Deutung der polarographischen Maxima der Erdalkaliionen in wässriger Lösung

Deutung der polarographischen Maxima der Erdalkaliionen in wässriger Lösung

ELECTROANALYTICAL CHEMISTRY AND INTERFACIAL ELECTROCHEMISTRY Elsevier Sequoia S.A., L a u s a n n e - P r i n t e d in The N e t h e r l a n d s 305 ...

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ELECTROANALYTICAL CHEMISTRY AND INTERFACIAL ELECTROCHEMISTRY Elsevier Sequoia S.A., L a u s a n n e - P r i n t e d in The N e t h e r l a n d s

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D E U T U N G D E R P O L A R O G R A P H I S C H E N MAXIMA D E R E R D A L K A L I I O N E N I N W A S S R I G E R LOSUNG

L. H O L L E C K UN'D A. M. SHAMS E L D I N

Chemisches Institut der Hochschule, Bamberg (Deutschland) (Eingegangen a m 31 O k t o b e r 1967)

In einer ktirzlich verSffentlichten Arbeit berichtete LIXGANE1 fiber das polarographische Verhalten der Mischungen von Ba ~+ und Sr 2+ in LSsungen mit (C2Hs)4NI als Leitsalz. In den automatisch registrierten Polarogrammen wies die Sr~+-Stufe ein scharfes Maximum mit einigen ungewShnlichen Eigenschaften auf. So fiel die Stromst~irke im Anschluss an das Maximum auf ein Minimum und erreichte erst danach den konstanten diffusionsbestimmten Wert. Bei Umkehr der Polarisationsrichtung (Potential~inderung in Richtung auf positivere Werte) wurde das Minimum nicht beobachtet: der Sr~+-Diffusionsstrom blieb konstant bis zum plStzlichen Einsetzen des Maximums. Zusatz von o.o1% Gelatine beseitigte das Maximum, verursachte aber einen frfiheren Grenzanstieg, so dass kein brauchbares GrenzstromPlateau ausgebildet wurde. Andererseits zeigte sich, dass Triton X-ioo, sonst ein kr~iftig wirkender Maximum-Unterdrficker, ohne Einfluss auf das Sr~+-Maximum blieb. Es wurden noch weitere Eigenschaften des Maximums beschrieben 1, jedoch keine Erkl~irung hierffir gegeben. Wir haben nun gefunden, dass das M a x i m u m - - w i e es oben beschrieben i s t - keine Besonderheit der Sr~+-Ionen darstellt, sondern auch bei der Reduktion von 90

~0

YO BO

5r

C¢ 60

50

I.2

4o 3O

20

/'- 2. 2

2.6

2.6

/I I ~ - - - -2.0

2.2 V

2.6

1

-2.0

2.2

2,4

fGKE)

Abb. I. Polarographische S t u f e n y o n Ca n+, Sri+ u n d Ba 2+ in o.i M (CzHs)4NI. Cal+: (I), I; (2), 2; (3), 3 " I ° - 3 M" St2+: (I), I ; (2), 2; (3), 3 "Io-3 M. Ba2+: (i), i ; (2), 3; (3), 5 " I ° - 8 M.

j . Electroanal. Chem., 17 (1968) 365-369

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L. HOLLECK, A. M. SHAMS EL DIN

