Originalia | original articles D O I : 1 0 . 1 0 1 6 / j . d z a . 2 0 1 2 . 0 6 . 0 0 2 5 D t. Z t s c h r . f. A k u p u n k t u r 5 5 , 2 / 2 0 1 2
W. Raith 1,2, G. Litscher 3, I. Sapetschnig 1, S. Bauchinger 1, E. Ziehenberger 1, W. Müller 1, B. Urlesberger 1,2
Veränderung der Hauttemperatur unter Anwendung der Lasernadelakupunktur bei Frühgeborenen Changes in body surface temperature during laser needle acupuncture in premature infants Zusammenfassung
Abstract
Bedingt durch die Nadelaversion bei Kindern hatte bisher die praktische Ausübung der Akupunktur bei Kindern keinen sehr großen Stellenwert in der Therapie der Traditionellen Chinesischen Medizin. Zunehmend werden nun auch Früh- und Neugeborene mit sogenannten „Dreimonatskoliken“ mittels Akupunktur behandelt. Durch die Entwicklung der Laserakupunktur erschließen sich hier neue Dimensionen, aber bedingt durch die histologischen und physiologischen Besonderheiten der Haut dieser Kinder war das Ziel der Studie die Fragestellung, ob Laserakupunktur die Oberflächentemperatur signifikant verändert, und ob dadurch ein potenzielles Anwendungsrisiko für Früh- und Neugeborene besteht. Bei den Probanden handelt es sich um ehemalige Frühgeborene der klinischen Abteilung für Neonatologie der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Graz, bei denen vor der Entlassung eine Schlaflaboruntersuchung durchgeführt wurde. Die verwendete Laserakupunkturnadel (Laserneedle©, Laserneedle GmbH, Berlin, Deutschland) liefert kontinuierliches Laserlicht mit einer Wellenlänge von 685 nm und einer Leistung von 10 mW pro Lasernadel. Nach einer Ruhephase wurde eine Lasernadelakupunktur des Punktes Dickdarm 4 (Hegu) beidseits durchgeführt. Die erste Stimulation erfolgte für 5 min. Nach einer Pause von 10 min folgte eine zweite Stimulation mit der gleichen Leistung für 10 min. Vor sowie 1, 5 und 10 min nach der Laserakupunktur wurden mittels einer Thermokamera (Flir i5, Flir Systems Inc.©, Portland, USA) thermografische Bilder der linken und rechten Hand angefertigt. Jeweils der wärmste Punkt wurde definiert und im Verlauf verglichen. Inkludiert wurden zehn ehemalige Frühgeborene (7 männlich, 3 weiblich). Die Messungen wurden durchschnittlich am 33. Lebenstag durchgeführt (Gewicht bei der Untersuchung 2.030 g, korrigiertes Gestationsalter [GA] 36+3 Schwangerschaftswochen [SSW]). Im Vergleich zur Ausgangstemperatur (32,9 °C) zeigte sich nach 5 min Stimulation ein signifikanter Anstieg der Hauttemperatur (33,9 °C) (p = 0,025). Ebenso zeigte sich ein signifikanter Anstieg nach 10 min Stimulation (34,0 °C) (p = 0,01). Die maximale gemessene Hauttemperatur nach Stimulation war 37,9 °C. Der singuläre Maximalwert von 37,9 °C zeigt die potenzielle Gefahr einer lokalen Erwärmung der Haut auf, erscheint aber im Vergleich zu den lokalen Temperaturen bei transkutaner Blutgasmessung noch ohne Risiko.
