern" der Blatter injiziert wurden.
Enzymnachweise Pektinasen und Cellulasen Die Anzucht der Bakterien erfolgte in einer mineralischen Grundliisung, der Pektine verschiedener Herkunft bzw. Carboxymethylcellulose zugesetzt waren. Nach Schuttelkultur bei 30- 32 DC und 150 U/min fUr 48 Std. wurden die Zellen unter Kiihlun g abzentrifugiert, das Supernat im Vacuum auf 1/10 Volumen eingeengt, in der Kalte gegen entmineralisiertes Wasser dialysiert und bis zum Gebrauch tiefgefroren. Versuche zum Nachweis von Polygalacturonase, Polymethylgalacturonase, Pektinsauretranseliminase und Pektintranseliminase sowie Cx-Cellulase sind viskosimetrisch mit gepufferten Reaktionsliisungen durchgefiihrt worden. Auf Spaltprodukte wurde spektralphotometrisch und chromatographisch untersucht. Fur Versuche des Enzymnachweises im Blattgewebe haben wir solches tiefgefroren, dann aufgetaut, aufgearbeitet und mit einer iiquivalenten Menge von 0,1 m Na 2HP04 -Liisung eluiert, das Eluat dann dialysiert und in gleicher Weise getestet wie die Kulturfiltrate .. Pektinmethylesterase wurde durch fortlaufende Titration an einem Reaktionsgemisch von pH 7,0 nachgewiesen. Fur die Priifung auf Fiihigkeit zur Zersetzung nativer Cellulose (CrCellulase) haben wir die Bakterien in mineralischer Liisung mit Zusatz von Hefecxtrakt und Filterpapier.Streifen eingebracht. Kartoffelknollen wurden aul.lerlich desinfiziert, in Seheil::en geschnitten, darauf die Bakterien ausgestrichen. Proteasen FUr die Prufung der Fahigkeit zumAbbau von Proteinen wurden entsprechende Praparate von der Firma E. Merck, Darmstadt, bezogen und, falls erforderlich, in einer geeigneten Muhle zerkleinert, dann einem autoklavierten mineralischen Niihragar, der keine weitere organische N-Quelle enthielt, bei 50-60 DC zugefiigt. Die Medien wurden in Petrischalen gegossen; die Bakterien auf der Oberfliiche ausgestrichen und bei 30-32 DC inkubiert. Fur den Protease-Nachweis in Kulturfiltraten diente ein mineralisches Substrat mit dialysiertem Hefeextrakt und Casein-Hydrolysat (KEEN et al. 1967). Die Aktivitiit wurde viskosimetrisch an einer Reaktionsliisun g mit 8 % Gelatine bestimmt; au6erdem an Protein-Farbstoff-Komplexen der Firma Cltlbiochem AG. 4S'
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D. KNOSEL und E. LANGE
Ergebnisse Es war davon auszugehen, dafl die benutzten Bakterien keinesfalls aus pflanzlichem Material isoliert worden sind. Wir haben daher zunachst versucht, sie an Pflanzengewebe zu gewohnen, indem wir sie in die Blatter von N icotiana labacum injizierten, dort 10 Tage belieflen und dann reisolierten. Nur mit sol chen Reisola ten sind die nachfolgend geschilderten Untersuchungen durchgefuhrt worden. Inokulationen an Testpflanzen Auf Grund unserer Erfahrungen halten wir V icia jaba fUr eine geeignete Pflanze zum Virulenz-Nachweis bei Pseudomonaden. In die Blatter lassen sich BakterienSuspensionen vermittels einer in die Hauptader eingefUhrten Injektionsnadel einbringen, wozu man das eine der Fiederblatter verwendet und das andere uninfiziert als Kontrolle belaBt. Wird das injizierte Blatt von einer schwiirzlichen Nekrose erfaflt, liegt ein positives Ergebnis vor. Bei allen Ps.