Ca 2+, Ba 2+ und NH4 + im gleichen Grundelektrolyten zu beobachten ist. Die Ursache dieser Maxima ist in jedem Falle die gleiche, n~mlich ein Rtihreffekt infolge Aufl6sung der gebildeten Amalgame. Abb. I zeigt Kurven der polarographischen Reduktion wachsender Mengen von Ca 2+, Sr 2+ und Ba 2+ in o.I M (C2Hs)4NI. Die Polarogramme wurden automatisch mit einem Vorschub von 0.05 V/min registriert (Potential~nderung zu negativeren Werten). Man sieht hieraus, dass die Reduktionsstufen aller drei Kationen durch ein Maximum eingeleitet werden, auf das ein Minimum folgt, bevor der Grenzstrom eingestellt wird. In Ubereinstimmung mit den Beobachtungen LINGANES1 wurde das Minimum bei Umkehr der Polarisationsrichtung nicht beobachtet. Mit Sr 2+ und Ba 2+ wurden gut ausgebildete, diffusionsbestimmte Grenzstrom-Plateaus erhalten, nicht jedoch mit Ca2+; im letzteren Falle liegt wegen der negativeren Potentiale sehr wahrscheinlich eine St6rung durch Zersetzungsprodukte des Leitelektrolyten vor. Das Ca-Maximum ist jedoch sowohl in H6he wie Form in beiden Polarisationsrichtungen gut reproduzierbar. Abb. i zeigt weiterhin, dass bei gleicher Konzentration H6he und Breite der Maxima in der Reihenfolge Ca 2+ Sr 2+ Ba ~+ abnehmen. Es ist auch bemerkenswert, dass die Polarogramme einer L6sung von I m M Ba 2+ bei normaler Polarisationsrichtung ein kleines, schlecht-ausgebildetes Maximum zeigen, das bei Umkehr der Polarisationsrichtung nicht beobachtet wird. Aus diesem Grunde tiberrascht es nicht, dass LINGANE bei Anwendung von 0.8 m M Ba 2+ das Ba-Maximum nicht auffand. Mit geeigneten Konzentrationen tritt das Maximum jedoch sowohl in einfachen L6sungen als auch in Mischungen mit Sr 2+ (Abb. 2) bei normaler und umgekehrter Polarisationsrichtung in Erscheinung.

7(

6C

5(

I ~3"~

2~

-2.0

2,2

2.4

2.6

-2.0 v

2.2

2.4

2.6

(GKE)

Abb. 2. P o l a r o g r a p h i s c h e S t u f e n v o n 3" lO-3 M B a ~+ + 2. lO -3 M Sr l+ i n o.I M (C2Hs)aNI bei n o r m a l e r (A) u n d u r n g c k e h r t e r (B) P o l a r i s a t i o n s r i c h t u n g .

Die Ursache der Maxima der drei Erdalkali-Metalle l~sst sich leicht verstehen, wenn man die Reaktivit~t der bei ihrer Reduktion in w~ssriger L6sung gebildeten Amalgame in Betracht zieht. Wegen der hohen Austausch-Stromdichten dieser Metalle kann nXmlich bei Potentialen in der N~he des Abscheidungspotentials der anodische Reoxidationsschritt nicht vernachl~ssigt werden. Bei diesem Schritt verj . Electroanal. Chem., 17 (1968) 365-369

POLAROGRAPHISCHE MAXIMA DER ERDALKALIIONEN

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ursacht das Metall jedoch die Entwicklung von Wasserstoff, die mit einer Str6mung des Elektrolyten entlang der Elektrodenoberfl~iche einhergeht. M(Hg) -+M 2+ +2 e2 H20 +2 e--+2 O H - + H 2 M(Hg) +2 H20-+M2+ +2 O H - + H 2

(Ia) (ib) (I)

