Zu Verbreitung, Wirtsspektrum and Ultrastruktur von Thelohania muelleri, Pfeiffer , 1895 (Microsporidia)

Zu Verbreitung, Wirtsspektrum and Ultrastruktur von Thelohania muelleri, Pfeiffer , 1895 (Microsporidia)

Arch. Protistenkd. 146 (1995): 201-205 © by Gustav Fischer Verlag Jena ARCHIV FUR PROTISTEN KUNDE Zu Verbreitung, Wirtsspektrum und Ultrastruktur v...

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Arch. Protistenkd. 146 (1995): 201-205 © by Gustav Fischer Verlag Jena

ARCHIV FUR

PROTISTEN KUNDE

Zu Verbreitung, Wirtsspektrum und Ultrastruktur von Thelohania muelleri, PFEIFFER, 1895 (Microsporidia) Distribution, Host Spectrum and Ultrastructure of Thelohania muelleri, (Microsporida) CHRISTOPH FRIEDRICH,

PFEIFFER

1895

Ono KEPKA & ERIK LORENZ

Institut fOr Zoologie der Karl-Franzens-Universitat Graz, Osterreich

Summary: The microsporidium The/ohania muelleri (PFEIFFER, 1895) has been detected in the amphipods Gammarus roeseJi and Gammarus fossa rum. These hosts were collected in the Austrian countries Steiermark, Burgenland and Vorarlberg as well as in Croatia. The mean spore sizes differed depending on the host species, geographical origin and between host individuals from the same location. An explanation for these features is discussed. A hitherto poorly known stage in the lifecycle, the merogonial plasmodium with diplokarya, is briefly described. Key Words: The/ohania muelleri; Microspora; Distribution; Gammarus roeseJi; Gammarus fossa rum; Amphipoda; Ultrastructure.

Einleitung In den Jahren 1987 bis 1994 wurden von uns in FlieBgewassern in bsterreich und Kroatien immer wieder mit Thelohania muelleri (PFEIFFER, 1895) parasitierte Flohkrebse, vorwiegend Gammarus fossa rum KOCH 1836, aber auch Gammarus roeseli GERVAIS 1835, gefunden. In einer umfassenden Studie hat LARSSON (1983) ausfiihrlich tiber dieses und auch andere in Amphipoden vorkommenden Mikrosporidien berichtet. NEKOLEVA et al. (1984) sowie FRIEDRICH & KEPKA (1992) beschrieben Thelohania muelleri ebenfalls aus Gammarus fossarum. Gammarus roeseli war bisher als Wirt dieses Parasiten unbekannt.

Material und Methodik Die parasitierten Individuen von Gammarus fossarum wurden in mehreren Bachen in und nahe von Graz (Steiermark), in der Wulka nahe Eisenstadt (Burgenland) und in einem Bach bei Gotzis (Vorarlberg) sowie zusammen mit Gammarus roeseli in einem Bach bei Grubisno Polje (Kroatien) gesammelt. Ein weiterer mit Thelohania muelleri befallener Gammarus roeseli wurde in einem ZufluJ3 der Lafnitz bei Konigsdorf (Burgenland) gefunden.

Flir die lichtmikroskopischen Untersuchungen wurden Gewebeausstriche mit Methanol fixiert, gewaschen und mit Farbstofflosung nach Giemsa gefiirbt. Durchschnittswerte der SporengroJ3en wurden von 30 gemessenen Sporen pro Wirtstier errechnet. AuJ3erdem wurden Paraplastschnitte von in Pikrin-Formalin-Eisessig (Bouin) fixierten Wirtstieren angefertigt und die Schnitte sodann mit Hiimalaun und Eosin oder Lichtgrlin gefiirbt, urn die befallenen Gewebe identifizieren zu konnen. Flir die Untersuchung der Ultrastruktur wurde parasitiertes Gewebe in 4% Glutaraldehyd in 0,2 M Phosphatpuffer (pH 7,2) fixiert, mit OS04 nachfixiert, entwassert und in Epon eingebettet. Die Ultradlinnschnitte wurden auf einem Reichert Mikrotom hergestellt und mit Uranylacetat und Bleicitrat kontrastiert. Die ultrastrukturellen Aufnahmen wurden an Philips 300 und Zeiss EM9 Elektronenmikroskopen hergestellt.

Ergebnisse Eine auffallige, weiBe Farbung kennzeichnete die mit T. muelleri parasitierten Individuen von G. roeseli und G. fossarum. In G. fossarum waren die gesamte Korpermuskulatur und der Fettk6rper befallen, bei G. roeseli

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et aI.

