Flora (1996) 191 221-229 © by Gustav Fischer Verlag lena
Wuchsformen bei Arachis hypogaea L. TERESA A. KRAUS, MONICA A. GROSSO, SARA DEL c. BASCONSUELO und CESAR A. BIANCO Departamento de Biologia Agricola, Facultad de Agronomia y Veterinaria, Universidad Nacional de Rio Cuarto, Estafeta Postal No 9, RA-5800 Rio Cuarto, Cordoba, Argentina
Growth forms of Arachis hypogaea L. Accepted: August 21,1995
Abstract The growth forms of Arachis hypogaea L. subsp. hypogaea var. hypogaea cv. 'Florman INTA' and A. hypogaea L. subsp.Jastigiata WALDRON var. Jastigiata cv. 'Colorado irradiado INTA' were studied. Growth forms of plants taken in the same type of soil structure which had been treated with different soil management practices were compared. Both cultivars were planted into two different land plots, one of them with a normal soil profile and the other one with a soil cover ranging from 8 to 18 cm in depth. Samples of serial and subterranean parts were collected every other 10 days. Their dry weight was determined. Rain fall during the cycle was recorded. Growth forms of the two cultivars were compared since sowing to harvest time within each tested plot. Plants from hard layer soil developed certain characteristics. Internodes were found to be shortened. Decreasing number of reproductive branches with lower number of flowers in each branch was observed. A lower dry weight percentage per plant was measured. Root systems showed smaller volume. Directional growth changes in tap roots occurred and xylem tissue showed some abnormalities. Key words: Growth form, Arachis hypogaea L.
Resumen Se estudiaron formas de crecimiento en Arachis hypogaea L. subsp. hypogaea var. hypogaea cv. 'Florman INTA' y A. hypogaea WALDRON var. Jastgiata cv. 'Colorado irradiado INTA' en un mismo tipo de suelo, pero bajo distintas condiciones de laboreo. Ambos cultivares fueron sembrados en 2 lotes, uno del ellos con un perfil normal y otro que presentaba una capa endurecida entre 8 y 18 cm de profundidad. Se tomaron muestras de la parte aerea y subteminea cada 10 dias. Se realizaron determinaciones de peso seco. Se registraron las precipitaciones durante el ciclo. Se compararon las formas de crecimiento desde la siembra hasta la cosecha en los distintos cultivares yen distintos lotes. En los suelos con capas endurecidas las plantas presentaron las siguientes caracteristicas: acortamiento de entrenudos, menor cantidad de ramas reproductivas, menor cantidad de flores por rama, menor porcentaje de peso seco por planta, menor volumen del sistema radical, cambios en la direccion de la raiz principal, anormalidades en el tejido xilematico. L. subsp. Jastigiata
Einleitung Manche Boden zeigen eine Tendenz zur Bildung von verharteten Schichten, verursacht durch die Arbeit der Landwirtschaftsmaschinen. Dieser Strukturabbau beeintriichtigt die norrnale Entwicklung des Wurzelsystems, was sich an der Verzweigung der oberirdischen Teile und selbstverstandlich am Emteertrag zeigt. (FLOCKER et al. 1960, RUSSEL 1977).
Arachis hypogaea L., "mani" (ErdnuB), ist eine wertvolle, ursprtinglich stidamerikanische Nahrungspflanze, die wegen ihrer Olhaltigen Samen (BURKART 1987) in groBem Umfang in der Provinz Cordoba (Argentinien) angebaut wird. In den letzten Jahren wurde beobachtet, daB auf Standorten desselben Bodentyps Pflanzen unterschiedlicher GroBe und Verzweigungsgrades vorkommen, was auf der Art der verwendeten Landwirtschaftsmaschinen FLORA (1996) 191
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und der Arbeitstiefe beruhen konnte. Das Ziel dieses Beitrages ist deshalb die Untersuchung der Wuchsformen von Arachis hypogaea L. subsp. hypogaea var. hypogaea cv. 'Florman INTA' und A. hypogaea L. subsp.Jastigiata WALDRON var.Jastigiata cv. 'Colorado irradiado INTA' auf gleichem Bodentyp unter verschiedenen Anbauverfahren. Die schon durchgefiihrten Untersuchungen tiber Verzweigung und Bltitenstand von Leguminosen (HILLIGARDT 1993, ThOLL 1964, WEBERLING 1981, 1989) haben sich als eine wichtige Hilfe bei unserer Arbeit erWlesen. Manche Autoren (unter anderen BUNTING 1955, KRAPOVICKAS & RIGONI 1960) beschrieben bei der ErdnuB zwei Hauptverzweigungstypen, die sich "altemada" und "secuencial" nennen, je nach der Folge von vegetativen und reproduktiven Trieben.
