Flora, Aht. A, Bd. 158, S. 519-544 (1967) Aus dem Botanischen Institut der Universitat (TH) Karlsruhe
Vergleichende Untersuchungen zur Biogenese fliichtiger Produkte des Sekundarstoffwechsels
I. Untersuchungen an Ruta graveolens L. Von K. H. KUBECZKA Mit 6 Abbildungen im Text (Eingegangen am 22. August 1967)
Bedingt durch verbesserte Analysenmethoden, nimmt die Zahl der VerOffentlichungen, in denen tiber die Biogenese von Pflanzeninhaltsstoffen berichtet wird, stetig zu. Dabei hat sich gezeigt, daJ3 bestimmte Verbindungen auf ganz verschiedenen Wegen synthetisiert werden konnen (MOTHES 1966). Es erschien daher interessant, einmal die Biogenese von relativ einfach aufgebauten Stoffwechselprodukten bei voHig verschiedenartigen Organismen vergleichend zu untersuchen. Hierftir bieten sich vor aHem die Produkte des Sekundarstoffwechsels an, von denen die aliphatischen Methylketone, die den Hauptbestandteil des atherischen Rautenols bilden, besonders geeigllt3t schienen, da sie unter bestimmten Bedingungen auch in Schimmelpilzkulturen akkumuliert werden. Material nnd Methoden
Verwendeter Organism us: Als Versuchspflanze diente Ruta graveolens L., die im botanischen Garten der Universitat (TH) Karslruhe in den Jahren 1963 bis 1965 aufgezogen wurde. Obwohl Vorversuche gezeigt hatten, daJ3 sowohl in der Sonne gewachsene Pflanzen als auch Schattenpflanzen im Verlauf eines Tages hinsichtlich der Olzusammensetzung keine nachweisbaren Unterschiede aufwiesen, wurde trotzdem in der Regel am Vormittag geerntet und das Material unmittelbar danach aufgearbeitet. Fltichtige Ausscheidungsprodukte: Das atherische 01 wurde durch Wasserdampfdestillation mit der von SPRECHER (1963) beschriebenen Apparatur aus schwach weinsaurem Milieu (pH 6,5) gewonnen. Unter diesen Bedingungen tritt keine nachweisbare Verseifung der vorkommenden Ester ein, wahrend eventueH vorhandene phenolische Komponenten mit erfaJ3t werden. Das Destillat wurde durch Pentan (Riedel de Haen) geleitet, welches unmittelbar vor der Weiteruntersuchung unter vermindertem Druck zum groJ3ten Teil vorsichtig entfernt wurde.
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In Pentan gelost und unter Stickstoff in Ampullen eingeschmolzen erwiesen sich die atherischen Ole im Ktihlschrank tiber langere Zeit unverandert haltbar. Als BezugsgroBe flir die erhaltene Olmenge diente neben dem Frischgewicht das Trockengewicht, das nach erfolgter Destillation durch Abfiltrieren des Destillationsgutes, Waschen mit destilliertem Wasser und Trocknen bei 60°C bis zur Gewichtskonstanz erhalten wurde. Diese Methode erschien flir unsere Untersuchungen ausreichend, da sie nur zur Orientierung tiber mogliche Olgehaltsanderungen dienen sollte. Gaschromatographie: Obwohl bereits BRUNO (1961) eine gaschromatographische Trennung des Rautenols beschreibt, befriedigt dieses Ergebnis wegen der geringen Auflosung nicht (es wurden lediglich Pinen, Limonen, Methylheptylketon und Methylnonylketon getrennt und identifiziert). Ftir unsere Untersuchungen stand ein Fraktometer 116E des Bodenseewerkes Perkin Elmer mit Warmeleitfahigkeits- und Flammenionisationsdetektor zur Verfligung. Als Tragergas diente Helium. Die Brtickenspannung des WLD betrug 12,7 V, was einem Brtickenstrom von 325 rnA entspricht. Zur Registrierung wurden Siemensund Halske-Kompensographen mit einem MeBbereich von 0-2,5 mV und einem Papiervorschub von 1 cm/Min. verwendet. Gepackte Saulen: 2 m Edelstahlsaulen 1/4" (i. 0 4,65 mm) mit folgenden Filllungen: a) 20 % Polyathylenglykol1500 auf Celite 545 (60-80 mesh). b) 20 % Diathylenglykolsukzinat-Polyester auf Celite 545 (60-80 mesh). c) 5 % Silikongummi SE 30 auf silan. Chromo sorb W (80-100 mesh); (2 m; 1/8" a.0). Kapillarsaule: 50 m Dtinnfilmkapillare (Golay-Saule 1 G 3 von PE; i. 0 0,25 mm) mit Polypropylenglykol als Trennfltissigkeit. Zur ersten Orientierung der stofflichen Zusammensetzung eines Ols dienten Testsubstanzen der bereits in der Literatur aufgeflihrten Hauptinhaltsstoffe. AuBerdem wurden Differenzchromatogramme nach geeigneter Vorbehandlung des atherischen Ols angefertigt (BAYER und Mitarb. 1958). Die Identifizierung der einzelnen Komponenten erfolgte vor alIeni mit der von uns frtiher beschriebenen Anordnung (KUBECZKA 1965), die es ermoglicht, auch nach der gaschromatographischen Trennung sehr kleiner Olmengen noch Molektilspektren der einzelnen Substanzen aufzunehmen. AuBer den physikalischen Untersuchungsmethoden wurden sowohl wahrend als auch nach der gaschromatographischen Trennung mikrochemische Reaktionen durchgeflihrt. Neben der Kombination der Gaschromatographie mit der Dtinnschichtchromatographie (NIGAM et al. 1963, KAISER 1964, JANAK 1964) bewahrte sich dabei besonders die an anderer Stelle beschriebene Mikrohydrierung gc-getrennter Substanzen (KUBECZKA 1966) zur Identifizierung ungesattigter Verbindungen.
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Als gesichert vorhanden werden nur solche Verbindungen aufgefiihrt, deren Retentionsvolumina auf zwei verschiedenpolaren gc-Saulen mit der authentischen Substanz iibereinstimmen und deren Identitat durch ihr IR-Spektrum gesichert worden war. Auf diese Weise konnten zunachst in einem Rautenol des Handels, das in groBeren Mengen zur Verfiigung stand, die in TabeIle 1 aufgefiihrten Komponenten identifiziert werden, die aIle auch in den selbstdestillierten Olen, jedoch in anderen Mengenverhaltnissen aufgefunden worden sind. Bei der quantitativen Auswertung der Gaschromatogramme wurden die Flachenanteile der einzelnen Verbindungen durch Ausmessen der Hohe und mittleren Breite ermittelt. Auf die ErsteIlung von Eichfaktoren wurde verzichtet, da weniger die absoluten Mengen einzelner Verbindungen, als ihre quantitativen Verschiebungen interessierten. Tabelle 1
Zusammensetzung eines atherischen Rauteniils
Nr. im Gaschromatogramm 1 2 3 4 5 6 7
8 9 10 11
12 13 14
Substanz
a·Pinen Camphenl) p-Pinenl) Limonen Cineol p-Cymol Nonanon-2 N onyl·2-acetat Nonanol·2 Linalool l ) Kampfer l ) Undecanon-2 Undecyl·2-acetat Undecanol-2
prozentualer Anteil 3,9 0,4 1,9 1,1 6,1 0,4 3,3 Spur Spur 9,1 4,8 64,3 Spur Spur
1) Neu im Rauteniil gefunden.