Based on the aversion has not played a major role in Traditional Chinese Medicine. One recently established indication for practicing acupuncture in neonates is the treatment of infantile colic. Laser acupuncture provides a non-invasive therapeutic approach, thus excluding the risk of infection caused by needle injuries. When applying laser acupuncture to premature babies and neonates, the degree of temperature increase to the skin has to be evaluated first in order to guarantee safe application. The subjects were formerly premature babies of the Division of Neonatology at Graz University Hospital, Department of Pediatrics, who underwent tests in the sleep lab before being discharged from hospital. The laser needle used for acupuncture (Laserneedle©, Laserneedle EG GmbH, Germany) provides continuous laser light (wavelength 685 nm), and a performance of 10 mW per laser needle. Laser needle acupuncture was performed simultaneously on both hands at point Large Intestine (LI) 4 (= Hegu). The first stimulation lasted for 5 minutes. After an interval of 10 minutes, a second stimulation was carried out in the same way, this time lasting for 10 minutes. Before laser acupuncture application, as well as 1, 5, and 10 minutes after, respectively, thermographic pictures of both the left and right hand were taken by means of a thermal camera (Flir i5, Flir Systems Inc.©, Portland, USA). Subsequently, the warmest spot was identified and compared over the course of time. The study included 10 premature neonates (7 male/3 female). The measurings were carried out on the 33rd day of life (weight 2,030 g, gestational age 36 weeks +3 days of pregnancy). In comparison to the initial temperature (32.9 °C), after 5 minutes of stimulation (33.9 °C) (p = 0.025), and also after 10 minutes of stimulation (34.0 °C) (p = 0.01), there was a significant increase in the skin temperature. The highest skin temperature measured after stimulation amounted to 37.9 °C. However, compared to the local temperatures reached in transcutaneous blood gas measuring still used in the monitoring of premature babies and neonates, the warming of the skin after 5 and 10 minutes, respectively, induced by laser needle acupuncture using Laserneedle© (10 mW/685 nm), doesn’t seem to carry any risks.
Schlüsselwörter
Keywords
Periphere Effekte, Hautoberflächentemperatur, Laserakupunktur, lokale thermische Effekte, Thermografie
peripheral effects, skin surface temperature, laser acupuncture, local warming effects, thermography
OA. Dr. Wolfgang Raith Klinische Abteilung für Neonatologie Forschungsgruppe für Traditionelle Chinesische Medizin in der Pädiatrie, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde
Medizinische Universität Graz Auenbruggerplatz 30 A-8036 Graz
Tel.: +43 (0) 3 16 / 3 85-8 05 99 Fax: +43 (0) 3 16 / 3 85-26 78
[email protected]
1 Abteilung für Neonatologie, Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde. 2 Forschungsgruppe für Traditionelle Chinesische Medizin in der Pädiatrie des TCM Forschungszentrums Graz, Medizinische Universität Graz 3 Stronach Forschungseinheit für komplementäre und integrative Lasermedizin, Forschungseinheit für biomedizinische Technik in Anästhesie und Intensivmedizin und TCM Forschungszentrum Graz, Medizinische Universität Graz
DZ A
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Hintergrund Bedingt durch das eher kleinere Indikationsspektrum im Vergleich zum Erwachsenen und durch die Nadelaversion hatte initial die praktische Ausübung der Akupunktur bei Kindern keinen sehr großen Stellenwert in der Therapie der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Der Schwerpunkt der Behandlung von Kindern lag viel mehr auf Massagen (Tuina), Ernährung nach den 5 Elementen und der Arzneimitteltherapie. Wenn eine Akupunkturbehandlung durchgeführt wurde, beschränkte diese sich meistens auf die kurz dauernde Sofortnadeltechnik, da erst ab einem gewissen Alter das „Stechen“ und „Liegenlassen“ der Akupunkturnadel akzeptiert wird. In der Vergangenheit finden sich daher