Zbl. Bakt. Hyg., I. Abt. Orig. A 246, 158-166 (1980) Klinikum der Univ. Heidelberg, Institut f. Med. Virologie und Chirurg. Klinik (Klin. Labor und Blutbank)
Virusspezifischer IgM-Nachweis mit Routinemethoden Virus-Specific IgM Proof with Routine Serologic Methods H.W. DOERR, R. FRETSCHNER und H.P. GEISEN
Eingegangen am 30. Juli 1979
Abstract By the use of a specific immunosorption to insoluble adsorbentia (controlled-pore glass, polystyrene particles) the separation of IgM and IgG is performed in serum specimens, which originate from patients presenting several virus infections (mumps, measles, cytomegalovirus, herpes simplex), for the virus-specific IgM proof with routine serologic methods (CFT, HIT, NT). The results are in a good agreement to them seen in the demonstration of significant titer rises to assure the diagnosis of acute mumps and measles infections by HIT rapidly. While the new technique is also successfully applied for the determination of neutralizing IgM and IgA antibodies to HSV, no sufficient results are available to detect CMV specific IgM antibodies by CFT compared to other methods (1FT, ELISA).
Zusammenfassung Ober eine spezifische Immunadsorption an unlOsliche Trager (controlled-pore glass, Polystyrolpartikel) wird die IgM/IgG-Trennung bei Serumproben von Patienten mit verschiedenen Virusinfektionen (Mumps, Masern, Cytomegalie, Herpes simplex) durchgefiihrt und fiir den virusspezifischen IgM-Antikorper-Nachweis mit virusserologischen Routinemethoden (KBR, HHT, NT) erprobt. Die Resultate belegen im Vergleich zur konventionellen Serodiagnostik (Bestimmung der Antikorperkinetik mit zwei oder mehr Serumproben zu einem Krankheitsfall) die Moglichkeit der Schnelldiagnostik mit dem Mumps- und Masern-HHT. Wiihrend die spezifische IgM- und IgA-Antikorperdiagnostik so auch beim NT (Beispiel Herpes simplex) anwendbar ist, fallen die Ergebnisse mit der CytomegalieKBR gegeniiber den Referenzmethoden (1FT, ELISA) unbefriedigend aus.
In der Virusserologie hat die Bestimmung spezifischer IgM-Antikorper standig an Bedeutung gewonnen, weil dadurch haufig die Diagnose einer akuten Virusinfektion ohne eine zeitraubende Antikorperkinetik ermoglicht wird. Bei Sauglingen in den ersten Lebensmonaten ist sie die serologische Methode der Wahl zur Differenzierung gegeniiber diaplazentar von der Mutter iibertragenen Antikorpern.
Virusspezifischer IgM-Nachweis
159
Fiir die Zwecke der taglichen Laboratoriumspraxis hat sich bisher im wesentlichen der auf einer spezifischen Anti-IgM-Reaktion beruhende Direktnachweis eingebiirgert, wobei streng ,u-Ketten-spezifische fluorescein-, radioaktiv oder enzymmarkierte Antikorper verwendet werden, urn das IgM zu identifizieren, das mit einem Tragerfixierten Antigen reagiert hat. Obwohl sich diese Techniken vielfach bewahrt haben, steht ihrer allgemeinen Verbreitung die Schwierigkeit einer adaquaten Antigenpraparation sowie die Notwendigkeit einer aufwendigen Ausriistung (Fluoreszenzmikroskop, Szintillationszahler) entgegen. Dies gilt auch fiir die neu entwickelten Testverfahren, bei den en zuerst die Immunadsorption des IgM aus einer Serumprobe und anschlieSend die Identifizierung der Antikorperspezifitat mit markierten Antigenen erfolgt (1, 12). Es wurde daher immer wieder angestrebt, iiber den Umweg der praparativen Immunglobulinfraktionierung den IgM -Antikorpernachweis mit allgemein gebrauchlichen virusserologischen Testmethoden (Komplementbindungsreaktion, Hamagglutinationshemmtest, Neutralisationstest) routinemaSig zu etablieren. Dies erscheint auch deshalb wertvoll, weil in der Vergangenheit die meisten relevanten serodiagnostischen und seroepidemiologischen Fragestellungen in der klinischen Virologie mit diesen Testverfahren bearbeitet worden sind und somit der Praktiker in der Bewertung seiner Laborbefunde auf festem Boden steht. Nachdem neuerdings einfache Verfahren zur raschen IgM-Isolierung bzw. alternativen IgG-Eliminierung aus einer Serumprobe beschrieben worden sind (10), sollen in der vorliegenden Arbeit diese Techniken fiir die Diagnostik auf Cytomegalie-, Masern-, Mumps- und Herpes-simplex-Virusinfektionen mit der Komplementbindungsreaktion, dem Hamagglutinationshemmtest und dem Neutralisationstest iiberpriift werden.
