Über die Bedeutung des Milchsafls der Pflanzen

Über die Bedeutung des Milchsafls der Pflanzen

Ober die Bedeutung des Milohsafls der Pflanzen. Von Hans Kniep. Mit 2 Abbildungen. I. Einleitung. Allgemeines. Die Frage nach der Bedeutung des fur v...

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Ober die Bedeutung des Milohsafls der Pflanzen. Von Hans Kniep. Mit 2 Abbildungen.

I. Einleitung. Allgemeines. Die Frage nach der Bedeutung des fur viele Pflanzen so charakteristischen Milchsafts ist trotz der sehr zahlreichen dariiber angestellten 1Jntersuchungen eine zurzeit noch so gut wie pffene. Abgesehen von den alteren Arbeiten von S c h u 1t z - S c h u It zen s teD, Un g e r, Mol den h a u e r, T r ecuI u. a., welche sich namentlich auf den anatomischen Bau und die Entwicklungsgeschichte der Milchrohr~n beziehen und dem Stande der damaligen Kenntnis gemafs uber deren Funktion im allgemeinen nur wenige, zum Teil heute nicht mehr diskutable Hypothesen enthalten, hat man in neuerer Zeit vielfach versucht, der Losung dieser Frage naher zu kommen. 1) DieUntersuchungen zeigen jedoch so wenig Ubereinstimmendes, selbst in den wichtigsten Punkten, darB es schwer ist, dengegenwartigen Stand unserer Kenntnisse in wenig Worten zusammenzufassen. A prIori sind fur die Bedeutung des Milchsafts im Leben der Pflanze verschiedene Moglichkeiten gegeben. So liegt es nahe,· daran zu denken, dafs erbei der Ernahrllng des gesamten Organismu8· aine wesentliche Rolle spielt. Man hat, um diese Ansicht zu begrunden, zunachst auf die chemisehe Zusammensetzung des Milchsafts hingewiesen. So mannigfach diese. bei den verschiedenen milchsaftfiihrenden, PBanze. ist, so larst sich doch so viel sagen, dars organische Substanzen, welche der PHanze als N ahrung dienen konnen ,stet8 darin enthalten sind. Leider sind unsere Kenntnisse von der quantitativen Beschaffenheit der Milchsafte nooh reoht diirftige, die relativ wenigen Analysen, die bekannt sind, reichen aber aus, urn von ihrer allgemeinen chemischen Beschaffenheit wenigstens ein ungefahres Bild 1) Vo·n einer ausflihrlichen, historisch-kritischen Behandlung der sehr umfangreichen Literatnr kann hier umsomehr abgeaehen werden, ala diese sich in zablreicbenAbhandlungen zusammengestellt findet. fiber die iiltere Literatur vergleiche man Han s t e i~, Die Milcbsaftgefiifse, Berlin 1864, fe~ner D a v id, fiber die Milcbzellen der Enpborbiaceen, Moreen, Apocynaceen nnd Asclepiadaceen. Diss. Breslau 1872. Die neuere Literatur iindet sich angegeben in Haberlandt, Physiol. Anatomie 2. Aufl. 1896 page 342, Anm. 13, ferner in P fe ffe r, Pflanzenphysiologie 2. Auf!. Bd. I, pag.593J4, am vollstandigsten bei Chimani, Untersuchungen liber Ban und Anordnung der Milcbrohren etc. Bot. Centralbl. 1895 Bd.61. Flora 1905. 9

130 zu geben. Es sei hier nur folgendes angefiihrt: N ach Wi e s n e r setzt sich der Milchsaft von Euphorbia cyparissias aus folgenden Bestandteilen zusammen: Wasser 72,3. % mehl, Weinsaure, A pfelHarz 15,72 saure, Farbstoffe) 4,13 0 / 0 Gummi 3,64 Eiweifs 0,14 Kautschuk . . 2,73 Asche. 0,98 Zucker und Extrakti vstoffe . (d. h. ather. Ole, Starke,

Berechnet man dies in Prozenten der Trockensubstanz, so ergibt sich: Harz . 57 , 50°/ 0 Extraktivstoffe Zucker 1520 °10 , Gummi 13,14 Eiweifs 051 , ' Kautschuk . 10,00 Asche. 359 ,

+

,

Der Milchsaft von Ficus elastica enthalt nach lyse folgende Bestandteile: Wasser, Kautschuk '. In Alkohol, nicht aber in Ather losliche Harze . Magnesiasalz einer organischen Siiure In Wasser losliche, nicht naher bestimmte Substanz Dextrin, Kalk, Natronsalze

Ad ria ni S1) Anai. d. Troeken-

82,30 % ' 8ubstanz 9',57 .?9,90 0/0 1,58 11,54 0,36 2,63 , 2,18 15,93 Spuren. 1m konservierten Milchsaft von Galactodendron utile treten nach B 0 u S 8 i n g au 1t 2) folgende Substanzen auf: Wasser 58 % Wachs S) und verseifbare Substanzen 83,81 % , 35,2 Casein, Albumin . 1,7 4,05 Erden, Alkalien, Phosphate 0,5 1,19 U nbestimmtes 1,8 4,29 Erinnert sei hier ferner an die Zusammensetzung des 'getrockn'eten Milchsaftes von Papaver somniferum (Opium). Er enthalt nicht weniger als durchschnittlich 20 % Alkaloide, von denen hisher 18 verschiedene bekannt geworden sind (die wichtigsten sind Morphin, Narcotin, Codein, Narcein, Papaverin); die iibrigen ca. 80 % bestehen aus Wasser (9-14 %), Schleimen, Pektinstoffen, Eiweifs, Wachs, 1) In Verh. over de Guttapereha en Caoutsehoue. Utrecht 1850, 2) In Comptes rendus T. 87. 3) Naeh }l'o Ii s e h (Studien liber den Mileh- und Schleimsaft, J ena 1901) handelt es sich hier um einen kautschukahnlichen Stoff.

131 Kaut~chuk, lfarh- ~nd Riechstoffe,n, Salzen.!): . Starke."und Gel'~l!Iall!~R­

sind. nicht darin enthalten (vgl. Wi e 13 n e r, Die Rohstoffe. des Pflanzenreichs 2. Auff. 1903 Bd. I)... Aus den genannten Analysen verschiedener Milchsafte geht schon bei 0 berflachlicher Betrachtung 80 viel hervor, dafs Stoffe wie. Kautschuk, Guttapercha, Harze etc., welche, soweit wirnach dem gegeR,,: wartigen Stande unserer Kenntnisse mit ziemlicher Sicherheit ~~geQ konnen, fUr den Stoffwechsel der Pflanzen bedeutungslos sind,2) in den Milchsaften in weitaus grofserer Menge enthalten sind - als diejenigen, welche im allgemeinen als Nahrstoffe fungieren (Eiweifs, Starke, Zucker, Fette). Spricht dieser Umstand schon gegen die hOlle Bedeutung der, Milchrohren ala Behalter von Bildungsstoffen, so ist doch zu bedenken, dars ein Riickschlufs von derquantitativen: Zusammensetzung des Milchsafts auf die Funktion,. die er verric~tet, nur dann statthaft ist, wenn das phy~iologische Experiment dariiber keinenZweifel . lafst. . Die _im . Milchsaft vorkommende Starke, der Zucker, die Eiweifssubstanzen etc .. konnten, auch wenn siesich nur in geringer Menge finden, sehr wohl der Ernahrung der iibrigen .Gewebe dienen und die ~i1chrohren zu Lcitungsorganenplastischer Substanz~n sternpeln, welche hehenbeidie Aufbewahrung unniitzer Stoffwechselprodukte iibernehmen; doch wiirde selbst in dem Falle, dafs der Gehalt an diesen Subatanzen ein noch weit grofserer ware,der direkte Beweis hierfiir urn. so notiger erscheinen, als Zucker· und andere sog. Nahrstoffe sehr haufig als Endprodukte des Stoffwechsel~ auftreten, urn biologischen Zwecken· zu dienen. 3) Man hat die .Richtigkeit . der Annahme· von der p4ysiologi~9h~n Bedeutupg des Milchsaftesauf verschiedenem Wege wahrscheinlic4 zu mach en gesucht. Einmal bot sich nach Begriindung derphysiologischell Anatomie durch S c h wen den e r und H abe r I and t die Methode der anatomischen Unter,suchung, welche inner4alb .gewisser Grenzen Riickschliisse· auf physiologische . Funktionen gestattet. Gestiitzt· auf Angaben von deB a r y, nach welchen bei einige'n Pflanzen (Cichoriaceen, Papaveraceen, Campanulaceen) eine ausgesprocbene 1) Es war mfr leider nicht ,moglich,in der Literatur Angaben iiber den

Prozentgehalt an den letztgenannten Stofi'en zu finden. Organi~che Niihrstofi'e scheinen jedoeh nur in geringer Mengeauf~utreten. 2) Siehe Pfeffer, Handbneh12.Aufl. pa.g. 501. Die aufkeine. Experimente gestiitzten, wenig begr;iindeten Vermutungen. Gauehers (Ann. se.nat. 8e ser. bot. Tom. 12, 1900, page 246 ff.) erscheinen nicht geeignet, diese Annahmez~ .widedegen. 3) V gl. hiezu auch A .. L e b 10 is, Canaux SeCretElUrS et poches secretrices. Ann. 8e. nat. 7e ser. Tom. VII, 1887 ,page 314. 9*

132 Korrelation zwischen dem Milchrohrensystem und dem der Siebrohren besteht, derart, dars bei reichlicher Ausbildung der Milchrohren die Siebrohren zuriicktreten und umgekehrt, hat man sich zu der Annahme berechtigt geglauht, dars beide Systeme sich in ihrer Funktion gegenseitig vertreten, dars also die Milchrohren in den FlUlen, in denen sie in ihrer Ausbildung die Siebrohren iiberwiegen oder letztere sogar fehlen, die Leitung der plastischen Stoffe iibernehmen. Eine weitere Korrelation haben Haberlandt, 1) nach ihm Pirotta und Marcatil i ,2) neuerdings auch G a u c her S) zwischen Milchrohren und Leitparenchym gefunden (Euphorbien, Hypochaeris etc.). Da nach den Angaben der genannten Forscher das Leitparenchym·· bei den Pflanzen, die im Bastteil sehr viele Milchrohren enthalten, hiiufig bedeutend reduziert erscheint, da ferner die Milchrohren zu demAssimilationsgewebe der Blatter oft in sehr enger Beziehung stehen, so schliersen sie, dars die Milchrohren in hervorragendem Marse beider Ablei~ung der Assimilate ta~g sind. Ich werde im Verlaufe dieser Arbeit GeIegenheit haben, auf diese Untersuchungen und ihre Deutung· zuriickzukommen. We it erfolgreicher, weil sicherere Ergebnisse versprechend, mufs von vornherein die zweite Methode, die des physiologischen Experiments, erscheinen. Sie ist namentlich von Han s t e in, ') Fa i v r e 5) und ·S c bull e r u s 6) angewandt worden und hat zu verschiedenen Resultaten gefiihrt. Han s t e i n kommt auf Grund einiger Ringelungsversuche zu dem Ergebnis, dars die Milchrohren die Funktion der Siebrohren nicht ersetzen konnen. Hiermit in Widerspruch stehen die Befunde Fa i v reB, der iihnliche Experimente anstellte, aber auch auf anderem Wege bewiesen zu haben glaubt, dafs die Milchrohren Behilter von Reservematerial sind. So fand er, dara der Milchsaft 1) H abe rIa n d t, Zur physiologischen Anatomie der Milchrohren. Sitzungsber. d. K. Akad. der Wissensch. Wien. 87. Bd. 1883. 2) Pi rot t a und Mar cat iIi, Sui rapporti tra si vasi laticiferi ed il sistema assimilatore nelle piante. Annuario dell' Istituto botanico di Roms. Vol. II. 1885. 3) Gaucher a. a. O. 4) Han s t e in, Die Milchsaftgefiifse etc. Berlin 1864. 5) Fa i v r e, Recherches sur Ia circulation et Ie role du latex dans Ie Ficus , elastica. Ann. sc. nat. 5e serie. 1866. - Derselbe. Etudes Bur Ie latex du murier blanc. Ann. sc. nat. 5e serie, bot. 1868. - Derselbe. Rech. sur Ie latex etc. chez l'embryon du Tragopogon porrifolius. Comptes rendus T. 88, 1879, page 269 u. 369. 6) S c hull e r us, lIber die pbysiol. Bedeutg. des Milcbsaftes von Eupb. Lathyris. Abh d. bot. Vereins d. Provo Brandenh.. XXIV. 1882.

183 von M 0 r u 8 a Ib a in iippig vegetierenden Pfianzenteilen diinnfiiissig und substanzarm wird; das Gleiche zeigte sich bei Keimlingen von Tragopogon porrifolius , die unter Bedingungen kultiviert wurden, welche die Assimilation der Kohlensiure ausschliefsen. Hauptsachlich Versuche an Keimlingen sind es aucb, welche S c hull e r u szu der .. Uberzeugung fiihrten, dafs der Milchsaft ein Bildungssaft ist. Er wihlte als Objekte E u p h 0 r b i a -Arten, namentlich E. La t'h y r i s. Inwiefern die aus all dies en Beobachtungen gezogenen Schlufsfolgerungen berechtigt sind, wird im zweiten Teile dieser Abhandlung naber erortert werden, in welchem die Frage nach der physiologischen Bedeutung des Milchsafts behandelt werden solI. Erkennt man diese letztere nicht oder nicht in dem U mfange, in dem es Fa i v r e und S c hull e r us wollen, an,' so bleibt als weitere Moglichkeit nur die, die Milchrohren als Exkretbehilter 1) aufzufassen. Es fehIt nicht an Autoren, welche diese Ansicht vertreten oder fiir wahrscheinlich halten, wenngleich weitaus die Mehrzahl der Forscher, die iiber die Bedeutung des Milchsafts gearbeitet haben, geneigt ist, ihm in erster Linie eine physiologische Funktion zuzuschreiben. Doch auch diese letzteren mussen sich fragen, wie es sich el'klart, dafs der Gehalt an Harzen, Kautschuk, Alkaloiden etc., kurz an Korpern, welche aus dem Stoffwechsel ein fiir allemal ausgeschaltet sind, 2) ein so hoher ist. Hat der Milchsaft wirklich ausschliefslich eine physiologische Funktion, dann bleibt nichts anderes ubrig, als die Exkrete fur vollig nutzlose Produkte zuhalten, die zufallig in den Milchrohren abgelagert werden. Gesetzt, diese Meinung entsprache den Tatsachen, so konnte man der Pfianze den Vor.wurf nicht ersparen, dafs sie iufserst wenig okonomisch wirtschafte; denn so viel wir wissen, werden die Harze etc. unter grofsem Aufwand von Kohlehydraten gebildet. 3) Was hatte also diese Verschwendung fur

..

1) Das Wort Exkret ist hier im ,rein physiologischen Sinne gebraucht; es sind darunter Ausscheidungsprodukte zu vel'stehen, welche nicht wieder in den Stoft'wechsel gerissen werden. 2) S. hieriiber auch T s chi r c h, Milchsaft- bzw. Gummiharzbehalter etc. in Arch. d. Pharm. XXIV. 1886, pag.818. S) Vgl. F ran k, Pflanzenkrankheiten, 1. Bd., 2. A.ufl., 1895, pag. 41 if., besonders pag. 42 und 48, wo die Fraga nach der Herkunft des Harzsafts del' Coniferen (einer Losung von Harzen, d. h. Oxydationsprodukten von Terpenen in Terpentinol) behandelt wird. Es kann danach, sowie nach den Untersuchungen von Strasburger (Leitungsbahnen, 1891, page 4ff.) kein Zweifel sein, dars del' Harzsaft aus Nahrmaterial, besonders aus Starke, welche den die Harzbehalter umgebenden Zellen zugefiihrt wird, entsteht. Hierfiir spricht auch die Tatsache, dars das TerpentinOl die kohlenstoifreichste Substanz del Baumes iat. F~r die

134 ,

'

eillc'il Si~n,' wenn . si,e 'eirizig und allein zu dem~ Resultate fiihrte, Stoffe;: welclie fur" die"PH~n~e einen hohen 'N'iihrwert besitzen, in s'olehe, zu verwandeln, 'die' ihr zu niehts mehr hiit'ze sind? , ." 'Man wird jede'nfalls zugeben miissen, dafs dann eine"Erklarung der· phylogenetisehe~Entwiekhmg der Milehsaftbehalter yom Standpunkte' der Deszendenz~ und Selektionstheorie aus zum mindesten auf erhebliehe' Sehwierigkeiten stofsen nlUfs. Aueh di~ ho'he Eritwieklungsstufe ~es Milehr~hrensystems in 'den verschiedenen, zum Teil im natjirlichen System weit auseinanderstehendenPflanzenfamilien deutet riiit EntsehiedEmlieit darauf hin, dars es sieh urn eine alte, derPflanze niitzliehe, Akquisition liandelt, w~leho sieh im Laufe der Zeit" dureh Anslese vervollkommnet hat. Waren die Milchsafte, insbesonde~e die darin in g,rotser::Menge vorl1and'enen Kautsehuk- und Harzstoffe .vollig wertlose, Produkte, so liefse 'sieh nieht einselH~n, weshalb sie der das Untaugliehe' und Seh~digende- beseitigenden Wirkung der 'natiirliehen Zuehtwahl mit so' grofser 'Energie widerstanden haben. ' Allein ,mit Riieksieht auf den im allgemeinen sehr hohen'Gehalt anfiir die Ernahrung der Pflanze wertlosen'Substanzen mag eS'daher bereehtigt erselieinen, die. Frage aufzuwerfen, ob' nieht der Milehsaft i~ andere~ als rein physiologi~eher Beziehung de~ -'Pflanze Dienste leistenkanll. Soweit ,mir bekannt, ist die Meinu~g, 'dafs demMilehsaft" eine okologisehe Bedeutung zukomme, in allgemeinerer. Form bisher nur von de V r i e s 1) und S t a h I 2) ausgesproehen worden. In A~alogie mit dem Harze der N adelholzer, dem de V r i e s hauptsachlich den Zweek ztlsehreibt, den Wundverschlufs zu besorgen, glaubt er eine, ahnliehe Bedeutung fiir den Milehsaft annehme~' zu miis~ep. S t a h I dagegen halt die Milehrohren fiir Sehutzorgane gegen Tiera, ,eine Ansicht, die fiir versehiedene spezielle FaIle schon wahrseheinlieh 'gemaeht worden ist. Sehr bekannt sind z. B. die mehrfaeh untersuehten'Milehsafthaare, welehe an den Hiillblattern der Bliitensta:nde von Ciehoriaeeen auftreten und unzweifelhaft ein Abwehrmittel gegen Angriffe der Tierwelt bilden. 3) Harze und Kautschuksubstanzen des Milchsafts 'eine ahnliche Entstehung anzunehmen, liegt somit sehrnahe. 1m iibrigen vgl. den III. Teil diescr Arbeit 1) H. de V ri e s, TIber einige Nebenprodukte des pflanzlichen Stoft'wechsels. Landw. Jahrb. Bd. X. 1881. 2) E. Stahl, Pflanzen und Schnecken. Jena 1888, page 2, 3, 112, 113. 3) K ern e r, Die Schutzmittel der Bliiten gegen unberufene Gii.ste. Wi en 1876. - Del pin 0, OsservazioIii e note botaniche Malpighia, .III, 1890. - K n y, fiber die Milchsafthaare der Cichoriaceen. Sitzungsber. dcr Ges. naturf.' Freunde. Berlin. 18. Juli 1893. - Zan d er, in Bibliotheca botanica 1895.

135 Die vorstehenden kurzen Bemerkungen, welcbe nur ganz im allgemeinen die wichtigsten Fragen andeuten sollen, die nocb einer definitiven Losung harren, diirften genfigen, um zu zeigen, wie wenig Sicheres bis jetzt fiber die Bedeutung des Milchsafts der Pflanzen bekannt ist. Es kann nicht die Aufgabe einer einzigen, kurzen Abhandlung sein, hieriiber eine endgiltige Entscheidling zu geben. Vorliegende Untersuchungen, welche im botanischen Institut der Universitiit J ena auf Anregung des Herrn Professor S t a hI unternommen wurden, beabsichtigen nur, zur KUi.rung der Frage einen kleinen Bei . . trag zu liefern.

II. Physiologischer Teil.· Aufser Fa i v r e und S c hull e r us, welche, w:ie wir sc~on sahen, mit Bestimmtheit fiir eine physiologische Bedeutung des Milchsafts eintreten, haben Han s t e in, 1) Sc him per 2} und A. L e b I 0 is 3) einige diesbeziigliche Versuche angestellt und sind zu wesentIich anderen Resultaten gelallgt. Han s t e i n hat bei seinen grundlegenden Untersuchungen fiber die Funktion ~der Siebrohren mit sehr. vielen Pflanzen Ringelungsversuche gemacht. Dabei hat sich ergeben, dafs Pflanzen mit bicollateralen Gefafsbfindeln (Solaneen, Asclepiadeen etc.) sich anders verhalten als solche mit collateral en. Steckt man einen Zweig der letzteren, der einige Zentimeter oberhalb der Schnittflache geringelt ist, in Wasser, so bilden sich die W urzeln ausschliefslich oder in ganz iiberwiegenderZahl oberhalb der Incision, wahrend sich bei denjenigen mit bicollateralen Gefafsbfindeln in den dem Ringelschnitt oben und un ten anliegenden Zonen kein Unterscbied in der Wurzelbildung zeigt. Bier wird der basale Teil durch die innerhalb des Xylems gelegenen Siebrohrenbiindel erniihrt. Wiirden. nun diemarkstandigen Milchrohren der Pflanzen mit collateralen Biindeln (Ficus -Arten, Euphorbien) eben so wie die Siebrohren die Leitung plastischer Stoffe zu besorgen haben, so miifsten sich diese Pflanzen wie solche mit bicollateralen Gefafsbiindeln verhalten. Versuche mit Stecklingen von Ficus Carica zeigten nun, dafs unterhalh der Incision nur eine aufserst schwache Wurzelbildung eintritt, so dars eine durch die Milchrohren vermittelte Nahrungszufuhr aus den oheren Partien ala ausgeschloasen angesehen

=

1) H 8 ns h i n s. 8. O. 2) S chi m per, Uber Bildungund Wanderung der Kohlehydrate Lsubblii.ttern. Bot. Ztg. 1885. 3) A. Leblois s. s. O.

In

den

186 werden mufs. Dieses Resultat wurde bestatigt durch einen Versuch an Ficus australis. Hier wurde unterhalb der Spitze eines entbHitterten Zweiges ebenfalls ein Ringelschnitt angebracht. Der Zweig starb ab, wasnichteingetreten ware, wenn ihm von den assimilierenden Teilen unterhalb der Ringelung Nabrung zu neuer Knospenentfaltung hitte zugefiibrt werden konnen. 1m Widerspruch mit diesen Ergebnissen, die die Funktion der Milchrohren als Leitungsorgane plastischer Substanzen ausscbliefsen, stehen die Folgerungen, welche Fa i v rei) aus seinen Versuchenan F i c use I a B tic a zieht. Er sagt: "Le latex se comporte comme une seve elaboree, assimilable, indispensable a l'entretien et l'accroissement dela plante. Prive de ce sue, Ie vegetal perit; gorge de ee liquide, il se developpe avec rigueur." Sehen wirzu, wQrauf sich diese Behauptungen stiitzen.2) Zu einem ersten Versuch verwandte Fa i v r e einen kleinen Gummibaum, an dem er eine ringformige Incision einige Centimeter iiber dem A.nsatz der Wurzeln anbrachte. Oberhalb derselben waren acht Blatter entwickelt, unterhalb befanden sich keine.· Nachzwei Jahren hatten sicb diese acht Blatter auf 25 vermehrt, der untere Teil hatte keine erzeugt, seine Rinde war vertrocknet. Die Wurzeln zeigten keinen Zuwachs. Hieraus folgert Fa i v r e ,,1 a n e c e s sit e dec 0 n sid ere r 1e 1ate x com mel e s u c no u r ric i e r, comme la veritable seve elaboree." Nachdem wir fiber die Bedeutung der Siebrohren und die Wanderung der A.ssimilate orientiert sind, haben diese an sich schon sehr gewagten Schlufsfolgerungen ihre Berechtigung verloren. Der Versuch beweist nicht im mindesten eine ernahrende Rolle des Milchsafts. Er wiirde mit einer nicht milchsaftfiihrenden Pfianze ganz ahnlich ausgefallen sein, indem einfach die durch die Tatigkeit der vorhandenen Blatter gebildeten Assimilate zur Entwicklung neuer verwandt werden. Von den weiteren Versuchen Fa i v res sind die beiden wichtigsten die folgenden: 1. An einer normalen F i c use I a s tic a - PRanze wurden zwei Incisionen angebracht. Der oberste Stammteil trug drei Blatter, der mittlere, zwischen den beiden Ringelungen gelegene, aelIt, irn unteren waren sie abgetragen. Nach sechs Monaten war der obere Teil in 1) Faivre s, a. 0.1866. 2) lch wiirde es nicht flir notig balten, auf die jetzt veralteten nod mit unzulii.nglichen Methoden angestellten Versuche Fa i v res hier .Daher einzugeheo, wenn sie nicht in der Literatur fast allgemein mit grofsem Nachdrucke zitiert, oft Bogar als mafsgebend hingestellt wiirden.

