Weitere Untersuchungen über Druckholz und Zugholz

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Weitere Untersuchungen aber Druckholz und Zugholz. Von Ernst Munch. Mit 11 Abbildungen im Text. Mein Befund 1), daB geotropische Aufrichtung verholzt...

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Weitere Untersuchungen aber Druckholz und Zugholz. Von Ernst Munch. Mit 11 Abbildungen im Text.

Mein Befund 1), daB geotropische Aufrichtung verholzter Sprosse beim Nadelholz durch VerHingerung des neugebildeten Holzes auf der U nterseite, bei den Laubh6lzern aber durch V e r k ti r z u n g desselben auf der 0 b e r s e i t e des schief stehenden Sprosses bewirkt wird, grtindet sich auf dem Nachweis del' Spannungen, die in solchen Sprossen bestehen und zu Langenanderungen fUhren, wenn die Widerstan de gegen diese Uingenanderungen durch Zersagen oder Einkerben beseitigt werden. Wenn auch schon die bisherigen Versuche keine andere Deutung zulieBen, waren weitere Untersuchungen tiber den eigenttimlichen Krtimmungsmechanismus, besonders tiber das unterschiedliche Verhalten von Laubholz und Nadelholz, doch erwtinscht. lch habe deshalb die im ersten Abschnitt folgenden weiteren Versuche angestellt. AuBerdem war der Vorgang der Streckung der Druckholzfasern, den ich bisher nur hypothetisch behandeln konnte, auch mikroskopisch aufzuklaren. Untersuchungen dartiber sind im zweiten Teil mitgeteilt.

l. Physiologische Versuche. Stamme verschiedener Baumarten von 1/ 2-7 m Hohe wurden im Frtihjahr vor Vegetationsbeginn schief gestellt. Die darauf erfolgende geotropische Aufrichtung des orthotropen Stammes beginnt bei den Baumen an den neuen, noch krautigen Langstrieben, die sofort die senkrechte Richtung einschlagen und in wenigen Tagen erreichen. Die Aufrichtung greift dann auch auf die tieferen, schon verholzten Teile tiber; die Krtimmung schreitet hier aber nur langsam nach unten fort, weil der starre Holzkorper del' Aufkrummung einen starken Wider1) Diese Zeitschrift 132, 1938, 357.

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stand entgegensetzt. Immerhin wurde es bei wuchsigen Fichten, Douglastannen und Kiefern mehrmals erreicht, daB nach clem ersten Sommer schon eine Stammstrecke von 1-2 m mit 3-4 Internodien deutlich aufgekrummt war. Die weitere Behandlung der Versuchsbaume bestand clarin, daB ich an den schiefgestellten Stammen entweder die Oberseite oder die Unterseite clurch Abschalen von Rinde und Kambium entblOBte, so claB hier kein neues Holz gebildet werden konnte. Die Wunden wurden mit einer Mischung von Vaseline und Lanolin gegen Austrocknung unci Pilzinfektion geschutzt, was sich sehr bewahrte. Die erwarteten Unterschiede zwischen LaubhOlzern unci NacielhOlzern im Mechanismus der geotropischen Aufrich tung traten bald hervor unci waren nach AbschluB del' Vegetation im Herbst sehr cleutlich.

a) NadelhOlzer. In Fig. 1 ist der Stamm (Pinus peuce) am obersten Jahrestrieb auf der Unterseite, am zweiten auf der Oberseite und am dritten wiecler auf der Unterseite gescbalt. Nur der oberseits geschalte StammFig. 1. Stamm von Pinus peuce, im Friihteil hat eine Aufkrummung jahr schief gestellt und am vorjailrigen Jahresausgefuhrt, und zwar bis zu trieb unterseits, am zweijailrigen oberseits und am dreijahrigen wieder unterseits geschiilt, einem Winkel von 36°, was fUr worauf sich nur der zweijahrige Jahrestrieb einen verholzten SproB von aufgekriimmt hat. dieser Starke eine ungemein starke Krummung in einem J ahr bedeutet. Dagegen ist an clen un ters e its geschalten Stellen jecle Krummung ausgeblieben, auch am obersten Jahrestrieb, der ohne solche Behandlung am ehesten unci starksten reagiert batte.

