Arch. Protistenk. Bd. 120, S. 255-277 (1978)
(Zoologisches Institut der Universitat Tiibingen)
Struktur und Entwicklung des MakronucleuR von Paramecium bursarial) Structure and Development of the Macronucleus in Parameci'ltm bursaria Von VIKTOR SCHWARTZ
Mit 4 Tafeln
Summary ~Iacronuclei, macro nuclear anlagen and micronuclei ha\'e been isolated from living cells with tungsten needles. In preparations under the cover slip the macro nuclear gel may be solvatisated with 0,0007, to O,OOI,molar solutions of NazHP0 4 . Pre3.'lUre in the moment of swelling results in suffieiently spreaded maeronuelear contents. It is mainly composed of numerous feulgenpositive granular threads, here interpreted as fragments of chromosomes. The granules are identical with the "small bodies" described hy former authors. Even the nucleoli contain such feulgenpositive chains of granules. In the anlagen development in two strains of American provenience (mt II and III) only short segments detached from the kinetochore region of the ehromosomes are amplificated and incorporated into the new macronucleus. The major parts of the chromosomes undergo resorption. In Tiibingen strains of P. bursnrin tho degrading parts of the chromosomes are condensed to a massive borly (Binnenkorper). The loss of an important fraction of the chromo, some complement pro voces reselTations against the rbnomination of this nucleus as a polyploid one. "Ampliploidy" as a new term eould better rafer to the given state. A eondensation eycle of the macro nuclear chromosomt' fragments as well as aggregation and disaggergation of nucleolar subunits (the latter apparently identical with the "large bodies" in P. aurelia) in the cell eycle have been dedu,,~d from oleetron micrographs. Two phases of substanees production of the nucleolar subunits require further' cbcidation. There was a total failure to find any duplicational stages of the macronclclear chromo3'lm" fragments in fission as well as in interphase. Chromosome counts revealed about 52 tetrads in a eros 1 of the mating types II and III. The Tiibingen strains G2 and Ga have polyploid microlluclei. E.stimates resultcd in tetrad numbers between 120 and 180. These figures comprise almost the extremes of the range of variation found by CHEX. The results and interpretations about. macronuclear structure and developm3nt in combination with hypotheses by ALLEN and GIBSON (master, slave hypothesis) and JURAND, BEALE and YOl:KG (large bodies heJing identical with macro nuclear suhunits sensu SONXEBORN) have been used to sketch a concept of mar,rolluclear development, which eventually hplp" to ll!Hterstand aging processes like DNA-deeline in growing young clones and the period of nnripcne3:l in the life c~'elc. If the macro nuclear chromatin were multipIicated in the cell cycle from the nlwlpolar subunits only, than the original spectrum of DNA sequences, as present after anlagen development, should be progressively diluted out in the course of fissional cycles in favor of t he special sequenc{'s contained in the nueleolar chromosome (or chromosomes).
1) KARL G. GRELL zum 65. Geburtstage gewidmet.
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Einleitung Seit langem ist der Makronucleus der Oiliaten verallgemeinernd als ein polyploider Kern verstanden worden, dessen Ohromatin als multiplizierter vollstandiger Mikronucleusinhalt aufzufassen sei. Diese Auffassung ist insbesondere dadurch betont worden, daB immer wieder die Ploidiestufe des Makronucleus aus der Vervielfachung seines DNS-Gehaltes gegeniiber dem Mikronucleus errechnet worden ist. Auch die Untereinheiten-Hypothese (SONNEBORN 1947) rechnete urspriinglich mit kompletten Mikronucleusgenomen im Makronucleus. Bedenken gegen die Allgemeingiiltigkeit dieser Deutung des Kerndimorphismus der Oiliaten sind erst in jiingster Zeit aufgetreten. Morphologisch deutete mindestens der Verlust gewisser peripher gelegener Ohromosomen in den Makronucleusanlagen von Stylonychia darauf hin, daB nicht das vollstandige Genom des Mikronucleus in den Makronucleus iibergeht (AMMERMANN, STEINBRUCK, V. BERGER und HENNIG 1974). Biochemische, bzw. molekularbiologische Untersuchungen an Stylonychia durch die soeben zitierten Autoren und an Oxytricha (LAUTH und SPEAR 1976, SPEAR und LAUTH 1976) erbrachten den Nachweis, daB das Genom des Makronucleus gegeniiber dem des Mikronucleus betrachtlich diminuiert ist. Auch eine Untersuchung an Chilodonella cucullulus (RADZIKOWSKI 973) hat ergeben, daB die Makronucleusanlage einen Teil der Zerfallsprodukte der Riesenchromosomen nicht in den Makron~cleus iibernimmt, dieser also nur Teile des mikronuclearen Ohromosomenbestandes erhalt. Auf Grund dieser Beobachtungen ist die Vermutung zulassig, es handle sich um Vorgange, welche, vielleicht in unterschiedlichen Vollzugsweisen, bei Oiliaten allgemeiner verbreite', aber bisher der Beachtung entgangen seien. Daher sind neue, auf diese Frage gerichtete Untersuchungen notwendig. Paramecium bursaria erschien als cytologisch giinstig fUr einen Schritt in dieser Richtung. Zudem gibt es in der Makronucleusentwicklung dieser Art keine Riesenchromosomen (EGELHAAF 1955), wie bei den oben zitierten Formen.
Material und Methoden Die hier zumeist verwendeten P. bur8aria-Stamme II 2 und III 9 gehiiren den Paarungstypen II und III an. Es sind junge Klone, die seit ihrer Isolierung aus Exkonjuganten bei sehr langsamer Vermehrung gehalten worden sind (schatzungsweise bisher 50-80 Teilungen). Das Ausgangsmaterial, die 4 Paarungstypen des Syngen 1, verdanke ich der Freundlichkeit R. SIEGELS. Die untereinander konjugierenden Starn me G2 und G3 sind aus dem eigenen Gartenteich in Tiibingen isoliert worden, der Stamm T 5 aus einem anderen Tiibinger Teich. Material des letzteren liegt nur den Abb. 1-13 zugrunde. Die Paarungstypen- und Syngenzugehiirigkeit der Tiibinger Stamme ist nicht bekannt. Die Kultur geschah in der friiher angegebenen Weise (SCHWARTZ 1976). Beim Stamm T 5' der hoch gealtert ist, verstrichen zwischen den Zellteilungen bei 20 - 22 DC 36 Std. Bei allen anderen Stammen betrug dieser ZeitrauIll bei 24 - 25 DC durchschnittlich 24 Std. Die Dauer der Paarung in der Konjugation war bei gleicher Zuchttemperatur (24 - 25 DC) sehr verschieden. Tiere des Syngen 1 trennten sich naeh ungefahr 23 Std. dagegen die der Stamme G2 und G3 erst nach 43 Std. Die cytologischen Stadien bei der Trennung waren jedoch stets gleich: 4 Mikronuclei vor der Differenzierung der beiden Makronucleusanlagen. Die tagesperiodischen Reaktionen von P. bur8aria bieten die Moglichkeit, mit Hilfe kiinstlicher Beleuchtungscyklen die Zellteilungen (mitten in der Dunkelphase, VOL~f 1964) und die Konjugation (am giinstigsten