Isolierung und Analyse der Gesamtfettsauren: Das Gesamtfett wurde durch kombinierte Methanol-Chloroform-Extraktion im Schneidmischer nach WINTER (1963) abgetrennt. Mit diesem Verfahren lieBen sich storende Einfliisse durch Lipoxydasen, wie sie haufig beim Zerkleinern von Frischpflanzenmaterial in waBrigem Milieu auftreten, weitgehend ausschalten. Nach Entfernen des Losungsmittels im Vakuum, wurde sofort durch 30 Minuten langes Kochen am RiickfluB mit einer Losung von 5 % konz. Schwefelsaure in absolutern Methanol umgeestert und die Fettsauremethylester nach Verdiinnen mit der doppelten Menge dest. Wasser mit Hexan ausgeschiittelt. Die Reinigung der auf
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diese Weise hergestellten Methylester erfolgte nach Trocknen tiber Natriumsulfat und Entfernen des L6sungsmittels durch Dtinnschichtchromatographie an Kieselgel G (Laufmittel: Petrolather (Kp. 60-70°) /Diathylather 19: 1 v/v) (STAHL 1962). Die einzelnen Arbeitsgange wurden soweit wie m6glich unter Stickstoff ausgefiihrt und das v6llig farblose Eluat entweder sofort gaschromatographisch an Diathylenglykolsukzinat bzw. Silikongummi SE 30 getrennt oder zur Aufbewahrung unter N2 in Ampullen eingeschmolzen und im Ktihlschrank gelagert. Stoffwechseluntersuchungen mit 14COl) Die in Blumentopfen befindlichen einjahrigen Versuchspflanzen wurden in der von DRA WERT und STEFFAN (1965) beschriebenen Versuchsanordnung so befestigt, daB die grtinen Teile der Pflanzen in den abgeschlossenen Gasraum der etwa 10 Liter fassenden Glasglocke hineinragten. Die Abdichtung der mit einem Langsschlitz und Schieber versehenen Bodenplatte zum Stengel und zu der aufgesetzten Glasglocke hin erfolgte mit Talg. Das durch Zugabe von einigen Tropfen HC104 aus 1 mC Ba 14COS freigesetzte 14C02 konnte durch eine Pumpe mit dem gesamten Luftvolumen des Systems im Kreislauf umgewalzt werden. Gleichzeitig wurde die Glasglocke mit einer Quecksilberdampflampe von oben bestrahlt, wobei am Boden des GefaBes 5000 Lux herrschten. Die Innentemperatur der Glocke lieB sich durch Ktihlen mit einem Ventilator konstant auf 25°C halten. AIle Versuche wurden nach 60 Minuten abgebrochen, und das noch vorhandene 14C02 durch Zwischenschalten einer Waschflasche mit Barytlauge ausgefallt. Die durch Wasserdampfdestillation abgetrennten fltichtigen Stoffe, sowie die nach bereits beschriebenem Verfahren gewonnenen Fettsauremethylester, gelangten anschlieBend in dem von DRAWERT und Mitarb. (1964) entwickelten Radiogaschromatographen zur Untersuchung. Hierbei wurden die im H 2-Strom gaschromatographisch getrennten Substanzen nach Verlassen der Trennsaule an einem RaneyNickel-Kontakt bei hohen Temperaturen hydrierend gespalten und als Methan in einem Proportional-DurchfluBzahlrohr (DRAWERT 1963) gemessen, dessen Impulsraten ein Kienzle-Drucker in Abstanden von 0,1 Minuten ausdruckte. Durch Ubereinanderzeichnen des Gaschromatogramms und der erhaltenen MeBwerte (Abb. 5 und 6) laBt sich die Verteilung der Radioaktivitat in den untersuchten Substanzgemischen erkennen.
1) Herrn Priv.-Doz. Dr. F. DRAwERT (Institut fur Rebenzuchtung. Geilweilerhof; DirektOJ: Prof. Dr. HUSFELD) mochte ieh fur die Moglichkeit zur Durchfuhrung dieser Versuehe, sowie fur die wertwollen Ratsehlage meinen herzlichen Dank ausspreehen.
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Ergebnisse A. Die Olzusammensetzung in den verschiedenen Organen von Ruta graveolens und ihre Veranderung wahrend der Vegetationsperiode Dber die qualitative und quantitative Zusammensetzung des Rautenols finden sich in der Literatur zahlreiche Angaben (GUENTHER 1949; GILDEMEISTER und HOFFMANN 1959). Als Ursache flir die zum Teil recht erheblichen quantitativen Unterschiede einzelner Komponenten kommen wie an anderer Stelle berichtet wird (KUBECZKA; in Vorbereitung), im wesentlichen Verschiedenheiten in der Herkunft (Art, Rasse, Klima) und im jeweils vorliegenden Entwicklungsstadium der Pflanze in Frage. Dartiber hinaus ist der Olgehalt und die Olzusammensetzung in den Blattern und Frtichten von Ruta graveolens verschieden (SPRECHER 1956, BANKOWSKI und KOWAL 1962, AKACIC und SREPEL 1960, SREPEL 1963). Da sich die bisherigen Untersuchungen lediglich auf den Ketongehalt, bzw. auf die physikalischen Konstanten dieser atherischen Ole beziehen, war es flir unserc Biogeneseuntersuchungen unbedingt erforderlich, einmal aIle Pflanzenorgane gesondert auf ihre genaue Zusammensetzung hin zu untersuchen. Zusatzlich kam verschieden altes Pflanzen material der einzelnen Organe zur Untersuchung, um auch die Olveranderung wahrend der Vegetationsperiode verfolgen zu konnen. Blatter: Die bei der Bltitenbildung und Fruchtreife ablaufende Umstimmung des Gesamtstoffwechsels kann u. U. auch einen EinfluB auf die Olbildung austiben (HEFENDEHL 1962). Es wurden dahcr zunachst sowohl Blatter von Pflanzen die vor der Bltite standen, als auch Blatter fruktifizierender Pflanzen untersucht (Tabelle 2). Die entsprechende Analyse des atherischen Ols der oberen (jtingeren) Blatter, aus deren Achseln die Bltitentriebe kamen und der jeweils 5 untersten (altercn) Blatter einer Pflanze zeigt Tabelle 3. Tabelle 2
Prozentualer Anteil der wichtigsten Komponenten des iitherischen Ols von Rautenbliittern bliihender und fruktifizierender Pflanzen bliihend
Monoterpene Nonanon-2 N onyl-2-acetat Nonanol-2 Undecanon-2 Undecyl-2-acetat Undecanol-2 restliche Komponenten
",,1 29,0 6,1 4,8 14,4 21,1 10,8 12,9
fruktifizierend 1,8 34,7 10,6 6,8 8,3 15,9 7,9 13,9
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K. H. Tabelle 3
KUBECZKA
Prozentualer Anteil der wichtigsten Komponenten des atherischen Rauteniils der obersten und untersten Blatter einer Pflanze oberste Blatter
unterste Blatter
1,6
1,1
Nonanon-2
37,3
45,8
Nonyl-2-acetat
13,7
17,9
Nonanol-2
3,8
4,8
Undecanon-2
7,4
5,7
18,8
12,2
Monoterpene
Undecyl-2-acetat Undecanol-2 restliche Komponenten
6,0
2,9
11,2
9,4
In beiden Tabellen wird eine gewisse Parallelitat in der Entwicklungstendenz des atherischen Ols sichtbar, die in beiden Fallen einer zunehmenden Alterung der betreffenden Organe entspricht. 1m einzelnen erhOht sich der Anteil der C9 -Verbindungen, wahrend gleichzeitig eine Abnahme der Cll-Korper erfolgt. 1m allgemeinen enthalten die Blatter von Ruta graveolens bis zu 0,95 % atherisches 01 (bezogcn auf Trockengewicht) mit Nonanon-2 und in etwas geringerer Menge Undecyl-2-acetat als Hauptkomponenten. Der Anteil an Undecanon-2 bleibt hier in der Regel unter 10 %. Stengel: Das atherische 01 des Stengels von Ruta graveolens ist zuletzt von SREPEL (1963) untersucht worden. Die Autorin fand neben Undecanon-2 und Nonanon-2 zwei weitere nicht naher identifizierte Ketone. Nach unseren Befunden ist das atherische 01 der griinen Stengel in seinen Hauptkomponenten mit dem Blattol vergleichbar. Es besteht wie dieses in der Hauptsache aus Nonanon-2 und Undecyl-2acetat (zu etwa gleichen Teilen), wahrend der Gehalt an Undecanon-2 auch hier meist unter 10 % liegt (Abb. 1). Die Mengenverschiebungen der einzelnen Komponenten zeigen iill Laufe der Vegetationsperiode deutliche Parallelen zum Blatto1. Dagegen enthalten altere, bereits verkorkte Stengel ein vollig anders zusammengesetztes atherisches 01. Methylketone und ihrekorrespondierenden Karbinole bzw. Karbinylazetate sind darin nur in geringen Mengen vorhanden, es gleicht vielmehr in seiner Zusammensetzung fast vollig dem noch zu besprechenden Wurzelol. Bliiten und Friichte: Da die gelben Blumenkronblatter von Ruta graveolens bereits mit freiem Auge Exkretbehalter als durchscheinende Punkte erkennen lassen und die Fruchtknotenwand ebenfalls deutlich sichtbare Exkretbehalter aufweist, schien es angebracht, bei der Aufarbeitung der Bliiten eine Trennung in Blumen-
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Abb.1. Gaschromatogramm des atherischen RautenstengeI-0Is. PEG 20%, 2 m, 96 NmI Hel Min., 150°C (WLD) (PeakBezeichnungen vgl. Tabelle 1).