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In einigen Fallen bog sich der unterseits geschalte oberste Jahrestrieb sogar etwas abwarts (Fig. 2), wahrscheinlich aber nur infolge Lastkrummung, weil er infolge der einseitigen Schalung nicht genug Holz bilden konnte. Die Aufkrummung oberseits geschiilter Nadelholzsprosse war besonders kraftig, wenn auBer der Rinde und dem Kambium auch ein Teil des Holzkorpers weggeschnitzt worden war, so daB der Widerstand des vorhandenen Holzkorpers gegen die Verbiegung verringert war. Darauf ist es zuruckzufuhren, daB in dem FaIle Fig. 1 die Aufbiegung des oberseits geschalten Stammteiles so stark ist, wahrend sich die ungeschiilte unterste Strecke uberhaupt noch nicht gekrummt hat. Wenn der apikale Teil eines schiefgestell ten N adelholzstammes durch fortgesetzte Aufrichtung des basalen Teiles in Uberkrumm u n g kommt, d. h. uber die senkrechte Lage hinausgeschoben wird, so beginnt er bald mit einer gegenlaufigen KrummungsbeweFig. 2. Stamm von Pseudotsuga Douglasii, vorgung, indem die nunmehr jahriger Jahrestl'ieb unterseits, zweijah1'igel' obe1'auf die Unterseite geratene seitR geschalt, nul' del' letztere aufgekl'iimmt. Stammseite Druckholz ausbildet und sich verlangert. Del' Stamm erreicht auf diese Weise unter Schlangenbewegungen die senkrechte SteIIung. Bei oberseits geschalten Stammen ist das nicht moglich, weil auf der geschiilten Seite die Moglichkeit der Druckholzbildung fehIt, wenn diese Seite durch die Uberkrummnng nach unten zu liegen kommt. Die Uberkrummung wird deshalb nicht ausgeglichen, wie in mehreren Fallen von Pinus peuce

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zu sehen war. Die Folge ist, daB die oberseits geschlilten N adelholzstamme schlieBlich viel starker gekrummt sind als unbehandelte bei der gleichen Schragstellung, und dauernd ubergekrummt bleiben. Der Versuch verlief grundsatzlich ganz gleich bei Pinus peuce, Picea excelsa und Pseudotsuga Douglasii (Fig. 2). Ganz gleiche Ergebnisse hatten Versuche mit Asten von Nadelholzern. 1m Fruhjahr wurden 3 m lange Stamme von Pinus peuce im dritten Jahrestrieb geringelt, so daB die Aste des nachst unteren Quirls zur geotropischen Aufrichtung angeregt waren. Diese Aste wurden zugleich in der Weise behandelt, daB die Rinde, das Kambium 3 1 und eine dunne Holzschicht bei einigen Asten auf der Astoberseite, bei ande4 2 ren dagegen auf der Astuntel'seite dul'ch Abschlilen beseitigt wurden. Einige Aste blieben unbehandelt. Als weitel'e KontroHe diente ein ahnlichel' Baum, der in gleicher Weise am Stamm Fig. 3. Pinus peuce, Stamm geringelt, Aste 1 und 3 obergeringelt wurde, an seits, Ast 4 unterseits gescbalt, Ast 2 unbebandelt. Starke Aufkrummung bei 1 und 3, scbwache Aufkrummung bei 2. den Asten aber unAst 4 ohne Kriimmung. behandelt blieb. Bis zum Herbst hatten sich die unbehandelten Kontrollaste (Fig. 3, Ast 2) ein wenig, zum Teil so weit aufgerichtet, daB der drittunterste J ahrestrieb senkrecht stand. Viel starker war die Aufrich tung an den oberseits geschlilten Asten (Fig. 3, Ast 1 und 3). Sie hatten sich am untersten Jahrestrieb so stark gekrummt, daB sich am zweituntel'sten eine Uberkrummung von 10° und 30° uber die Vertikale hinaus ergab. Die 0 beren Teile del' zweitun tersten Jahl'estriebe hatten dabei einen Winkel von 50-100° durchlaufen. Dagegen blieb die SteHung der unterseits geschlilten Aste (Ast 4