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PaTamecit~m
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3 Std. nach Beleuchtungsbcginn, EGELHAAF, unveroffentlicht und EHRET 1953) in jede gcwiinschte Tageszeit zu verlegen. Zahlreiche Makronuclei, Makronucleusanlagen und ;Vlikronuelei sind freiprapariert im Kulturmedium und in anderen Losungen untersucht worden. Die Zellcn wurden unter dem Binokular mit Wolframnadeln zerstort. Zelltriimmer, Zoochlorellen und Bakterien konnten dabei nicht vol!standig aus den Praparaten und Abbildungen ferngehalten werden. Die frisch freigelegten Kerne haften an sauberen Glasflachen. Verluste beim Deckglasauflegen sind ausgesprochen selten. Zur Erleichterung der Operation sind die Tiere stets durch 5 - 7miniitigen Aufenthalt in einer CO 2 Atmosphare in ihrer Beweglichkeit beeintrachtigt worden. Vor del' Praparation wurden sie meist in CO 2 -freies Kulturmedium iibertragen. Die Kerne sollten unter dem Dockglase vielerlei chemischen Einwirkungon ausgesetzt werden. Daher war es not wen dig, den schnellen Zutritt von Losungen zu den Objekten unter der JliIitte des Deckglases sicher zu st.ellen: eine Bedingung, die in gewohnlichen Durchzugspraparaten nicht erfiillt ist. Dazu wurde in jeden Objekttrager oin Langskanal geritzt der iiber die Rander des Deckglases hinausreichte. Das geschah mit einer Ecke einer frisch abgebrochenen :3-5 mm starken Feile nach Vorritzen mit dem Schreibdiamanten. Eine vorsorglich angebrachte Ritzmarke gegenliber dem Platze des Objektos am Kanal sicherte das sofortige Auffinden unter dem Mikroskop. Dieses Durchzugssystem ermoglichte auch die Ausfiihrung der Feulgenreaktion unter dem Deckglase (5n-RCI, Zimmertemperatur). Oft entstand die Notwendigkeit, ein Objekt in einem bestimmten Stadium del' Behandlung zur besseren Ausbrei tung oder Einebnung zu pressen. Hierzu diente, allerdings unkonventionell, die Foderfassung der Zeiss-Immersion. Urn den auftretenden Druck einigermaJ3en reproduzierbar dosieren zu konnen, wurden Strichmarken in den einschiebbaren Zylinder des Objektives geritzt. Del' maximale mit Nutzen anwendbare Druck lag bei einem Drittel des Federspielraumes. Flir eine starke Pressung des Objektes wahrend del' Beobachtung, wie sie die Untersuchung der Doppelbrechung erforderte (Abb. 14-18), diente eine am Objekttisch des ;Vlikroskopes verankerte Stahlfeder, deren Spitze moglichst nahe der Frontlinse des Objektives auf das Deckglas driicktc. Einem personlich gegebenen Rat W. J. SCHMIDTS folgend ist Anisol statt Immersionsol verwendet worden, urn die Ubertragung von Fokussierbewegungen auf das Deckglas zu vermindern und das Reinigen des Deekglases iiber fliissigen Praparaten zu erleichtern. Schaden sind an Zeissund Leitzimmersionen im Laufe einiger Jahre nicht aufgetreten. Die jeweils verwendeten Fixierungs- und Farbungsmethoden werden teils im Text, teils bei den Abbildungen genannt. Angemerkt sei jedoeh, da/.l die Behandlung frisch praparierter Kernc mit Methylgriin- Pyronin (in Acetatpuffer bei pH 4,8; Methylgriin zuvor mit Chloroform extrahiert) eine gute Vorfixierung ergibt. Nur bei erhohter Gefahr des Abschwimmens ist der am Objekttrager oder Deekglase haftende ausgebreitete Makronucleusinhalt mit Celloidinlosung (nach RoMEIS § 548) in hoher Vcrdiinnung (0,05 %) behandelt worden - z. B. vor Pronaseeinwirkung. Hohere Celloidinkonzentrationen schirmten die Objekte gegen die angewendoten Agenzien abo Als Einschlu/.lmittel fiir Praparate, welche zur Aufbewahrung vorgesehen waren, diente eine Losung von Zucker in der gleichen Gewiohtsmenge Wasser mit einem Zusatz von 2,5 Volumenprozent Formalin. Das Formalin hemmt die Kristallisation des Zuckers. Es liegen iiber 2 Jahre alte Priiparate Yor, die noeh verwendbar sind (nur geringe Kristallisation am Rande des Deckglases. Die Angaben zur Elektronenmikroskopischen Technik finden sich in del' vOT'ausgegangenen Publikation (SCHWARTZ 1976). Fraulein 1. BUCK danke ich fiir zuverlassige Mitarbeit, insbeHondere im elektronenmikroskopischen Bereich.
Der Inhalt des Makronucleus 1. Das Gel Das makronucleare Chromatin und die Nucleolen sind in einen Gelkorper eillgebettet (SCHWARTZ 1957). Dessen Material zeigt in seiner interchromosomalen Lage
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im Ruhekern, seiner Doppelbrechung in Teilungsstadien und seiner Saureempfindlichkeit Beziehungen zur intranuclearen Spindelsubstanz des Mikronucleus. Er bildet auch in Streckungsstadien Mikrotubuli aus, welche jedoch niemals die Dichte der Lagerung erreichen wie in Mikronucleusspindeln. Immerhin sind dies einige Indizien einer stofflichen und funktionellen Verwandtschaft der kinetischen Komponente beider Kerne. 1m freipraparierten Makronucleus sind zunachst die weiter unten zu besprechenden Strukturanteile (chromosomale Anteile und Nucleolen) sichtbar (Abb. 20). Quetschen zwischen Deckglas und Objekttrager macht den Kerninhalt (bei maBigem Druck reversibel) homogen. Vermutlich steigt dabei die optische Dichte des hochviskosen Geles durch Abpressen von Wasser. In dieser Situation eroffnet sich die Moglichkeit zwei nach ihren optischen Eigenschaften unterscheidbare Komponenten im Makronucleus nachzuweisen. 1m Polarisationsmikroskop liefert ein solchermaBen gequetschter Makronucleus ein positives Sphiiritenkreuz (Abb. 14 und 15). Wird wahrend der Pressung Saure zugegeben, so kann diese das Objekt nur langsam diffundierend erreichen. Die Doppelbrechung verschwindet dann nicht, wie bei ungequetschten Teilungskernen (SCHWARTZ 1957), sondern das positive Kreuz kehrt sich von der Peripherie des Objektes her beginnend in ein negatives urn (Abb. 16 und 17). Damit ist gezeigt, daB ein saurelabiles positiv zur Lange doppelbrechendes Material zugleich mit einem negativ doppelbrechenden durch die Pressung radial geordnet worden ist. Zunachst ist die negative Doppelbrechung der Nucleinsauren, bzw. Nucleoproteide durch die stark ere positive Doppelbrechung des Geles uberdeckt. Nach dessen Remuslosung durch die Saure, tritt Rie hervor. Die zunachst denkbare alternative Deutung - zirkulare Ordnung der Strukturelemente infolge Quctschung mit Radiallage der Indikatrix des negativ doppelbrechenden Anteiles - ent[alit, weil die positive Doppelbrechung des Geles und seine Saureliislichkeit bekannt sind. Die Saurewirkung entscheidet also fUr sich schon fUr radiale Ordnung der optisch aktiven Komponenten. Zudem kann die Radiallage auch sichtbar gemacht werden: Man setzt vor dem Quetschen die Viskositat des Geles herab, ohne es aufzuliisen (siehe S. 260). Dann bleiben radial geordnete Strukturen (bei gceignetcr Farbung auch die Granulaketten) unter Deckglasdruck erkennbar (Abb. 19).