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kronblatter und Fruchtknoten vorzunehmen. Ein Vergleich des Olgehaltes der beiden Gewebe zeigt bezogen auf Trockengewicht bereits in diesem Stadium den deutlich hOheren Olgehalt der Fruchtknoten, der jedoch in beiden Fallen noch tiber dem der Rautenblatter (maximal 0,95 %) liegt. 1,68% Olgehalt der Blumenkronblatter 3,12% Olgehalt der Fruchtknoten Die Ole bestehen fast ausschlieBlich aus den beiden Methylketonen Nonanon-2 und Undecanon-2 und unterscheiden sich nur geringftigig in der quantitativen Verteilung dieser Komponenten. Verfolgt man die Veranderung in der Olzusammensetzung und im Olgehalt der Infloreszenzen vom Knospenstadium bis zur reifen Frucht, so erhalt man das Bild der Tabelle 4. Tabelle 4
Prozentuale Zusammensetzung des atherischen Ols der Rautenfriichte im Laufe ihrer Entwicklung Olgehalt (bzw. Trokkengewicht)
Entwicklungszustand
Nonanon-2
Undecanon-2 restliche Komponenten
Bliitenknospen Blumenkronblatter Fruchtknoten offener Bliiten griine Fiichte (Samen: weiB) griine Friichte (Samen: rotbraun) gelbgriine Friichte (Samen: dunkelbraun) braune Friichte (Samen: schwarz)
47,3 31,5
49,7 51,8
3,0 16,7
1,65 1,68
29,1
65,9
5,0
3,12
15,1
82,5
2,4
3,37
11,6
86,4
2,0
1,96
10,6
86,8
2,6
1,76
4,1
93,5
2,4
1,52
Auffallend ist die stetige relative Zunahme von Undecanon-2 und die fast proportional dazu verlaufende Abnahme des Nonanon-2.
Tabelle 5
Verschiebung des Ketonverhaltnisses bei der Lagerung griiner, unreifer Friichte
Lagerungszeit in Wochen
% Nonanon-2 % Undecanon-2
°
18,0 82,0
1
3
5
8
16,8 83,2
16,0 84,0
14,4 85,6
12,5 87,5
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Durch die Untersuchung der Atmosphare iiber abgeschnittenen griinen Friichten, deren Schnittstellen zuvor mit Lack verschlossen worden waren, mit der von SPRECHER und STRACKENBROCK (1963) beschriebenen Technik, konnte die gegeniiber Undecanon-2 stark bevorzugte Abdunstung von Nonanon-2 bewiesen werden. Damit diirfte die Verschiebung im Verhaltnis der beiden Methylketone zueinander wahrend der Fruchtreifung zumindest teilweise auf die einseitige Abdunstung des Nonanon-2 zuriickzufUhren sein. Eine Berechnung der absoluten Ketonmengen zeigt weiter, daI3 ein Umbau von Nonanon-2 zu dem um 2 C-Atome hoheren Homologen unwahrscheinlich ist, da Zu- und Abnahme einander - auch unter Beriicksichtigung eines Verdunstungsverlustes des fliichtigeren Ketons - nicht entsprechen. Es muI3 daher eine Verschiebung der Olzusammensetzung bei der Neusynthese atherischen Ols zugunsten von Undecanon-2 vermutet werden, was durch Markierungsversuche spater bestatigt werden konnte. Damit kann die Veranderung der Fruchtol-Zusammensetzung im Verlaufe der Reifung als eine allmahliche Verschiebung der Neusynthese und einer in diesem FaIle gleichsinnig verlaufenden Abdunstung einer Komponente verstanden werden. Durch die Addition beider Vorgange kommt es anfanglich zu einer relativ raschen Verschiebung in der Olzusammensetzung, wahrend nach Fruchtreife die Neusynthese zuriickgeht und die Abdunstung schlieI3lich zum entscheidenden Faktor wird. Dieser Vorgang vollzieht sich, wie aus Tabelle 5 ersichtlich, langsamer als die Olveranderung in der griinen Frucht. Ein Vergleich der restlichen Olkomponenten im Fruchtknoten zeigt bei der Reifung einen nahezu gleichbleibenden Gehalt. Samen: Das Vorkommen geringer wasserdampffliichtiger Sekundarprodukte im Samen erwahnt SPRECHER (1956), wahrend BANKOWSKI et al. (1962) darin kein atherisches 01 fanden. Da die Samen der Ausgangspunkt fUr die Untersuchungen iiber die Biogenese des atherischen Ols sein miissen, war diese Frage als erste zu klaren. Aus diesem Grunde wurden 100 g selbstgeernteter Rautensamen sorgfaltig von Verunreinigungen befreit. Um Fehler, wie sie infolge Kontamination der rauhen Samenschale durch das reichlich vorhandene 01 der Fruchtwand auftreten konnen, von vornherein auszuschlieI3en, wurde die HaUte der Samen mehrfach mit 70 %igem Athanol gewaschen und anschlieI3end mit destilliertem Wasser gespiilt. Nach der Wasserdampfdestillation wurde sowohl aus den gewaschenen als auch aus den unbehandelten Samen ein atherisches 01 erhalten, welches offensichtlich nicht durch Oberflachenkontamination des Samens mit dem 01 der Fruchtwand zustande gekommen sein konnte. Reife, schwarze Samen wiesen einen atherischen Olgehalt von durchschnittlich 0,01 % (bezogen auf Trockengewicht) auf. Ihr 01 bestand aus: 36*
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2,6 % Nonanon-2 60,1 % Undecanon-2 5,8 % Nonanol-2 19,8 % Undecanol-2 Spuren von Nonyl-2- und Undecyl-2-acetat 7,9 % eines unbekannten Esters 3,6 % restliche Komponenten Inwieweit dieses 01 durch einfache Diffussion aus dem Perikarp in die Samen kam, wie es TOPALOW et al. (1965) fiir Umbelliferenfriichte annehmen, oder ob es im Samen selbst entstanden ist, muB zunachst offenbleiben. Zytologische Untersuchungen an reifen Samen ergaben keinen Hinweis fUr den Ablagerungsort des atherischen Ols, doch ist es wahrscheinlich in dem reichlich vorhandenen fetten 01 gelost, aus dem es sich durch Wasserdampfdestillation gewinnen laBt. Wurzeln: Da die Wurzeln von Ruta graveolens einen ausgepragten Geruch besitzen, wurde auch hier auf das Vorkommen fliichtiger Sekundarprodukte gepriift und ein atherisches 01 erhalten, welches in seiner Zusammensetzung vollig von dem der griinen, oberirdischen Pflanzenteile abweicht. Die Hauptkomponenten des Ols konnten wegen ihrer Instabilitat noch nicht eindeutig identifiziert werden. Methylketone sowie deren korrespondierende Karbinole bzw. Karbinylazetate lieBen sich