Journal of the Less-Common
Institut fiir Anorganische D-2300 Kid {F&G.)
Metals, 153 (1989)
35 - 41
Chemie der Christian-Albrechts-Uniuersitiit,
35
Otto-Hahn$latz
7,
(Eingegangen am 27. November, 19%)
Zusammenfassung Die ~is~lst~kt~~ von Na,PdC14 wurde mit r~n~eno~aphischen Methoden an Einkristallen ermittelt. NazPdCle kristallisiert tetragonal mit vier Formeleinheiten in der Raumgruppe P4/ncc (No. 130) mit den folgenden Gitterkonstanten: a = 9,584(2) 8, c = 7,486(3) A. In Na,PdC& werden neben quadratisch planaren PdC&-Gruppen stark verzerrte Chloroktaeder um Natrium beobachtet, die in einer kompli~ie~n Weise zu einem dreidimensionalen Atomverband verkniipft sind. Die enge st~ktu~hem~che Verwandtschaft zum Bautyp von PdBi204 [l) wird diskutiert.
Summary Single crystals of Nal_PdC14 show tetragonal symmetry with space group P4/ncc (No. 130) with four formula units per unit cell, The lattice parameters are a = 9,584(2) A and c = 7.486(3) 8. The atomic arrangement is explored via X-ray crystal structure analysis. In NazPdCla square planar PdC14 groups form a complicated the-Dimensions atomic ~ngement with very distorted NaCl,-octahedra, The structuraI refationship between Na2PdCle and PdBi@, [l] is discussed.
1. Einleitung Bei eigenen Untersuchungen zur StabilitS des K$‘dC&-Typs [2f in Abhgngigkeit von den Ionenradien der einwertigen Metalle wurde bei Der Aufbau von Ag?PdC& Ag,PdCla E3,41 ein neuer Bautyp beobachtet. kann als eine Variante einer teilbesetzten Natriumchloridstruktur aufgefasst werden, Es lag aufgrund dieses Befundes nahe, die Silberionen (R = 1,15 A [5f) durch Natriumionen (R = 1,02 it) zu ersetzen. In einer Untersuchung von Safonov und Chaban [S] im System NaClPdCl, wurde von einer dystektischen Verbindung mit der Zusammensetzung zwei Teile NaCl und einem Teil PdClz berichtet. NazPdCla schmilzt nach den
36
Angaben der Autoren bei 430 “C kongruent. Eigene Versuche, Na2PdC14 nach diesen Daten phasenrein zu prliparieren, scheiterten. Es war jedoch mijglich, Ein~istalle von NazPdCIe zu erhalten und daran die Krist~lst~ktur zu untersuchen. Im Gegensatz zu der erwarteten Isotypie zu Ag,PdCl, wurde in Na,PdCl, eine abweichende rlumliche Anordnung von PdCl,- und NaCl,-Gruppen aufgefunden.
2. Darstellung
von Na,PdCl,-Einkristallen
Einleitend wurde festgestellt, dass die Ergebnisse der Systemuntersuchung von Safonov und Chaban [6] nicht bestiitigt werden konnten. Eigene Unte~uchungen an Mischungen von NaCl und PdC12 im VerhZltnis 2:l lieferten nie phasenreine Produkte, unabhangig von der Praparationstemperatur. Mit Hilfe von DTA-Untersuchungen war dieser Sachverhalt bisher nicht aufzuklaren, Einkristalle von NazPdC14 wurden erhalten, indem eine Mischung der im Vakuum @ < low3 torr) iiber einer mit Stick&off beschickten Kiihlfalle bei 100 “C getrockneten Ausg~gsverbindungen in einer evakuier~n Quarzampulle aufgeschmolzen wurden. Die Schmelze wurde mit 1 “C h-’ von 670 “C auf 320 “C abgekiihlt, dann der Ofen abgeschaltet. Das erkaltete Prhparat war inhomogen und enthielt verschieden geformte Kristalle. Hauptbestandteil war NazPdC14 in quaderfijrmigen, flaschenbraunen Kristallen.
