Zool. Garten N.F. 79 (2010) 61–73 www.elsevier.de/zooga
Pinguin-Haltung und Pinguin-Anlagen im Zoologischen Garten Wuppertal Keeping of penguins and enclosures for penguins at Wuppertal Zoo
Ulrich Schürer Zoologischer Garten Wuppertal, Hubertusallee 30, D-42117 Wuppertal Eingegangen am 30. März 2010
Abstract Three new Penguin exhibits, which have been built at Wuppertal Zoo since 2005 are described. An overview about the history of keeping and breeding of penguins at Wuppertal zoo is given. Keywords: Zoo Wuppertal; Penguins; New exhibits
Pinguine werden im Zoologischen Garten Wuppertal seit 1954 gepflegt. Die erste Pinguin-Anlage entstand auf dem Areal des Nordlandpanoramas aus den Jahren 1909-1910, das in wesentlichen Teilen heute noch besteht. In der sehr kleinen Pinguin-Anlage wurden ab 14.5.1954 Brillenpinguine (Spheniscus demersus) gepflegt. Die ersten 3 waren Importe aus Südwestafrika. Weitere 13 erhielt der Zoo 1955 und 1957 von Otto Gräber, Brake, einem damals sehr bekannten Importeur von Pinguinen und See Elefanten. Ab 24.1.1956 wurden dort auch 4 Felsenpinguine (Eudyptes chrysocome) gepflegt, die zusammen mit 4 Eselspinguinen (Pygoscelis papua) und einem Königspinguin (Aptenodytes patagonicus) ebenfalls von Gräber geliefert worden waren. Sie lebten alle nur kurze Zeit. Der erste Brillenpinguin schlüpfte am 14.12.1957 in der alten Anlage. Diese Pinguin-Anlage wurde 1975-1976 in eine Anlage für Kurzkrallenotter (Amblonyx cinerea) umgebaut, in der die Nachzucht seit 1977 bis heute gelingt. Kauffels (1990) berichtete über das Zuchtgeschehen. Es war damals die erste gelungene Aufzucht eines Otters in Deutschland überhaupt. Zum 90. Zoojubiläum im Jahre 1971 schenkte der Zoo-Verein Wuppertal e.V. dem Zoologischen Garten eine damals hochmoderne Pinguin-Anlage mit klimatisiertem Innenraum und einer offenen Außenanlage mit Unterwassereinblick, die von Haas (1979) in dieser Zeitschrift ausführlich beschrieben wurde (Abb. 1). Sie hatte damals 480.000 DM gekostet. Anfangs wurden in der Außenanlage auch Baikalrobben (Pusa sibirica) gepflegt (Haas, 1977). Die Anlage war so konzipiert, dass die Esels-, Felsen- und Königspinguine, die im
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Abb. 1. Pinguin-Anlage aus dem Jahre 1971, aufgenommen 2006. Aufn.: Barbara Scheer.
