J. Insect Physiol., 1968, Vol. 14, pp. 87 to 96. Pergamon Press Ltd. Printed in Great Britain
WEITERE UNTERSUCHUNGEN ZUR KENNZEICHNUNG DES AKTIVATIONSHORMONS DER INSEKTENHAUTUNG* MANFRED GERSCH und JORG S T U R Z E B E C H E R Zoologisches Institut der Universit/it Jena, DDR
(Received 18 .~uly 1967) Abstract--Separation of water extracts of brains of the cockroach Periplaneta americana with gel-filtration on Sephadex G-75 resulted in two components with biological activity of the activation hormone. One component is Neurohormone D. The other range is a protein (so called Factor II) whose molecular weight is estimated in comparison with other substances to be 20,000 to 40,000. This part could be separated by fractionation on Sephadex G-100 into two active factors. These factors were found in lower amounts in the extracts of the ventral chain. The results obtained allow no definite conclusion as to the nature of the activation hormone but strongly indicate its protein nature. EINLEITUNG VON DEN drei Hormonen, die an der Steuerung der Insektenentwieklung beteiligt sind, bestehen fiir das Aktivationshormon nach wie vor die unklarsten Vorstellungen. Dieses ist dabei das erste Hormon, das bei Insekten wie iiberhaupt bei Wirbellosen ermittelt und dessen Bedeutung fiir die Anregung der H/iutungsprozesse bereits mit der ersten Untersuehung eindeutig ermittelt werden konnte. Die Unsicherheiten der Kennzeichnung des Aktivationshormons beginnen bereits mit dem Terminus selbst. Die im angels/iehsisehen Sehrifttum allgemein fibliche Bezeichnung 'brain hormone' erscheint nieht hinreiehend eindeutig, seitdem bekannt ist, dass im Gehirn der Insekten mehrere Neurohormone yon vermutlich unterschiedlicher Wirksamkeit produziert werden. Ausserdem kann-wiederum im Hinblick auf andere Erfahrungen der Produktion yon Neurohormonen der Insekten--nieht vorurteilslos und ohne sorgf~ltige experimentelle ~berprfifung angenommen werden, dass das Gehirn alleiniger Ort der Bildung des Aktivationshormons ist. Die in dieser Hinsieht zweideutigen Befunde sind bisher meist nur in einer Riehtung er6rtert oder fiberhaupt kaum beaehtet worden (vergl. GImSCH, 1963, 1964). Hinsiehtlich der Natur des Aktivationshormons stehen sich noch zwei Auffassungen gegenfiber. Einerseits soil das aus dem Gehirn yon Bombyx mori extrahierte 'brain hormone' ein Lipid darstellen, das als Cholesterol angesprochen wurde (KoBAYASHI et al., 1958, 1962a, b). Diese M6gliehkeit er6rtert auch * Mit Untersttitzung dutch die S~ichsischeA.kademie der Wissenschaften zu Leipzig. 87
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M A N F R E D GERSCH UND JbRG ST~RZEBECHER
GILBERT (1964). Neuerdings rtiumen KOBAYASHIund YAMAZAKI(1966) ein, dass das Aktivationshormon aueh Peptidanteile enth~h. Die Auffassung yon der Peptidnatur des Aktivationshormons wurde yon Anfang an von GERSCH(1961, 1962) und yon ICmKAWAund ISmZAKI(1961, 1963) vertreten. Unsere frfiheren Befunde bezogen sich auf Neurohormon D, das aus Extrakten des Zentralnervensystems der Sehabe Periplaneta americana gewonnen women war (G~.RSCH et al., 1960) und ffir das sieh Hinweise ffir eine gewisse Entwieklungsanregung gezeigt hatten. Die jetzigen Untersuchungen stfitzen sich auf die inzwisehen gewonnenen Erfahrungen bei Anwendung neuerer Trennungs verfahren. Daher wird die Frage fiber das Vorkommen yon Substanzen, die eine dem Aktivationshormon entspreehende Aktivit~it aufweisen, erneut geprfift und diskutiert. MATERIAL UND TECHNIK Ausgangsmaterial der Fraktionierung bildeten Extrakte des Gehims und vergleichsweise des Bauchmarks von Periplaneta americana, die an Sephadex G-75 und G-100 (Pharmacia Fine-Chemicals, Uppsala) filtriert wurden. Verarbeitung: Gehime bzw. Bauchganglienketten von 170 oder 200 Tieren in 2 ml Aqua dest. homogenisiert, dann bei 5000 U/min zentrifugiert und der Rfickstand mit 1 ml Aqua dest. nochmals homogenisiert