Solche Bilder konnen in allen Stadien des Makronucleus gewonnen werden. In gestreckten Makronuclei aus Teilungsstadien sind die Spharitenkreuze entsprechend verzerrt (Abb. 18). Dieses letztere spricht gegen eine wesentliche Beteiligung von Mikrotubuli an der Doppelbrechung, da diese sich durch das Pressen kaum in eine Richtung quer zur Streckungsachse ordnenlassen sollten. 2. Chromosomales Material Bei fruherer Gelegenheit habe ich gra~1Ulare Fadenstrukturen im Makronucleus der gleichen Art als Chromosomen gedeutet (SCHWARTZ 1958). Den nunmehr erneut unternommenen Versuch, die Fmge nach der Chromosomennatur dieser Strukturen zu klaren, leiteten elektronenmikroskopische Aufnahmen ein. Die Untersuchung der Spindelsubstanz des Mikronucleus in Stichproben aus dem ganzen Zellzyklus
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(SCHWARTZ 1976) gab Gelegenheit, auch Aufnahmen del' Makronuclei del' untersuchten Stadien zu gewinnen. AuBel' den durch ihre GroBe und intensive Kontrastierung auffallenden, allgemein als Nucleolen gedeuteten Eim;chlussen, enthiilt del' Makronucleus kleinere deutlich kontrastierte Partikel (Durchmesser 0,07 -0,15 ,um) in weit groBerer Anzahl, welche in zahlreichen Arbeiten vieleI' Autoren schon als chromosomales Material angesprochen worden sind (Abb. 1-10). Nach ihrer GroBe und ubiquitaren Verteilung im Kern sind sie identisch mit den Granula del' fruher von mil' als Chromosomen gedeuteten Granulaketten und mit den "small bodies" im Makronucleus von P. aurelia (JURAND, BEALE und YOUNG 1962). Auch die kritis.chen Untersuchungen von DIPPELL (1963) und DIPPELL und SINTON (1963) an P. aurelia fiihren, entgegen einer widersprechenden Deutung von JURAND, BEALE und YOUNG (1962), zu diesel' Unterscheidung chromosomaler und nucleolarer Strukturanteile. In den vorliegenden elektronenmikroskopischen Bildern werden gewohnlich keine verbindenden Strukturen zwischen den chromosomalen Granula durch die Kontrastierung deutlich gemacht. In den elektronenoptischen Bildern verschiedener Zellstadien (Abb. 1-10) fallen morphologische Zyklen am chromosomalen und nucleolaren (dieses siehe S.261) Material des Makronucleus auf. In den Teilungsstadien bildet sich eine Reihenanordnung del' Granula aus. Zahlreiche Granula kommen, z. T. schon in fruhen Teilungsstadien, zu gegenseitigem Kontakt (Abb. 1 und 2). Del' Hohepunkt des Zusammenruckens iRt 2-3 Std. nach del' Zellteilung erreicht (Abb. 3). Nun sind die Granula zu Strangcn vereinigt. In Ermangelung von Schnittserien bleibt offen, ob die in del' Abbildung noch sichtbaren EinzeIgranula stets Querschnitte durch Strange sind odeI' ob es auch anschluBlos verbleibende Granula gibt. 4 Std. spateI' sind die Strange zum groBten Teil wieder zu Granulareihen aufgelockert (Abb. 4). Hier liegt ein chromosomaler Kondensationszyklus VOl'. Nul' wird die maximale Kondensation uberraschenderweise nicht wahrend der Kernteilung erreicht, sondern kurz danach. Nach diesem Zyklus ist del' Fortbestand von Verbindungen zwischen den Granula zu fordern, auch wenn die angewendete Kontrastierungstechnik diese nicht hervorhebt. Die GroBe del' Granula und die Lange del' in Schnitten wie Abb. 3 gesehenen Strange 8ehloB eine Fortfiihrung der Untersuehung mit Hilfe des Liehtmikroskopes nieht aus. Sie wurde notwendig, weil Einzelsehnitte kein Urteil uber die Lange del' Granulaketten erlauben. EGELHAAF'S grundliehe liehtmikroskopisehe Untersuchung am gleiehen Objekt (1955) betraf Kerne aus lebend fixierten Zel1en. Sie ergab keine fadigen Strukturen in den Makronuelei. In freipraparierten Makronuclei sind dagegen stets Granulaketten zu sehen, wenn auch wegen dichter Packung schwer zu photographieren (Abb. 20). Ihr Sichtbarwerden ist ein forderliches Artefakt. Man kann es im Augenblick des Zerfalles ciner lebend unter Deckglasdruck gehaltenen Zelle erscheinen sehen. Dafiir durfte Wasseraufnahme und damit Ruckgang del' optisehen Dichte des makronuclearen Geles bei Kontakt des Kernes mit dem Kulturmedium verantwortlich sein.
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Die hohe Viskositat des Geles verhindert das Darstellen des Makronucleusinhaltes durch bloBes Quetschen. Deshalb muB das Gel vor der Pressung erweicht oder aufgelOst werden. Der Grad der Erweichung ist entscheidend. Wenn man das Gel nur durch Saurewirkung herauslast, etwa mittels Orcein-Essigsaure, gibt es ein kurzes Aufquellen und Zusammenfallen des Objektes. Die Chromatinstruktur kann man dann zwar sehen (Abb. 21), aber die dichte Packung und vielschichtige Lagerung verhindern jeden genaueren Einblick. Schon schwache Sauren (Essigsaure 0,2 %) lOs en das Gel sofort auf. 1m Bereich des Neutralpunktes, > pH 6,7, quillt der frisch isolierte Makronucleus stark auf. Sein Inhalt gerat in Brownsche Bewegung undflieBt alsbald unter AufreiBen der Kernmembran aus. Ahnlich wirkt eine Zerstarung des Gels mittels Pronase. Dieses Ferment bes~itigt zudem Proteine des Chromatins. Die Granula werden dadurch kleiner und haften schlechter an den Glasflachen. Eine kontrollierte Herabsetzung der Viskositat des Geles erreicht man durch vorsichtiges Variieren der Konzentration einer 0,0007- bis O,OOI-molaren Lasung von Na 2HP0 4 • Makronuclei verschiedener Zellstadien sprechen etwas unterschiedlich auf die gleiche Konzentration an. Man erreicht so ein hinreichend langsames Aufquellen und Platzen. Daher ist es maglich, nach Zugabe dieser Lasung kurz vor oder nach der Sprengung der Membran den Kerninhalt durch Pressen auszubreiten. Wird dann, noch unter Deckglasdruck, das Fixier- oder Fixier-:Farbgemisch zugegeben und der Druck nach 2-10 Min. langsam aufgehoben, so erhalt man oft ausreichend dunnschichtige Praparationen und Haften des Objektes an den Glasflachen (Abb. 22 -23). Sollen Granulaketten, welche in den Nucleolen enthalten sind, nicht im Praparat erscheinen, so ist der Makronucleus vor der Phosphatbehandlung der Einwirkung einer ColchicinlOsung auszusetzen (z. B. 2 %,10 Min.). Konzentration und Dauer kannen variieren(Abb. 24). Jedoch wird durch lange Colchicinbehandlung (z. B. 6 Std. bei 3-4 dc) auch die Auflosbarkeit des Gels verringert. Dieses geht dann in der PhosphatlOsung nur in einen Zustand maBig herabgesetzter Viskositat uber. Die Ausbreitung des Kerninhaltes im Quetschpraparat ist dann unbefriedigend (Abb. 19). Die weitgehende Verflussigung des Geles, die bei gelungener Praparation der Pressung vorausgeht, begrundet die Annahme, daB dieses Verfahren einen Teil der Granulaketten unfragmentiert erhalt, die gefundenen graBten Langen der freiliegenden Einzelelemente also real seien. Mit gelegentlicher Zerreisung fibrillarer Gebilde bei der Ausbreitung des Objektes mittels Deckglasdruckes ist dennoch durchaus zu rechnen. In diesen Praparaten finden sich Granula, welche perlschnurartig gereiht sind und solche, die frei liegen. Die verbindenden Fibrillen sind oft sehr dunn und deshalb auch in den Reihen oft nicht zu erkennen. Daher bleibt offen, ob nicht viele der Einzelgranula durch gedehnte Filamente miteinander verbunden seien. Es gibt Ketten zwischen 1,5 und 7,7 {tm Lange mi"t 4-6, maximal 8-10 Granula. Diese Langen gelten ebenso fUr Stadien kurz nach del' Teilung wie fUr G2 • Die chromosomale Natur der feulgenpositiven Granulaketten ist nicht zu bezweifeln. Fur die Frage, ob es sich um Chromosomen oder um Fragmente von solchen handelt, ware ein Langenvergleich mit mikronuclearen Chromosomen wichtig. Relativ lange Granulaketten sind um 5 {tm, im Extrem 7,7 {tm lang, sofern niJht eine,