Klimaraum während der Sommermonate gepflegt wurden, im Winter die gesamte Anlage hätten nutzen sollen. Dazu gab es außer einer Tür auch eine Verbindung im kommunizierenden Wasserbecken. Die Versuche dazu sind u. a. deshalb fehlgeschlagen, weil die große Tauchtiefe im Außenbecken den Eselspinguinen ein Überspringen der Publikumsbarriere ermöglicht hätte. Außerdem war die Gefahr des Verschluckens von Fremdkörpern, zu dem besonders die Eselspinguine mit ihrem ausgeprägten Spielverhalten neigen, im Außenbecken der Anlage nicht zu beherrschen. Die eisschollenartige Anordnung der Bodenplatten mit Stufen über 10 cm Höhe hatte die unangenehme Folge, dass brütende Königspinguine das auf den Füßen getragene Ei häufig zerbrachen. Ursprünglich war die Pinguin-Anlage von 1971 zwar für Königspinguine vorgesehen, die seit diesem Jahr auch das Logo des Zoologischen Gartens zierten. Sie konnte aber anfangs im Innenraum nur mit Esels- und Felsenpinguinen besetzt werden, weil es im Tierhandel vorläufig keine Königspinguine gab. Drei Eselspinguine erhielten wir am 27.8.71 aus dem Zoo Edinburgh und weitere 12 von dort am 4.5.1977. Sechs Felsenpinguine wurden am 9.12.1971 im Tierhandel erworben. Der Außenteil wurde mit der bestehenden Brillenpinguin- Zuchtgruppe, weiteren 10 Humboldtpinguinen (Spheniscus humboldti) und 4 Magellanpinguinen (Spheniscus magellanicus) besetzt, eine damals nicht unübliche Mischung, die aber die Gefahr der Hybridisierung birgt. Über das Brutverhalten und die Erstzucht von Eselspinguinen in Deutschland berichteten Gerk & Schürer (1974, 1976). Zwischen 1975 und 1982 wurden 5 Eselspinguine erfolgreich aufgezogen. Am 21.10.1982 erhielten wir noch drei Eselspinguin- Nachzuchten aus dem Zoo Basel und am 22.11.1993 noch zwei aus dem Zoo Duisburg. Den letzten Eselspinguin gaben wir am 6.2. 2002 an den Aquazoo Düsseldorf ab. Die Felsenpinguine hatten unter den Haltungsbedingungen im Innenraum Mauserprobleme, außerdem wuchsen die seitlichen Schnabelteile unnatürlich weit aus. Im Außengehege, in dem manchmal auch noch junge Falkland- Dampfschiffenten (Tachyeres brachypterus) Aufnahme fanden, beschränkten wir uns im Laufe der Zeit auf die Haltung von Brillenpinguinen. Ausfälle durch Vogelmalaria
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waren nicht selten, konnten aber durch eine Primaquine- Prophylaxe einigermaßen unter Kontrolle gehalten werden. Nach der Ankunft von 12 Königspinguinen von der Firma Jabria, Harderwijk, Niederlande, am 15.1.1975 entwickelte sich im Klimaraum allmählich eine räumlich beengte Situation, die dazu führte, dass die Eselspinguine nicht mehr erfolgreich brüteten. In der Königspinguin- Gruppe wuchsen seit 7.7.1987 13 Jungvögel auf. Trotz einiger Ausfälle war die Gruppe der Königspinguine bis 2007 auf 18 angewachsen. Die Küken wurden alle künstlich erbrütet und aufgezogen. Darüber berichteten J. & M. Bock (2001). Von den am 15.1.1975 importierten 12 Königspinguinen lebten am 1.1. 2010 noch 2, die damit ein Lebensalter von über 35 Jahren erreicht hatten. Bei der Ankunft waren sie mindestens einjährig aber unter zweijährig, was man an den blassrosa Schnabelseitenplatten, die mit gemausert werden, erkennen konnte. Im zweiten Jahr verändern die Schnabelseitenplatten die Farbe. Sie sind dann rotorange. Das Daunenkleid der Jungvögel wird erst im Alter von einem Dreivierteljahr gemausert, so dass die Altersbestimmung recht genau ist. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte wurde deutlich, dass sich sowohl unser Haltungssystem als auch die Haltungstechnik überlebt hatten, vor allem wegen des geringen Platzangebotes im Innenraum und der kantigen Betonarchitektur, die in den 70er Jahren in Deutschland nicht nur in Zoos allgemein üblich war. Auch die Filter-, Lüftungs- und Kühlanlagen waren nach 36 Jahren Dauerbetrieb in einem technischen Zustand, der eine völlige Erneuerung erforderte. Neue Anlagen für Großpinguine setzten auch neue Maßstäbe, zuerst in den Sea World Parks in den USA, allen voran San Diego Sea World, dann aber auch im Zoo Berlin und im Loro Parque Teneriffa. Acrylglastunnel aus der Großaquarientechnik boten neue Möglichkeiten, Pinguine