Zur Biologie und Variabilität von Polygonum lapathifolium L.

Zur Biologie und Variabilität von Polygonum lapathifolium L.

Flora (1991) 185: 267 -295 Gustav Fischer Verlag lena Zur Biologie und Variabilitat von Polygonum lapathifolium L. Von ROLF WISSKIRCHEN Institut fUr ...

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Flora (1991) 185: 267 -295 Gustav Fischer Verlag lena

Zur Biologie und Variabilitat von Polygonum lapathifolium L. Von ROLF WISSKIRCHEN Institut fUr Landwirtschaftliche Botanik, Abt. Geobotanik und Naturschutz der Uni Bonn, BRD

Contributions to the Biology and Variation in Polygonum lapathifolium L.

Abstract In this paper it is demonstrated that difficulties im morphological delimitation of infraspecific taxa in Polygonum lapathifolium L. arise from its enormous variability often combined with phenotypical plasticity. There are continuous transitions in leaf shape between the ssp. lapathifolium (narrow) and the ssp. danubiale (broad). A correlation between fruit size and time of sowing was found in the ssp. incanum. Biological isolation as a result of predominant inbreeding has given rise to a large number of pure lines ("microspecies"). Apart from this there is another variation pattern, in which spatial and ecological separation has lead to a divergence of shore-ecotypes (ssp. lapathifoium, ssp. danubiale) and arable-ecotypes (ssp. incanum, ssp. leptocladum). They differ from each other both morphologically and ecologically, such as in habitat demands. In contrast to shore-ecotypes, the arable-ecotype incanum will germinate without light or changing temperatures. After a prolonged cool and wet storage (chilling), their fruits are able to germinate even at very low temperatures. In cultivation experiments the plants originating from arable populations (ssp. incanum) constantly flowered earlier than those of riverbanks. Another chapter of this study deals with the hitherto little known development of anchor-burs in this species. Finally an attempt is made to outline the evolution of taxa with regard to some findings of paleobotanical research.

1. Einleitung

Polygonum lapathifolium L., der Ampferknaterich, ist eine in Mitteleuropa weit verbreitete licht-, feuchtigkeits- und niihrstoffliebende Sommerannuelle. Bestimmte Formen der sehr vielgestaltigen Art sind als Ackerunkraut bekannt, andere bezeichnend fUr trockenfallende Uferstreifen. Die Fiille an Formen, Mustern und Farben bei dieser Art hat in der Vergangenheit immer wieder zu Gliederungsversuchen herausgefordert, ohne daB bislang eine befriedigende und allgemein akzeptierte Lasung vorliegt. Der Monograph DANSER schreibt 1932 dazu: "Wenn ich trotzdem hier eine zweite Mitteilung tiber die Polymorphie des Polygonum lapathifolium ins Licht gebe, ist dies also nicht deshalb, weil ich tiber diesen Gegenstand zur Klarheit gekommen bin". Trotz der selbstkritischen Einschiitzung wird seine dort gegebene Einteilung mit geringen Abiinderungen in fast allem mitteleuropiiischen Floren und dartiber hinaus verwendet, so im "HEG!" (RECHINGER 1958), in OBERDORFER (1983), im "ROTHMALER" (SCHUBERT & VENT 1988), im "SCHMEIL-FITSCHEN" (RAUH & SENGHAS 1988) oder bei DE LANGHE et al. (1983). In diesen werden jeweils fUnf oder vier Sippen auf dem Niveau von Unterarten 18*

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oder (Klein)Arten unterschieden: I) P.lapathifolium ssp.lapathifolium ( = P. nodosum PERS. = P. petecticale (STOKES) DRUCE) 2) P. lapathifolium ssp. danubiale (KERN.) DANS. (= P. brittingeri OPIZ) 3) P.lapathifolium ssp. incanum (F. W. SCHMIDT) SCHUBL. et MART. (= P. pallidum WITH. = P. tomentosum SCHRANK) 4) P. lapathifolium ssp. mesomorphum (DANS.) DANS. 5) P. lapathifolium ssp. leptocladum (DANS.) THELL. (= P. linicola SUTULOV) (Nomenklatur: 1-3 nach EHRENDORFER (1973),4-5 nach RECIDNGER (1958» Ais Abiinderung gegeniiber der DANSER'schen Konzeption fiillt die durchgehend hohere Bewertung des FluBknoterichs (ssp. danubiale) auf. Zwar wertete auch DANSER diese Sippe zuniichst (1921) als Unterart (zweiten Ranges!), iinderte spiiter aber seine Meinung (1932), und billigte ihr nun nur noch den Rang einer zur ssp.lapathifolium gehorenden Varietiit zu. In einem deutlichen Gegensatz zu dieser mitteleuropiiischen Sicht stehen die Autoren der Flora Europaea (WEBB & CHATER 1964), die - gestiitzt auf eine Untersuchung von TIMSON (1963) - zu dem SchluB kommen, daB aufgrund fast kontinuierlicher Variation und mangelnder Merkmalskorrelation eine infraspezifische Einteilung nicht sinnvoll ist. Lediglich dem FluBknoterich wird eine mogliche Sonderstellung eingeriiumt. HESS et al. (1976) schlieBen sich dem an und fiihren P. brittingeri sogar als eigene Art. Abweichend davon verdienen nach EKMAN & KNUTSSON (1986) nur die ssp. lapathifolium, die ssp. pallidum (= incanum) und das heute kaum noch gefundene Leinunkraut ssp. leptocladum den Rang von Unterarten. Der taxonomische Wert des FluBknoterichs (ssp. danubiale) wird dagegen in Frage gestellt, die ssp. mesomorphum als distinktes Taxon abgelehnt. Es zeigt sich also, daB in der Systematik des Polygonum lapathifolium noch vieles im FluB ist. Hierdurch wird natiirlich die Vergleichbarkeit von Ergebnissen anderer, nichtsystematischer Forschungsrichtungen, wie z. B. der Chorologie, Vegetationskunde, Okologie oder Physiologie erschwert. Verwirrung stiften auch die zahlreichen Synonyme und der unterschiedliche Gebrauch gleicher Namen. So wird der Name Polygonum lapathifolium L. von englischen Autoren im gleichen Sinne benutzt wie Polygonum tomentosum SCHRANK ( = P. lapathifolium ssp. incanum (F. W. SCHMIDT) SCHUBL. et MART.) von mitteleuropiiischen Autoren. Umgekehrt entspricht deren Polygonum lapathifolium L. (bzw. P. lapathifolium ssp. lapathifolium) dem Polygonum nodosum PERS. englicher Autoren. Das Anliegen des Verfassers ist es hier nicht, ein neues Einteilungsschema vorzustellen oder taxonomisch-nomenklatorische Fragen zu erortern, sondern Lebensweise und Variationsstruktur des Ampferknoterichs zu beleuchten und Merkmalskorrelationen in Form konkreter Sippen moglichst deutlich herauszuarbeiten. Hierzu werden auch biologischokologische Merkmale herangezogen. Die Darstellung beschriinkt sich im wesentlichen auf die drei wichtigsten Sippen, die hier der Einfachheit halber wie in der Liste von EHRENDORFER (1973) als Unterarten (ssp. lapathifolium, danubiale und incanum) gefiihrt werden. Die Unterarten mesomorphum und leptocladum sind mir bislang nur von wenigen Herbarbelegen DANSERS bzw. von solchen, die DANSER revidiert hat (Herbarien Leiden (L) und Goteborg (GB», bekannt, und konnen daher hier nur gestreift werden.

2. Material nod MethodeD Das Saatgut fUr die verschiedenen Untersuchungen lag in der Regel in Form von Mischproben (Friichte von 10 - 20 gleichartigen Pflanzen einer Population) vor. Die Kurzbezeichungen dieser Proben tragen eine Sammelnummer und (hinter dem Schragstrich) das Jahr der Aufsammlung. In wenigen Fallen muBte auf Herbarmaterial zuriickgegriffen werden, dessen Kurzbezeichnung der Herbarnummer im Herbar des Autors entspricht (z. B. P.1.45 = Fruchtmaterial von Nr. 45). Nachfolgend eine

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Auflistung aller verwendeten Herkunfte (lap. = ssp. lapath!folium, dan. = ssp. danubiale, inc. = ssp. incanum): Ahrmundungs-Gebiet bei Kripp, Kiesbiinke, 22.9.83 lap. 4/83 inc. Rotbach-Aue bei Euskirchen, Teiehufer, 13. 8. 84 2a/84 inc. Julieh, Abwasserteieh der Zuckerfabrik, 7. 10.84 2b/84 dan. Julich, Abwasserteich der Zuckerfabrik, 7. 10. 84 30b/84 dan. Ahrmundungs-Gebiet bei Kripp, Kiesbiinke, 16. 10.85 5/85 Schophoven (bei Duren), Kliirbecken, 19. 10.85 lap. 6/85 Haibach (bei Lindlar), Silage stelle, 10.9. 85 inc. 7a/85 Agger-Talsperre, Schlammboden, 28.9.85 inc. 7b/85 Bonn-Duisdorf, Gemusefeld, 30. 9. 85 inc. 7c/85 Niederpleis (bei Bonn), Silagestelle, 2. 10.85 inc. 7d/85 inc. Bad Bertrich-KennfuB, Wildacker, 2. 11. 85 7e/85 Julich, Abwasserteich der Zuckerfabrik, 24. 10. 87 dan. 3/87 Essig (bei Euskirchen), Miststelle, 1. 9. 87 inc. 4/87 inc. Hohenwepe1 (bei Warburg), Rubenacker, 29.9.87 5/87 Wesse1ing, sandiges Rheinufer, 16. 10.87 lap. 17/87 Ahrmundungs-Gebiet bei Kripp, Kiesbiinke, 9. 10.87 lap. 19/87 Luchtringen (bei Hi:ixter), lehmiges Weserufer, 29.9. 87 lap. 20/87 lap. Radegast (bei Bleckede), sandiges E1bufer, 30.9. 87 21/87 dan. Ahrmundungs-Gebiet bei Kripp, Kiesbiinke, 9. 10.87 30/87 GroBmuster (westl. Hannover), Sch1ammteich der Zuckerfabrik, 14. 8. 85 P.1.38 inc. P.1.45 inc. Rethen (sudl. Hannover), Sch1ammteich der Zuckerfabrik, 14.8. 85 P.1.47 Luchtringen (bei Hi:ixter), 1ehmiges Weserufer, 29.9. 87 dan. Daten zur Phiino1ogie, zum Blattindex und zur Fruchtgri:iBe wurden anhand einer Vergleichskultur mit 12 (1. Aussaat) bzw. 11 Herkunften (2. Aussaat) gewonnen. Das hierfiir verwendete Saatgut ist aus Abb. 11 ersichtlich. Die Verwendung mi:iglichst am gleichen Tag gekeimter Siimlinge wurde angestrebt, war aber nicht immer ganz zu realisieren. Von jeder Herkunft wurden 5 Siimlinge zuniichst in Ti:ipfen mit Anzuchterde, spiiter in gedungten Gartenbeeten (Granulat-Volldunger Kampka SE, 100 kg N/ha) kultiviert. Schneckenfra13 fiihrte in einigen Fiillen zur Reduzierung auf 4 oder gar 3 Pflanzen. Bei der Ermittlung des B1attindex (= Blattliinge/Blattbreite) erwies sich die Bestimmung der Blattliinge als kritisch, da bei vielen Pflanzen die Spreite ohne scharfe Grenze in den Blattstiel ubergeht. Als Blattliinge wurde daher definiert die Strecke von der Blattspitze bis zu der Stelle am B1attgrund, an der die Spreite auf einer der beiden Seiten des Blattstiels mindestens noch 0,5 mm betriigt. Fruchtliinge und -breite wurden nach Entfernen von Perigon, Blutenboden und Griffel mit Hilfe einer MeBiupe (0,1 mm Teilung) bestimmt. Bei der Bestimmung phiinologischer Daten zeigten sich die Zeitpunkte Keimung, Erscheinen der ersten Blutenknospen und der Beginn der Blutezeit als gut erkennbar. Schwieriger gestaltete sich die Bestimmung des Beginns der Fruchtreife. Die Angaben konnten hier nur auf etwa ± 3 Tage genau gemacht werden. Das Ende der Blute- und Fruchtzeit sowie das Absterben der Pflanzen ist noch weniger genau markiert. Hier ist eine zeitliche Unschiirfe von ca. ± 5 Tagen anzusetzen. Die Keimungsuntersuchungen wurden in einer Klimakammer durchgefiihrt. Untersucht wurden die Herkunfte 17/87 (lap.), 30/87 (dan.) und 5/87 (inc.), wobei 1etztere in der Versuchsvariante ,,25/10 °C Wechsel, 24 Std. Dunkel" durch Material der Herkunft 7c/85 (inc.) ersetzt werden muBte. Jeder Ansatz der Keimtest umfasste 4 Parallelen i 100 Fruchte, die in Petrischalen auf mit 0,2 %iger KN0 3 -Lsg. getriinktem Filterpapier (Schleicher & Schull 598) ausgebreitet wurden. Als Lichtquelle diente hellweiBes Leuchtstofflampen-Licht (Osram Lumilux, Lichtfarbe 21) mit einer Beleuchtungsstiirke von ca. 1000 Lux in Hi:ihe der Petrischa1en. Dunkel-Ansiitze wurden durch Einhullen mit Aluminiumfo1ie verwirklicht. Jeder Versuch dauerte 15 Tage. Varianten: 1) 10 DC konst., a) 14 Std. Licht, b) 24 Std. Dunkel 2) 25°C konst., a) 14 Std. Licht, b) 24 Std. Dunkel 3) 25/10°C Wechsel, a) 14 Std. Licht, b) 24 Std. Dunkel Fur die Untersuchung zur Keimung wiihrend Bodenlagerung wurden 10 Herkunfte (vgl. Abb. 13) ausgewiihlt. Von jeder wurden 4 Parallelen i 100 Fruchte in kleine Gazebeutel gefullt und 5 cm tief im Hochflutlehm der Ahraue (Mundungsgebiet) vergraben. Die Lagerung dauerte vom 29. 12.85 bis zum 23. 3. 86. Bei der Herausnahme wurde sowohl der Antei1 bereits gekeimter Fruchte a1s auch der Antei1 der Fruehte mit nicht persistierenden Perigon-Leitbundeln notiert.

