Fuß & Sprunggelenk 10 (2012) 161—165
Online verfügbar unter www.sciencedirect.com
Originalarbeit
Erste Ergebnisse aus dem Sprunggelenkendoprothesenregister der D.A.F. First results of the German foot and ankle society’s total ankle arthroplasty register Tanja Kostuj 1,∗, Markus Walther 2, Christoph Röder 3, Emin Aghayev 3, Markus Preis 4 1
Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim, Frankfurt / Main, Deutschland Zentrum für Fuß- und Sprunggelenkchirurgie, Schön Klinik, München-Harlaching, Deutschland 3 MEM Forschungszentrum, Institut für Evaluative Forschung in der Medizin / Universität Bern, Schweiz 4 Zentrum für Fußchirurgie, Aukammklinik, Wiesbaden, Deutschland 2
Eingegangen am 3. Juli 2012; akzeptiert am 23. Juli 2012
SCHLÜSSELWÖRTER
Zusammenfassung
Sprunggelenkendoprothese; Register; PROMS; Versorgungsforschung
Das Sprunggelenkendoprothesenregister der D.A.F. wurde nach Abschluss der Pilotphase am 01.04.2011 eröffnet. Aus den inzwischen verfügbaren Datensätzen lassen sich erste Tendenzen zu Indikation, Komplikationen, Outcome und Patientenzufriedenheit ableiten. Bis für Deutschland repräsentative Daten vorliegen, wird mindestens ein Zeitraum von fünf Jahren vergehen.
KEY WORDS
Summary
Total ankle arthroplasty register; PROMS; outcome research
The German foot and ankle society‘s total ankle arthroplasty register was opened in April 2011 after finishing the pilot study. First tendencies concerning indication, complications, outcome and patient’s satisfaction can be shown, but it will take about five years to get results which are representative for all over Germany.
∗
Korrespondierender Autor: Dr. med. Tanja Kostuj, Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim, Klinik für Spezielle Orthopädie und Orthopädische Chirurgie / Rheumaorthopädie, Marienburgstraße 2, D-60528 Frankfurt / Main. Tel.: +49 (0)69/6705 1995. E-Mail:
[email protected] (T. Kostuj). http://dx.doi.org/10.1016/j.fuspru.2012.07.002
162
Einleitung Die Deutsche Assoziation für Fuß und Sprunggelenk e.V hat am 01.04.2011 in Zusammenarbeit mit dem Institut für Evaluative Forschung in der Orthopädie der Universität Bern das Register für Sprunggelenkendoprothetik eröffnet. Durch die Nutzung eines Patientenpseudonyms ist es in Deutschland erstmals möglich in der Endoprothetik Follow-up-Daten und Revisionen auch dann zu erfassen, wenn sie nicht vom Primärversorger durchgeführt werden. Damit hat die D.A.F. als Fachgesellschaft in Deutschland eine Vorreiterrolle übernommen. Die Pilotphase mit Entwicklung der IDES-Erhebungsbögen [3] sowie einer Datensammlung von bis zu sechs Jahren durch die Autoren Preis und Walther war zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen. Erste Daten aus den verschiedensten Versorgungstrukturen konnten erhoben und Kontakte zu anderen europäischen Registern aufgenommen werden. Basierend auf diesen Erfahrungen wurden die Erhebungsinstrumente zum Abschluss der Pilotphase II 2012 angepasst, um somit eine bessere Vergleichbarkeit mit den Daten anderer Register zu erzielen [1,11]. Heute ist das Sprunggelenkendoprothesenregister der D.A.F. im European Arthroplasty Register (EAR) der European Federation of National Associations of Orthopeadics and Traumatology (EFORT) vertreten und wird sich an der im Aufbau befindlichen europäischen Datenbank zur Endoprothetik des oberen Sprunggelenkes der European Foot and Ankle Society (EFAS) beteiligen, die anonymisiert die Daten zu Standzeiten und Revisionen aller europäischen Sprunggelenkprothesenregister erfassen wird. Die Daten aus Endoprothesenregistern anderer Staaten konnten in der Vergangenheit sowohl die Funktion eines Frühwarnsystems belegen [4] und einen Beitrag zur Senkung der Revisionslast leisten als auch zeigen, dass die landesweiten Ergebnisse der endoprothetischen Versorgung von den publizierten Daten einzelner Arbeitsgruppen abweichen [6—8]. Ein Register erlaubt die repräsentative Abbildung der Versorgungslandschaft eines Landes; dies setzt allerdings eine hinreichend vollständige Teilnahme der Versorger voraus. Um hierfür die Voraussetzung zu schaffen, sind für das D.A.F-Register Minimaldatensatz-Erhebungsbögen verfügbar, die neben Diagnose und implantiertem Prothesenmodell nur intra- und postoperative Komplikationen erfassen. Wissenschaftlich ambitionierten Kollegen steht der ausführlichen Fragebogen zu Verfügung, mit dem umfangreiche Zusatzinformationen sowie Röntgenbefunde dokumentiert werden können. Durch die Verwendung der AOFAS ankle-hindfoot scale [5] und des Foot Function Index in der deutschsprachigen Modifikation nach Naal et al.