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gewiB artefizielle, Uberdehnung eintritt. In den gelegentlich mitgequetschten Mikronuclei in den gleichen Praparaten gibt es Chromosomenlangen bis zu 10,5-12,5 pm. Es gibt auch Chromosomen, welche um die Halfte kurzer sind und die damit in den Langenbereich der Granulaketten fallen. Wenn die Chromosomen des Mikronucleus in der Interphase lichtmikroskopisch klar erkennbar sind, befinden sie sich im Zustande hoher Kondensation. Wahrend der Mitose verkurzen sie sich noch dariiber hinaus. 1m Makronucleus sind sie, abgesehen von einer Zustandsanderung fruh in der Interphase (Abb. 3), dekondensiert. Die zum Aufquellen des Gels angewendete Lasung wirkt offenbar dekondensierend, denn der in Abb. 3 festgehaltene Zustand ist in den Quetschpriiparaten nicht darstellbar. Eine starke Dekondensation im Mikronucleus gibt es friih in der Meiose (Halbmondstadium). Chromosomen dieses Stadiums waren bisher nicht abbildbar. Ein ZufaIIsbefund (Abb. 25-27) lieB Teile solcher Chromosomen sichtbar werden. Selbst diese Chromosomenabschnitte gehen urn das 4-6fache uber die Liingen der Granulaketten hinaus. Die VergroBerung ist in Abb. 24 und 27 gleich. Trotz der im allgemeinen gegebenen Verschiedenheit des Kondensationszustandes im Makro- und Mikronucleus muB also geschlossen werden, daB der Makronucleus nur Chromosomenfragmente enthiilt. Fiir diesen SchluB spricht auch die Anlagenentwicklung (siehe S. 263). Die chromosomalen Granulaketten miissen in den Zellgenerationen vermehrt werden. Bilder, aus denen auf Verdoppelungen an ihnen geschlossen worden konnte fehlen vollstandig. Man muB mit der Moglichkeit rechnen, daB die Vermehrung ohne eine solche geschieht. Der nahe liegende Einwand, das richtige Zellstadium sei nicht erfaBt worden, uberzeugt nicht. AuBer den Teilungsstadien sind 7 Altersstufen del' Interphase untersucht worden (2-3, 6-7, 16 1/2,24-25,28-29, 31, und 36 Std.). Wie schon in der vorangegangenen Arbeit betont (SCHWARTZ 1976), streuen die cytologischen Stadien sehr stark. Jeder der hier gefundenen Formwechselzustiinde der Chromosomen und Nucleolen ist uber mehrere der beobachteten Stadien hinweg zu sehen. So soIlte eine Verdoppelung der Chromosomenfragmente, wenn sie vorkame, nicht unbemerkt bleiben. Die gelegentlich im Zustande dCf Kondensation (Abb. 3) sichtbaren Verzweigungen der Strange diirften durch Uberlagerungen vorgetiiuscht sein. 3. Nucleolen Die groben EinschliiRse des Makronucleus, die allgemein als Nucleolen bezeichnet werden (Rotfarbung durch MethyIgrun-Pyronin), sind in sehr unterschiedlicher GroBe und Anzahl anzutreffen. Ihr Ab- und Wiederaufbau im Zuge der Amitose ist schon lange bekannt (SCHWARTZ 1956). Elektronenmikroskopisch erweisen sie sich als Aggregate zahlreicher Untereinheiten. Diese Ietzteren entsprechen durcham; del' Beschreibung, welche JURAND, BEALE und YOUNG (1962) fUr die "large bodies" der Makronuclei von P. aurelia gegeben haben. In den zahlreich vorliegenden elektronenmikroskopischen Schnittbildern erscheinen sie als Korperchen, deren Peripherie stark, deren Zentrum kaum kontrastiert wird. 1m hell en Zentrum findet sich hiiufig ein kleiner stark kontrastierter EischluB. Einzelne der Untereinheiten schein en Mehr-
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fachbildungen von der gleichen Grundstruktur zu sein. Wenn man einen Makronucleus mit Colchicin und anschlieBend mit Na 2HP0 4 -Losung behandelt (siehe S. 260), so bleiben die Untereinheiten del' Nucleolen erhalten. Ihr Zusammenhalt im Aggregat ist aber so locker, daB sie bei del' Pressung einzeln odeI' in kleinen Gruppen verstreut werden. Nun kann mit Phasenkontrastoptik (manchmal auch im Hellfelde), bessel' abel' im Dunkelfeld. eine geschlossene odeI' offene Ringstruktur in ihnen erkannt werden (Abb.28-30). Nach Pronasebehandlung von Alkohol-Essigsaure-fixierten Objekten sind die Ringe deutlicher. Sie sind feulgenpositiv. Ihr Durchmesser betragt 1-1,5,um. Offenbar handelt es sich auch hie l' urn Chromosomenabschnitte, deren Lange, aus dem Durchmesser del' Ringe errechnet, in den Variations bereich del' makronuclearen Chromosomenfragmente fallt. Granulare Struktur kann man in Abb. 30 an ihnen erkennen. Wenn die Nucleolen bei Praparation ohne Colchicin aufgelOst worden sind, konnen diese Granulaketten von den sonstigen nicht mehr nach ihrer Struktur unteFschieden werden. DaB die Ringstrukturen lichtmikroskopisch groBer erscheinen als in den Abb. 1-10, dtirfte daranliegen, daB die ersteren im freipraparierten Kern quellen, wahrend die letzteren beim Fixieren und Einbetten an Volumen verIieren. Del' "Abbau" del' Nucleolen in del' Amitose ist keine Auflosung del' nucleolaren Strukturen, sondern ein Auseinanderfallen del' Aggregate. Aus den Abb. 1-10 kann das Verhalten del' Nucleolen im Zellzyklus abgelesen werden: Die Aggregate zerfallen in fruhen Teilungsstadien (Abb. 1). Danach gewinnen die Untereinheiten auffallend an GroBe und bilden zum Teilauch weniggliedrige Aggregate (Abb. 2 und 3). Wiihrend die GroBe del' Aggregate zunimmt, (Abb.4-6), offnen sich die bis dahin zumeist geschlm;senen Ringstrukturen der Untereinheiten und bilden stark kontrastierbare Strange aus. Das Maximum diesel' Umformung findet sich urn das Ende del' S-Phase (Abb.5 und 6). Verformungen diesel' Art sind abel' in einzelnen Makronuclei auch bis zum Alter von 36 Std. zu finden. Das entspricht del' allgemeinen Variabilitat del' Stadien. Dann vollziehen sich die Verformungen abel' nicht synchron an allen Untereinheiten (Abb. 10). Die nucleolaren Substanzanhaufungen zwischen den Untereinheiten, welche ansonst in diesem Interphasealter auftreten (Abb. 8 und 9), fehlen in solchen Kernen - ein weiteres Kennzeichen ihres abweichenden Zustandes. Vielleicht handelt es sich urn diejenigen Zellen, welche erheblich verspatet zur Teilung schreiten. SpateI' (Abh. 7 -9), in G2 , sind die Untereinheiten offensichtlich vermehrt (odeI' in Vermehrung?), kleiner und meistens zu groBen Aggregaten vereinigt(G1gibt es nicht; del' Phasenablauf wurde von JUST 1973 beschrieben). Die Vermehrung del' Untereinheiten scheint also mit einiger Streuung besonders von del' Mitte del' Interphase an zu geschehen. 1m Laufe del' S-Phase (vielleicht schon wahrend del' Teilung begi111lend) konnten ihre Chromosomenabschnitte repliziert worden sein und im Stadium del' Umformung (Abb. 5 und 6) die Chromatidentrennung eintreten. In diesem interphasischen Zyklus del' nucleolaren Untereinheiten finden sich "Obereinstimmungen mit del' zitierten Beschreibung von JURAND, BEALE und YOUNG (1962). Dort wurden ebenfalls urn die Mitte del' Interphase Verformungen del' "large bodies", sowie in spateren Stadien auf Verdoppelungen diesel', den hier vorIiegenden Untereinheiten entsprechenden Korper hindeutende Anorduungen gesehen. Wie hier
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sind auch bei P. aurelia diese Vorgange am Nucleolarmaterial nicht scharf synchronisiert. Man darf annehmen, daB die kompakten Massen von Nucleolarsubstanz, welche bei P. aurelia nach Bestrahlung mit hohen UV-Dosen auftreten (KIMBALL 1949), aggregierte large bodies enthalten und somit den Nucleolen von P. bur8aria vergleichbar sind. In den Abb. 1-10 sind keine verbindende Fibrillen del' Granulaketten kontrastiert Dementsprechend besteht auch beim Nucleolarmaterial del' Eindruck, daB nur NichtDNS-Strukturen dargestellt sind (RNS und/oder Proteine). In 2 Zeitahschnitten ist an del' Oberflache del' Untereinheiten die Ahsonderung feingranular-fadigen Materiales zu erkennen: Erstens in mittleren bis spaten Teilungsstadien beginnend mit dem Maximum etwa 2-3 Std. nach del' Teilung (Ahb. 3) und zweitem; in del' zweiten Halfte del' Interphase (friihestens im Beginn von G2 ). Besonders massiv vollzieht sich die Substanzabgabe del' Untereinheiten im ersten del' genannten. Zeitabschnitte. Die einzeln im Makronucleus verstreuten Untereinheiten erreichen bei Beginn dieses Vorganges ihre maximale GroBe. Das abgestoBene Material bildet feinkornige Anhaufungen und Strange, welche die Starke del' zu diesel' Zeit in Kondensation begriffenen Chromosomenfragmente erreichen (Abb. 11-12). In 6-7stiindigen Kernen (Abb. 4 und 12) ist diesel' Vorgang noch nicht abgeschlossen, die GroBe der Untereip.heiten aher schon stark reduziert. Urn die Untereinheiten bilden sich keine nennenswerten Anhaufungen des Abscheidungsmateriales diesel' ersten Phase. Offenbar verteilt es sich rasch im Makronucleus. Das im zweiten Zeitabschnitt (spat in del' InterphasE') abgegebene Materialliefert ahnliche Bilder. Es erscheint aher minder kompakt liber langere Zeit verteilt an den jetzt nicht auffallig vergroBerten Untereinheiten und sammelt sich in den Aggregatnucleolen an (Abb. 7, 8 und 9). In friihen Teilungsstadien, beim Zerfall del' Aggregate, wi I'd es im Makronucleus verteilt (Ahh. 1 und 2). UnterschiE'de del' Struktur der in den heiden Absonderungsperioden entstandenen Substanzen sind in den vorliegenden Bildern nicht zu finden. Die mehr odeI' weniger strangigen Gehilde bestehen aus feinen Kornchen, welche vielfach von zarten Fibrillen zusammengehalten werden. Es liegt nahe, darin RNS-haLiges Material zu vermuten.