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Die Untersuchungen zum Abbau des Perigons wiihrend Boden- bzw. Schlammlagerung erfolgten an den Herkiinften 4/83 (lap.) und 2a/84 (inc.). Von ersterer wurden 4 Proben a 50 Friichte in Gazebeutel gefilllt und ca. 5 cm tiefin humoser Gartenerde vergraben. Nach 10, 20, 50 und 100 Tagen wurde jeweils ein Beutel herausgenommen und eine fiir den Abbauzustand repriisentative Frucht gezeichnet. Das Fruchtmaterial der Herkunft 2a/84 wurde vor und nach 223 tiigiger Lagerung in Riibenerde gezeichnet.

3. SproB- uod Blattmorphologie Die Polymorphie des Ampferknoterichs kommt vor allem bei den vegetativen Organen, also SproB und BUittern zum Ausdruck. Die Palette reicht von vollig niederliegenden, sich allseitig reich verzweigenden bis zu streng aufrechten, fast unverzweigten Pflanzen. Bei der Blattform sind nahezu alle Moglichkeiten zwischen schmal-lanzettlich und fast kreisrund verwirklicht. Zusammen mit unterschiedlichen Auspriigungen der Internodienliinge, Knotenanschwellung, SproBfarbung und -zeichnung, Blattfarbe, -behaarung und -zeichnung ergibt sich so allein fUr den vegetativen Bereich eine enorme Mannigfaltigkeit. Schon DA:NSER (1921) stellte anhand von Vergleichskulturen fest, daB es eine groBe Zahl von morphologisch unterscheidbaren Genotypen gibt, die oft den Charakter reiner Linien haben. Zu dieser erblichen Variation tritt aber auch stets noch eine phiinotypische hinzu. Allerdings liegt diese Plastizitiit innerhalb einer bestimmten Reaktionsnorm, die bei den einzelnen Genotypen verschieden ist. Auch sind nicht alle Merkmale modifikativ. Die Uberlagerung von geno- und phiinotypischer Variation bereitet aber in der Praxis groBe Schwierigkeiten. Es ist daher sehr wichtig, die Modifizierbarkeit der zur Sippendifferenzierung verwendeten Merkmale moglichst genau zu kennen. Als gute, d. h. wenig von Umwelteinfliissen abhiingige Merkmale gelten z. B. Wuchsform, SproBfiirbung und -zeichnung, Blattform und -zeichnung. Die Wuchsform der Pflanzen ist nach eigener Einschiitzung kein wirklich zuverliissiges Merkmal zur Unterscheidung von Unterarten. So wachsen in dichten Bestiinden alle drei Sippen (lapathifolium, danubiale, incanum) durchaus aufrecht, wiihrend in stark liickigen Therophytenfluren liegende oder aufsteigende Formen vorherrschen. Die ssp. danubiale hat zweifelsfrei die groBte Neigung, eine prostrate Wuchsform anzunehmen. Diese behiilt sie auch in Gartenkultur bei. Allerdings ist das Verhalten nicht ganz einheitlich. So zeigten sich z. B. bei Pflanzen der Herkunft 30/87 (Ahr-Miindungsgebiet) ganz typsche Verhiiltnisse, wiihrend die Pflanzen der Herkunft 3/87 (Jiilich, Kliirpolder) halb aufrecht wuchsen und insgesamt auch deutlich groBer wurden. Bei der ssp. incanum beobachtet man liegendaufsteigende Formen schon allein deshalb selten, wei! sie hauptsiichlich segetal, also in Ackern wiichst. Die Konkurrenz der Feldfriichte oder anderer Unkriiuter, die sich vor allem in Form von Beschattung auswirkt, schlieBt solche Wuchsformen weitgehend aus. Bei der ssp. lapathifolium sind liegende oder liegend-aufsteigende Formen nicht selten. So sind auf den oberfliichlich austrocknenden Sand- und Kiesbiinken von Loire und Allier Pflanzen der ssp. danubiale und ssp. lapathifolium an der Wuchsform oft nicht zu unterscheiden. In den trockenfallenden Bereichen von Talsperren (z. B. Bigge-Stausee, Henne-Talsperre) findet man neben aufrecht oder aufsteigend wachsenden unter gleichen Standortbedingungen auch liegende Formen der ssp. lapathifolium (vgl. auch GALUNDER 1988, S. 65). Die Wuchsform ist daher als Tendenzmerkmal aufzufassen, das in vielen Fiillen fUr bestimmte Unterarten bezeichnend ist, in anderen aber nicht. Als wichtiges Merkmal zur Unterscheidung von Unterarten wird die Blattform angesehen. Insbesondere zeichnet sich ja die ssp. danubiale vor allen anderen Subspezies durch ihre kurzen und breiten Bliitter aus. Nun sind Begriffe wie breit und schmal wenig priizise. Auch Formcharakteristika wie lanzettlich, oval oder eiformig konnen unterschiedliche Vorstellungen hervorrufen. Abbildungen, Angaben zum Liingen-Breiten-Verhiiltnis

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ssp. in[anum

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BLATT-NR. Abb. 1. Blattindices von II Polygonum lapathifolium-Herkiinften der ssp. lapathifolium, danubiale und incanum in Gartenkultur (2. Aussaat). Abszisse: Nr. des Blattes in akropetaler Folge (ohne Kotyledonen). Ordinate: Blattindex (= Blattlange/Blattbreite).

(Blattindex) oder zur Lage der breitesten Stelle sind hier recht hilfreich, losen aber nicht aIle Probleme. So wird fUr die ssp. lapathifolium allgemein ein Uingen-Breiten-Verhiiltnis von 4 - 8 angegeben, wobei die breiteste Stelle im unteren Drittel liegt. Hochsten zweimal so lang wie breite Bliitter und breiteste Stelle in der Mitte gelten als typische Merkmale der ssp. danubiale. Bei einer Vergleichskultur von 12(11) Vertretern der drei Hauptsippen zeigte sich, daB die deutlichen Unterschiede in der Blattform zwischen der ssp. danubiale und den ssp. lapathifolium und ssp. incanum konstant bestehen bleiben, also genotypisch sind. So lagen die in Abb. 1 dargestellen Liingen-Breiten-Verhiiltnisse (Blattindices) bei der ssp. lapathifolium und ssp. incanum zwischen 3 und 4,5, die der ssp. danubiale ungefiihr bei 2. Soleh klare Verhiiltnisse ergeben sich allerdings nur dann, wenn man das Saatgut von recht typischen Vertretern der drei Subspezies sammelt, also von vornherein selektiv vorgeht. Auch Herbarbelege sind in dieser Hinsicht kritisch zu sehen. Unter natiirlichen Verhiiltnissen liegen die Dinge etwas anders. An den groBeren Fliissen und Stromen, wo der Ampferknoterich in oft erstaunlicher FormenfUlle auftritt, sind die klaren Unterschiede zwischen der ssp. lapathifolium und der ssp. danubiale - die ssp. incanum fehlt hier weitgehend - durch das hiiufige Auftreten von Zwischenformen verwischt. Abb. 2 demonstriert dies anhand der Blattformen einer Population vom Rheinufer bei Wesseling. In einer ungefiihr 100 m 2 groBen Fliiche wuchsen dort auffeuchtem Sand ca. 50 Exemplare

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Abb. 2. Bliitter von 10 Individuen des Ampferkni:iterichs aus einer Population vom Rheinufer bei Wesseling. Der zugehi:irige Blattindex ist jeweils rechts unten angegeben.

des Ampferknoterichs. Hiervon wurden 10 ausgewahlt und nach abnehmendem Blattindex angeordnet. Wie Abb.3 zeigt, liegen die Werte fiir den Blattindex recht kontinuierlich zwischen 1,5 und 5. Es fallt zweifellos schwer, aile hier dargestellten Individuen einer bestimmten Subspezies zuzuordnen. Ein klarer Grenzwert ist nicht erkennbar. Auch bei der Wuchsform und der Blattfleckform ergab sich kein Anhaltspunkt fUr eine Zasur. Nun

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BLATT-NR. Abb.3. Graphische Darstellung der Blattindex-Werte aus Abb.2. Abszisse: Nr. des Blattes akropetaler Folge (ohne Kotyledonen), Ordinate: Blattindex (= Blattlange/Blattbreite).