und zentrifugiert. Anschliessend Einengung der vereinigten klaren ]3berst~nde im Vakuum-Rotationsverdampfer bei 40°C auf etwa 0,5 ml. Nach nochmaligem Zentrifugieren wurde die Mare L6sung auf die S~iule gegeben. (S~iulenabmessung: 15 x 700 mm bei Sephadex G-100, 9 x 750 mm bei Sephadex G-75, Durchflussgeschwindigkeit: 10 ml/h bei G-100 bzw. 12,5 ml/h bei G-75, Elufionsmittel: 0,01 n-Ammoniak.) In einem Versuch (Serie 4) erfolgte die Extraktion mit 70%-igem Athanol. Die Fraktionen wurden zu 2,5 ml (G-75) bzw. 5 ml (G-100) gesammelt und zur Injektion sp~iter teilweise zusammengefasst. Vor der Injektion wurde das Elutionsmittel irn Vakuum-Rotationsverdampfer enffernt und der Rfickstand mit Insektenringer aufgenommen. Dabei entsprach die Substanzmenge, die in eine Antheraea-Puppe injiziert wurde, stets den Anteilen von 10-15 Gehimen bzw. Bauchganglienketten. Von allen Fraktionen wurden spektrophotometrisch die Proteine mit dem Folin-Reagenz nach Lowry et al. (1951) und die Aminos~iuren mit der yon MOORE und STEIN (1954) modifizierten Ninhydrinreaktion bestimmt, sowie die biologische Aktivit~it am Nerven von Periplaneta (GrascH und RICHTER, 1963) getestet. Bei einer Serie wurde die 'Tanning-Akfivit~it' an Calliphora erythrocephala geprfift. Ffir jede der Untersuchungen wurde den Fr'aktionen eine acht Gehirnen entsprechende Flfissigkeitsmenge entnommen. Testmaterial ffir die Frage der H~iutungsanregung bildeten enthirnte Puppen von Antheraea pernyi. Frfihere Versuehe mit Bombyx und mit Antheraea (GERsCH, 1963, unverSffentlieht) hatten ergeben, dass 'Enthirnung' nicht ausnahmslos 'Dauerpuppen' bedingt. Daher wurde das Testmaterial vor dem Versuehsbeginn besonders fiberprfift. Die Entwieldungsfiihigkeit der enthirnten Puppen konnte zuniiehst dureh Injektion yon Eedyson erwiesen werden: Von zwanzig zum
DAS AKTIVATIONSHORMON DER INSEKTENH)~UTUNG
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Zeitpunkt der Ecdyson-Injektion 4 Monate ahen 'Dauerpuppen' zeigten 5 Wochen danach ffinfzehn Tiere mehr oder weniger deutliche Anzeichen der Entwicklung. Von ihnen waren drei als Falter geschlfipft, ffinf weitere voll entwickelt, jedoch nicht geschlfipft. Alle Injektionsversuche erfolgten im Winter (Januar/Februar) bei anschliessender Hahung der Puppen in einer Klimakammer bei 25°C, 600/0 Luftfeuchtigkeit und 12 h Tag-Nacht-Rhythmus. Nach Versuchsabschluss wurde der Zustand des Gehirns der Versuchspuppen histologisch fiberprfift, um mSgliche Regenerationserscheinungen und dadurch bedingte Beeinflussung in die Beurteilung miteinbeziehen zu k/Snnen. Die biologische Aktivit/it der Nervenextrakte wurde in vier Versuchsserien untersucht: Serie 1 und 2: Auftrennung der wiissrigen Extrakte mittels Sephadex G-75, Kennzeichnung der Fraktionsbereiche sowie ~berprfifung der biologischen Aktivit~t. In Anlehnung an die frfiheren Befunde (G~scR und STORZ~BECHra~, 1968) konzentrierte sich dies vor allem auf Neurohorrnon D, die beiden anderen am Nerven aktiven Bereiche und den Tanning-Faktor. Serie 3: Vergleich der einzelnen Fraktionen, die nach Auftrennung yon w~issrigen Gehirn- und Bauchmarkextrakten an Sephadex G-100 gewonnen worden waren. Serie 4: Extraktion des Gehims mit Alkohol (70%) und dann wiederum Gelfiltration sowie Untersuchung der einzelnen Fraktionen auf ihre biologischen und chemischen Eigenschaften. VERSUCHSERGEBNISSE