unter Wasser zu erleben. Dabei war die Unterwassereinsicht in unserer alten Anlage 1971 auch schon sehr fortschrittlich. In enger Absprache mit dem Zoo-Verein Wuppertal e.V. wurde eine neue Konzeption der Pinguin-Haltung im Wuppertaler Zoo entwickelt, die vorsah, dass die 1971 erbaute Pinguin-Anlage völlig umgebaut und erneuert werden sollte, allerdings nur für Königsund Eselspinguine. Zur Unterbringung der in der Außenanlage auch noch vorhandenen Brillenpinguine spendete der Zoo-Verein eine völlig neue Anlage am Platz des früheren Vierhornschafgeheges mit Baukosten von 850.000 Euro. Sie wurde am 29.7.2006 eröffnet. Außerdem konnte mit seiner Hilfe ein Klimaraum mit großem Schwimmbecken erstellt werden, in dem die vorhandenen Königspinguine während der Bauzeit für die Zoobesucher sichtbar untergebracht werden konnten (Baukosten 350.000 Euro).Sie wurde am 18.8.2007 eröffnet, nachdem die Königspinguine dort eingezogen waren. Eine Großspende von Herrn Dr. Jörg Mittelsten Scheid und der Firma Vorwerk KG u. Co in Höhe von 3.150.000 Euro ermöglichte den Umbau für Königs- und Eselspinguine auf dem Bauplatz der alten Anlage unter Beibehaltung noch brauchbarer Elemente. Dadurch wurden vor allem die hohen Kosten für eine Fundamentierung am Hang gespart. Der gesamte zur Verfügung stehende Platz wurde zu einem Klimaraum für die Pinguine und den dazu nötigen technischen Anlagen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 3,4 Millionen Euro. Aus der Übergangsunterbringung der Königspinguine wurde 2009 nach Umbauten in der Klimatechnik eine Anlage für Zwergpinguine (Eudyptula minor). Am 23.3.2009 wurde die neue Anlage für Königs- und Eselspinguine eröffnet. Alle drei Pinguin-Anlagen, die heute im Betrieb sind, wurden vom Büro Rasbach, Oberhausen, entworfen, die Technik plante die Firma Döhler, Leipzig, und die Bauleitung oblag der
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Abb. 2. Blick auf die Brillenpinguin-Anlage mit Unterwasserscheiben. Aufn.: Diedrich Kranz.
Firma Rösch, Duisburg. Insgesamt hat der Zoo-Verein Wuppertal seit 1971 insgesamt fast 5 Millionen Euro für die Pinguin-Anlagen im Wuppertaler Zoo aufgebracht, was für einen Förderverein mit etwa 1000 Mitgliedern eine sehr große und dankenswerte Leistung ist und die Bedeutung der Pinguin-Haltung für den Zoologischen Garten Wuppertal unterstreicht.
Anlage für Brillenpinguine Es galt, im denkmalgeschützten Wuppertaler Zoo, in dem vor allem die Baumgruppen, Wegeführungen und Blickachsen bewahrt werden müssen, einen geeigneten Baugrund zu finden, der sich für eine Brillenpinguin-Anlage mit Wasserbecken und großzügigem Unterwassereinblick eignete. Außerdem sollte ein thematischer Zusammenhang zu anderen Anlagen bestehen, in denen Tiere mit Anpassungen an das Wasserleben untergebracht sind, um zoopädagogischen Anforderungen gerecht zu werden. Dafür bot sich das abbruchreife und thematisch störende alte Vierhornschafgehege in der Nähe des Nordlandpanoramas an. Wir hatten uns vorgenommen, für die Brillenpinguine, die an den Küsten Süd- und Südwestafrikas vorkommen, einen typischen Küstenabschnitt nachzubilden. Als Modell dazu diente eine bekannte Brutkolonie von Brillenpinguinen in Boulders auf der Kap-Halbinsel. Ich hatte den Platz schon mehrfach besucht, bevor er neuerdings zu einer großen Touristenattraktion ausgebaut wurde. Im Küstenbereich ist er heute fast schon zooähnlich. Auch der Architekt Peter Rasbach hatte den Platz zu Beginn der Planung schon besucht. Unser Bauplatz von ca. 350 m2 Fläche erlaubte es, in der Hanglage ein 1,80 m tiefes Wasserbecken mit drei großen Unterwasserscheiben (3,8 m × 2 m, 3,6 m × 2 m, 2,9 m × 1,76 m) anzulegen (Abb. 2). Auf den Wasserteil entfallen 114 m2 , auf den stark abschüssigen Landteil 158 m2 und auf das hinter Kunstfelsen verborgene Gebäude mit Innenraum für die Pinguine und Technik-Raum 45 m2 . Die Vierfach-Verbundsicherheitsglasscheiben mit einer Stärke von 60 mm aus weißem Silikat-Glas sind nur 20 cm höher als der Wasserstand. Den-
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Abb. 3. Blick über die Brillenpinguin- Anlage auf das ehemalige Elefantenhaus. Aufn.: Diedrich Kranz.