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wurden die Pflanzen in Abb. 2 bewul3t ausgewiihlt, urn den B1attindex-Gradienten deutlich darstellen zu konnen, d. h. die Formen sind nicht unbedingt gleich hiiufig. Genaue Angaben iiber die Mengenverhii1tnisse zwischen typischen Vertretern der Unterarten lapathifolium und danubiale und den verschiedenen Ubergangsformen liegen nicht VOL Letztere sind allerdings an F1iissen keineswegs selten. An der E1be oder an der Loire finden sich sogar hiiufiger Ubergangsformen, a1s so1che, die guten Gewissens a1s P. lapathifolium ssp. danubiale bestimmt werden konnen. Verstiindlicherweise bereitet dies in der Praxis, z. B. bei der Erstellung von vegetationskund1ichen Aufnahmen, grol3ere Schwierigkeiten, da ja alle Individuen beriicksichtigt und ihre Artmiichtigkeit geschiitzt werden mul3. Die drei Unterarten unterscheiden sich niimlich deutlich in ihrer sozio1ogischen Wertigkeit (vgl. Abschnitt 9). Bei Verbreitungskartierungen ist dies weniger kritisch, da neben den Zwischenformen fast stets auch die typischen Formen auftreten, an die man sich dann notfalls "ha1ten" kann. Es gibt aber noch weitere Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen den Unterarten lapathifolium und danubiale. Verg1eicht man Abbi1dungen des F1u13knoterichs in der Literatur miteinander, z. B. in HESS et al. (1976, S. 744), im "ROTHMALER" (JAGER et al. 1987, S. 134) oder bei TUXEN & LOHMEYER (1950, S. 58), so fiillt eine gewisse Verschiedenheit in der Darstellung auf. Dies scheint kein Zufall zu sein. So sehen denn auch die vom

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Abb.4. Variabilitat von Blattform und Blattfleck bei kleinfruchtigen, breitblattrigen Polygonum lapathifolium-Pflanzen. Dargestellt sind die Hauptsprosse von 10 Individuen aus dem Herbar des Verfassers. a) Nr. 117: sandiges Rheinufer bei Wesseling, 25.7.89; b) Nr. 104b: kiesiges Maasufer bei Arcen (b. Venlo), 15.9.88; c) Nr. 116: vernaBter Ackerrand bei Siegburg-Buisdorf, 17.7.89; d) Nr. 48: feinkiesig-grobsandiges Loireufer bei Carre four (b. Orleans), 20. 9. 85; e) Nr. 95: kiesiges Illufer bei Bilzheim (EIsaB), 4. 9. 87; f) Nr. 99: feinkiesig-grobsandiges Loireufer bei Tavers (b. Beaugency), 8.9.86; g) Nr. 42: grobkiesiges Garonneufer bei S1. Aignan, 5.9.86; h) Nr. 102: Schlammteich der Zuckerfabrik in GroBmunzel (b. Hannover), 14. 8. 85; i) Nr. 93: sandiges Elbufer bei Bleckede, 28.9.86, j) Nr. 118: sandiges Rheinufer bei Wesseling, 25. 7. 89.

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Abb. 5. Breitbliittrige Form von Polygonum lapathifolium ssp. incanum aus dem Herbar des Verfassers (Nr. 58).

Verfasser an Fliissen, in Kliirteichen, an Talsperren etc. gesammelten Belege der ssp. danubiale keineswegs gleich aus. Abb. 4 zeigt eine Auswahl hiervon. Als hiiufigste Form treten so1che auf, wie sie unter a, e und f dargetellt sind. Die im mittleren Abschnitt parallel verlaufenden Blattriinder geben ihnen ein abgerundet sechseckiges Aussehen. Mehr oval

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Abb. 6. Herbarbeleg der breitbliittrige Form von Polygonum persicaria L. (mit AusschnittvergroBerung, 1 Teilstr. = 1 mm): Sandbank der Vienne bei Chinon, 9.9. 1989, Nr. 183 im Herbar des Verfassers.

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sind die Bliitter in b und j, fast rund in h und i. Bei anderen liegt die breiteste Stelle niiher zum Blattgrund, wodurch sich mehr rautenformige (d), eiformige (g) oder eilanzettliche (b) Formen ergeben. Des weiteren zeigt sich bei der Form und Intensitiit des Blattflecks eine mannigfaltige Abwechslung. Am hiiufigsten tritt ein intensiv dunkelbraun gefiirbter Doppelbogen oder -fleck (a) auf. Mitunter findet sich aber auch iiberhaupt kein Blattfleck (i). Dies veranschaulicht, daB es eine ganze Reihe von kleinfriichtigen, breitbliittrigen Formen bei Polygonum lapathifolium gibt. Man kann sich nun auf den Standpunkt stellen, nur bestimmte Formen aus dieser Palette als echte ssp. danubiale anzuerkennen, z. B. nur solche, deren brei teste Stelle in der Mitte des Blattes liegt und die auch sonst in jeder Hinsicht der traditionellen Vorstellung entsprechen. Nach Ansicht des Verfassers ist es aber nicht sinnvoll, bestimmte, besonders auffiillige Formen als eigenes Taxon herauszustellen und andere, davon kaum verschiedene in die Anonymitiit des Polygonum lapathifolium zuriickzuweisen, es sei denn, daB erstere noch mit weiteren Merkmalen korreliert sind und die nicht akzeptierten Formen sich als Zwischenformen oder eigene Sip pen erweisen. Dies bediirfte durchaus einer genaueren Untersuchung. Auf jeden Fall wird verstiindlich, warum DANSER (1932) im FluBknoterich nur eine breitbliittrige Varietiit der ssp. lapathifolium sah. DANSER beobachtete auch bei den ssp. incanum und ssp. mesomorphum breitbliittrige Formen (Abb.5), sodaB dieses Merkmal wohl der gesamten Art zukommt, im wesentlichen aber auf die ssp. lapath(folium sensu DANSER beschriinkt ist. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch eine vom Autor erst kiirzlich entdeckte breitbliittrige, prostrate Form von Polygonum persicaria L. (Abb. 6). Mehrere derartiger Pflanzen fanden sich auf deiner Sandbank an der unteren Vienne bei Chinon (Mittelfrankreich). Sie waren auf den ersten Blick von Formen des dort ebenfalls siedelnden Flul3knoterichs (Polygonum lapathifolium ssp. danubiale) nicht zu unterscheiden. Die ca. 2 mm langen Ochreacilien, das Fehlen von Driisen im Infloreszenzbereich und die Fruchtmerkmale zeigen jedoch eindeutig, daB es sich hierbei tatsiichlich urn Polygonum persicaria handelt.

4. Infloreszenz - und Bliitenmorphologie Der Bliitenstand von Polygonum lapathifolium setzt sich aus end-und seitenstiindigen, traubig bis rispig angeordneten Scheintrauben (bzw. Scheiniihren) zusammen. Genaugenommen sind es Thyrsen mit dicht iibereinander angeordneten wickeligen Partialinfloreszenzen. Nach LAWALREE (1952) stehen bei der ssp. incanum die Scheintrauben meist einzeln ("Racemes solitaire ou presque"), bei der ssp. lapathifolium uns ssp. danubiale zu mehreren in rispiger Anordnung ("Racemes panicule"). Dieses bisher wenig beachtete Unterscheidungsmerkmal verliert allerdings bei kleinen Pflanzen seine Brauchbarkeit. Weiterhin sind die ± geraden Scheintrauben der Unterart incanum in der Regel deutlich dicker (urn 10 mm 0) als die oft etwas gebogenen der Unterarten lapathifolium und danubiale (urn 7 mm 0). Die Unterschiede priigen sich aber erst mit einsetzender Fruchtentwicklung aus. Die Bliitenhiille von Polygonum lapathifolium ist als Perigon zu bezeichnen. Ihre 4 - 5 Tepalen entstehen nach GALLE (1974) ontogenetisch in schraubiger Folge, was bei der Bezifferung der in Abb. 7 dargestellten Bliiten beriicksichtigt wurde (Umlauf entgegen dem Uhrzeigersinn). Die Bliitenhiillbliitter sind nicht scharf vom Bliitenboden abgesetzt und im untersten Abschnitt etwas verwachsen. Die Zahl der Bliitenhiillbliitter wird fUr Polygonum lapathifolium und Polygonum persicaria gleichermaBen mit 5 angegeben (z. B. von RECHINGER 1958). Dies ist nach eigenen Beobachtungen nicht ganz korrekt, denn die Mehrzahl der Polygonum lapathifolium-Pflanzen besitzt ein vierziihliges, die Mehrzahl der Polygonum persicaria-Pflanzen hingegen ein fUnfziihliges Perigon. Zu ganz iihnlichen Ergebnissen kommen VAUTIER (1949) und TIMSON (1963).

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Vieles deutet aber darauf hin, daB auch bei Polygonum lapathifolium die Fiinfzahl im Perigon der Ausgangszustand ist. Die Reduktion der Bliitenblattzahl erfolgt hier offen bar nicht durch Ausfall eines Bliitenblattes, sondern durch Verschmelzung der Tepalen 3 und 5. Neben rein vier- oder fiinfzahligen Bliiten findet man namlich des Ofteren innerhalb einer Scheintraube auch solche, bei denen diese beiden Tepalen in unterschiedlichem MaBe

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Abb. 7. Bliitenmorphologie bei Polygonum persicaria L. und Polygonum lapathifolium L.: a) 5-ziihliges Perigon von Polygonum persicaria, b) 4-ziihliges Perigon von Polygonum lapathifolium ssp. lapathifolium, c) 5-ziihliges Perigon von Polygonum lapathifolium ssp. lapathifolium, d) 4-ziihliges Perigon von Polygonum lapathifolium ssp. incanum, e) Bliitendiagramm einer 4-ziihligen Bliite von Polygonum lapathifolium L. (Perigon in a-d jeweils von auEen gesehen).

Biologie und Variabilitiit von Polygonum lapathifolium L.

279

miteinander verwachsen sind, wiihrend bei den anderen Tepalen keinerlei Abiinderung zu beobachten ist. Dieses hier als Tepalum 5/3 bezeichnete Verwachsungsprodukt (Abb. 7e) ist in der Regel breiter als das gegenuberliegende Tepalum 4. Weiterhin ergibt sich seine Doppelnatur auch aus der Leitbundelanordnung. Hier ziihlt man bis zu vier basal verzweigte "Nerven" (Abb.7d), wiihrend die Tepalen der fiinfziihligen nur je drei oder zwei Hauptnerven besitzen (vgl. auch VAUTIER 1949, S. 248 u. Abb. 24). Die Reduktion von 5 auf 4 Blutenbliittern steht wohl im Zusammenhang mit der speziellen bisymmetrischen Fruchtform des Ampferknoterich. Die Perigonnervatur (bzw. der Leitbundelverlauf) ist in einem anderen Punkt von noch viel grol3erer Bedeutung. Wiihrend niimlich Polygonum persicaria schwache, am Ende unregelmiil3ig verzweigte Leitbundel aufweist (Abb. 7a), sind die von Polygonum lapathifolium recht kriiftig und am Ende wie Ankerhaken geformt (Abb. 7b-d). Dieses wiihrend der Blute noch nicht so deutlich, spiiter aber bei der Fruchtreife, wenn die Nerven stark hervortreten, gut sichtbare Merkmal ist ein spezielles Charakteristikum des Ampferknoterichs und bei sonst keiner anderen Polygonum-Art zu finden. Die ankerformigen Nerven sind in den Tepalen 1 und 2 besonders kriiftig und regelmiil3ig dreiziihlig entwickelt, wiihrend bei den anderen Blutenbliittern nur ein Teil der Nerven am Ende hakig gekrummt ist und auch sonst recht wechselhafte Verhiiltnisse vorliegen. Bei den Unterarten incanum und leptocladum schliel3lich beobachtet man noch eine interessante Abwandlung dieser Strukturen. Neben Perigonnerven, die ganz denen der ssp. lapathifolium entsprechen, gibt es oft solche, bei denen verschiedenartige Auswuchse und zusiitzliche Verzweigungen zu einer Storung der sonst sehr einfachen und klaren Ankerhaken-Struktur fiihren (Abb. 7 d). Hierauf wird noch zuruckzukommen sein.