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in Fig. 3, ein weiterer ist im Bilde durch den Stamm verdeckt) v511ig unveriindert. Die Unterschiede im MaBe del' Aufrichtung wurden auch durch die folgende Einrichtung VOl' Augen gefiihrt. Zwischen jedem Ast und clem Stamm wurde eine Schnur gespannt. Wenn keine Aufrichtung erfolgte, blieb diese Schnur straff (Fig. 3, Ast 4); wenn sich del' Zweig aufbog, wurde sie schlaff (Fig. 3, Ast 1). Auf die Wiedergabe del' Winkelmessungen VOl' und nach clem Versuch muB ich verzichten, weil die Aufrichtung in den einzelnen Jahrestrieben del' Aste ungleichmiiBig erfolgte, so daB die bloB en Winkelangaben kein richtiges Bi1d ergeben wiirden. Bei weiteren Versuchen mit Pinus peuce, Picea excelsa und Pseudotsuga wurde nicht die Oberseite odeI' die Unterseite, sondern die rechte odeI' die linke Flanke des schiefgestellten Stammes geschiilt, wobei auch die iiuBeren Schichten des b10Bgelegten Holzes weggeschnitzt wurden. Infolgedessen konnte sich Druckholz auf del' Unterseite nul' einseitig ausbilden. Aus dem Verliingerungsdruck desse1ben und dem Widerstand des schon vorhandenen Holzes ergab sich eine Druckkomponente mit horizontaler Richtung und eine Kriimmung nach rechts odeI' links in del' Richtung zur geschiiIten Seite. Wurde diese Schii1ung an den aufeinanderfolgenden Internodien abwechselnd rechts und links ausgefiihrt, so entstand im Laufe des Sommers ein geschliingelter Wuchs des Stammes. Diese Krlimmungen waren abel' erwartungsgemiiB nul' schwach, meist kaum merklich.

b) LaubhOlzer. Schwieriger waren die Versuche mit La u b h 51 z ern, wei 1 diese weniger scharf geotropisch reagieren als die Nade1h01zer. Eine Aufrichtung erfolgt bei LaubhOlzern liberhaupt nul' bei miiBiger Schiefstellung und dann natlirlich nur mit flacher Krlimmung. Wenigstens ist es so bei gr5Beren, libel' etwa manneshohen Stiimmen; jlingere Pflanzen reagieren lebhafter. Wird del' Stamm libel' ein gewisses MaB hinaus niedergebogen odeI' ganz umgelegt, so richtet er sich meistens liberhaupt nicht auf, vie1mehr stellt er sein Liingenwachstum und groBenteils auch sein Dickenwachstum ein und bildet einen del' Aste zum Ersatzstamm ausl), odeI' es entstehen auf del' Oberseite des umge1egten Stammes Proventivsprosse, die die Fiihrung iibernehmen. Eine Auf1) Bei NadelMlzern kommt eine Umbildung von Asten zu Ersatzstammen nach Umlegen des Hauptstammes zwar auch vor, doch bleibt die Aufkrtimmung des Stammes wenigstens im oberen Teil auch dann nicht aus. 4 Flora, Ed. 134.

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richtung des Wipfels zur Senkrechten erfolgt nur dann, wenn die Spitze des schiefgestellten Stammes nicht tiefer zu stehen kommt als die Spitze eines der Aste. Das Sinusgesetz gilt also fiir Laubholzstiimme, wenn iiberhaupt, h6chstens in ganz engem Bereich bei klein en Neigungswinkeln. Deshalb gelangen nur Versuche mit Pappeln, RoBkastanien, Salweiden und Eschen, die in einem miiBigen Winkel von etwa 300 gebogen wurden. Sie wurden teils oberseits, teils unterseits geschiilt, teils als Kontrollen nicht weiter behandelt. Bei einem solchen Versuch mit 2jahrigen, 2--3 m hohen Pappeln (Stecklingspflanzen von Populus berolinensis), der am 27. Juli begonnen wurde, richteten sich die Stamme bis zum Herbst noeh sehr deutlieh auf, auch wenn sie auf der Unterseite gesehiilt waren. Der in Fig. 4 naeh links geneigte Stamm ist auf der ganzen Strecke, die sieh gekriimmt hat, auf der Unterseite entrindet, wobei aueh eine diinne Lage Holz weggesehnitzt ist. Aueh hier ergab sieh, daB die Kriimmung starker ausfiel und die Kriimmung der unbehandelten Kontrollen iibertraf, wenn beim SeMIen der Unterseite zugleieh eine Sehieht des Holzes beseitigt wurde (Fig. 4). Aueh hier ist innerhalb der gesehalten Stammstreeke die Gegenkriimmung naeh der Uberkriimmung ausgeblieben. Infolge der Beseitigung des Kambiums konnte sieh kein Zugholz ausbilden, Fig. 4. Von den beiden gekreuzten Pappelstammen hat naehdem der apikale Teil der gesehiilten sich der nach links geneigte, Streeke infolge der Uberkriimmung auf die der auf der linken (unteren) Seite gesch!ilt ist, starker aufOberseite geraten war. gekriimmt als der andere, Wenn dagegen der Stamm nur auf der ungeschalte. o be r e n Seite geschiilt wurde, unterblieb auf der so behandelten Streeke jede Aufkriimmnng, wahrend die niehtgesehalten Stammteile die erwarteten Kriimmungen hoehstens im gleiehen MaRe wie die unterseits gesehiilten, zum Teil aber deutlieh sehwaeher, ausfiihrten.