jedenfalls nur in Spuren nachweisen. Das atherische 01 ist in jungen Wurzeln zu etwa 0,3 %, in alten Wurzeln hingegen nur zu maximal 0,15 % (bezogen auf Trockengewicht) enthalten. Den hochsten Olgehalt weisen Wurzeln von Keimpflanzen auf, was wohl zum groBten Teil auf das Fehlen des olfreien Sekundarholzes in diesen Wiirzelchen zuriickgefiihrt werden kann. In seiner Zusammensetzung gleicht das Wurzeliil dem schon erwahnten 01 alterer, bereits verkorkter Stengel. Es drangt sich hier die Frage auf, ob auch in der Art der Olexkretion Unterschiede zwischen Wurzel und verkorktem Stengel einerseits und den iibrigen griinen und damit assimilierenden Teilen der Pflanze andererseits bestehen. Nach VON GUTTENBERG (1940) sind die Rutaceen in ihrer Wurzel frei von atherischem 01. Dagegen weist BRANDT (1915) auf das Vorkommen gelber, oliger Massen im Rindenparenchym der Wurzeln hin. Es wurden daher zuerst die Wurzeln auf das Vorkommen von Exkretzellen bzw. Exkretbehaltern untersucht. Durch verschiedene Farbemethoden (Sudan III, Jod-Jodkali, Br2-Dampfe) lieBen sich in Gefrierschnitten der Wurzelrinde in der Tat einzelne mit 01 gefiillte Zellen sichtbar machen (Abb. 2). Ein Vergleich mit alteren, stark verkorkten Stengeln zeigt, daB auch hier mit den angewandten Farbemethoden in der Rinde einzelne Olzellen deutlich erkennbar
Vergleichende Untersuchungen zur Biogenese fliichtiger Produkte usw.
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werden, wahrend die in den griinen Stengeln vorkommenden peripher liegenden sehizo-lysigenen kugelformigen Olbehalter inzwisehen dureh die starke Korkbildung abgesto13en worden sind. Ein exakter histoehemiseher Beweis, da13 es sieh bei dem naehgewiesenen Zellinhalt urn atherisehes 01 handelt, konnte zwar nieht erbracht werden, da die Bestandteile des Ols nieht hinreiehend bekannt sind. Immerhin wurde eine Verweehslung mit fettem 01 ausgesehlossen, da einzelne Sehnitte naeh dem Erwarmen keinen
Abb. 2. Mit Brom angefarbte Olzellen der Wurzelrinde von Ruta graveolens L.
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farbbaren Zellinhalt mehr besaBen, wii.hrend sich z. B. ein Samenquerschnitt mit fettem 01 auch nach der Warmebehandlung ohne weiteres anfarben lieB. Damit laBt sich mit Ausnahme des Samens eine Korrelation zwischen der Art des Exkretionsgewebes und dem atherischen Oltyp feststellen: die methylketonreichen Ole werden in den assimilierenden Teilen der Pflanze, sowie in den gelben Blumenkronblattern in kugelformigen schizo-lysigenen Exkretbehaltern (SPRECHER 1956) gebildet, wahrend das vollig anders zusammengesetzte 01 der heterotrophen Teile der Pflanze (Wurzel und nicht grtine, verkorkte SproBteile) in einzelnen 01zellen ausgeschieden wird, die sich, abgesehen von ihrem Inhalt, nicht von den sie umgebenden Zellen unterscheiden. B. Uber die Entstehung des atherischen Ols in Ruta graveolens Unsere Untersuchungen tiber die Biogenese des atherischen Rautenols und speziell tiber die Methylketone wurden vor allem an den Keimpflanzen durchgefUhrt, da bei diesen das atherische 01 in verhaltnismaBig kurzer Zeit neu gebildet wird. Als C-Quelle dienen hierzu die im Samen vorhandenen, genau analysierbaren Reservestoffe, vor allem Fette. Die Zusammensetzung des atherischen Rautenols, das vorwiegend aus Methylketonen, Methylalkylkarbinolen und deren Azetaten besteht, und die Tatsache, daB die Homologen dieser Verbindungen vorwiegend um eine C2- Einheit differieren, legt es nahe, ihre Entstehung mit dem Fettstoffwechsel in Verb in dung zu bringen. Hinzu kommt, daB die im atherischen Rautenol als Hauptinhaltsstof£e auftretenden Methylketone mit einer C-Zahl von 9 und 11 durch Schimmelpilze tatsachlich aus den um ein C-Atom langeren Fettsauren gebildet werden (FRANKE und HEINEN 1958 u. a.), so daB bereits DAKIN (1908) die Vermutung auBerte, Methylketone in atherischen Olen konnten durch eine abgewandelte p-Oxydation der entsprechenden C(n+1rSaure entstanden sein. Spatere Untersuchungen konnten dies zumindest fUr Schimmelpilze bestatigen. Ftir die Weinraute lieB sich dieser Beweis bis heute jedoch nicht erbringen. TXUFEL et al. (1936) waren nicht in der Lage, im Fett ruhender Samen die den Ketonen entsprechenden C(n+1rSauren nachzuweisen. Auch SPRECHER (1956) konnte als Hauptfettsauren in ruhenden und keimenden Samen, wie in den Blattern der Weinraute neben Linolen-, Linol-, 01- und Stearinsaure nur verschwindend geringe Mengen von mittleren Fettsauren (Laurinsaure) feststellen. Es galt diese Ergebnisse mit modernen Methoden noch einmal nachzuprtifen und dar tiber hinaus exakte quantitative Aussagen zu machen.
Untersuchungen an reifen Samen: Die Gesamtlipide frischer, reifer Samen mit einem 1000-Korn-Gewicht von 1,92 g wurden nach Extraktion umgeestert und als Fettsauremethylester gaschromatographisch untersucht.
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Der Gesamtlipidgehalt betrug bei weiBen, unreifen Samen 2,8 %, bei reifen 35 %, bezogen auf Frischgewicht. Die Fettsaurezusammensetzung geht aus Tabelle 6 hervor. Tabelle 6
Fettsaurezusammensetzung der Gesamtlipide verschiedener Pflanzenteile von Ruta graveolens L. (Prozentualer Anteil am Gesamtfett)
FettsaUTe
Samen reif unreif (schwarz) (weiB)
C 12: 0 LaurinMyristin- C 14: 0 Palmitin- C 16: 0 C17:01 ) C 18: 0 StearinC 18: 1 01C 18: 2 LinolLinolen- C 18: 3
0,0 0,0 5,5 1,2 2,2 13,2 33,5 44,2
C 20} C 22
0,0 0,0 5,1 1,0 2,4 10,3 40,9 40,3
geringe Mengen
Blatt
Wurzel
0,5 1,9 13,3 1,9 1,1 1,2 19,9 55,8
Spur 0,5 10,7 6,3 1,4 15,2 45,5 15,0
2,4
1,1
1) N och nicht eindeutig identifiziert; wahrscheinlich verzweigt.