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die Lange gewachsen, die Zahl seiner Blitter hatte "sich vermehrt; im mittleren Teil liefs sich Dickenwachstum kODstatieren, die zwei untenten Blatter waren abgefallen, in den Achseln "der "oberen hatten sich Seitentriebe entwickelt. Der untere Abschnitt zeigte keine Veranderung. 2. Anfang Oktober wurden von einer geringelten PHanze alIe BHitter abgetragen mit Ausnahme von vier unterhalb der· Ringelung. Am 21. Dezember hatte die Endknospe mehrere BHitterentfaltet, unter "d~r Incision waren drei; Seitenknospen in Entwicklung begriffen. Durch Zufall wurde zu dieser Zeit 'Cler obere Teil abgebrochen. Die drei Seitenknospen nahmen darauf eine rapide Entwicklung, welche nach Abtragung der vier Blatter zwar fOrifuhr, aber in sehr abgeschwachtem Marse. Nach Entfernung der drei Knospen bildeten sich einige neue kleine Adventivknospen, die aber aufserst schwaohe Entwicklung zeigten. F a1 v r e zieht aus" dem Verlauf dieser Versuche zunachstdie richtige KODsequenz, dafs die Abtragung" der Blatter einenEin6ufs auf die Entwicklung der Knospen hat. Wenn er jedoch weiter
18S gel'ingelter Zweige befanden, erreichten vom Beginne ihrer Entfaltung bis, zur Abtragung immer eine vielgeringere Grorse'als.; die der nor-' malen Knospen in derselben Zeit. Die Ausbildung .der ersteren wurde ~ allmahlich immerschwacher, bis sie gatiz aufhorte, un d z wa r trat das um so eher ein, je naher die Incision demVe'ge-. t a ti 0 us pun kt des Z we ig e slag. Gleichzeitig konnte man bemerken, dars unterhalb der Incisionen nach ca. fiinfW ocheu Soder 9 Adventivknospen ausgetrieben waren, von derien die obersten Bchon einiga kleine Blatter entwickelt hatten. Trotz des regelmafsigen Abtragens" der Blatter an den Vergleichsknospen hatten sich an den norinalen Zweigen keine Adventivknospen g'ebildet, sondern der Vegetationspunkt wuchs unaufhorlich fort und bildete immer neue Blatter. Einen ahnlichen Versuch stellte' i'ch in der Weise an, 'dars' ich zwei Zweige von '. Ficus Carica entblatterte· und verdunkelte; einer davon wurde kurz unter dem Vegetationspunkt geringelt. ' Bei ersterem (dem nicht geringelten)trieb die Endknospe zu einem ,. etiolierten, bebHi.tterten Sprofs aus; bei letzterem verkiimmerte sie und es zeigten sich kurz uIiterhalb der Ringelung etiolierte Seitentriebe. lch wiederholte solche und ahnliche Vergleichsversuche mehrfach' an verschiedenen Exemplaren .von Ficus Carica und mochte der Dbersicht halber wenigstens von einem die zahlenmafsigen Angaben mitteilen. Er unterscheidet sich von dem zuerst beschriebenen dadurch, dars die sich entfaltenden Blatter nicht abgetragen wurden, sondern ihre Zuwachsgrofse immer gemessen wurde, und dars neben total auchpartiell geringelte Zweige beobachtet wurden: Zweig A,am 17. Mai total geririgelt. 17. Mai: Die Ringelung (0,3 cIil-breit) befindet sich 1,1 em ,unterhalb des Ansatzes vom diesjahrigen, noch griinen Trieb. Die Lange des letzteren betragt 1,0 em. Oberhalb der Ringelung befindet sich kein Seitentrieb und aufser der Endknospe keine Knospe. Die schon entfalteten, jungen Blatter der Endknospe werden abgetragen. 30. Mai: Linge des griinen Triebs: 1,1 em. Der Trieb hat noch keine neuen Bliitter entfaltet. Unter der Ringelung hat sieh eine kleine Seitenknospe entwickelt. 24. Juni: Lange des griinen Triebs: 1,3 em. Es haben sieh oberhalb der Ringelung zwei kleine, verkiimmerte BHitter entwickelt. Die Spreite des alteren hat eine Liinge von 1,7cttl, die des jiingeren von 1,lcm. Unterhalb der Ringelung be:fiilden sich jetzt zwei Triebe; der obere hat zwei, der untere ein Blatt. 12. Juli: Das Zweigstiick oberhalb der Ringelung ist eingegangen, wihrend die unterhalb derselben be:findlichen Triebe weiter eine kraftige Entwicklung' nehmen. Gesamtzuwachs des grnnen Triebs oberhalb der Ringelung: 0,3 em.

139 . Zweig B, am 17. Mai partiell geringelt (S/sdes Umfangs entfernt). 17. Mai: Die Ringelung befindet sieh 0,6 om unterhalb des Ansatzes vom diesjahrigen, grunen Trieb. Die Lange des letzteren betriigt 1,9 em. Uber der Ringelung sind weder Seitentriebe noch -Knospen. Die dort entfalteten Blatter werden abgetragen. 30. Mai: Lange des griinen Triebs: 2,6 em. Es hat sieh iiber der Ringelung ein Blatt entwiekelt, delH1en Spreite 3,0 em lang ist. 24. Juni: Lange des griinen Triebs: 3,7 em. Es finden sieh oberhalb der Ringelung zwei Blatter; das altere hat eine Spreitenlange von 8,9 em, das jiingere von 6,7 em. Unter der Ringelung beginnt gegeniiber der Broeke ein kleiner Seitenzweig sieh zu entwiekeln. 6. Juli: Lange des griinen TrIebs: 4,0 em. Oberhalb der Ringelung drei Blatter von der Spreitenlange 9,0 em, 7,4 em und 3,5 em. Der Seitenzweignnter der Ringelung· hat. ein kleines Blatt. Gesamtzuwachs desgrunen Triebs oberhalb der Ringelung: 2,1 om.

Zweig C, nieht geringelt. 17. Mai: Die Lange des diesjahrigen, griinen Triebs. betragt 1,5 em. Oberhalb ~er Ringelung sind weder Seitentriebe noch -Knospen. Die dort entfalteten Blatter werden abgetragen. 30. Mai: Lange des griinen Triebs :2,0 em. . EinBlatt ist imEntfalttm begriffen. 24. Juni: Lange des griinen Triebs 4,3 em. Es haoen sieh· drei Bliitter entwiekelt, deren SpreitenHinge 11,2 em, 9,4 em und .2,8 em· betragt. 6. Juli: Lange des griinen Triebs 4,8 em. SpreitenHinge· der Blatter: 11,2 em, 10,6cm und 6,0 om. Seitenzweige haben sieh unterhalb des Ansatzes vom diesjiihrigen Triebe nicht entwiekelt. Gesamtzuwaehs des am 17. Mai entblatterten Triebes: 3,3 em.

TIber die Deutung alIer dieser Versuche konnen kaum Zweifel bestehen. Die Endknospen der total geringelten Zweige haben sich auf Kosten der in dem fiber der Incision gelegenen Zweigstiicke gespeicherten Reservestoffe entwickelt. Da-die Menge dieser. Stoffe urn so geringer sein mufs, j e kiirzer das Zweigstiick ist, so erklart es sich, dars die Knospen von Zweigen mit einer aehr hochgelegenen Ringelung ihre Entwicklung eher einstellen als die, welche eiDen grofseren Zweigabschnitt ausbeuten konnen, ein Verhalten, das wenig verstandlioh ware, wenn diemarkstandigen Milchrohren den Transport der Nahrstoffe iibernahmen. Ebensowenig liefse sich dann das Austreiben der Adventivknospen unterhalb der Ringelung erkHiren, fiir dessen Zustandekommen jedenfalls die durch die Ringelung bedingte Stauung der in den Leitungsbahnen nach oben bef6rderten Nii.hrstofi'e eine wesentliche Rolle spielt. 1) Vergleichsversuche mit 1) Vgl. hiezu~Frank, Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten II. Aufi., 1895, Bd. I pag. 81, ferner J 0 s t, Vorl. iiber Pflanzenphysiologie, 1904, pag. 409 if., und Go e bel, Organographie 1., 1898, pag. 37:......43. Obdiese Stoft'e direkt al8 Reiz wirken,

140 F r a x i n U 8 ex c e 1s i 0 r ergaben denn auch, dafs sich Ficus Carica genau so verha1t, wie Baume, die keinen Milchsaft enthalten. 1) Zu einem weiteren Versuche verwandte ich ain kleines Exemplar von F i c use I a s tic a, an welch~m ich nahe der Spitze einen Ringel8chnitt anbrachte. Oberhalb der Ringelung wurden aIle Blatter entfernt bis auf diejenigen, welche sich noch in der Knospenlage befanden; die griine Rinde dieses Abschnitts wurde, urn die Assimilation 8.uszuschliefsen, mit Stanniol bedeckt. Wenn unter diesen Umstanden die Knospen oberhalb der Ringelung ausgetrieben hatten, so hatte man daraus schliefsen konnen, dars ihnen die im unteren Teile gewonnenen Assimilate durch Vermittlung des Milchsafts zugefiihrt worden waren. Das geschah jedoch nicht. Die • noch zusammengefaIteten Blatter der Endknospe blieben zwar zunachst noch frisch, entwickeIten sich aber nicht weiter, obwohl der Stammteil iiber der Ringelung noch mehrere W ochen nach V ornahme der Operation reich. an Milchsaft war. Nach und nach starb dann dieser Abschnitt abo 1m unteren Teile dagegen entwickeltensich zwei Blattachselknospen zu kraftigenTrieben. Urn die Wurzelbildung an geringelten Zweigstiicken zu studieren, verwandte ich F i c usa u s t r a Ii s, dessen sich auch Han s t e i n zu seinen Versuchen bedient hat. Die Pflanze enthalt bekanntlich ebenfalls markstandige Milchrohren. Die aufgehangten Zweige wurden in der feuchten Kammer bei einer Temperatur von 25 0 aufgehangt und trieben schon nach wenigen Tagen W urzeln. Bei den total geringelten Exemplaren war die W urzelbildung unterhalbder Ringelung gering oder fehIte ganz, wahrend dariiber viele Wurzeln austrieben. Die partiell geringelten nahmen, wie zu erwarten, in ihremV erhalten eine Mittelstellung zwischen den total und den nicht geringelten ein. Dieses Ergebnis steht also mit den F ai vre 'schen Schlufsfo]gerungen in Widerspruch und enthalt eine Bestatigung der Resultate Hans t e ins. Obwohl nun alle diese Versuche eine eventuelle, geringe Beteiligung des Milchsafts bei der Leitung von Nahrmaterial nicht abist allerdings nieht sieher nachgewiesen. Zu beachten ist auch, dars der traumatische Reiz mitwirken konnte. Interessant in dieser Richtung sind die neuesten Mitteilungen von J. M a 8 B ar t auf dem VI. internationalen Physiologenkongrefs in Briissel. 1) Ganz andere Resultate erzielt man dagegen mit Pflanzen, die bieollaterale Gefiifsbilndel besitzen. Siehe hieriiber Han s t e ina. a. 0., V 0 e c h tin g, TIber Organbildung t, Bonn 1878, page 64 (Versuehe mit Lycium barbarum) u. a.

141 solut aU8schliefsen, geht doch so viel daraus hervor, dafs fur die Annahme, er sei ein Reserve- oder Bildungsstoff, durchaus keine Beweise vorliegen. Eine so hervorragende ernahrungsphysiologische Bedeutung, wie Fa i v r e dem Milcbsaft zuschreibt, besitzt er bei Ficus sicher nicbt und in diesem Sinne kann icb den Angaben Han s t e ins nur beistimmen, ohne jedoch im allgemeinen seine Ansicht liber die Funktion des Milchsafts zu teilen. Damit soIl naturlich nicht gesagt sein, dars bei anderen Pflanzen unter U mstanden der Milcbsaft nicht doch die Rolle eines Bildungssaftes ubernehmen konnte. Die Literatur ist an diesbezuglichen Untersuchungen sehr arm. Fa i v r e selbst hat das Verhalten des Milchsafts von M 0 r usa I b a und T rag 0 p 0 g 0 n p or r i f 0 Ii us unter veranderten Lebensbedingungen studiert. Die Schlufsfolgerungen, zu denen er kommt, sche~nen seine fruhere Ansicht in vollem Umfange zu bestatigen, doch lassen auch sie verschiedene, schwerwiegende Einwande zu. Er fand, dafs der Milchsaft von Morus alba im Friihling, beim Austreiben junger Knospen dunnfiussiger wird, was er als Substanzverminderung deutet. Dasselbe trat ein, wenn Zweige durch EntbHi.tterung zur Entfaltung von Achselknospen veranlafst wurden, ferner in Stecklingskulturen. Daraus schliefst Fa i v r e: "Le latex est appele· it jouer dans Ia nutrition vegetale un rOleimportantet direct." S c h wen den e r 1) hat einige Versuche Fa iv res wiederholt, konnte jedochzll keinem abschliefsen.. den Resultat kommen. Er hetont mit Recht, dars ein Wasserigwerden des lIilchsafts noch· kein absolutes Anzeichen fur die Stoffahgabe an andere Gewebe ist. "luden Organen, deren Milchsaft wasserigge.. worden war, fanden sichnamlich hin.und wieder pfropfenartige Massen in den Milchrohren, welche offenbardurch Gerinnen entstanden waren." Da die Weifsfarbung des Milchsafts von den in Emulsion befindlichen Kautschukkiigelchen berriihrt, 2) 80 wiirde man mit Fa i v r e . das Wasserigwerden auf eine Resorption des Kautschuks von seiten des umgebenden Gewebes zuruckfuhren mussen. Dazu liegt aber, wie schonerwahnt wurde, nach unseren iibrigen pflanzenphysiologischen Erfahrungen nicht der geringste Grund vor, denn wirkennen kein "Beispiel, in .welchem .die chemisch sehr triigen Harze und Kautschukartenetc. wieder in den Stoffwechsel aufgenommen werden. Aufser dem von S c h wen den e r erhobenen Einwurf lassen sich nochver1) .S c h wen Ue n e r i Einige Beobaehtungen an Milehsaftgefafsen. Sitzungsber. der Akademie der 'Vissensch. Berlin 1885. 2) Fett ko~mt im MilcD.saft yon Ficus elastica nieht oder wenigstens nieht in nennenswerter Menge vorl kann also die Emulsion niehtbedingen.

schiedene andere Bedenken geltend machen, auf die icb b.ei ~ Besprechung der Versuche von S c h u 11 e r us eingehen werde (s.pag. 147). Abgesehen davon kann es iiberhaupt nicht Wunder nehmen, ~ dafs bei Pflanzen, die sich zur Winterruhe vorbereiten, deren samtliche Gewe.be folglich Veranderungen erleiden, auch. im. Milchsafte Stoffumsetzungen eintreten, wodurch dieser eine kompaktere, meh~ schleimige Konstitution annimmt. Daraus allein Hi.fst sich noch nicht ableiten, dafs er. als Reservematerial dient, es sei denn, dafs man tatsachlich eine absolute Zunahme an Nahrstoffen bei Eintritt derWinterruhe konstatiert hatte. Das ist jedoch von Fa i v r e nicht geschehen. Inverse Vorgange konnten im Fruhling das Wasserigwerden des Mi~ch­ safts hervorrufen, wofiir vielleicht zum Teil das durch den Wurzeldruck in die Gewebe geprefste Wasser verantwortlich zu machen ist. Von einem einwandfreien Beweise fur die physiologische Funktion des Milchsafts als ~ahrstoff kann also auch hier nicht die Rede seine .Natiirlich .ist eine Stoffabgabe an die anderen Gewebe nicht ausgeschl088en; dafiir, dars sie stattfinden mufs, liegt aber auch dann noch . kein . zwingender Grund vor,. wenn sich, die Beobachtung F. a i v res, dafs sich der Zuckergehalt, des Milchsafts in gewissen Entwicklungsphasen vermindert, bestatigen sollte;. ~ denn der Zucker kann ebensowohl zur Stofi'produktion in den Milchrohren selhst Verwendung .tinden. .leh werde auf diesen Punkt unten noch~alszu spreche.n kommen. Bei seinen Versuchen mit T rag 0 p 0 g 0 n p 0 r r i f 01 ius bediente sich Fa i v r e anderer Methoden. Er verwandte ausschliefslich Keimpflanzen, die er den. verschieden!3ten Lebensbedingungen •unterwarf. ~Gleiehgiltig, unter welchen VerhiUtnissen die Keimung der Samen stattfand, es kam immer in einer gewissen, sehr friihen Entwieklungsperiode zur Ausbildung von. Milchrohren mit einer betrachtlichen Menge·Milehsaft. Das weitere Verhalten der Pflanzen war jedoeh je nach .den Bedingungen, unter denen sie aufwuchsen, verschieden. Fa i v re beobachtete, dars bei Liehtabsehlufs yom Beginn der Keimung an der entstandene Milchsaft allmahlieh verschwindet. Liefs er die PHinzchen sich zuerst unter normalen Lichtverhaltnissen entwickeln, so bildete sieh Chlorophyll und dicker, weifser Milchsaft in reicher Menge. Infolge nachheriger Verdunkelung trat· zugleich mit dem Etiolement eine Abnahme des Milchsafts ein. Letztere zeigte sieh auch bei Kultul'en in sauerstoffreieher Luft, bei hoher Temperatur und in sehr gutem Nahrboden. Indem ich in eine kritische Bespreehung der Versuche erst spater eintrete.n kann, mochte ieh hier

-nur. den Umsbind betonen, den auch Fa i v-r emehrfach hervorhebt, -d·afsnamlich- in den Fallen, in denen der Milchsaft an Menge· scheinbar abnimmt oder verschwindet, ein sehr rapides - Wachstum der KeimpHanzen stattfindet. Fa i v r e legt das alIes in dem Sinne aus, dafa der Milchsaft von Tragopogon porrifolius der. PHanze als Nahrmaterial dient; er schreibt ihm dieselbe Funktion wie den Reservestoffen zu, wofiir nach seiner -Ansicht namentlich zwei Grunde mafsgebendsind: . erstens, dafs der Milchsaft unter denselben Yerhaltnissen schwindet ,unter . denen im allgemeinen die Reservestoffe. von der Pflanze verbraucht werden; zw~itens, dafsin den. Keimpflanzen . von Tragopogon aufser dem Milchsaft. angeblich kein Reservematerial vorhanden ist. In direktem Widerspruchmit d~n F a-i v r e 'schen Ergebnissen stehen ·Yersuche, welche -A. L e b I 0 i s in Va n Tie g h'e m s Lab oratorium an der Tragopogon sehr nahe verwandten -Cichoriacee S cor z 0 n era hi spa n i c aangestellt hat. Sie hat -Sa.men dieser PHanze · unter normalen Bedingungen undbei· Lichtabschlufs keimen lassen und konnte in keinem FaIle eine -e-rneblicheAbnahme des Milchsafts konstatieren ; -es zeigte sich im Gegenteil inbeiden -Kulturen deutlich eine Zunahme. Aus den Keiroblattern der vier W ochenverdunkelten Exemplare flors noch Milchsaft innormalerMenge aus, erst wenn Anzeichen des Absterbens eintraten; verschwander, was jedoch in · gleicher Weise fur Pflanzen. gilt, welche sich bei Licht entwickelt hatten. Zu anderen Yersuchen verwandteA. L e bIoi s Pflanzchen, _die bei Licht gekeimt hatten, verdunkelte sie und schlofs aufserdemvon Anfang an -die Aufnahme von Nahrsalzen aus, indem sie die Keimlinge in Sandboden kultivierte und nur mit- destilliertem Wasserbegofs. Sehr bald trat ein Etiolieren ein, diePfianzen enthieltenaber selbst . dann noch sehr viel Milchsaft, als" die ~ Keimblitter.zu vertroeknen begannen. Darausschliefst die· Verf. 1) :·"Les experiences que -nolis a.vons faites, nous semblent demontrer que dans lesconditionsoun'ous nous sommes placee, Ie latexetait -un produit de secretion et non · de reserve."'· . lch selbst. ·habe in. ganz ithnlicher Weise. Versuche mit Tragopogon. floccosus, Campanula medium, Vincetoxicum nigrum und Chelidonium majus angestellt. DieSamen wurden'in Gartenerdegesat und unter Lichtahschlufs zum Keimen gebracht.Die etiolierten, aufserst -schmachtigen . KeimpHanzen enthielten -noch kurz vor ihrem, Verfall 1)

B. B.

O. pag. 314.

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relativ viel Milchsaft, dersich von dem der Vergleichspflanzen nur durch eine etwas diinnere Beschaffenheit unterschied, was leicht verstandlich erscheint und, wie wir sahen, durchaus nicht die Annahme rechtfertigt, der "nahrende" Milchsaft sei von den anderen Geweben resol'biert worden. Der Saft der aus den winzigen Samen hervorgewachsenen aufserst schmachtigen Chelidoniumpfianzchen hatte iibrigens dieselbe gelbeFarbung wie der der normalen. Danach scheint mir die Richtigkeit der Fa i v r e 'schen Versuche mit Tragopogon porrifolius, deren Beweiskraft an sich schon mehrere Einwande zuHifst, ernstlich in Frage gestellt. In sehr eingehender Weise hat S c hull e r u s die physiologische Bedeutung des Milchsafts studiert. Er hat fiir seine Untersuchungen ausschliefslich Euphorbien, namentlich E u p h 0 r b i a La thy r is gewahlt. Da ich mehrfach Gelegenheit hatte, einige seiner Versuche zu wiederholen, teils in derselben, teils in modifizierter Form, so mufs ich die Methode und die Bedingungen, unter denen sie angestellt wurden, etwas nij,her besprechen. Es handelt sich auch hier hauptsachlich urn Keimpfianzen. S c hull e r u s hat zunachst das Verhalten des Milchsafts im Entwicklungsgange der Euphorbia Lathyris genauer verfolgt und dabei im alIgemeinen gefunden, dafs in Zeiten sehr Iebhafter Entwicklung die Bestandteile des Milchsafts eine betrichtliche Vermehrung erkennen lassen, wahrend sie in Perioden der Ruhe an Menge zuriicktreten. 1m sich entwickelnden Embryo ist in den Milchzellen deutlich ein stark lichtbrechender, korniger Inhalt zu sehen ["Plasmakornchen" 1)]; mit Sicherheit lassen sich ferner Gerbstoffe und Starke nachweisen. Bei Beginn der Ruheperiode, im reiren, trockenen Samen, tritt eine auffallende .Abnahme alIer Bestandteile des Milchrohreninhalts ein, 'wahrend die iibrigen Gewebe mit Re.servematerial angefiillt sind. Diese Verhaltnisse erfahren bej der Keimung des Samena eine schnelle Anderung, indem hier ein grofser Substanzreichtum in den Milchzellen festzustellen ist, der sich deutlich in dem Vorhandensein zahlreicher Starkekorner kundgibt. In der liberwinternden, einjahrigen Pfianze zeigen sich analoge Erscheinungen. Die Blatter, namentlich aber die Achse, enthalten im Vergleich zum Sommer einen diinnfiiissigen Milchsaft, dessen Starkegehalt iiufserst gering geworden ist; in den W urzeln findet man die Milchrohren von einer zahen, "plasmaahnlichen" Substanz erfiillt, in der weder Fett noch Starke in nennenswerter Menge enthalten sind. Dieses ver1) Diese Bezeichnung ist, wie schon S chi m per (a. a~ 0.) bemerkt, entschieden unrichtig. Wahrscheinlich handelt es sich UDI Harze oder Kautschuk.

8chiedene Verhalten in der sich entwickelnden und der ausgebildeb~n Pflanze veranlafst S c hull e r us, den Milchsaft »in seiner Totalitat" als Nahrmaterial anzusehen, "welches wieder in den Stoffwechsel der Pflanze eintreten, in die Zellen eindringen kann, wie es aUB den Zellen in die Milchsaftschlauche eingedrungen war". Eine weitere Bestiitigung seiner Ansicht erblickt S c hull e r us in folgenden Kulturversucben: Samen von Euphorbia Latbyris wurden in gewohnliche Walderde gesat und teils unter normalen Bedingungen, (Zimmertemperatur, diffuses Licht etc.) belassen, zum Teil verdunkelt, zum Teil in einen Behalter mit kohlensaurefreier Luft g~bracht. Nach etwa fiinf Tagen - begann die Keimung. Bis zum Verbrauch des ,Endosperms zeigten sich in der Beschaffenheit des Milchsafts der Pflanzen aUer drei I{ulturen keine Verscbiedenheiten. Solche machten sich aber'in den folgenden Entwicklungsstadien geltend. Kurz nach• dem die letzten Endospermreste verbraucbt' waren, trat in allen drei Kulturen ein kurzer Stillstand in der Entwicklung ein; der urspriingHcbe, einer fetten Krihmilch gleichende Milchsaft hatte in diesem Stadium das Anseben einer bHiulich schimmernden, magerenMiIch. S c bull e r u s gibt an, dars von gleichgrofsen, normalen und verdunkelten PHanzchen der bezeichneten Entwicklungsphase (des durch den Lichtabschlufs beschleunigten Wachstums wegen mufs man von diesen jiingel'e Exemplare nehmen), letztere einen an »plasmatischer Substanz",' Fett und Starke armeren Milchsaft aufweisen, dagegen viel Gerbsaure und namentlich Kristalle von apfelsaurem Kalk enthielten. Wiihrend nun die in kohlensaurefreier Luft und im Dunkeln befindlichen' Pflanzen allmahlich ihrem Tode entgegeneilten, der' drei bis vier W ochen nach Beginn der Keimung eintrat, begannen die normalen Pflanzen auf Kosten der selbstbereiteten Assimilate 'zu wachsen; der Milchsaft in Ihnen zeigte bald wieder seine alte, glan.. zendweifseFirbung, ein Kennzeichen seines Substanzreichtums. Die Untersuchung der unter abnormen Bedingungen .kultivierten' Pflanzen wurde erst vorgenommen, nachdem sie verhungert waren. 'Der Milch.. saft war niemals ganz verschwunden, besonders im Stengel nicht, auch Starke war immer nachzuweisen, die Korner zeigten jedoch eine unregelmafsige Form, waren "entweder ungemein lang und schmal, oder in der Mitte dicker mit scharf zugespitzten Enden, Erscheinungen, welche auf deren Losung deuteten". Besonders gering waren die Milchsaftmengen in den im Gewachshaus (Durchschnittstemperatur 200) bei Lichtabschlurs gezogenen, sehr stark verlangerten', etiolierten Keimlingen, welche in einzelnen Fallen erst sechs Wochen nach dem Fl""" ton.;

11'\

1.46 Aufgehen ·abstarben und dann untersuchtwurden.... ~ Urn' d~n.Milch­ saft moglichst zum Verschwinden zu bringen,. kultivi~rte S c hUll er .U;S ferner Keimpflanzen von Enphorbia Lathyris in Jmllr sauersto,fft"eicher Luft ; einige wurden unter normalen Lichtverhaltnissen gozogen, andere verdunkelt. Erstere zeigten sofort ein sehr rapides V{ achstum .gegeniiber den letzteren. Der Milchsaft· war inbei4enFallenwass~rig geworden, so dafs· ein Unterschied nicht sicher festzu,stell~n war, ,die Starkekorner traten darin· in geringerer Zahl auf und. zeigten .. die oben geschilderten Losungserscheinungen., -. 13esonder~s Gewicht legt S c hull e r us auf seine Versuche an einja~rigen Euphorbia LathyrisPflanzen, von denen or im Dezember .. einige aus dem Freien ineille Durchschnittstemperatur von· 15 0 brachte. Der Milchsaft, welcher urspriinglich. arm an "Plasma". und Starke war (in. den Geweben waren reichlich Reservestoffe gespeichert), wies nach .wenigen rragen, wahrend die Pflanzen zu wachsen begannen,. einen hohen SubstanzgehaIt auf. Die zu gleicher Zeit verdunkelten Pflanzen hielten sich I~nge Zeit lebensfrisch, wuchsen jedoch wenig; erst nach zwei Monaten traten Absterbeerscheinungen ein, worauf die Untorsuchung vorgenommen wurde. "Die Wurzeln waren bis aufeinzelne Spitzen trocken und in diesen fand sich wohl noch etwas Milcb:saft, aber nie Starke und Fett. In den Milchrohren des Stengels' war oft Starke vereinzelt mit wenig oder gar keinem PIa.sma und im. Vegetationskegel Bowie in den jiingsten Blattern Plasma ~hne Starke vorhanden " (a. a. O. page 70). Das Ergebnis seiner Versuche, yon denen hier nur die wichtigsten mitgeteilt werden konnten, fafst. Verfasser dahin zusammen, "dafs der Milchsaft in den genannten Pflanzen, also besonders in Euphorbia Lathyris 1) verbraucht wurde, mithin auch hier, und zwar n a c h s e in e mg a n zen In hal t e, inklusive der GerbsaUloe, a I s p I a s t i scher Stoff gelten mufs. Es sind mehrere Punkte, welche mir Veranlassung gegeben haben, einige der angefiihrten Versuche zu wiederholen, resp. die Richtigkeit der S c hull e r u s 'schen Ansicht auf anderem Wege zu priifen. Vor allem scheinen mir die Schlufsfolgerungen des Verfassers bei weitem nicht mit der Notwendigkeit aus den gewonnenen Versuchsergebnissen hervorzugehen, als dars jede andere Interpretation ausgeschlossen oder wenigstens ganz unwahrscheinlich ware. Verschiedene Umstande, die bei der Behandlung der aufgeworfenen Frage entschiedene Beriicksichtigung verdienen, wurden sogar vollig unbe1) 1m uhrigen wurden noch Euphorhia palustl'is, orientalis, Pityusa und Myrsinitis verwendet.