Die Chromosomen der Makronucleusanlage Da die Gl'anulaketten des Makronucleus als Chromosomenfragmente zu deuten sind, muBte die Anlagenentwicklung erneut untersucht werden. Zunachst wurden die Paarungstypen II und III herangezogen. Abb. 31 und 32 zeigen einen Mikronucleus und eine Makronucleusanlage aus del' gleiehen Zelle im Al er von 26-301 / 2 Std. nach Beginn del' Konjugation. Diese Kerne sind nach del' Zerstorung del' Zelle keiner anderen Einwirkung als del' des Kulturmediums ausgesetzt worden. Die Anlage ist bereits groBer als del' Mikronucleus. Ihre Chromosomen sind an den freien, dem Primarpol zugewendeten Enden stark verdickt (zur Polaritat des Mikronucleus siehe SCHWARTZ 1964 und 1976). Da solche Objekte zu dick fUr eine Detailbeohachtung (besonders im Phasenkontrast) sind, wurden sie durch Alkohol-Essigsaurefixierung aufgelockert. Dureh die Saure wird das bei den Tieren des Syngen 1 reiehlich VOI'-
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handene Spindelmaterial ~es Mikronucleus unter starkem Schwellen des Kernes augenbIicklich aufgelost. Bei fruhen Mitosestadien und bei den Mikronuclei der Exkonjuganten platz dabei die Kernmembran und die Chromosomen werden verstreut und schwimmen gewohnlich davon. Die Fixierung mit den gleichen Mitteln innerhalb der Zelle hat weniger drastische Wirkungen. Das zuvor coagulierte Cytoplasma verhindert die Explosion des Mikronucleus. Dann verur~acht die Aufquellung des Spinclelmateriale3 lediglich den bekannten leeren Hof urn den fixierten Kern Abb.33).
Wie dem Mikronucleus ergeht es bei saurer Fixierung den fruhen Anlagen (etwa bis zum Alter von 27 Std.). Spater (etwa ab 28 Std. nach Konjugationsbeginn) kommt es zwar auch zur Sprengung der Kernmembran. Aber die Chromosomen der Anlage bleiben uberwiegend oder vollstandig beisammen. Ihre sekundarpolnahen Enden konvergieren mehr oder weniger. Die Divergenz zum Primarpol hin lockert die Packung der verdickten Enden so weit auf, daB nun - u. U. bei Deckglasdruck - die Anschwellungen gut siehtbar sind. Die Abb. 34-36 zeigen solche Falle neben Resten eines Mikronueleus aus der gleichen Zelle (Abb. 37). In diesem FaIle sind die Chromosomen des Mikronucleus nur zum Teilverloren gegangen. Die Chromosomen der Anlage und die terminalen Anschwellungen sind feulgenpositiv. Sofern das Objekt genugend ausgebreitet ist, ist mit Sicherheit zu erkennen, daB jedes beteiligte Chromosom nur eine Anschwellung beisteuert. Dies zeigen auch Teile einer zerstorten Anlage in Abb.38. Ob aIle Chromosomen Anschwellungen bilden, bleibt offen. Jedenfalls beteiligen sieh viele von Ihnen. Unzuverlassige (!) Zahlungen ergaben 43-80 Verdikkungen bei einer Chromosomenzahl von etwa 104 (siehe S. 266). Wahrend die Anschwellungen sich vergroBern, verschwinden im Laufe der nachsten 2-3 Std. die auf den Abb. 32, 34-36 und 38 noch siehtbaren, aber z. T. schon Auflosungserscheinungen zeigenden unverdickten Chromosomenteile. Da keine zusatzliche Generation von Verdickungen in dieser Region cler Anlage entsteht, ist zu schlieBen, daB diese Teile der Chromosomen der Resorption verfallen. Schon in Altersstufen von 32 Std. an sind nur noch die Verdickungen und keine Chromosomen im ursprunglichen Zustande zu sehen. Nur eine Deutungsmoglichkeit fUr diese Bilder bietet sich an: Bestimmte kinetochornahe Teile der Chromo so men werden fUr sich amplifiziert und der Rest der Chromosomen abgebaut. Sehr bald erscheint in den Anschwellungen die typische Makronucleusstruktur, die Granulaketten. Abb. 39-41 zeigen nebeneinander Aufnahmen der gleichen Makronueleusanlage. Sie hat ein Alter von 3F/ 2 -321 / 2 Std. Die Hellfeldbilder geben bereits die Granulakettenstruktur wieder. 1m Phasenkontrast sind die Territorien der Anschwellungen noch gegeneinander abgegrenzt. Die geringe Lange der Fadenstrukturen im Makronucleus laBt sieh also dadurch deuten, daB nur kurze Abschnitte der Chromosomen in die Makronucleusentwicklung eingehen, dabei aber dekondensiert und langer werden als die terminalen Chromosomenverdickungen in den fruhen Anlagen. Diese Beschreibung der Makronucleusentwicklung von P. bursaria setzt sich auf den ersten Blick in Widerspruch zu Teilen der Darstellung, welche EGELH.A..A.F (1955)
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fur das gleiche Objekt gegeben hat. Die Diskrepanz erklart sich nul' teilweise aut; del' wenig verschiedenen Untersuchungstechnik. Entscheidend ist die Verschiedenheit del' Objekte. EGELHAAFS Paramecien stammten aus del' Tubinger Region und gehorten daher sichel' nicht dem hier untersuchten Syngen 1 an, das in Europa biRher nicht gefunden worden ist (BOMFORD 1966). Auch in Ttibingen und Umgebung ist nach den hie' vorkommenden Paarungstypen gesucht worden (STEINHEIL, unverOffentlicht). Prapariert man Macronucleusanlagen del' Ttibinger Stiimme G2 und G3 in del' gleichen Weise wie das Objekt del' Abb. 35-37, so erhiilt man Bilder, welche mit denen del' Objekte EGELHAAFS vergleichbar sind (Abb. 42). Die Unterschiede gegentiber den Stammen des Syngen 1 sind, daB bei hoherer Chromosomenzahl viel mehr, abel' auch viel kleinere Verdickungen an den primiirpolnahen Chromosomenenden entstehen, so daB im Gedrange diesel' Gebilde nicht zu entscheiden iRt, ob eines odeI' mehrere von einem Chromosom abgegliedert werden und daB die zu resorbierenden Chromosomenteile zu einem massiven Binnenkorper verschmelzen. Das Schicksal des letzteren ist weiter verfolgt worden: Del' Binnenkorper ist oft zu Anfang mehrteilig und mit Fortsatzen ausgestattet (siehe auch die Abbildungen EGELHAAFS). Er ist zuniichst Rtark methylgrun-farbbar. SpateI' kugelt er sich ab, wird vakuolisiert (Ahb. 44) und verliert die Fiirbbarkeit. Ehe er verschwindet ist er nach Methylgrun-PyroninFarbung im Hellfelde kaum odeI' nicht mehr sichtbar, im Phasenkontrast abel' noch aufzufinden (Abb. 45 und 46). Bei den Stammen G2 und G3 ist diesel' Stand gegen 50 Std. nach del' Trennung del' Exkonjuganten erreicht. Nach diesem Ablauf erscheint es als ausgeschlossen, daB das Material des Binnenkorpers, wie es in EGELHAAFS Bearbeitung als wahrscheinlich erschien, direkt an del' Bildung weiteren Makronucleuschromatins beteiligt ist. Vielmehr wird es resorbiert. Totalpriiparationen del' ZeBen fiihren zum gleichen Ergebnis, wenn auch bei schlechterer Erkcnnbarkeit del' Einzelheiten (Abb. 47). Es entsteht del' Amchein, als bedinge del' erhebliche Unterschied del' Chromosomenzahlen del' Mikronuclei zwischen den Stammen II2 und III9 auf del' einen Seite und den Ttibinger Stammen auf del' anderen die unterschiedlichen Bilder del' Makronucleusentwicklung. N och kann keine Kausalbeziehungin diesem Sinne behauptet werden (siehe S. 267). Es ist hierbei zu beachten, daB CHEN (1940) selbst innerhalb cines Syngen extreme Verschiedenheiten del' Chromosomenzahlen gefunden hat.