5. Fruchtmorphologie und -verbreitung Fur die infraspezifische Einteilung des Ampferknoterichs spielen Fruchtgrol3e und -form eine wichtige Rolle. Eigenen Beobachtungen zufolge sind diese Merkmale zur Unterscheidung zwar recht brauchbar, insbesondere die Fruchtform, doch zeichnen sich auch hier Schwierigkeiten abo Wie Abb. 8 erkennen liil3t, ergab sich in Gartenkultur fur die 1. Aussaat (Anfang April) ein deutlicher Unterschied in der Fruchtgrol3e zwischen der ssp. incanum einerseits und den ssp. lapathifolium und ssp. danubiale andererseits. Dieser Unterschied ging aber bei der 2. Aussaat (Anfang/Mitte Juni) weitgehend verloren. Lediglich die Tendenz zu mehr rundlichen, relativ breiten Friichten blieb bestehen. HAMMERTON & JALLOQ (1970) konnten eine signifikante Abnahme des Fruchtgewichtes das mit der Fruchtgrol3e sicherlich korreliert ist - bei sukzessiver Aussaat von Akkerherkunften beobachten. Die im Miirz gekeimten Pflanzen produzierten die grol3ten, die im Mai gekeimten die kleinsten Fruchte. Dies liil3t gewisse Zweifel an der Brauchbarkeit der Fruchtgrol3e als zuverliissiges Unterscheidungsmerkmal zwischen der ssp. incanum und den anderen Unterarten aufkommen. Bei der ssp. lapathifolium und der ssp. danubiale sind keine tendenziellen Unterschiede zwischen der 1. und 2. Aussaat zu erkennen. Wiihrend die Verhiiltnisse bei den drei Herkunften der ssp. danubiale recht einheitlich sind, zeigt sich bei der ssp. lapathifolium eine grol3ere Variabilitiit. Stiirkere Abweichungen finden sich vor allem bei einzelnen Individuen, so Z. B. bei 19/87c (1. Aussaat) mit rundlichen Fruchten, oder 19/87c (2. Aussaat) mit besonders kleinen schmal-ovalen Fruchten. Zur Kennzeichnung der Fruchtform eignet sich ganz gut der Fruchtindex (= Fruchtliinge/Fruchtbreite). Die ovale Fruchtform der ssp. lapathifolium und ssp. danubiale kommt in einem mittleren Fruchtindex von 1,25 (1,09 -1,35) zum Ausdruck, wiihrend er bei der ssp. incanum im Mittel ungefiihr bei 1,10 (1,06-1,21) liegt. Diese Werte gelten allerdings nur fur die Pflanzen der Vergleichskultur. Die mittlere Fruchtliinge lag bei der ssp. lapathifolium zwischen 1,85 und 2,28 mm (Extremwerte: 1,6 u. 2,4 mm), die der ssp.

280

R.

WISSKIRCHEN

1. Aussaat

Fruchtlange [mm)

3-r------------------~ p1.38 4/m7c/85\ P1.45 ' " ' "'-

21~

PI.4\7

2,5-

1718~

0

I . 0\

2 -

30/87

Z,5 -

PI. 47 '-...

2/ 119187c)

1,5 -

I 2

ssp. inc anum

AUS SA AT 4181 1 2 1 5181 2 7cl85 1 2 P.1. 38 1 2 1 P.1.4S 2 P.1.4S' 1

Bez.

3181 30187 p.l. 47

L±s

\

PU8

+

0

.. -19187

+

0\,\"-4187 \

/ 301m 21187'

PI.45

31m

I 2,5

Frucht-Breite o

+

+

(19/87c)

17187

/ ... ..._7<185

I

D

19187

I

\

........

31m

1,5

21187~20Im

0

5/87

e

\

1,5-

Keimung: 11113(20).6.88

3-r------------------~

.0+ \ /+0 \~1.45'

20/87--

2. Aussaat

Fruchtlange [mm)

Keimung: 7(9).4.88

[mm)

o ssp. danubiale

B±s

2,69 ± 0,24 2,03 ± 0,21 2,46± 0,21

2,36 ± 0,22 1,90 ± 0,16 2,3H 0,21

-

-

2,63± 0,09 2,20:!: 0,08 2,S8! 0,15 2,28! 0,21 2,SO± 0,14 2,OS:!: 0,18 2,30!O,19

2,43:!: 0,11 2,OO! 0,19 2,14±0,19 1,99 ± 0,17 2,21 ! 0,10 1,80! 0,11 2,05:!: 0,19

1

2,11 :!:O,09

1,72 :!: 0,10

2 1 2 1 2

2,03 ± 0,13 2,01:!: 0,12 2,02:!: 0,14 2,18:!:O,10 2,12:!: 0,08

1,75 ± 0,12 1,67 ± 0,11 l,66:!:O,14 1,68 :!: 0,14 1,64 ± 0,08

I 2

1,5

Frucht-Breite +

2,5 [mm)

ssp. lapathifolium

Bez.

AUS SAAT

17181

1 2 1 2

19/87 119/87c)

1 2

20187 21187 21187'

1 2 1 2 2

L±s

B±s

2,16:!:O,11 2,28:!: 0,10 1,95 ±O,16 2,14 ±0,13 2,04± 0,12 1,90 ± 0,09

l,62±O,11 1,97 :!:O,09 1,64 ± 0,12 1,89:!:O,ll 1,88 ±O,09 1,41 :!:O,07

2,11 ± 0,Q9 2,18 :!: 0,19 2,1B:!:O,13 2,08 :!: 0,10 1 B5:!:012

1,80 :!:O,13 1,72 :!:O,11 1,74 :!: 0,10

1,71 to,Q6

155t016

Abb.8. Liinge und Breite von PolYKonum lapathifolium-Fruchten bei 12 (II) Herkunften und zwei Aussaatterminen (Vergleichskultur, I. u. 2. Aussaat). Tabellarische Darstellung von Mittelwerten mit Standardabweichungen (n = 10) und graphische Darstellung der Mittelwerte fUr je ein typisches Individuum jeder Herkunft. In der Blutezeit abweichende Individuen mit in Klammern gesetzter Kurzbezeichnung. Bei Individuen mit nicht abweichender BlUtezeit aber abweichenden Fruchtmerkmalen ist die Kurzbezeichnung mit einem Apostroph gekennzeichnet.

Biologie und Variabilitat von Polygonum lapathi{olium L.

281

danubiale zwischen 2,02 und 2,18 mm (Extremwerte: 1,8 u. 2,3 mm) und bei der ssp. incanum zwischen 2,3 und 2,69 mm (Extremwerte: 1,8 u. 3,1 mm). Die Angabe der FruchtHinge fUr beide Sippen mit 1,8 - 2 mm diirfte wohl etwas zu niedrig angesetzt sein. EKMAN & KNUTSSON (1986) gehen hier noch weiter. Nach ihren Messungen sind die Friichte der ssp. lapathifolium kiirzer als 2,8 mm, die der ssp. incanum langer als 2,2 mm. Sie raumen also einen relativ groBen Uberschneidungsbereich ein. Ihrer Meinung nach kommt der Fruchtform eine viel hohere taxonomische Bedeutung zu. So beschreiben sie z. B. die Basis der Friichte bei der ssp. incanum als gerade, die der ssp. lapathifolium als rund (vgl. EKMAN & KNUTSSON 1986, Abb. 2). Wenig bekannt sein diirfte, daB Polygonum lapathifolium Klettfriichte besitzt. In den Standardwerken zur Fruchtverbreitung ist davonjedenfalls nichts zu finden. Das Phanomen wurde von STANIFORTH & CAVERS (1976, S. 2588) kurz beschrieben, und schon bei BERTSCH (1941, S. 147) findet sich eine entsprechende Abbildung. Die zunachst nicht als solche erkennbaren Klettfriichte des Ampferknoterichs entstehen sekundar bei der Verrottung des Perigons im Boden, Schlamm oder Wasser. Bakterien, Protozoen, Collembolen, Nematoden und andere Kleinorganismen mazerieren die Bliitenhiillblatter, bis letztlich nur noch die offenbar schwer abbaubaren ankerformigen Leitbiindel iibrigbleiben (Abb. 9). Hierdurch erhalt nun die fest mit dem Bliitenboden verbundene NuBfrucht eine gut funktionierende Kletteinrichtung. Die Haken sind ziemlich elastisch und trennen sich eher als Ganzes yom Bliitenboden als daB sie abbrechen. Die charakteristischen Perigonnerven sind also mehr als nur ein filigranes Muster. 1m Hinblick auf Form und Funktion kann man hier von (sekundaren) Anker-Klettfriichten sprechen. Uber die genaue biologische Bedeutung dieser Kletteinrichtung liegen bislang keine Ergebnisse vor. Sie diirften aber vor allem eine verbreitungshemmende Funktion haben. Auch ein Anheften der Friichte an organisches Material (Getreibsel) ware im Hinblick auf die Nahrstoffversorgung der keimenden Pflanze von Vorteil. SchlieBlich kame auch noch eine Verbreitung durch Tiere in Betracht. Das Phanomen der Klettfriichte fiel dem Verfasser bei Keimungsversuchen mit Fruchtmaterial, das langere Zeit im Schlamm gelagert hatte, auf. Ohne Schwierigkeit lieBen sich mit einer Pinzette aile 100 Friichte eines Ansatzes auf einmal hochziehen. Erstaunlicherweise war dies bei einem friiheren Versuch mit dieser Art nicht beobachtet worden. Die Kontrolle der damal verwendeten Friichte ergab, daB diese I. nur schwach ausgebildete, d. h. linienhafte, nicht hervortretende Perigonnerven besaBen - wie dies ahnlich bei Polygonum persicaria der Fall ist - und daB sie 2. von Pflanzen der ssp. incanum stammten. Abb. lOa zeigt eine solche Frucht, bei der die am Ende ankerformigen Leitbiindel zwar noch vorhanden, aber insgesamt recht schwach ausgebildet sind. Bei der Lagerung in Wasser oder Boden kommt es dann zu einem volligen Abbau des Perigons (Abb. lOb). Solche Friichte mit nicht persistierenden Perigonnerven lassen sich in vielen Populationen der ssp. incanum beobachten, und zwar mit recht wechselnden Anteilen. In Abb. 13 finden sich (unter der Abszisse) hierzu einige Zahlenangaben. Bei den Unterarten lapathifolium und danubiale haben in der Regel aile Friichte intakte Hakenstrukturen. Der vergleichsweise hohe Anteil defekter Haken bei den Herkiinften 5/85 und 6/85 erklart sich wohl aus der spaten Sammelzeit, denn die letzten im Herbst gebildeten Friichte reifen z. T. nicht mehr richtig aus. Der teilweise Ausfall dauerhafter Leitbiindel oder die im Hinblick auf die Funktion eher nachteilige Verastelung der Perigonnerven, wie sie im vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurde, zeigt, daB sich bei der Unterart incanum eine deutliche Tendenz zum Verlust der Verbreitungseinrichtung abzeichnet. Dies steht wohl mit der segetalen Lebensweise der Sippe im Zusammenhang. Vermutlich haben die Ankerhaken hier keine Bedeutung mehr, und Defekte oder Verlust als Folge von Mutationen sind offenbar weder vor- noch nachteilig. Die Unterart leptocladum, die ja noch viel spezieller angepaBt ist als die mit ihr verwandte Unterart incanum, zeigt dies noch deutlicher. So wiesen aile von mir gesehenden Belege DANSERS (L) nur Friichte mit linienhaften, nicht oder nur sehr schwach hervor19

Flora. Bd. 185. 4

282

R.

WISSKIRCHEN

a

b

e

d

(

I

o

I 1

mm

I

I

2

3

Abb.9. Sekundiire Entstehung von Klettfriichten bei Polygonum lapathifolium ssp. lapathifolium: a) Ausgangszustand (reife, trockene Frucht), b) Zustand nach IO-tiigiger Lagerung, c) dito nach 20 Tagen, d) dito nach 50 Tagen, e) Endzustand nach 100 Tagen mit persistierenden ankerfOrmigen Leitbiindeln.