nur vereinzelt Publikationen zu diesem Thema, im Vergleich zum doch großen Interesse an der Akupunkturbehandlung beim Erwachsenen [1, 2]. In den letzten Jahren hat das Interesse an komplementärmedizinischen Behandlungen insgesamt [3] und auch an der Akupunkturbehandlung von Kindern deutlich zugenommen [4, 5]. Auch wenn es bisher nur wenige randomisierte Studien zur Akupunkturbehandlung von Kindern gibt, gilt die Akupunktur als effektiv und sicher, vorausgesetzt sie wird unter standardisierten Bedingungen von gut ausgebildeten AkupunkteurInnen angewendet [6, 7]. Durch die Entwicklung der Laserakupunktur erschlossen und erschließen sich in der Behandlung von Kindern neue Dimensionen [8]. Für Laserakupunktur von Kindern gibt es bisher nur wenig Literatur, und je nach Indikation fehlen oft auch eindeutige Empfehlungen z. B. bezüglich der Therapiedauer [9, 10]. Wenn auch bisher nur vereinzelt, wird die Akupunktur im Säuglingsalter [11] im Westen als Therapie bei der infantilen Kolik angewendet. Dabei handelt es sich um eine Sofortnadelungstechnik mit Einmalnadeln [12–15]. Mit der Laserakupunktur würde sich hier ein nicht invasiver therapeutischer Ansatz ergeben, und zusätzlich wäre das bei Stichverletzungen bestehende Infektionsrisiko auszuschließen [13, 14]. Allerdings gilt auch für die Laserakupunktur, je nach Klassifikation des Lasers, dass ein Risiko für die Haut [15] nicht auszuschließen ist – oder wie diese Frage in einer Abhandlung über Laserakupunktur so treffend zusammengefasst wird: Although there is no doubt that acupuncture needles can penetrate skin, a crucial question for laser acupuncture is, can laser energy do the same? [16] Da speziell die Haut des Früh- und Neugeborenen verschiedene histologische und physiologische Besonderheiten aufweist und zudem eine Normalisierung der Schwitzfunktion erst im Verlauf der ersten sechs bis acht Lebensmonate eintritt [17], würde für diese sensible Patientengruppe eine Erwärmung der Haut durch die Laserakupunktur ein besonderes Risiko darstellen.
Zielsetzung Ziel der Studie war die Fragestellung, ob Laserakupunktur die Oberflächentemperatur signifikant verändert, und ob dadurch ein potenzielles Anwendungsrisiko besteht.
Akupunktur Deutsche Zeitschrift für
klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Graz, bei denen vor der Entlassung eine Schlaflaboruntersuchung durchgeführt wurde. Die Eltern der Probanden wurden über die Untersuchung aufgeklärt und gaben schriftlich ihr Einverständnis. Die Studie wurde von der Ethikkommission der Medizinischen Universität Graz geprüft und genehmigt (21-338 ex 09/10). Laserakupunktur Die Probanden wurden bequem auf einem Babytherm 8000 Inkubator (Dräger GmbH, Lübeck, Deutschland) im Rahmen der Schlaflaboruntersuchung gelagert. Eine Phase von 10 min Ruhezeit wurde bei jedem Probanden vor Applikation der Lasernadel eingehalten, damit sich die Hauttemperatur des Säuglings stabilisiert. Die verwendete Laserakupunkturnadel (Laserneedle©, Laserneedle EG GmbH, Berlin, Deutschland) liefert kontinuierliches Laserlicht mit einer Wellenlänge von 685 nm und einer Leistung von 10 mW pro Lasernadel. Nach einer Ruhephase von 25 min wurde eine Lasernadelakupunktur des Punktes Dickdarm 4 (Hegu) beidseits durchgeführt. Die erste Stimulation erfolgte für fünf Minuten. Nach einer Pause von 10 min folgte eine zweite Stimulation mit der gleichen Leistung für zehn Minuten.
Thermografie Vor sowie 1, 5 und 10 min nach der Laserakupunktur wurden mittels einer Thermokamera (Flir i5, Flir Systems Inc.©, Portland, USA) thermografische Bilder der linken und rechten Hand angefertigt (s. Abb. 1). Jeweils der wärmste Punkt wurde definiert und im Verlauf verglichen. Raumtemperatur und Raumfeuchte wurden während des Zeitraums der Untersuchung konstant gehalten. Zum Zeitpunkt der Untersuchung wurden keine die Durchblutung verändernden Medikamente eingenommen. Statistik Alle Daten werden als Mittelwert +/– SD angegeben, die statistische Auswertung erfolgte mittels ANOVA für wiederholte Messungen, bzw. Tukey-Test.