Thelohania muelleri

nur die Korpermuskulatur. Je nach der Starke und Ausdehnung des Befalles tiberlebten Individuen von G. fossarum verschieden lange in Gefangenschaft. 1m natUrlichen Gewasser waren vollkommen weiBe Individuen selten anzutreffen, in Gefangenschaft tiberlebten diese sehr stark parasitierten Exemplare nur wenige Tage. Ein Individuum von G. fossarum mit zahlreichen tiber den ganzen Korper verstreuten weiBen Flecken blieb bei 8-10 DC im Ktihlschrank 168 Tage am Leben.

Die merogonialen Entwicklungsstadien von Thelohania muelleri In den gefarbten Gewebeausstrichen waren stets viele Sporen erkennbar, aber nur wenige jtingere Entwicklungsstadien. Der komplette Entwicklungskreislauf konnte nicht beobachtet werden. Die jtingsten von uns gefundenen Stadien gehorten zum merogonialen Teilkreislauf. Lichtmikroskopisch waren langgestreckte merogoniale Plasmodien mit mehreren Diplokaryen zu beobachten. Die durch Teilungen der kettenfOrmigen Plasmodien entstehenden ovalen bis spindelfOrmigen Einzelkorper (mit einem Diplokaryon ausgestattet) maBen bei G.fossarum 5,8-6,0 x 2,9-3,0 /lm und bei G. roeseli 5,5 x 2,7-3,0 /lm. In den Ultradtinnschnitten waren maximal 4 Diplokaryen in einem Plasmodium erkennbar (Abb. 1).

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In verschiedenen Individuen von G. fossarum aus der Dult bei Gratkorn (Steiermark) wurden Oktosporen unterschiedlicher GroBen gefunden (Tab. 1). Unterschiedliche SporenmaBe vom selben Fundort und Datum, aber von verschiedenen Wirtsarten liegen von einem Bach bei Grubisno Polje/Kroatien vor: in G. roeseli 3,7 x 2,2 /lm und in G. fossarum 4,0 x 2,4 /lm. Makrosporen aus steirischen G. fossarum waren 6,3-5,9 x 4,1-3,1 /lm groB. Auf eine ausftihrliche Beschreibung der Ultrastruktur wird wegen der weitgehenden Ubereinstimmung mit der Darstellung von LARSSON (1983) verzichtet. Die einkernigen Oktosporen mit an Kristalle erinnernden dicht gepackten Ribosomen (Abb. 5) enthielten einen isofilaren Polfaden mit 7-14 Windungen, die tiberwiegend in einer, bei hoheren Windungszahlen in zwei Reihen entlang der Sporenwand angeordnet waren. Die Sporen von Gammarus fossarum aus der Stadt und der Umgebung von Graz hatten 7-10,5 Polfadenwindungen, Sporen aus den beiden in Kroatien gesammelten Wirtsarten 9-12 Polfadenwindungen. In Makrosporen wurden bis zu 20 Polfadenwindungen gezahlt. Sowohl die Sporenwande der Oktosporen als auch der Makrosporen maBen bis zu 125 nm. Selten wurden abnormale Stadien mit stark verdickter Sporenwand festgestellt, deren Teilung in Sporoblasten nicht funktioniert hatte (Abb. 6).

Die sporogonialen Entwicklungsstadien von Thelohania muelleri Die diplokaryotischen Sporonten waren rund und maBen 3-6 /lm im Durchmesser (Abb. 2). Die in der Entwicklung folgenden sporogonialen Plasmodien (Abb. 3) waren zwei-, vier- oder achtkernig. Die Sporen lagen in Paketen zu je acht StUck vor (Abb. 4). Fixierte Sporen waren oval bis birnenfOrmig und hatten haufig eine seitliche schwache Einbuchtung. Die GroBe der Sporen variierte sowohl zwischen den Wirtsarten als auch zwischen Wirtsindividuen derselben Art von verschiedenen Fundorten. Zum Beispiel waren Sporen in G. fossarum aus einem Bach bei Gotzis (Vorarlberg) 3,5 x 2,1 /lm groB, aus der Wulka bei Eisenstadt (Burgenland) 4,5 x 2,6 /lm.