-aeruginosa-Stiimmen war bei dies en Testen ein negativer Befund zu verzeichnen. Bei vier Stammen hellte sich zwar das inokulierte Fiederblatt auf; jedoch in keinem FaIle traten die typischen schwarz lichen Blattnekrosen in Erscheinung (Tabelle 1). Die Temperatur der Gewachshauskabine war auf 26-28 °C eingestellt. Das Bakterium wachst bei niedrigen Temperaturen uberraschend gut und besitzt ein breites Optimum; dennoch erschien es angezeigt, die Versuche bei hoheren Graden in Klimakammern fortzusetzen. Bei 36°C benutzten wir Vinca rosea, Anzeichen fur eine Reaktion des Blattgewebes waren nicht festzustellen. Die weiteren Versuche haben wir ausschlieBlich an Nicotiana tabacum bei 32°C ausgefUhrt. Nach KLEMENT u. Mitarb. (1964) reagiert das Blattgewebe in unterschiedlicher Weise, wenn phytopathogene oder saprophytische Spezies injiziert werden. Enthiilt das Inokulat alletdings mehr als 105 Bakterien im mI, konnen die pathogenen Arten totale oder partielle Nekrosen auslosen, ohne daB der Nachweis einer Vermehrung im Blattgewebe zu erbringen ist. Nahezu aIle der von nns verwandten Stamme bewirkten nach einigen Tagen die Ausbildung von Symptomen. War es eine schwache Form der Reaktion, handelte es sich um mehr oder weniger deutliche Aufhellungen der Blattfliichen, einige Stamme losten gelbliche Lasionen bzw. ausgepriigte partielle Nekrosen aus (Tabelle 1). Tabelle 1. Verhalten des Blattgewebes von Testpflanzen nach Injektion von Zellsuspensionen verschiedener P8eudomonas·aerugino8a·Stiimme (10 4 -105 Bakterienzellen/ml) Bakterienstiimme
ATCC 15152 ATOO 19429 ATCC 10145 ATCC 7700 COM 1760 1968 COM COEB 466 COEB 468 NCPPB 292 NCPPB 1224
Tostpflanzen und Gewiichshaus· bzw. Klimakammertemperaturen
Viciafaba 28 DC
Nicotiana tabacum 32 DC
Vinca r08ea 38 DC
leichte Aufhellungen keine Reaktion keine Reaktion leichte Aufhellungen keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion leichte Aufhellungen leichte Aufhellungen
Aufhellungen Lasionen Lasionen Aufhellungen Lasionen keine Reaktion schwache Aufhellungen Aufhellungen Nekrosen Nekrosen
keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion keine Reaktion
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Die wichtige Frage, 0 b sich das zoo pathogene Bakterium in den Blattern der Tabakpflanze tatsachlich vermehren kann, ist daraufhin eingehend gepriift worden. Fur diese Zwecke wurden bestimmte Mengen von Bakterien-Suspensionen in Blatter gleicher GroBe und gleichen Alters eingebracht, im Tagesabstand ein Blatt entnommen und die Anzahl der Bakterien in 1 g frischer Gewebesubstanz tiber eine Verdtinnungsreihe bestimmt. Sehr wahrscheinlich setzte bereits innerhalb des 1. Tages eine Vermehrung ein, die offensichtlich bis zum 4./5. Tag anhielt. Wenn die Keimzahlbestimmung un mittel bar nach der Inokulation etwa 1()3 - 1()4 Bakterien/g ergab, konnten sich die Keimzahlen bis nahezu auf 106 erhohen, urn dann rticklaufig zu werden. Die geschilderten Blattsymptome (Tabelle 1) wurden etwa yom 7.-8. Tag an sichtbar, die Nekrosen waren zumeist nicht vor dem 10. Tag ausgebildet. KLEMENT et al. (1964) haben an Hand ihrer Ergebnisse idealisierte Wachstumskurven fUr tabakpathogene Bakterien und ftir solche, die fUr andere Pflanzenspezies pathogen sind, sowie ftir Saprophyten aufgestellt. In diese Darstellung haben wir die mit Pseudomonas aeruginosa erhaltenen Keimzahlen zu Vergleichszwecken eingezeichnet (Abb. 1). Ohne Zweifel bestehen im Verlauf der Wachstumskurven gewisse "Obereinstimmungen; nach anfanglicher Vermehrung fallen die Keimzahlen ab, wahrend sich an den Blattern die Symptome fUr die Gewebeschadigung ausbilden.