T. Kostuj et al. [9] lässt die wissenschaftliche Erhebung auch die prä- und postoperative Bewertung von Schmerz und Funktion zu. Damit ist das D.A.F.-Register neben dem schwedischen [2] und neuseeländischen Register eines der wenigen Sprunggelenkendoprothesenregister, die so genannte patient related outcome measures (PROMS) verwenden. Die Datenerhebung erfolgt online über das von der Universität Bern entwickelte Portal des D.A.F.Registers oder — alternativ — in Form scannbarer Belegleser-Erhebungsbögen.
Datengrundlage Inzwischen hat das Register 20 registrierte Benutzer und es sind 392 Daten zu Primärimplantationen bei 222 weiblichen und 170 männlichen Patienten erfasst. 60 dieser Patienten sind Raucher. In 203 Fällen wurde das rechte obere Sprunggelenk ersetzt, in 189 das linke. Zu den Verlaufskontrollen existieren 1.034 und zu Revisionen 92 Datensätze. Dabei liegen wissenschaftliche Erhebungsbögen in 99,7% der Primärimplantation, 98,6% der Verlaufskontrollen und 96,7% der Revisionen vor. Der Nachbeobachtungszeitraum beträgt zwischen sechs Wochen und bis zu acht Jahren. Aufgrund der Anforderungen an den Datenschutz sowie wegen der Anpassung der Erhebungsbögen zur Registereröffnung ist für einige der Ergebnisse noch eine getrennte Betrachtung nach Pilotdaten und Daten nach Registerstart erforderlich.
Ergebnisse Bei den Indikationen zur Versorgung dominieren die Folgezustände nach Frakturen im Sprunggelenkbereich, während die primäre Arthrose und die postarthritischen Gelenkdestruktionen mit 75 und 69 Fälle nahezu gleich häufig vertreten sind (Abb. 1). Damit einhergehend wurde auch für mehr als die Hälfte der Patienten vorhergehende operative Eingriffe berichtet (Abb. 2). Eingriffe an der Achillessehne sowie Arthrodesen des unteren Sprunggelenkes oder der TaloNavikulargelenkes stellen die relevanten Zusatzeingriffe dar. In der Gruppe der als ,,andere Eingriffe‘‘ erfassten Maßnahmen sind neben den Spongiosaplastiken und Synovialektomien, Arthrodesen anderer Fußwurzelgelenke, weitere Sehneneingriffe und Osteosynthesen benannt (Abb. 3). Intraoperativ zeigten die Pilotdaten eine mittlere Dorsalextension von 10,0◦ +/- 10,3◦ und eine Plantarflexion von 30◦ +/- 6,9◦ . In den Daten ab
Erste Ergebnisse aus dem Sprunggelenkendoprothesenregister der D.A.F. 250
163
400
212 356
200
350
150 300
100
75
69 31
50
19
4
2 0
250
200
150
100
50
Abbildung 1. Verteilung der Indikationen zur Implantation einer Sprunggelenkendoprothese. 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0
17 5
2
1
0 keine
Fraktur med. Malleolus
Fraktur lat. Malleolus
Sehnenverletzung
andere
170
Abbildung 4. Intraoperative Komplikationen.
155
400 348
350 300
39 19
26
16
25
8
250 200 150 100 50 11
1
15
1
1
3
1
0
Abbildung 2. Übersicht über die operativen Interventionen vor der Implantation der Sprunggelenkendoprothese. 250 193
200
Abbildung 5. Postoperative Komplikationen.
150 100 55 50
21
26 2
13
9
3
0
Abbildung 3. Übersicht über ergänzende operative Maßnahmen.
April 2011 sind für die Plantarflexion mit 32,5◦ +/- 12,5◦ etwas höhere Werte angegeben, während die Dorsalextension mit einen Streckdefizit von 10◦ und einer Standardabweichung von 5,2◦ deutlich schlechter war. In 356 Fällen traten keine intraoperativen Komplikationen auf und für 348 Patienten verlief auch die postoperative Phase komplikationslos (Abb. 4 und 5).