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acbtet gelassen. In e r s t e rLinie ist das die Moglichkeit, dars die Abnahme der nahrenden'Bestandteile ..des Milchsaftes auch in deren Verwendung in den Milchrohren ,-selbst " . sei es zur Plasma- oder Membranbildung odeI' zur Regeneration des Saftes,. ihren Grund haben kann. 1) Z wei ten s ist zu beachten, dafs in den Dunkelkulturen durch das gesteigerte Wachstum ·d'er . Keimlinge das V olumen del' Milchrohren ganz hetrachtlich(nach meinen Messullgen oft nach Verbrauch' des Endospermsum. das:Drei- bis Vierfache) vergrofsert wil'd. Unterbleibt dann' von· de·rn· Augenblicke an, in dem das Endosperm erschopft ist, eine ergiebige'Neubildung von Milchsaft - was bei Aus':' schIufs der Assimilation und der dadurch herbeigefiihrten gesteigerten Anspruche an die Gewebereserven sehr wbhI moglichist .-' , so mnfs sich der vorhandene auf einen viel grofseren Raum verteilen, und da sich info18e der vorhandenen osmotischwirksamen' Substanzen 2) . die Milchrohren immer bis zu einer gewissen. Turgorgrenze mit Wasser fiillen werden, so ist Ieicht einzusehen, .dafsbeimAnzapfen .der Milch· saft eine sehr diinnfliissige Beschafl'enheit haben kann, ohne .dafa die ab s 0 Iu t e Menge seiner in Losung und Emulsionbefindlichen Bestandteile sich vermehrt zu haben braucht. Ein d ri t t e r Punkt, auf den ich hier hinweisen mufs, ist der, dars in den Milchrohren wie in allen lebenden Zellen eine Eiweifszersetzung und Atmung stattfindet 1st die Kohlensaureassimilation ausgeschlossen, so wird del' durch die Atmung bedingte Verlust an Kohlehydraten nicht wieder vonaufsen ersetzt werden konnen. Selbst in dem gedachten FaIle, dafs die Milchrohren wahrend derVersuchszeit keine Volumzunahmedurch Wachstum und von aufsen keine Stofl'zufuhr erfiihren, konnte also allein aus diesem Grunde ein Substanzverlust ihres Inhalts ein.,. treten. Allerdings . wird die quantitative Beeinflussung des Milchsaftes durch die Atmung im allgemeinen nurgering sein, doch wird' man sie bei Versuchen mit. hungernden Keimlingen, die sich auf sechs Wochen bis zwei Monate erstrecken (vgl. S ch u 11 e r usa. a. O. pag.70), nicl1t ohne. weiteres vernachlassigen konnen. Schliefslich mufsich noch erwahnen, dafs auch bei den Euphorbien die weifse Farbung des Milcbsaftes in erster Linie von den darin suspendierten Kautschukkiigelchen herriihrt. Wenn daher S c hull e r usdiese Erschei.,. 1) Auf diescn Punkt werde ioh unten pag. 159ft'. ausfilhrlicher zu sprechen kommen. 2) leh bestimmte den Turgordruck des Milcbsaftes verschiedener, kraftig gewachsener Euphorbien nach der von de V ri e 8 (Pringsh. Jahrb, XIV. 1884) angegebenen plasmolytischen Methode zu 9-12 Atmospharen, je nach den verschiedenen Arten.

148 nung ohne weiterea auf einen absoluten Varlust an Nahrstoffen (die an die umgebenden Gewebe abgegeben· werden sollen) zuriickfiihrt, so lassen sich dagegen neben den. eben hervorgehobenen Bedenken noch die page 141 im Anschlufs an die F ai vre 'schen Versuche geltend gemachten anfiihren. Die A.nnahme, dafs der Milchsaft ein Bildungssaft ist oder als Reservematerial fungiert, hat somit meines Erachtens nur dann Berechtigung, wenn das Experiment bei voller Beriicksichtigung der eben charakterisierten Einwiinde entschiedene Belege dafiir beizubringen imstande ist. Der grofsen Schwierigkeit, in dieser Richtung einwandfreie Versuche anzustellen, die sich namentlieh aus der Unmoglichkeit, genau quantitativ zu arbeiten, ergibt, bin ieh mir sehr wohl bewufst und kann es nicht als meine Aufgabe betrachten, eine endgiiltige Entscheidung 2.U liefern. Die von mir gewonnenen Ergebnisse mogen nur deshalb hier Platz Hnden, weil vielleicht eins oder das andere geeignet erscheint, aufdiese vielumstrittene Frage einiges Licht zu werfen. 1m Dezember sate ich Samen von Euphorbia Lathyris, calendulacea und heterophylla in BlumentOpfe, die mit gewohnlicher Gartenerde gefiillt waren und sich im Gewachshause bei einer Temperatur von 13-15 0 befanden. Die eine Halfte wurde verdunkelt,die andere· moglichst giinstigen Lichtverhaltnissen ausgesetzt. Nach 3-5 Tagen begann die Keimung. Zunaehst iiberzeugte ieh mich davoD, dara derMilehsaft in der erBten Entwicklungsperiode, wahrend die Pflanzen ihr :Nahrmaterial aus dem Endosperm schopfen, in den Pflanzen der Dunkelkulturen dieselbe Besehaffenheit hatte als in den unternormalen Verhaltnissen waehsenden. Ebenso konnte ieh bestatigen, dafs nach Verbrauch des Endosperms ein kurzer Stillstand in der Entwicklung eintritt, wahrenddeBsen der .Milchsaft relativ diinnfliiBsig ist. Sein Starkegehalt, auf den ieh hauptsaehlich mein Augenmerk richtete, war in beiden Fillen ein sehr betraehtlicher. 1m weiteren Verlaufe der Entwicklung nahmen nun die verdunkelten Pflanzen kolossal an Lange zu, wahrend die normalen relativ langsam weiterwuchsen. Die Vergleiehung gleichgrofser Exemplare wurde daher bald unmoglieh. In einer Aussaat vom 30. Dezember hatten Z. B. erstere am 20. Januar, einige Tage nach Verbraueh des Endosperms, die Lange von durehschnittlieh 37 em erreicht, letztere waren 15 em kiirzer. A.us dem Stengel beider Pflanzen flofs reichlieh Milchsaft aus, al1erdings aus der etiolierten nieht ganz so viel als aus der normalen, auch war er etwas diinnfliissiger. Der SUirkegehalt war in heiden Fallen ein iufserst reicher, auch in der Form der

B

C

D Dieselben, kiinstlich duroh

B Dieselben, in Bildung

D

Grundmasse.

Malzdiastase corrodiert. Die hellen Partieen reprasentieren die nioht angegriffene, duroh J od sich nieht blauende

C Dieselben, in abgesohmolzenem Zustande. -

A Starkekorner des Milohsafts von Euphorbia. Lathyris im normalen Zustande. -

begriffen, aus einem jungen Blatt. -

Fig.!.

A

150 gehalt in den anderen Geweben der' PHanze, ' was von S c'h u 11 e r us nur in sehr unzureichender Weise geschehen iet.; Es zeigte sich, 'dafs der Stengel der etiolierten PHanze mit 'Ausnahme des oberstcn, 'am starksten wachsenden Teils vollkomrnen starkefrei war; in den KeimbHittern waren hie und da in der Urngebungdes Mittelnervs einige Starkekorner zu sehen. Die T rom rn e r 'sche Zuckerreaktion fiel fur beide Organe negativ aus. Die andere PHanze enthielt im Stengelgewebe etwas Starke, die, Keimblatter waren davon fr~i; Zucker war gleichfalls nicht' vorhanden. Es kam' das jedenfalls daher, dars die Untersuchung bei trubem' Wetter,."am Morgen, vorgenomrncll:' wurde, die Pflanze also nicht viel assimiliert haben konnte;- denn in den anderen Versuchsreihen Hefsen sich sehr pragnante Unterschiede irn GehaIt an Gewebestarke bei etiolierten und normalen Keimlingen erkennen. Weiter verfolgte ich nun das Verhalten etioiierter Pflanzen bis zu ihrem Untergang. Eine Keirnpflanze von Euphorbia Lathyris, die ich danach untersuchte, hatte am 28~ Tage nach der Anssaat die Lange von 46 em erreicht. Der Stengel war unten abgestorben, die Keim blatter an den Spitzen vertrocknet, die oberen und mittleren Stengelpartien waren teilweise noch turgescent. Mit Ausnahme des direkt untcr den Keirnblattern liegenden Stengelteils, welcher im Leitparenchym etwas Starke enthielt, der, Milchrohren und der Schliefszellen der Spaltoffnungeo, war im Stengel kein Starkekorn zu finden, dagegen waren die Milchrohren sowohl daran als auch an Plasma reich. Der geringen Gewebespannung wegen flofs nur wenig Milchsaft beirn Anzapfen aus und ich mufste ihn daher in den Behaltern selbst ,untersuchen. Willzige Starkekornchen fanden sich ferner in den' sehr schwach entwickelten Blattchen der Plurnula. Die Starkekorner des Milchsafts hatten vielfach eine unregelmafsige Form und machten den Eindruck, als ob Sle an den Riindern ~twaB abgeschmolzen oder corrodiert 1) waren. 1) lch mufs hier, auf umstehende Abbildungen verweisend, kurz auf die Corrosionserscheinungen der Milchsaftstiirke eingehen, da die Frage flir die hier vorliegenden und folgenden Versuche von Wichtigkeit ist. Wenngleich das Nichtgelingen des Diastasenachweises im Milchsaft der Euphorbien zu keinen Folgerungen uber deren eventuelles Vorhandensein berechtigt, so glaube ich doch annehmen zu mussen, dafs die beobachteten Abschmelzerscheinungen del' ::M.ilchsaftstiirkekorner nicht durch Diastase hervorgerufen werden. Die kiinstlich in eine Diastaselosung (bereitet aus 25 g Malzpulver mit 100 cem Wasser) gebrachte Milchsaftstiirke zeigt namlich Corrosionsbilder, wic sie sich nicmals im Milehsaft beobachten lieCsen (vgl. Abb.). Wenn S c hull e r u s angiht, bei Ein~irkung von Essigsaure oder DiastaselOsung ein allmahliches Abschmelzen und Versehwinden (schon nach wenigen Stunden) beobachtet zu haben, so liegt hier ohneZweifel ein lrrtum

151 Daneben· waren auch viele normale Korner Yorhanden, die namentlich in den unteren Stengelpartien an Zahl iiberwogen. Eine ebenfalls 28 Tage aHe, 13,5 cm lange, im Dunkeln kuItivierte Keimpflanze yon Euphorbia heterophylla, die in allen Teilen abgestorben war, erwies sich mit Ausnahme der kurzen Zone starksten Wachstums als total stlirkefrei bis auf die Milchrohren, in welchen eine betrachtliche Menge meist kleiner, abgeschmolzener Starkekorner zu sehen waren. Noch andere, ahnliche Yersuchc an Euphorbia Lathyris fiihrten mich Zll demselben Ergebnis.· Kurz vor dem volIigen Absterben, nachdem einzelneTeile derPHanze schon sehr Bcblaff geworden waren und einzutrocknenbegannen, liers die Milchsaftstarke Anzei-chen yon Corrosion erkennen. 1st sie, was nichtausgeschlossen, aber auch nicht· bewiesen ist, in diesen Fallen tatsachlich fiir das iibrige Gewebe verwendet worden, so ist zu bedenken, dara ihr Yerbrauch mit demjenigen der in . den Geweben gespeicherten Starke durcbaus nicht gleichen Schritt halt, sondern dara sie erst ttngegriffen wird, nachdem samtliches Reservematerial, das der PHanze zur Verarbeitung zu Gebote steht, erschopft ist. 1) In der vol1ig vertrockneten Pflanze lassen sich in den Milchrohren immer noch Starkekorner in erheblicher Menge nachweisen. Man wird angesichts dieser Tatsachen schwerlich behaupten konnen, die Milchrohren seien Behalter plastischer Stoffe und spielten fiir den Stoffwechsel der PHanze eine wichtige Rolle; denn wenn das yore Denn erstens konnte ich naoh 12tagiger Einwirkung yon Eisessig nioht die geringste Formveranderung der Stiirkekorner feststellen, zweitens treten die charakteristischen, durch Diastase hervorgerufenell Corrosionsersoheinungen erst naoh einigen Tagen auf (bei Zimmertemperatur). Ich mochte nioht unerwahnt lassen, dafs ich bei Einwirkung von Apfelsaure ganz dieselbenschmalen, abgeschmolzenen Formen der Starkekorner erhielt, die ich auch im Milchsaft unter gewissen oben beschriebenen Bedingungen beobachtete. Da nun bekanntlich apfelsaurer Kalk im Milchsaft der Euphorbien reichlich vorhanden ist, so liegt es sehr nahe, das .A.uftreten dieser Substanz' mit der Corrosion der Milchsaftstarke in Zusammenhang zu bringen. 1) Wie erwiihnt, verschwindet die Gewebestiirke unter dies en Versuchsbedingungen nicht vollstiindig, sondern es bleibt in der Zone starksten Wachstums immer eine kleine Menge zuriick - ein Verhalten, fiir das sich iibrigens viele .A.nalogien anfiihren liefsen. Der Grund hierfiir liegt vielleicht darin, dafs die Wurzeln dieser etiolierten Pflanzen sich nur schwach entwickeln und meist zuerst Absterbeerscheinungen zeigen. Dadurch wird die Zufuhr von Nitraten, Sulfaten und Phosphaten eine ungeniigeIlde, was eine Verhinderung der Eiweifsbildung zurFolge hat, und die abgelagerten Kohlehydrate konnen somit nicht zu dieser Synthese verwendet werden.

152 wirklich ihre. Hauptfunktion ware, dann wiirde nicht einzusehen seiD, weshalb jhre NahrBubstanzen erst in den Zeiten der allergrofsten Not, wie, sie unter normalen Verhaltnissen nicht eintritt, von der PRanze angegriffe:n werden. Dieses sehr resistente Verhalten der Milchsaftstarke demonstrieren noch andere Versuche. lch entnahm kleine Keimpflanzen von Euphorbia Lathyris und heterophylla, die im Dunkeln gekeimt hatten, der Erde und brachte sie nach sorgfaltigem Abspiilen in eine Kristallisierschale zwischen feuchtes Fliefspapier, nachdem ich vorher das noch in grofser Menge vorhandene Nahrgewebe entfernt hatte. Sie blieben weiter verdunkelt. Andere, gleich grofse Exemplare kultivierte ich zur Kontrolle unter gleichen Bedingungen, beliefs ihnen aber das Endosperm. Dieselbe Versuchsanstellung wurde wiederholt mit Pflanzen, welche bei Licht gekeimt hatten; nur wurden diese auch weiterhin dem Lichte ausgesetzt. Folgende Tabellen mogen zur Veranschaulichung der Versuche dienen. 1. Dun k elk u I t u r mit K e i mp fl a n zen ohne End 0 s per ID.

-

Beginn des Versuehs', Entfernung des Endo-

,." Pflanze

sperms 1. Euph. Lathyris 2. " " 3. " " 4.

"

"

I Lange der

'

Langenzuder nahme der Pflanze am Pflanze wahBuehung Tag der Un- ren d d . D auer tersuchung des V ersueh 8

Tag d er U n t er-

Pflanze am Beginn des Versuchs

10. I. 10. I. 10. I.

4,8 em 4,1 5,7

31. XII.

6,5

,

I Lange

I

17. 17. 21. 12.

1. I.

J. I.

I

10,3 em 9,7 14,8 12,3

5,5 em 5,6 9,1 5,8

2. Dunkelkultur. Das Nahrgewebe wurde nicht entfel'nt. 5. Euph. Lathyris 6."

"

7."

"

10. 10. 10. 2.

8.""

1. I. 1.

I.

17. I.

4,8 em 6,4 5,7 9,0

17. I. 21. I. 12. I.

10,9 em 13,4 13,8 13,2

6,1 em 7,0 8,1 4,2

3. K u 1 t u r b e i nor mal e r Bel i c h tun g mit P fJ an zen ohne N a h r g ewe b e.

I

9. E. Lathyris 10."" 11. E. heterophylla\

10. I. 10. 1. 31. XII.

4,3 em 4,0

6,3

I

17. 1. '21. I.

I

6. I.

8,5 em 10,5 7,6

4,2 em

6,5 1,3

4. K u 1t u r b e i nor mal e r B e Ii c h tun g. DaB Nahrgewebe w u r d e nicht e n t fer n t. 5,3 em , 10. 1. 4,7 em 17. L I 10,0 em 12. E. Lathyris 13. E.

I heterophylla

3. 1.

6,1

6. I.

8,0

1,9

153 Ais allgemeines Ergebnis der Versuche liest man zunachst a.ns den Tabellen ab, dafs, wie ganz natiirlich ist, die Pflanzen mit Endosperm in gleicher Zeit durchschnittlich etwas mehr gewachsen waren. Die Untersuchllng geschah immer, wahrend die Pflanzen noch lebensfrisch und turgescent waren, nur die Hauptwurzel war zuweilen in ihrem unteren Teile angefault. Das Resultat Hifst sich kurz folgendermafsen zusammenfassen: diejenigen Keimpflanzen, deren Nahrgewebe e~tfernt war, belichtete wie verdunkelte, waren mit Ausnahme der Milchrohren,· der Schliefszellen, der Spaltoffnungen u~d der die Krummung einnehmenden Zone starksten Wachstums vollkommen starkefrei; nur in einzelnen Fallen enthielt noch die Endodermis wenige Starkekorner, in der sich ja bekanntlich ganz allgemein dss Reservematerial am Hingsten erhalt. Von den Kulturen II und IV wurden einige Pflanzen nach eben vollendeter Ausbeutung des Endosperms untersucht; der Starkegehalt des Stengels und der Keimblatter war zwar kein sehr grofser, doch enthielten sowohl Rinde ais auch das Mesenchymgewebe der Blatter. Starkekorner in mafsiger Verteilung. Andere~, welche noch vor Verbrauch des E~dosperm8 auf ihren Starkegehalt gepriift wurden, wiesen einen ganz betrachtlich hoheren auf. Der Milchsaft enthielt in allen KuI.wtr.en un g erne in vie 1St ark e un des lie f s sic h wed e r in b'e z u g auf Menge noch auf Form der Korner ein Unterschied e r ken nell. In seiner sonstigen Beschaffenheit waren ebenfalls keine auffalligen Verschiedenheiten zu konstatieren, nur war die absolute Menge des beirn Durchschneiden des Stengels hervorquellenden Saftes bei den Pflanzen, welche wahrend der Versuchsdauer ohne Nahr~ gewebe vegetiert hatten, im allgemeinen etwas geringer und seine Farhe etwas blasser als die des Milchsafts der mit Nahrgewebe ver~ sehenen Pflanzen, was unter Beriicksichtigung der oben erorterten Punkte nicht wundernehmen kann. Das angegebene Verhalten wUl'de namentlich durch einen Vergleich der. Keimpflanzen 11 und 13 sehr gut demonstriert. Bei beiden war der Milchsaft aufserst starkereich, das iibrige Gewebe zeigte dagegen sehr grofse Abweichungen in dieser Hinsicht: Rinde und namentJich Keimblatter von 13 wiesen einen sehr hohen Gehalt an Starke auf, in 11 war daselbst kein Korn zu flnden. Nur die Zone starksten Wachstums enthielt etwas. Urn liber die gewonnenen. Resultate etwas aussagen zu konnen, galt es nun noch, die Versuchspflanzen mit· solchen zu vergleichen,. welche in Topfkulturen teils bei Licht, teils im Dunkeln aufgewachsen waren und dieselbe Grofse besafsen wie diese.· Auch hier liefs sich im

154 Starkeg'echalt.': des Milchsafta' gegenuber den Versuchspflanzen kein Unterschied nachweisen,. Selir bemerkenswert ist endlich noch foIgendes: Zugleich mit den Zll den Yersucben. verwandten Pflanzen hatte ich den Topfkulturen; vier andere, ungefahr gleichgrofse entnommen und an ihnen denStarkegehalt des :Milchsafts und der anderen, Ge~ webe untersucht. Zwei davon hatten. im Dunkeln gekeimt, die anderen beiden unter normalen Bcdingungen. Sie besafsen samtlich sehr viel Starke im Rindengewebe, das Gewebe der KeimbHitterder unter Lichtahschlufs aufgewachsenen PfHinz:Chen war daranarrner ala das del' ' anderen. Del' Milchsaft' war in allen vier ,Fallen vollkommen gleichbeschaffen. Er entbielt nicht iibermafsig viel Starke, die Korner waren ziemlich klein und unregelmarsig, was offenbar darauf ;hindeutete, dafs sie in Entstehung begriffen waren und ihre volle Grofse noch nicht erreicht, hatten (die Corrosionsbilder haben ein ganz anderes Aussehen). leh verglich nun diesen Milchsaft mit demjenigen, welehen die 'endospermlosen Keirnlinge zur Zeit ihrer Untersuchung, naehdemsie sieh also ungefahr urn das Doppelte und noeh mehr verlangert hatten, enthielten, lind warsehr iiberrascht, zu tinden, dars letzterer viel sUirkereicher warund durehschnittlichgrofse, normalgebaute Korner enthielt. Trotzdem also hier an die in del' Pflanze vorhandenen Reservestoffe diedenkbar hochsten Anspriiche gestellt w 0 I' den war en, h a tt e sic h de r S tar keg e h a ltd e s Mil c h sa ft s hoc h v er me h r t Schliefslich rnufs ich noeh folgende Versuche erwahnen. Es war, wie schon bernerkt, bei den angewandten Versuchspflanzen unter den genannten Bedingungen nieht moglich, das Gewebe mit Ausnahme der Milch;rohren vollig starkefrei 'zu machen. Immer zeigtcn sieh in del' Kriimmungszone und unmittelbar unter dem Ansatz del" Kcimblatter noch Starke. A.uch diesc Region starksten \Vachstullls davon vollig zu befreien, gelang dadurch, dars ich junge, 2-3 Tage alte, des Endosperins bcraubte Keimlinge von Euphorbia Lagascae im Dunkeln bei ciner·· konstantcn Temperatur' von, 25 0 auf Fliefspapicr kultivierte. 'DiePflanzchen hielten sieh unter diesen Bedingungen lange lebensfrisch. Nach 17 Tagen, nachdem sie sich ungefahr urn dasDoppeltc verHingert hatten, war tatsachlich das Gewebe, ausgenommen die Milchrohren, volIig starkefl'ei und trotzdem cnthielt del' Milchsaft ungemein viel Starke, so dafs sich in dieser Hinsicht ein Unterschied mit den Yergleichspflanzen, die inderselbcn Temperatur, abel' auf Kosten ihres Endosperrns und bei Licht wuchsen, nichtfeststellen'liers ..;

lor) Bisher ist es mir nicht gelungen, die Milchsaftstarke zum Verschwinden zu bringen. Die hungernden Keimpflanzen enthalten bis zu ihrem. Tode eine reiche Menge, allerdings beobachtet man dann, wie wir sahen, durchgehends diinnere, etwas abgeschmolzene Korner. Hieraus schliefsen zu wollen, dafs der Milchsaft ein wichtiger Bildung8saft sei, erscheint mir, wie gesagt, aus mehrfach betonten Griinden nichts weniger als berechtigt. Unter Beriicksichtigung all diesel' U mstande kann meiner Ansicht nach die Annahme, dafs die Starke des Milchsaftes dazu da sei, den anderen Geweben zur N ahrung zu dienen, kaum noch Anspruch auf Wahrscheinlichkeit erheben. Ich mochte vielmehr zu der Annahma neigen, dafs sie in den Milchrohren selbst Verwendung findet. Diese Ansicht halt auch de V r i e s fiir wahrscheinlich, :ohne jedoch 'Oriinde dafiir oder dawider geltend zu machen.:,; T r e u b 1) kommt zwar bei seinen Versuchen zu anderen Resultaten,: ich mochte jedoch ihre absolute Beweiskraft noch nicht ais aurser Zweifel stehend hetrachten. Er' verdunkelte Teile von Keimblattern, ·des . epicotylen -undhypocotylen Gliedes von Euphorbia trigona - Keimlingen durch Stanniolbelege drei, in den meisten Fallen sogar vier bis fiinf 'Wochen lang. Die betrefl'enden Pflanzenteile waren dann natiirlich vollig etioliert und starkefrei; das gilt auch fiir die Endauszweigungen der Milchrohren, deren Hauptstamme aber im allgemeinen sehr viel Starkekorner enthielten. In einem Falle zeigten sich in den an die Milchrohren grenzenden (wahrscheinlich dem Leitparencbym angehorigen) Zellen des'verdunkelten epicotylen Gliedes Spuren von Starke. Aus dem System der Milchrohrenwar sie nie zumVerschwinden zu bringen. Schon die lange Versnchsdauer lafst die Schlufsfolgerung, dafs' die Starke hochst wahrscheinlich den anderen Gewebenzur Nahrung dient, etwas zweifelhaft erscheinen. Jedenfalls ist fiir ,die EIitscheidung der Frage, ob der Milchsaft ein typischer Nahrsaft ist oder ob die in ihm enthaltene Starke in den Milchrohren selbst verwandt wird,durch Tr e u b s Untersuchungen nichts gewonnen. 'Das giht Tr e u b auch selbst zu, er bezeichnet jedoch die letztere Moglichkeit aus nicht naher prazisierten Griinden als unwahrscheinlich. In' betrefl' der S c hull e r u s?scben Versuchemufs ichnoch 'hemerken, ·dafs auch ich einjahrigePflanzen von Euphorbia Lathyris im Winter auf ihren Milchsaftgehalt gepriift habe. EineUntersuchung zeigte, 'dafs Pflanzen, welche mehrere Tage lang im Freien starker 1) M. T r e u b, Notice sur l'amidon dans les laticiferes des Euphorbes. .... Ann. du jardin de Buitenzorg III, 1883, page 37 fr. .