Tabelle 1. Unterschiedliche DurchschnittssporengroBen von T. muelleri in verschiedenen Individuen von G. fossarum aus der Dult bei Graz zu verschiedenen Zeitpunkten und bei unterschiedlichen Wassertemperaturen gesammelt. Datum

Wassertemperatur (DC)

Durchschn. SporengroBen (/lm)

23.02. 89 28.07. 89 28.07. 89

6,0 16,5 16,5

4,2 x 2,6 3,8 x 1,8 4,5 x 2,0

Abb. 1-3. Thelohania muelleri (PFEIFFER, 1895). Abb. 1. Merogoniale Plasmodien mit Diplokaryen zwischen sporentragenden Vesikeln mit Sporen; (PL) Merogoniales Plasmodium, (D) Diplokaryon, (S) Spore, (SV) Vesikel mit Sporen. Balken : 5 /lm. Abb.2. Sporont, nur eine Halfte des Diplokaryons angeschnitten, ausgedehntes endoplasmatisches Reticulum mit wenigen Ribosomen, (N) Kern. Balken : 1 /lm. Abb.3. Sporogoniales Plasmodium mit zwei Kernen (N), gering ausgebildetes endoplasmatisches Reticulum mit zahlreichen Ribosomen. Balken : 1 /lm.

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et al.

Diskussion Anhand der Ultrastruktur der Entwicklungsstadien, der gleichen parasitierten Gewebe, der variierenden GroBen der Sporen und des nahen Verwandschaftsgrades der von uns untersuchten Wirtsarten, G. fossarum und G. roeseli wird das Mikrosporidium als die bereits ultrastrukturell gut von LARSSON (1983) dargestellte Art, namlich Thelohania muelleri (PFEIFFER 1895), identifiziert. Der einzige ultrastrukturell feststellbare Unterschied zwischen den Sporen aus Gammarus (Rivulogammarus) pulex und solchen aus G. roeseli und G. fossarum besteht in der maximalen Anzahl der Windungen des isofilaren Polfadens und in deren Anordnung. Auf die von uns festgesteUten Schwankungen der SporengroBen aus Amphipoden unterschiedlicher geographischer Herkunft hat bereits LARSSON (1983) hingewiesen. In G. fossarum schwankt die SporengroBe aber auch zwischen zur selben Zeit, am selben Fangplatz und bei gleichen Temperaturen gesammelten Wirtsindividuen. Hinzu kommt, daB zwischen den beiden Gammarus-Arten, G.fossarum und G. roeseli, yom gleichen Fundort deutliche Unterschiede in der GroBe der Sporen feststellbar sind. Ferner bedeuten niedrigere Temperaturen am selben Fangplatz nicht unbedingt kleinere Sporen. Diese Abhangigkeit der SporengroBen von der Umgebungstemperatur wahrend ihrer Entwicklung haben MADDOX & LUCKMANN (1966) bei einem Mikrosporidium eines Kafers festgestellt. Es besteht aber kein grundsatzlicher Widerspruch zwischen unserem Befund und jenem der beiden Autoren. Wir konnten zeigen, daB befallene Gammari in ihrem Verhalten durch die Infektion nieht stark beeinfluBt werden (FRIEDRICH & KEPKA 1992) und lange am Leben bleiben konnen. Da die Bachflohkrebse ein ausgepragtes Wanderverhalten (aktiv und passiv) besitzen, konnen die Sporen unter unterschiedlichen Umweltverhaltnissen (Wassertemperatur, Gewasserabschnitt) entstehen. Das in der Parasitologie gut bekannte Phlinomen der unterschiedlichen Auspragung eines Parasiten, wie Form und GroBe sowie unterschiedliche Fruchtbarkeit und anderer LebensauBerungen, in verschiedenen Wirten, erkllirt die unterschiedlichen SporengroBen zwang-

Abb.4-6. Thelohania muelleri (PFEIFFER, 1895). Abb. 4. Gewebeausstrich von Gammarus fossarum mit Oktosporen, Giemsa. Balken : 5 /lm.

Abb. 5. Sporentragender Vesikel, Oktosporen mit an Kristalle erinnemden dicht gepackten Ribosomen, (E) episporontaler Raum, (F) Polfaden, (R) Ribosomen, (M) Vesikelmembran. Balken : 1 !lm. Abb. 6. Sporentragender Vesikel, Entwicklungsstadium mit stark gewellter und verdickter Zellwand, die Lage der Polfiiden und der anderen Zellstrukturen erwecken den Eindruck einer fehlgelaufenen Teilung; (F) Polfaden, (W) Zellwand. Balken : 1 /lm.