Die häufigsten intra- und perioperativen Komplikationen sind mit 5,8% die Fraktur und mit 4,2% die Wundheilungsstörungen. In 2,9% der Fälle wurden postoperative Hämatome gemeldet. Indikationen für Revisionseingriffe in der Frühphase waren im Wesentlichen Wundheilungsstörungen und Infektionen, während Revisionen im späteren Zeitverlauf überwiegend aufgrund mechanischer Komplikationen erforderlich wurden (Tab. 1). Der AOFAS ankle-hindfoot scale verbesserte sich im Median von 27 (2-67) auf 85 (42-100) in den Daten der Pilotphase und von 51 (19-68) auf 77 (46—100) in den Datensätzen nach Registerstart. 30,5% der nachuntersuchten Patienten bezeichneten des Ergebnis als exzellent, 60,2% als gut, 9,1% als zufriedenstellend. Nur 0,2% der Pateinten gaben an, mit dem Ergebnis unzufrieden zu sein, wobei die Angaben ja nach Primärdiagnose differierten (Abb. 6).
164
T. Kostuj et al.
Tabelle 1 Übersicht über Revisionseingriffe im mittelfristigen Zeitverlauf.
Tabelle 3 Versorger.
Mittelfristige Revisionsursachen
Standorte der Versorger
Inlaydislokation Inlayverschleiß Lockerung / Migration Tibiakomponente Lockerung /Migration Taluskomponente Lockerung / Migration Schrauben Dislokation heterotope Ossifikationen Fraktur Großer Knochendefekt Tibia Großer Knochendefekt Talus Nekrose Frühinfekt Chronischer Infekt Einsteifung Impingement Schmerzen andere 600
24 4 18 8 2 5 10 9 9 3 5 1 6 6 17 20 4
312 74 130
500
400
300
165 43 64
posraumasche Arthrose postarthrische Arthrose primäre Arthrose
200
58 15 8
100
1 1 0 0 exzellent
gut
mäßig
schlecht
Abbildung 6. Patientenzufriedenheit in den Nachuntersuchungen — differenziert nach der Primärdiagnose.
Diskussion Die Ergebnisse zur AOFAS ankle-hindfoot scale ebenso wie der Altersdurchschnitt der Patienten müssen derzeit noch getrennt nach Pilotdaten und
Standorte der an das Register meldenden
Bayreuth Coburg Dresden Essen Halle Hamburg Frankfurt / Main Magdeburg Moers München Neustadt Nürnberg Regensburg Stuttgart Wetter Wiesbaden
Daten aus dem Echtzeitbetrieb betrachtet werden, die Ursache hierfür sind datenschutzrechtliche Gründe. Im Rahmen der Nachtuntersuchungen können auch von den Patienten aus der Pilotphase sukzessive die aktuell gültigen Einverständniserklärungen eingeholt und diese Daten somit in die Registerdatenbank migriert werden. Ergebnisunterschiede zwischen den beiden Datensätzen sind am ehesten mit den von nur zwei Chirurgen erhobenen umfangreichen IDESPilotdaten versus den mit geringeren Fallzahlen und von mehreren Chirurgen erhobenen heterogeneren DAF-Daten zu erklären. Die geographische Abbildung der Versorgungssituation ist mit Erhebungen aus verschiedensten Regionen bereits repräsentativ (Tab. 2), die Anzahl der Datensätze im Vergleich zu den Fallzahlen der bundesweit implantierten und revidierten Sprunggelenkendoprothesen sind indes noch unzureichend (Tab. 3). Somit sind die aktuellen Aussagen zu den Indikationen aber auch zu Komplikationen sowie Outcome
Tabelle 2 Quelle: Versorgungszahlen zu Sprunggelenkendoprothesen in der Bundesrepublik Deutschland im Hare 2010, Quelle: statistisches Bundesamt (Destatis). Primärimplantationen Zementfrei gesamt Zementiert gesamt Zementfrei männlich Zementiert männlich Zementfrei weiblich Zementiert weiblich Summe primär:
Revisionen 1.331 33 717 16 614 17 1.364
Wechsel
Revisionen ohne Wechsel Verteilung männliche Pateinten weibliche Patienten
137
Summe:
137
61 76
in OSG-TEP zementfrei in OSG-TEP zementiert Teilwechsel tibial Inlaywechsel Teilwechsel talar sonstige Summe:
83 18 15 122 15 13 266
Erste Ergebnisse aus dem Sprunggelenkendoprothesenregister der D.A.F. noch mit Vorsicht zu interpretieren und möglicherweise mit einem Bias behaftet, der durch die Versorgung in Schwerpunktzentren bedingt ist. Nur durch eine umfassende Dokumentation möglichst vieler Operateure, insbesondere auch der Kollegen, die Sprunggelenkendoprothesen nur in geringem Umfang implantieren, ist eine realistische Darstellung der Versorgungslandschaft in Deutschland möglich. Bis das Register eine repräsentative Fallzahl abbildet und erste Aussagen zu Standzeiten möglich sein werden, die uns den Vergleich mit Daten anderer nationaler Register ermöglicht, ist ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren anzunehmen. Dennoch sind gerade die Daten dieser ersten Jahre von besonderem Interesse, da gerade dieser Zeitraum Lernkurven aufzudecken und somit die Frühwarnfunktion eines Registers sicherzustellen vermag [10].