Chromosomenzahlen Die vorliegenden Fragen lieBen wiederholt die Kenntnis del' Chromosomenzahlen del' Objekte als wtinschenswert erscheinen. Die Bestimmung derselben gelang jedoch nur mit einiger Annaherung. Die Mikronuclei del' Konjuganten enthalten unmittelbar nach dem Halbmondstadium Tetraden. Diese konnen in freipraparierten Kernen del' Stamme II2 und III9 mit einiger Zuverlassigkeit gezahlt werden. Dazu empfiehlt es sich, dem Praparat ein Gemisch von gleichen Teilen von Glycerin und O,2prozentigel' Essigsaure zuzusetzen. Die Rchwache Saure lOst das optisch storende Spindelmaterial weitgehend auf. Del' Glycerinanteil und Spindelreste, welche bei del' geringen 18
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Saurekonzentration erhalten bleiben, verhindern das Aufkommen BRowNscher Bewegung del' Chromosomen. Sobald die uniibersichtliche Lagerung del' (wahrscheinlich weitgehend dekondensierten) Chromosomen des Halbmondstadiums voriiber ist, kann (u. U. unter Zuhilfenahme eines Netzokulares) gezahlt werden. Diese Kerne wurden nicht gepreBt. In del' Technik CHENS (1946) konnte ich keinen Vorteil sehen, weil sie die Schwierigkeit del' optischen Trennung dicht iibereinander liegender Chromosomen nicht aufhebt. Bei Lagerung in 3-4 °C laBt das geeignete Zellstadium noch nach 3 Tagen Zahlungen zu. Del' Ablauf del' Meiose wird durch die Kalte stark gehemmt und die Spindelentwicklung gestort (Abb. 25-27 und 50). Die gefundenen Anzahlen schwanken um 52 Tetraden. DaB es sich bei den chromosomalen Einh iten dieses Stadiums um Tetraden handelt, zeigen einerseits als Chiasmen zu deutende Konfigurationen (Abb. 48) und andererseits der Inhalt eines Kunes, del' an die Wasseroberflache geraten und durch die Oberfliichenspannung zerstort worden war. Dabei hat sich ein Ende einer zudem stark gedehnten Tetrade 2mal in Untereinheiten aufgetrennt (Abb. 51 und 52). Abb. 50 zeigt eine in del' Kalte entstandene chaotische Spindel del' ersten Reifungsteilung. Ihre Faserbiindel sind in allen Richtungen des Raumes orientiert. Sie gehen offenbar von den Kinetochoren aus (siehe auch DIETZ 1963). Bleibt infolge zu friihen Uberganges in die Kalte die dichte Lagerung del' Chromosomen des Halbmondstadiums teilweise erhalten, so gehen die Fasern stets von dem Chromosomenballen aus (Abb. 25 und 26). Dies ist ein weiterer Hinweis auf die Bedeutung del' Chromosomen (wohl del' Kinetochoren) fUr die Mol'phogenese del' Spindelproteinstrukturen, auf die kiil'zlich bei verschiedenen Zellstadien von P. bur8aria geschlossen wul'de (SOHWARTZ 1976). In einigen Fallen fand sich in kalt gelagel'ten Zellen die doppelte Anzahl chromosomalel' Einheiten (Gemini) in der Prophase I, teils in auffallend paralleler Lage (Abb. 49, geziihlt 105 Einheiten. Die Abbildung ist ein optischer Schnitt). Wenn man demnach mit etwa 52 Tetraden bei den untersuchten Stammen des Syngen 1 rechnet, kommt man CHENS Feststellung, die Diploidzahl liege bei P. bur8a1'ia bei etwa 80 Chromosomen einigermaBen nahe (CHEN 1940). Dagegen besitzen die neuerlich in Tiibingen isolierten Klone wesentlich hohere Chromosomenzahlen. Es gelang nicht, mit einiger Sicherheit auszahlbare Praparationen zu gewinnen. Prapariert man diese Kerne in del' oben angegebenen Weise, so star en die vielen Uberlagerungen das Phasenkontrastbild und damit die ZahlmogIichkeit. Nach mehl'fach vorgenommenen Schatzungen liegt die Anzahl del' Tetl'aden zwischen 120 und 180 (Abb. 53). Sie fallt also in den Bereich del' von CHEN (1940) angegebenen Chromosomenzahlen polyploider Rassen: einige hundert.
Diskussion Nul' ein Teil del' Chl'omosomen des Mikl'onucleus bleibt in der Anlagenentwicklung bei P. bur8aria erhalten. Die Vorgiinge, die zu diesem Resultat fUhren, lassen sich mit friiheren Eefunden in Beziehung set-zen: Die Zunahme del' DNS-Menge im Friihstadium del' Makronucleusanlage (SOHWARTZ und MEISTER 1975a) fallt zeitlich mit del' Entstehung, bzw. dem Wachstumsbeginn del' nun gefundenen feulgenpositiven
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Verdickungen an den Chromosomen zusammen. AuBerdem deckt sich auch die daran anschlieBende "feulgennegative Phase" der Anlage, in der eine Abnahme der DNSMenge gefunden wurde, zeitlich mit dem Schwinden der zugrunde gehenden Chromosomenteile. Uberraschend ist die starke Variation der cytologischen Bilder, unter denen sich die Anlagenentwicklung vollzieht. Wahl'end im vorliegenden Material 2 verschiedene AbIaufe gezeigt werden konnten: Abbau groBer Teile del' Chromosomen ohne oder mit Zusammenballung zu einem Binnenkorper von bedeutender GroBe, hat zuvor EGELHAAF (1955) bei anderen Stammen del' gleichen Spezies Verhaltnisse vorgefunden, welche zwischen den beiden hier beschriebenen Typen liegen: eine lockerere Verklumpung del' Chromosomen, wobei freie Endteile derselben libel' Iiingere Zeit erkennbar blieben. Das hat damals zu den SchIlissen gefUhrt, daB - libereinstimmend mit den neuen Befunden - an den primarpolnahen Enden der Chromosomen "kIeinere Chromosomen-'Fragmente' auftreten" (S. 462) und ferner - abweichend yom jetzt vorIiegenden ResuItat - daB die Umwandlung in die Makronucleusstruktur "fortschreitend das ganze Chromosom" erfasse (S. 465). Die letztere Interpretation mag auch durch die zu jener Zeit allgemein anerkannte Beurteilung des Makronucleus als eines hochpolyploiden Kernes (SONNEBORN 1947, GRELL 1953) beim Doktoranden und seinem Betreuer beglinstigt worden sein. Reute liegen die eingangs erwahnten Untersuchungen an Stylonychia, Oxytricha und Chilodonella VOl'. Sie zwingen zu del' Auffassung, daB die Makronuclei dieser Objekte einen gegenliber dem Mikronucleus deutlich diminuierten Genomanteil fUhren. Dem schlieBt sich nun die vorliegende Untersuchung bezugl ich P. bursaria an. Diese Tatachen fUhren mit Notwendigkeit dazu, daB die Bezeichnung "polyploid" fUr die Makronuclei der genannten Objekte in Zweifel gezogen wird. Diesen Kernen fehIen Teile des Ohl'omosomensatzes del' Art. Bei P. bursaria gibt es auch keine cytologisch der Endomitose vergleichbaren Ablaufe wie bei Ephelota gemmipara (GRELL 1953) und auch keine Stadien der Polytanisierung. Die kurze Phase der DXSVermehrung in der fruhen Anlage (SCHWARTZ und MEISTER 1975a) ist wahrscheinlich schon durch Replikationsrunden in den verdickten Chromosomenteilcn hinreichend gedeutet. 