3. Kristallstrukturbestimmung Ein Kristall mit nahezu gleichen Kantenlhngen wurde fiir die rijntgeno~aphischen Unte~uchungen isoliert. F~mmethoden (Weissenberg, Precession) fiihren mit den systematisch nicht ausgelijschten Reflexen (0hE:l = 2% hOZ:I = 2n, hkO:h + k = 2n, hOO:h = 2n, 0kO:k = 2n, 001:Z = 2n) zu den beiden moglichen Raumgruppen P4/ncc (No. 130) und P4,/ncm (No. 138). Reflexintensitaten und LSQ-verfeinerte Gitterkonstanten wurden mit einem Vier~eis~ffraktometer (modif. PW 1100, Philips/Stoe) ermittelt (vgl. Tabelle 1): a = 9,584(2) A, c = 7,486(3) a. Die Strukturlosung erfolgte mit Direkten Methoden im Programm SHELXS-86 [8] auf einer P-VAX II des Instituts. Die Strukturverfeinerung verlief nur mit der Raumgruppe P4/ncc erfolgreich und bestatigt diese somit. Voll-Matrix-LSQ-Verfeinerung mit anisotropen Temperaturfaktoren mit 648 symmetrieunabh~~gen Reflexen und 18 freien Parametern enden bei (FO). Die auseinem gewichteten Giitefaktor I?, = 0.053 mit w = 0.6361/# verfeinerten Atomlagen und Temperaturfaktoren sind in Tabelle 2 angegeben. Die resultierenden interatomaren Abstande und Winkel sind in Tabelle 3 enthalten.
31 TABELLE 1 Kristallographische Daten von NazPdC14 Gitterkonstanten
a = 9,584(2)
Raumgruppe Formeleinheiten Diffraktometer Strahlung Monochromator Messbereich Reflexbereich Messmethode lin. Absorptionskoef. F, Korrekturen Zahl d. gem. Reflexe Zahl d. unabh. Reflexe Reflexe mit I, > 3a(Z,) Methoden zur Strukturlijsung Giitefaktoren: Isotrop
hkl Learnt-Profile-Methode [ 7 ] 50,76 527,91 Polarisation-Lorentz 1617 648 328 Direkte Methoden im Programmpaket SHELXS 86 [8], SHELX 76 [9]
N=328 N = 648 N=328 N = 648
Anisotrop
A
c = 7,486(3) A P4/ncc (No. 130) 4 modif. PW 1100 (Philips/Stoe) MO Ko Graphit (eben) 5” < 28 < 70”
R = 0,0543 R,=0,0651 R = 0,0396 R,=0,0531
w=0,6544/a2(F,) w= 0,6361/o*(F,,)
TABELLE 2 Atomparameter und anisotrope Temperaturfaktoren Uij = exp{-2x2(U11h2a*2
Na Pd Cl Na Pd Cl
Uij in A2
(X
103) von NarPdC14
+ . . . + U,*hka*b*+ ...)}
X
Y
2
0,9428(3) 0,25 0,0152(l)
0,0572(3) 0,25 0,3033(2)
0,25 0,0648(l) 0,0686(2)
Ull
u22
40(l)
40(l)
21,9(2) 20,6(6)
21,9(2) 24,7(6)
U13 31(2) 25,2(4) 34,1(8)
u23
u13
u12
3(1) 0 6(l)
3(1) 0 -l(1)
-8(2) 0 2(1)
TABELLE 3 Interatomare Abstiinde (in A) und Winkel (in Grad) fiir NazPdCl4 (Standardabweichung Klammern) Na-Cl Na-Cl Na-Cl
2,809(3) 2,815(2) 2,821(2)
2x 2x 2x
Cl-Na-Cl Cl-Na-Cl Cl-Na-Cl
130,4(l) 70,92(8) 157,5(l)
in
2x 2x (fortgesetzt)
38 TABELLE 3 (forfgesetzt)
Pd-Cl
2,307(l)
4X
Pd-Na Pd-Pd
3,743(3) 3,743(2)
4x 2x
CI-Cl CI-Cl Cl-Cl CI-Cl Cl-Cl CI-Cl CI-Cl Cl-Cl
3,263(2) 3,808( 2) 3,880(2) 3,918(3) 3,953(3) 4,478(2) 4,614(3) 5,101(3)
2x 2x 2x
Cl-Na-Cl Cl-Na-Cl Cl-Na-Cl Cl-Na-Cl Cl-Na-Cl Cl-Na-Cl
85,13(5) 70,91(7) 87,14(8) 89,2(2) 88,08(5) 105,2(l)
2x
2x 2x
Cl-Pd-Cl Cl-Pd-Cl
178,58(9) 89,99(l)
2x 2x
2x
2x