Abb. 4. Brillenpinguine in der Anlage. Aufn.: Barbara Scheer.
noch wurde bisher keine davon von den Brillenpinguinen überwunden. Der Landteil ist von Kunstfelsen und niedrigen Glasscheiben umgrenzt, an der niedrigsten Stelle sind diese nur 35 cm hoch. Das genügte in der ersten Aufregung nach dem Einsetzten in die Anlage an einer Stelle nicht, ein Brillenpinguin überwand sie. Später wurden sie aber nicht mehr überklettert. Sicherer ist die 50 cm hohe Verbundglasscheibe am Besucherantritt im oberen Teil der Anlage. Eine schmale Vorpflanzung mit Berberitzen (Berberis julianae) erlaubt es dem Publikum zwar nahe heranzutreten, aber nicht hinüberzugreifen (Abb. 3). Der Ausstieg aus dem Wasserbecken ist überall flach wie am Sandstrand von Boulders (Abb. 4 und 5). In der Mitte des Ausstiegs wurde ein großer flacher Felsen eingeplant,
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Abb. 5. Ein flacher Becken- Ausstieg. Aufn.: Diedrich Kranz.
auf dem sich die Pinguine erwartungsgemäß sehr viel aufhalten und zur Fütterungszeit versammeln. Es gelingt so, die Brillenpinguine nicht nur im Wasser und in den unter den Felsen angeordneten, nach vorne offenen gedeckten Brutnischen zu präsentieren, sondern auch in der Mitte der Anlage. Der flache Becken-Ausstieg, der nach Ablassen des Wassers zur gelegentlichen Grundreinigung des Beckens durch Algenbewuchs glatt ist, ist zum Einstieg für die Tierpfleger nicht geeignet. Wir bauten deshalb an einer verdeckten Stelle unauffällig flache Stufen ein. Große Wasserbecken mit Unterwassereinblick sind nur dann sinnvoll, wenn das Wasser stets eine große Sichttiefe hat. Besonders im Sommer mit langer Sonneneinstrahlung ist das in dem meist nicht sehr nährstoffarmen Wasser von Pinguin- und Robbenanlagen eine technische Herausforderung. Wir entschlossen uns deshalb zu einer großzügig dimensionierten Filteranlage mit einer Ozonausrüstung. Sie wurde hinter dem Winterhaus der Pinguine an der höchsten Stelle der Anlage untergebracht, was bedeutet, dass das zu filternde Wasser hochgepumpt werden muss. Der Wasserwechsel durch den Filter und die Ozonanlage erfolgt einmal in zwei Stunden. Die Größe der Filteranlage erforderte im Technikraum eine Grundfläche von 25 m2 bei einer Raumhöhe von 4,20 m. Für Brillenpinguine ist in strengen Wintern, vor allem bei starkem Wind, ein Schutzraum notwendig. Sie erfrieren sich sonst u. U. die Flügel. Der dazu erbaute 16 m2 große Innenraum ist an zwei Stellen von der Außenanlage aus zugänglich, verfügt über ein kleines eingebautes Wasserbecken und ist, wenn er nicht als Schutzraum benötigt wird, auch als Raum für die Aufzucht, Eingewöhnung oder Behandlung zu verwenden.