Methodik und Probanden a) Die Komplementbindungsreaktion (KBR) bei Cytomegalie (CMV), dem Herpessimplex-Virus (HSV) und bei Mumps, der Hamagglutinationshemmtest (HHT) bei Masern und Mumps sowie der Neutralisationstest (NT) bei HSV wurden in der Mikroplattentechnik durchgefiihrt (2). Fiir die KBR und den HHT benutzten wir kommerzielle Antigene" beim Mumps-HHT erfolgte eine Vorabsorption der Serumproben mit Kaolin zusatzlich zu derjenigen mit den Testerythrozyten. Fiir den HSV-NT verwandten wir den Virusstamm "McIntire" (HSV Typ 1) und humane embryonale Lungenfibroblasten, wie friiher beschrieben (6). b) Zur IgG-Elimination aus den Serumproben setzten wir "controlled-pore glass" (CPG) ein, an das entsprechend einer kiirzlich beschriebenen, auf Jungler (9) zuriickgehenden Technik spezifische Anti-IgG-Antikorper kovalent gekoppelt worden waren (7): Die in 10%igem Rinderserumalbumin + 15 m mol NaN3 gehaltenen CPG-Chargen wurden in 0,5 ml-Portionen (kompakter Glasmasse) mit je 0,2 ml Testserum (1: 3 in Veronalpuffer, pH 7,2, verdiinnt) + 0,01 ml Anti-D-Referenzserum gemischt und 1 h bei Raumtemperatur inkubiert. AnsehlielSend erfolgte eine Zentrifugation von 5 Min. bei 1500 g. Der Oberstand wurde bei CMV in die KBR, bei HSV in den NT eingesetzt. Zur AussehlulSpriifung eines unerwiinschten IgG-Restes fiihrten wir damit aueh einen Agglutinationstest mit humanen, papainisierten Erythrozyten der Blutgruppe Rh positiv dureh. Die Anfangsverdiinnung
°
1
Fa. Behring, Marburg.
160
H.W.Doerr, R.Fretschner und H.P.Geisen
des immunabsorbierten Testserums betragt ca. 1: 10, die der darin zugegebenen Anti-DAntikorper ca. 1:60 (Original-Anti-D-Titer 1:8000 (7)). c) Die Isolierung der IgM-Antikorper aus den Serumproben wurde, wie kiirzlich beschrieben (4), mit Hilfe von Polystyrolpartikeln, die mit ,u-Ketten-spezifischen Antikorpern beschichtet waren, in folgender Modifikation des Testansatzes durchgefiihrt: 0,05 ml Polystyrolpartikelsuspension 1 + 0,05 ml Testserum (nach der iiblichen Erythrozytenabsorption 1:2 verdiinnt) + 0,05 ml Heparin (Liquemin®) wurden gemischt und fiir 1 h bei Raumtemperatur inkubiert. Die Partikel mit den an ihnen haftenden Anti-,u-IgM-Kompi ex en wurden dreimal gewaschen (AuffiiIlen mit 1,5 ml isotonischem NaCI, Abzentrifugieren mit 7000 g fiir 1 Min.), in 100 fll Puffer (PBS pH 7,2) resuspendiert und in den HHT bei Masern und Mumps eingesetzt. Zur KontroIIe auf IgG-Kontamination der Partikel wurden 50 fll abgezweigt, mit 50,u1 Anti-Gamma-Antikorper-Peroxidase-Losung 2 (1 :50 in PBS verdiinnt) gemischt, fiir 1/2 h bei Raumtemperatur inkubiert und erneut in der angegebenen Weise dreimal gewaschen. Nach Zugabe von 0,5 ml Enzymsubstratlosung (1 mg 1,2-Phenylendiamin/l ml Sorensenpuffer (pH 6) + 0,3,u1 H 2 0 2 ) werteten wireinen braunen (schwarzen) Farbumschlag innerhalb 1/2 h bei Raumtemperatur als positiven IgG-Nachweis. d) Zum