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Nur in einem Fall, an der verholzten Basis eines noch dunn en Gipfeltriebes des laufenden J ahres, trat auch bei einem 0 be r s e its geschalten Pappelstamm eine schwache Aufkrummung auf. Dieser Fall klarte sich in folgender Weise auf. Die Schiilung hatte sich hier auf die Beseitigung der Rinde und des Kambiums beschrankt, wahrend der Holzkorper unversehrt blieb. Das noch unfertige J ungholz, das im gleichen Sommer schon gebildet war, konnte sich dann Ul1ter dem Schutz des Anstriches noch in Zugholz umbilden. Wie die mikroskopische Untersuchung nach AbschluB des Versuches ergab, bestand das bloBgelegte Holz del' Oberseite zum groBten Teil aus ausgepragten Zugholzfasern mit ungemein stark ausgebildeter tertiarer Wandschicht. Diese Zugholzschicht war, wie ich annehme, stark genug, um durch ihre Kontraktion den an der geschiilten Stelle dunn gebliebenen Zweig krumm zu biegen. Wenn diese Annahme zutriift, liegt damit ein Beweis dafur vor, daB die Verkurzung der Zugseite des Sprosses nicht yom embryonalen Kambium, sondern von den Zugfasern wahrend der Ausbildung und Verdickung ihrer Wandschichten erfolgt. Der Versuch solI deshalb wiederholt werden. An den unterseits entrindeten Laubholzstammen bildete sich nach der Schragstellung aus dem oberseitigen Kambium eine starke Lage von Zugholz CWeiBholz) ebenso wie an unbehandelten Stammen, wahrend die oberseits geschiilten Laubholzstamme aufder Unterseite ihr Dickenwachstum ebenso herabsetzten wie die ungeschalten. Dementsprechend, nur gerade umgekehrt, verhielten sich die NadelhOlzer. Bei oberseitiger Schiilung entstand bei diesen auf der Unterseite wie bei ungeschiilten Stammen nach der Schiefstellung ein sehr stark verbreiterter Jahresring von Druckholz (Rotholz), bei unterseitiger Schalung blieb der Jahresring auf der Oberseite ebenso schmal wie ohne Schiilung. (In extremen Fallen unterbleibt bekanntlich auf der SproBseite, die dem Reaktionsholz gegenuberliegt, das Dickenwachstum vollstandig.) Mein friiheres Ergebnis ist damit auf ganz anderem Weg abermals bewiesen: Geotropische Aufrichtungen geschehen durch Langenanderungen des wahrend der Reizung neugebildeten Reaktionsholzes, bei NadelhOlzern durch Verlangerung und Langsdruck des unterseitigen Rotholzes, bei Laubholzern durch Verkurzung und Langszug des oberseitigen WeiBholzes. Der schmale Zuwachs der Stammseite, die dem Reaktionsholz gegenuberliegt, und beim Nadelholz als WeiBholz mit stark abweichendem Faserbau diiferenziert, beim Laubholz aber nicht wesentlich yom gewohnlichen Holz verschieden ist, ist nicht oder 4* ,