156 Kilte ausgt}setzt gewesen waren, nach dem Auftauen in Stamm und BHittern . einen substanzreichen, dickfliissigen, weifsen Milchsaft enthielten, der namentlich in den BHittern sehr starke reich war. Genau dasselbe fand ich bei Pflanzen, die bei Tauwetter untersucht wurden. Allerdings waren in den Blattern die Starkekorner ziemlich schmal (corrodiert), ich glaube jedoch dafs man dieses Verhalten eher mit dem im Milchsaft herrschenden Substanzreichtum in Zusammenhang bringen kann als mit einer Nahrstoffabgabe an die anderen Gewebe. In letzteren war iibrigens, wie das ja fur viele Pflanzen wahrend der Winterruhe bekannt ist, keine Starke nachweisbar. Damit ist zugleich gezeigt, dafs sich die Gewebestarke etwas anders verhalt als die des Milchsafts. Da sich meine Beobachtungen auf Freilandkulturen beziehen, so diirften sie den naturlichen Verhaltnissen naher kommen, als diejenigen von S c hull e r us, der ausschliefslich TopfkuIturen. verwandte und von den meinigen abweichende Befunde angibt (vgl. pag.146). An sich konnen sie zur Losung der hier in Betracht kommenden Fragen kaum etwas beitragen; ich habe sie nur angefiihrt, weil S c·h u II e r us demVerhalten des Milchsafts wahrend des Winters ein gewisses Gewicht beilegt. Ein Riickblick auf aIle bisher mitgeteilten Versuche lafst erkennen, dafs die vielfach vertretene Annahme, der Milchsaft sei ein typischer Nahrsaft, sehr unwahrscheinlich ist. Es darf jedoch speziell in bezug auf die zuletzt mitgeteilten Versuche mit Euphorbiakeimlingen nicht ubersehen werden, dafs dieselben noch einen Einwand zulassen. Man konnte namlich annehmen, die grofse Resistenz der Milchsaftstarke existiere nur scheinbar, in Wirklichkeit werde fortwahrend Nihrmaterial aus den Milchrohren an die umgehenden Gewebe abgegeben, das sich immer w~eder von aursen ersetze. Die ReservestoWe wiirden also dann. unter Vermittlung der Milchrohren wandern, diese die Translokationsbahnen fur jene darstel1en. Nach Verbrauch der Gewebereserven miifsten dann, was ja tatsachlich der Fall ist, im Milchsaft corrodierte Stirkekorner auCtreten. - Dieser Einwand scheint mir durch die schon 1885 von S chi m per 1) angestellten Versuche entkraftet zu seine S chi m per hat zunachst gezeigt, dafs bei mehrtagiger Verdunkelung von grofseren Euphorbiapflanzen noch lange, nachdem aus den Blittern und Zweigen simtliche Assimilate abgeIeitet sind, der Milchsaft eine unveranderte Starkemenge aufweist. Eine geringe Abnahme konnte er nur bei Euphorbia Peplus nach 1) Schimper in Bot. Ztg. 1885.

151 zwolftagigerVerdunkelung, als die Pflanzen schon zu vergilben be.. gannen, feststellen. Ich habe die S chi m per 'schen Versuche mit Euphorbia Lathyris, heterophylla, calendulacea, cyparissias und helioscopia mehrfach wiederholt und gefunden, dars bei den drei erstgenannten Arten selbst nach 14-, bei einer grofsen _Euphorbia LathyrisPflanze sogar nach 22tagiger Verdunkelung, als die Blattspitzen schon zu vertrocknen begannen, keine Unterschiede im Starkegehalt des Milchsafts zu erkennen waren. Stengel von Euphorbia verrucosa und epithymioides verdunkelte ich selbst so lange, bis die meisten BHitter vergilbt waren und abfielen. Inzwischen waren Seitenknospen zu langen, etiolierten Sprossen ausgetrieben. Eine U ntersuchung ergab, dafs sowohl die Blatter dieser letzteren als auch die vergilbten Blatter in den Milchrohren eine reiche Menge normaler Starkekorner fiihrten, wahrend sich das iibrige Gewebe (mit Ausnahme der Schliefszellen der Spaltoffnungen) als starkefrei erwies. Daraus lafst sich schon auf eine gewisse Unabhangigkeit im VerhaIten der Milchsaftstarke gegeniiber der Gewebestarke schliefsen. Nun hat S chi m per aber weiterhin nachgewiesen - und dieser Punkt ist fur die hier erorterte Frage besonders wichtig - , dafs die Ableitung der Gewebestarke aus den Blattern derEuphorbien in ganz derselben Weise vor sich gebt, wie bei anderen nicht milchenden Pflanzen; er hat gezeigt, dars sich in diesem FaIle eine Anreicherung dieser Starke in den den Milchrohren direkt anliegenden Parenchymzellen, dieein Ubertreten derselben von ersteren in letztere wah-rscheinlich machen wiirde, nicht nachweisen lafst. Ich habe seine Versuche wiederholt und kann hier davon absehen, die meinigen mitzuteilen, da sie eine volle Bestatigung der S chi m per 'schen enthalten. Danach ist nicht zu zweifeln, dars die Milchrohren der Euphorbien bei der Ableitung der Kohlehydrate keine wesentliche Rolle spielen. Die Annahme also, dars die Starke durch Ve-rmittlung der Milchrohren aus den BHittern und, wenn diese erschopft sind, etwa aus dem Stengel und der Wurzel den jungen, wachsenden Gewe ben zugeleitet wird, kann danach kaum noch hohen Anspruch auf Wahrscheinlichkeit erheben. Ubrigens mufste man, gesetzt, die Verhaltnisse Higen so, wie es die . eben erwahnte Ansicht will, kurz nach der Verdunkelung in den Milchrohren der Blatter eine Anreicherung von Starke wahrnehmen konnen - was keineswegs der Fall ist - , es sei denn, dafs in den Milchrohren eine so schnelle Zirkulation stattfinde, dars dieseAnreicherung sich nicht nach weisen liefse. Aber schon der emulsive Charakter des Milchsafts spricht dafiir, dafs

158 eine derartig schnelle Translocation der Starke, die mitsehr erheblichen Widerstanden zu kampfen hatte, in den Milchrohren nicht statthaben kann. Dafs dies nun tatsachlich nicht der Fall ist, lafst sich auf experimentellem Wege leicht entseheiden: Zapft man Zweige von Euphorbia Lathyris oder einer anderen Art stark an, so dafs nach nochmaligem Einschneiden unterhalb der verletzten Stelle kein oder nur ganz wenig Milchsaft ausHiefst, wahrend aus entfernt ge:legenen Teilen der PHanze bei dem kleinsten Stiche eine grofse Menge hervorquillt, so kann man beobachten, dafs noch am folgenden Tage in der Nahe der Anzapfung beim Einschneiden der Milchsaft in ganz unvergleichlich geringerer Menge ausHiefst als an vorher nicht angezapften Pflanzenteilen. Fiir die erneute, gleichmafsige Verteilung des Milchsafts. in der Pflanze hat also die relativ. lange Zeit eines Tages nicht geniigt. Eine andere Erscheinung mufs man in demselben Sinne deuten: Junge Blatter und Triebe enthalten bekanntlich einenMilcbsaft, der sich durch kleine, etwas unregelmafsig geformte, in Bildung begriffene Starkekorner!) auszeichnet. Dieses Verhalten, das sich auch nicht andert, wenn man die PHanze verdunkelt, scheint mir mit der Annabme einer lebbaften Massenbewegung der Starke in den Milchrohren, die doch eine moglichst gleichmafsige Verteilung aller Bestandteile zur Folge haben miirste, nicht vereinbar. Zudem ist zu bedenken, dafsein stark verzweigtes Rohrensystem, dessen lnhalt eine Emulsion ist und dem, ein etwa dem Herzen analoges Zentralorgan der Zirkulation fehIt, zur Stoffleitung in einer bestimmten Richtung wenig geeignet erscheint. 2) lch glaube demnach nicht, dafs sich der erwahnte Einwand aufrecht erhalten lafst und mufs daher erstens S chi mp e r voll und ganz beistimmen,· wenn er annimmt, dafs die Milchrohren der Euphorbien"bei derAbleitung der Assimilate nicht in merklicher Weise beteiligt sind. Zweitens baben es aber meine Versuche sehr wahrscheinlich gemacht, d a f s die S tar ked e s Milchsafts der Euphorbien nicht als typischer Reservebzw. Nahrstoff fur die anderen Gewebe der Pflanze 1) Ich mufs ausdriicklich darauf aufmerksam machen, dafs es sich hier um junge, nicht urn corrodierte Starkekorner handelt. Die letzteren sind viel langer und schmichtiger geba'.lt und lassen sich bei einiger Ubung mit voller Sicherheit von j enen unterscheiden. 2) Natiirlich liegt es mir fern, das Vorhandensein einer Zirkulation des Milchsafts iiberhaupt, die ja von S c b wen den e r bei Chelidonium direkt beobachtet worden iet, zu bestreiten.

159 an g e 8 e he n werde n k ann. Da nun andere Niihrstoffe im Milchssfte der Euphorbien nur in sehr geringer Menge vorhanden sind, so wird man . mit einiger Berechtigung den weiteren Schlufs ziehen konnen, dars die Leitung odeI' Speicherung plastischer Stoffe n i c h t die H a u p t fun k t ion d e r Mil c h r 0 h r ens e ink ann, son d ern hoc h s ten sin gel' i n gem G r a d e i n Bet rae h t k 0 ill m t. Die anderen milchsaftfiihrenden Pflanzen sind Ieider wegen des Mangels der Starke in den Milchrohren \veit weniger giinstige Versuchsobjekte. Immerhin diirfte aUB den page 137 und 143 if. mitgeteilten Versuchen so viel hervorgehen, dafs sich diese Folgerung bis zu .einem gewiBsen Grade schon jetzt verallgemeinel'n HUst. Die bisher angefiihrten Tatsachen haben die Frage nach del' physiologischen "Bedeutung del' Milchsaftstarke nul' in negativem Sinne zu entscheiden vermocht. Man fragt sich unwillkiirlich weiter, ob sich nicht positive Belege fur eine eventuelle Funktion derselben beibringen lassen. N ach Ausfall del' Verdunk elungsversuche mit grofseren Pflanzen undder Keimlingskulturen bleibt eigentlich nul' noch die . eine schon angedeutete Moglichkeit, dafs sie namlich den Milchrohren selbst als Nahrmaterial dient. Man konnte vielleicht noch· daran denken,· dars . die Starkekol'ner zur Verrichtung irgend einer mechanischen Funktion da sind,· oder dars ihre Bedeutung darin· liegt, im ausgetretenen Milchsgft einen dem Wundverschlufs niitzlichenStoff (etwaWundgummi) zubilden. Doch hat sich letztere Annahme durch dasExperiment nicht bestatigen lassen und was erstere betriift, so mochte. ich ihr wenig; Wahl'scheinlichkeit beimessen ;mechanische Bedeutung wil'd man hochstens als nebensachliche Funktion del' .Starkekorner .des Milchsaftsbetrachten. konnen .. "Urn nun zu erfahren, ob die Milchsaftstarke in den "Milchrohren selbst verwendet wird, habe ich mehrere grofse Versuchsreihen angestellt. ""Es sind, wie leicht ersichtlich, hier drei Falle moglich:" Entwedel' dient die Starke direkt oder indirekt zur Bildungbzw.Regeneration "der im Milchsaft gelOsten oder suspendierten organischen Substanzen, odeI' sie wird zur N eubildung "von Plasma und der Membran del' Milchl'ohren beim W achstumderselben verwandt, odeI' end. lich sie ist zur Wiederersetzung der in den Milchsaftzellen veratmeten Substanz' da. N atiirlich konnen ihr mehrere. diesel' Funktionen zugleich zukommen. Urn die etwa stattfindende Verwendung fiir die Regeneration des Milchsafts zu konstatieren, "stellte ich mehrere" umfassende Vel'suche an. Zunachst wurden grofsere Pflanzen von Euphorbia Lathyris, calendulacea, heterophylla, Peplus und helioscopia

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verdunkelt und in Abstanden von mehreren Tagen angezapft. Weitere V ersuchebezogen sich auf Keimpflanzen von Euphorbia Lagascae und Lathyris. lch liers eineo Teil der Samen unter normalen Bedingungen, andere imDunkeln, andere im kohlensaurefreien Luftraume keimen. Ein Teil der etwa acht Tage alten Keimlinge, deren Endosperm erschopft war, wurde dann durch mehrere Schnitte in die Rinde angezapft, bis nur noeh ganz wenig Milchsaft ausflofs. N aeh vier bis sechs Tagen, naehdem der Milchsaft sich teilweise regeneriert hatte, wurde das Anzapfen wiederholt, nach aeht Tagen nochmals. In anderen Versuchsreihen wurden die Anzapfungen noch ofter vorgenommen. Zur Untersuchung wurde immer der Milchsaft verwandt, welcher durch Einsehneiden in moglichster Nahe der ursprunglichen Anzapfung gewonnen war. Es zeigte sich Bowohl in den mehrfach wie.derholten Versuchen mit alteren Pflanzen als,in denen mit Keimlingen, fur die dasselbe gilt, dafs der Starkegehalt im regenerierten Milchsaft der hungernden, zu zwei und ofteren Malen angezapften Versuchspflanzen wohl weit geringer war als der der ersten Anzapfung, daCs aber die Form der Starkekorner keine Unterschiedeim Vergleich zu normalen Pflanzen erkennen liefsen. Es leuchtet leicht eiD, dars bei dieser Versuchsanstellung aus ersterem Umstande sich fur die etwaige Verwendung der Starke zur N eubildung des Milchsaftsnichts schliefsen lafst. Dafiir kann hier aUein die Form der Korner mafsgebend sein und wenn sich herausgestellt hatte, dafs die Starke des regenerierten Milchsafts stark corrodiert oder sogar verschwunden ware, so wiirde in der Tat die Annahme,. die Starke diene der Regeneration des Milchsafts, einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit gewinnen. So oft ich jedoch diese Versuche wiederholt habe, niemals konnte ieh den Eindruck gewinnen, als seien ,die Starkekorner des Milchsafts der zweiten und folgenden Anzapfungen im Vergleich zu denen derersten Anzapfung oderdenen normaler Pflanzen wesentlich in ihrer Form verandert. Die Tatsaehe, dafs der Milchsaft iiberhaupt in diesen hungernden Pflanzen regeneriert· wird, larst sich also nur so deuten, dafs die an sich schon reeht knappen Nii.hrstoffe der anderen Gewebe das Material hierzu liefern. Da sich nun eine vollige Funktionslosigkeit der Milchsaftstii.rke nicht annehmen lafst, so miissen wir die anderen oben charakterisierten Moglichkeiten in Betracbt ziehen. Gegen die Annahme, dafs die Milchsaftstarke die hei del" Atmung verloren gehenden Substanzen ersetzt, sprechen uie schon erwahnten Verdunkelungsversuche. lcb babe sowohl normale al8 angezapfte Euphorbien acht. und mehr Tage

181 verdunkelt, obne, wie gesagt, die Milcbsaftstiirke zum· Corrodieren zu bringen. In dieser relativ langen Zeit ist nun sicher der durch Atmung bedingte Substanzverlust ganz erheblich, so dafs man es an der Milchsaftstiirke erkennen mufste, wenn ·sie dazu da ware, ihn zu kompensieren. Nun kann man allerdings beobachten, dafs an Pflanzen, die mehrere Tage unter Lichtabschlnfs oder bei schwacher Beleuchtung konstanten Temperaturen von 25 oder 30 0 ausgesetzt waren, die Stiirkekorner des Milchsaftes eine auffallend schmale Gestalt bekommen. Dies ohne weiteres mit derTatsache in Zusammenhang zu bringen, daCs infolge der hohen Temperatur die Atmung w'esentlich gesteigert wird und damit, da die Assimilation ganz oder teilweise ausgeschlossen ist, ein groCserer Substanzverlust verbunden ist, und weiter zu schliefsen, dafs die Starke herangezogen werde, diesen Verlust in den Milchrohren selbst oder in den anderen Geweben zu decken, ist aber durchaus nicht statthaft. Die hohe Temperatur kann noch die verschiedensten anderen Wirkungen haben, die eine Starkecorrosion im Milchsaft bedingen; sie konnte z. B. einfach das Abschmelzen der Korner begiinstigen, indem sie auf das Agans dieses Prozesses als beschleunigender Reiz wirkt, wahrend der' gebildete Zucker im Milchsaft gelost bleibt usw. Von einer Diskussion dieser Tatsache kann hier urn so eher' abgesehen werden, als es'sich urn Temperaturbedingungen bandelt, die im normalen Leben derPflanze nie verwirklicht werden. Unter normalen Temperaturverhaltnissen, bei Veranderung der Ernahrungsbedingungen der Pflanze ist jedenfalls dieses Resultat nicht· zu erzielen. Ob nun endlich die Milchsaftstarke dazu da ist, beim Wacbstum der Milchrohren Verwendung zu finden, dariiber lafst slch vorlaufig ebensowenig etwas,Sicheres sagen. Es diirfte nicht leicht sein, in dieser Richtung exakte Versuche anzustellen. Die Einzelligkeit, der Euphorbia-Milchrohren, die starke Membran' derselben und' ihr schneUes Hineinwachsen und Verzweigen in sich anlegenden Organ en, ferner'die Neubildung der Membran nach Verletzungen, waren vielleicht Momente, die man zugunsten dieser Annahme anfiihren konnte. In Einklang damit steht auch die Beobachtung T r e u b s 1), daCs in stark hungernden BHittern die Milchrohren an den Endauszweigungen weniger oder keine Starke aufweisen, wahrend die Hauptstamme starkereich sind. Doch aIles das genugt bei weitem nicht, irgendwelche Entscbeidung zu trefl'en. . Die Frage nach der Bedeutung der Milchsaftstarke der Euphorbien mufs also nocb alg eine offene -be1) Treu·b Flora 1905.

B.

a. O. 11

182 trachtet werden. lch· mochte as nicht unterlassen, auf die vielfachen Analogien hinzuweisen, die . die Milchsaftstarke mit der Starke in den Schliefszellen der Spaltoffnungen in ihrem Verhalten zeigt. Wenn wir einst iiber deren Bedeutung genauer unterrichtet sein werden, so steht auch zu hoffen, dafs sich fur die Erforschung der physiologischen Bedeutung der Milchsaftstarke neue Gesichtspunkte ergeben.

III. Anatomischer Teil. Die im folgenden kurz mitgeteilten anatomischen Untersuchungen wurden veranlafst durch einige Angaben deB a r y 8, nach welchen, wie schon eingangs bemerkt· wurde , eine eigentiimliche Correlation zwischen Milchrohren und Siebrohren hestehen soll, in dem Sinne, dars bei. Pflanzen mit stark entwickeltem Milchrohrensystem die Siebrohren an Menge zurucktreten und umgekehrt. Da diese Angaben oft. als Beweis fiir eine ernahrungsphysiologische Bedeutung des Milchsafts herangezogen worden sind und man aus den Wiedergaben viel,. fach den Eindruck gewinnen kann, alB handle es sich urn ganz a11gemein verbreitete Verhaltnisse, so erschien es mir geboten, sie einmal genauer nachzupriifen und umfassendere Untersuchungen in dieser Richtung anzustellen. Zunachst mogen die Angaben deB a r y shier wortlich wiedergegeben werden. Er sagt: 1) ". . . Bei den iibrigen hierher gehorigen Pflanzen sind die Milchrohren immer relativ Behr zahlreich, waB besonders in den strauchartigen Stammen (Sonchus pinnatus, Campanula Vidalii) und in den Wurzeln von Cichoria,ceen, Campanulaceen, Papaveraceenauff"allt, Ulld in dem Mafse als ihre Zahl zunimmt treten die Sie br.ohren zuriick. In den an Milchrobren sebr reicben Baststrangen von 9ichoriam~enwurzeln (Lactuca virosa, Taraxacum) sind nur sparliche, engeSiebrohrenvorhanden; im Sekundiirbaste der Wurzel von Platycodongrandiflorus fand ich letztere gar nicht, ohne allerdings ihre vollige AbW~8enheit behaupten zu wollen. Am schlagendsten tritt jene wechsels~itige. Vertret\lng im. Baste von Papaveraceenwurzeln hervor; Pap. J;tboeaB, undArgemone mexicana· haben nur sehr vereinzelte Siebrohren nebendem. reiQh·entwickelten Milchrohrennetze; bei Chelidonium majus sind je~e. ,zahlreicher, wenn· ,auch. die Milchrohren vorherrschen; Glaucium Juteumhat keine Milchrohenund dafur ,starke Siehrohrengruppen. " Um eineD. Uberblick zu· gewinnen, babe ich eine grofse Anzahl vpn PHan2i~n aus den verschiedensten Familien unterBucht, natiirlich 1) DeBar y, Vergleichende Anatomie der VegetatioDsorgane 1877 pag. 541 fr.

auch aus solchen, deren Angehorige keinen Milchsaft fiihren. Da iiber die Topographie des Milchrohrensystems mehrere ausfiihrliche Arbeiten vorliegen,l) so kann ich mich hier darauf beschranken nur das mitzuteilen, was zur Kennzeichnung des relativen Mengenverhiiltnisses von Sieb- und Milchrohren erforderlich ist. Es bedarf ferner wohl keiner Erwahnung, dafs bei weitem nicht alIe der untersuchten Pflanzen bier eine Besprechung finden konnen. Es wurde ausschliefslich Alkoholmaterial zur Untersuchung verwendet. Zum Nachweis der Callussubstanz in den Siebplatten gebrauchte ich mit sehr gutem Erfolg die von S t r a s bur g e r 2) angegebene Corallinsoda. In den Fallen, in denen es sich um Differenzierung der, einzelnen Gewebearten resp. Membransubstanzen handelte, leistete das sog. Genfer Reagens (Chodat), ein Gemisch von 1 Teil Chrysoidin und 1 Teil Kongorot auf 100 Teile Wasser, das durch Zusatz von etwas Ammoniak alkalisch gemacht worden ist, gute Dienste. Am Schlusse dieses Abschnitts wird noch mit wenig Worten auf die von H abe rIa n d t u. a. auf Grund anatomischer Tatsachen angenommene Funktion der Milchrohren als Ableitungsorgane der Assimilate (Vertreter des Leitparenchyms) einzugehen sein. 1. P fl a n zen mit u n g e g Ii e d e r ten Mile h r 0 h r e n.

a) E up h 0 r b i ace e n. Unter den einheimischen Pflanzen sind die Euphorbien diejenigen, welche am starksten milch en. Demgemafs besitzen sie ein reich ver- ' zweigtes System meist sehr weitlumiger Milchrohren. Das gilt in' gleichem Masse fur die succulenten Formen wie fiir die anderen. In der Ausbildung des Siebrohrensystems machen sich dagegen deutliche Verschiedenheiten bemerkbar: es ist bei den Succulenten stark reduziert, was nach Analogie mit den Crassulaceen u. a. zu· erwarten hit, bei den nicht fleischigen Formen aber ganz typisch ausgebildet. Auch die Wurzel zeigt in Hinsicht auf die hier zu behandelnde Frage keine Besonderheiten und in der Tat finden sich in der Literatur die Euphorbiaceen nirgends als Beispiele fiir eine kompensatorische Ausbildung von Sieb- und Milchrohrensystem angefiihrt. Zur Erlauterung des Gesagten mogen einige spezielle Befunde angefuhrt werden. 1) Siehe Hanstein, Die Milehsaftgefii.fse ete., Berlin 1864; Treeul, Etudes sur les latieiferes (Ann. se. nat. 5me serie Tom. V 1865);. ferner die zusammenfassenden Darstellungen in DeB a r y, Vergl. Anat. page 447 if.; und Sol ere d e r, Syst. Anat. der Dieot. 1899. 2) Strasburger, Botan .. Praktikum 4. Aufl. 1902 page 197 und 661~ 11*