Schlussfolgerung Die Analyse der Registerdaten gut ein Jahr nach Eröffnung des Registers lassen erste Tendenzen erkennen. Repräsentative Aussagen zur Versorgungssituation in Deutschland sind indes noch nicht möglich. Eine flächendeckende Erfassung der implantierten Sprunggelenkendoprothesen ist anzustreben, um realistische Aussagen zu Outcome, Komplikationsraten und Standzeiten treffen zu können. Nur durch eine umfassende Beteiligung aller Versorger kann das Register einen wertvollen Beitrag zu Qualitätssicherung leisten.
Studiengruppe Die Mitglieder der Studiengruppe Sprunggelenkendoprothesenregister der Deutschen Assoziation für Fuß und Sprunggelenk e.V. (D.A.F.) und des Institutes für Evaluative Forschung in der Medizin (IEFM) der Universität Bern / Schweiz sind: Dr. med. Emin Aghayev / Bern Dr. med. Jörn Dohle / Wuppertal PD Dr. med. Renée Fuhrmann / Bad Neustadt Dr. med. Michael Gabel / Stuttgart Dr. med. Tanja Kostuj / Frankfurt am Main Dr. med. Sebastian Lieske / Magdeburg Dr. med. Markus Preis / Wiesbaden PD Dr. med. Christoph Röder / Bern PD Dr. med. Klaus Schmidt / Dortmund Prof. Dr. Markus Walther / München
165
Interessenkonflikt Die Autoren geben an, dass kein Interessenskonflikt vorliegt.
Literatur [1] J.M. Bestic, J.J. Petersson, J.K. DeOrio, L.W. Bancroft, T.H. Berquist, M.J. Kranksdorf, Postoperative Evaluation of the total ankle arthroplasty, Am. J. Roentgenol. 190 (2008) 1112—1123. [2] M. Cöster, M.K. Karlsson, J.Å. Nilsson, Å. Karlson, Validity, reliability and responsiveness of a selfreported foot and ankle scores (SEFAS), Acta Orthop. 83 (2012) 197—203. [3] P. Diel, C. Thier, E. Aghayev, M. Preis, M. Dudda, N. Espinosa, C. Röder, The International Documentation and Evaluation System IDES: a single center observational case series for development of an ankle prosthesis documentation questionnaire and study of its feasibility and face validity, J. Foot Ankle Res. 3 (2010) 4. [4] O. Furnes, S.A. Lie, L.I. Havelin, S.E. Vollset, L.E. Engesæter, Exeter and charnley arthroplasties with Boneloc or high viscosity cement. Comparision of 1. 127 arthroplasties follwed for 5 years in the Norwegian Arthroplasty Register, Acta Orthop. Scand. 68 (1997) 515—520. [5] H.B. Kitaoka, I.J. Alexander, R.S. Adellar, J.A. Numley, M.S. Meyerson, M. Snaders, Clinical rating systems for the ankle-hindfoot, midfoot, Hallux and lesser toes, Foot Ankle Int. 15 (1994) 349—353. [6] G. Labek, R. Frischut, R. Schlitherle, A. Williams, M. Thaler, Outcome of the cementless Taperloc stem: a comprehensive literature review including arthroplasty register data, Acta Orthop. 82 (2011) 143—148. [7] G. Labek, H. Klaus, R. Schlitherle, A. Williams, A. Agreiter, Revision rates after tota ankle arthroplasty in sample-based clinicla studies and national registreis, Foot Ankle Int. 32 (2011) 740—745. [8] G. Labek, K. Sekyra, W. Pawelka, W. Janda, B. Stöckl, Outcome and reproducibility of data concerning the Oxford unicompartmental knee arthroplasty: a structures literature review including arthroplasty registry data, Acta Orthop. 82 (2011) 131—135. [9] F.D. Naal, F.M. Impellizzeri, M. Huber, P.F. Rippstein, Cross-Cultural Adaption and Validation of the Foot Function Index for use in German-speaking patients with foot complants, Foot Ankle Int. 29 (2008) 1222—1228. [10] Online-Jahresbereicht des Norwegischen Endoprothesenregisters 2011 (Rapport 2011) S. 16 unter: http://nrlweb.ihelse.net/Rapporter/aarsrapporter .htm. [11] P.L.R. Woods, S. Deakin, Total ankle replacement. The results in 200 ankles, J. Bone Joint Surg. Br. 85-B (2003) 334—341.