Picasso-Hund – ein neuer Name für Lycaon pictus?

Picasso-Hund – ein neuer Name für Lycaon pictus?

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Zool. Garten N.F. 80 (2011) 366–369 www.elsevier.de/zooga

Picasso-Hund – ein neuer Name für Lycaon pictus? Picasso-Dog夽 – a new name for Lycaon pictus?

Frank Brandstätter Zoo Dortmund, Mergelteichstr. 80, D – 44225 Dortmund Eingegangen am 19. September 2011

Abstract Lycaon pictus has been named by a variety of common names, such as “African Wild Dog”, “African Hunting Dog” and their adequates in other languages. The article summarizes the history of naming in that species concluding with a new recommendation by the SSP as well as the EEP for that species to rename it as Painted Dog. As the translation of that name into German is an unhandy term it is suggested to name it “Picasso-Hund” in that language. Keywords: Lycaon pictus; African Wild Dog; Painted Dog; Picasso Dog; nomenclature; Zoo Dortmund

Erstbeschreibung und historischer Abriss der Namengebung Lycaon pictus wird in der deutschen Fachliteratur meist als Afrikanischer Wildhund bezeichnet. Grzimek hat in beiden Standardwerken (1968, 1986) darauf hingewiesen, dass der Alternativname ,,Hyänenhund“ zu verwerfen sei, da es sich eindeutig um einen Vertreter der Hundeartigen (Canidae) handelt. Aufgrund des massig ausgeprägten Kopfes und des kräftigen Gebisses (unter den plazentalen Beutegreifern verfügt Lycaon über die größte Beißkraft, Wroe, McHenry & Thomason, 2005) werden diese Tiere auch heute noch häufig von Zoobesuchern als ,,Hyänen“ angesprochen. Tatsächlich wurde die Art seinerzeit von Temminck als Hyaena picta und damit als neue Hyänenart beschrieben (1820). Als umgangssprachlichen Namen schlug Temminck ,,Hyène peinte“ vor, eine Bezeichnung, die sich vergleichbar dem deutschen ,,Hyänenhund“ als ,,Hyena Dog“ im Englischen (vgl. Bueler, 1973) und als ,,cynhyène“ im Französischen (z.B. De Leyn, 1962; Dorst & Dandeliot,

夽 Actually the name ,,Picasso Hund“ only applies for German or related literature. The official English term is Painted Dog.

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1970) erhalten hat. In ,,Brehms Tierleben“ von 1890 wird auch der Name ,,Jagdhyäne“ für Lycaon pictus gelistet. Dieser Name hebt das expressive Jagdverhalten der Art hervor, welches auch in der englischen Bezeichnung ,,Hunting Dog“ (z.B. Ellermann, MorrisonScott & Hayman, 1953; Morris, 1965) nebst ihren Varianten als ,,Cape Hunting Dog“ oder ,,African Hunting Dog“ (z.B. Bueler, 1973; Rasmussen, 2006) bzw. als ,,Painted Hunting Dog“ (Rasmussen, 2006) und im französischen ,,chien-chasseur“ (De Leyn, 1962) wiedergegeben wird.

Gleichwohl unterstreicht Temminck in seiner Beschreibung, dass die Vertreter der Gattung Hyaena ehemals zur Gattung Canis gezählt wurden und dass seine neubeschriebene Art ,,sich den Hunden zu nähern scheint (,,semble se rapprocher des chiens“)“! Den Artnamen (vom lateinischen pictus = bebildert, bunt) begründet der Erstbeschreiber mit der ausgesprochenen ,,Buntheit“ (,,bigarrure“) des Fells. Lycaon pictus ist die mit Abstand bunteste Hundeart und damit bereits optisch eine Ausnahmeerscheinung. Die äußerst variable Färbung, welche sogar eine individuelle Unterscheidung einzelner Exemplare erlaubt, wird auch von anderen Autoren bei Beschreibungen der Art immer wieder hervorgehoben. Die endgültige Zuordnung zur (neu geschaffenen) Gattung Lycaon erfolgte dann bei Griffith (1827), worin anhand anatomischer Merkmale (,,the... skeleton agrees exactly with that of the dog and the wolf“) auch die Zugehörigkeit zu den Caniden bestätigt wird. Aufgrund von Abweichungen im Bau der männlichen Fortpflanzungsorgane hielt Griffith es jedoch für gegeben, die Art in einer eigenen Gattung unterzubringen und übernahm die Bezeichnung Lycaon von Joshua Brookes, der (offenbar aufgrund gleicher Erkenntnisse) ein Skelett des Wildhundes unter der Bezeichnung ,,Lycaon tricolor“ in seinem privaten Museum ausstellte. Der Gattungsbegriff Lycaon ist der griechischen Mythologie entlehnt. Lykaon war ein arkadischer König, der von Zeus in einen Wolf verwandelt wurde (griechisch lykos = Wolf). Mythologen sehen in dieser Sage den Ursprung des Werwolf-Mythos, dessen fachliche Bezeichnung als Lykanthropie ebenfalls auf Lykaon zurückzuführen ist. Die Artbezeichnung ,,tricolor“ hebt erneut die Farbigkeit (v.a. die drei Farben weiß, schwarz und braun) hervor. Den Internationalen Regeln der Zoologischen Nomenklatur folgend hat Temmincks ,,picta“ (in der Angleichung pictus) jedoch den Vorrang. Interessanterweise nennt Malcolm (1985) die Art auch ,,Tri-coloured Dog“.