CMV-IgM-Nachweis wurde neb en der Methode der indirekten Immunfluoreszenz nach IgG-Reduktion (5) auch eine ELISA-Technik angewandt: 0,05 ml der o. a. Polystyrolpartikelsuspension + 0,05 ml Testserum (1:20 in PBS verdiinnt) wurden fiir II, h bei Raumtemperatur inkubiert, dreimal gewaschen und in 50 fll PBS resuspendiert. AnschlieBend Zugabe von 50 fll Peroxidase-markiertem CMV-Antigen (1: 6 in PBS verdiinnt) fiir 1 h bei + 37 DC (1, 12). Nach erneutem Waschvorgang wurde mit der o. a. Substratlosung die Enzymreaktion gestartet. Die IgG-Kontamination wurde ausgeschlossen durch ParaIleitestung mit Peroxidase-markiertem Anti-IgG, wie in c) angegeben. Zum AusschluB von Rheumafaktoren wurden die Proben mit dem RF-Latex-Test 1 untersucht. e) Die untersuchten Serumproben stammen aus der Labordiagnostik des Institutes f. Med. Virologie der Universitiit Heidelberg von Patienten mit zumeist typischer Symptomatik. Die Herpes-simplex-FaIle wurden einer friiheren Stu die entnommen (6).
Ergebnisse
a) Komplementbindungsreaktion (KBR)
Fur den spezifischen IgM-Antikorpernachweis mit der KBR wurde die IgG-Immunabsorption des Testserums mit Hilfe von "controlled-pore glass" (CPG), an das spezifische Anti-IgG-Antikorper kovalent gebunden sind, am Modell der Cytomegaliediagnostik erprobt. Diese Methode, die sich in der serologischen Rotelndiagnostik bewahrt hat (7), erscheint fur die KBR besonders geeignet, da die Elimination weiterer Immunglobuline entfallen kann; nur Immunkomplexe mit IgG und IgM aktivieren das Komplementsystem. Die Ergebnisse fielen jedoch enttauschend aus: Lediglich bei 2 Patienten mit sehr hoher CMV-IgM-Antikorperproduktion fanden wir ein positives Resultat (Tab. 1, Nr. I und II). Seine Spezifitat (IgG-AusschlufS) wurde durch den anti-D-Agglutinationstest und die radiale Immundiffusion nach Mancini gesichert. Der RF-LatexAgglutinationstest war in beiden Fallen negativ. Auch bei Verdoppelung der in die KBR-Tests eingesetzten Antigenmenge liefS sich kein zusatzlich positiver CMVIgM-Nachweis fuhren. 2
Fa. Fresenius, Homburg.
Virusspezifischer IgM-Nachweis
161
Tabelle 1. Zusammenstellung verschiedener serodiagnostischer Untersuchungen bei Patienten mit akuter Cytomegalieinfektion FallNr.
Zeitdifferenz der Blutentnahmezum Krankheitsbeginn
KBR VolIserum
1. 7 Tage 2. 15 Tage
2048 2048
1. 3 Tage 2. 12 Tage
III
reziproker Antikorpertiter Klinische KBRnach 1FT ELISA Angaben IgG-Elimi- auf mitder nation IgM IgMFraktion Colitis
32 J.
Hepatitis
18 J.
negativ negativ
Fieber (Zustand nach N ierentransplantation)
30 J.
64 128 256
positiv positiv positiv
Myokarditis
58 ].
negativ negativ negativ
16 64 128
negativ positiv positiv
Fieber
27].
negativ
64
positiv
negativ
64
positiv
Klinisch unauffalliges Neugeborenes
negativ
64
positiv
40 40
4096 4096
positiv positiv
8 256
negativ 10
32 1024
positiv
1. -17 Tage 2. 32 Tage
128 512
negativ negativ
neg. neg.
