KURZE MITTEILUNG Zum Phenolbildungsvermogen von Phycomyces blakesleeanus Von
Wolfgang Brucker (Eingegangen am 29. August 1956)
BURGEFF und SEYBOLD berichteten 1927 als erste tiber das Vorkommen von Gerbstoffen bei Phycomyces blakesleeanus. 1947 folgt von BERNHARD und ALBRECHT eind eingehende Analyse dieser Stoffe am gleichen Organismus. Sie finden Gallussaure und Protokatechussaure. In eigenen Studien (BRUCKER 1955a und b) konnte ihre Rolle als scheinbares sekundares Geschlechtsmerkmal von Stammen verschiedener Vorzeichen aufgekliirt werden. Auch zeigte sich (BRUCKER 1956) eine gegenlaufige Relation zwischen Karotinoid- und Phenolbildung. Die Entstehung von Phenolderivaten wird vielfach (BERNAUER, BUTKEWITSCH, KLUYVER, EMDE u. a., s. PAECH 1950, KURSANOW 1956 u. frtihrr) aus Inosit etwa tiber Chinasaure, Shikimisaure verlaufend angenommrn. Del' Inosit wird als Produkt des Zuckerstoffwechsels betrachtet (WOLLEY 1942, SLETTEN 1946, KURSANOW 1956). In den zu schildernden Versuchen lie.B sich eine direkte Beteiligung des Zuckerstoffwechsels an der Phenolbildung unter unseren Arbeitsbedingungen ausschlie.Ben. Die Kultur- und Me.Bmethode wurde (1955 a) eingehend beschrieben. Benutzt wurde der XXXVII Phycomyces-blakesleeanus-Stamm H 102 (BURGEFF). Steigert man die Konzentration der Glukose im Nahrmedium bei gleichbleibender N- Quelle stufenweise zwischen 10 und 50 gil, so findet man ein Maximum des Trockengewichtes (TG) nach 12tagiger Kultur bei einer Zuckerkonzentration von 3 %. Die gebildete Phenolmenge sinkt jedoch von Anfang an und insgesamt von 5mg/100 mg TG auf 3,8mg ab (Tabelle 1). Tabelle 1 (Erklarung s. Text) Glukose gil
TG in mg nach 12 Tagen
10,0 20,0 30,0 40,0 50,0
150 168 195 180 180
I
Phenol mg/lOO mg TG 5,0 -!,9 -!,3 -!,1 3,8
\YOLFGX~G BRlil'KEI:
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AIle angegebpnpn Daten sind Mittclwcrtc von Pilzpn aus 10 Kulturkolbpn mit je 50 ml NahrlOsung. In einer anderen Versuchsreihe wnrde ein Viertel der im Nahrmedium vorhandenen Glukose durch Zitronensaurc odpr Bernsteinsaure ersetzt. Die Zugabe von Bernsteinsaure macht sich in einem geringen Anstieg dps Pilztrockcngewichtes bemerkbar. Der teilweise Ersatz des Zuckers durch Zitronensaure hat auf das Gewicht des Pilzes keincn Einflu13. Dagegen sinkt in beiden Fallen die gebildete Phenolmenge gegenuber der Kontrolle von 4,3 mg/100 mg TG auf 1,8 mg bzw. 1,9 mg abo Kulturversuchc mit Azetat als einziger Kohlenstoffquelle lassen nur eine Bildung von 20 mg Trockcngewicht unter unseren Bedingungen zu. Phpnol ist nur in Spnren nachzuweisen. Auch cine Zugabe von mcso-Inosit als Substrat zum Nahrmedium zeigte in unseren Versuchcn keinen forderndcn Einflu13 auf das Phenolbildungsvermogen (Tabelle 2). Tabelle 2 (Erklarung meso-Inosit Konzentration in gil 1,0 2,0 Kontrolle
S.
Text)
Trockengewicht nach 12 Tagen in mg
Phenol in mg/l00 mg TG
136 137 138
3,9 3,8 3,8
Der PH- Wert wnrde fUr aIle Versuche zum Zeitpunkt der Sporeneinsaat annahernd bei 5 gehalten. Den normalen Ablauf des Zitronensaurczyklus hemmten wir weiterhin durch Blockierung der Aconitase mit NaFluorazetat nach MARTIL'S (1950) und PETERS (1953). Schon eine Konzentration von 10- 6 gil verringerte das Pilztrockcngewicht um 10 %. Noch bei einer Zugabc von 10- 4 gil Na-Fluorazetat war keine Beeinflussung des Phenolbildungsvermogens zu beobachten. Erst 10-- 2 gil des Inhibitors envies sich als wirksam auf die Phenolproduktion unseres Pilzcs. Sic war um 25 % gehemmt1). Das Trockengewicht betrug dann nnr noch ein Funftel der Kontrolle. Auch die Zugabe von maximal 10-1 gil Malonsiiure als Dehydrasegift (Succinodehydrase) verringerte zwar das Erntegewicht um mehr als 60%, die Phenolbildung jedoch um knapp 10%. :Natriumfluorid hatte bei einer Konzentration von 4 X 10-2 gil den gleichpn Einflu13 auf das Wachstum. Die Phenolproduktion blieb gegeniiber der KontroIle erst um 12 % zuruck. NaF greift an verschiedenen Stellen des 1) Alle benutzten Hemmstoffe zogen eine mehr oder weniger groJ.le Gewichtsverminderung des Pilzes nach sich. Eine geringere Pilzmenge produziert natiirlic h auch weniger Phenol. Von einer Hemmung in der Phenolproduktion ist aber nIH dann die Rede, wenn eine Verringerung nnter Bezug anf eine einheitliche Gewichtsmenge (100 mg TG) zu beobachten ist.