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wenigstens nieht in naehweisbarem MaBe aktiv an del' Aufkrummung beteiligt. Das fertige, schon VOl' del' Reizung vorhalldene Holz wirkt nUl' als Hilldernis gegen die SproBkrummung. Bei meinen zahlreiehen Vel'suehen dieser und ahnlieher Art ergab sieh noeh eine weitere Beohaehtung, die Erwahnung verdient. In allen Fallen, in denen ein Baum, sei es Laubholz odeI' Nadelholz, vor Vegetationsbeginn sehief gestellt oder ganz umgelegt und in dieser Riehtung den Sommer iiber g-ehalten wurde, blieb del' Langenwuehs del' Gipfeltriebe, in geringerem MaBe aueh der wei tel' unten ansetzenden Seitentriebe, ungewiihnlieh kurz. Die Gipfeltriebe wliehsiger Fiehten, die ohne Eingriff 60-80 em lang geworden waren, blieben naeh der Sehiefstellung meist nur fingerlang. In maBigem Grade ist das Kurzbleiben der Gipfeltriebe aueh in Fig. 1 und 2 zu sehen. Bei Laubholzern war die Verkiirzung der Spitzentriebe ebenso auffallend. Bei stark, unter etwa 45° schief gestellten Pappeln war iiberhaupt ein allgemeines Nachlassen des Wachstums am ganzen Baum zu beobachten. Sie blieben hinter unbehandelten Naehbarbaumen bedeutend in der Lange und zum Teil aueh in del' B1attgroBe zuriick. Es handelt sich urn die gleiche Erscheinung, die in del' Spaliergartnerei benutzt wird urn durch Schief- oder Querstellung das vegetative Waehstum zu unterdriicken. Ieh nehme an, daB diese Beeintrachtigung darauf beruht, daB das Kambium des Stammes zur Ausbildung del' ungemein breiten Ringe von schwerem, substanzreichen Druck- odeI' Zugholz soviel Bildungsstoffe vOl"wegnimmt, daB fiir die Langstriebe zu wenig iibrig bleibt. Die Ursache diirfte in der Verlagerung des 'Vuchsstoffes infolge der geotropischen Reizung zu suchen sein.

2. Zur Mikroskopie des Druckholzes der Nadelholzer. Naeh meiner Annahme (1938, S. 387) kommt del' naehhaltige Uingsdruek des Druekholzes, del' sehlieBlieh zur SproBkrummung fUhrt, dadurch zustande, "daB die Druekholzfasm:n bei ihrer Entstehung aus dem Kambium zu einer solehen Lange anwaehsen, daB sie in dem verfUgbaren Raum nul' gestaucht und gepreBt Platz haben", und daB sie auch nieht in del' Lage sind, sieh dadurch beliebig zu verlangern, daB sie sich dureh gleitendes Waehstum zwischeneinander sehieben. Diese Annahmen kann ieh jetzt aueh mikroskopiseh belegen. Spaltet man das Druckholz (Rotholz) irgendeines Nadelholzes auf, so fallt schon bei Betrachtung mit bloBem Auge odeI' mit del' Lupe auf, daB die Fasern nieht wie beim gewohnliehen Holz odeI' beim WeiBholz geradlinig parallel, sondern gekrummt und gewunden liegen. Die Krummungen verlaufen sowohl in del' Radial- wie in del' Tangentialebene (Fig. 9). Sehwachere Krummungen diesel' Art scheinen sieh in mikroskopisehen Diinnsehnitten bald ziemlieh auszugleiehen. Zum Teil abel' sind sie so stark, daB sie groBenteils aueh in Dauerpraparaten erhalten bleiben und gut abgebildet werden konnen. Die mikrophoto-

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e Fig. 5. Tracheidenenden im Radialschnitt, a, b Normalholz, c bis f Drnckholz (Rotholz). a bis e Pinus peuce, f Picea excelsa. Knickllng, Stallcllllng und Kriimmung der Rotholztracheiden. I