Material und Methoden Beide Cultivare wurden an zwei Standorten ausgesat, von denen einer das normale Bodenprofil hatte, wahrend der andere in 8-18 cm Tiefe eine durch die Arbeit der Landwirtschaftsmaschinen verhartete Schicht zeigte. AIle 10 Tage wurden Stichproben der ober- und unterirdischen Teile entnommen. Die morphologischen Beobachtungen wurden durch quantitative Untersuchungen bestatigt. Zur Erganzung der morphometrischen Werte wurde das Trockengewicht ermittelt. Wahrend der Dauer des Wachstumszyklus wurde der Niederschlag gemessen. Die verschiedenen Entwicklungsstadien wurden in FAA konserviert, groBere Exemplare wurden herbarisiert.
U ntersuchungsergebnisse Cultivar 'Florman INTA' (Standort A) Keimung und Entwicklung wurden im Gewachshaus und Freiland der Universitat beobachtet. Die Keimung erfolgte bereits nach 10 Tagen. Der Keimling besitzt dicke Kotyledonen (Abb. 1 A). Erste Ansatze einer Verzweigung zeigen sich nach Ablauf von 20 Tagen (Abb. 1 B). Die Primarachse wachst zeitlebens aufrecht, ihre ersten (1-3) Intemodien bleiben gestaucht (Abb. 1 E). Aus den Achseln der Kotyledonen bilden
sich zwei kraftige Kotyledonartriebe, die sich verzweigen und zu kurzen bliitentragenden Trieben entwickeln. 1m rechten Winkel zu den ersten Trieben sitzen an dem 2. Knoten (Primarblattknoten) zwei Verzweigungen, aus denen sich auch bliitentragende Triebe bilden. AIle vorgenannten Verzweigungen wachsen plagiotrop mit Ausnahme der Hauptachse, welche orthotrop ist und nie Bliiten tragt. 1m basalen Bereich der Hauptachse bleiben die Internodien gestaucht. Nach oben hin nehmen sie an Lange zu und erreichen ihr Maximum. Die folgenden Internodien sind wiederum verktirzt (Abb. 5). Der Verzweigungstyp der Bltitenstande entspricht der homoeothetischen Doppeltraube. Ihre Morphologie entspricht somit dem polytelen Typ (ThOLL 1964). Aus jedem Kotyledonartrieb entspringen an den zwei ersten Knoten zwei vegetative Triebe, dann zwei reproduktive, und so weiter. Diese Verzweigungsweise wurde auch von anderen Autoren beschrieben (BUNTING 1955, KRAPOVICKAS & RIGONI 1960) und zur Unterscheidung von Unterarten der Gattung Arachis benutzt. Jeder reproduktive Trieb besitzt eine sehr kurze Achse von ca. 2 cm Lange. Jede Bltite steht in der Achsel eines kraftig entwickelten Tragblattes und tragt an der Basis, der Mutterachse zugewandt, ein brakteoses Blattorgan, das ebenso groB ist wie das Tragblatt,jedoch bis tiber die Mitte zweigespalten. Man darf wohl annehmen, daB es sich urn ein Verwachsungsprodukt der beiden Vorblatter handelt. Beide Blattorgane bleiben als Schutz des befruchteten Fruchtknotens erhalten, bis dieser durch Verlangerung des Gynophors in den Boden hineingedrtickt wird. Jeder Trieb bringt an seiner Basis vier Bltiten zur Entwicklung, die tibrigen verktimmem (Abb. 1). Wahrend des ganzen Wachstumszyklus gab es ausreichende Niederschlage, besonders in dem empfindlichen Zeitraum der Bliitezeit und zu Beginn der Fruchtentwicklung (Abb. 6). Diese Verhaltnisse und die gtinstige Temperatur ermoglichen einen hohen Ertrag (Trockengewicht pro Pflanze), der etwa 90 Tage nach der Aussaat ein Maximum aufwies (Abb. 7). Das Wurzel system besaB eine groBe Ausdehnung, die Hauptwurzel erreichte in 30 Tagen tiber einen Meter Tiefe, der hochste Verzweigungsgrad befand sich in den ersten 20 cm. Am Standort mit verharteter Bodenschicht, die dadurch entsteht, daB die Landwirtschaftsmaschinen (vor al1em die Pfliige) immer bis in dieselbe Tiefe arbei-
Abb. 1. Standort A: Normales Bodenprofil. Arachis hypogaea L. subsp. hypogaea var. hypogaea. A, Keimpflanze im Alter von 1 112 Wochen; B, Iungpflanze mit zwei Kotyledonartrieben (7 Wochen); C, Pflanze am Beginn der Anthese (2 Monate); D, Bliihende Pflanze (3 112 Monate); E, Fruktifizierende Pflanze (5 Monate). Abkiirzungen: Co. Kotyledonen; Cot. Kotyledonartriebe. 222
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ten, bleibt die Entwicklung der oberirdischen Teile bis einschlieBlich der Ausbildung der Kotyledonartriebe gleich (Abb. 1 A-B, 2A-B), dann zeigt sie bedeutende Unterschiede. Die wichtigsten sind: -
Verktirzung der Intemodien, weniger reproduktive Triebe, weniger Bltiten an jedem reproduktiven Trieb, niedrigere Werten des Trockengewichtes pro Pflanze im Verhaltnis zu dem anderen Standort (Abb. 7).