Enzymnachweise Eine Reihe phytopathogener Bakterien besitzt die Fahigkeit zur Produktion von Pektinasen (HILDEBRAND 1972), und es konnte eine Korrelation zwischen pektoIytischer sowie cellulolytischer Aktivitat und der Virulenz nachgewiesen werden (KNOSEL u. LANGE 1972). Da, wie beschrieben, Stamme von Pseudomonas aerugino8a offen bar in der Lage waren, sich im Blattgewebe der Tabakpflanze zu vermehren und Nekrosen hervorzurufen, erschien es angezeigt zu prtifen, ob dieses im Zusammenhang mit del' Wirksamkeit mazerierender Enzyme steht. Bei del' Anzucht del' Bakterien in mineralischer Nahrlosung mit Glutaminsaure und Pektat bzw. Oarboxymethylcellulose war das Wachs tum keinesfalls als schlecht zu bezeiehnen; im Kulturfiltrat lieBen sieh jedoeh wedel' Pektinasen noeh Ox-OeHulasen naehweisen. Wir haben daraufhin die Versuche wiederholt, wobei wir mehrere Pektine aus Oitrus und Apfel mit unterschiedlichem Grad der Veresterung verwandten. Die Ergebnisse der viskosimetrisehen Messungen und der Teste auf Spaltprodukte waren wiederum negativ (Tabelle 2). Tabelle 2. Ergebnisse der enzymatischen Untersuchungen an Kulturfiltraten von Pseudomona8 aeruginosa und an Eluaten mit Bakterien injizierter Blatter von Nicotiana tabacum Enzyme
C1·Cellulase Cx-Cellulase Polygalacturonase Pektinsauretranseliminase Polymethylgalacturonase Pektintranseliminase Pektinmethylesterase Protease
Nachweisversuche Kulturfiltrate
Blatteluate
negativ negativ negativ negativ negativ negativ negativ hohe Aktivitat
negativ negativ negativ negativ negativ negativ schwach positiv hohe Aktivitat
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D. KNOSEL und E. LANGE
109r - - - - - - - - - - - , PATHOGEN TO TOBACCO
........... PATHOGENS .. ·• .. TO OTHER HOSTS
SAPROPHYTES
10
o O::---'---'---'-~5--'---'--'--.
In aufgearbeiteten Eluaten von Tabakblattern, wobei solche verwandt wurden, die nach der Injektion von Bakterien Lasionen und Nekrosen aufwiesen, waren ebenfalls keine pektolytischen Enzyme nachweisbar. Pektinmethylesterase lieB sich in schwacher Aktivitat aus dem Blattgewebe eluieren; es ergab sich bei einigen Bestimmungen eine Tendenz dahingehend, daB in injizierten :Blattern die Aktivitat geringfiigig hOher war als in den nicht behandelten. Cellulasen enthielten die Ausztige nicht (Tabelle 2). Wurden die Bakterien in Nahrlosung mit Caseinhydrolysat und Hefeextrakt kultiviert, setzte ohne Ausnahme schnell eine intensive Entwicklung ein. Die Kulturfiltrate wiesenbeachtliche proteolytische Aktivitaten auf; sie reduzierten die Viskositat von ReaktionslOsungen mit Gelatine, setzten aus Protein-Farbstoffkomplexen die Farbstoffe frei und lieferten positive Werte mit der Methode nach KUNITZ (1947). In Plattentesten zersetzten die Stamme hochmolekulare Proteine tierischer Herkunft. Uber diese Ergebnisse wird gesondert berichtet werden. Wie in anderem Zusammenhang gezeigt werden konnte, reagieren die Blatter von Bohnenpflanzen (Vicia faba und Phaseolus vulgaris) auf die Injektion proteasehaltiger zellfreier Filtrate phytopathogener Bakterien, jedoch nicht auf solche von Ps. aeruginosa (KNOSEL 1975). Die Erzeugung von NaBfaule an Kartoffelknollen setzt die Produktion eines extracellularen pektolytischen Enzyms voraus. Ps. aeruginosa ist pektolytisch inaktiv (Tabelle 2) und vermag folglich auch Kartoffelgewebe nicht zu mazerieren.