Bei der AuflSsung des Amalgams ist Reaktion (ia) geschwindigkeitsbestimmend, so dass die Elektrode mit fortschreitend negativerem Potential in den Zustand des "kathodischen Schutzes" gebracht wird, worauf das Maximum verschwindet. Wie man erwarten muss, w~ichst die Tendenz eines bestimmten Amalgams zur WiederauflSsung mit steigender Reaktivit~t des Metalls, d.h. mit der Negativit~t seines Reduktionspotentials. Dies erkl~irt, warum sowohl HShe wie Breite des Ca2+-Maximums grSsser sind als jene von Sr 2+ und Ba 2+ unter ~hnlichen Bedingungen. Das bei normaler Polarisationsrichtung dem Maximum folgende Minimum wird dutch eine Verarmung des Elektrolyten in Umgebung der Elektrode infolge der StrSmung verursacht. Diese Erkl~irung findet dadurch Untersttitzung, dass bei umgekehrter Polarisationsrichtung in dem Polarogramm der Mischung von Ba 2+ und Sr 2+ der Ba2+-Grenzstrom von kleineren Stromwerten her erreicht wird, da bier die von der vorhergehenden Sr~+-AuflSsung herrtihrende StrSmung noch wirksam ist (Abb. 2B). In LSsungen der einzelnen Kationen wird bei umgekehrter Polarisationsrichtung demgegentiber ein konstanter Grenzstrom eingestellt, bis das Potential soweit positiv wird, dass der Effekt des kathodischen Schutzes verschwindet und das Maximum plStzlich einsetzt. Die obige Erkl~irung der Ursache der Maxima von Ca 2+, Sr 2+ und Ba 2+ befindet sich in Ubereinstimmung mit den charakteristischen Merkmalen dieser Maxima und kl~rt einige ihrer Eigenschaften, die bislang keine geeignete Deutung erfuhren. So w~ichst z:B. die HShe des Maximums mit der molaren LSsungskonzentration der Ionen; letztere steigert offensichtlich die Oberfiiichenkonzentration des Metalls im Quecksilber und damit die Geschwindigkeit der Reaktion (Ia). Infolgedessen w~ichst auch das Ausmass der StrSmung, welche durch die Entwicklung von Wasserstoff durch die Komplement~irreaktion (Ib) verursacht wird. Da die Maxima ferner dutch solche Faktoren geregelt werden, die im wesentlichen auf der Elektrodenseite wirksam sind, iiberrascht es nicht, dass sie sowohl in neutraler als auch in alkalischer LSsung beobachtet werden 1. Obgleich die drei Maxima dutch die Entwicklung von Wasserstoff verursacht werden, werden diese nicht durch Substanzen beeinflusst, die Protonen-Entladungs- oder Protonen-(3bertragungs-Prozesse katalysieren, wie etwa N,N-Dimethyl-p-phenylendiamin2, ~. Die Maxima kSnnen jedoch ganz oder teilweise eliminiert werden, wenn die Bedingungen auf der LSsungsseite so gewiihlt werden, dass die Geschwindigkeit der Amalgam-AuflSsung verringert wird oder gegen null geht. ZLOTOWSKIOND KOLTHOFF4 fandenl z.B., dass das grosse Ca~+-Maximum in w~ssriger (C2Hs)4NI-LSsung weniger stark ausgepr~igt ist, wenn die LSsung 80% Athanol enth~ilt. Offensichtlich ist die AuflSsungsgeschwindigkeit in ~ithanolischer LSsung viel geringer als in w~ssriger. Dieser Schluss wird durch die Tatsache gestfitzt, dass das Halbstufenpotential der Ca2+-Stufe (ebenso wie diejenigen von Sr 2+ und Ba 2+) mit wachsendem )i,thanolgehalt der LSsung zu positiveren Werten verschoben wird. Auch Spuren yon Ba 2+ j . Electroanal. Chem., 17 (1968) 365-369

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und La 8+ fiben einen unterdrfickenden Einfluss auf das Ca2+-Maximum aus 4. Obwohl dies in der vorliegenden Arbeit nicht untersucht wurde, ist es recht wahrscheinlich, dass diesc bereits bei positiveren Potentialen abgeschiedenen--Metalle mit Calcium intermetallische Phasen bilden, deren AuflSsungsmerkmale sich von denen des reinen Metalls unterscheiden. In diesem Zusammenhang ist die Arbeit von KEMULA5 fiber die Bildung intermetallischer Verbindungen in Quecksilber von besonderem Interesse. Die Reaktivit~it der Amalgame der Erdalkalimetalle ist jedoch nicht der einzige Faktor, der ftir die Metallaufl6sung verantwortlich ist. Andere Parameter wie die Gr6sse der Atome sowie LSslichkeit und/oder Bildung intermetallischer Phasen mit Quecksilber scheinen ebenfalls zur Ausbildung einer hohen Oberfl~chenkonzentration des Metalls im Quecksilber beizutragen. Diese Feststellung wird dadurch gestiitzt, dass Li+, Na +, und K +, deren Amalgame nicht weniger reaktiv sind als diejenigen von Ca ~+, Sr 2+ und Ba 2+, in dem gleichen Leitelektrolyten normale Stufen liefern, die nicht durch Maxima gest6rt werden. Der Unterschied der Ladungen beider Kation-Gruppen ist nicht verantwortlich ftir das ungleiche polarographische Verhalten, da die Reduktionsstufe des NH4+-Ions unter gleichen Bedingungen ein wohlausgebildetes Maximum aufweist (Abb. 3). Tats~chlich ist das Ammonium-Amalgam 21

A

1~

B

3

-2.0

2.2

3

2.4

-1.0

2.0

2.2

2.4

V (GKE).