Biologie und Variabilitiit von Polygonum lapathifolium L.

a

283

b I

o

I

1

mm

I

I

2

3

Abb.10. Abbau des Perigons bei Polygonum lapathifolium ssp. incanum: a) reife Frucht mit nicht hervortretenden Perigonnerven, b) Zustand einer solchen Frucht nach 223 Tagen.

tretenden, stark veriistelten, vielfach sogar anastomosierenden Nerven auf. Zudem ist das Perigon an der Spitze und seitlich zwischen den Blutenbliittern geoffnet, soda13 die dunkle Nu13frucht sichtbar wird. Dieses Merkmal findet sich auch bei der ssp. incanum, wenngleich nicht so ausgepriigt. EKMAN & KNUTSSON (1986) betonen seinen Wert fUr die U nterscheidung der Unterarten lapathifolium und incanum. Die Fruchtverbreitung von Polygonum lapathifolium wurde insbesondere von STANIFORTH & CAVERS (1976) niiher untersucht. Sie fanden, da13 fUr die an Flu13ufern lebenden Formen Hydrochorie die Hauptverbreitungsart ist. Die Schwimmfiihigkeit der Fruchte erwies sich als hoch, war aber stark von der Wasserbewegung abhiingig. Entfernen des Perigons fUhrte zu einer starken Abnahme der Schwimmfiihigkeit. Offen bar verhindert das umhullende Perigon eine zu starke Benetzung und Wasseraufnahme der Nu13 und erhoht mit der eingeschlossenen Luft die Schwimmfiihigkeit. Weiterhin berichten STANIFORTH & CAVERS (1977) uber Verdauungsverbreitung (Endozoochorie) durch Kaninchen. Nach SIMMONDS (1945) sollen Enten die Fruchte des Ampferknoterichs verzehren. Hierdurch wird eine flu13aufwiirts gerichtete Verbreitung moglich. Vermutlich tragen Wasservogel und andere Tiere auch ohne Fruchtverzehr zur Ausbreitung der im feuchten Zustand leicht anhaftenden Fruchte bei. Wie die Ausbreitung der eher selten an Ufern zu findenden ssp. incanum funktioniert, ist schwieriger zu sagen. In fruheren Zeiten war eine Verbreitung mit schlecht gereinigtem Saatgut leicht moglich (KORNAS 1988). Dies durfte heute kaum noch zutreffen. Ansonsten ist eine Verschleppung mit an Fahrzeugen haftendem Boden oder mit organischem Dunger (z. B. Mist) leicht moglich. Vermutlich tragen aber auch hier Kaninchen oder Vogel, die die Fruchte fressen, zur Verbreitung bei.

6. Phanologie Die Blutezeit von Polygonum lapathifolium wird von LOUSLEY & KENT (1981) mit Juni bis Oktober angegeben, was zweifellos richtig ist. Allerdings verhalten sich die Unterarten 19*

284

R.

WrSSKIRCHEN

in di~sem Punkte deutlich verschieden. So erscheinen die ersten Bliiten bei der ssp. incanum schon ab Mitte luni, vereinzelt sogar noch friiher. Bliihende Pflanzen der ssp. lapathifolium und ssp. danubiale beobachtet man dagegen in der Regel erst ab Mitte bis Ende luli, wobei die Hauptbliitezeit in den August fiiUt. Dies stimmt auch recht gut mit den Beobachtungen von DANSER (1932) iiberein. HEJNY (1960), der die unterschiedliche Entwicklung der drei Sippen in der siidslowakischen Tiefebene beschreibt, steUte auBerdem fest, daB die Pflanzen der ssp. incanum schon ab Mitte April, die der ssp. lapathifolium gut einen Monat spiiter keimen. Die U nterschiede im Bliihverhalten beruhen aber nicht nur auf einer unterschiedlichen Keimungszeit. Dies zeigt sich, wenn man die Entwicklung nahezu gleichaltriger Pflanzen verfolgt. In Abb. 11 finden sich zu 12 bzw. 11 Herkiinften bei zwei Aussaatterminen phiinologische Daten, die folgende Beziehungen erkennen lassen: 1. Beim ersten Aussaattermin bliihen die Pflanzen der ssp. incanum 3 bis 4 Wochen friiher als die der ssp. lapathifolium und ssp. danubiale. Bei der zweiten Aussaat fiiUt der Unterschied etwas geringer aus. 2. TendenzieUe Unterschiede im Bliihverhalten zwischen den Unterarten lapathifolium und danubiale sind nicht zu erkennen. 3. Die verschiedenen Herkiinfte der ssp. lapathifolium zeigen eine groBe Variabilitiit. Einzelne Individuen fallen durch deutlich spiitere Bliitezeit (17/87b, 1. Aussaat; 19/87c, 2. Aussaat) auf. Andere wie 20/87 (2. Aussaat) bliihen dagegen schon verhiiltnismiiBig friih und niihern sich so in ihrem Verhalten etwas der ssp. incanum an. 4. Die Lebensdauer der ssp. incanum ist im Vergleich zu den beiden anderen Unterarten kiirzer, was sich besonders beim ersten Aussaattermin zeigt. Dies ist auch die Ursache fUr die unter gleichen Bedingungen geringere Wuchsh6he und Internodienzahl bei dieser Sippe, denn nach dem Rispenschieben findet kaum noch vegetatives Wachstum statt. Zu ganz iihnlichen Ergebnissen kommt auch KONOPATZKY (1988, S.58), der die Phiinologie verschiedener Acker- und Uferherkiinfte aus dem Gebiet der ehemaligen DDR vergleichend untersuchte. Er stellte auBerdem fest, daB sich unter Konkurrenzbedingungen das Bliihen der Pflanzen etwas verz6gert. Die unter natiirlichen Bedingungen nicht zu beobachtende friihe Bliitezeit der ssp. lapathifolium und ssp. danubiale im Versuch erkliirt sich wohl aus der BliihinduktionsWirkung der relativ kurzen Tage im April, die mit durchschnittlich 14 Stunden Tagesliinge den Verhiiltnissen Ende August gleichkommen. Die im Freiland erst im Mai einsetzende Keimung dieser Sippen verhindert in der Regel eine solche Friihjahrsinduktion - die Pflanzen bliihen dann erst mit einsetzender Kurztagswirkung im Spiitsommer. Das gleiche gilt iibrigens auch fUr andere typische Kurztagspflanzen wie Xanthium italicum MORR., Chenopodium rubrum L. oder Bidens radiata THUILL. Das unterschiedliche Bliihverhalten der ssp. incanum einerseits und der ssp. lapathifolium und ssp. danubiale anderseits wird verstiindlich, wenn man ihre unterschiedlichen Standorte betrachtet. Fiir eine Ackerpflanze wie die Unterart incanum ist ein m6glichst friihzeitiges Bliihen und Fruchten unabhiingig von der Tagesliinge fUr eine erfolgreiche Ausbreitung besonders wichtig. Die kurze Generationsdauer erm6glicht unter Umstiinden noch eine zweite Generation im Spiitsommer. Die Unterarten lapathifolium und danubiale sind dagegen Uferpflanzen, die ihre natiirliche Wuchsorte hauptsiichlich an Fliissen haben. Die zur Besiedlung geeigneten Kies- und Sandbiinke tauchen gew6hnlich nicht vor Mai/luni, bei den groBen Fliissen oft erst im luli, August oder noch spiiter aus dem Wasser auf. Bliite und Fruchtzeit fallen bei diesen Sippen also recht gut mit der Zeit zusammen, in der die Wahrscheinlichkeit fUr Niedrigwasserstiinde am gr6Bten ist - niimlich zwischen August und Oktober. An friihzeitig trockenfallenden Stellen ergibt sich - zumindest dort, wo das Substrat feucht und niihrstoffreich ist - vor allem fUr die ssp. lapathifolium ein Konkurrenzvorteil, da die Pflanzen solange in die H6he wachsen, bis die Bliihinduktion einsetzt. Dies bedeutet fUr die Pflanzen allerdings ein gewisses Risiko, da Sommerhochwiisser ihnen ein vorzeitiges Ende bereiten k6nnen. Fallen die Ufer dagegen erst Anfang Herbst trocken,

OKTOBER Z.

61

54

54

49

47

I

50

INC. Miststelle,Essig, 4/87

73 67 70 71 60 79

LAP. Weserufer, Luchtringen, 20/87

DAN. Weserufer,Luchtringen, Pl.47

DAN. Schlammleiche,Jiilich, 3/87

LAP. Rhe i nufer, Wesseling, 17/87

(LAP. Weserufer, Luchtringen, 20/87c)

(LAP. Ahrmundung,Kripp, 19/87c)

Abb. 11. Ergebnisse phiinologischer Beobachtungen an 12 bzw. 11 Herkiinften in Gartenkultur bei zwei Aussaatterminen. Es handelt sich jeweils urn Mittelwerte von 3 bis 5 (2) Individuen mit gleichartigem Verhalten. Abweichende Verhiiltnisse bei verschiedener Einzelpflanzen sind ebenfalls dargestellt (Bez. in Klammern). N = November, Z = Zahl der Tage von der Keimung bis zum Bliihbeginn.

67 61

DAN. Ahrmundung, Kripp, 30/87

LAP. Ahrmiindung,Kripp, 19/87

70

LAP Elbufer,Radegasl,21/87

48 50

INC. Sc hlammleich,Gro~munster. I'l38

INC. Schlammteich,Relhen, P.1.45

Keimung: 11/13(20).6.88

124

(LAP. Rheinufer, Wesseling, 17/87b)

48

~

79

LAP. Rheinufer,Wesseling,17/87

INC. Gemusefeld, BN-Duisdorf, 7c/85

~

76

DAN. Schlammteich, Julich, 3/87

Uo

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76 76

LAP. Weserufer, Liichlrigen, 20/87

S 0-

(i'

()Q

0'

tl:l



DAN. Weserufer, Liichtringen, P.1.47

75

N.

LAP. Ahrmundung,Kripp, 19/87

Keimung: 7l9).4.88

1. Aussaat

SEPTEMBER

74

~--

AUGUST

• erste Blutenknospen

DAN. Ahrmiindung,Kripp, 30/87'

JULI

~ Fruchtreife

72

Schlammteich,Gro~munsler, PI.38

JUNI

Blutezeit

LAP Elbufer, Radegast, 21/87

INC.

INC, Schlammleich,Rethen, I'l. 45

INC. Gemiisef eld, BN- Du isdorf, 7cl85

INC. Mis Is leI Ie ,Ess ig, 4187

2. Aussaat

MAl

APRIL

HERKUNFT

_

Vegetative Entwicklung

INC, Riibenacker,Hohenwepel,5/87

SSP

CJ

286

R.

WISSKIRCHEN

bewirkt die kurze Tagesliinge bei den gekeimten Pflanzen ein alsbaldiges Umschalten auf die generative Phase. Die Pflanzen bleiben dann zwergig klein, bliihen schon nach kurzer Zeit und setzen noch vor dem Ansteigen des Wasser reife Friichte an (vgl. LOHMEYER 1954, S. 64). Das Verhalten ist hier ein iihnliches wie bei den bereits genannten Kurztagspflanzen, Chenopodium rubrum oder Bidens radiata.