Untersuchungen wahrend der Samenreifung ergaben zwar gewisse quantitative Verschiebungen in den Mengen der einzelnen Fettsauren, jedoch keine zusatzliche Fettsaure. Bemerkenswert ist die in allen Pflanzenteilen der Weinraute in unterschiedlichen Mengen vorhandene C17-Saure, bei der es sich auf Grund ihres gc-V erhaltens auf verschiedenen Saulen wahrscheinlich um eine Saure mit einer verzweigten C-Kette hande1t. Samenkeimung: Da das atherische 01 der Koty1edonen erst nach der Keimung entsteht (SPRECHER 1956), kiinnen aus der gleichzeitigen Veranderung der Fettsauren im Keim1ing miig1icherweise Hinweise auf den Biosyntheseweg des atherischen Ols erhalten werden. Zu diesem Zweck wurden Samen unter aseptischen Bedingungen auf feuchtem Filtrierpapier zur Keimung gebracht und die Veranderung der Fettsaurezusammensetzung verfolgt (Tabelle 7). Trotz einer Abnahme des Samenfetts von 35 % um rund 10 % nach 18 Tagen, 1ieBen sich in keinem der untersuchten Stadien signifikante Mengen von Laurinsaure oder einer anderen Fettsaure < C 14 nachweisen. Auch ist kein bevorzugter Abbau einer einzelnen Fettsaure zu verzeichnen. Daraus kann gesch10ssen werden, daB alle Fettsauren ohne Unterbrechung vollstandig abgebaut werden. Dieser Befund steht im Eink1ang mit den Ergebnissen von STOFFEL und SCHIEFER (1965), wonach 1angkettige Fettsauren keinen partiellen Ab- und Wiederaufbau erfahren.
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532 Tabelle 7
Fettsaure C 14: C 16: C 17: C 18: C 18: C 18: C 18:
° °Ov °1 2 3
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Anderung der Fettsaurezusammensetzung in keimendes Samen von Ruta graveolens. (Prozentualer Anteil der Gesamtfettsauren)
°
4
7
5,1 0,8 2,5 11,9 43,7 36,0
4,9 0,8 1,9 10,5 41,0 40,8
5,0 0,9 2,1 11,0 42,2 39,0
18 Tage 5,1 1,1 1,9 10,9 42,1 39,7
Die Fettsaurezusammensetzung in den tibrigen Pflanzenteilen: Da im Verlauf des Wachstums in den grtinen Teilen der Raute atherisches 01 gebildet wird, wurde auch das Fett dunkelgrtiner Blatter ausgewachsener Pflanzen mit einem Gesamtlipidgehalt von 12 % (bezogen auf Trockengewicht) untersucht. Wie aus Tabelle 6 ersichtlich, unterscheidet es sich in seiner Zusammensetzung zwar deutlich vom Fett der Samen, auch lie.B sich darin etwas Laurinsaure nachweis en, doch erscheint eine Entstehung der Cl l- Verbindungen des atherischen Ols aus derartig geringen Mengen au.Berst unwahrscheinlich. Scnlie.Blich wurde noch die Fettzusammensetzung von 5 bis 10 mm starken Wurzeln ausgewachsener Rautenpflanzen untersucht (Tabelle 6). Bei einem Gesamtlipidgehalt von 6,2 bis 7,0 % (bezogen auf Trockengewicht) lie.Ben sich auch hier keine nennenswerten Mengen Laurinsaure nachweisen. Allerdings enthalt das atherische 01 der Wurzeln auch keine Methylketone. Gegentiber dem fetten 01 der tibrigen Pflanzenteile fant bei der Wurzel der relativ hohe Gehalt der verzweigten C 17: Saure, sowie die stark verminderte Menge der Octadecatriensaure auf. Die Ergebnisse der Fettuntersuchung verschiedener Organe der Weinraute bringen damit keine stichhaltigen Beweise fUr eine direkte Entstehung der Methylketone aus den entsprechenden C(ll+1)-Fettsauren durch fl-Oxidation; vielmehr sprechen einige Tatsachen gegen einen derartigen Entstehungsweg: 1. In keinem der untersuchten Pflanzenteile konnten nennenswerte Mengen der mit den Methylketonen korrespondierenden Fettsauren aufgefunden werden. Auch nicht die entsprechenden fl-Ketosauren in Glyzeriden, wie sie LAWRENCE et al. (1966) im Milchfett gefunden haben. 2. Bei der Samenkeimung lie.Ben sich zwischen dem Abbau des Speicherfettes und der Biosynthese der Methylketone weder qualitative noch quantitative Beziehungen feststellen. 3. Der Abbau von Fettsauren tiber die fl-Oxydation verlauft im allgemeinen bis zum Endglied, ohne da.B dabei freie Fettsauren als Zwischenprodukte auftreten (LYNEN 1965).
°
Vergleichende Untersuchungen zur Biogenese fliichtiger Produkte usw.
533
4. Grune Blatter hoherer Pflanzen bauen nach HITCHCOCK et al. (1965) und STUMPF et a!. (1959) Fettsauren vorwiegend uber eine a-Oxydation ab, bei der keine Methylketone anfallen. 5. Die intensive Olbildung (wahrend Keimung und Fruchtreifung) ist mit Wachstumsvorgangen gekoppelt. Nur im FaIle der Samenkeimung fallt sie mit einem gleichzeitigen Fettsaureabbau zusammen. Aus den aufgefUhrten Grunden mu.B daher statt der vielfach fUr die Bildung von Methylketonen der Weinraute in Erwagung gezogenen /1-0xydation die /1Reduktion diskutiert werden, worauf bereits SPRECHER (1956) hingewiesen hat. Ein derartiger Bildungsweg wurde das Uberwiegen von Methylketonen mit einer Differenz von 2 C- Einheiten ebenfalls erklaren konnen und au.Berdem das Vorhandensein von Laurinsaure im Rautenfett nicht unbedingt voraussetzen. Die Entstehung der Methylketone und der mit ihnen in biogenetischem Zusammenhang stehenden Verbindungen ware somit nicht aus dem Fettsaureabbau, sondern aus einer "Lucke" im Fettsaureaufbau zu verstehen. Beachtung verdienen in diesem Zusammenhang die Untersuchungen von PARKS et al. (1964), sowie LAWRENCE und HAWKE (1966), die als Vorstufen der bei der Wasserdampfdestillation von Milchfett als Artefakte entstehenden Methylketone /1-Ketosauren gefunden haben. Diese sind in den Triglyzeriden des Milchfettes an Stelle normaler Fettsauren eingebaut. Durch Markierungsversuche konnten die zuletzt genannten Autoren zeigen, da.B es sich hierbei urn Zwischenprodukte der Fettsauresynthese und nicht der /1-0xidation handelt.