Bei der Freilegung der Wurzelsysteme im Gel1inde (Abb. 8) wurden folgende Merkmale festgestellt: - Verringerung des Wurzelumfangs, - betdichtliche Veranderungen der Wuchsrichtung der Hauptwurzel, wenn diese die verhartete Schicht erreicht, - Unterbrechung des Wachstums der Hauptwurzel und deren Ersatz durch eine andere Wurzel. Ein Querschnitt durch einen Wurzelabschnitt, der in der verharteten Bodenschicht wuchs, zeigt eine Formveranderung: statt wie normalerweise rund wird die Wurzel bandfOrmig, und es zeigen sich bedeutende Veranderungen des Xylems. Cultivar 'Colorado irradiado INTA' Das Wuchsverhalten des Cultivar 'Colorado irradiado INTA' ist dem beschriebenen Cultivar 'Florman INTA' sehr ahnlich (Abb. 3 und 4), aber alle Verzweigungen sind orthotrop. Aus der Hauptachse bilden sich auch hier reproduktive Triebe. Beim Vergleich der Pflanzen am Ende des Zyklus (5 Monate) ist leicht zu erkennen, daB der Verzweigungsgrad auf Standorten mit verharteter Bodenschicht geringer ist (Abb. 3E und 4E). Es gibt zwei Kotyledonartriebe, und am zweiten Knoten zwei weitere Triebe, die keine sekundiire Verzweigungen haben. Das Wurzelsystem ist wenig entwickelt, in der Mehrzahl gibt es eine Bifurkation der Hauptwurzel.
Textur, Porosit1it und Bestandigkeit der Bodenpartikel ab, die auch zeitlich und raumlich unterschiedlich sind. Die Kontinuitat der Poren, welche die Entwasserung und den Gasaustausch zwischen Luft und Boden fOrdem und das Eindringen der Wurzelspitzen in den Boden erleichtern, wird im FaHe von Standort B durch verhartete Bodenhorizonte unterbrochen. Diese stellen schwer tiberwindbare Hindernisse flir die Entwicklung des Wurzelsystems dar. Sie hemmen auch das Wachstum der oberirdischen Teile und vermindern die Ernteertrage. FLOCKER et aI. (1960) fanden bei Tomaten- und Kartoffelanbau ErtragseinbuBen bis zu 50%. Die Veriinderung des Wurzelsystems der ErdnuBpflanze bewirkt eine "Verarmung" der oberirdischen Teile, und damit weniger reproduktive Triebe und niedrigeren Fruchtertrag. Wenn beide Cultivare verglichen werden, kann man beobachten, daB die aufrechte Form (cv. Colorado irradiado INTA) empfindlicher gegentiber ungtinstiger Bodenbeschaffenheit ist als die kriechende Form (cv. Florman INTA), sie erleidet daher stiirkere Veranderungen. Die Verhartung der Bodenschichten hat vor aHem drei Ursachen: die Beschaffenheit mancher Boden, die Arbeitstiefe und das betrachtliche Gewicht der Landwirtschaftsmaschinen. Die Verhartungen konnen mit Hilfe anderer Maschinen beseitigt werden. Auf diese Weise wird eine bessere Entwicklung der Pflanzen und eine hahere Produktion erzielt. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, daB bei der Untersuchung der Wurzelformen die Kenntnisse der oberirdischen Teile eben so wichtig sind wie die der unterirdischen, denn die Bodenbeschaffenheit wirkt direkt auf den oberirdischen Teil, dessen Kohlenhydratzufuhr selbstverstiindlich auch das Wurzelwachstum bedingt. Diese Zusammenhange sind besonders flir den Anbau wichtig, bei dem es in erster Linie auf den Ertrag ankommt.