7. Fortpflanzungssystem Das Fortpflanzungs- oder Rekombinationssystem des Ampferknoterichs ist gepriigt von vorherrschender Selbstbefruchtung. Einhiillen von knospigen Bliitenstiinden in pollendichte Beutel (Plankton-Gaze, 10 Il Maschenweite) fiihrt nach eigenen Untersuchungen bei allen drei Unterarten zu reichlichem Fruchtansatz. Vielfach sind bereits in recht jungen, noch geschlossenen Bliiten die Pollensiicke entleert und ermoglichen so Kleistogamie; spiiter Offnen sich aber alle Bliiten. Dies wurde auch von TIMSON (1965a) beobachtet. Derselbe Autor fand weiterhin, daB nach Entfernung der StaubgefiiBe und Verhinderung von Nachbarbestiiubung keine Fruchtbildung stattfand, Apomixis also ausscheidet. Der Pollen ist nach TIMSON (1963) etwas klebrig und die Menge pro StaubgefiiB gering. Eigene, stichprobenartige Ziihlungen ergaben fiir Pflanzen der ssp. lapathifolium 37 (n = 3) und 40 (n = 4) Pollenkorner pro StaubgefiiB als Mittelwert. Bei einer Pflanze der ssp. danubiale lag dieser bei 54 (n = 4). Mit durchschnittlich sechs StaubgefiiBen und hochgerechnet ca. 200 bis 300 Pollenkorner pro Bliite liegt das Verhiiltnis von Pollenkornzahl zur Zahl der Samenanlagen recht niedrig. Ahnliche Angaben finden sich bei SIMMONDS (1945). Dies deutet daraufhin, daB Windbestiiubung bei Polygonum lapathifolium keine Rolle spielt. Trotzdem ist neben der iiberwiegenden Selbstbestiiubung aber auch gelegentliche Fremdbestiiubung anzunehmen, denn besonders da, wo die Pflanzen bestandsbildend auftreten, beobachtet man nicht selten einzelne Honigbienen, Wildbienen oder Schwebfliegen als Bliitenbesucher. Ein gewisser GenfluB ist also anzunehmen - iiber seine genaue GroBe nichts bekannt. Wegen der geringen Rekombinationsrate bleiben die einzelnen Biotypen weitgehend voneinander isoliert, und es entstehen so fast homozygote reine Linien. Diese iihneln in gewisser Weise den asexuell gebildeten Klonen von Apomikten. Polygonum lapathifolium zerfiillt also in eine hohe Zahl jeweils nur wenig voneinander verschiedener Mikrosippen ("Mikrospezies"). Gelegentliche Mutationen fiihren zum Entstehen neuer Biotypen, die bei ausreichender Vitalitiit die Variationsbreite der Art erhohen. Anpassung an neue, vorwiegend anthropogene Lebensriiume (Acker, Ruderalstellen u. a.) kann dabei zu einer zunehmenden okologischen und riiumlichen Trennung fiihren, so z. B. zur Entstehung von Ufer- und Ackersippen. Da aber die reproduktive Isolierung keine vollstiindige ist, kommt es vor allem im Uberschneidungsbereich der C>kotypen (z. B. im Bereich von FluBtiilern) iiber die Grenzen der Subspezies hinweg immer wieder zur Entstehung von Zwischenformen (vgl. DANSER 1921, S. 202). Nach JARETZKY (1928) besitzen die Unterarten lapathifolium, danubiale und incanum alle den gleichen Chromosomensatz, so daB in dieser Hinsicht die Kreuzbarkeit nicht eingeschriinkt erscheint. Allerdings fehlen hieriiber genaue Angaben, z. B. iiber Hiiufigkeit, Aussehen, Fertilitiit und okologische Anspriiche von Kreuzungsprodukten der Unterarten.

8. Keimungsokologie Uber die Keimungsanspriiche des Ampferknoterichs gibt es zwar eine ganze Reihe von Untersuchungen - von den neueren seien nur die Arbeiten von TIMSON (1965b), HAMMERTON (1967) und STANIFORTH & CAVERS (1978) genannt - doch kommen die Autoren zu teilweise voneinander abweichenden Ergebnissen. So fand TIMSON, daB das von ihm (auf Ackern) gesammelte Fruchtmaterial sofort keimfiihig war, wiihrend STANIFORTH & CAVERS iiber eine starke anfiingliche Keimruhe (Dormanz) der von ihnen (an

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FluBufern) gesammelten Friichte berichten. HAMMERTON schlieBlich untersuchte Fruchtmaterial aus verschiedenen Liindern und beobachtete dabei recht wechselhafte Verhiiltnisse. So war bei einigen Herkiinften das Material sofort keimfiihig, bei anderen nicht oder nur geringfiigig. Die Keimruhe konnte durch mehrw6chige kaltnasse Lagerung bei 1 - 2 °C (Stratifikation) gebrochen werden. Dieselbe Behandlung fiihrte bei den nicht dormanten Herkiinften bereits zu einer mehr oder weniger starken Keimung wiihrend der Lagerung. Kaltkeimung wurde auch von TIMSON, nicht aber von STANIFORTH & CAVERS beobachtet. Die hier skizzierten Unterschiede in den Ergebnissen erkliiren sich zum einen daraus, daB mit Fruchtmaterial ganz unterschiedlicher Okotypen gearbeitet wurde, zum anderen aus den Unterschieden in der Methodik der Keimungsversuche selbst. So fiihrten TIMSON und HAMMERTON ihre Keimungsversuche bei (vermutlich konstanten) Temperaturen von 25 bzw. 23°C durch - iiber Belichtung machen sie keine Angaben. STANIFORTH & CAVERS verwendeten dagegen Wechseltemperaturen von 25°C (14 Std., mit Licht) und 10°C (10 Std., ohne Licht). Zwar wurden nur wenige eigene Keimtests durchgefiihrt, doch ergibt sich aus diesen schon ein relativ klares Bild, das auch einen direkten Vergleich zwischen den U nterarten bzw. zwischen Acker- und Ufer6kotypen erlaubt. Eine grundsiitzliche Schwierigkeit bei all diesen Untersuchungen, so auch hier, besteht darin, daB man von den Ergebnissen, die man fiir einen Vertreter einer Sippe erhiilt, gew6hlich auf das Gesamtverhalten einer Sippe schlieBt. Dies kann, muB aber nicht richtig sein. In Abb. 12 sind die Ergebnisse fiir 5 Versuchsvarianten dargestellt. Es zeigt sich, daB alle drei Unterarten h6here Anspriiche an eine Mindestkeimtemperatur besitzen und bei 10 DC (Licht) noch nicht keimen, zumindest nicht wiihrend des 15-tiigigen Keimtests. Die Variante ohne Licht wurde nicht getestet. Keimung ist aber auch hier nicht zu erwarten, da alle Varianten mit Licht stets h6here Keimungsraten zeigten als die ohne Licht. Keimtests bei h6herer konstanter Temperatur - hier 25°C - fiihren nur bei der ssp. incanum zu

25·C KONST.

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Abb. 12. Keimung von Polygonum lapathifolium-Sippen in Abhangigkeit von Licht und Temperatur bzw. Temperaturwechsel. Dargestellt sind die mittleren Keimprozente mit Standardabweichung (n = 4) nach 15 Tagen.ln der Variante ,,10 Grad konst." wurde nurdie Teilvariante" 14 Std. Licht" getestet. inc. = ssp. incanum, lap. = ssp. lapathi(olium, dan. = ssp. danubiale.

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einem guten Keimungsergebnis, und zwar sowohl im Licht wie auch im Dunkeln (schwiicher, hohe Streuung!). Die Friichte der Uferokotypen erreichen auch unter diesen Bedingungen noch keine nennenswerten Keimprozente. Erst eine niichtliche (bzw. wiihrend der Dunkelphase vorgenommen) Absenkung der Temperatur auf 10 °C veranla13t sie zur Keimung. So1che und noch starkere Tag-Nacht-Schwankungen lassen sich auch im Freiland zur Keimungszeit, vor allem im Mai messen. Interessanterweise erweist sich aber der Lichtfaktor bei diesen beiden Sippen als noch starker keimungsfordernd. FUr die U nterart incanum trifft dies nicht zu. Die starke Beteiligung des Lichtes an der Keimung, ebenso wie die Kurztag-Bliihinduktion bei den Ufersippen deutet auf eine ausgepriigte PhytochromKontrolle hin, we1che bei der Ackersippe incanum bereits stark reduziert erscheint. Drei Dinge la13t der Versuch recht gut erkennen: 1. Es bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Keimungsanspriichen der Akkersippe (ssp. incanum) und denen der Ufersippen (ssp. lapathifolium und danubiale). Tendenzielle Unterschiede zwischen den Unterarten lapathifolium und danubiale selbst sind dagegen nicht erkennbar. 2. Temperaturwechsel wirken im Vergleich zu konstanten Temperaturen bei allen drei Sippen starker keimungsfOrdernd. 3. Belichtung fordert im starken MaBe die Keimung, insbesondere bei den Uferherkiinften. Ihre Wirkung kommt aber nur unter Wechseltemperatur-Bedingungen zustande. In einem zweiten Versuch wurden Friichte verschiedener Herkiinfte der drei Unterarten (haupsachlich ssp. incanum) iiber Winter im Bereich einer FluBaue (Ahr, Miindungsgebiet) oberflachennah in den Boden eingegraben und im Friihjahr auf bereits erfolgte Keimung gepriift. Bei allen Herkiinften der ssp. incanum zeigte sich tatsachlich ein mehr oder weniger groBer Anteil an bereits wahrend der Lagerung (im Dunkeln) gekeimten Friichten (Abb. 13). % KEIMUNG N

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7a/85 Haibach 7d/85Niederpleis

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Abb. 13. Keimung versehiedener Herkiinfte von Polygonum lapathiJolium-Sippen im Auenboden (5 em Tiefe) der Ahr wiihrend der Lagerung vom 29. 12.85 bis 23.3.86. Dargestellt sind die mittleren Keimprozente mit Standardabweiehung (n = 4). Unterhalb der Siiulen ist zusiitzlieh der mittlere prozentuale Anteil von Friiehten ohne persistierende Perigon-Leitbiindel aufgetragen.

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Die Ergebnisse stehen im Einklang mit den Befunden HAMMERTONS (1967), wonach einige der Herkiinfte dieses Autors nach 2 - 3 mona tiger kaltnasser Lagerung eine starke Kaltkeimung zeigten. KONOPATZKY (1988) beobachtete auBerdem bei gewissen Ackerherkiinften ein Auflaufen von Keimlingen im Spiitherbst - alle Keimlinge gingen im Winter zugrunde. Kaltkeimung bei feuchter Lagerung von Friichten (z. B. im Kiihlschrank bei + 4 DC) konnte auch yom Verfasser mehrfach beobachtet werden und ist fUr die ssp. incanum bezeichnend. DaB im Gegensatz dazu die Friichte der Ufersippen unter diesen Bedingungen nicht auskeimen, konnte ebenfalls mehrfach festgestellt werden und stimmt mit dem Verhalten von Uferherkiinften im oben beschriebenen Freiland-Lagerungsversuch sowie mit den Beobachtungen von STANIFORTH & CAVERS (1978) iiberein. Die Ergebnisse verdeutlichen, daB sich Acker- und Ufersippen auch keimungsokologisch unterscheiden. Die von HAMMERTON (1967) beobachtete Heterogenitiit im Keimungsverhalten liiBt sich im wesentlichen wohl so erkliiren. Wegen der groBen Variabilitiit innerhalb der beiden Okotypen und den zu erwartenden Ubergangsformen diirften sich die Verhaltnisse fiir die Gesamtart insgesamt komplizierter darstellen.