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i
I
Zusammensetzung und Veranderung des atherischen Ols bei der Keimung: Da der Samen von Ruta graveolens selbst bereits wasserdampffluchtige Verbindungen enthalt (SPRECHER 1956), ist eine genaue Bestimmung des Zeitpunktes der beginnenden Olsynthese in den Keimlingen au.Berst schwierig. Untersuchungen fruherer Autoren fUhrten zu keinem befriedigenden Ergebnis, da der Erfassung der au.Berst geringen Olzunahme bei der beginnenden Keimung apparative Grenzen gesetzt waren. Versuche von SPRECHER (1956), dieses Problem von der zytologischen Seite zu lOsen, fUhrten zu dem Ergebnis, da.B in den Kotyledonen des ruhenden Sam ens noch keine Anzeichen fUr die Existenz von Olbehaltern vorhanden sind. 1hre Entwicklung erfolgt je~och au.Berordentlich rasch mit dem beginnenden Wachstum und geht mit diesem parallel. Der Exkretbildung geht eine endomitotische Polyploidisierung der Exkretzellen voraus, nach der mit einer gleichzeitigen Kerndegeneration die Olbildung einsetzt. Dies stimmt mit unseren analystichen Befunden, nach denen die Olsynthese mit dem Keimlingswachstum weitgehend parallel verliiuft, gut uberein. Nach etwa
° 5,6 Spur
Spur 7,7
°
Spur Spur
Spur
°
15,0 2,1
°
6,0
°
u1 Undecanon-2
Undecyl-2-acetat Undecanol-2
1) Aus 20 g Samen berechnet.
Olgehalt von 250 Pflanzen (in mg)
0,0361 )
°
Spur Spur
Spur
Spur
6,9
5,5
Nonyl-2-acetat Nonanol-2
U2
3,0 2,6 ,.:.,1
1,2
Spur
2,0
Nonanon-2
10,0 4,4 4,1 25,0
10
7
5
°
4,1
10,4 38,4
9,2
4,4
9,4
10,9
14,5
15,1
8,9 10,9
26,0
8,7 10,3
5,1
9,4 7,8
° °
P1 I>-
0
bl OJ
11,7 11,3
6,8 8,4 9,8 6,7 9,7
4,9
.
60,4 1,3 4,7 9,3
2,0 24,6
2,6 14,7
Spur
~ ~ q
2,1 3,0
2,0
2,9
1,7 17,3
(':
Spur Spur 5,7 4,2
89 Wurzel 89 SproB
5,3
89
3,7
71
6,3 1,5
54
5,4 8,2 9,5
13,6
0,6 2,2
0,5 1,8 13,8 4,7
3,4
43
2,6
32
Prozentuale Zusammensetzung des Wasserdampfdestillats von Rautenkeimlingen verschiedener Entwicklungsstadien
Alter in Tagen
Tabelle 8
~
~
Q1
Vergleichende Untersuchungen zur Biogenese fliichtiger Produkte usw.
535
3 Monaten bleibt die Olakkumulation gegenuber der Trockensubstanzbildung etwas zuruck. SchlieLHich behalt der Olgehalt zur Trockensubstanz ein nahezu konstantes Verhaltnis. Weitere Untersuchungen sollten zeigen, ob an Hand von stofflichen Veranderungen der wasserdampffluchtigen Substanzen im Verlauf der Keimung, Ruckschlusse auf Zeitpunkt und Mechanismus der Methylketonsynthese miiglich sind. Daruber hinaus kiinnen aus der Abfolge bei der Entstehung der einzelnen Komponenten eventuell einige Hinweise fur ihre biochemischen Beziehungen zueinander erhalten werden. Sorgfaltig ausgelesene Samen wurden in feuchtem Sand zur Keimung gebracht und wahrend verschiedener Entwicklungsstadien untersucht. Hierfur wurden in allen Fallen 250 vollstandige Keimlinge (einschlieLHich Wurzeln) und am letzten Untersuchungstermin weitere 250 Keimlinge in Spro13 und Wurzel getrennt aufgearbeitet (Tabelle 8). Zu Beginn der Keimung geht der Gehalt an Methylketonen und deren korrespondierenden Verbindungen sehr rasch auf ein Minimum zuruck. Inwieweit hierfur eine Hydrodiffussion dieser Verbindungen infolge der im Zusammenhang mit der Keimung stehenden Quellung und Sprengung der Samenschale verantwortlich gemacht werden kann, oder ob ein Abbau vorliegt, mu13 zunachst dahingestellt bleiben. Allerdings 1st ein Abbau wenig wahrscheinlich, da bereits nach mehrstundigem Stehen des Samens in Wasser eine deutliche Zunahme der wasserdampffluchtigen Sekundarprodukte zu verzeichnen ist, wahrend sich in dieser Zeit weder die Lipidmenge noch die Lipidzusammensetzung nachweisbar verandert. Mit dem 7. Tag setzt eine langsame Zunahme der Methylketone, Karbinole und Karbinylazetate ein.Hierbei ist der Gehalt an C9-Kiirpern im untersuchten Zeitraum stets unter 10 % des Gesamtiils, wahrend die Cl l - Verbindungen bereits nach 10 Tagen etwa 20 % und nach 32 Tagen immer uber 20 % ausmachen. Das atherischc 01 des Keimlings unterscheidet sich also deutlich yom Blattiil der ~ilteren Pflanzc, das Nonanon-2 als Hauptkomponente aufweist, doch ist die langsame, aber stetige Zunahme dieses Ketons in diesem Entwicklungsstadium eindeutig zu erkennen. Damit wurde die Neuproduktion des atherischen Ols etwa mit dem 7. Tag beginnen, was auch parallel laufende mikroskopische Untersuchungen bestatigen. Interessanterweise erscheint zu diesem Zeitpunkt im atherischen 01 eine noch unbekannte Verbindung, die im Verlauf der Keimung (nach 32 Tagen) bis zu 38 % des Gesamtiils ausmacht und dann langsam wieder abfallt. Da das Auftreten dieser Substanz an die Keimphase gebunden ist, schien ihre Identifizierung von besonderem Interesse. Diesem Bestreben standen jedoch die geringen Olmengen der Keimpflanze entgegen. Immerhin gelang es, ein IR-Spektrum der Verbindung aufzunehmen,
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K.
H.
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nach dem das Vorliegen eines ungesattigten Esters mit einer langeren alipathischen Kette wahrscheinlich ist (Abb. 3). Durch Hydrierung und anschlie.f3end erneute Gaschromatographie konnte der ungesattigte Charakter der Verbindung bestatigt werden. Aus dem gaschromatischen Verhalten la.f3t sich bei Annahme einer unverzweigten Kette au.f3erdem eine C-Zahl von 14 ableiten. Da der Vergleich mit zahlreichen synthetisierten Modellsubstanzen nicht zum Ziele fUhrte and fUr weitere Untersuchungen das Material nicht ausreichte, bleiben Struktur und Rolle dieser Verb in dung wahrend der Keimung zunachst noch ungewi.f3. Wie aus Tabelle 8 hervorgeht, verlauft die Bildung der C9 - und Cn-Korper wahrscheinlich unabhangig voneinander. DafUr spricht auch die Anderung des Blattols im Laufe der Ontogenese. Wahrend namlich bei den C9 - Verbindungen mit zunehmendem Alter die oxydierte Form (Nonanon-2) uberwiegt, nehmen bei den Cn Verbindungen die reduzierten Derivate Undecanol-2 und Undecyl-2-azetat zu. Diese Entwicklung ist in dem von der Tabelle 8 erfa.f3ten Zeitraum hinsichtlich der Cn -Verbindungen bereits deutlich ausgepragt. Einbau von 14C0 2 in Rautenpflanzen: Zunachst wurde in Vorversuchen die COz-Einbaurate in die Versuchspflanzen unter den fUr die Untersuchungen gewahlten Bedingungen ermittelt, urn so die Expositionszeit fUr einen moglichst hohen 14C0 2-Einbau festzulegen. Dies konnte am einfachsten in der fUr die spateren Versuche zusammengestellten Anordnung (vgl. Material und Methoden) mit ihrem abgeschlossenen Gasvolumen geschehen, indem eine bestimmte Menge 14COz in das System eingeschleust, und durch laufende Gasprobenmessungen die Abnahme der Radioaktivitat verfolgt wurde (Abb. 4). Aus der Kurve geht hervor, da.f3 nach etwa 100 Minuten kaum eine Aktivitatsabnahme mehr erfolgt. Damit lagen die maximale Expositionszeit fUr die eigentlichen Versuche fest. Es wurde jedoch fUr aIle Versuche eine etwas kurzere Expositionszeit, namlich 60 Minuten gewahlt, urn eine mogliche Abnahme der erst en nachweisbaren markierten Verbindungen zugunsten eventueller Folgeprodukte zu verringern. Die oberirdischen Teile der einzelnen Versuchspflanzen wurden im ersten Fall unmittelbar nach der Inkubation, die der zweiten Pflanze 3 Tage danach und einer dritten Planze eine Woche spater der Wasserdampfdestillation unterworfen. Die Aktivitat des aus dem ersten Versuch erhaltenen atherischen Ols betrug unter Umgehung der gaschromatographischen Trennsaule rund 60000 Impulse pro 5p,1 01. Nach der gc-Trennung zeigte sich, da.f3 die Hauptkomponente des Blattols (Nonanon-2) am starksten markiert, wahrend das homologe Undecanon-2 kaum radioaktiv war (Abb. 5). Wesentlich geringer als das Nonanon-2 waren auch dessen reduzierte Verbindungen Nonyl-2-acetat und in noch geringerem Ma.f3e Nonanol-2 markiert. Auf eine Berechnung der spezifischen Aktivitaten wurde verzichtet,
Abb. 3. IR-Spektrum der aus dem atherischen 01 des Keimlings isolierten Verbindung.