A b b . 3. P o l a r o g r a p h i s c h e S t u f e n v o n NH4 + in o.I M (C2Hs)4NI bei n o r m a l e r (A) u n d u m g e k e h r t e r (B) P o l a r i s a t i o n s r i c h t u n g . (1), i ; (2), 3; (3), 5 " l o - s M.

in w~issriger L6sung weniger stabil als diejenigen der Alkalimetalle. Die Form des NH4+-Maximums h~ingt in gleicher Weise v o n d e r Polarisationsrichtung ab, wie sie oben ffir die Erdalkalimetalle beschrieben wurde; dies liefert einen weiteren Beweis daftir, dass die Ursache aller vier Maxima die n~imliche ist, d.h. die Zersetzung des gebildeten Amalgams. Der Alexander-von-Humboldt-Stiftung danken wir ffir das dem einen von uns (A. M. SHAMS EL DIN) gew~ihrte Forschungs-Stipendium. ZUSAMMENFASSUNG

Den polarographischen Reduktionsstufen von Ca 2+, Sr 2+, Ba 2+ und NH4 + in w~issrigen L6sungen mit (C2Hs)4NI als Leitsalz geht ein Maximum voran, dessen J. Electroanal. Chem., 17 (1968) 365-369

POLAROGRAPHISCHEMAXIMA DER ERDALKALIIONEN

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H6he mit der molaren Konzentration der Depolarisatoren wiichst. Beim Registrieren der Polarogramme mit gew6hnlicher Polarisationsrichtung durchl~iuft die Stromst/irke ein Minimum, bevor der Grenzstrom eingestellt wird. Dieses Minimum, das auf einem Verarmungseffekt beruht, wird bei umgekehrter Polarisationsrichtung (Potentialvorschub in positiver Richtung) nicht beobachtet. Die Maxima werden auf eine Str6mung der L6sung zurtickgeftihrt, welche durch die Reaktion des amalgam-bildenden Metalls mit Wasser verursacht wird. Diese Deutung ist in tJbereinstimmung mit den experimentellen Befunden und erkl/irt einige Besonderheiten der Maxima, die bislang nicht in geeigneter Weise interpretiert wurden. SUMMARY

The polarographic reduction waves of Ca 2+, Sr ~+, Ba 2+ and NH4 + in aqueous are preceded b y m a x i m a the height of which increases with the molar concentration of the depolarizer. Following the m a x i m a in "forward" polarization experiments, the current passes through a dip before the limiting value is established. The dip, which is due to the impoverishment of the electrolyte, is not recorded upon "backward" polarization. The development of the four m a x i m a is related to a streaming motion of the solution, brought about b y the dissolution of the amalgams formed. This explanation is in harmony with the experimental findings and clarifies some of the characteristics of the maxima not hitherto properly accounted for.

(C~Hs)4NIsolutions

LITERATUR I 2 3 4 5

J. J. LINGANE,J. Electroanal. Chem., 15 (1967) 211. 1Y[.vohr STACKELBERG,W. HAIqSUND W. JI~NSCH,Z. Elektrochem., 62 (1958) 839. D. J&NNAKOUDAKIS,A. WILDENAUUND L. HOLLECK,J. Electroanal. Chem., 15 (1967) 83. I. ZLO~OWSKIUND I. M. I~OLTHOFF,J. Am. Chem. Soc., 66 (1944) 1431. W. KEMULA,Advances in Polarography, I. S. LONGMtTIR(Edt.), Pergamon Press, 196o, p. lO5. J. Electroanal. Chem., 17 (1968) 365-369