9. Verbreitung und Standort Der Ampferknoterich ist nach Angaben von MEUSEL et al. (1965) und HULTEN (1970) mit Ausnahme der kalten und ariden Zonen heute fast weltweit verbreitet. DANSER (1932) bezeichnet ihn als urspriinglich altweltlich und beschreibt mehrere Unterarten aus dem eurasiatischen, siidostasiatischen und afrikanischen Raum, darunter auch eine perennierende Form (ssp. africanum DANS.), die vielleicht als Ausgangssippe der ganzen Gruppe in Frage kiime. Fiir Europa zeigt die Karte von JALAS & SUOMINEN (1988), daB die Hauptverbreitung von Polygonum lapathifolium in den gemiiBigten Teilen liegt. Sowohl im nordlichen Skandinavien wie im mediterranen Raum tritt die Art stark zuriick. In Osteuropa ist sie hauptsiichlich auf den Bereich sommergriiner Laub und Laub-NadelMischwiilder beschriinkt. Der Atlas der Farn- und Bliitenpflanzen der Bundesrepublik Deutschland (HAEUPLER & SCHONFELDER 1988) enthiilt neben einer Verbreitungskarte fiir die Gesamtart auch zwei weitere fiir die Unterarten danubiale und incanum. Eine ± groBe Unvollstiindigkeit wird von den Autoren eingeriiumt - dies sicherlich zu Recht, denn die ssp. danubiale findet sich z. B. am Mittel- und Niederrhein ganz regelmiiBig ohne Verbreitungsliicken. Zahlreiche Vorkommen gibt es auch an dessen Nebenfliissen. 1m Mittellauf der Weser und im Bereich der bundesdeutschen Elbe diirfte sich kaum ein MeBtischblatt ohne diese Sippe finden. Dariiber hinaus gibt es noch Vorkommen in Talsperren, Teichen, Kliirpoldern u. ii. Zweifellos ist das Gesamtareal des FluBknoterichs wesentlich groBer, als dies von RECHINGER (1958) mit der Bezeichnung "siidliches Mitteleuropa" skizziert wird. So fand der Verfasser Formen dieser Sippe an vielen franzosischen Fliissen, so am Allier, an der Loire, Vie nne, Garonne, Mosel, Lanterne und Ill. Auch in den Niederlande an der Maas und in Belgien an der Ourthe ist sie zu finden. TUXEN & OBERDORFER (1958) belegen das Vorkommen der ssp. danubiale aus Spanien mit einer Aufnahme yom Rio Arlazan, WOJTERSKI et al. (1973) nennen die Sippe als charakteristischen Bestandteil in der Uferzonose der Warthe in Polen. SCHUSTER (1907) weist auf Fundorte an der Oder und in verschiedenen Teilen der ehemaligen DDR hin. 1st die ssp. danubiale eine typische FluB- und Stromtalpflanze mit einer vorwiegend linienhaften Verbreitung, so ist die ssp. incanum eine hauptsiichlich im "Binnenland" auBerhalb der Ufer verbreitete Sippe. Die Verbreitungskarte im "Atlas" diirfte trotz zahlreicher Punkte noch recht unvollstiindig sein. Die U nterart incanum ist praktisch iiberall dort zu erwarten, wo Hackfriichte angebaut werden und vermutlich in der Bundesrepublik die verbreitetste der drei Sippen. Sie findet sich auch noch in den hoheren Lagen der

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Mittelgebirge, so z. B. in montanen Lagen der Westeifel in iiber 500 m Meereshohe. Es ist also anzunehmen, daB jede der drei Unterarten ein spezifisches Verbreitungsmuster besitzt und auch das Auftreten von Zwischenformen hierzu in Relation steht. 1m Gegensatz zur Flora Europaea halt der Autor die U nterscheidung der wichtigsten infraspezifischen Sippen von Polygonum lapathifolium fiir durchaus wichtig und notwendig, da sonst von vornherein das Erkennen von standortlichen und geographischen Beziehungen verhindert wird. Auch in ihren Standortanspriichen unterscheiden sich die drei Sippen. So ist die U nterart incanum im wesentlichen auf Hackfrucht-Kulturen (Riiben, Kartoffeln, Mais, Gemiise u. a.) beschrankt, wahrend sie im Getreide keine Rolle spielt. Die soziologische Angabe OBERDORFERS (1983), nachdem diese Sippe ihren Schwerpunkt in Polygono-Chenopodietalia-Gesellschaften hat, driickt genau diesen Sachverhalt aus. OBERDORFER weist auch auf Vorkommen in Bidentetalia- und Sisymbrion-Gesellschaften hin. Eigenen Beobachtungen zufolge liegen die Ufer-Vorkommen vor allen an kleineren Fliissen sowie an stehenden Gewassern (Talsperren). An groBen Fliissen und Stromen ist die ssp. incanum dagegen recht selten. Ruderal kommt die Sippe Z. B. gerne an Mist- und Silagestellen vor. Die Unterarten lapathidolium und danubiale haben ihre Hauptvorkommen im Uferbereich groBer Fliisse und Strome. Sie siede1n hier auf den bei Niedrigwasser trockenfallenden Kies-, Sand- und Schlickflachen. Aufgrund ihrer Wuchsform und der damit verbundenen Konkurrenzschwache halt sich aber die ssp. danubiale vor allem an die offenen Bereiche der Kies- und Sandufer, wahrend die ssp. lapathifolium dariiber hinaus auch auf lehmigen und schlickigen Flachen (z. B. in groBen Herden an der Elbe) gedeiht und hier hochwiichsige und dichte Bestande bildet. Sie kommt auch haufig an stehenden Gewassern wie Altarmen, Kolken, Talsperren, Fisch- und Abwasserteichen vor. Stark schwankende Wasserspiegel und Eutrophierung begiinstigen ihr Vorkommen. SchlieBlich begegnet man Pflanzen dieser Sippe auch hier und da an Graben, an Mist- und Silagestellen sowie in feuchten oder zeitweilig unter Wasser stehenden Ackern. Die ssp. danubiale hat im Vergleich dazu eine deutlich geringere Amplitude. Zwar dringt sie auch hier und da in die oben genannten Knoterich-Herden ein und kann auch Z. T. in groBer Individuenzahl in Klarteichen (WISSKIRCHEN 1986) sowie gelegentlich in Talsperren oder ruderal gefunden werden, doch liegen ihre Hauptvorkommen in liickigen Pioniergesellschaften sandig-kiesiger FluBufer. OBERDORFER (1983) bezeichnet die ssp. lapathifolium als Ordnungskennart der Bidentetalia, welche auBerdem noch in feuchte Ausbildungen von Polygono-Chenopodietalia-Gesellschaften eindringt. Die Unterart danubiale wird dagegen allgemein als Kennart der FluBknoterich-Gesellschaft gewertet. Beides ist sicherlich richtig, doch sind die soziologischen Unterschiede nicht so krass, wie es nach dieser Einstufung erscheint. So laBt die ssp. lapath!folium im Hinblick auf Stetigkeit, Menge und Formenvielfalt einen leichten Schwerpunkt im Chenopodion rubri- Verb and erkennen. Die ssp. danubiale nahert sich diesem Verhalten insofern an, als daB sie zwar ihre Hauptvorkommen in den FluBknoterichGesellschaft (Chenopodio-Polygonetum brittingeri Lohm. 1950 n. inv. bzw. Polygono brittingeri-Chenopodietum rubri Lohm. 1950) hat, dariiber hinaus aber auch mit geringer Stetigkeit in anderen Chenopodion rubri-Gesellschaften auftritt, somit in gewisser Weise fUr den ganzen Verb and charakteristisch ist.

10. Evolution Aus den bisher aufgezeigten Verhaltnissen lassen sich auch Hypothesen iiber die Entstehung der in Europa vorkommenden Unterarten ableiten. Die von DANSER (1932) aufgestellte Theorie, nach der die Unterart mesomorphum als Ausgangssippe anzusehen ist, aus der sich die anderen Unterarten im Zuge von Anpassung an spezielle Standorte (Acker, FluBufer) unter FruchtvergroBerung (ssp. incanum, ssp. leptocladum) bzw. Fruchtverkleinerung (ssp. lapathifolium, ssp. danubiale) herausbildeten, orientiert sich zu sehr an rein

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morphologischen Merkmalen. Denn - wo kann z. B. die ssp. mesomorphum in der historischen Landschaft angesiedelt werden, wenn nicht im Bereich von Ufem oder Ackem? Hier soll eine neue Theorie zur Entstehung der Ampferknoterich-Sippen vorgestellt werden, die auch mit siedlungsgeschichtlichen Zusammenhangen besser in Einklang steht. Anhand von Frucht- und Pollenfunden kann ein haufiges Auftreten von Polygonum lapathifolium bis an den Anfang der lungsteinzeit zuruck verfolgt werden (vgl. WILLERDING 1986). la, es gibt eine ganze Reihe von Funden, die sein Auftreten fUr fruhe Phasen des Holozans wie auch fur mehrere Kraft- und Warmzeiten des Pleistozans be1egen. Polygonum lapathifolium ist also als ursprungliches Element der mitteleuropaischen Flora zu werten (vgl. auch HYLANDER, 1945, S. 134). Die Begleitumstande bei einigen dieser Funde machen deutlich, daf3 vollige Waldfreiheit oder nur initiale Wiederbewaldung vorlag und "daf3 die betreffenden Pflanzen auf + / - feuchten Rohboden gewachsen sind." (WILLERDING 1986, s.2ll). Es fallt nicht schwer, hierin Gewasserufer, insbesondere Kies-, Sand- oder Schlammufer von Flief3gewassem zu erkennen. Nach erfolgter Wiederbewaldung waren diese sogar die einzigen grof3flachigen Standorte fur sommereinjahrige Pionierarten im Binnenland. Von den heute vorkommenden Ampferknoterich-Sippen waren ursprunglich vermutlich nur Formen der ssp. lapathifolium vorhanden. Wann und wo breitblattrige Formen (ssp. danubiale) entstanden, ist vollig unklar. MEUSEL et al. (1965) halten den Fluf3knoterich fUr ein besonders ursprungliches Element, welches auch heute noch nicht seine Standorte verlaf3t. Die ssp. danubiale durfte aber an Fluf3ufem kaum alter sein als die ssp. lapathifolium, eher ist es umgekehrt. HierfUr lassen sich zwei Grunde nennen: 1. Von den subtropisch-tropisch verbreiteten Unterarten sind nur schmalblattige Formen bekannt, so auch bei der besonders ursprunglich erscheinenden Unterart africanum. 2. die Unterart danubiale tritt stets zusammen mit der Unterart lapathifolium auf, hat also kein eigenes Areal. Flachen, in denen nur oder fast nur die ssp. danubiale auftritt, sind recht selten, nach LOHMEYER (mundl. Mitteilung) z. B. auf Kiesbanken der Donau. In Anbetracht der Verschiedenheit im Aussehen des Fluf3knoterichs bzw. der kleinfruchtigen, breitblattrigen Ampferknoterich-Formen stellt sich die Frage, ob diese Sippe zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten art nur einmal entstand und sich anschlief3end ausbreitete, oder ob sich unabhangig voneinander, an vielen Flussen aufgrund biotopspezifischer Selektrionsbedingungen (oder vielleicht gerade wegen des Fehlens einer scharfen Selektion) breitblattrige F ormen herausbildeten, die enger mit den schmalblattrigen Formen des jeweiligen Flusses verwandt sind als untereinander. Man hatte es dann hier mit einem Fall von Parallelismus zu tun, also einer Art Konvergenz auf der Ebene eng verwandter Sippen. Diese Frage ist fur die taxonomische Bewertung des Fluf3knoterichs von Bedeutung und bedurfte einer speziellen Untersuchung. Aufjeden Fall erscheint es als sicher, daf3 ursprunglich nur kleinfruchtige Uferokotopen auftraten. Erst als der Mensch den Wald zu roden begann und regelmaf3ig Ackerbau betrieb, konnten die als Ackerpflanzen zu bezeichnenden Sippen incanum und leptocladum entstehen. Vermutlich drangen schon damals Uferpflanzen in die Ackerkulturen ein, sei es, daf3 Fruchte nach Uberschwemmungen irn Auenbereich dort liegenblieben und keimten, sei es, daf3 Diasporen von Menschen oder Tieren auf Acker verschleppt wurden. Ahnlich wie heute konnten sie sich dort aber auf Dauer nicht halten. Erst als durch Mutation zufallig Biotypen entstanden, die den Bedingungen der Acker besser angepaf3t waren, z. B. schneller zur Fruchtreife kamen oder grof3ere, sofort keimfahige Fruchte besaf3en, kam es zu einer dauerhaften Besiedlung und einer von Gewasserufem weg gerichteten Ausbreitung des Ampferknoterichs. Weitere Selektionsschritte lief3en allmahlich einen neuen Okotyp entstehen, der an die Lebensbedingungen der Acker immer besser, an die der Ufer immer weniger angepaf3t war. Dieser ist zweifellos mit den heutigen Unterarten incanum und leptocladum zu identifizieren. Solche als Kulturunkrauter zu bezeichnenden Formen sind

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nach THELLUNG (1925) u. a. durch folgende Merkmale gekennzeichnet: 1. 2. 3. 4.