Serie 1 und 2 Die Fraktionierung der w~issrigen Gehirnextrakte erfolgte an Sephadex G-75. Die Ergebnisse dieser Versuchsgruppe sind in Abb. 1 zusammengefasst dargestelh. Die Auswertung der Serie 1 (mittleres Diagramm) erfolgte 52 Tage, die yon Serie 2 (unteres Diagramm) 51 Tage nach Injektion der teilweise zusammengefassten Fraktionen in die enthirnten Antheraea-Puppen. Es ist erkermbar, dass in beiden Serien 2 Fraktionsbereiche Faktoren enthalten, die gehirnlose Puppen zur Entwicklung bringen. Aus dem oberen Diagramm ist ersichtlich, dass beide entwicklungsphysiologisch aktiven Bereiche positive Proteinreaktion zeigen. Das trifft besonders ffir die Fraktionen 20-25 ml zu, Beide Fraktionen zeigen ebenso wie auch eine weitere h6her molekulare Proteinfraktion (zwischen 15 und 20 ml) positiven Nerventest (Abb. 2). Dieser erwies sich ffir die erste Ermittlung der aktiven Zonen als sehr wertvoll. Der TanningFaktor erscheint im hochmolekularen Bereich. Bei engerer Fraktionierung l~st er sich yon der am Nerven aktiven Zone in diesem Bereich unterscheiden. Die hier erreichte Trennung an Sephadex G-75 entspricht unseren frfiheren Ergebnissen (GERsCHund STLIRZEBECHER,1968; GERSCH,1968). Dort wurden die am Nerven aktiven Fraktionsbereiche zwischen 15 zu 20 ml als Faktor I u n d zwischen 20 zu 25 ml als Faktor II bezeichnet. Im Bereich um 30 ml liegt Neurohormon D. In Serie 1 sind offenbar Anteile des Faktors II unscharf aufgetrennt worden. Hieraus dfirfte sich die geringe positive Aktivit~it der Fraktion zwischen 15 und 20 ml erkl~ren. In Serie 2 ist sie nicht vorhanden.
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Die Notwendigkeit kritischer Bewertung der Befunde wird aus dem Verhahen der Kontrollen in Serie 1 erkennbar. Die hier aufgetretene Entwicklung ist auf Gehirnregeneration zurfickzuffihren, wie die histologische L~berpriifung ergab. Dies kann jedoch f~r die Versuchspuppen ausgeschlossen werden. Die geschliipften
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ABB. 1. Fraktionierung yon w ~ s r i g e m Gehirnextrakt an Sephadex G-75 (jeweils 200 Gehime). Oberes Diagramm: Biologische Aktivit~lten und spektrophotometrische Bestimmungen (Serie 1 und 2 zusammengefasst). - - , Aktivit~it am Phallusnerv yon Periplaneta; . . . . . , Tanning-Aktivit§t an Calliphora; . . . . . . . . , Protein-Bestimmung mit Folin-Reagenz (Extinktion bei 750 nm); , Bestimmung mit Ninhydrin Reagent (Extinktion bei 570 nm). Mittleres und unteres D i a g r a m m : Ergebnis der Injektion in enthirnte Antheraea-Puppen bei Serie 1 und 2. (Die Breite der Siiulen entspricht den zusammengefassten Fraktionen.)
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vollst~ndige Entwicldung;
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Falter wurden ebenfalls histologisch daraufhin mit allerdings negativem Ergebnis untersucht.
Serie 3 Es wurden yon 170 Periplaneta americana die w~issrigen Extrakte von Gehirn und Bauchmark getrennt an Sephadex G-100 chromatographiert. Das zusammengefasste Ergebnis der Versuchsgruppe fiir Gehirnextrakt zeigt Abb. 3, ffir Bauchmarkextrakt Abb. 4. Durch den Nerventest markiert, treten wieder drei Bereiche in Erscheinung, zwischen 80 und 100 ml liegt Neurohormon D. Dies ist besonders ffir den Gehirnextrakt deutlich, w~ihrend sich die Verh~iltnisse beim Bauehmarkextrakt wohl infolge der dort gr0sseren Materialmasse fiberlappen. Jede Fraktion wurde in zehn enthirnte Antheraea-Puppen injiziert. Die Auswertung erfolgte 50 Tage nach Injektion.
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ABB. 3. Fraktionierung des w ~ s r i g e n Extraktes yon 170 Gehirnen yon an Sephadex G-100. Zeichenerkl~ung siehe Abb. 1.
Periplaneta
Die durch die Fraktionen ausgeRisten entwicklungsphysiologischen Erscheinungen lassen sich wiederum mit zwei durch ihre Nervaktivitiit gekennzeichneten Faktoren in Beziehung bringen (Abb. 3). Dazu erscheint bei 40 zu 50 ml im Bereich hochmolekularer Proteine eine dritte Zone mit Entwicklungsanregung, die in Serie 1 und 2 nicht auftritt. Da Sephadex G-100 eine wesentlich gr6ssere Ausschlussgrenze hat (Molgewichtsgrenze 100.000, im Gegensatz zu 50.000 bei Sephadex G-75) wird vermutet, dass der bei Trennung an Sephadex G-75 mit Faktor II bezeichnete Bereich hier noch weiter aufgetrennt wurde.
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MANFRED GERSCHUND JORG STIJRZEBECHER
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