164 Euphorbia La thyris. Diese "typisohe" MilchsaftpBanze ist ausgezeichnet durch eine aerenchymatische Ausbildung des Markes und der aufseren Rinde des Stengels. Dementsprechend fehlen daselbst die Milchrohren; sie treten hauptsachlich in der inneren Rindenpartie auf nnd sind ungemein stark verzweigt, so dafs man auf dem Quersohnitt eine grofse Zahl weitlumiger, von dicker Membran begrenzter Rohren trifft. Nichtsdestoweniger ist im Siebrohrensystem nicht die geringste Reduktion erkennbar, vielmehr zeigt das Phloem eine hohe Ausbildung; bemerkenswert ist auch, dafs die Siebrohren ziemlich weit sind. Die P fa h 1w u r z e I ist stark verholzt, so dars daselbst kein parenchymatisohes Mark auftritt. Die ziemlioh breite Rinde enthiilt eine Menge Milchrohren, die zu einer ringformigen Zone geordnet sind. Die Siebrohren sind zu Gruppen vereinigt, weit und zahlreich. Von einem Zuriiektreten des einen Systems zugunsten des anderen kann man nioht reden. Euphorbia palustris ist ebenfalls eine sehr stark milehende Pflanze. Das ael'enchymatisehe Mark des S t en gels ist von einem Kreise vieleI' Gefiifsbiindel umgeben, deren Siebteile ungemein viele, zum Teil recht weite Siebrohren enthalten. Dieselben treten auch zwischen den Hauptgefafsbiindeln, aufserhalb vom Cambium in kleinen Gruppen auf, ohne dars naeh innen Geiarse gebildet sind. Die weitlumigen Milchrohren finden sich im inneren, das Phloem umgebenden Teile der Rinde, seltener in diesem selbst, ferner im peripheren Mark. Beide Systeme zeigen eine aufserordentlich hohe Ausbildung. Da die Pflanze perennierend ist, so ist die Wurzel sehr reich an Speicherparenchym. Die ziemlich zerstreuten Gefafse sind die einzigen verholzten Elemente. 1m Perieykel treten dann noch kleine Bastfaserbiindel auf. Die zu Gruppen geordneten Siebrohren sind weniger zahlreich als im Stengel und lassen sieh in bezug auf relative Menge etwa mit den en von Chelidonium maius (Wurzel, s. u.) vergleiehen. Ihr Lumen ist weit. Die Milchrohren stehen an Zahl 1) ebenfalls hinter denen des Stengels zuriiek, auch an Weite, was nicht zu erwarten ware, wenn sie als Vertreter der Milchrohren fungierten. Euphorbia cypariss~as. Del' Stengel ist stark verholzt uDd sklerenchymreich; er zeigt ebenso wie del' von E. orieDtalis die Eigentiimlichkeit, dafs er rindenstiindige Gefafsbiindel besitzt. Das Phlotim bildet um den Holzzylinder eine geschlossene Zone, die reich an Siebrohren versohiedener Weite (meist engen) von verhaltnismii.fsig dicker Membran ist. Die weitlumigeD Milchrohren fehlen im Mark, sie finden sich vornehmlioh in der inneren Rinde, seUener im Phloem. Auch bier liifst sieh eine gegenseitige Vertretung nicht erkennen. Die tetrarebe W u r z e list zwar nicbt fleischig zu Dennen, enthalt aber ziemlich viel Speichergewebe. Die Siebrohren sind zahlreioh und weit, mit oft stark geneigten Siebplatten. Daneben ist ein in Phloem und Rinde stark verzweigtes System weiter Milehrohren entwickelt. Euphorbia calendulaeea (einjabrig). Der geschlossene Holzzylinder des S tam m e s umsehliefst eiD ziemlich grofses Mark. Die einzelnen Gefafsbiindel sind aufsen von Bastfasergruppen um1) Unter "Zahl dar Milchrobren" mag bei den Pflanzen mit einzelligen

Milchrohren (Euphorbiaeeen, Apocynaceen, Asclepiadeen, Moreen) der Kiirze halber die Zahl der auf dem Querschnitt getroffenen Rohrenglieder verstanden sein.

.165 geben. Die Milohr6hren finden sioh in der primAren Rinde und im Biebteil, sind nicht sehr weit und nioht sehr zahlreich. Wesentlich anders _als der anatomisohe Bau des Stammes ist derj enige der j u n g e n Z wei g e. Hier sind die wenigen, den einzelstehenden Gefi1fsbiindeln angehorigen Gefiirse die einzigen verholzten Zellen; die Bastfasern feblen vollstiindig. Dagegen treten die Milohrohren in Rinde und Pericykel in grorser Menge auf; auch die Siebteile zeigen eine sehr reiche Entwicklung; aurser den den Xylemteilen gegeniiberliegenden finden sioh kleinere, denen nach innen kein Holzteil anliegt. Die P fa hi w u r z e I besteht der Hauptsache nach aus einem dicken Holzcylinder. Aufserhalb desselben sieht man viele zu Gruppen geordnete, weite Siebrohren. Milchrohren finden sich in der Rinde und im Leptom, sie sind nicht so zahlreich wie bei der folgenden, sonst iihnlich gebauten Pflanze, deren Siebrohren aber in der Wurzel auch an Menge iiberwiegen. E up ho r bia heterop hylla (einjiihrig). Der S tam mist stark verholzt, die Rinde relativ dunn. Die zahlreiehen Siebrohren, die zum Teil eine ansehnliehe Weite besitzen, sind zu Gruppen ver.. einigt. - In einigen Abstiinden von einander treten Selerenohym bllndel auf, unter welchen das Siebrohrensystem besonders stark entwiokelt -ist. Die stark milohende Pflanze hat in der Rinde und im Pericykel viele, weite Milohr6hren; -im Mark fehlen sie. Die W u r z e I gleioht im allgemeinen Bau der der vorigen Pflanze lind zeigt die dort erwiihnten Verschiedenheiten. Die Siebrohren sind von ansehnlicher Weite und stehen an Zahl hinter denen des Stengels kaum zuriiok. Eupho-rbia Caput Medusae. Die 1 s t e dieser stark sucoulenten Pflanze enthalten in der Rinde aurserordentlich viele, weite und dickwandige Milchrohren. Die zu einem Kreise geordneten Gefiifsbundel sind dagegen aurserordentlich sohmiichtig; das Holz ist ebenso wie das Phloem stark reduziert, die Siebrohren sind spiirlich und eng. Dieses Verhalten darauf zuruckzufiihren, dars hier die- Funktion der Siebr6hren zum Teil von den Milchrohren iibernommen wiirde, wiire absolut unbegriinde~ denn wir wissen, dars andere, nicht milchende Succulenten genau dieselbe Ruckbildung der Fibrovasalstrange erkennen lassen, die als eine Folge des Baues und der Erniihrungsweise dieser Pflanzen zu betrachten ist. Mercurialis annua. DiesePflanze. welche beim Anschneiden keinen Milchsaft austreten lafst, ist ein besonders interessantesVergleichsobjekt. Die Gefiifsbundel des Stengels sind im Kreise angeordnet, die einzelnen Vasalteile tangential durch Bricken von Holzfasern verbunden. Das Phloem findet sich nur gegenuber den Holzteilen und enthiilt viele, miirsig weite Siebrohren. Die Wurzel besteht innen aus einem vollig verholzten Cylinder, der von einer dunnen, ringformigen Biebr6hrenzone umgeben wird. Sie gleicht im Bau in vielen Punkten derjenigen von Eupb. oalendulacea und heterophylla, nur dafs die Siebrohren durchgehends enger und nicht so zahlreioh sind und sie keinen Milchsaft enthiilt. Die zu erwartende stiirkere Ausbildung der Siebrohren ist also keineswegs nachweisbar. Ein Vergleich mit der ebenfalls einjiihrigen Euphorbia Peplus zeigt im Bau des Stammes und der Wurzel eine ganz unverkennbare Ihnlichkeit; das gilt namentlioh in bezug auf die quantitative Ausbildung des Siebrohrensystems. Trotzdem enthiilt die eine POanze reiohlich Milohsaft, die andere keinen.

166 Ric i nus com m u n i s. Dem im allgemeinen kreisrunden, vielfach eingebuchteten Cambiumring des B I a tts tie Is liegt nach aufsen eine kontinuierliche, schmale Phloemzone an, die in ihrer ganzen Ausdehnung weite Siebrohren enthalt. 1m allgemeinen ist das Phloem nicht starker ausgebildet als das grofsstammiger Euphorbien.

b) A poe y nee nun d A scI e pia dee n. Der grofsen Ahnlichkeit ihres anatomischen Baues wegen mogen diese Familien zusammen besprochen werden. Das allgemeine Resultat der Untersuchung stimmt im allgemeinen mit dem fur die Euphorbiaceen gewonnenen iiberein. Dafs die Siebrohren im allgemeinen reichlich ausgebildet sind, dafur spricht schon das fur beide Familien charakteristische Vorkommen bicollateraler Gefafsbunde1. Daneben treten stark verzweigte, haufig sehrvoluminose Milchrohren auf, was sich schon aus dem starken Ausfliefsen des Milchsafts nach Verletzungen vermuten Hirst. Wenn" deB a r y 1) angibt, dafs bei einigen nicht naher bezeichneten Asclepiadeen sehr enge Siebrohren vorkommen, so ist das nicht so zu verstehen, dafs der G e sam t que rs c h nit t der Siebrohren (auf den es bei der vorliegenden Frage ankommt) im Vergleich zu dem der Milchrohren bedeutend reduziert sei oder dafs die Siebrohren so sparlich entwickelt waren, dafs sie die ihnen zukommende Funktion nicht in ausreichender Weise erfiillen konnten. Diezahlreichen mir vorliegenden Praparate haben mich vielmeh,r zu dem ubereinstimmenden Ergebnis gefiihrt, dars eine Kompensation in der Ausbildung von Milch- und Siebrohren nicht zu erkennen ist. Nerium Oleander. Der S tam m enthalt im Innen- und Aufsenbast sehr viele Siebrohren von ansehnlicher Weite. In beiden Geweberegionen finden sich auch Milchrohren, die aufserdem aufserhalb der Sclerenchymzone in der Rinde und jm peripheren Marke in reicher Menge auftreten. 1m B I a t t begleiten sie die Gefiifsbiindel, verzweigen sich nicht im Mesenchym. Beide Systeme, Milchrohren wie Siebrohren, zeigen eine hohe Ausbildung. Apocynum hypericifolium. Der ~ dicke, weifse Milchsaft der PBanze flierst bei den geringsten Verletzungen des Stengels und der Blatter in grofsen Mengen aus, Demgemiifs treten im S ten gel aufserordentlich viele, weitlumige Milchrohren auf, yor allem im extraxylaren Phloem, also innerhalb des dicken Bastfaserrings, aber auch in den Bastfasergruppen selbst finden sich Milchrohren eingestreut. Aufsen davon sind nur wenige, die dann meist dem Sclerenchym anliegen. Ferner sind sie in der Markperipherie und im inneren Leptom in grofserer Menge zu sehen. Trotz dieser enormen Ausbildung der Milchrohren enthalt das inn ere und aufsere Phloem sehr 1) a. a. O. pag. 180.

167 viele, weite Siebrohren, welche, Bach Analogie mit anderen, nioht milohenden Pflanzen von ahnliohem Habitus zu schliefsen, der Stoffleitung bei weitem Gentlge zu leisten imstande sind. R h a z y a 0 ri e n t a Ii s. Das intraxylare Phloem des S ten gel s ist starker ausgebildet als das aursere und enthiilt folglich' mehr Siebl'ohren. Aufserhalb des starken Bastrings nnd im Mark sind keine Milchrohren nachzuweisen; sie sind durchschnittlich ziemlich dunn. Eine bevorzugte Entwicklung des einen Systems auf Kosten des anderen lafst sich aber auch hier nicht erkennen. - Die W u r z e 1 ist durch das Auftreten von illterxyHirem Phloem neben extra- und intraxylarem charakterisiert. Uberall finden sich weite Siebrohren, dagegen treten die hier weitlumigen Milchrohren nur innen und aufsen vom Holzkorper auf, wenigstens habe ich sie im interxylaren Leptom nicht nachweisen konnen. Sie sind den Siebrohren gegeniiber in der Minderzahl. WeQn es sich nachweisen liefse, dafs sie bei dieser Pflanze durch die Siebrohren funktionell entlastet werden, so wurde also der anatomische Befund fur diesen speziellen Fall nicht dagegen sprechen. Vinca major. Der iufsere Siebteil ist im S ten gel ungefahr ebenso stark wie der innere entwickelt. Es find en sich viele, in Anbetracht des dunnen Stengels ziemlioh ·weite Siebrohren. Die Milchrohren sind eng und fehlen in Mark und Rind,e; im Phloem finden sich dagegen sehr viele, so dafs von gegenseitigem Ersatz der Milch- und Siebrohren nicht gesprochen werden kann. A scI e pia stu b e r 0 8 a. 1m Aufsen- und Innenleptom des S ten gel s treten Gruppen relativ weiter Siebrohten mit schmalen Geleitzellen auf. Das Lumen der Milchrohren, die aufserhalb der extraxylaren Bastbiindel und im Innenmark fehlen, sonst aber zahlreich sind, ist ebenfalls betrachtlich. - Die W u r z e 1 ist sehr parenchymreich; die Mitte wird von einem verhaltnismafsig dunnen Centralcylinder gebildet. Zwischen Endodermis und Holzkorper liegt ein dunner Gewebering, welcher ziemlich viele Sieb- und Milchrohren (ltitztere im Phloem und Pericykel) enthiilt. Eine gegenseitige Vertretung von Milch- und Siebrohren lassen die anatomischen Verhaltnisse bei dieser Pflanze, sowie bei der ganz ihnlich gebauten As c Ie pia 8 s y ria 0 a nicht erkennen. Cynanchum nigrum unterscheidet sich von den vorigen Pflanzen namentlich durch den mehr wasserigen, in geringerer Menge ausfliefsenden Saft. Die Siebr5hren sind in Innen- und Aufsenphloem reichlich vorhanden, die MHchrohren in Rinde und Mark nicht nachweisbar. Die Pflanze zeigt keine Besonderheiten, welche sie mit Rucksicht auf die hier zu behandelnde Frage interessant erscheinen liefsen. Sieb- und Milohrohrensystem weisen ungefahr die gleiche Ausbildung auf. Hoya carnosa. Die Pflanze ist bekanntlich succulent und zeigt infolgedessen im Gefiifsbiindelsystem eine Reduktion. J edoch ist zu beriicksichtigen, dars sie Schlingpflanze ist und dieser Faktor der Ruckbildung im Stengel entgegenstrebt~ so dars dieselbe hier in nicht so ausgeprigtem Mafse zutage tritt, wie es im allgemeinen fur die Succulenten typisch ist. Wir finden aufsen sparlichere Siebbundel als

168 innen. Sie stellen Gruppen dar, welche·· den Eindruck machen,. als seien sie aus einer oder wenigenParenchymzellen durch Teilunghervorgegangen. 1m lnnenbast finden sich etwas dickere Strange. 1m Durchschnitt sind die Siebrohren schmal. Auch die Milchrohren zeichnen sich nicht durch besondere Weite aus, sind aber zahlreich und treten sowohl als Bcgleiter der Siebrohrenbundel als auch einzeln im Mark und innerhalb des der primaren Rinde angehorigen Steinzellenrings auf. Auch im B I a t t finden sie sich in Begleitung der Gefafsbiindel, aufserdem verzweigen sie sich im Mesenchym. Auf eine ernahrungsphysiologische Bedeutung derselben lafst sich aus dem anatomischen Befund nicht schliefsen. Ceropegia Sandersoni zeigt mit Hoya im Habitus viele Ihnlichkeiten, doch ist namentlich im B I a t t der Succulententypus ausgeprii.gter. Der Blattstiel enthalt in der Mitte in Kreisform angeordnet die bicollateralen 'GefafsbilndeI, die ein schmiichtiges Aussehen haben. Als Begleiter derseiben und im Parenohym verzweigt treten die Milohrohren auf, deren Gesamtquersehnitt den der Siebrohren iiberwiegt. Aus eben erwahntem Grunde wird man jedoch dieser Tatsache kein weiteres Gewicht beizulegen haben. C onchoph yllum sp. Der S ten gel enthiilt im Innen- und Aufsenleptom sehr viele, zu Gruppen vereinigte, mitteIweite Siebrohren. 1m Mark, Bast und in der Rinde findet sich ain reichverzwaigtes System we iter Milchrohren. Dars diese teilweise die Funktion der Milcbrobren iibernahmen ist, nach dem anatomischen Bau zu urteilen, bocbst unwahrscheinlieb.

c) M 0 rae e e ll. Br 0 sim um Ali castrum. Die Milcbrobren sind in der Rinde des S ten g e Is miichtig entwickelt, ungleich weitlumiger als die Siebrohren. Letztere sind ziemlich eng, aber zablreicb, 80 dafs man voneinar Reduktion des Phloems nicM reden kann. Letzteres gilt namentlichauc,h fur den Mittelnerven der Blatter, der eine ringformige Gefiifsbiind,elzo~e besitzt, in deren parenchymatischem Inneren sich aucb ein starkes G~fafsbii.ndel befindet. Beide enthaIten viel Phloem, die Milchrohren sind aber dane ben ebenfalls sehr reich entwickelt. Wenn also aucb bei dieser Pflanze im Stengel, ein Mifsverhiiltnis zu konstatieren ist zwischen Miloh- und Siebrobren, so mufs docb andererseits bervorgeboben werden, dafs das Phloem durcbaus nicbt abnorm riiekgebildet erseheint. Die reicbe Produktion von Milchsaft Hefse vielleioht trotzdem eine Beteiligung desselben an der Erniihrung der Pflanze annehmen (man denke an den relativ hohen Zuckergebalt des Milchsafts von dem nabe ver· wandten Brosimum Galactodendron), bieriiber kann aber natiirlieb nur das Experiment entseheiden. Morus alb a. Die seitlicb von Markstrablen begrenzten Phloemteile des S ta mm e s enthalten zahlreiche Siebrohren mit den ebarakteristischen, grob durehbroehenen 1) Siebplatten. Die Milchrohren verzweigen sich im Bast und sekundiiren Rinden· gewebe, nieht in dem sohwach entwiekelten Mark. Der Stamm ist Btark verholzt und sebr reich an meebanischem Gewebe; aufser den in mebreren Reiben geord1) Dieses etwas abweiehende Verhalten ist wohl der Grund, weshalb Fa i v r e bei MoruB keine Siebr9hren gefunden bat.

169 neten Bastfaserbiindeln findet sich ein rinden8tAndiger Sclereidenring. Einen ganz iihnlichen Ban weist der Stamm von Mac 1u r a au ran t i a c a auf. Man kann bier ebensowenig wie bei Morus ein Zuriicktreten der Milchrohren gegeniiber den Siebrohren oder umgekehrt feststellen.

2. P fl an zen mit g e g Ii e de r ten Mil c h r 0 h r e n. a) Campanulaceen. Die Campanulaceen gehoren, wie wir sahen, zu den von deB a r y als Beispiel fUr das Vorkommen der gegenseitigen Vertretung von Milch- nnd Siebrohren zitierten Familien. Er gibt dieses Verhalten jedoch nur fur die W urzeln an, ohne die Anatomie der Stengel zu erwahnen. Diese bietet auch in der Tat gar keine Anhaltspunkte ffir obigen Satz. Aber auch fur die Wurzeln Hifst er sich, wie wir sehen werden, nicht verallgemeinern. Von denuntersuchtenPfianzen seien folgende hier kurz besprochen: Wah len b erg i a Roy lei. S ten gel: Die Bastzone bildet urn den Holzkorper einen gescblossenen Ring, der aursen von der Stiirkescheide nmgeben wird. Die Milchgefafse haben hier eine· etwas andere Anordnnng als bei den nnten zu besprechenden Campannla. Arten, indem sie im Phloem verteilt sind, sie nihern sich jedoch dem allgemeinen Typus dadnrch, dafs im centralwarts gelegenen Leptom mehr vorkommen als weiter aofsen. Isolierte Milchrohren in Mark nnd Rinde kommen ebensowenig wie bei den anderen Campanulaceen vor. Die Siebrohren sind hoch entwickelt, aufserordentlich weit nnd lang. Anch die Milchgefifse sind reich ausgebildet; an Zahl· stehen sie hinter den Siebrohren ein wenig zuriick, doch legt dies Verha1tnis keineswegs eine teilweise Vertretung der Milchrohren durch die Siebrohren nabe. Die W u r z e list aufserprdentlich reich an Parenchym und dient der pel'enniereo;.. den P:8anze, deren obe,irdische Teile im Winter vertrocknen, als Speichergewebe. Ihre Hauptstiimme erreichen eine sehr betrachtliche Dicke. In dem grofsen, intracambia.len Teil des Centralcylinders liegen die relativ wenigen Gefafse, in radialer Richtung gestreckte Gruppen bildend. Aufsen davon findet man, im Parenchym gelagert, Komplexe von bl'eiten Sieb- uod Milchrohren, die in konzentrischen Kreisen geordnet sind. 1m GegeD.8atz zum Stengel iiberwiegen hier die Milchrohren an ZahI, doch Macht das Siebrohrensystem durchaus keinen rednzierten Eindruck und ist in A.nbetraoht del' parenchymatischen N atuf der W urzel 1) gan~ normal. Pia t Ycod 0 n g ran d i fl 0 r n S. Das ringformige Leptom des Stengels ist von einem dicken Ring meeha· nischen Gewebes nmgeben, die sehr zahlreichen Siebrohren sind darin ungefahr gleichmafsig verteilt, wahrend die Milchrohren fast nul' in der dem HoIze zugekehrten Halfte des Phloems vorkommen. Die Milchrohren sind weit, etwas weniger zahlreich als die Siebrohren. Dieses Verhaltnis kehrt sich in der W u I' z e I um. DeB a r y gibt sogar an, im sekundaren Baste daselbst gar keine Siebrohren 1) VgI. hieriiber die allgemeinen Bemerknngen auf page 179.

gefunden zu haben. Beigenauer Priifung nndet man jedoch nicht weit vom Cambium entfernt kleine Biindel, die aus Siebrohren· und Geleitzellen bestehen. Auf dem Liingsschnitt zeigen sich erstere· als breite,nicht sehr lange Zellen, deren Siebplatten (wenigstens in den mir vorliegenden Priiparaten, welche teils im Mai, teils im August eingelegten Pflanzen entstammen) keine Callussubstanz enthalten und sich infolgedessen mit den gewohnlichen Reagentien nicht farben. Die Milchrohren sind aufserhalb des Cambiumrings sehr zahlreich, namentlich ifi Begleitung der Siebrohrenbundel. Sie iibertreffen, wie gesagt, die Siebrohren an Menge. Ehe man hieraus weitere Konsequenzen zieht, wirdman jedoch den sehr starkparenchymatischen Bau der fieischigen, als Speicherorgan funktionierenden Wurzel berucksichtigen mussen. 1) Ca m p anuIa s armatica. 1m S ten ge I kommen neben den normalen viele markstandige Gefafsbiindel vor. In beiden finden sich viele Siebrohren mit meist schrag gestellter Platte, daneben, als Begleiter derselben,eine grofse Zahl durchseitliche Kommunikationen verbundener Milchrohren. In Mark- und Rindenparenchym fehlen sie, was mit wenigen Ausnahmen ein den Campanulaceen eigentumliches Verhalten ist. Da die Siebrohren ziemlich lang und im Au.fsenbast· ungleichmafsig verteilt· sind, . so kann man auf Liingsschnitten leicht den Eindruck gewinnen, als seien nur wenige vorhanden. Es sind jedoch beide Systeme, Milchrohren sowohl wie Siebrohren, iippig entwickelt, 80 dafs schwer zu sagen ist, welches iiberwiegt. Die an langzelligem Parenchym reiche, dicke W u r z e I besitzt ein nur spiirlich ausgebildetes Siebrohrensystem. Auch der Holzteil der Gefiifsbiindel ist nur schwach entwickelt. Dasselbe gilt fur die Milchrohren, was bes()nders hel'vorgehoben zu werden verdient. Cam pan u I a g 10m era t a. 1m St eng e I treten aufser den normal en nur wenige, kleine Gefiifsbiindel im peripheren Mark auf. Das Phloem ist durch meist kleine Gruppen von Siebrohren gekennzeichnet. Die Milcbrohren bilden ein N etzwerk. Beide Systeme kommen sich,was die quantitative Entwicklung betrifl't, ungefiihr gleich, sie sind nicht sehr iippig ausgebildet. Die W u r z e 1 enthiilt einen grofszelligen Markcylinder, del' von spiirlichen Xylemteilen umgeben wird. Letztere sind im Parenchym eingelagert. Nach aufsen, durch das Cambium von ihnen getrennt, liegt die Bastzone, welche breite Siebrohren enthiilt. Die Milchrohren sind im sekundiiren Baste und der sekundiiren Rinde verbreitet und iibertrefl'en an Zahl die Siebrohren. Cam pan u 1a p y ram ido.l i s. Von diesel' Pflanze untersuchte ich nur die W u r z e I, die gleichfalls einen stark fieischigen Charakter hat und aufserst reduzierte Gefiifsbiindel besitzt. 1m Centrum finden sich einige zerstreute GefMse, von da gehen mehrere, vielfach von Parenchym durchbrochener, aus einer bis wenigen Reihen von Gefafsen gebildete radiale Strahlenaus. In dem aufserhalb des Cambiums befindlichen Parenchym finden sich anastomosierende Milchrohren, deren Zahl. dem fur die Campanulaceenwurzeln giltigen Durchschnittswerte etwa gleichkommt. Auf dem Querschnittsbild .sieht man, den Gefiifsteilen nach aursen anliegend, Zellgruppen, welche das AU8sehen von dunnen Siebrohren mit Geleitzellen haben. Es gelang mir leider 1) S. hieruber ebenfans pag. 179 u. 180.