Flora, Abt. A, Bd. 158
Kubeczka, zu S. 535
Vergleichende Untersuchungen zur Biogenese fliichtiger Produkte usw.
537
da zunachst nur die Aktivitatsverteilung interessierte. Zwei weitere Versuche, bei den en die Aktivitat des Gesamtols ebenfalls in der Gro.Benordnung des ersten Versuches lag, bestatigten dieses Ergebnis. Danach erfolgt in dem bereits ausgeschiedenen atherischen 01 kein signifikanter Umbau der einzelnen Komponenten ineinander. Dagegen wird das 01 in dem untersuchten Zeitraum offensichtlich laufend in me.Bbaren Mengen und nahezu konstanter Zusammensetzung ausgeschieden, da auch weitere Versuche eine vollig gleichartige Aktivitatsverteilung ergaben. Die Gesamtaktivitat pro Volumeneinheit 01 nimmt jedoch infolge der Verdtinnung durch neusynthetisiertes 01 geringftigig abo Nach diesen Befunden kann das Undecanon-2 als Vorstufe des um 2 C-Atome ktirzeren Nonanon-2 ausgeschlossen werden, zumal seine Aktivitat in allen drei Versuchen ganz wesentlich unter der des Nonanon-2 liegt. Von einem kleinen Teil der Versuchspflanzen wurde aus den Blattern das Gesamtfett isoliert und die Fettsauren nach Umesterung mit Methanol-Schwefelsaure als Methylester radiogaschromatographisch untersucht. Erstaunlicherweise waren die einzelnen Fettsauren, die in den bereits zuvor beschriebenen Mengen vertreten waren, nicht radioaktiv (Abb. 6). Damit scheiden sie als unmittelbare Vorstufen der Methylketone eindeutig aus. Zu ahnlichen Befunden kommen LAWRENCE und HAWKE (1965) bei Untersuchungen des (P4C)-Azetat-Einbaus in Methylketone, die bei der Wasserdampfdestillation von Milchfett entstehen. Auch hier ist die spezifische Aktivitat der Imp/min 6000 5000
4000 3000
2000 1000
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 min. Abb. 4. Abnahme der Radioaktivitat des Inkubationsgases in Abhangigkeit von der Zeit (Bedingungen siehe Text).
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Abb.5. Radiogaschromatogramm des atherischen Rautenblattiils nach einstiindiger Inkubation mit 14 0°2. PEG 20 %, 2m, 96 N ml He/Min., 160 °0 (WLD) (Peak-Bezeichnungen vgl. Tabelle 1).
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Abb. 6. Radiogaschromatogramm der Gesamtfettsauremethyiester von Rautenblattern nach einstiindiger Inkubation mit 14C02 • DEGS 20%, 2m, 165 NmI He/Min., 220°C (WLD).
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K.
H.
KUBECZKA
Methylketone hoher als die der korrespondierenden C(ll+1)-Sauren, womit eine Entstehung durch den bei Schimmelpilzen aufgefundenen Mechanismus einer abgewandelten tJ-Oxydation hoherer Fettsauren hier vollig unwahrscheinlich wird. Es scheinen vielmehr sowohl die Methylketone des Rautenols, als auch die Methylketonvorstufen des Milchfettes Nebenprodukte der Fettsauresynthese zu sein, was auch die hohe Markierung des Nonanon-2 und die gleichzeitig kaum nachweis bare Aktivitat des homologen Undecanon-2 erklaren wurde, wenn man in diesem Wachstumsstadium eine Unterbrechung der Fettsauresynthese bei C-9 annimmt, wahrend in einem fruheren Stadium die Cn -Verbindungen bevorzugt synthetisiert werden und dann liegen bleiben. In anderen Teilen der Pflanze, wo Undecanon-2 die Hauptkomponente des atherischen Ols stellt, die Biosynthese also bis zur Bildung der Cn-Korper glatt verlauft, wie dies zur gleichen Zeit im Rautenperikarp der Fall ist, war Undecanon-2 am starksten markiert, wahrend das urn 2 C-Atome niedrigere Homologe ebenfalls, wenn auch geringer, markiert war. Eine Verschiebung in der Markierungsintensitat dieser beiden Verbindungen tritt auch bei den eine W oche nach der Inkubation aufgearbeiten Fruchten nicht ein. Diskussion
Als moglicher Entstehungsmechanismus fUr die im atherischen 01 def Weinraute vorkommenden Methylketone bietet sich vor aHem die tJ-Oxydation der entsprechenden C(ll+1)-Saure mit anschlie13ender Dekarboxylierung der intermediar gebildeten tJ-Ketosaure an (DAKIN 1908). Ein entsprechender Weg der Ketonbildung wurde bereits bei Schimmelpilzen nachgewiesen (z. B. THALER und GEIST 1939). In keinem Pflanzenteil von Ruta graveolens lie13en sich jedoch nennenswerte Mengen derjenigen Fettsauren nachweisen, die als Vorstufen der im atherischen 01 vorhandenen Methylketone in Frage kommen. Auch konnte in keimenden Samen keine Beziehung zwischen Fettsaureabbau und atherischer Olbildung festgestellt werden. Ferner war kein bevorzugter Abbau einzelner Fettsauren zu erkennen. Wie aus den Markierungsversuchen hervorgeht, wird daruber hinaus das bei Belichtung der Blatter in kurzer Zeit fixierte 14C0 2 im atherischen 01 vorwiegend in Nonanon-2 eingebaut, wahrend die Fettsauren im gleichen Pflanzenmaterial uberhaupt nicht und Undecanon-2 kaum nachweisbar markiert sind. Beide scheiden somit als Precursoren des Nonanon-2 aus. Der verschiedentlich in grunen Blattern nachgewiesene Fettsaureabbau durch a-Oxydation (STUMPF et al. 1959, HITCHCOCK et al. 1965) vermag ebenfalls keine Erklarung fUr die Entstehung der vorliegenden Methylketone zu geben. Damit kann eine Methylketonentstehung auf dem Wege des Fettsaureabbaus ausgeschlossen werden.
Vergleichende Untersuchungen zur Biogenese fliichtiger Produkte usw.