Vergro13erung der Samen Verlust der natiirlichen Schutzmittel Verlust der naturlichen Ausstreu- und Verbreitungsvorrichtungen Heimatlosigkeit

Das Merkmal der sich im Laufe der Siedlungsgeschichte infolge Selektion allmahlich vergro13ernden Fruchte trifft offen bar fur eine ganze Reihe von Unkrautarten zu, so z. B. fur Agrostemma githago, Polygonum convolvulus, Polygonum aviculare und auch fUr Polygonum lapathifolium (WILLERDING 1986, S. 19). Da13 gro13fruchtige AmpferknoterichFormen, we1che ja nur bei den Unterarten incanum und leptocladum auftreten, sich erst in historischer Zeit entwickelt haben, belegen Angaben, die mir von Herrn KNORZER (briefl. Mitteilung) freundlicherweise zur VerfUgung gestellt wurden. Fur 88 Belege aus 61ahrtausenden ergaben sich folgende Fruchtgro13en (Fruchtlangen): Bandkeramik 1,6 - 2 mm, fruhe Eisenzeit 1,5 - 2,1 mm, Romerzeit 1,6-2,5 mm, Mittelalter 1,7 - 3 mm. Zumindest seit der Romerzeit treten also F ormen auf, die einen sichtbaren Anstieg in der Fruchtgro13e erkennen lassen und die allmahliche Divergenz von Acker- und Ufertypen auch morphologisch be1egen. Die geringe Fruchtgro13e bei Polygonum lapathifolium in prahistorischen Funden widerlegt auch die Vorstellung DANSERS, in der ssp. mesomorphum die Ausgangssippe aller anderen Unerarten sehen zu konnen. Das Fehlen von Keimungshemmungen und die Aufgabe der ursprunglichen Kurztagsanpassung (spate Blutezeit) kann als Verlust naturlicher Schutzmittel gedeutet werden. Das es auch zum Verlust naturlicher Ausstreu- und Verbreitungsvorrichtungen gekommen ist, zeigen die Defekte im Bereich der Klettstrukturen, die bei der ssp. leptocladum besonders stark ausgepragt sind. Auch fallen bei dieser "linikolen" Sippe die Fruchte zur Reifezeit kaum noch ab, da eine Trennzone zwischen Frucht und Fruchtstiel nicht mehr ausgebildet wird. Diese bei den anderen Unterarten sehr deutliche Artikulationsstelle ist teilweise noch vorhanden, aber au13er Funktion. Das Kriterium der Heimatlosigkeit trifft sowohl fUr die ssp. incanum als auch fUr die ssp. leptocladum zu. Bei letzterer ist es besonders augenfallig, und der von KORNAS (1988) gewahlte Untertitel "von okologischer Spezialisierung zum Aussterben" fa13t die Evolution dieser Sippe knapp aber treffend zusammen. Die Fahigkeit, sich veranderten Umweltbedingungen anzupassen und neu entstehende Lebensraume zu besiedeln ist offen bar ein besonderes Merkmal des Ampferknoterichs, der sich hierdurch von den anderen Arten der Sektion Persicaria unterscheidet. Ein ahnlich gelagerter Fall findet sich mit Polygonum aviculare in der Sektion Polygonum. Es stellt sich hier abschlie13end die Frage, warum bestimmte Arten ein so gro13es Evolutionspotentia1 haben, andere, eng damit verwandte Arten nicht.

11. Schlufifolgerungen 1) Alle funf hier behandelten Sippen gehoren nach Ansicht des Verfassers zu einer einzigen Art - Polygonum lapathifolium L. - und sind durch mehr oder weniger breite Ubergange miteinander verbunden. Allein schon das Merkmal der nur bei dieser Art vorkommenden ankerformigen Perigonnerven unterstreicht die Zusammengehorigkeit der Gruppe. Bei gleicher Chromosomenzahl scheint auch die Kreuzbarkeit der verschiedenen Ampferknoterich-Sippen nicht eingeschrankt und durfte das mitunter haufige Auftreten von Zwischenformen erklaren. 1m Vergleich dazu gibt es z. B. zwischen Polygonum lapathifolium L. und Polygonum persicaria L. mehrere konstant trennende Merkmale. Hybriden zwischen beiden sind sehr selten und steril (vgl. TIMSON 1965a). Hier handelt es sich urn deutlich getrennte, sog. "gute" Arten, die sowohl morphologischen wie biologischen Artdefinitionen gerecht werden.

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Die Anwendung des Kleinarten-Prinzips erscheint im Fall des Ampferknoterichs nicht sinnvoll. Hierfiir sind die morphologischen Zasuren zwischen den Sippen zwar groB, aber nicht scharf genug. Der einzige Vorteil lage darin, daB die Sippennamen kiirzer (d. h. handlicher) wiirden und die Bedeutung der Sippen hervorgehoben werden konnte. Aber auch im Rang von Subspezies wird den verschiedenen Sippen ja nicht ihre morphologische und okologische Eigenart genommen. Hierbei wird zugleich vermieden, daB erstens innerhalb der Sektion Persicaria ganz ungleichwertige Sippen auf Artniveau vereinigt werden, und zweitens, daB keine zu Polygonum lapathtfolium L. geh6rende Pflanze, bei der eine Zuordnung zu Untereinheiten nicht m6glich ist, in der Grauzone eines unverbindlichen Polygonum lapathtfolium-Aggregats landet. 2) Die vorwiegend autogame Vermehrungsweise fiihrt zum Entstehen von zahlreichen Mikrosippen (Mikrospezies), die das in mehrerer Hinsicht "individualistische" Verhalten von Polygonum lapathifolium-Populationen bedingen und die in der Tat keinen taxonomischen Rang verdienen. Dieses Muster wird aber noch von einem zweiten iiberlagert. In dies em fiihrt eine raumlich-okologische Isolierung zu einer zunehmenden Divergenz bestimmter Okotypen. Diese konnen durchaus unterschieden werden. Am deutlichsten treten die Unterschiede zwischen der urspriinglichen Ufertypen und den erst in historischer Zeit entstandenen Ackertypen hervor. So ist der Verfasser mit ASCHERSON & GRAEBNER (1913, S. 812/13), DANSER (1921, S. 167), JARETZKY (1928, S. 416), LAWALREE (1952) und wohl auch EKMAN & KNUTSSON (1986) der Auffassung, daB sich im wesentlichen zwei Sippen unterscheiden lassen, die den Rang von Unterarten verdienen, namlich die ssp. lapathifolium und die ssp. incanum. 3) Der auf den ersten Blick so markante FluBkn6terich erweist sich von den drei wichtigen Sippen als die schwachste. Nur wenige, relativ schwache Korrelationen lassen sich finden. So zeigen sich beim Merkmal der breiten Blatter aile Ubergange zur ssp. lapathifolium. Die prostrate Wuchsform ist nicht auf die ssp. danubiale beschrankt, sondern tritt auch bei Biotypen der ssp. lapathifolium auf. Standorte und Verbreitung der ssp. danubiale unterscheiden sich nicht grundsatzlich von der der ssp. lapathifolium, sind aber im Vergleich zu dieser viel starker eingeschrankt, was sich auch im soziologischen Verhalten ausdriickt. Nur selten tritt die ssp. danubiale ohne die ssp. lapathifolium auf. In Anbetracht der derzeitigen Kenntnisse und der in vieler Hinsicht groBen Ahnlichkeit zwischen schmal- und breitblattrigen kleinfriichtigen Formen erscheint mit die Bewertung DANSERS, wonach der FluBknoterich nur als eine zur ssp. lapathifolium geh6rende Varietat aufzufassen ist, als die angemessenere. Auch das Auftreten einer breitblattrigen, prostraten Form bei Polygonum persicaria zeigt, daB das Merkmal der Breitblattrigkeit nicht zu hoch bewertet werden darf. 4) Uber die beiden anderen Unterarten kann nur wenig gesagt werden. So steht die ssp. leptocladum in enger verwandtschaftlicher Beziehung zur ssp. incanum, wahrend sie von der ssp. lapathifolium besonders stark abweicht. Da iiber ihre Variabilitat und iiber Ubergange zwischen den beiden Ackersippen nicht viel bekannt ist, ist es schwer zu sagen, ob die ssp. leptocladum der ssp. incanum als Varietat zuzuordnen oder aufgrund groBerer Eigenstandigkeit vielleicht als eigene Unterart zu werten ist. Noch schwerer fallt eine Bewertung der ssp. mesomorphum. Die DANSER'schen Belege im Goteburger Herbar (GB) sehen untereinander recht verschieden aus und ahneln mal mehr der ssp. lapathifolium (Nr. 778f, i, h, 781 t, u), mal mehr der ssp. incanum (Nr. 74c, d, 2627) oder sind rein intermediar (Nr. 3755,3773). Ein selbststandiger Merkmalskomplex ist dabei kaum erkennbar. Es fehlt auch an einer 6kologischen Charakterisierung. Die urspriinglich von DANSER (1921) geauBerte Meinung, daB es sich bei der ssp. mesomorphum wohl urn hybridogene Zwischenformen zwischen den Unterarten lapathifolium und incanum handelt, erscheint mir jedenfalls wahrscheinlicher, als die spater von ihm (DANSER 1932) vertretene These, daB in dieser Sippe eine eigene selbstandige Unterart zu sehen ist. Die Bemerkung DANSERS - "P. lapathifolium mesomorphum ist gewiss kein Bastard, obgleich Bastarde verschiedener anderer Unterarten vielleicht nicht von ihm zu unterscheiden sein diirften" - wirkt jedenfalls nicht sehr iiberzeugend.

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R. WISSKIRCHEN

Danksagung Bedanken mochte ich mich an dieser Stelle bei Herrn Prof. Dr. W. SCHUMACHER (Bonn), der mir die DurchfUhrung von Versuchen ermoglichte, Herrn Prof. Dr. G. WAGENITZ (Gottingen) und Herrn Dr. J. NAUENBURG (Bielefeld) fUr die kritische Durchsicht des Manuskriptes, Herrn Dr. U. KOCK (Halle) fUr die Zusendung von Diplomarbeiten, Herrn Dr. K. H. KNORZER fUr friihgeschichtliche Funddaten, Herrn Dr. W. LOHMEYER (Bonn) fUr Hinweise sowie den Herbarien Leiden und Goteburg fUr die Zusendung von Herbarbelegen.

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Biologie und Variabilitiit von Polygonum lapathifolium L.

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