Abb. 1: Beispiele der mit der Thermokamera angefertigten Bilder, nach Laserakupunktur am Akupunkturpunkt Dickdarm 4 (Hegu)
Ergebnisse Methodik Probanden Bei den Probanden handelt es sich um ehemalige Frühgeborene der klinischen Abteilung für Neonatologie der Universitäts-
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Inkludiert wurden zehn Frühgeborene (sieben männlich, drei weiblich, Gestationsalter [GA] 31+5 Schwangerschaftswoche [SSW], Geburtsgewicht 1.703 g). Die Messungen wurden durchschnittlich am 33. Lebenstag durchgeführt (Gewicht bei der Untersuchung 2.030 g, GA 36+3 SSW).
Originalia | original articles W. Raith
Veränderung der Haut temperatur unter Anwendung der Lasernadelakupunktur bei Frühgeborenen
Insgesamt ergaben sich daraus 20 thermografische Messungen zu den oben genannten Messpunkten. Im Vergleich zur Ausgangstemperatur (32,9 °C) zeigte sich nach 5 min Stimulation ein signifikanter Anstieg der Hauttemperatur (33,9 °C) (p = 0,025). Ebenso zeigte sich ein signifikanter Anstieg nach 10 min Stimulation (34,0 °C) (p = 0,01). Die maximale gemessene Hauttemperatur nach Stimulation war 37,9 °C (s. Abb. 2).
Diskussion Im Rahmen der Akupunkturforschung spielen neben zentralen auch periphere Effekte, wie die Veränderung der Hautdurchblutung durch Akupunktur, eine wesentliche Rolle.
Tabelle 1
Basisdaten
Teilnehmerzahl n (männlich/weiblich)
10 (7/3)
Daten zum Zeitpunkt der Geburt Mittleres GA
31 + 5
Mittleres Geburtsgewicht (g) Mittlerer NA pH
1.703 (s = 513,44) 7,28 (s = 0,06)
Mittlerer APGAR 1
6,7 (s = 1,19)
Mittlerer APGAR 5
8,3 (s = 1,1)
Mittlerer APGAR 10
9 (s = 0,63)
Daten zum Zeitpunkt der Untersuchung Mittleres Lebensalter in Tagen
33 (s = 22)
Mittleres Gewicht (g)
2030 (s = 250,8)
Mittleres GA korrigiert
36+ 3
Abkürzungen: GA=Gestationsalter in Schwangerschaftswochen NA= Nabelarterien pH-Wert APGAR: APGAR Test – der 1, 5 und 10 Minuten nach der Geburt zu Evaluierung des Neugeborenen durchgeführt wird. Der Score wurde erstmals 1952 von der amerikanischen Anästhesistin Virginia Apgar vorgestellt und nach ihr benannt. In Anlehnung an den Namen Apgar werden die Parameter „Atmung, Puls, Grundtonus, Aussehen, Reflexe“ beurteilt. Für jedes dieser Merkmale werden zwischen 0 Punkte (Merkmal fehlt) und 2 Punkte (Merkmale gut ausgeprägt) vergeben S = Standardabweichung (s) der Mittelwerte
Abb. 2: Darstellung der mit der Thermokamera gemessenen Hauttemperatur, nach Laserakupunktur am Akupunkturpunkt Dickdarm 4 (Hegu) und des zeitlichen Verlaufs der Untersuchung.