Übergangsanlage Für das Übergangsgehege während der Bauzeit für die Neuanlage für Königs- und Eselspinguine galt es einen Bauplatz zu finden, der nicht allzu weit von der Brillenpinguin-
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Abb. 6. Übergangsunterbringung für Pinguine, genutzt als Anlage für Zwergpinguine. Aufn.: Wolfgang Köthe.
Anlage entfernt war und der ganzjährig gut erreichbar ist. Wir wollten die Königspinguine auch während des mehr als ein Jahr dauernden Umbaus dem Publikum akzeptabel präsentieren (Abb. 6 und 7). Dazu entwickelten wir eine Kombination aus einem fertigen Kühlraum, wie er z.B. für Gemüse und Obst verwendet wird, und einem festen Bauwerk mit einem tiefen, allerdings unter Wasser nicht einsehbaren Schwimmbecken. Daran schließt eine Futterküche und ein gedeckter Vorbau für das Publikum an. Der rechteckige Land-Teil misst 32 m2 , die Wasseroberfläche 35,5 m2 . Das Wasserbecken mit schrägem Ausstieg ist bis zu 1,45 m tief und hat einen Wasserinhalt von ca. 30 m3 . Das Publikum sieht die Pinguine durch zwei große, je 3,6 m breite und 2,1 m hohe Isolierglasscheiben über dem
Abb. 7. Königs- und Eselspinguine in der Übergangsanlage. Aufn.: Diedrich Kranz.
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Abb. 8. Zwergpinguin. Aufn.: Barbara Scheer.
Wasserbecken. Die Kühlanlage und der Luftfilter sind außerhalb des Gebäudes installiert und witterungsbeständig. Die Königspinguine hatten hier in der Übergangsanlage während der Bauzeit der Neuanlage bessere Lebensbedingungen als in der alten. Sie war auch groß genug, um im Januar 2009 noch 16 neu eingetroffene Eselspinguine aufzunehmen. Nach Bezug der Neuanlage wurde die Übergangsanlage für Zwergpinguine aus den Zoos Köln und Bristol genutzt (Abb. 8). Die Klimaanlage ließ sich mit geringem Kostenaufwand auf eine Dauertemperatur von 20◦ C umstellen. Diese kleinen Pinguine benötigen keine Filteranlage für das Wasserbecken.
Anlage für Königs – und Eselspinguine Die Lage der Anlage war durch die Vorgängeranlage bereits vorgegeben, die in einigen Bereichen aus Kostengründen erhalten bleiben musste. Wir sparten dadurch kostenträchtige
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Abb. 9. Publikum im Unterwassertunnel. Aufn.: Diedrich Kranz.
Hangsicherungen, Flächendrainagen und Beckenwände. Auch der ehemalige Technikraum konnte weitergenutzt werden, musste allerdings zur Aufnahme der neuen Filter- und Klimaanlagen erheblich erweitert werden. Im Bereich des Technikraums schließt die neue Pinguin-Anlage an die vorhandene Eisbärenanlage an. Unser Ziel war es, einen Unterwassereinblick in einer Länge von 15 m aus einem Halbtunnel heraus zu ermöglichen. Die Pinguine sollten auch unmittelbar über den Besuchern schwimmen, um diesen einen Eindruck von der Welt unter Wasser zu bieten. Dazu war es nötig, den Beckenboden tiefer zu legen, so dass über dem Tunnel noch ein Wasserstand von 50 cm, der zum Schwimmen ausreicht, übrig blieb. Der Tunnel hat dadurch bei einer Breite von ca. 2,8 m die komfortable Höhe von 2,65 m erhalten, so dass niemand Platzangst haben muss (Abb. 9). Gleichzeitig musste erreicht werden, dass der Zugang zum Tunnel auch ebenerdig erfolgen konnte, um Rollstuhlfahrer nicht vom Unterwassererlebnis auszuschließen. Der Tunnel musste auch breit genug zum Umdrehen im Rollstuhl sein. So entstand eine Anlage auf zwei Ebenen, die innerhalb des Bauwerks über eine Treppe erreichbar sind, für Rollstuhlfahrer um das Bauwerk herum durch zwei stufenlose Eingänge.