4. Beschreibung der Kristallstruktur von Na2PdC14 In der Kristallstruktur von NazPdC14 werden erwartungsgemiiss quadratisch planare PdCl,-Baugruppen aufgefunden. Palladium liegt dabei auf der vierzahligen Drehachse und zeigt daher vier gleiche Abstandswerte (4,-c, = 2,307(l) A) zu Chlor. Entlang dieser Achse sind jeweils in einem Abstand von z = l/2 weitere Palladiumatome angeordnet. Dabei wird beobachtet, dass die PdC14-Gruppen in der Ebene jeweils urn 25,60(7)” gegeneinander verdreht sind (vgl. Abb. 1). Die interatomaren Abstande zwischen Palladium und Chlor (dp,._-a = 2,307(l) A) entsprechen exakt denen in (Y= 2,309 A [lo]). Natrium weist erstnachste Nachbarschaft zu PdClz (&+a sechs Chloridionen im Abstand dNa-c1 = (2,809(3) A 2X, 2,815(3) A 2X und 2,821(2) A 2X) auf und zeigt ebenfalls direkte Vergleichbarkeit zum Ausgangsprodukt NaCl (dNa- c1 = 242 a [ll]). Nicht iiberraschend ist die beobachtete starke Verzerrung des Chloroktaeders urn Natrium (vgl. Abb. 2), da jeweils zwei der Oktaederkanten gleichzeitig Seiten der PdCl,-Gruppen sind. Gegeniiber dem in NaCl beobachteten Abstand zwischen zwei Chloridionen einer Oktaederkante von d a _ c1 = 3,988 a [ll] ist durch Herleitung aus der Struktur von o-PdCl, eine starke Verkiirzung mit einem Wert von dcl_,, = 3,20 A zu erwarten. Der kiirzeste in NazPdC14 beobachtete Abstand zwischen Chloridionen einer Oktaederkante betr%gt da-a = 3,263(2) A (vgl. Tabelle 3). Die Verkniipfung der vorhergehend beschriebenen Baugruppen erfolgt in komplizierter Weise zu einem dreidimensionalen Atomverband. Recht gut iiberschaubar ist die Anordnung der einzelnen Struktureinheiten bei Blick auf (001) (vgl. Abb. 1). Es liegt eine Schicht eckenverkniipfter Chloroktaeder vor, wobei in der Hsfte der Liicken (vierzalige Drehachse) die PdC14Gruppen angeordnet sind. Infolge der starken Verzerrung der Oktaeder weisen die PdCl,-Einheiten unterschiedliche z-Parameter auf (s. Abb. 3a - d).
Abb. 1. Ausschnitt aus der Kristallstruktur von Na#dClq nungen stellen die Ellipsoide eine Aufenthaltswahrscheinlichkeit Abb. 2. Ko~~dinationsp~~~eder
urn Natrium
(ORTEP [ 13 3, in den Zeichvon 50% dar).
in NazPdClq.
Auf diese Weise bieten die U~ederschichten vier PdCl,-Gruppen mit unterschiedlichen z-Werten Platz (vgl. Abb. 1). Im Folgenden ist die Verkniipfung dieser Schichten miteinander zu betrachten. Der Kontakt dieser Schiehten erfolgt nicht iiber die jeweiligen ~ktaederspitzen (wie im ReOs-Typ), sondern das Vorliegen gemeinsamer Kanten ermoglicht eine wesentlieh dichtere Packung. Das Prinzip dieser Verkniipfung ist aus Abb. 4 an einem Oktaederstrang parallel zu [a01 J gut ersichtlich. Vier solcher eckenverkniipfter Ketten sind urn die vierziihlige Drehachse (mit x = l/4 und y = l/4) gruppiert und bilden die mit Pd’+ besetzten Kan5le. Jedes Eckatom (Cl) gehijrt sornit drei Oktaedern an.