Diskussion An der Verzweigung der ErdnuBpflanze nehmen sowohl die Kotyledonarsprosse als auch die Achselsprosse der folgenden epikotylen Blatter teil (TROLL 1964, Abb. 257 I). Das Wachstum der Wurzel und das Durchdringen des Bodens hiingt hauptsachlich von der Bodenfeuchtigkeit,
Danksagung Wir mochten Herrn Prof. Dr. F. WEBERLING unseren Dank fUr seine Bemlihung aussprechen, die es uns ermoglichte, am Institut fUr Biosystematik der Universitat Ulm zu arbeiten, sowie fUr seine standige Unterstlitzung.
Abb. 2. Standort B : Boden mit einer verharteten Schicht. Arachis hypogaea L. subsp. hypogaea var. hypogaea. FLORA (1996) 191
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)." 3
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Bildunterschriften flir Abb. 3 und 4 auf Seite 226 und 227 Abb. 3. Standort A : Normales Bodenprofil. Arachis hypogaea L. subsp.Jastigiata WALDRON var.Jastigiata. A, Keimpflanze im Alter von 1 112 Wochen; B, Jungpflanze im Alter von 7 Wochen; C, Pflanze am Beginn der Anthese (2 Monate) ; D-E Pflanzen mit orthotropen Verzweigungen. Abb. 4. Standort B : Boden mit einer verharteten Schicht. Arachis hypogaea L. subsp. Jastigiata WALDRON var. Jastigiata.
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o+-------__--~----------~----------~ Ordnungszohl
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Abb.5
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60 mm 50
20
Standort 1 2
40
150
30 10
20 50
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O~~~~~-LU~~UL~U-UL~ 1 2 1 2 2 19
Abb.6
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91 Toge noch Aussoot
Abb. 5. Uingenkurve der Intemodien des Primlirsprosses. Standort 1. -- A. hypogaea subsp.Jastigiata var.Jastigiata --- A. hypogaea subsp. hypogaea. Abb. 6. Niederschliige wiihrend des Wachstumszyklus. Abb.7. Trockengewicht pro Pflanze in Gramm Schraffierte Siiulen: A. hypogaea subsp. hypogaea WeiSe Siiulen: A. hypogaea subsp. Jastigiata var. Jastigiata.
Literatur BUNTING, A. H. (1955): A classification of cultivated groundnuts. Emp. J. Experim. Agric. 23 (91-92): 158-170. BURKART, A. (1987): Leguminosae. In: TRONCOSO, N. S., & BACIGALUPO, N. M. (eds.): Flora Ilustrada de Entre Rios 6 (3): 442-758. Co1ec. Cient. INTA Buenos Aires. 228
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Abb. 8. Freigelegtes Wurzel system im Geliinde.