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Die korrekte wissenschaftliche Benennung lautet Lycaon pictus (Temminck, 1820), was ungefähr mit ,,bebilderter Wolfsähnlicher“ zu übersetzen wäre (Rasmussen, 2006: ,,bemaltes wolfsähnliches Säugetier“). In ,,Brehms Tierleben“ von 1890 wird die Art auch als ,,gemalter Hund“ bezeichnet und im Französischen findet sich die Benennung als ,,loup peint“ (,,gemalter Wolf“) (z.B. De Leyn, 1962; Dorst & Dandeliot, 1970).

Umgangssprachliche Benennung Als offizielle deutsche Bezeichnung für Lycaon pictus hat sich in der jüngeren Vergangenheit ,,Afrikanischer Wildhund“, im Englischen ,,African Wild Dog“, etabliert. Niederländische (,,Wildehond“, z.B. Ellermann et al., 1953 und Dorst & Dandeliot, 1970) und französische Varianten (,,chient sauvage d’Afrique“, z.B. De Leyn, 1962) sind zwar bekannt, aber weniger gebräuchlich. Rasmussen (2006) weist zu recht darauf hin, dass der Begriff ,,Wildhund“ aus einer Zeit stammt, als alle größeren Beutegreifer noch rücksichtslos bejagt wurden und entsprechend herablassende Bezeichnungen erhielten. Außerdem, so der gleiche Autor, wurde und wird der Begriff auch für verwilderte Haushunde, Hyänen oder Schakale benutzt. Tatsächlich ist der Begriff ,,afrikanischer Wildhund“ auch auf alle anderen in Afrika vorkommenden Caniden anwendbar (z.B. die Schakalarten, den Äthiopischen Wolf, Canis simensis, den Löffelhund, Otocyon megalotis, u.a.).

Vorschlag zur Neubenennung In Zoologischen Gärten wird der Art selten Sympathie entgegengebracht. Ähnlich wie Hyänen, mit denen sie oft verwechselt werden, rufen diese Hunde ein Gefühl der Ablehnung, ja geradezu des Ekels hervor, denkt man dabei doch nur an blutrünstige Bestien, die in ihrer Wildheit hemmungslos jagen und Beute zerlegen. Daher hat das amerikanische SSP (Species Survival Program) für die Art Lycaon pictus vorgeschlagen, als offizielle Bezeichnung den Begriff ,,Painted Dog“ zu etablieren. Dieser Vorgehensweise schließt sich das EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) an und empfiehlt fortan die Vermeidung von Begriffen wie ,,Wildhund, Wild Dog, Hunting Dog“ in unseren Zoos und nennt sich selbst ab sofort ,,EEP Painted Dog“. Bei uneingeschränktem Einsatz dieser neuen Bezeichnung in Zoologischen Gärten wird sich der Begriff aufgrund der breiten Öffentlichkeitswirkung unserer Zoos rasch etablieren und damit möglicherweise für ein positiveres Image der Art sorgen. Bei der Diskussion innerhalb des EEP Committees hat sich jedoch die Frage gestellt, wie die deutschen bzw. niederländischen Zoos mit dem Vorschlag umgehen, denn die historische Bezeichnung ,,gemalter Hund“ wirkt äußerst holprig und unelegant. Daher wurde ein Vorschlag aus dem Zoo Dortmund aufgegriffen, die Art als ,,Picasso-Hund“ zu bezeichnen. Aus den gleichen Gründen hat der Zoo bereits seit einigen Jahren in seiner Gehegebeschilderung und in den Bestandslisten diese Bezeichnung geführt. Sie geht zurück auf den Begriff ,,Picasso Dogs“, der in Zimbabwe, einem der ursprünglichen Heimatländer der Art, zuweilen gebraucht wird (pers.).

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Schrifttum Brehm, A. (1890). Brehms Tierleben. Die Säugetiere. Band 2. Leipzig und Wien. Bueler, L.E. (1973). Wild Dogs of the World. London. De Leyn, G. (1962). Contribution à la connaissance des lycaons au Parc National de la Kagera. Bruxelles: Inst. Parcs Nationaux du Congo et du Rwanda. Dorst, J., & Dandeliot, P. (1970). Säugetiere Afrikas. Hamburg/Berlin. Ellermann, J.R., Morrison-Scott, T.C. S., & Hayman, R.W. (1953). Southern African Mammals 1758 to 1951: a reclassification. London. Griffith, E. (1827). The animal kingdom, arranged in conformity with its organization by the Baron Cuvier, with additional description of all the species hitherto named, and of many not before noticed, 5. London, 151. Grzimek, B. (1968). Afrikanischer Wildhund. In: Grzimeks Tierleben. Band 12. Säugetiere 3. Zürich, 261-266. Grzimek, B. (1986). Afrikanischer Wildhund. In: Grzimeks Enzyklopädie. Säugetiere. Band 4. Zürich, 133-139. Malcolm, G. (1985). African Wild Dog. In: D. Macdonald (Ed.), The encyclopedia of mammals. Oxford, 76. Morris, D. (1965). The Mammals. London. Rasmussen, G. (2006). Afrikanischer Wildhund. In: Gansloßer, U., Sillero-Zubiri, C. (Hrsg.), Wilde Hunde. Erlangen, 391-402. Temminck, M. C. J. (1820). Sur le genre Hyène, et description d’une espèce nouvelle, découverte en Afrique. Ann. Gen. Sci. Phys., 3, 54–57, pl. 35. Wroe, S., McHenry, C., & Thomason, J. (2005). Bite club: comparative bite force in big biting mammals and the prediction of predatory behavior in fossil taxa. Proc. Royal Soc. B, 272, 619–625.