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Abb. 10. Anlage für Königs- und Eselspinguine. Aufn.: Diedrich Kranz.
Es ist eine im Tierbereich in sich völlig geschlossene Anlage entstanden(Abb. 10 bis 13) mit einem Luftraum von 1150 m3 im Tierbereich und einem Wasserinhalt von 220 m3 bei einer größten Beckentiefe von 2,61 m. Der landschaftlich gestaltete Landteil misst 98,5 m2 , die Wasseroberfläche 144 m2 . Es ist noch ein kleines Absperr/Aufzucht- Gehege mit einer Fläche von 8,5 m2 vorhanden, das nicht vom Publikum einsehbar, aber aus dem Schau- und Tierpfleger-Bereich leicht zugänglich ist. Der obere Publikumsbereich ist leicht abgedunkelt und von heizbaren Verbund-Sicherheitsglasscheiben umschlossen. Die Scheibenheizungen verhindern ein Beschlagen der Scheiben bei größeren Temperaturdifferenzen zwischen innen und außen. Spiegeln der Scheiben wird dadurch verhindert, dass der Tierbereich heller als der Publikumsbereich ist. Der Innenraum wird stets um + 8 ◦ C gehalten.
Abb. 11. Klimatisierter, landschaftlich gestalteter Innenraum. Aufn.: Barbara Scheer.
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Abb. 12. Abgeknickter Unterwasser- Halbtunnel. Aufn.: Diedrich Kranz.
Außer bei feuchtigkeitsgesättigter sehr warmer Außenluft funktioniert unser System gegen das Beschlagen der Scheiben. Im Treppenabgang zwischen den beiden Besucherebenen ist ein Absatz vorhanden, durch den es einen Einblick über und unter Wasser gleichzeitig gibt. Beleuchtete Informationstafeln über die Biologie von Königs- und Eselspinguinen und einen Videobildschirm gibt es im oberen Publikumsbereich, der Tunnel ist frei von allem erklärenden Beiwerk, um den Unterwassereindruck nicht zu stören. Wir verzichteten bewusst auf Kunstschnee und Eis, weil diese für den natürlichen Lebensraum von Königspinguinen zumindest für einen großen Teil des Jahres nicht typisch sind und der Verzicht einen Energiekosten sparenden Betrieb bei einer höheren Temperatur erlaubt.
Abb. 13. Schwimmende Eselspinguine. Aufn.: Diedrich Kranz.