Thelohania muelleri

los und sttitzt zugleich die Annahme, daB das Mikrosporidium aus G. fossarum und G. roeseli eine Art darstellt. Thelohania muelleri ist bereits aus mehreren Wirtsarten beschrieben worden und scheint somit ein breites Wirtsspektrum zu besitzen. Bereits STEMPELL (1902) und RYCKGEGHEM (1930) beschrieben Thelohania muelleri aus G. pulex in Deutschland und Belgien, LARSSON (1983) aus demselben Wirt aus Schweden. Aus der ehemaligen CSSR beschrieben aus Gammarus fossarum NEKOLEVA et al. (1984) die Art. 1m Brackwasseramphipoden Gammarus chevreuxi fand sie BULNHElM (1971a). Nach LARSSON (1983) kannten die von DESPORTES et al. (1976) beschriebenen Sporen einer Thelohania-Art in der Muskulatur des Sptilsaumbewohners Orchestia gammarellus durchaus von Thelohania muelleri stammen. SchlieBlich beschrieb BULNHElM (l971b) das Vorkommen von Stempellia muelleri in insgesamt sieben Amphipodenarten aus StiB-, Brackund Salzwasser. Es ist daher das Vorkommen von Thelohania muelleri in Gammarus roeseli nicht besonders tiberraschend, und es darf mit einem Vorkommen in derzeit noch unbekannten Wirtsarten gerechnet werden. Die GraBen der Sporen scheinen stark abhangig zu sein von der Umwelt der Parasiten, wie von den verschiedenen Wirtsarten und deren eigener Umwelt. Zusammenfassung: Das Mikrosporidium Thelohania muelleri wurde in Gammarus roeseli und Gammarus fossarum, die in drei asterreichischen BundesUindern (Steiermark, Burgenland, Vorarlberg) und Kroatien gesammelt worden waren, nachgewiesen. Die durchschnittlichen GraBen der Sporen schwankten in Abhangigkeit von der Wirtsart, der geographischen Herkunft und auch zwischen Wirtsindividuen von derselben Lokalitat. Eine Erklarung hierflir wird diskutiert. Ein bisher wenig bekanntes Entwicklungsstadium, das merogoniale, diplokaryotische Plasmodium, wird kurz beschrieben. Danksagung: Die Untersuchungen wurden teilweise (im Jahr 1994) mit Mitteln des Jubilaumsfonds der Osterreichischen Nationalbank (Projekt Nr. 4847) geftirdert, woflir wir herzlich danken. Flir die Untersttitzung der ultrastrukturellen Untersuchungen danken wir Frau Dr. E. INGOLIC (Forschungsinstitut flir Elektronenmikroskopie Graz) und Herrn Dr. P. SIMONSBERGER (Institut flir Zoologie, Universitat Salzburg).

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Literatur BULNHEIM, H. B. (l971a): Entwicklung, Ubertragung und Parasit-Wirt-Beziehungen von Thelohania herediteria n. sp. (Protozoa, Microsporidia). Z. Parasitenkd. 35: 241-262. - (1971b): Uber den Wirtskreis der Mikrosporidie StempeWa muelleri. Arch. Protistenkd. 113: l37-145. DESPORTES, I., GINSBURGER-VOGEL, T. & ZERBIB, C. (1976): Mise en evidence de 2 Microsporidies des genres Nosema et Thelohania chez Ie Crustace Amphipode, Orchestia gammarellus (PALLAS). J. Protozool. 23: 8A-9A. FRIEDRICH, CH. & KEPKA, O. (1992): Thelohania muelleri, PFEIFFER, 1895 (Microsporida) in Gammarus fossarum (Amphipoda) - Pathologie und Befallsraten. Zool. Anz. 229: 201-208. LARSSON, R. (1983): On two Microsporidia of the Amphipod Rivulogammarus pulex - Light Microscopical and Ultrastructural Observations on Thelohania muelleri (PFEIFFER 1895) and Nosema rivulogammari n. sp. (Microspora, Thelohaniidae and Nosematidae). Zool. Anz. 211: 299-323. MADDOX, J. V. & LUCKMANN, w. H. (1966): A microsporidian disease of the alfalfa weevil, Hypera postica. J. Invertebr. Pathol. 8: 543-544. NEKOLEVA, I., VAVRA, J. & CHALUPSKY, J. (1984): Observations on Microsporidium sp. (Protozoa: Microspora) from Gammarus fossarum (Crustacea: Amphipoda). J. Protozool. 31: 52A. RYCKEGHEM, J. VAN (1930): Les Cnidosporidies et autres parasites du Gammarus pulex. La Cellule 39: 399-418. STEMPELL, W. (1902): Ueber Thelohania miilleri. Zool. Jahrb. Anat. 16: 235-272. Angenommen: 10. Mai 1995

Anschrift der Verfasser: Univ. Prof. Dr. O. KEPKA, Mag. Dr. CH. FRIEDRICH und Mag. E. LORENZ, Institut flir Zoologie der Karl-Franzens-Universitat, Universitatsplatz 2, 8010 Graz, Austria.