171 nioht, diese auf dem Lingsschnitt mit voller Sioherheit zu erkennen, wenngleioh ioh auch nicht zwei£l.e, dars sie a1s solche anzusprechen sind. Dies ist der einzige Fall, in dem job das Vorhandensein von Siebrohren nioht mit Bestimmtheit bebaupten kann. Nun 1afst schon die starke Reduktion des Ho1zteils eine schwiohere Ausbildung des Phloems erwarten. Aufserdem ist der stark fleischige Bau der Wurzel in Betraoht zu ziehen, der, wie wir sehen werden, biufig eine Reduktion der Siebrohren zur Fo1ge hat, beides Momente, die neben den physiologischen Tatsaohen zu erwigen sind, ehe man die Mi1ohrohren, die iibrigens durohaus nioht eine besonders iippige Entwick1ung aufweisen, als Vertreter der Siebrohren ansieht. 1m Ansohlufs an diese P£l.anze mochte ich nooh eine Bemerkung einschalten, die zwar mit der hier behandelten Frage nioht in direkter Beziehung steht, aber fUr spiter zu bespreohende Tatsaohen von einiger Wichtigkeit ist. Man sieM in nebenstehender Fig~r 2 einen Teil des Wurzelinileren in dem Quersohnitt dargestellt, der vier isolierte Netzgefifse enthalt. Das sonst gleiohmifsige, grofszellige Parenchym hat auffilligerweise in der Umgebung dieser Gefifse eine ganz andere Gestalt angenommen, die Streokungsriohtnng der Zellen steht hier senkreoht auf der des Gefifses. Man fragt sich unwillkiirliob, ob man dieses Verhalten in demselben Sinne zn denten hat wie gewisse bekannte, zuerst von H abe r 1and t fiir die Leitungsbahnen der Assimilate besohriebene Verhaltnisse. Nun ist zwar bekannt, dafs die Gefafse vielfach Zucker usw., oft sogar in Fig. 2. Einzelstehende Gefiifse betrachtlicher Menge in Losung enthalten, der je- im Innern der Wurzel von Campanula pyramidalis. denfalls a,uf diesemWege translociert wird (Vergr. 50. Zeichenapp.) (Blutungssaft), doch weifs man das bisher nur von Holzp£l.anzen,l) loh mochte deshalb kaum annehmen, dafs diese Zellanordnung mit der Zuleitung organischer Substanzen zu den Gefafsen in Zusammenhang zu bringen ist, glaube vielmehr, dafs man riohtiger geM, wenn man entwicklungsmechanischen Momenten die Veranlassung zu ihrer Bildung zuschreibt. Angefiihrt wurde dieser Fall hier nur, urn zu zeigen, wie Yorsichtig man mit der physiologischen Deutung anatomischer Befunde sein mufs, und dafs man, wenn sich gezeigt hat, dafs sich gewisse physiologisohe Funktionen im anatomisohen Bau zu erkennen geben, keinesfalls ohne weitere Priifung der Tatsaohen bereohtigt ist, umgekehrt aus dem anatomischen Bau auf die Funktion zu sohliefsen.

b) K 0 m p 0 sit e n. Diese Familie ist fur die vorstehende Untersuchung besonders wichtig, weil Milchrohren nur der Gruppe der Cichoriaceen zukommen. Wir werden somit die Ausbildung des Siebteils bei den Pflanzen 1) Die Zellstreckung auf die Leitung von Wasser zuriickzufiihren, dafiir gibt 6S weder in anatomischer Hinsicht Analogien, noch ist es vom physiologisohen Standpunkt aus wahrscheinlich.

172 dieser Unterfamilie mit derjenigen der die Milchsaftgefafse entbehren· den Tubulifloren vergleichen konnen. Die Anatomie der Kompositen ist schon mehrfach genauer untersucht, 1) jedoch meist ohne Beriicksich· tigung der hier. in Betracht kommenden Frage. Auch betreffen diese Untersuchungen meistnur den Stengel, so dafs wir, was iibrigens auch fiir viele andere Familien gilt, iiber den Bau der Wurzel viel weniger genau unterrichtet sind. DeB a r y gibt fiir die an Milchrohren reichen Baststrange der W urzeln von Lactuca virosa und Taraxacum officinale .das V orhandensein von sparlicben, engen Sie brohren an. Wir werden zu priifen baben, ob man hier tatsachlich eine Vertretung im anatomiscb-physiologischen Sinne annehmen mufs, ferner ob die angefiihrten Beispiele einen allgemeinen Typus reprasentieren oder ob sich die verwandten Pflanzen anders verhalten. a.) Ligulifloren.

Lac t u caS car i 01 a. Die sehr zahlreiohen Milohrohren des S ten g e Is umgeben in einem fest geschlossenen Halbkreis dieaufseren Phloembundel. Diese enthalten viele zum Teil sehr weite Siebrohren. Den Gefafsbundeln gegeniiber, nach innen, liegen intraxylare Phloemgruppen, gleichfalls weite Sieb- und Milohrohren enthaItend. Es zeigen also beide Systeme eine iippige Entfaltung. - Die W u r z e list holzig und hat eine nur diinne. Rinde. Der Holzkorper reioht bis in die Mitte des Centralcylinders, so dafs kein parenchymatisches Mark vorhanden ist. Es finden sich ebenfalls viele weite Siebrohren und zahlreiche stark anastomosierende Milchrohren. Die letzteren liegen zwischen Endodermis und Bastzone. Fur eine Vertretung der Siebrohren durch Milchsaftgefafse und urngekehrt kann der anatomische Befund keine Anhaltspunkte geben. Lac t u c a v j r 0 s a. Der B 1 at t s tie 1 dieser Pfianze hat die ffir die Cichoriaceen charakteristische Ausbildung: im Parenchym liegen zahlreiche Fibrovasalstrange von etwa ovalem Querscbnitt. An der der Blattunterfliche entsprechenden Seite Iiegt das Leptorn in Gestalt einer balben Kreisfiacbe, von einem halbmondforrnigen Collenchymstrang umschlo8sen. Auf diesen foIgt naoh sufsen das System der Milchsaftgefafse, welche als geschlossenes Band etwa 2/3 bis 3h vom Umfang des Fibrovasalstrangs einnehmen. Nur der Holzkorper wird nicht von Milchrohren umgeben, doch findet sich an dessen Aufsenseite, ihnlich wie beirn Leptom, ein schwacher Collenchymstrang. Daneben kommen noch kleinere Bundel vor, die entweder nur aus Miloh- und Siebrohren bestehen oder ganz wenige Gefafse mit etwas mechanischem Gewebe enthalten. Die Siebrohren sind zwar nicht breit, aber sebr zahlreich; ihr Gesarntquerschnitt ist etwas grofser als der des im iibrigen sehr hoch entwickelten Milchrohrensystems. Der durch dfinne Markstrahlen unterbrochene solide Bolzkorper des S ten gel s bat am Aufsenrand Einbuchtungen, in welchen die Leptomstrange liegen. Aufserdem kommen markstandige Baststrange vor, welche so angeordnet 1) S. besonders V uill ern in, Tige des CompoBaes.. These (Nancy). Paris 1884.

110 sind, dafs man den Eindruck von bicollateralen Gefiifsbiindeln gewinnt. 1m Pericykel iet ein Ring machtiger weiteI' Milchrohren; dieselben kommen im Bast selbst nur vereinzelt vor und sind dort viel englumiger. Von letzterer Art finden sioh auoh welche in den- intraxyliiren Phloemteilen, meist centralwarts an der Markgrenze gelegen. Die Siebrohren sind zwar dunn, aber zahlreich. Schon die Tatsache, dafs hier trotz des reich entwickelten Milcbrohrennetzes eine Uberproduktion von Siebrohren im Mark stattgefunden hat, weist darauf hin, dafs beide Organe sich in ihrer Funktion nicht ersetzen konnen. - Was endlich dieW u r z e 1 anbetrifft, so enthalt sie einen dunnen Markcylinder und ist bedeutend reicher an Parenchym als die von Lactuca Scariola. Die schmalen, radial gestreckten Xylembiindel sind in grofszelligem Parenchym eingelagert, dessen Masse die der Holzelemente bei weitem ubertritrt. Auch die sekundare Rinde ist bedeutend breiter als bei voriger Art. Die Phloemteile bilden vom Cambium ausgehende, in das Parenchym ragende Gewebekomplexe, welche reich an weiten Siebrohren sind. Die Milchrohren, welche sich nur aufserhalb des Cambiums finden (wie bei allen untersuchten Cichoriaceenwurzeln), treten entweder im Leptom als Begleiter der Sieb.rohren auf oder einzeln bezw.zu Gruppen vereinigt in der Rinde. Sie kommunizieren durch viele Queranastomosen. Ich habe nieht die Uberzeugung gewinnen konnen, dars die Milchrohren hier, wie es deB a r y angibt, die Siebrohren teil weise vertreten sollen. Zwar sind die Siebrohren nicht in ubermafsiger Menge vorhanden, sie sind aber keineswegs sparlich und eng. Anderseits zeigen die Milchrohren im Vergleich zu anderen Cichoriaeeenwurzeln durchaus keine abnorm hohe Entwioklung. Cichorium In tybus. Der Stengel ist ahnlich wie der der beiden eben beschriebenen Pflanzen gebaut; die Phloemteile, welehe auf dem Querschnitt die Form einer halben KreisHache haben, ragen in Einbuchtungen der Holzkorper hinein und sind aufsen zunachst von mechanischem Gewebe umgeben, dessen periphere Grenze von der Schutzscheide durch eine einschichtige Zahl Milchrohren getrennt ist. Diese bilden somit einen, von aufsen gesehen, konvexen Halbkreis, der sich bis ans Cambium erstreekt und an seinen Enden meist durch eine kleine Gruppe von Milehrohren abgeschlossen wird. Aufserdem kommen kleine von Milchrohren begleitete Siebbiindel vor, ~ie nicht in den Holzkorper hineinragen. 1m Phloem selbst sind nur wenige Milohrohren. Ein Zuriicktreten der Siebrohren gegenuber den Milohrohren liegt hier nioht vor. - Die W u r z e 1 ist stark parenohymatisob und zeigt in ihrem Bau manche .lhnlichkeiten mit der von Taraxaoum officinale, die unten zu besprechen sein wird; doch ist das Verhii,ltnis mehr zugunsten der Siebrijhren verschoben, die auch breiter sind. Man kann stark im Zweifelsein, ob man Milchoder Siebrohren als die vorherrschenden Elemente betraohten soll. JedenfaUs wird man diesen Fall fiir die physiologische Hypothese nicht ins Feld fuhren konnen. Cichorium Endivia. Der parenohymreiche Centraleylinder des S ten g e Is enthii,1t Gefafsbundel von versehiedener Grofse mit durchgehends schwach entwickeltem Holzteil. Sie sind innen und aufsen von Collenehym umgeben. Die Siebrohl"en sind reich entwickelt, von mittlerer Weite. Die Milchrohren umgeben wie gewohnlieh .die Gefafsbiindel aursen. - In der W u r z e 1 bilden die Xylemteile einen geschlossenen Cylinder, der arm an grofszelligem Parenehym, dagegen sehr stark verholzt ist. In das aufserhalb des Cambiums gelegene parenchymatische Gewebe sind viele

114 grofse, radial gestreckte Zellgruppen eingelagert. Die Siebrohren, durchschnittIich ebenso weit wie die Milohrohren, finden Rich vorwiegend in den centralwiirts gelegenen Gruppen, wihrend nach der Peripherie zu die Milchrohren uherwiegen, bzw.die Siebrohren ,fehlen. Weder der anatomische Bau der Wurzel noch der des Stengels dieser Pflanze berechtigen dazu, anzunehmen, dars die Milch- und Siebrohren als Organe gleicher Funktion sich gegenseitig vertreten. Taraxacum officinale. Der Blattstiel zejgt die bei Lactuca virosa beschriebene Struktur. Milchund Siebrohren sind hier reich entwickelt. - Die mehrfach untersuchte W u r z ell) sowie das bei etwas ilteren Pflanzen ganz ihnlich gebaute Rhizom zeichnet sich bekanntlich durch ihren Parenchymreichtum, die' spirliche Entwicklung der Gefirse und vor aHem die ringformigen Zonen von Milch- und Sie brohren aus. Erstere iiberwiegen an Zahl; sie haben ungefihr dieselbe Weite wie die Siebrohren. Da diese nun in mehreren Kreiszonen verteilt sind, so scheint ihre Ausbildung sehr durftig zu sein, wihrend ihre absolute Menge nicht so gering ist als man auf den ersten Blick vermutet. JedenfaHs zwingen die anatomischen Tatsachen nicht zu der Annahme, die Siebrohren seien fur die notige Leitung plastischer Stoffe unzureichend entwickelt und ihre Funktion musse zum Teil von den Milchrohren verrichtet werden. Unter Berucksichtigung der fleischigen Konstitution der Wurzel und des Rhizoms wird man fur eine solche Annahme mindestens den streng physiologischen Beweis ford ern mussen. ' .M u I g e diu m mac r 0 ph Y11 u m.

Es kam nur der Blattstiel zur Untersuchung, der den typischen, fur Lactuca virosa beschriebenen Bau zeigt. Er demonstriert in typischer Weise eine sehr kriftige Ausbildung beider in Frage kommenden Gewebeelemente. Soolymus maculatus. Der St en g el hat den beschriebenen, charakteristischen Bau (vgl. Lactuca virosa); im Mark finden sich kleine Phloemteile, die Milch- und Siebrohren fuhren. Die Siebrohren sind sehr weitlumig und zahlreich; dasselbe gilt fur die Milchsaftgefarse. Die W u r z e list zwar reich an Parenchym, aber durchaus nicht in dem Sinnefleischig wie die von Taraxacum oder Cichorium. Sie enthiilt sehr viele und waite Siebrohran, daneben ist da's Milchrohrensystem aufserordentlich michtig entwickelt.Die Milchrohren treten in der Regel in Begleitung der Siebrohrengruppen auf. Gegeniiber den starken Bastbiindeln ist die Endodermis verdoppelt und bildet einen Harzkanal, was mit Bezug auf die im Abschnitt IV zu besprechenden anatomischen Tatsachen schon hier erwihnt sein mag. Hieraci um tomento sum. 1m S ten gel treten starke Siebrohrenkomplexe in den Ausbuchtungen des Holzkorpers auf, aufsen von mechanischem Gewebe umgeben. Zwischen den Hauptgeiafsbundeln finden sich noch klein ere Bastbiindel. Die Milchrohren bilden einen lockeren Ring, innerhalb der Schutzscheide; vereinzelt treten sie auch im Phloem auf. Die Siebrohren sind nicht sehr weit, aber zahlreich, somit beide Systeme ausgiebig entwickelt. Die Wurzel enthilt einen dunn en Markcylinder

1) Vgl. die Abbildungen bei Hanstein a. a. 0: und in Tschircho e st e r Ie, Anatom. Atlas 1900 Tar. 83.



175 und ein an Gelilsen reiches Xylem. Sie ist nicht fleischig. Die Milchrohren finden sioh im Perioykel, Phloem und in del' Rinde. Die zahlreichen Siebrohren sind zu Gruppen ve~einigt. Fur eine eventuelle physiologische Vertretung heider IMst sich aus dem anatonllschen Befund nichts entnehmen. ~)

Tub u 1i fl 0 r e n. Als allgemeines Kriterium der untersuchten Pflanzen {fihre ioh' das Fehlen markstandiger Gefafsbiindel an, die bekanntlich hei den Tuhulifloren weitaus seItener sind als hei den Cichoriaceen. Mel amp 0 diu m I' hom hoi d e urn. Der S ten gel ahnelt in seinem Bau sehr dem von Hieracium tomentosum, doch ist del' Holzteil schwacher. Das Phloem zeigt im Vergleich zu Hieraciumund der ehenfalls milchsaftfiihrenden To I pis h a r hat a ,die eine ganz ahnliche Achsenstruktur besitzt, keine Reduktion. Die W u r z e I ist stark verholzt; nach aufsen vom Cambium finden sich kleine, radial gestreckte Gruppen von Siebrohren mit Geleitzellen. Die Siebrohren sind nicht sehr breit und treten in viel geringerer Quantitiit als im Stengel auf. A. g era t i u m con y z 0 ide s.

Der S ten gel enthiilt ein grofszelliges Mark, ist aber ziemlich stark verholzt. Das Xylem hat an del' peripheren FHiche Ausbuchtungen, in denen die auf dem Querschnitt langgestreckten, schmalen Bastteile, von Sclerenchym' umgeben, liegen. Die Siebrohren ,haben nicht ganz dieselbe Weite wie die der vorigen Pflanze. Sie sind beispielsweise auch viel schmaleI' und weniger zahlreich als die von Scolymus maculatus und Cichorium Endi,ja. Die W u r z e list holzig. Die zu Gruppen vereinigten Siebrohren sind hier ziemlich weit, ihr Gesamtquerschnitt jedoch viel kleiner als der im Stengel. 1m Vergleich zu ahnlich gebauten Cichoriaceenwurzeln (Lactuca Scariola) zeigt die Pflanze keine besonders starke Ausbildung der Siehrohren. Mid r 0 Ion c h u s ten ell u s. Der S ten gel ist nach dem allgemeinen Typus gebaut. Die Einbuchtungen sind tiefer als bei vorigerPflanze.. Die Siebrohren sind zahlreichund we-iter. als die derbeiden eben beschriebenen Pflanzen. Sie erreichen fast die Weite derjenigen von Scoly~y.s maculatus (milchsaftreiche Liguliflore). Die W u r z e 1 ist auch bei dieser Pflanze stark verholzt. .Dcsgleichen zeigt sich bier die allgemein verbreitete Erscheinung, dafs die Siehrohren an. Zahl denen des Stengels nachs.tehen. Sie erreichen auch. nicht dieselhe Weite. 1m Bau gleicht diese Wurzel sehr. dervon Hieracill m tomentosum, ohn~ d~fs. bei letzterer Pflanze eine schwachere Ausbildung der Siebrohren hervortrate. Centaurea

axH~aris.

Die Achsensti'uktur des S ten gel s zeigt keine auffii.lligen Besonderheiten. Das mechanische Gewebe ist stark entwickelt. Die Siebrohrensind zahlrei.ch und von mittlererWeite (im Durchschnitt etwas schmaler als die von Lactuca Scariola); sie gleichen an . Menge , auchan Durchmesser ungefihr denen vou Cichorium IntyhuB. .Die W u r z e list sehr holzarm. Sie besteht der. Hauptsache nach aus einem eigentiimlichenParenchymgewebe, dessen ZelIen sichdurch ganz un gleichmafsige Wandverdickungen auszeichnen. Gegeniiber den einzelnen, s.chwachen

176 Holzbundeln tritt ein spirliehes, seitlich von je einem Harzgang umgebenes PhloiSm auf. 1m ganzen enthilt die Wurzel sehr wenige, enge Siebrohren, die im Bastteil in Lingsreihen geordnet sind. Die von de Bary alsBeispiel fur sahr reduziertes Siebrohrensystem angegebene Lactuca virosa, die gleiohfalls eineparenchymreiche Wurzel besitzt, iibertrifft diese Pftanze an Menge und Gesamtquerschnitt der Siebrohren bei weitem.

c) Pap a v era c e e n. Diese Familie bietet ein besonderes Interesse, weil sie nach deB a r y die gegenseitige Vertretung von Milch- und Siebrohren am 8chlagendsten .demonstrieren 8011. lch bespreche sie deshalb bier an letzter Stelle. Pap aver s tric tum. Der Stengel enthiltviele, starke Gefiifsbiindel. 1m grofsen Siebteil treten mehrere, oft viele Milchrohren auf, welohe an Weite den Siebrohren ungefihr gleichkommen oder sie iibertrefl'en, an Zahl hinter ihnen zuriickstehen. Beide Systeme zeigen eine hohe Entwicklung. Die W u r z e list, wie die der meisten Papaverarten, sehr parenchymreich. Die weiten und relativ kurzen Siebrohren sind mit ih,en Geleitzellenzu kleinen Gruppen vereinigt, welche von Milchrohren begleitet sind. Die mehr nach der Peripherie gelegenen Gruppen sind an den oft dicken Callosewiilsten der Siebplatten kenntlich. Was die Menge der Siebrohren betrifl't, so nimmtdie Pftanze eine MittelsteUung zwischen den beiden gleioh zu bespreohenden Extremen, Papaver bracteamm und Rhoeas, ein. Die Milchrohren der Wurzel sind zahlreich; abgesehen von den en, welche die Siebrohren begleiten, finden sie sich aufserhalb der Bastl'egion zu kleinen Gruppen vereinigt. 1m ganzen herrschen wohl die Milohrohren vor, doch sind. auch die Siebrohren aufserordentlich zahlreich. J edenfalls bietet der anatomische Befund fiir die Annahme eines gegenseitigen funktionellen Ersatzes keine Stiitze. Papaver bracteatum. Der Stamm enthiilt viele, aufsen von mechanischem Gewebe umgebene Gefiifsbiindel. Die zahlreichen Milohrohren sind im Phloem verteilt; daneben tritt ein· iippig entwickeltes Siebrohrensystemauf. Die W u r z e I zeichnet sich wie hei voriger Pftanze durch Parenchymreichtum aus. In dem stiirkereichen Speichergewebe liegen Biindel von weiten Siebrohren mit grofson Geleitzellen. Erstere hatten an den von mir untersuohten, im August eingelegten Pflanzen vielfach dioke Calluswiilste. Sie treten in grofser Menge auf. Niohtsdestoweniger ist da8 :Mllohrohrensystem reich ausgebildet, namentlich findet man in der ilui'seren Rinde viele Gruppen von anastomosierenden Milohsaftgefiifsen. Weiter innen schliefsen sie sich den Siebrohrenbiindeln an . . Pap aTe r Rho e as. Die Gefifsbiindel des B 1 fl ten s t i els sind aufsen Ton Collenohym umgeben. Jedesderselben enthilt zwar nioht viele, aber sehr weitlumige Milohrohren al8 Begleiter der Siebrohren. Diese· sind zwar enger als die Milchrohren, ihr Durchmesser ist· aber trotzdem relativ· grofs und sie sind zahlreioh. Die einzelnenSiebrahren sind sehr lang, 80 dars man auf dem Lingsschnitt relativ wenig ~ieb­ platten zu sehen bekommt. Von einer gegenseitigen Vertretung beider Elemente ist niohtszu aehn. Die an Speichergewebe aufserordentlioh reiohe Wurze-I wird

111 yon deB a r'y als Beispiellilr das Vorkommen einer spiirliohen Ausblldung der Siebrabren zuganste:n des' reioh eniwickeIten llllohrohrennetzes angefiihrt. Es lafst sioh nicht bestreiten, dafs gegenuber den beiden vorerwihnten Aden bei' dieser die Siebrohren an Menge bedeutend zUrUoktreten, doch wiirde es den Tatsacben nieht ganz entsprechen, ihr Vorkommen als "sehr vereinzeU" zu bezeicbnen. Man findet nimlicb ebenso in dem an das Holz aufsen angrenzenden Parenchym Zellgruppen, welche sich anf dem Lingssehnitt als typische weite Siebrohren mit Geleitzellen zu erkennen geben, nur sind diese Gruppen nieht 10 grofs und zahlreich als bei den beiden vorigen Pflanzen. Besonders hervorzuheben ist nun, dafs die 1fIilehrohren keineswegs eine reichere' Ausbildung erfabren als bei Papaver brac~ teatum nnd strictum und infolgedessen der Schlufs, es triten in den -Papav:eraceenwurzeln die Siebrohren da znriick, wo das Milchrohrensystem iippiger enUaItet lei nnd nmgekehrt, keine allgemeine ffiltigkeit haben kann. PapaTer n u dieaule. Der ziemlich diinne Bliitenstiel dieser Pflanze, der allein zur Untersuohung 'Torlag, enthilt viele Gefifsbiindel mit stark entwickeltem Siebteil,·. in welohem die ziemlieh schmalen Mllchrohren eingelagert sind. Die Siebrohren sind langgestreokt, etwas schmaler, aber zablreioher als die Milchrohren. Argemo~e

mexioana. Der S ten gel ist reich an Gefifsbiindeln. Deren stark entwickeltes Leptom enthilt sebr viele, aufserstweite Siebrohren. Die Milchrohren sind im Bastteil unregelmifsig verteilt, ebenfalls weitlumig. Beide Organsystem~ sind hoch ausgebildet, von gegenseitiger Vertretung isi nichts zu sehen. Die W u r z e 1 steht in bezug auf Ausbildung des Siebteils nach de Bary mit Papaver Rhoeas auf einer Stufe. Wenngleich im einzelnen Verschiedenheiten bes'tehen, so ist jedenfalls nicM zu verkennen, dafs sie im ganzen wenige, zu· kleinen Gruppen geordnete Siebrobren enthilt and in dieser Hinsicbt Papaver Rhoeas sogar noch nachsteht. Auf dem Lingsschnitt sieM man, dafs diese weite Siebplatten haben and durchsohnittHch linger sind als die der Papaverarten. Die Milchrohren sind, wie das bei den Papaveraceenwurzeln verbreitet ist, zu Gruppen geordnet. Obgleich sie ziemlich reich entwickelt sind, so ist doch sehr bemerkenswert, dafs sie sowohl bei Papaver Rhoeasds auch bei dem an Siebrohren sehr reichen Papaver bracteatum in weit grofserer Menge auftreten, so-wohl in relativem wie in absolutem Sinne. Es scheint mil Bonaoh nicht berechtigt zu sein, aus dem rein anatomischen. Befund eine Schlufsfolgerung liber die. pbysiologische . Funktion der Milchrohren abzuleiten. Dafilr bietet auch die Aohsenstruktnr von Bocoonia mierocarpa keine Stiitze. Die schnell waebsende, iiberaus kriftig entwickelte Pftanzemacht eine ausgiebige Ernahrung aller ihrer oberirdischen Teite notwendig. Dementspreehend findenwir im Phloem des S ten ge Is eine grofse Menge ungemein weiter uud langer Siebrohren mit schmalen Geleitzellen.Die· sehr zahlreichen, im Kreis geordneten Gefifsbilndel liegen nahe beieinander und· sind nUl durch enge Parenchymbrueken getrennt. N eben sehrkraftigen Stringen mit stark entwickeltem Holzteil finden sieb ane 'Obergange zu· ganz 8ehwachen, bei denen das Xylem reduziert ist, Gefafse zum Teil gar ni~ht zur Ausbildung kommen. Das Phloem ilt jedoeh immer reioh entwiekelt, demHabitlls der PHanze entspreehend findet Flora 1905.