'Vas del' Makronucleus von P. bursaria enthiilt sind zahllose Replikate kurzer Chromosomenstlicke, also Produkte einer Amplifikation. Ein neuer Terminus sollte eingefuhrt werden. "AmpIiploidie" konnte passen. Da Polyploidie nicht gegeben ist, sind auch Berechnungen der Anzahl del' im Makronucleus enthaltenen Genome aus dem relativen DNS-Gehalt illusoriRch. Die sich aufdrangende Yermutung einer Kausalbeziehung zwischen der Anzahl der jeweils vorliegenden mikronuclearen Ohromosomen und dem Modus der Chromosomenresorption in del' Anlage (mit oder ohne Binnenkorperbildung) muB noch ungeklart bleiben. EGELHAAF fand in seinem Material, allerdings durch Auszahlen minder gunstiger Stadien, 20-30 Ohromosomen (haploid), alRo weniger als bei den hier bearbeiteten Syngen I-Stammen. Dennoch trat in den Anlagen ein Binnenkorper auf. Ohromosomenfragmen te als ausschlieBIich vorliegende DNS-haltige Strukturen im Makronucleus sollen hier nur diskussionslos als Ergebnis der angewandten MeIS'
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thoden hingestellt werden. Es sei aber an den oben zitierten Befund von EGELHAAF erinnert. Widerstreitende Befunde sind an anderen Objekten mit anderer Entwicklungsweise und unter Anwendung anderer Methoden erhoben worden (Stylonychia: Zerfall der Riesenchromosomen in kleinste Fragmente; AMMERMANN 1965. Dagegen bei der nahe verwandten Form Oxytricha: Chromatinstrange im Makronucleus als granulare Fadenstrukturen; LIEDER und RUTHMANN 1976). Erwahnt sei aber, daB LIEDER und RUTHMANN bei ihrem Objekt einen morphologischen Zyklus im Makronucleus gesehen haben. Er ist jedoch mit den hier in Abb. 1-10 wiedergegebenen Zyklen nicht vergleichbar. Nach einer von SONNEBORN (1947) ursprunglich fur P. aurelia entworfenen Hypothese enthalt der Makronucleus zahlreiche als Untereinheiten zusammengefaBt fortbestehende Mikronucleusgenome. Diese sollen komplett, der Makronucleus also in streng em Sinne polyploid sein. Fur P. bursaria kann dies nicht in vollem Umfange gultig sein, weil die Vollstandigkeit des Genoms im Makronucleus nicht gegeben ist. Untereinheiten, fUr deren Existenz ja genetische Erfahrungen sprechen, sind dadurch nicht ausgeschlossen. Sie muBten aber inkomplett sein. Fur derartige Untereinheiten ist die Benennung "Nucleosomen" vorgeschlagen worden (VOROBEV und Mitarb. 1975), ein heute anderweitig verwendeter Terminus. Morphologische Befunde zugunsten der Untereinheiten gibt es nach wie vor nicht, es sei denn, die Interpretation von JURAND, BEALE und YOUNG (1962) lieBe ,ich verifizieren, wonach die large bodies - den hier beschriebenen Untereinheiten der Nucleolen entsprechend - mit den genetischen Untereinheiten identisch seien. In den untersuchten Zellstadien haben sich keine Anhaltspunkte damr gefunden, daB das makronucleare Chromatin durch Verdoppelungen an den Chromosomenfragment en vermehrt werde. Dadurch sind Verdoppelungen an diesen Strukturen noch nicht ausgeschlossen. Doch mussen andere Moglichkeiten im Auge behalten werden, insbesondere die master-slave-Hypothese von ALLEN und GIBSON (1972). Mindestens die Loxodidae (RAIKOV 1959) und die Trachelocereidae (RAIKOV 1958 und TORCH 1964) praktizieren ein master-slave-Verhaltnis. Ihr funktionelles Chromatin ist replikationsunfahig. Es muB in jeder Zellteilung aus dem Mikronueleus (Loxodes) oder aus dem mikronuclearen Anteil des "zusammengesetzten Kernes" (Traeheloeereidae) erganzt werden. Eine den Mikronuclei dieser Formen vergleichbare Rolle konnte im vorliegenden FaIle, sehr hypothetisch (!), der in den Chromosomenabschnitten der Nucleolen enthaltenen DNS zugedacht werden. Das kame der master-slaveHypothese und der oben zitierten Auslegung von JURAND, BEALE und YOUNG (1962) zugute, wona~h die large bodies die genetischen Untereinheiten seien. Vordringlich muB also der gewiB erhebliche molekulare Umsatz der nucleolaren Untereinheiten (siehe S. 263) geklart werden. Eine wahl priifbare Kansequen,,; einer "olchen Vorstellung liegt darin, daB eine Beschrankung der DNS-Replikation im Makronueleus auf die nucleolaren Untereinheiten zur Folge haben muBte, daB das nach der Anlagenentwicklung im neuen Makronucleus gegebene Spektrum der DNS-Sequenzen sich im Laufe der folgenden vegetativen Teilungen auf die Sequenzen des einen oder weniger Nucleolenchromosomen einschranken miiBte. Eine einseitige Anreicherung wiirde
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also erwartet werden. Ware es so, ki:innte das dem Verstandnis des DNS-Riickganges in den Makronuclei junger Caryoniden (SCHWARTZ und MEISTER 1975b und KLASS und SMITH-SONNEBORN 1976) und der Phase der Unreife im Lebenscyklus der Ciliaten dienen.
Zusammenfassung Quetschpriiparation nach Erweichen des makronucleiiren Gels ergibt, daJ3 del' Makronucleus von P. bursaria kurze Granulaketten enthiilt, welche als Chromosomenfragmente zu deuten sind. Die Untersuchung von Makronucleusanlagen fiihrt zu dem SchluJ3, daJ3 nur kurze kinotochornahe Fragmente del' Chromosomen amplifiziort und in den Makronucleus iibernommen werden, diesel' Makronucleus also nicht komplette Mikl'onucleusgenome enthalte. Das Bild del' Resorption groJ3er Teile del' Chromosomen wechselt zwischen verschiedenen Stiimmen. Der Makronucleus von P. bursaria ist also nicht polyploid, weil ihm Teile des Artgenoms fehlen. Elektronenmikroskopisch hat sich ein Kondensationszyklus del' Chromosomenfragmente und ein morphologischer Zyklus des Nucleolarmateriales ergeben. Die Nucleolen sind Aggregate von Untereinheiten, welche wiihrend del' Amitose auseinanderfallen und in der Interphase erneut aggregieren. Die Vermehrung der Untereinheiten fiillt in die zweite Hiilfte del' Interphase. 2 Phasen del' Substanzproduktion an ihnen bediirfen noch der Untersuchung. Beziiglich del' Vermehrung der Chromosomenfragmente besteht noch Unklarheit. Del' Unterschied der Chromosomenzahlen zwischen aus den USA erhaltenen Tieren des Syngen 1 und in Tiibingen isolierten Stiimmen liegt in der GroJ3enordnung del' groJ3ten von CHEN festgestellten Differenzen bei diesel' Art. Etwa 52 Tetraden fanden sich im amerikani· schen Material, 120 -180 wurden bei Tiibinger Stammen geschiitzt.
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Tafelerklarungen Abb. 1-13a elektronenmikroskopische, ab Abb. 14 lichtmikroskopische Bilder. Strichmarken:
I
I Iflm, I
I lOpm. Tafel 1.
