ZUR VERSCHIEBUNG VON SCHWINGUNGSFREQUENZEN DURCH KINEMATISCHE KOPPLUNG Department of Chemistry, University of Arkansas, Fayetteville, Arkansas 72701, USA
and S.
J. CY~IN and J. BRUNVOLL
Institute of Theoretical Chemistry, The TecImicaI University of Norway, N-7034 Trondheim, Norway
t Rcwived in Germany 28 June 1971; Received in the UKjbr publication 7 July 1971) a molecule goes from the free to the complexed state very often characteristic frequency shifts are observed in its vibrational spectrum. In many cases partial and qualitative investigations have been used to explain such frequency shifts by a changs in the molccukr potential energy caused by complexation. In some instances some of the moat @ronouocrd changes in the vibrational spectrum of a mokcuk when it is complexed can be explained by kinematic coupling This coupling is caused by nonv~h~g o%diagonaI G-matrix elements if one applies Wikon’s F&matrix procedure. A detail& description of these phenomena is given together with a discussion of their posaibk significance for catalytic processes.
Abmtrd-When
CB~~~KERbenutzen sehr oft die Verschiebung einer ~har~te~sti~hen ~hw~~ng~ frequenz, urn den Effekt irgendeines in einer Reihe von iihnlichen Molektilen sich verlndernden Parameters zu beschreiben. So ist z. B. gelegentlich der Einfluss verschiedener Substituenten auf das Schwingungsspektmm eines Verbindungstyps untersucht worden. Dabei werden in qualitativen Arbeiten sehr oft so beobachtete Frequenzverschiebungen als Indiz eines sich 5ndemden Potentialfeldes interpretiert. Solche Interpretationen konnen irregihrend sein, wenn Verschiebungen von ~h~ngun~~eque~n mehr durch kinematische Kopphmg als durch veriinderte potentielle Energie hervorgerufen werden. Fiir verschiedene Verb~dungskla~~ kounten wir die Moglichkeit solcher Kopplungseffekte nachweisen. Bei gewissen monosubstituierten und pmudisubstituierten Benzolen wird z. B. eine der nichtplanaren C-H-~fo~a~ion~c~~ngungen oberhalb des f”ur solche Schwingungen charakteristischen Frequenzbereiches gefunden, wenn der Substituent elektrophiler Natur ist und die x-Elektronendichte imaromatischen Kern vermindert. ’ Diese positive Frequenzverschiebung kann durch erschwertes “orbital following” erkllrt werden.’ ~~nzol-Metallkomplexe k&men im Prinzip dieser Reihe von ~nzolverbindungen mit verdiinnter rc-Elektronendichte zugeordnet werden, und die ontsprechenden Eigenschaften ihrer Schwingungsspektren sind such in diesem Zusammenhang diskutiert worden. 2 Auch in diesen Komplexverbindungen fmdet sich namlich eine nichtplanare C-H-Defo~tions~h~~ng,3 die, verglichen mit dem freien Benzol, nach lIngeren Wellenzahlen hin verschoben ist. In Dibenzol-chrom (Cr(C,H&) z. B. findet man &se Schwingung bei 794 cm- *, wiihrend der Wert im freien Benz01 bei 671 cm - ’ liegt3 Wenn man eine partielle Normalkoordinatenanalyse von komplex gebunden~ Benz01 ausftihrt, in der der jollied als unabh~n~ge 6177
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L. SCHLFER,S. J. CYWN
andJ. BRUNVOLL
Einheit behandelt wird. dann ftihrt die beobachtete Frequenzverschiebung der nichtplanaren C-H-Deformationsschwingung zu einer Erhiihung der entsprechenden Kraftkonstante urn ungefahr 3077.‘v4 Im Gegensatz dazu ergibt eine totale Normalkoordinatenanalyse des Gesamtkomplexes. ’ dass die Frequenzverschiebung der nichtplanaren C-H-Deformation such durch eine Kraftkonstante reproduziert werden kann. die genau den gleichen Wert hat wie im freien Benzol. Dieses erstaunliche Phlnomen wird durch kinematische Kopplung der C-H-Deformation mit einigen Gertistschwingungen hervorgerufen. ’ Diese Kopplung tritt in der Matrix der kinetischen Energie auf, wenn man Wilsons FG-Matrixmethode6 und die tiblichen Valenzkoordinaten benutzt. Zwar hangt die Intensitat der Kopplung von der Wahl der Symmetriekoordinaten ab. Es erscheint uns aber trotzdem als sehr wichtig. dass ein solcher Effekt tiberhaupt beobachtet werden kann. wenn man der Schwingungsanalyse ein physikalisch sinnvolles und ein fur das Molekiil nattirliches System innerer Koordinaten zugrunde legt. Eine ahnliche Kopplung zwischen einer nichtplanaren C-H-Deformation und einigen Gertistschwingungen wird in genau der gleichen Weise such fur eine Reihe von Metalldicyclopentadienylen beobachtet.’ Da wir glaubten. dass diese Resultate von allgemeinerem Interesse sein konnten. haben wir versucht such andere Systeme zu finden, in denen Schwingungsfrequenzen mijglicherweise durch kinematische Kopplung verschoben werden. Wir haben solche Beispiele in einigen Benzol-Metall-tricarbonylen und Cyclopentadienyl-Metalltricarbonylen gefunden. Bei totalen Schwingungsanalysen dieser Verbindungen. die wir jetzt auf der Basis der normalen Valenzkoordinaten ausgefuhrt haben. findet man kinematische Kopplung zwischen intemen Schwingungen der Me&O),-Gruppe und intemen Schwingungen der aromatischen Liganden durch nicht-verschwindende nichtdiagonale G-Matrixelemente. Wenn man also eine (hypothetische) freie Me(CO),-Gruppe und einen freien Aromaten miteinander verkniipft und das Schwingungsspektrum des so entstandenen Komplexes mit der unvednderten potentiellen Energiematrix der Liganden berechnet. dann beobachtet man bei den einzelnen Gruppen Frequenzverschiebungen, die nur durch Kopplung hervorgerufen werden. Diese Resultate erlauben nicht die Aussage. dass die in den Spektren von Metallkomplexen beobachteten Frequenzverschiebungen allein durch kinematische Kopplungen verursacht werden. Unterschiede im Kraftfeld von freiem und komplex gebundenem Benz01 sind sicher vorhanden. Schwingungskopplungen sind an sich such gut bekannt.* Unsere Resultate zeigen aber vielleicht. dass man in der Praxis bei qualitativen IR-Untersuchungen vorsichtiger entscheiden muss. welcher Anteil einer Frequenzverschiebung durch Anderung der potentiellen Energie und welcher Anteil durch kinematische Effekte hervorgerufen wird. Bei der Interpretation der C-HDeformationsverschiebung in Aromaten-metallkomplexen sind Kopplungseffekte sicher nicht immer gentigend berticksichtigt worden. Kopplungen kiinnen such Resultate verfalschen, die mit Hilfe der Methode der “lokalen Symmetrie” bei der qualitativen Analyse der IR-Spektren von rt-Komplexen erhalten werden,” und sind unter Umstanden die Ursache fur einige falsche Resultate bei Benzolkomplexen9 Auf Grund einer rein spekulativen, doch faszinierenden Uberlegung ist es denkbar, dass Kopplungen der beschriebenen Art bei katalytischen Prozessen von Bedeutung sein konnten. Im Rahmen dieser Uberlegung kiinnte ein z. B. an einem Enzym
Zur Verschiebung von Schwingungsfrequettzen
durch kinematische Kopphmg
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komplexiertes Molekiil ohne grosse Veranderung seiner potentiellen Energie durch kinematische Kopplung mit intemen Enzymschwingungen Frequenzverschiebung von einigen seiner Fundamentalschwingungen erreichen. Frequenzverschiebungen konnen im allgemeinen eine &derung der mittleren Schwingungsamplitude bedingen. lo Wird in einem besonderen Fall dadurch die Schwingungsamplitude erhoht. dann vollz.ieht sich diese Normalschwingung gewissermassen bei erhohter Temperatur. da die mittlere Schwingungsamplitude eine Funktion der Temperatur ist.” Dieser Vorgang konnte dann eine chemische Reaktion erleichtem und somit zu einem miiglichen Mechanismus der Katalyse werden. wenn die angeregte Normalschwingung das Fortschreiten entlang einer Reaktionskoordinate erleichtert.
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