5. Diskussion
der Kristallstruktur
von Na2PdC14
In der Kristallstruktur van Ag,PdCl, [3,4] werden ebenfalls stark verzerrte, oktaedrisohe ~~-Bau~ppen beobachtet. Diese mit Silber zentrierten Oktaeder sind aber iiber gemeinsame Kanten der BasisflZchen zu Oktaederschichten verkniipft. Diese Schichten sind untereinander iiber die Oktaederspitzen verbunden. Auf der Hglfte der dazwischenliegenden Oktaederliicken befinden sich die Palladiumatome und bilden PdC14-Gruppen aus, wobei die Verzerrung der AgC&Baugruppen erfolgt, In der Verbindung Na?PdC& wird ein anderes St~kturpr~zip aufgefunden, das e~~~nli~he~e~e mit dem Bautyp von PdBi,@ [l] und CUB&O4 112) eng verwandt ist. In den Oxobismutaten liegen wesentlich starker verzerrte Baugruppen vor, die nicht mehr als Oktaeder zu erkennen sind. Diese Wirkung wird dem stereochemischen Einfluss des einsamen Elektronenpaares an Bi3’ zugeschrieben.
B
C
I CJ-R
Pd mlt
Pd mlt
z=O,O648
(4
z=O,9352
@I
B
c
I b
b Pd mlt
b Pd mlt
z=O,5648
(cl Abb. 3. NaC16-Oktaederschicht mit PdClg-Gruppen z = 0,9352; (c)z = 0,564s; (d) z = 0,4352.
z=O.4352
(d) im Schnitt
mit (a) z = 0,064s;
(b)
Dank Unser Dank gilt der Firma Degussa, Hanau, und dem Fonds der chemischen Industrie fur Sachmittelspenden. Herrn Prof. Dr. Hk. MiillerBuschbaum danken wir fiir die Bereitstellung von Institutsmitteln. Weitere Einzelheiten zu dieser Arbeit kijnnen bei dem Fachinformationszentrum Energie, Physik, Mathematik in D-7514 Eggenstein-Leopoldshafen 2 unter Angabe der Hinterlegungsnummer CSD-53486, der Autoren und des Zeitschriftenzitats angefordet werden.
41
Abb. 4. Kantenverkniipfung der NaCle-Oktaeder in NaaPdC14parallel [ 0011.
Literatur 1 P. Conflant, J.-C. Boivin und D. Thomas, Rev. Chim. Mineral., 14 (1977) 249. 2 R. H. B. Mais, P. G. Owston and A. M. Wood, Acta Crystallogr. Sect. B, 28 (1972) 393. 3 H.-L. Keller und L. Schroder, 2. anorg. allg. Chem., 562 (1988) 123. 4 L. Schroder, Dissertation, Kiel, 1989. 5 R. D. Shannon, Acta Crystallogr. Sect. A, 32 (1976) 751. 6 V. V. Safonov und N. G. Chaban, Russ. J. Inorg. Chem., 24 (1979) 149. 7 W. C. Clegg, LEARNT-PROFILE-Methode, University of Newcastle upon Tyne, Acta Crystallogr., Sect. A, 37 (1981) 22. 8 G. M. Sheldrick, SHELXS 86-Programmsystem, Universitat Gottingen, 1986. 9 G. M. Sheldrick, SHELX 76-Programmsystem, University of Cambridge, 1976. 10 A. F. Wells, 2. Kristallogr. TeilA, 100 (1938) 161. 11 Landolt-Bornstein, Zahlenwerte und Funktionen aus Naturwissenschaft und Technik, 7. Aufl., III. Band, Teil 7a, Springer-Verlag, Berlin und New York, 1973. 12 J.-C. Boivin, J. Trehoux und D. Thomas, Bull. Sot. Fr. Mineral. Crist., 99 (1976) 193. 13 C. K. Johnson, ORTEP II, Report ORNL - 3794 National Laboratory, Oak Ridge, TN 37830. K.-B. Plotz, Mod. ORTEP II, Dissertation, Kiel, 1982.