IV
1. 27 Tage 2. 37 Tage 3. 45 Tage
64 128 128
negativ negativ negativ
V
1. 14 Tage 2. 20 Tage 3. 33 Tage
16 256 256
VI
1. 3 T age nach
128 Geburt 2. 15 Tage nach 128 Geburt 3. 1 Monat nach 128 Geburt
II
Lebensalter
Die IgM-Isolierung in Form eines an eine Festphase gebundenen Immunkomplexes ist naturgemiiG nicht fur den Einsatz in die KBR geeignet. Zur Identifizierung von auf diese Weise isolierten CMV-Antikorpern haben wir daher die ELISA-Technik angewandt (1). Damit gelang parallel zu den Ergebnissen der indirekten Immunfluoreszenz in allen Erwartungsfallen der CMV-spezifische IgM-Antikorpernachweis (Tab. 1).
b) Hdmagglutinationshemmtest Nachdem der Wert der IgM-Immunadsorption fur die Serodiagnostik von frischen Rotelnvirusinfektionen gezeigt worden ist (4, 11), haben wir hier ihre Verwendbarkeit fUr den Mumps- bzw. Masern-spezifischen IgM-HHT gepriift und seine diagnostische Aussagekraft derjenigen einer Kinetik der komplementbindenden und hamagglutinationshemmenden Antikorper gegeniibergestellt. Es zeigt sich, dag in Einzelfallen mit dieser Methode eine verbesserte serologische Schnelldiagnostik der akuten Krankheit moglich wird, wenn bereits in der erst en Serumprobe der spezifische IgM-Nachweis gelang (Nr. II, VI, IX in Tab. 2, Nr. IV, V, X, XII in Tab. 3). Bei Masern erscheint der IgM-Test allerdings relativ unempfindlich, womit unsere friiheren
H. W.Doerr, R.Fretschner und H. P. Geisen
162
Tabelle 2. Zusammenstellung verschiedener serodiagnostischer Untersuchungen bei Patienten mit akuter Maserninfektion Fall- Zei tdifferenz Nr. der Blutentnahmezum Krankheitsbeginn
1. 2. II
reziproker Antikorpertiter KBR HHT HHT (IgM(Vollserum) Fraktion)
Klinische Angaben
Lebensalter
zu wenig negativ Serum positiv
Keratokonjunktivitis, Exanthem, Fieber
13Monate
8 Tage 18 Tage
2:: 128
1. 2. ? + 12 Tage
2:: 128
256 2048
positiv positiv
morbilli formes Exanthem 9].
16
128
negativ
Pneumonie, mobilliformes Exanthem
<4 8
III
1.
IV
1.
10 Tage
512
512
negativ
morbilliformes Exanthem 22Monate
V
1. 2.
6 Tage 32 Tage
<8 16
64 256
negativ negativ
Fieber, Exanthem, Konjunktivitis, Lymphknotenschwellung
VI
1. 2.?+14Tage
128 2048
2048 2048
positiv positiv
Pneumonie, partieller T-Zell-Defekt
6 J.
VII
1. ca. 3 Woo
1024
2048
negativ
Ausschlug Encephalitis bei Immunsupression
7].
32
128
negativ
morbilliformes Exanthem, nach Abklingen BKS 50/80, Leberwerte erhoht, GPT 90 IV, Linksverschiebung bei Leukopenie
14 J.
2:: 128
2048
positiv
Meningoencephalitis, morbilli formes Exanthem
VIII 1.
IX
1.
1 Tag
9 Tage
3].
21
J.
9].
Erfahrungen mit dem Einsatz der uber eine Dichtegradientenzentrifugation isolierten IgM-Fraktion in den Masern-HHT bestatigt wurden (unveroffentlicht). Die Spezifitat der IgM-Titer wurde durch die Vorinkubation der Testsera mit Merkaptoathanol (0,1 M fur 1 h bei + 37°C) gesichert, eine IgG-Kontamination an den zur IgMImmunadsorption verwendeten Polystyrolpartikel durch den ELISA mit Antihuman-IgG-Peroxidase ausgeschlossen. c) Neutralisationstest Dieser alteste und im Hinblick auf Immunitatsuntersuchungen immer noch wertvollste virusserologische Labortest wird i. a. nicht routinemafSig zur Diagnose einer akuten Viruserkrankung herangezogen. Eine Ausnahme bildet die Serodiagnostik solcher Virusinfektionen, wo andere Testtechniken (KBR, HHT) nicht zur Verfugung stehen oder relativ wenig effizient sind (z.B. Enteroviren).
163
Virusspezifischer IgM -Nachweis
Tabelle 3. Zusammenstellung verschiedener serodiagnostischer Untersuchungen bei Patienten mit akuter Mumpsinfektion FallNr.