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178 eine Uberproduktion von Siebrohren statt. Trotzdem tritt ein aufserordentlich machtiges Milchrohrensystem auf, sowohl innen 0.18 aufsen die Gefii.fsbiindel ~ umgebend. Der Siebteil selbst ist frei von Milchrohren. Soweit Analogieschliisse Geltong beanspruchen konnen, mufs man hier angesichts der sehr reichen Ausbildung des Leptoms annehmen, dafs die Siebrohren vonauf geniigen, die an die Leitung der plastischen Stoffe gestellten Anforderungen zu erfiillen. J edenfalls mach en die anatomischen Tatsachen die Annahme, dafs die Milchrohren daran beteiligt sind, nicht .wahrscheinlich. Die kraftige Entwicklung letzterer lafst auch den umgekehrten Schlufs nicht zu. Die W u r z e 1 ist nicht so reich an Milchrohren wie der Stengel. Sie enthiilt kleine Gruppen weiter Siebrohren. Da die oberirdischen Teile im Herbst absterben nnd vorher die plastischen Stoft'e Jlach den Wurzeln leiten, so sind diese reich an Speichergewebe. Die Verteilung der Sieb .. rohren ist etwa dieselbe wie bei Papaver Rhoeas, Milchrohren finden sich jedoch weniger. Chelidonium maj U8. N eben den grorsen, an Siebrohren reichen, von Milchsaftgefaf8en innen und aufsen umgebenen Gefiifsbiindeln (im Bast selbst treten nur vereinzelte Milchrohren aut) des B I a t t s tie Is finden sich kleine Baststriinge, aus Sieb- und Milchrohren bestehend. Der S ten gel zeigt in dieser Hinsicht denselben Bau. Die Siebrohren sind ziemlich lang und treten auch hier in sehr grofser Menge auf. Korrelative Beziehnngen in der Ausbildung beider Organsysteme lassen sich nicht erkennen. Die W u r z e list sehr reich an Speichergewebe. Das System bildet keinen geschlossenen Ring, sondern die einzelnen Gerafse oder Gefiifsgruppen liegen im Parenchyrn eingestreut. Es finden sich zahlreiche, kleine Gruppen von Siebrohren, zurn Teil von Milchrohren begleitet. Die Milchrohren sind hier weniger zu Gruppen geordnet, sondern finden sich auf dem Querschnitt einzeln oder zu zu wenigen (zu zweien) vereinigt. Was die Menge der vorhandenen Siebrohren betrifft, so lafst sie sich etwa mit der von Papaver Rhoeas vergleich~n, die sie nur um weniges iibertrifft. Milchrohren finden sich mehr als bei Papaver Rhoeas, wiihrend man nach der Theorie der gegenseitigen Vertretung beider Elemente das Umgekehrte vermuten sollte. Glaucium luteum gehort bekanntlich zu denjenigen Papaveraceen, die keine Milchrohren besitzen. Der S ten gel enthiilt viele Gefiifsbiindel, welche aus keilfOrmig in s lunare vorspringenden Hadromteilen und stark entwickeltem Leptom zusammengesetzt sind. Die Siebrohren sind sehr weit und lang, von schmalen Geleitzellen begleitet. Man wird nicht fehlgehen, diese hohe Ausbildung aus dem kraftigen Habitus der Pflanze zu erkliren, welcher eine reiche Nahrstoft'zufuhr benotigt. Sie ist mit dem Fehlen der Milchrohrcn ~ in Zusammenhang zu bringen, scheint mir nach dem Vergleiche mit der an Entwicklung des Leptoms ungleich hoher stehenden, sehr stark milchenden Bocconia eine sehr wenig wahrscheinliche Annahme. Ubrigens liegen die Verhiltnisse keineswegs 80, dafs sich auf den ersten Blick das Feblen der Milchrohren in der reicheren Entfaltung der Siebrohren geltend machte. - Die Wur z el hat an Stelle der Milchrohren weite Sekretschlauche in der Aufsenrinde. Die Siebrohren stehen in Biindeln im Parenchym verteilt und sind von Behr verschiedener Weite. Wie deB a r y richtig bemerkt, sind sie hier reicher ausgebildet alB bei Papaver Rhoeas und Argemone mexicana. Ehe man aber diese Erlcheinung

179 auf das Feblen der Milchrohren bei Glaucium zuriiokfiihrt, wird man 811ch· andere Papaveraoeen zum Vergleich heranziehen mussen. So ist z. B. die Wurzel von Papaver bracteatum trotz ihres hohen MilchsaCtgehalts viel reicher an Siebrohren als die von Glaucium, so dars also die Entscheidung der Frage, ob die Milchrohren eine ernahrongsphysiologische Funktion besitzen, auch in diesem Falle aussehliefslich vom physiologischen Experiment abhangen kann.

Wenn wir nunmehr die mitgeteilten Tatsachen uberblicken, so ergibt sich zunachst fur den Stengel der milchsaftfiihrenden Pflanzen als ganz allgemeines Resultat, dafseine gegenseitige Vertretung von Milch- und Siebrohren in keinem der zahlreichen untersuchten FaIle nachzuweisen ist. Vielmehr Hifst eine vergleichende Betrachtung beider Organsysteme keine korrelativen Beziehungen erkennen und ruft den Eindruck hervor, als haben sie sich selbstandig, ohne in funktionellen Beziehungen zu stehen, . entwickelt. Die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme grundet sich unter anderem auch auf die Tatsache, daCs viele sehr stark milchende Pflanzen eine Uberproduktion von Phloem zeigen, indem sie entweder bicollaterale (Apocyneen, Asclepiadeen) . oder aufser den normalen markstandige GefaCsbiindel besitzEm (Cichoriaceen, Campanulaceen). Man wird We s t e r m a i e r 1) recht geben mussen, wenn er bei den Campanulaceen das Auftreten dieser markstandigen Gefafsbiindel mit dem grofseren Bliitenreichtum und der grofseren Hoheder Pflanzen, die sie besitzen - zwei .Umstande, die natiirlich eine Zunahme der Eiweifs leitenden Elemente notig machen-, in Zusammenhang bringt und nicht fehlgehen, denselben Anlafs fur die Cichoriaceen anzunehmen. Ubrigens ist, was nebenbei erwiihnt sei, . bemerkenswert, dafs bei den Tubulifloren diese markstandigen Gefafsbundel aufserordentlich selten sind. Die allgemeine Giltigkeit dieses fiir den Stengel· gewonnenen Ergebnisses Hifst sich nun nicht ohne jeden Vorbehalt· in gleichem Mafseauf die Wurzeln iibertragen. Es gibt namlich hier, wie wir sahen, vereinzelte Falle, in denen die Siebl'ohren bei reich entwickeltem Milchrohrensystem in nur. geringer .Menge ariftreten. Schon im Verlaufe der Darstellung wurde aber. darauf hingewiesen, . dafs die Forde rung , . welche nach der Theorie des physiologischell Ersatzes von Milch- und Siebrohren erfiiUt sein· mufste, dafs namlich in den eben erwahnten Fallen die Milchrohren urn so mehr 3:n Zahl zunehmen, je mehr die Siebrohren zuriicktreten, nicht erfiillt ·ist. Damit ist schon die Frage nahe gelegt, ob sich die Reduktion des Siebrohrensystems 1) Westermaier, Beitritge zur vergleichenden Anatomie derPflanzen. Monatsberichte der KgJ. Akad. d. Wiss., Berlin 1881, pag. 1064 if. 12*

1S0 nicht vielleicht auf andere Umstande zuriickfuhren larst. Nun sahen wir 'weiter, dars die beobachtete Riickbildung ausschliefslich in fleischigen W urzeln zu beo bachten ist (Papaver Rhoeas, Argemone mexicana, Chelidonium majus, Campanula pyramidalis, glomerata, Taraxacum officinale). Diese Tatsache veranlafste mich, daraufhin andere fleischige W urzeln, die keinen Milchsaft enthalten, zu untersuchen, und es stellte sich in der Tat heraus, dars diese in sehr vielen Fallen ganz dieselbe Erscheinung zeigen. Besonders deutlich ist dieses Verhalten z. B. in den W urzeln von Sinapis alba und Cochlearia Armoracia zu erkennen, die ein viel reduzierteres Siebrohrensystem hesitzen als heispielsweise Papaver Rhoeas oder Chelidonium. Schon im allgemeinen zeigen ja die Wurzeln eine schwachere Ausbildung der Siebrohren als der Stengel, was jedenfalls in deren geringerer Wachstumsintensitat seinen Grund hat; dars erstere bei fleischigen W urzeln hesonders gering ist, hangt vielleicht mit deren Hauptfunktion als Speichergewebe zusammen. Man konnte sich wenigstens vorstellen, dars die Ernahrungstatigkeit dieser W urzeln ahnlich der succulenter Pflanzen eine besonders schwache ist und dars sie infolge des hohen Gehalts an Kohlehydraten, welche ja wahrscheinlich nicht in den Siebrohren, sondern durch das Parenchym geleitet werden 1) und der stets reichen Zufuhr von Salzen in den Gefafsen die wenigen zu ihrem Wachstum notigen Eiweifsstofl'e selhst bilden und daher nur geringer Zuleitung derselben aus den oberirdischen Organen bediirfen. Vielleicht geniigt aber auch die veriangsamte Ernahrungstatigkeit selbst zur Erklarung der Riickbildung der Siebrohren. Vorlaufig lassen sich hieriiber natiirlich nur Vermutungen aussprechen. Ich' murs ferner hervorheben, dafs der Satz, dars eine sparliche Entwicklung des Siebrohrensystems im allgemeinen bei fleischigen W urzeln vorkommt, keine Umkehrung zulafst in dem Sinne, dars aIle fleischigen W urzeln dieses Verhalten zeigten. Ohne Zweifel spielen hier verschiedene noch unbekannte Faktoren mit, vor aHem wohl die Aushildung der oberirdischen Pflanzenteile. Es ware erwiinscht, die Bedingungen der quantitati ven Ausbildung des Siebrohrensystems einmal genauer experimentell zu erforschen, eine Aufgabe, deren Losung durchaus nicht in das Bereich der U nmoglichkeit gehoren diirfte. Wir sehen also, dafs die FaIle, welche als Beweis fiir den physiologischen Ersatz von Milch- und Siebrohren angefiihrt worden sind, mehrere gewichtige Einwande zulassen und daher urn 80 weniger zu \

1) V gl. H abe rIa n d t, Physiol. Pfianzenanatomie 3. Aufl. 1904: pag. 292 und die Erwiderungen auf die Ausfiihrungen C zap e k s pag. 350.

181 Schlufsfolgerungen berecbtigen als wir selbst dann, wenn der anatomische Befund ein Zurucktreten der Siebrohren bei viel reicherer Ausbildung des Milchrohrensystems klar erkennen liefse, nicht· ·das Recht haben wurden, die fiir vereinzelte FaIle wahrscheinlich gemachte Annahme irgendwie zu verallgemeinern. Infolge der an sich schon geringen Beweiskraft anatomischphysiologischer Befunde habe ich von zahlenrnafsigen Angaben abgesehen, was mir urn so mehr gerechtfertigt erschien, als wir nur dann allenfalls aus anatornischen Tatsachen Schliisse auf physiologische Funktionen ziehen konnen, wenn die FaIle ganz pragnant sind und ohne weiteres in die Augen springen. Es eriibrigt nun noch, auf die von H abe rIa n d t 1) ausgesprochene Ansicbt, nach welcher die Milchrohren das Leitparenchym funktionell entlasten, zuriickzukommen. Dafs ihr eine allgerneinere Bedeutung zukommt, erscheint mir aus mehreren Grunden hoehst unwahrscheinlich. Denn daraus, dafs die Endiste der Milchrohren im Blatte einiger Euphorbiaceen u. a. milchsaftfiihrender Pflanzen zum Assimilationsgewebe in nahe Beziehungen treten, kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit zunachst nur folgern,dafs sie mit die sen Zellen in engem Stofl'verkehr stehen. Uber Art und Richtung dieses Verkehrs konnen rein anatomische Befunde keinen Aufschlufs geben und selbst wenn sich zeigen sollte - was ja, wie oben (pag. 157) naherdargelegt wurde, tatsachlich nicht der Fall ist -, dafs die an die Milchrohren angrenzenden Zellen fur gewohnlich oder unter gewissen Bedingungen auffallend reich an Nahrmaterial sind, so wire damit fur die Entscheidung der Frage, ob dieses Material aus den Milchrohren stammt· oder zur Einwanderung in diese und zur Bildung von Milchsaft bestimmt ist,2) nichts gewonnen. Die hier allein magliche experimentelle Untersuchungsmethode hat vielmehr, wie wir im physiologischen Teil dieser Arbeit sahen, gezeigt, dars der Annahme einer Leitung der Kohlehydrate durch die Milchrohren ernste Bedenken entgegenstehen. Deshalb will es auch nicht viel heifsen, wenn die Zahl der Falle, in denen sich die Milchrohren im Mesenchymgewebe des Blattes verzweigen, durch neuere Untersuchungen (Pirotta und Marcatili a. 3. 0.) vermehrt worden ist. Eine Nachpriifung der anatomischen Verhaltnisse fuhrte mich zur Bestatigung der S chi m perI

1) ZUl' physiol. Anatomie der Milchrohren. Sitzungsber. d. K. Akad. d. Wiss. Wien. 87. Bd., 1883. 2) Diesen Punkt liifst auch Gaucher (8. a. 0.) vollig unbertlcksichtigt. Seine Schlufsfolgerungen entbehren folglich eine hinreichende Begrundung.

182 schen Befunde, wonach die von Ha b e rIa n d t abgebildeten Lagebeziehungen zwischen Blattgewebe und Milchrobrenisten hoehst selten auftreten und nurin besonders giinstigen Fillen, nach langem Suchen zu sehen sind. So habe ich eine grofse Zahl Blattquerschnitte von Euphorbia My~sinites, die das erwihnte Verhalten ganz besonders deutlich -zeigen soIl, eingehend gepriift, ohne auch nur ein einziges, den H abe r I and t'schen A.bbildungen ii.hnliches Bild zu Gesicht zu -bekommen. Und selbst wenn die Verhiltnisse ganz allgemein so Higen, wie sie von R abe r I and t u. a. fiir Spezialfille beschrieben worden sind, so konnte man daraus mit demselben Rechte schliefsen, dafs sich die Milchrohren zur Produktion ihres eigenen Saftes besonders reich in den assimilierenden Organ en verzweigen, als man eine Beteiligung- derselben an der A.bleitung der Kohlehydrate folgern kann . . Die bei ganz wenigenPHanzen konstatierte Riickbildung des Leitparenchyms bei stark entwickelten Milchrohren 1), welche ich Bonst nirgends beobachten konnte, scheint mir gleichfalls nicht zu allgemeinen Schliissen iiber die Funktion des Milchsafts zu berechtigen, zumal da S chi m per, wie, wir sahen, bei den Euphorbien ein abweichendes Verhalten in -der A.bleitung der Kohlehydrate nicht beobachten konnte. Schon bei Besprechung der eigentiimlichen Zellgestaltung in der Wurzel von Campanula pyramidalis wurde ja betont, wie vorsichtig man in der Deutung rein anatomischer Tatsachen sein mufs und im Verlaufe dieser Darstellung hat sich mehrfach gezeigt, dafs eben der einzige Weg, sich iiber die Funktion eines Organes Klarheit zu verschaffen, der des physiologischen Experiments ist und dafs man mit Analogieschliissen gerade auf dem Gebiete der physiologischen A.natomie ganz besonders vorsichtig sein mufs.

IV. Okologischer Teil. Nachdem die physiologischen Untersuchungen zu dem Ergebnis gefiihrt haben, dafs die Funktion der Milchrohren als Leitungsorgane von Nihrstoffen oder Reservestoffbehaltern in den bisher gepriiften Fillen keineswegs bewiesen, ja nicht einmal wahrscheinlich ist, liegt es nahe, zu untersuchen, inwieweit die Durchfiihrung okologischer Gesiehtspunkte zum Ziele fiihrt und nach Moglichkeit auch hier das Experiment zu RHfe zu nehmen. Bei vorurteilsfreier Betrachtung der Tatsachen wird man nicht umhin konnen, zuzugeben, dafs der aufserordentlich hohe Gehalt des Milchsafts an Stoffen, die fiir den auf- \ 1) H abe rIa n d t fiihrt dafiir zwei, G a u c her aufserdem drei Falle (alles Euphorbia-Arlen) an.

183 bauenden Stoffwechsclbedeutungslos sind, nur auf biologischem Wege eine plausible Erkliirung 1) finden kann. So sehr die Dar win 'schen .Anschauungen Gemeingut der Systematiker geworden sind, so wenig haben sie sich bis jetzt in der allgemeinen Botanik Eingang zu verschaffen gewufst. Gerade die Milchrohren sind· ein drastisches Beispiel dafiir, wie man bei dem Verauche, die Bedeutung eines Organes oder Organsystems zu erkHiren, fast aus~chliefs1ich die physiologische Beite beriicksichtigt und die biologische Betrachtungsweise hochstens ganz neben bei geIten liifst. In der Einleitung wurde schon hervorgehoben, dafs die Milchsarte nach de V r i e s' Meinung dem W undschutze dienen. 2) De V r i e s selbst hat seine Vermutungen nicht durch nahere Untersuchungen gestiitzt, sie mufsten daher so lange eine unbewiesene Hypothese bh~iben, als positive Belege, die zu ihren Gunsten sprechen, fehlten. Nun hat tatsachlich T 8 chi r c h S)fiir einzelne Umbel1iferen (D 0 ram a-Arten, Fer u I a 0 v ina), die milchsaftfiihrende Sekretbehiiltar besitzen, gezeigt, dars hier Verwundungen durch die im Milchsaft in grofser Mange enthaltenen gummi- und harzahnlichen Bubstanzen schnell und dicht verschlo8sen werden und dars die Pflanzen k e i n en W u n d k 0 r k bilden. D e h m e 14) hat diese Versuche mit anderen Pflanzen wiederholt; allerdings erstrecken sie sich nur auf zwei Objekte. Er fand, dars dann,wenn die Wunde von eintrocknendem Milchsaft dicht verschlossen war, keine Wundkorkbildung eintrat; flors der 8aft aber schnell ab, 80 dars die yerletzte FHiche nur von ganz wenig bedeckt wurde, so teilten sich die der Verwundung zunachstgelegenen Zellen -parallel zurAufsenflache undverkorkten nach einiger Zeit. Man sieht also schon hieraus, dars die Fa hi g k e i t der Wundkorkbildung den milchsaftfiihrenden Pflanzen nicht abgeht. So beobachtete auch ich an Keimlingen von E up h 0 r b i a La thy ri s, deren hypokotyles Glied durch mehrere quere Einschnitte verletzt worden war, schon nach wenigen Tagen deutliche Wundkorkbildung. Der Milchsaft war abgetropft, so dars auf der W unde selbst nur wenig zuriickblieb. Dasselbe Verhalten zeigten Stengel von E u p h 0 r b i aMy r sin it e s, die gekopft worden waren. Es scheint 80, ais ob die Wundkorkbildung dann unterbleibe, wenn der durch den Milchsaft geschaffene Verschlufs luftdicht ist, eine Frage, die sich jedenfalls entscheiden 1) 2) 3) 4)

Erklarung ist hier natiirlich nicht im kausalen Sinne zu verstehen. de Vri e 8 a. a. O. pag. 709-713. Tschirch a. a" 0., Arch. d. Pharm., 3. Reihe, XXIV, 1886. De h mel, Beitr. z. Kenntnis d. Milchsaftbehilter d. Pfl. Diss. Erlangen 1889.

184 wird, WCllll wir uber die Be'dingunge~ der Wundkorkbild~Dg genauer unterrichtet sein werden. Die andere Form der' Wundheilung, die Calluabildung, wird durch . den Milchsaft nicht verhindert. lch hatte mehrfach Gelegenheit, denselben an gerillgelten Stecklingen von Fie us· Car i ca, e I a a tic a, au s t r a Ii s , E u p h 0 r b i a pal u s t r i s und v err u c 0 8 a zu beobachten. Bekannt ist ja auch die sehr ausgiebige Callusbildung, die ander verletzten Wurzel von Taraxacum officinale auftritt; 1) man sieht haufig, dars die dicke eingetrocknete Milchsafischicht von dem aUa der Wunde hervorwuchernden Gewebe abgehoben wird. Aus all dem geht also hervor, darB:. der Milchsaft als. Ersatzmittel fur die natiirlichen Wundheilungsprozesse nicht wohl bet~achtet werden kann. Damit ist indes noch nicht bewiesen, dars ihm die F:unktion des W undschutzes strikte abgesprochen werden musse. Wir durfen nicht vergessen, dars die immerhin langsam fortschreitende Wundkork- und Callusbildung gegen schnell eintretende· lnfektionen keineswegs hinreichenden Schutz gewahren. Nun ist ja seit den Untersuchungen von Frank 2) und Temm e S) die allgemeine Verbreitung der Schutzholzbildung bekannt, deren Wesen darin besteht, dars die lebenstatigen Zellen derPflanze als Reaktion auf die stattgehabteVerwundung Gummi- oder Harz absondern, welcher die Membranen der in einer mehr oder weniger breiten Zone urn den Wundrand gelegenen Gefarse durchdringt und deren Lamina verstopft, so dars nach aursen ein luft- und warsserdichter Verschlufs geschaffen ist. Da nun die Milchrohren bekan~tlich im allgemeinen an Harz- und Gummistoffen sehr reich sind, so liegt es nahe, anzunehmen, daCs sie fur die Schutzholzbildung das Materialliefern und die Gefahr der sofortigen Infektion bei Verwundungen beseitigen. Man wird somit der de V ri e s'schen Hypothese ein Anrecht auf Wahrscheinlichkeit nicht absprechen konnen. Doch wiirde man sicher zu weit gehen, wenn man im provisorischen Wundschutz die einzige Bedeutung des Milchsafts erbIicken wollte. Dagegen spricht Bchon die Tatsache, dars sie nur einen Teil der im Milchsaft enthaltenen Stoffe 1) Nach K ii 8 t e r (Pathologische Pflanzenanatomie, 1903, page 167) bilden sich in diesem Callus sogar Milchrohren. 2) Frank, Uber Gummibildung im Rolze und deren physiologische Bedeutung. Ber. d. d. bot. Ges. 1884. 3) Temme, Uber Schutz- und Kernholz. Landw. Jahrb. XIV, 1885. Ferner P r a En, Vgl. U uters. iib. Schutz- und Kernholz. Prgsh. J ahrb. XIX, 1888. - Fra!lk, Pflanzenkrankh. I, 2. Aufl., pag.31-59.

beriioksiohtigt,fiir da.e Vorhandensein der Alkal~ide, Gethstoft'e etc. da~ gegen keine Erklirung zu geben imstande ist. Die Untersucbung~ v-o~ Kn y u. &. (vgl. page 134) iiber Milehsafthaare, die infolge des· starken Turgors bei der l~isesten .Beriihrung verletzt werden und den :Saft ausspritzen und somit die. Pflanzensohidlingeabhalten ,. legten.;, die Vermutung nahe,ob vieUeieht in dieser. Riehtung dem MilcDsaft eine allgemeinere Bedeutung ·zukomme, das _um so mehr, als ja. ;der hohe . Turgor niehtnur in den lIilehsaCthaaren auftritt, sondern dasganze Milohrohrensystem. . 8uszeiehnet. Zur. niheren . Begriindung dieser an sieh wohl wahraeheinlioheD,bisheraberdureh -sehr w~nige empirische Tatsaehen .gestiitzten Auffassung steUta job eine groCse Anzahl von -Versuehen an, die mioh ~m allgemeinen zu iibereinstimmendenErgeb. -nissen fiibrten. Urn die _spezifisohe Wirkungsweise des Milohsafts· studieren Zll konnen ',. handelte· es sioh naturgemiCs zuniehst. daruIn', eine .•. Methode zu finden, welohe . es gestattet, dieP6anzen unter. sonst . ,moglichst nor~aleD Bedingungen milchsaftsfrei zu maehen.; - Dies wir-e. :z•. ,B. nioglieh gewesen, indem· man .die -
f~

wiss. Bot. Bd. 88. 1908.