Besprechung der Ergebnisse Bei diesen Untersuchungen war von den Angaben alter Autoren tiber die Existenz einer phytopathogenen "Pseudomonas pyocyanea" auszugehen. Auf Grund des Befundes von STAPP (1955) , wonach ein aus einem menschlichen AbszeB isolierter Stamm
Phytopathoiogische Untersuchungen mit P seudomonlUl aeruginosa
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von Pseudomonas aeruginosa NaBfaule an Kartoffelknollen bewirkte, konnte eine Identitat dieser Bakterien in Betracht gezogen werden. Die neuere Literatur enthalt dann allerdings keine Angaben tiber diesbeztigliche Experimente. Das pflanzliche Gewebe ist normalerweise durch seine Epidermis gegen eine Invasion von Mikroorganismen geschtitzt, wobei die epiphytische Flora ohne Zweifel gewissen Anteil hat, indem sie das Festsetzen und die Vermehrung auftreffender K eime verhindert. Diese nattirliche Barriere wird umgangen, indem man die Mikroorganism en in die Interzellularen infiltriert oder injiziert. Nunmehr stehen den Keimen ein gewissermaBen schtitzender Raum, Feuchtigkeit und Nahrstoffe zur VerfUgung, weshalb SODING (1959) die Ansicht vertrat, es miisse eigentlich eine Vermehrung stattfinden. In den Blattern mehrerer Pflanzen starben die eingebrachten saprophytischen Bakterien jedoch ab, was der Autor auf die Absonderung bakterizider Stoffe durch die lebenden Pflanzenzellen zurtickfUhrte. Die Versuche von KLEMENT, FARKAS U. LOVREKOVICH (1964) haben dann gezeigt, daB sich in den Blattern von Nicotiana tabacum pathogene und saprophytische Bakterien eine Zeitlang halt en konnen. Die pathogenen Spezies vermogen sich in den erst en Tagen sogar zu vermehren, bis das Blattgewebe nekrotisiert, wobei es sich nach Ansicht der Autoren um eine Uberempfindlichkeitsreaktion handelt. Bereits WAGNER (1914) hat von einer kritischen Keimzahl bei der Infektion gesprochen, und die Befunde von KLEMENT et al. (1964) sowie unsere eigenen Versuche lassen keinen Zweifel, daB pflanzliches Gewebe mit partieller oder totaler Nekrotisierung reagiert, wenn groBe Bakterienmengen im Bereich von 106 Zellen!g Blattmasse oder mehr eingebracht werden. Diese Reaktion darf keinesfalls als Beweis fUr Pathogenitat der Bakterien gedeutet werden. Ein RiickschluB auf pathogenes bzw. virulentes Verhalten ist nur statthaft, 'wenn bei wesentlich niedrigerer Zahl injizierter Bakterien eine Vermehrung stattfindet und daraufhin das Blattgewebe deutliche Symptome hervorbringt. Bei phytopathogenen Bakterien konnte eine Korrelation zwischen enzymatischer Aktivitat, und zwar handelt es sich um mazerierende Enzyme, und Virulenz nachgewiesen werden (KNOSEL u. LANGE 1972). Auch Toxine sind als Faktoren der Virulenz aufzufassen (STROBEL 1972). Diese Enzyme und Toxine lassen sich in Kulturfiltraten und Blatteluaten nachweisen . . Unter diesen Aspekten ergeben sich aus den vorliegenden Befunden einige wesentliche Folgerungen. Pseudomonas aeruginosa verfiigt nicht tiber pektolytische oder cellulolytische Enzyme und vermag daher pflanzliches Gewebe nicht zu mazerieren. Die proteolytische Aktivitat , die an Proteinen tierischer Herkunft nachgewiesen wurde, ist zwar als ausgepragt zu bezeichnen, vermag sich jedoch auf