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Bei unseren Versuehen mit 14C02 konnten aueh keine markierten tJ-Ketosauren naehgewiesen werden, die von LAWRENCE und HAWKE (1966) als Vorstufen der dureh Destillation von Milehfett entstehenden Methylketone erkannt wurden. Es ware daher die Mogliehkeit zu erortern, daB die bei der Fettsauresynthese entstehenden tJ-Ketosauren im Gegensatz zum Milehfett nieht erst in Triglyzeride eingebaui, sondern unmittelbar zu Methylketonen dekarboxyliert werden. Eine die CO 2-Abspaltung katalysierende tJ-Ketoaeyldekarboxylase wurde von FRANKE und Mitarb. (1961) aus Pilzen isoliert. Diese besitzt bemerkenswerterweise ihr Wirkungsoptimum bei Kettenlangen von 12 C-Atomen. Da auBerdem gewisse Starungen des Fettsaurestoffweehsels bei Kettenlangen von C 10 bis C 12 besehrieben sind (STEINER 1957), konnte die Dekarboxylierungsreaktion ein AbflieBen des sieh moglieherweise anstauenden Lauryl-CoA bewirken. Damit wiirde die Pflanze iiber sine Mogliehkeit verfiigen, einer Drosselung der Fettsauresynthese dureh Riiekkopplung (LYNEN 1965) entgegenzuwirken. Bei der Frage naeh dem weiteren Sehieksal der gebildeten Methylketone konnen vor aHem Reduktion der Karbonylgruppe, Umwandlungen in homologe Ketone sowie ihr oxydativer Abbau in Erwagung gezogen werden. Hinweise fUr eine mogliehe Reduktion der Methylketone gibt die Zusammensetzung des atherisehen Blattols, in dem in der Tat die korrespondierenden Karbinole und vor aHem die Karbinylazetatc vertreten sind. Bei den Cll-Korpern iiberwiegen sie gegeniiber dem Undeeanon-2 deutlieh. 1m Gegensatz zu diesen Befunden am Blattal wird in der griinen Fruehtwand gleiehzeitig ein fast aussehlie.Blieh aus Methylketonen bestehendes 01 ausgesehicden. Ais Grund fUr diese auffaHenden Untersehiede diirfte moglieherweise ein versehicdenartiger Stoffumsatz in den beiden Organ en eine Rolle spielen, dessen Einzelheiten gegenwartig jedoeh nieht iibersehen werden konnen. Die iibersiehtliehe Zusammensetzung des vorwiegend aus den beiden homologen Ketonen Nonanon-2 und Undeeanon-2 bestehenden Perikarpols und die Tatsaehe, daB sieh das Verhaltnis dieser beiden Ketone wahrend der verhaltnismaBig raseh verlaufenden Fruehtreifung von anfanglieh 50: 50 bis zu etwa 5: 95 in der reifen Frueht vcrsehiebt, verspraehen AufsehluB iiber mogliehe Umwandlungen der Ketone ineinander. Wic bereits diskutiert, beruht aber diese Versehiebung im Mengenverhaltnis def beiden Hauptkomponenten im wesentliehen auf einer allmahliehen Anderung in der Zusammensetzung des neusynthetisierten Ols und auf den gleiehsinnig verlaufenden einseitigen Verlusten an C9-Korpern dureh Verdun stung. Dureh die Addition dieser beiden Vorgange kommt es zu der beobaehteten wesentlieh raseheren Versehiebung in der Olzusammensetzung als in den iibrigen Pflanzenteilen. Eine naehtragliehe Wiedereinbeziehung des einmal ausgesehiedenen Ols in den Stoffweehsel bzw. ein Umbau einzelner Komponenten ineinander konnte in keinem FaIle beobaehtet werden: Undeeanon-2 seheidet naeh den Markierungsversuehen als Vorstufe fiir Nonanon-2 aus, was aueh der umgekehrten Versehiebungstendenz 37
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zumindest bei der Fruchtreifung widersprechen wtirde. Umgekehrt lie13 sich aber auch keine Zunahme der Markierung von Undecanon-2 auf Kosten des niedrigeren Homologen nachweisen, wenn die Frtichte nach erfolgter Inkubation noch eine Woche auf der Pflanze verblieben und anschlie13end erst abgeerntet wurden. Das Markierungsverhaltnis der einzelnen Olkomponenten blieb konstant, unabhangig ob unmittelbar anschlie13end oder erst nach einer W oche geerntet wurde. Dies beweist, da13 ein rna sezerniertes 01 nicht signifikant we iter umgewandelt wird, was durch die yom allgemeinen Stoffwechsel isolierte Lage des atherischen Ols in den Olbehiiltern auch durchaus verstandlich erscheint. Ob dies auch ftir das atherische 01 in einzelnen Olzellen, wie es z. B. in der Rautenwurzel vorkommt, in gleichem Ma13e zutrifft, mu13 bis zur Aufklarung der atherischen Olzusammensetzung dieser Pflanzenteile dahingestellt bleiben. Das damit angesprochene Akkumulationsproblem fltichtiger Sekundarprodukte wird im zweiten Teil dieser Arbeit Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
Zusammenfassung 1. 1m atherischen Rauten61 wurden a-Pinen, Limonen, Cineol, p-Cymol, Nonanon-2, Nonyl-2acetat, Nonanol-2, Undecanon-2, Undecyl-2-acetat, Undecanol-2 als Inhaltsstoffe identifiziert und dariiber hinaus fi'-Pinen, Camphen, Linalool und Kampfer zum erst en Mal nachgewiesen.
2. Das atherische 01 der einzelnen Pflanzenteile erwies sich als sehr verschiedenartig und zeigte deutliche Beziehungen zum jeweiligen Exkretionsgewebe: Das 01 griiner Pflanzenteile wird in schizolysigenen Exkretbehaltern ausgeschieden und enthalt im Perikarp vorwiegend Methylketone, im Blatt und griinen Stengel auch noch deren korrespondierende Karbinole bzw. Karbinylazetate. In den nichtgriinen Teilen der Pflanze (Wurzel und verkorkter Stengel) erfolgt dagegen die Bildung eines nahezu ketonfreien Ols in einzelnen, im Rindenparenchym liegenden Olzellen. 3. Fiir die Anderung der atherischen Olzusammensetzung im Verlaufe der Ontogenese miissen vor allem in Friichten Verschiebungen in der Zusammensetzung des neusynthetisierten Ols und zusatzlich einseitige Abdunstungsverluste verantwortlich gemacht werden, wahrend enzymatische Veranderungen von bereits abgeschiedenem 01 nicht nachgewiesen werden konnten. 4. Bei der de novo-Synthese des atherischen Ols in keimenden Samen lieB sich keine Beziehung zwischen Fettsaureabbau und Methylketonsynthese feststellen. Laurinsaure als m6glicher Vorlaufer von Undecanon-2 konnte lediglich in Blatt und Wurzel in Spuren nachgewiesen werden. 5. Auch Markierungsversuche mit HC0 2 schlieBen den Fettsaureabbau als unmittelbaren Lieferanten von Vorstufen der Methylketone eindeutig aus; sie weisen vielmehr auf eine Biogenese dieser Verbindungen als Folge einer St6rung des normalen Fettsaureaufbaus mit anschlieBender Dekarboxylierung hin.
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Die vorliegende Arbeit ist ein Teil einer Dissertation der Fakultat fiir Naturwissenschaften II der Universitat (TH) Karlsruhe. Meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. E. SPRECHER, danke ich fiir die Anregung zu dieser Arbeit und deren standige Fiirderung durch wertvolle Diskussionen und Hinweise. Herrn Prof. Dr. H. KUHLWEIN miichte ich meinen Dank fiir die Bereitstellung des Arbeitsplatzes aussprechen. Mit Unterstiitzung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
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K. H. KUBECZKA
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