Die Veränderungen der Oberflächentemperatur können mithilfe der Thermografie sichtbar gemacht werden. Ziel dieser Studie ist es, erste aussagekräftige Daten über Veränderungen der Oberflächentemperatur durch Laserakupunktur beim Neugeborenen zu erhalten. Die Thermografie, die Temperaturmessung mittels Infrarotkamera, stellt ein Messverfahren dar, welches in der Akupunkturforschung beim Erwachsenen bereits eingesetzt wurde. Der Wellenlängenbereich thermischer oder infraroter Energie liegt außerhalb der Wahrnehmungsschwelle des menschlichen Auges. Die Energie befindet sich in jenem Abschnitt des elektromagnetischen Spektrums, welcher als Wärme wahrgenommen wird. Im Gegensatz zu sichtbarem Licht strahlt in diesem Bereich jedes Objekt, dessen Temperatur über dem absoluten Nullpunkt liegt, Wärme ab. Je höher die Temperatur eines Objektes ist, desto intensiver ist die von ihm abgegebene Infrarotstrahlung. Infrarotkameras erzeugen Bilder der unsichtbaren Infrarot- bzw. Wärmestrahlung und ermöglichen damit genaue Temperaturmessungen. Die ersten Studien zum Thema Laserakupunktur und Thermografie wurden in den Jahren 1983 und 1984 von russischen [18, 19] und französischen Forschern erarbeitet [20]. Die Thermografie in der Akupunktur gilt beim Erwachsenen als gute Methode zur Evaluierung peripherer Effekte [21–24]. Wesentliche Vorteile des Verfahrens liegen in der optischen und somit berührungslosen Datenerfassung und in der Möglichkeit der Aufnahme von Temperaturverteilungen mit hoher örtlicher Auflösung. Die Infrarotthermografie eignet sich dadurch v. a. im Kindesalter als Verlaufskontrolle für Hämangiome und andere vaskuläre Malformationen. Außerdem sind Nachkontrollen nach Reimplantationen von Fingergliedern, nach Hauttransplantationen infolge von Verbrennungen und zur Dokumentation der regelrechten Funktion und des Anwachsens von Biomaterial, welches bei Operationen von Gastroschisis und/oder Omphalozele verwendet wird, möglich [25]. Die Anwendung thermografischer Messungen der Hauttemperatur beim Säugling hat zudem eine sehr lange Tradition [26]. Vor Herstellung und zuverlässiger Funktion der digitalen und der kleinen, handlichen Infrarot-Thermometer finden sich Studien, welche die Infrarotthermografie als eine einfache und zuverlässige Methode zur Hautoberflächentemperaturmessung von Neugeborenen ausweisen [27, 28]. Die Untersuchungsmethode ist darüber hinaus auch passiv, das heißt, es wird keine Energie in den Körper eingebracht. Die Methode ist somit unschädlich, und kann daher auch beim Neu-und Frühgeborenen angewendet werden [29]. Die dabei verwendeten Laserakupunkturnadeln (Laserneedle©) [30] werden für die Akupunktur auf die Haut aufgeklebt und müssen nicht gestochen werden. Diese speziellen Laserakupunkturnadeln erlauben auch die gleichzeitige Stimulation paariger Punkte. Die Stimulation von mehreren Akupunkturpunkten war bisher mit anderen Laserakupunkturgeräten nur nacheinander möglich. Die einfache Bedienung und die bisherige Grundlagenforschung haben die Lasernadelakupunktur in der Akupunkturforschung beim Erwachsenen etabliert [31–33]. Der für die Untersuchung ausgewählte Punkt Dickdarm 4 ist wie beim Erwachsenen auch beim Neugeborenen leicht und schnell aufzusuchen. Zudem wird Dickdarm 4 (Hegu) aufgrund