Abb. 1 und 2. Ein friihes und em mittleres Teilungsstadium mit beginnender Chromosomenkondensation. Auseinanderfallen der Aggregatnucleolen. Abb. 3. 2 - 3 Std. nach del' Tcilung. Maximale Kondensation der Chromosomen. Absonderungsaktivitat del' Nucleolen. Abb.4_ 61 / 2 -7 Std. nach der Teilung. Dekondensation der Chromosomen noeh nicht beendeL Die Untereinheiten del' Nueleolen haben zu aggregieren begonnen. Sie geben noeh Substanz abo In vereinzelten Fallen beginnt ihre Verformung. Abb. 5 und 6. 161 / 2 Std. Interphasealter. 2 verschiedene Kerne im Stadium der maximalen Verformung der nucleolaren Untereinheiten. Die Dekondensation der Chromo so men ist beendet. Abb. 7. 24 Std. nach del' Teilung. Die Verformung der Untereinheiten ist weitgehend abgeschlossen. Wiecleraufbau der Aggregate. Abb. 8 und 9. 28 und 36 Std. alt. GroBe Aggregate mit starker Anhaufung von Abscheidungssubstanzen der Untereinheiten. Abb.l0. 36 Std. alt. Verzogerte und unvollstandige Verformung der Untereinheiten. Gelockerte Aggregate. \Vie in Abb. 5 und 6 Iwine Ansammlung nucleolarer Abscheidungssubstanz. Tafel 2. Abb. 11. Nucleolare Untercinheiten im Interphasealter von 2-3 Std. Abb. 12. Nucleolare Untereinheiten im Alter von 61 / 2 Std. Abb. 13. Nucleolare Untereinheiten im Alter von 28 Std. (Ausschnitt aus Abb. 8.) Abb. 13a. Nucleolare Untereinheiten im Alter von 36 Std. (gleicher Kern wie in Abb. 9, jedoch ein anderer Schnitt). Abb. 14 - 17. GepreBter interphasischer Makronucleus zwischen gekreuzten Nikols: 14 Spharitenkreuz, 15 positives Kreuz bei eingesehaltetem Berek-Kompensator, 16 Ubergang zum negativen Kreuz, 5 Min. nach Zugabe von 0,15 % Salzsaure, 17 negatives Kreuz nach voriibergehender Druckentlastung zur Erleichterung des Vordringens der Saure. Abb. 18. Positives Kreuz in einem pepre13ten Teilungsmakronucleus (mit Kompensator). Abb. 19. Nach 6stiindiger Colehicinbehandlung in Phosphatlosung gepre13ter und fixierter Makronucleus aus einer frisch geteiltcn Zelle. Radiale Ordnung des Inhaltes. Abb. 20. Unfixierter Makronucleus aus einer frisch geteilten Zelle. Abb. 21. Makronucleus eines Exkonjuganten (Stamm II 2 x III 9) < 30 Stunden nach Konjugationsbeginn. Alkohol-Essigsaure-Fixierung - voriibcrgehende Pressung - Orcein-Essigsaurefarbung. Abb.22. Granulakcttcn aus cinem interphasischen Makronucleus nach Quellung in Phosphatlasung, Pres sung und Orcein-Essigsaure-Farbung. Dichte Lagerung del' Granulaketten an Orten aufgelaster N ucleolcntcile. Abb.23. Granulaketten aus einem 18 Std. alten Interphasekern. Quellung in Phosphatlosung Pres sung -- Alkohol-Essigsaure-Fixierung - Leitungswasser. Tafel 3. Abb. 24. Granulaketten aus 15 Std. altem Interphasekern. Schwarze Ballen sind Teile eines zerdrilckten Nucleolus. 11 Min. Colchicin - Phosphatlosung - Pressung - Methylgriln-Pyronin.
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Abb. 25. Fruhmeiotiseher Mikronucleus naeh 50stundiger Lagerung in 3 - 4 ° C. Chaotische Spindelfasern. Abb.26. Das gleiche Objekt wie Abb. 25 naeh Alkohol-Essigsaure-Fixierung und in Zuekerlosung eingesehlossen. Abb.27. Teil eines Chromosoms aus dem Objekt der Abb. 26, jedoch nach einem anderen Negativ. Gleiehe Vergrol3erung wie Abb. 24. Abb. 28. 24stundiger Interphase-Makronueleus. Die gequollenen Untereinheiten der Nucleolen sind erkennbar. 5 Std. Colchicin in 3 - 4 °C - Phosphatlosung - leichter Deckglasdruck. Abb. 29. 22stundiger Interphase-Makronucleus. 8 Std. Colchicin in 3 - 4 °C -Pressung - Alkohol-Essigsaure-Fixierung.
Phosphatlosung
Abb.30. 16stundiger Interphase-Makronucleus. Granulaketten aus z. T. im Verformungszustande befindlichen Untereinheiten der Nucleolen. 7 Std. Cole hie in in 3-4 °C - Phosphatlosung - Pressung - Alkohol-Essigsaure-Fixierung - Celloidinlosung - Pronase (Img/ml). Abb. 31 und 32. Mikronucleus und Makronucleusanlage aus einem Exkonjuganten (II 2 X III 9) 26- 301 / 2 Std. nach Konjugationsbeginn. Abb. 33. Exkonjugantenkerne (II 2 X III 9) 29 - 30 Std. nach Konjugationsbeginn. Totalpraparat. Alkohol-Essigsaure-Fixierung - Feulgenfarbung - Euparal. Feulgenpositive Chromosomenverdickungen in den Anlagen. Ein Mikronucleus und eine Anlage aul3erhalb der Scharfeebene.
Tafel 4. Abb. 34. Freipraparierte Anlage eines Exkonjuganten (II 2 X III 9) 32 - 33 Std. nach Konjugationsbeginn. Abb. 35. Die gleiche Anlage naeh Alkohol-Essigsaure-Fixierung. Abb. 36. Die andere Anlage der gleiehen Zelle. Abb. 37. Reste eines Mikronucleus der gleiehen Zelle. Abb.38. Einige Chromosomen aus einer zerstorten 30-31stundigen Anlage aus der gleichen Kreuzung. Feulgenfarbung nach Fixierung in 30 % Essigsaure. Einschlul3 in Euparal. Strukturen durch die Saurebehandlung kontrahiert. Abb. 39 - 41. Makronucleusanlage (II 2 X III 9) 32 - 33 Std. nach Konjugationsbeginn. 1m Hellfeld, im Phasenkontrast und im Hellfelde nach Feulgenfarbung; oben eine Zoochlorelle. Abb. 42 und 43. Makronucleusanlage und ein Mikronucleus der gleichen Zelle aus einem Exkonjuganten G2 X G3. Alkohol-Essigsaure-Fixierung. Bei diesen Stammen ist weniger saureempfindliehe Substanz in den Kernen enthalten: Anlage und Mikronucleus quellen schwacher, der Mikronucleus explodiert nicht. Abb. 44. Anlage aus der Kreuzung G2 X G3, ungefahr 18 Std. nach Trennung der Konjuganten. Grol3er vakuolisierter Binnenkorper. Abb. 45 und 46. Anlage aus der gleichen Kreuzung, 45-50 Std. nach Trennung der Konjuganten. Der mit Methylgrun nicht mehr farbbare Binnenkorper (Abb. 45) erseheint im Phasenkontrastbilde als heller Hof. Alkohol-Essigsaure-Fixierung - Methylgrun-Pyronin. Abb.47. Der Kernbestand eines Exkonjuganten aus der Kreuzung G2 X G3, ungefahr 40 Std. nach der Konjugantentrennung. Totalpraparat. Alkohol-Essigsaure - Chromalaun-Hamatoxylin - Caedax. Abb.48. Tetraden aus der Kreuzung II 2 X III 9. Einige Konfigurationen lassen auf Chiasmen schliel3en. Essigsaure 0,2 % (Chromosomen geraten in BROwN'sche Bewegung) - Glycerin. Abb.49. Prophase I aus der Kreuzung II 2XIII 9 nach 49stiindiger Lagerung in 3-4 °C. Nach langer Kaltlagerung sind die meiotischen Chromosomen kleiner. Glycerin-Essigsaure - Zuckerlosung.
Struktur und Entwicklung des Makronucleus von Paramecium bursa ria
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Abb. 50. Chaotische Spindel des gleichen Objektes wie Abb. 49, jedoch frisch prapariert, noch vor der Glycerin-Essigsaurebehandlung. Abb. 51. Durch die Oberflachenspannung teilweisc auseinandergezogene Tetrade in den Trummern eines Kernes aus der Kreuzung II 2 X III 9. 24 Std. lang in 3 - 4 °C gehaltener Konjugant. Essigsaure 0,1 % - in Glycerin aufbewahrt. Abb. 52. Skizze der gleichen Tetrade nach dem Praparat. Abb.53. Tetraden aus der Kreuzung G2xG3 nach 40 Std. Haltung in saure - Zuckerlosung.
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