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Buchbesprechungen SCHERER, S. (Hrsg.): TypeD des LebeDs. (Studium integrale, Biologie) - Berlin, Pascal Verlag, 1993. - 257 S., zahlr. Abb. und Tabellen. - ISBN 3-927390-12-7. Die seit langem bekannte Erscheinung, daB innerhalb bestimmter Pflanzen- und Tiergruppen Bastarde zwischen verschiedenen Arten, ja sogar Gattungen haufig sind, wurde an 14 Verwandtschaftskreisen von Pflanzen und Tieren eingehend untersucht. Die dabei gemachten Erfahrungen veranlassen die 11 Autoren des vorliegenden Buches zu erwagen, solche Verwandtschaftskreise an Hand der Ergebnisse zwischenartlicher Kreuzungen zu umgrenzen, was den Vorteil der experimentellen Uberprtitbarkeit bietet. Die daraus resultierende Kategorie des Grundtyps, die der bereits von FRANK L. MARSH (1941, 1976) unter der Bezeichnung "basic type" oder "baramin" vorgeschlagenen Kategorie entspricht, umfaBt aIle miteinander kreuzbaren Individuen eines Verwandtschaftskreises und benutzt insoweit das der Artdefinition des Biospezies-Konzepts zugrundeliegende Kriterium: "Zwei Arten, die durch zwischenartliche Kreuzungen miteinander verbunden sind, gehoren zu einem Grundtyp", und als "sekundares Kriterium": "Zwei Arten, welche mit der gleichen dritten Art durch Kreuzungen verbunden sind, gehoren zum gleichen Grundtyp" (S.27). Bei dieser Definition wird bewuBt nicht berticksichtigt, ob die Bastarde "fertil oder steril sind oder ob die Kreuzung unter nattirlichen oder ktinstlichen Bedingungen erfolgt ist". Da es "bei zwischenartlichen Kreuzungen Ubergange im Grad der Vitali tat der Embryonen gibt, wird ein mogliches tertiares Grundtypkriterium diskutiert", namlich, ob "eine Zygote aus Keimzellen zweier Arten nach der matemalen Phase der Entwicklung die Embryogenese unter koordinierter Auspragung des patemalen und matemalen Erbgutes fortsetzt". In diesem FaIle werden die Eltem als zum gleichen Grundtyp gehorig betrachtet. Dem liegt der Gedanke zugrunde, "daB zwei Arten ein sehr ahnliches morphogenetisches Programm haben mtissen, wenn die beiden Genome bei der Embryogenese harmonieren". Die so definierte Kategorie des Grundtyps reicht freilich tiber den Umfang einer Biospezies hinaus und laBt sich generell mit keiner der eingeflihrten hoheren taxonomischen Kate-
gorien identifizieren. Sie kann "verschiedene Familien, Unterfamilien oder Tribus enthalten, wahrend in anderen Fallen eine Farnilie verschiedene Grundtypen umfassen kann" (S. 28). Die beiden ersten, einleitenden Kapitel des Buches befassen sich unter der Uberschrift "Basic Types of Life" (S. SCHERER) mit einer Erorterung des Artbegriffs und einer allgemeinen Vorstellung des Grundtypkonzepts, und geben an Hand zumeist bekannter Beispiele eine Ubersicht tiber verschiedene "Prozesse der Artbildung" (R. JUNKER). 1m anschlieBenden Kapitel von P. LANDGREN "On the origin of 'species'. Idiological roots of the species concept" werden die bis in die Antike zuriickreichenden geistesgeschichtlichen Wurzeln des Artbegriffs erortert, wobei auf die wenig bekannte Tatsache verwiesen wird, daB CARL v. LINNE bereits 1749 in einer neuen Ausgabe seiner Amoenitates academiae, De Peloria seine urspriingliche Auffassung von der Unveranderlichkeit der Arten revidierte und zumindest stark einschrankte. Die im folgenden Kapitel "Merkmalsausbildung und Hybridisierung bei Funariaceen (Bryophyta, Musci)" von M. ADLER besprochene Gruppe zeichnet sich "durch ein weites Spektrum an Sporophytenmerkmalen" aus. "Zahlreiche intra- und intergenerische Bastarde belegenjedoch die Zusammengehorigkeit der zu dieser Familie gestellten Formen, die einem Grundtyp zuzurechnen sind." - Ein ahnliches Ergebnis liefem "Die Streifenfamgewachse (Filicatae, Aspleniaceae) im Grundtypmodell" (H. KUTZELNIGG). In dieser 7-10 Gattungen (Asplenium: 700 Arten !) umfassenden Gruppe wurden sowohl zwischen den Asplenium-Arten als auch zwischen den Gattungen zahlreiche Bastarde beobachtet, jedoch nicht tiber die Gruppe hinaus. Von R. JUNKER wurden "Der Grundtyp der Weizenartigen (Poaceae, Tribus Triticeae)" und "Die Gattungen Geum (Nelkenwurz), Coluria und Waldsteinia (Rosaceae, Tribus Geeae)" bearbeitet. "Unter den perennen Triticeen gibt es bei fast 2/3 aller moglichen Gattungspaare Hybriden." Ahnlich groB ist der Anteil bei den einjahrigen Gattungen. "Nahezu alle Gattungen und aIle Untertribus sind kreuzungsmaBig direkt oder indirekt verbunden". "Zahlreiche Merkmalswiderspriiche innerhalb des Triticeen-Grundtyps" lassen auf schnelle Artbildungen schlieBen, "bei denen die verschiedenen Merkmale der vermutlich genetisch polyvalenten Stammformen stochastisch FLORA (1996) 191
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