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graphische Wiedergabe ist allerdings ziemlich schwierig, weil die Kriimmungen meist nicht aIle in der Schnittebene verlaufen. Deshalb wurde bei cler Abbildung cler Kriimmungen die zeichnerische Darstellung bevorzugt (Fig. 5-8). Besonders stark weichen die Enden der Holzfasern von der geraden Richtung ab. Sie sind oft stark im Bogen oder kriickstockartig, besonders in der Radialrichtung, zur Seite gedrangt (Fig. 5 d, 10), oft formlich geknickt, gestaucht, verbeult und eingedellt (Fig. 5, 6), manchmal auch ortlich aufgeblaht Fig. 6. Verwickelte Stauchungs- und Kriimmungsoder verengt (Fig 5 e, 8). form en im Druckbolz von Pinus peuce, Radialschnitt. Unverkennbar sind diese Formen Folgen des vergeblichen Bemiihens der Holzzellen, gegen den Widerstand des schon vorhandenen Holzes in die Lange zu wachsen, wobei einzelne Fasern und Fasergruppen eine solche Verlangerung erfahren, daB durch den von ihnen ausgeiibten Langsdruck ibre eigene Knick-, Druck- oder Biegefestigkeit, stellenweise sogar ihr Widerstancl gegen radiale Ausweitung durch Stauchung iiberscbritten wird. Durch ortliche Haufung solcher Formen entstehen Fig. 7. Druckbolz von Pinus peuce im Querstellenweise ganz dramascbnitt mit verbogenen Tracbeiden, die im Scbnitt tische Bilder des Kampfsebief getroffen sind. gewiibls (Fig. "6, 10, 11), die den Streit der wachsenden Druckholzfasern urn den zu engen Raum eindrucksvoll darstellen. Verbiegungen der Faserenden finden sicb sehr oft

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in radialen Reihen, starke UnregelmaBigkeiten wie in Fig. 6, 10, 11 dagegen meist nesterweise gehauft. Solche UnregelmaBigkeiten sind am besten im radialen Langsschnitt zu sehen, da die Verbiegungen der Faserenden meist in der Richtung des Stammradius verlaufen. 1m SproBquerschnitt finden sich die verbogenen Fasern schief getroffen, so daB sie mehr oder weniger langlich erscheinen und einseitig ihre spiralig gestreifte Innenwand erkennen lassen (Fig. 7). Zuweilen sieht man auch, wie die Tracheidenenden sich zwischeneinander keilen und durch gleitendes Wachs tum sich zu verHingern Fig. 8. Druckholz von Abies pectinata mit suchen, was meist auf unfiberwind- verbogenen und gestauchten Tracheiden. lichen Widerstand sWBt, zuweilen aber auch zur Folge hat, daB benachbarte Tracheiden voneinander gespalten und zur Seite gedrangt werden (Fig. 11 unten links). Demgegenfiber sind beim normalen Holz (Fig. 5a, b) die Tracheidenenden nicht oder nur wenig in der Radialrichtung zur Seite gebogen, und ist der Verlauf der fibrigen Faserteile ganz oder Fig. 9. Druckholz von Pinus peuce tangential. Gekrlimmter fastganz geradlinig. Faserverlauf. I

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Besonders ausgepragt fand ich Knickungen und Stauchungen von Druckholzfasern bei Pinus peuce, die ich wegen ihres scharfen Geotropismus, und weil zufallig reichlich Versuchbaume zur Verfiigung standen, viel zu meinen Untersuchungen verwendete. Dei Pice a

excelsa, Pinus silvestris, Pseudotsuga Douglasii, Abies pectinata, Chamaecyparis Lawsoniana fand ich diese Formen seltener, dafiir aber mehr weitausholende oder auch ganz kurzwellige KriimmunFig. 10. Druckholz von Pinus peuce, radial. Stauchung gen im ganzen Faserund Kriimmung der Faserenden. verlauf (Fig. 8). Es ist klar, daB das so sichtlich gestauchte Holz einen elastischen Langsdruck ausiiben muB und, weil es nur einseitig auf der SproB-

Fig. 11.

Wie Fig. 10.

Links unten gleitendes Wachstum von Faserenden.

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unterseite auftritt, zur Aufkrummung fuhrt, sobald es sich durch den fortgesetzten Kambialzuwachs zu genugend dicken Schichten angesammelt hat. Besonders ist das anzunehmen von den Fasern und Faserteilen, deren Elastizitatsgrenze durch den Langsdruck nicht uberschritten ist, weniger von den geknickten und stark seitlich verbogenen Teilen. Diese aber sind wei taus in der Minderzahl. Zusammenfassung.

Mit neuer Methode wird bewiesen, daB geotropische Aufkrummungen verholzter Sprosse beim Nadelholz nur durch Verlangerung der Unterseite, beim Laubholz dagegen nur durch Verkurzung der Oberseite bewirkt werden (Fig. 1-4). Der Langsdruck der in die Lange wachsenden Druckholzfasern verschiedener NadelhOlzer fiihrt inhlge der inneren und auBeren Widerstande in vielen Fallen zu den in Fig. 5-11 abgebildeten Knickungen, Stauchungen und Verbiegungen.