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Der Einbau des 15 m langen, einmal abgeknickten Halbtunnels aus 11 cm starkem gebogenem Acrylglas war eine technische Herausforderung, die die Firma Biacryl, Neuchatel, meisterte. Er konnte nur in zwei vorgefertigten Teilstücken angeliefert werden. Die beiden Teile wurden vor Ort in einer fast nicht sichtbaren Naht aneinandergefügt. Auch hier war bei der Planung nicht nur der Wasserstand sondern auch die erheblichen Temperaturdifferenzen zwischen der Wasserseite (Wassertemperatur 8-10◦ C) und dem Inneren des Tunnels, der Außenluft mit der gerade vorherrschenden Außentemperatur führt, zu berücksichtigen. Um ein Beschlagen der Tunnelinnenseite zu verhindern, wurde hier eine Lüftungsanlage eingebaut, die den Tunnel von oben nach unten bestreicht und ein Beschlagen außer bei extrem hoher Luftfeuchtigkeit verhindert. Der niedrige Wasserstand über dem Tunnel hätte ein Durchblicken in die Dachkonstruktion und in die Lampen erlaubt, was besonders unangenehm gewesen wäre, weil der gebogene Tunnel den Durchblick auch noch stark verzerrt. Wir sahen deshalb schon in der Planung vor, die gesamte Wasseroberfläche über dem Tunnel durch feine Einspritzdüsen stets in Bewegung zu halten. Sie sind ein Abzweig vom allgemeinen Wasserdurchlauf des Beckens, dessen Wasser innerhalb von 2 Stunden dreimal durch Filter und Ozonanlage geschickt wird. Bedienung und Überwachung erfolgen mit modernster Computertechnik. Nach den Erfahrungen des ersten Jahres in Betrieb muss ein Wasserwechsel etwa vierteljährlich stattfinden, vorausgesetzt, die Filter werden regelmäßig rückgespült. Nach dem Ablassen des Wassers besteht von der Landfläche aus Absturzgefahr in das Becken. Wir haben deshalb beim Bau Hülsen in den Beckenrand eingelassen, in die Schutzgitter aus Edelstahl eingesetzt werden. Eine flache Rampe ermöglicht den Königspinguinen einen leichten Ausstieg und den Tierpflegern einen gefahrlosen Einstieg in das Becken. Stufen oder Leitern sind nicht erforderlich. Bei gefülltem Becken ist es möglich, mit Spezialstiefeln, die ein Ausrutschen verhindern, das flache Wasser über dem Tunnel zu betreten und die Innenseite des Tunnels von Algen zu befreien, die sich, allerdings sehr schwach und langsam, auf dem Acrylglas festsetzten. Tauchen ist dazu nicht erforderlich. Bisher sind auf beiden Seiten des Acrylglases noch keine Kratzschäden aufgetreten. Im Publikumsbereich gibt es selbstverständlich Hinweise auf die Spender und die Arbeit des Zoovereins. Fünf Leuchttransparente erläutern die Verbreitung der Pinguine auf der Südhalbkugel und die Biologie von Königs- und Eselspinguinen. Dazu wurden u. a. Fotos verwendet, die Vereinsmitglieder auf ihren Reisen in die Lebensräume von Esels- und Königspinguinen aufgenommen hatten. Die Pinguine für die Verbreitungsgebiete malte Frau Barbara Klotz, die Texte und das pädagogische Konzept erarbeiteten die Zooschule Wuppertal. Pinguin-Schutzprojekte, die auch der Zoo-Verein Wuppertal e.V. fördert, es sind insgesamt drei in Südafrika und auf den Falklandinseln, werden ausführlich über einen Bildschirm im Publikumsbereich erläutert.
Zusammenfassung Drei neue Pinguin-Anlagen, die seit 2005 im Zoologischen Wuppertal entstanden sind, werden beschrieben. Außerdem wird eine Übersicht über die Pinguin-Haltung und -Zucht im Zoo Wuppertal gegeben.
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Schrifttum Bock, J. & M. (2001). Aufzucht von Königspinguinen im Zoologischen Garten Wuppertal. Zoomagazin NRW, 7, 20-21. Gerk, M., & Schürer, U. (1974). Beobachtungen am Fortpflanzungsverhalten des Eselspinguins (Pygoscelis papua). Gefiederte Welt, 98, 224–227. Gerk, M., & Schürer, U. (1976). Die Zucht von Eselspinguinen im Zoo Wuppertal. Ibid., 100, 123–125. Haas, G. (1977). Probleme bei der Haltung von Baikal- Ringelrobben (Pusa sibirica Gmelin 1788). Zool. Garten N. F., 47, 444–446. Haas, G. (1979). Neue Pinguinanlage. Ibid., 49, 407–416. Kauffels, T. (1990). Aufzucht von zwei Würfen eines Kurzkrallenotterpaares (Amblonyx cinerea) im Jahr 1989 im Zoologischen Garten Wuppertal. Zeitschrift des Kölner Zoo, 33, 125–126.