Zum Phenolbildungsvermiigen von Phycomyces blakeslreanus
IG I
Stoffwechsels an. Nach LIPMANN (1928) wird die Enolase, nach BERSIN (1940) die Phosphatase und nach LOHMANN (1937) die Cokarboxylase blockiert. Zur Entkoppelung von Phosphorylierungsvorgangen wurden NaArsenat und 2,4-Dinitrophenol (SCHLEGEL 1953) ausgetestet. Eine Zugabe von 2 X 10- 3 gil der Gifte verringerte zwar das Pilzgewicht urn rund 30 %, lie13 aber die Phenolbildung unbeeinflu13t. Hiihere Konzentrationen verhinderten durch die Blockierung der Synthesevorgange im Organismus jedes Wachstum. Die Hemmstoffe waren den Kulturen gleich nach der Einsaat der Impfsporen zugegeben worden. Es ware verstandlich, wenn im Laufe del' 12tagigen Kultur die Phenolbildung trotz der Blockierung normal notwendiger Fermente oder von Zwischenstufen auf Umwegen ablaufen kiinnte und es so zu der nur geringen Hemmung kame. Gegen diese Auffassung spricht unseres Erachtens die starke Verringerung des Pilzgewichtes als au13eres Zeichen eines sehr gehemmten Stoffwechsels. Ganz anders als die bisher genannten Blocker wirkten Sulfhydrylgruppengifte auf die Phenolproduktion unseres Pilzstammes. Ausgetestet wurden Na-o-Jodosobenzoat, Na-p-ChloroIhercuribenzoat, Monojodessigsaure, Kupfersulfat und Sublimat. AIle genannten Giftstoffe zeigten eine starke Hemmwirkung auf die Phenolbildung. P-Chloromercuribenzoat verringerte bei einer Zugabe von 10- 5 gil die Phenolproduktion bereits urn 75 %, dagegen das Trockengewicht erst urn 25 %. Monojodessigsaure brauchte zu dem gleichen Ergebnis eine Zugabe von 10-2 gil. Urn eine 50%ige Hemmung der Phenolbildung zu erreichen, mu13ten je 10- 4 gil Cu SO 4 oder Na-o-Jodosobenzoat zugegeben werden. Sublimat verhinderte bei einer Konzentration von 2,7 X 10-2 gil jedes Wachstum. Die hohe Empfindlichkeit des Pilzes gegeniiber diesen Inhibitoren ist wahrscheinlich auf die Blockierung des Coenzym A (LIPMANN, LYNEN 1953) als zentralelll Ferment verschiedener Stoffwechselvorgange oder anderer Sulfhydrylenzyme (COHEN und Mc GILVERY 1950) zuriickzufiihren. In keinem der aufgefiihrten Fiine ist es gelungen, einen fiirdernden Einflu13 des Zuckerstoffwechsels auf die Phenolbildung des Phycomyces nachzuwcisen1 ). Auch eine Zugabe von m- Inosit zum Nahrmedium steigerte nicht die Phenolbildung. KURSANOWS (1956) Ergebnisse an Terblattern lassen sich daher wahrscheinlich nicht auf den Pilz iibertragen. Uber Verkniipfungen der Phenolproduktion zum Eiwci13stoffwechsel wird in 1) Die" Untersuchungen iiber die Phenolbildung bei Phycomyces blakesleeanus" von H.~B. SCHROTER (Die Kulturpflanze 1956, Beiheft 1, 49) kamen mir leider erst nach AbschluB un serer Studien zU Gesicht. In einer spateren Mitteilung solldariiber diskutiert werden. 11 Flora, Bd. 144.
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W. BRUCKER, Zurn Phenolbildungsverrniigen von Phycomycrs blakesleca11!ls
Kurze berichtet. Eine weitere Klarung dieser Fragestellung, die im Rahmen des Problems der biochemischen Ringbildung aus aliphatischen Verbindungen von allgemeiner Bedeutung ist, crhoffen wir uns allS geplanten Studien mit 14C-markierten Substmten. Herrn Prof. Dr. Dr. K. LOHMANN bin ich fUr sein kritisches Interesse, und Fraulein M. L. JURGES fiir ihre Assistententiitigkeit dankbar.
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Anschrift des Verfassers: Dr. WOLFGANG BRUCKER, Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut fur Medizin und Biologie, BerlinBuch.
Verantwortlich fur die Redaktion: Prof. Dr. K. Mothes, Gatersleben, fur den Anzeigenteil: Kurt S c h rod e r (VEB Gustav Fischer Verlag), Jena, Villengang 2, Ruf: 4141, 4142; zur Zeit gilt AnzeigenPreisliste Nr. 3. Verlag: VEB Gustav Fischer Verlag, Jena, Villengang 2, Ruf: 4141, 4142. Satz und Druck: Druckerei "Magnus Poser", Jena. Printed in Germany. VerOffentlicht unter der l.izenznummer 1279 des Amtes fur Uteratur und Verlagswesen der Deutschen Demokrati$chen Republik.