Zei tdifferenz der Blutentnahme zum Krankheitsbeginn 1. 1 Tag 2.21 Tage
reziproker Antikorpertiter Klinische Angaben HHT KBR HHT (IgM(Vollserum) Fraktion)
Lebensalter
<4 :2: 128
64 512
negativ positiv
Parotitis unklarer Genese
15/16 J.
8 64
32 :2: 1024
negativ positiv
keine Angaben
16 J.
<4 32
64 :2: 1024
negativ positiv
Halslymph18 J. knotenschwellung
32 :2: 2048
:2: 1024 :2: 1024
positiv positiv
keine Angaben
5 J.
II
1. ? 2. ? + 24 Tage
III
1. 3 Tage 2.11 Tage
IV
1. ? 2. ? + 8 Tage
V
1. ? 2. ? + 11 Tage
4 32
:2: 1024 :2: 1024
positiv positiv
keine Angaben
7 J.
VI
1. ? 2. ? + 7 Tage
<8 32
128 :2: 1024
negativ positiv
Virusmeningitis
7 J.
VII
1. 9 Tage 2.19 Tage
<8 16
128 :2: 1024
negativ positiv
Parotitis epidemica, Orchitis
VIII
1. ? 2. ? + 9 Tage
32 256
:2: 256 :2: 256
negativ positiv
keine Angaben
IX
1. 7 Tage 2.14 Tage
16 :2: 256
128 :2: 1024
negativ positiv
Parotitis epidemica, Orchitis
24 J.
X
1. ? 2.?+14Tage
<8 32
64 512
positiv positiv
keine Angaben
3 J.
XI
1. 10 Tage 2.33 Tage
32 :2: 128
128 512
negativ negativ
Mumpsmeningitis
4 J.
XII
1. 11 Tage
64
512
positiv
keine Angaben
39 J.
21
J.
Am Modell der HSV-Serologie haben wir die Serumproben einiger Patienten, die im Rahmen einer friiheren Studie auf spezifische IgM-Antikorper nach der Immunglobulinfraktionierung mit der Dichtegradientenzentrifugation getestet worden waren (6), mit der Methode der IgG-Immunabsorption im NT nachuntersucht. Mit einer Ausnahme (Nr. V/2 in Tab. 4) zeigten alle Probanden das erwartete Ergebnis. Da durch den mitgefiihrten IgG-Marker (Anti-D-Antikorper) nur eine etwa 100-fache Reduktion dieser Immunglobuline nach dem Absorptionsvorgang zu belegen ist, und die Testserumverdiinnung 1: 10 betriigt, miissen Vollserum-Titer iiber 1: 1000 wie im Fall der Serumproben 3 und 4 von Nr. II in Tab. 4 auf eine IgG-Kontamination mit einer zusiitzlichen Technik (radiale Immundiffusion nach Mancini) untersucht werden. In dem o.g. Fall konnten IgG-Kontaminationen ausgeschlossen werden.
164
H. W. Doerr, R. Fretschner und H. P. Geisen
Tabelle 4. Zusammenstellung verschiedener serodiagnostischer Untersuchungen bei Patienten mit akuter Herpes-simplex-Infektion FallNr.
Zeitdifferenz der Blutentnahme zum Krankheitsbeginn
reziproker Antikorpertiter KBR NT NT (Vollserum) (nach IgGElimination)
Klinische Angaben
1. 9 Tage 2.12 Tage
512 256
300 240
positiv positiv
Enzephalitis
9 J.
II
1. 3 Tage 2.17 Tage 3.32 Tage 4.42 Tage
8 128 128 128
60 240 1280 1280
negativ positiv positiv positiv
Enzephalitis
16 J.
III
1. 2 Tage 2.13 Tage
4 256
<20 200
negativ positiv
Stomatitis aphthosa
4 J.
IV
1. 1 Tag 2.10 Tage
16 64
50 140
positiv positiv
Meningitis
48 J.
V
1. 1. Tag 2.10 Tage 3.28 Tage 4.56 Tage
8 16 32 32
<20 70 70 70
negativ negativ positiv positiv
Meningitis
11J.