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seiner analgetischen Wirkung vor allem beim Neugeborenen mit infantiler Kolik angewendet, wie mehrere vorliegende Studien bestätigen [34]. Bei der von uns durchgeführten Studie an zehn ehemaligen Frühgeborenen zeigte sich am Punkt Dickdarm 4 (Hegu), im Vergleich zur thermografisch gemessenen Ausgangstemperatur (32,9 °C), ein statistisch signifikanter Anstieg der Hauttemperatur sowohl nach 5 min als auch nach 10 min Laserakupunktur (Laserneedle© 10 mW/685 nm/500 μm). Vor allem bei Früh- und Neugeborenen, deren Haut insgesamt dünn ist und zudem physiologische und histologische Besonderheiten aufweist, ist die potenzielle Gefahr der Hautschädigung von besonderer Bedeutung. Zum einen enthält die Neugeborenenhaut in den ersten Lebensmonaten mehr sogenanntes „fetales“ Kollagen III und weniger Elastin im Verhältnis zur Erwachsenenhaut. Zum anderen liegt, bedingt durch einen Mangel an dermalen Papillen, eine verminderte dermoepidermale Vernetzung von Epidermis und Dermis vor. Während das Stratum basale unmittelbar postnatal nahezu parallel zur Oberfläche verläuft, bilden sich im Verlauf der ersten Lebensmonate zunehmend dermale Papillen aus, die schließlich ein Ineinandergreifen beider Hautschichten bewirken [20]. Zum anderen ist die Fähigkeit zum thermalen Schwitzen beim Neugeborenen noch nicht ausgereift, d. h. die Induktionsschwelle zum Schwitzen liegt höher als beim Erwachsenen. Die Höhe dieser Induktionsschwelle ist abhängig vom Gestationsalter. Bei Frühgeborenen besteht in den ersten Lebenstagen eine Anhidrose. Eine Normalisierung der Schwitzfunktion tritt erst im Verlauf der ersten 6–8 Lebensmonate ein [20]. Diese histologischen und physiologischen Unterschiede erklären auch die erhöhte Empfindlichkeit der Neugeborenenhaut, wie z. B. die vermehrte Rötung und Hämatombildung nach Nadelakupunktur [35]. Im Durchschnitt kam es nach 5 bzw. 10 min Laserakupunktur (10 mW/685 nm/500 μm) zu einem Anstieg der lokalen Temperatur um 1 Grad. Die maximale gemessene Hauttemperatur nach Stimulation betrug 37,9 °C. Im Vergleich aber zu den lokalen Temperaturen bei der transkutanen Blutgasmessung [36], welche noch immer auf neonatologischen Intensivstationen zur Überwachung von Früh- und Neugeborenen verwendet wird [37], erscheint die Erwärmung der Haut nach 5 und 10 min Lasernadelakupunktur unter den angegebenen Parametern noch ohne Risiko. Mehrere Studien konnten bisher sowohl für die manuelle Nadel- als auch für die Elektrostimulationsakupunktur lokale und generalisiert wärmende Effekte als Indikator reduzierter sympathischer Aktivität nachweisen [38, 39]. Ob die Veränderung der Oberflächentemperatur bei der Anwendung von Laserakupunktur bei Früh- und Neugeborenen als Ausdruck der veränderten sympathischen Aktivität und somit als direkter Akupunktureffekt gewertet werden kann, kann mit dieser Studie nicht beantwortet werden.
Schlussfolgerung Zusammenfassend zeigte sich ein signifikanter Anstieg der Hauttemperatur sowohl nach 5 als auch nach 10 min lokaler Lasernadelakupunktur. Im Durchschnitt kommt es zu einem Anstieg der lokalen Temperatur um 1 Grad. Der singuläre
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Akupunktur Deutsche Zeitschrift für
Maximalwert von 37,9 °C zeigt die potenzielle Gefahr einer lokalen Erwärmung der Haut auf, erscheint aber im Vergleich zu den lokalen Temperaturen bei transkutaner Blutgasmessung noch ohne Risiko. Interessenskonflikt
Es besteht kein Interessenskonflikt. Ergänzung
Das Studienprotokoll wurde 2010 mit dem Wissenschaftspreis der OGKA ausgezeichnet [40]. Diese Arbeit wurde in inhaltlich gleicher Form, jedoch mit leicht modifiziertem Text, Abbildungen und Literaturzitaten am 6. März 2012 bei der Zeitschrift Evidence-based Complementary and Alternative Medicine zur Publikation angenommen. Danksagungen
Die Forschungsaktivitäten des TCM Forschungszentrums Graz (G. Litscher) wurden teilweise von Laserneedle GmbH, Berlin, unterstützt.
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