Pflanzengewebe nicht auszuwirken. Anzeichen ftir eine toxische Schadigung del' Testpflanzen waren ebenfalls nicht gegeben. Somit fehlen die wesentlichen Voraussetzungen ftir die Schadwirkung auf Pflanzen. Wenn das Bakterium in del' Lage ist, sich in den Intercellularen von Tabakblattern bei hoheren Temperaturen nach massiver Injektion zu vermehren, so darf dieses nicht tiberbewertet werden. Da sich offensichtlich zahlreiche Pseudomonaden im Blattgewebe der Tabakpflanze halten bzw. vermehren konnen , wenn sie injiziert werden, ist anzunehmen, daB bakterienwirksame Hemmstoffe nicht vorhanden sind. Zu berticksichtigen ist auGerdem, daB eine Temperatur von tiber 30 DC der Pflanze nicht unbedingt zutraglich, hingegen dem Bakterium forderlich ist. Diese Faktoren mogen die beobachtete Vermehrung erklaren. Schlie31ich reagiert das Gewebe mit Ausbildung von partiellen Lasionen, die sich zu Nekrosen entwickeln konnen. Anzeichen fUr einen nattirlichen Infektionsmodus waren im Verlaufe der Versuche nicht festzustellen, auch die Literatur liefert dafUr keinerlei Hinweise.
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D. KNOSEL und E. LANGE, Phytopathologische Untersuchungen mit Pseudomonas
AbschlieBend verbleibt festzustellen, Pseudomonas aeruginosa ist ein saprophytisches Bakterium mit zoopathogenen Eigenschaften; fUr die Vermutungen, es konne auch pflanzliches Gewebe befallen, HeBen sich keine Beweise erbtingen.
Danksagung Die Autoren danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft fUr die gewahrte Beihilfe.
Literatur HILDEBRAND, D. C.: Pectolytic enzymes of Pseudomonas. Proc. third Internat. Conf. Plant Pathogenic Bacteria, Wageningen 1971. Centre Agricultural Publishing Documentation, Wageningen 1972,331-343. KLEMENT, Z., FARKAS, G. L., and LOVREKOVICH, L.: Hypersensitive reaction induced by phytopathogenic bacteria in the tobacco leaf. Phytopathology 54 (1964), 474-477. KNOSEL, D., and LANGE, E.: The influence of pectolytic enzymes on bacterial infection of plant tissue. Proc. third Internat. Conf. Plant Pathogenic Bacteria, Wageningen 1971. Centre Agricultural Publishing Documentation, Wageningen 1972, 345-350. KNOSEL, D.: Extracellulare proteolytische Aktivitat bei phytopathogenen Bakterien. Phytopathol. Z. 82 (1975),100-106. KUNITZ, M.: Chrystalline soybean trypsin inhibitor. II. General properties. J. Gen. Physiol. 30 (1947),291-310. SODING, H.: Das Verhalten von Bakterien in lebenden Blattern. Archiv Mikrobiol. 34 (1959), 103 bis 131. STAPP, C.: Zur Pathogenitat fluorescierender Bakterien. Beitr. Biolog. Pflanzen 31 (1955), 515-524. STROBEL, G. A.: Comparative biochemistry of the toxic glycopeptides produced by some plant pathogenic Corynebacteria. Proc. third Internat. Conf. Plant Pathogenic Bacteria, Wageningen 1971. Centre Agricultural Publishing Documentation, Wageningen 1972, 357-365. WAGNER, R. J.: Uber bakterizide Stoffe in gesunden und kranken Pflanzen. Zbl. Bakt. II 42 (1914), 613-624. Anschrift der Verfasser: Prof. Dr. DIETER KNOBEL, Institut fUr Angewandte Botanik, Universitat Hamburg, D - 2 Hamburg 36, Marseiller Stra13e 7, und Dr. ECKHARD LANGE, Pflanzenschutzamt, D· 7 Stuttgart I, Breitscheidstra13e 4.