Lebensalter
Diskussion In der Literatur findet sich eine Vielzahl von Untersuchungen, den virusspezifischen IgM-Nachweis uber eine Serumimmunglobulinfraktionierung mit Hilfe gangiger virusserologischer Testmethoden zu fuhren (zusammengestellt am Beispiel der CMVDiagnostik in (3)). Die bisher dafur angewandten Arbeitsmethoden - im wesentlichen Dichtegradientenzentrifugation oder Gelfiltration - sind zu arbeits-, zeit- und kostenintensiv, urn als echte Routinemethoden in die tagliche Laborpraxis Eingang zu finden. In dieser Studie haben wir mit Hilfe neu entwickelter Arbeitstechniken, die auf schnelle und einfache Weise die IgM/IgG-Trennung erlauben, das Thema erneut aufgegriffen. Die Ergebnisse stehen mit denen, die mit "konventionellen" Ig-Trennverfahren ermittelt wurden, in guter Obereinstimmung. So wiesen bereits Schneweis et al. (13) in einer umfangreichen Studie, in der sie die uber die Dichtegradientenzentrifugation isolierte Serum-IgM-Fraktion in KBR, HHT und NT bei verschiedenen Virusantigenen einsetzten, die relative Unbrauchbarkeit der KBR fur den virusspezifischen IgM-Test nacho Dies steht im Gegensatz zur erfolgreichen Durchfuhrung dieses Testansatzes, wenn bakterielle Antigene verwendet werden (8, 13). Fur die Unempfindlichkeit dieser Methode geben Cremer et al. (3) verschiedene, mehr spekulative Erklarungsversuche. Fur eine Blockierung der IgM- durch IgA-Antikorper in unserem System fanden wir keinen Anhalt, da alle Ergebnisse auch beim Einsatz der doppelten Antigenmenge in die KBR reproduziert wurden. Abgesehen davon stellt die Antikomplementaritat der mit der Immunabsorption yom IgG befreiten Serum probe eine zusatzliche Schwierigkeit fUr die KBR dar; sie tritt immer dann auf,
Virusspezifischer IgM-Nachweis
165
wenn die Abzentrifugation des CPG und die Abhebung des Dberstandes nicht sorgfaltig genug durchgefuhrt werden. Da die IgM-Immunadsorption fur die KBR nicht geeignet ist (Antikomplementaritat der an der Festphase gebundenen Immunkomplexe), haben wir bei den Cytomegaliefallen die ELISA-Technik angewandt, wobei Peroxidase-markiertes Antigen eingesetzt wurde. Die Durchfuhrung dieser Technik ist an anderer Stelle besprochen (1,12). Wahrend diese Methode ein fur die serologische Virusdiagnostik vollig neues Prinzip darstellt, lassen sich die hier dargestellten Arbeitstechniken zur Ig-Auftrennung erfolgreich auch in etablierte Systeme wie HHT und NT einsetzen. Unspezifitaten, wie sie bei unvollstandigen Waschvorgangen bzw. kleinen Waschvolumina auftreten konnen (11), wurden auch von uns unter dies en Bedingungen bei der IgMImmunadsorption beobachtet. Es hat sich bei unseren Untersuchungen gezeigt, daIS durch Zugabe von Heparin zum Patientenserum falsch positive Faile vollig vermieden werden konnen. Wir vermuten, daIS die ohne Heparin-Zugabe auftretenden Unspezifitaten bedingt sind durch Fibrinau£lagerungen, ausgelost durch eine Nachgerinnung. Die Kontrolle auf unspezifisch gebundenes IgG fiel in allen Testansatzen negativ aus, so daIS in der taglichen Laborpraxis darauf verzichtet werden kann. Fur die IgMlIgA-Bestimmung nach Immunabsorption des IgG ist mit wechselnden unspezifischen IgM-Verlusten zu rechnen (maximal bis zu 40% ; (7)), die i. a. nicht zu einer Titerreduktion fuhren konnen. Bei jeder Serumprobe sollte die tatsachliche Elimination des IgG iiberpruft werden, was sich durch Mitfiihrung von Anti-D-Antikorpern als Marker leicht bewerkstelligen lalSt. Da bei der IgM-Isolierung mit Hil£e der Polystyrolpartikel der Verlust von Antikorpern dieser Ig-Klasse nicht im einzelnen untersucht wurde - dies bleibt gewohnlich auch bei der Methode der Dichtegradientenzentrifugation unberucksichtigt - haben wir in dieser Studie keine Austitration der IgM-Antikorper im HHT durchgefuhrt, obwohl dies technisch leicht moglich ware (4, 11). Eine zusatzliche, klinisch relevante Aussage ergibt sich dadurch i.a. nicht.
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