186 mangel-in-keiner -Weisegeschidigt zu sl~in. Wardas Wetternicht Ib' beilsund trocken, so zeigte sich die iiberraschende Erscheinung, -dire -an Stelle der milchsaftfreien Pflanzen nach einem -oder .zwei Ta~en nur nochderen Stamme und die Mittelrippen der Blatter vorhand~nwaren. Es war fast immer. die sehr haufige, omnivore Nackt.schnebke Limax- agrestis, -welche die Blatter, oft auch Teile derRinde .- das Holz wirdseiner Harte wegen meist gemieden'- verzehrt hatte. In :der-Mehrzahl. derFalle fand ich sie, wenn ich die Pflanzen einige Zeit, nachdem sie zum letzten -Male angezapft waren, ~ontrol­ lierte, bei eifriger Arbeit. Dieverdunkelten Vergleichspflanzen wurden ebenso wiedieandaren, normalen Bedingungen ausgesetzten, niemals -ang-efressen, obW'ohl sioh sehr. oft Kriechspuren der Sehnecken auf ihnen nachweisen liefsen. Diese eraten Ergebnisse veranlafsten'mich, ·die Venmche aufeine grofsere Anzahl milchsaftfiihrender Pflanzen :auszudehnen. Von Euphorbien verwandte ich noch folgende: Euphorbia helioscopia, Gerardiana, altissima, heterophylla, calendulacea, Peplus, Lagascae.- Die ersten vier Arlen, mit denen ichwiederholt experi-mentierte, -}jenlenmit derselben Deutlichkeitdie beschriebene Wirkung erkennen. Kleine, milebsaftfrei gemachte Pflanzchen von Euphorbia -Gerardiana werden sogarmanchmal mit Stumpf und Stiel veriilgt, -so dafs ieb aie. am nachsten Morgen nicht -wiederfinden .konnte . .Bracbte ichkiinstlich Schneeken unter die· der Verdunkelung dienenden Blumentopfe, die die angezapften Pflanzen bedeckten,so ging die Verheerung, wie natiirlieh, nocb weit schneller vor sich. Die -Exaktheit dieser Versuehe geht so weit, dars man den Schneckenfrafs als eine -untriiglicbe Probe auf Gehalt an Milchsaft verwenden kann. Fliefsen nur noch geringe Mengen beim Anzapfen aus, so wird die Pftanze von· den Schnecken nicht angeriihrt, wahrend sie begierig verzehrt wird, wenn keiner mehr darin enthalten' ist. Mit Euphorbia calendulacea und Peplus gliickte das Experiment nicht in .dieser '. Weise; auch die zahlreichen Asc1epiadeen, .Apocynaceen, Papaveraceen' und Cichoriaeeen, mit denen ich die gleichen Versuche machte, wurden nach oftmaligem Anzapfen .nur se1ten von Sehneeken angegrifl'en. Das kam jedoch einfach daher, dars· diese Pflanzen auch durch mehrfach wiederholtes Anzapfen nicht milchsaftfrei gemacht werden koonen. U m das zu erreichen, wandte ich eine andere Methode an. Sie bestand darin, dafs Blatter der betrefl'enden Pflanzen in StUoke. geschnitten und in Wasser gelegt wurden~ . -DR der Milchsaft auf diese Weise mit dem Wasser in ofl'ene Kommunikation tritt, murs infolge seines hohen osmotischen Drucks aine schnelle Diffusion

181 zwischen beiden Fluslligkeiteneintreten~ .Durch mehrfachea Erneuern des Wassers kann man 80 erreichen, daCs die Blattstiieke ;vollkommen milchssftfrei sind. Zugleich iiberzeugte icb mich davon, dars Rie noch lebendig waren, was sich durch eine heftige Plasmolyseder Mesenchymzelle·n in Glyzerin zu erkenDen gab. Diese milchsaftfrei 'gemachten PHanzenteile brachte ich nun mit anderen, der Pflanze direkt entnommenen, stark milchsafthaItigen in ein feuchtgehaltenes Glas.. gefafs, in dem sich einige Exemplare von Limaxagrestis hefanden. Es wurden folgende Pflanzenzu den Versuchen verwandt: L actu c a viro sa, La ctuc a p ere Dnis, S on:chu s' 0 lera . . ceus, Sonchus paluater, Taraxacum officinale, Cichorium Endivia,Podosp ermum laciniatum. Mulgedium macroph Y11 um, Ch ondrill a . jan ce a, Hieraci um speciosllm, Tragopogon porrifolius.' ~ Papaver aomnifer,um,·Pa.p a v ern u di c a u 1e , C h e Ii don i u m m a jus. E up h orb i a Peplua. - Rhazyaorientalis·,Vinca maJor. Die beiden letzteD Pflanzenausgenommen, zeigte sich 12.. 24Stun.. den nach Ansetzen des Versuchs,. dafs die milchsaftfreien Blattstiicke ganz verschwunden oder nur noch Teile ihrer Mittel- und starkeren Seitenrippen zu finden ,waren, wahrend sich an den milchsafthaltigen nicht die· geringsten Frefsspuren nachweisen liersen. Zum Vergleich hatte ich in die Gefafse auch Blattstiicke vonanderen,- mit chemischen oder mechanischen Schutzmitteln ausgeriisteten Pflanzen' (vg1. S t a'h 1 a. a. 0.) gebracht. Auch von diesen waren. einige varher in Wasser gelegt worden und wurden den Schnecken zugleich mit frischen Exemplaren geboten. Da das Wasser in' diesem FaIle die .schiitzenden Staffe, seien es Gerbstoife, atherischeOle, Bitterstoife. usw., nur aus den Teilen auslaugen kann,· die gerade an denSchnittHachen .liegen, aus den iibrigen Zellen aber, wahrend sie lebend· sind, ' kein .Austritt erfolgt,. somufsten sichhier beide Arten von Blattstiicken gleich verhalten, was die Versuche auch bestatigten. Entweder blieben- sie ganz verschont oderes zeigten .sich an heiden Artengeringe Frefsspuren .. Die gewonnenen Resultate wurden noch durch eine dritte, Versuchsmethode bestatigt.. Sorgfaltig gereinigte Ohjekttrager wurden mit ungefabrgleichen Mengen Starkekleister bestrichen und in Kristallisierschalen gebracht. Auf derMehrzahlderselben wurdeder Kleister mit einigell Tropfen· Milchsaftverrieben, ,der den verschiedensten Pflanzen entnommen war ; andere blieben. zur Kontrolle milchsaftfrei. Die Versuche erstreekten sichauf folgende P:8a.nzen:

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Eup-horbia":Cyparissias, Euphorbia,:, L,a'thyris; Eup'ho-r ... bia;p,alustris•.. -, Lactuea virosa, Hypo.chaeris sp.', Mulgediumalpinum.; --A.po cyn,um;hypericifoli um, Asclepias in·c'ar'n·ata,. Rbazy·a orie,ntalis.-Platycodo.n gr:an-diflorus,. W'-8.hlenbar·gilaRoi-lei,: Lobelia erin;:Ils.,.;......P a paT,er's omni .. , fernm,,·O:hel'idoniu·m ;majus.:..;..,.. Humulus La.pulus.:- Rhus taxi c o.d'endr on• . :. ,i: i,YonSehueckennahm ichgewOhrilich:. wieder· LiDiaxagrestis, weil dies .die.;gefrafsigste: und folglichgefahrlichste jet, aberauch Helix 'pomatia, . fruticum, hortensis.' Waren die' Objekttrager den Schnecken preisgegeben,so.konnte' man' oft, schon :nach . wenigen Stunden~ sehen,. daes:.der ·~icht· mit Milchsaftdurchtrankte Starke~ kleister. bis: auf'den : letzten Rest verzehrt war, wiihre-nd der' andere in;det :grofsen: Mehrzahl der FaIle unversehrt blieb.· Ausnahmen,bildeten Bur: Rhus toxicoden'dron, deBBen' Milchsaft; auf; die Schnecken weder unangenehm noch'giftig zu; wirken scheint~ Do. die Pflanze exotiBch ist;· kann das'nicht:weiterjn Erstaunen rretzen~ 1m allgemeinen verhielten ,sien aile vier . Schneckenarten .ziemlich gleich., , ; "., Do. ,e's: auchvon Interesse sain mufste zu sehen,'wiesich der in seiner '-Bedeutung·. Ho'ch . sehrritselhafteMilchsaft gewisser Pilze (Lactarius) .verhalt,so,hahe:ich auch bieriiber' einige ·Verauche· ange.;. stellik::Ieh sammelte imAngnst. 14 .Arten ·dieser.:Pilzgattnng (Lacta~ rius .vellereus, '. piperatus ,: ' paUidus, torminoslls ,decipiens;, ichoratus; obnubilis, mitissimus var. tabidus,. azonites, :controversus; Pyra-galus, viridis, deliciolus" vietus),; ferner verschiedene Schneeken,die sich an deuBelben Standorten befanden [Arion empiricorum (omnivor), subfuscus (Spezialist), Limax cereus (Spezialist), maximuB (Spezialist) ,agrestis (omnivor)]. Do. die eingesammelten Pilze nicht lange genug lehensfrischi.blieben, ,urn Frefsversucbe anzustellen, untersuchte ich die Ein.. wirkungdes' Milchsafts auf, die Schnecken direkt. Brachte ich einen Tropfen Milchsaft von L. viridis in einem Uhrschalchen mit Limax agrestis in :,Beriihrung, so sonderte die Schnecke aofort uoter krampfhaft en Windungen eine grofse Menge Scbleim abo Ihr Korper wur.de dadurch an der. betreffenden Stelle fixiert und sie konnte trotz eifrigster A.nstrengungennicht entHiehen, kam, vielmehr immer wieder mit dem Reizmittel in Beriihrung, deBsen scharfe, atzende Wirkung schon nacb wenigen Minuten den .Tod der, Schnecke zur Folge batte. Dasselbe gilt flir, die Milchsiifte von L. pallidus, tormino8us, deeipiens,. azonites, controversU8 und .pyrogalus, in etwas schwacherem ,MaCse·· auch 'fiir L. piperatuB. Man konnte sogar den Milchsaft stark mit Wasser ver:,<""

189 diinneD, obne dars er seine totendeWirkung eiD biifste. Diese' zeigt sich ' auch, wenn man den Pilz schwach verletzt uod die Schnecke mit den ausHiefsenden Milchsafttropfen in Beriihrung bringt. 'Es handelt sich nicht urn eine durch Einbringen des Milchsafts in den Verdauungskanal herbeigefiihrte Vergiftung,' sondern die schadliche Wirkung des .Milchsafts betrifft haupts8.chlich die sehr empfindliche Hautder Schnecke.. So gelang es z. B. ein sehr grofses Exemplar des omnivorenArion empiricorum allein durch Betupfen mit dem Milchsaft einiger LactariusArten nach mehreren Stunden, zu toteo. Von den anderen Schnecken verhielt sich Arion subfuscus ihnlich wie Limax agrestis,zeigte sich jedoch etwas widerstandsfahiger. Weniger empflodlich erwiesen sich Limax maximus und cereus, welche zwar auch in .einigen Falleneinen unangenehmen Reiz empfanden, jedoch nicht durchden Milchsaft .g~ totetwurden. Dies kann nicht wundernehmen, wenn man. bedenkt, dafs beide Aden spezifische Pilzschne.cken sind.l ) Dagegen ,gibtes aber einige Lactarius-Arten (Lact. vellereus, obnubilis), deren Milchsaft die untersuchten omnivoren Schnecken .anscheinend, nicht, irritiert; 'wenigstens konnte ich es in meinen V ersuchennicht ,feststellen.
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1) Die Unterscheidung von Omnivoren und Spezialisten hat Stahl in seiner zitierten Arbeit (pag. 14ff.) ausfiihrlich begriindet, worauf ich hier'verwelsen milfs. V gl. auch D e tt 0, Uber die Bedeutung 'der ather. Ole bei Xerophyten. 'Flora 1903 Bd.92.

190 Gleicbgiltig, welchetheoretischen' Erwagungenwir daran ankniipfen, 80 viel'geht jedenfalls darau8 mit Sicherhait hervor, 'dars der Milch.. saft fur die Pflanzen ein sehr wirksames Abwehrmittel gegen Tiere, insbesondere Schnecken ist. Man braucht sich nur, vorzustellen, die PHailzenwurden plotzlich ihren Milchsaft verlieren, dann waren ein bis zw~i feuchte Sommertage fur die Schnecken . geniigend, um sie samtlich zu vernichten. Das Vorhandensein von Milchsaft i s tal s 0 e i n e a u ss chI a g g e ben deE x i ate n z bed i n gun g und man kann mit gutem Rechte behaupten, dars die Pflanzen ohne denselben den Kampf ums Dasein nicht iiberstanden hatten. Die M 0 gIi c h k e i t der Annahme,' darB die primareFunktion des Milchsafts die das Schutzes ist und 'dars dieee okologische Bedeutung fur die Erwerbung, Erhaltung' und Vervollkommnung der MilchsaftbehaIter bei der' Selektion eine wichtige Rolle gespielt hat, ist damit aurser Zweifel gestellt. Manwird auch biszu einem, gewissen Grade schon jetzt ihreW ah·r s c he i n lie h k e i t zugeben mussen, fur die ich im folgenden noch einige Belege beibringen mochte. V orher jedoch mochteich nichtverfehlen, ausdriicklich darauf hinzuweisen, dars es mir fern Hegt, die Abwehr des Schneckenfrafses etwa als die ausschliersliche Funktion des Milchsafts zu betrachten. Es ware eine weitgehende Verkennung der ungeheuren Zahl der una in ihrer Wirkung 'grorsenteils noch unbekannten Aufsenbedingungen, 'welche filr die Existenz der Organismen bestimmend sind, wollte man einen so 'einseitigen Standpunkt vertreten. Bei dem gegenwartigen Stande .... un serer Kehntnisse mussen wir es uns- zur Aufgabe machen, die Gesamtheit dieser Bedingungen zu . analysieren, die Bedingungen selbst planmiifsig, d. h. experimentell zu verandern, um ihre spezifische Wirkungsweise kennen zu lernen. Wir sahen schon oben, .dars 'aurser der eben naher besprochenen Bedeutung der Milchsaft moglicherweise noch'als Verachlufsmittel, welches verwundetePHanzen vor Infektion nnd, v-or dem Eindringen ,von Luft und Wasser schutzt, eine Rolle 8pielt. Es ist indessen nicht einmal n5tig so weit zu gehen, sondern wir konnen zunachst bei der hier erorterten Frage des Schutzes gegen Tierfrafs stehen bleiben. Schon a priori ist essehr wahrscheinlich, dars die Schnecken bei weitem nicht die einzigen Tiere sind, deren schii.digender EinHufs durch den Milehsaft von der PHanze ferngehalten wird. Tatsachlich fehIt es nicht an Angaben in der Literatur, welche sich in diesem Sinne deuten lassen. So wissen, wie ioh Warburg l ) entnehme, die Kautschuksammler, dars man die 1) O. Warburg, Die KautBchukpftanzen und ihre Kultur.

Berlin 1900.

1tt Heveabiume mebt bis ins Holz anschneiden darf, .da "sre son8tein· gehen. Der Grund dafur liegt nicht in einer dureh die Verwundung herbeigefuhrten Schidigung der gesamten Pflanze, sondern darin, dats bei so tiefgehenden Verletzungen Bohrkifer in das Hon eindringen, den en der Baum dann zum Opfer fallt (Angabe von Wickham·; vgl. Warburg a. a. O. page SO). Nach einem Berichte von Koschny wurden in Centralamerika in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts ganze Wilder von Castilloa elastica dadurch vernichtet, dafs m~n, UID auf die Baume. klettern zu konnen, Stufen in die Stiimme schlug. Die dadurchhervorgerufene Blofslegung . des Holzes "gestaUet den Bohrkafern den Eintritt, welche dasselbe. zerfressen. Die BauInO sterben danll.· ab, wenn sie nicht· vorher schon vom Winde umgerilsen werden. Gesunde .Baume werden· nach. demselben Autor. wederV8n Bohrkiifem noch von Speehten angegrifFen. Einen -4:nalogiefa;Il. gibt Fran kl) fiir das Harz der Coniferen an~ Er sagt: "Nachden Erl" fahrungen der Forstleute soll das Harzen den mittel wuoosigen and alteren Fiehten uDsehadlich sein, .wenn man nureinen oder zwei Lacht~D maeht~ vermehrtman die Zahlderselben, so werden die Biume krink. lieh ,zeigen schlechten Zu wachs und Braunung undZersetzung defl Rolzes in der Naheder Wunden; Borkenkafer, Holzwespen und andere Insekten gl'eifen solche Stamme besonders gern an. Junge Biutml,ind noeh ,empfindlicher." ".. ,."Das Holz solcherBaume,die viele. JahrQ lang geharzt worden sind,wird am ganzen" unteren Statnmende~­ brannt und zersetzt und von. dort kann sich die Holzverderbnissog~r noch betriehtliehweiter in den Stamm hinaufziehen. ~ . Dureh das starke .A.n~pfen wird·. dem BauID das normalerweise' zar Triakung des Kernholzee verwendete, konservierend und antiseptiseh wirkende. Harz entzogen, und er steht den sehadliehen EinHiissen der· Aufsenwelt viel webrloser. gegeniiber. Wenngleich dieses Beispie1nur ein AnalogiefaU ist,so diirfte es doch fur die hier· zu behandelnde Frage voneinigem Werte sein,. zumal da die Harze jaein sehrwesentlicher Bestandteil vieler Milehsiiftesind. Urn beweisend zU86in, miiCsten allerdings die angefiihrten kurzenAngaben durch umfassende ,auf dies: spezielleZiel gerichtete Untersuchungen bestatigt und durchBei-. bringung., neuer, in gleichem Sinnezll deutender Tatsachen erganzt werden. Einstweilen miissen wir uns; mit dies en wanigenNotizen. begniigen,naeh denen as nicht ausgeschlossen ist, dafs das raiehe V or-· kommen von Milchsaft in der Rinde den Zweck hat, das Eindringen 1) F ran k, PHanzenkrankheiten Bd. I 2. Aufl. 1895 page 188 if.

sohidtioherTiete in 'den H~lZkarper !&u verhiitenund· ·damit·die·Pflanze vor d&r "Vernichtung zu ·schiit~en. . , . . .Die' Deutung der': oben mitgeteilten Schneckenversuchemiifste offenbar noch mehr an Wahrscheinlichkeit, gewinnen, wenn sich zeig.en liefse, dafsdie milchsaftfilhrenden Pflanzen aufser dem Milchsaft keme weiterenSchutzmittel gegen S'chneckenfrafs," wie Sekretbehilter, Gerbstoifsohlauehe etc., ferner mechanische.A.bwehrmittel wie Borstenhaare, verblkte oder verkieselte Zellmembranen uew.; tiber deren Rolle' im Leben der Pflanzen .uns·S t a.h Is Untersuchungen sehr wesEmtliche Aufkliirungen verschafft haben,besitzen. Hierbei sindallerdings zw-ei Pnnkte nieht zu vergessen.· .' Erstensist es nicht Bieher lind auch nie behauptet 'Worden, dafsdievon Stahl als SehutzIliittel gagen' Schne'okenfrafs' angesprochenen Stofl'e oder Gebilde keine' andere . Funktion fUr die PHanze verrichten.:· In einzelnen Fillen1iegen' 80gar Griinde zu dieser .'Arinahme vor. .' Fur . den Milchsaft .gilt .Datiirlich, wie·' schon hervorgehoben wurde, dasselbe.Zweitensist sehr wohl derFall moglieh und auch .bekannt, dafs mehrere'heterogene Organevon derselb~n~ Funktibn . bei einer PHanze' vorkommenund 'sich in ihrer Tatigkeit gegenseitig uDterstiitzen.· . Ein gleiehzeitiges' Vorkommenmehrerer Alien' von' .A. bwehrmitteln. .bei einer Pflanzesprache' daher nichtohne weiteres' gegen die' oben vertretene Auffas8ung. Imtnerhin wirdes f'iir '-die allgemeine' Beurteilung der' Frage von einigem Interessesein zuverl'olgen, ob derartige Korrelationen ·bestehen.· 'Das gute Gelingen derScbneckeDTersuche mit Pflanzen, die ihresMilehsafisberau.bt waren, ··macht dies' in hohem 'Grade wahrscheinlich, denn'" offenbar wlil'd:e'li die Sehneekeil die Pflanzen nicht getressen haben'; wenn darin beiapieIsweise Bitterstofl'e, . Gerbsiuren oder itherische' Ole in' groCeerer Men'ge enthalteit gewesen wiren. . Beirachten wir zunachst die K 0 m p 0 sit en, 80 zeigt sich hier einsehr'auffilliges Vikariieren. Wir sind tiber die einschligigen Ver. hiltniasenamentlich durch die eingehenden Untersuchungen Van Tiegh'e:msl) genauer unternchtet. Bekanntlich ist as ain typischesUnterscheidungsmetkmal zwischen Ciehoriaceen und TnbuliHoren,daCs erstere gegliederte Milehsaftgefifse und keine Harzgange besitzen,' wihrend bei letztereD die MilchrOhren fehlen, Harzginge dagegen allgemein verbreitet ·sind. Was die anatomische .A.usbildung nnd Anordnllng dieser Behilter betrifft, so zeigen sich im primiren und sekundiren ""'----'-:--'-'----"'-"

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1) Ph. Va n T i 8 g h 8 m, Sur l8s canaux secret8urs des plantes. Ann. 8C. nat. 5e aerie bot. T. XVI 1872. Second memoire. Ann. so. nat. 7e serie bot. T. I. 1885.

i9S Gewebe wiehtige morpbologiscbe Verschiedenheiten. Die Harzkanale der Tubulifioren sind im primaren Wurzel- und Stengelgewebe aUBschliefslich endodermalen Ursprungs und zwar in . den allermeisten Fallen den Gefa.rsbiindeln vorgelagert. Sie erfahren im Stengelnoch dadurch eine hohere Differenzierung, dars sie von·typischem Sekretionsepithel umgeben sind, was in der Wurzel nicht differenziert ist. Anatomisch anders verhalt sich das sekundare Gewebe. Kommen hier . Sekretkanale zur Ausbildung, so entstehen sie schizogen im sekundaren Parenchyme Sehr vielen Tubulifioren fehlen dieselben aber; dann treten regelmafsig einzelne, langgestreckte, mit Harz gefiillte Zellen auf. N och anders konnen sich die Blatter verhalten. Es gibt FaIle, in denen die Sekretkanale des Stengels sich nicht in die Blatter fortsetzen, sondern an der Basis der Spreite plotzlich aufhoren. Dann findet man gewohnlich langgestreckte, von Epithel bekleidete Intercellularraume in den Hauptnerven. Aufserdem konnen noch unter der Epidermis auf del' Ober- . odeI' UnterfUiche und namentlicham _Rande isolierte intercellulare· Sekretbehalter zur Ausbildung komtnen~ Ahnlichen Verhaltnissen begegnen wir bei den Cichoriaceen. 1m primaren StengeIgewebe finden sich die Milchrohren auch als aufsere Bekleidung des Siebteils, sie entstehen jedoch nicht aus der Endodermis, sondern im Pericykel. Dagegen nehmen sie im' sekundaren Gewebe des Stengels und imBlatt aus dem BastpareIichym . ihren Ursprung. Vom sekundaren Wurzelgewebe gilt dasselhe wie voiD Stengel, im ptimaren bilden sich dagegen die Milchrohren in del' inneren, dem Kambium anliegenden Zone des Siebteils.. Aus alledem geht zunachst hervor, dafs die Sekret- und Milchsaftbehalter der Kompositen in morphologischer Hinsiclit nichts weniger als homologe Gebilde sind. Auf der anderen Seite spricht die Tatsa~he, .da.rs die Milehrohren nul' da vorkommen, wo die Sekretbehalter fehlen, dafs ferner itn sekundaren Gewebe del' Tuhulifloren Sekretidioblasten oder geschlossene BehaIter dann auftreten, wenn die Sekretkanale nicht zur Ausbildung gelange'n, so deutliche Worte, dafs an einer Vertretung der in Frage stehenden Behalter - ob im physiologischen oder biologischen Sinne, wird sich unten entscbeiden - nicht gezweifelt werden kann. I ) Einige Spezialfa!le konnen dazu dienen, 1) Man wird hier vielleicht einwerfen, dars bei vielen Tubulifloren Sekretgange bzw. -behalter nur in der Wurzel vorkommen, der Stengel und die Blatter dagegen davon frei sind. Bei diesen Pflanzen ist jedoch durch das Vorhandensein von Driisenhaaren. an den oberirdischen Organen fur die fehlenden Olgange ein Ersatz geschaffen. Flora 1905.

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194 dies noch naher zu illustrieren.. Wahrend die W urzelendodermis der Ligulifloren normalerweiseeinschichtig ist, finden wir sie bei Lamp.. sana communis und ·Cichorium Intybus gegeniiber den Gefafsbiindeln durch tangentiale Teilung verdoppelt. Tragopogon porrifolius zeigt dieselbe Erscheinung,. mit der weiteren Modifikation, dafs die Endodermiszellen nicht iiberall eng aneinanderschliefsen, sondern zwischen beiden Schichten luftfiihrende lntercellularraume auftreten. Die .Ahnlichkeit mit den TubuliHoren geht noch weiter bei Scolymus grandiHorus und Scorzonera hispanica; hier findet sich ein endodermales Harzkanalsystem, das in Bogenform die Gefafsbiindel umgibt. Daneben treten natiirIich bei all diesen Pflanzen die charakteristischen Milchsaftgefafse auf. Fiir die Tubulifloren lassen sich entsprechende Beispiele anfiihren. Die in A.sien einheimische Gundelia Tournefortii fiihrt Milchsaft, und zwar entstehen die Milchrohren im Pericykel, also genau an der Stelle wie bei den Cichoriaceen. Die den TubuliHoren sonst eigenen Harzbehalter fehlen bei dieser Pflanze. Auch Cirsium arvense und LappagrandiHora zeigen bemerkenswerte Eigentiimlichkeiten. Beide Pflanzen besitzen namlich in der Wurzel und dem .Stengel Harzbehalter,. die Blatter sind davon frei. In diesen sowie in den oberen Teilen des Stammes finden wir nun ein reiches System typischer Milchsaftge(afse. . Man aieht also, dafs zwischen LiguliHoren und T~buliHoren ganz allmahliche Ubergange bestehen. Vielleicht haben die Harzgange urspriinglich eine allgemeine Verbreitung gehabt und sind dann durch das A.uftreten der Milchrohrenmehr und mehr verdrangt worden, so daf8sich jetzt davon nur .noch einzelne Reste bei einigen Vertretern der Gruppe der Cichoriaceen erhalten haben. Entsprechend erklart sich dann vielleicht bei den erwahnten Tubulifloren das Fehlen der Harzbehalter da, wo Milchrohren vorkommen, indessen lassen sich iiber den Gang der phylogenetischen Entwicklung selbstverstandlich nur vage Vermutungen aufsern. Fiir die hier im Vordergrund stehende Frage ist es auch gleichgiiltig, ob dieselbe dies en oder jenen Verlauf genommen hat. Das Wesentliche ist die. Feststellung der Tatsache, dars .es sich bei den Kompositen urn eine gegenseitige Vertretung der verschiedenen Arten von Sekretbeh~ltern Ullter. sich und dieser wieder mit den Milchrohren handelt. Es fragt sich nun weiter, wie wir uns das biologisch oder physiologisch zu erklaren haben. Man hat darfibel' verschiedene Ansichten ausgesprochen, eine eingehendere Behandlung dieses Gegenstandes ist jedoch merkwiirdigerweise niemals untemommen worden. lch mochte zuerst auf die Deutung von

195 Ha b er Ian d t 1) eingehen. Er sagt (a. 8. O. page 460): "Fragen wir nach der physiologischen und biologischen Bedeutung der gangrormigen Sekretionsorgane, so sprechen zunii.chst verschiedene Tatsachen dafiir, dars die Sekretgange zur Ausscheidung nutzloser Endprodukte des Stoffwechsels bestimmt sind. Wie oben erwahnt wurde, treten diese Organe sehr hii.ufig als Begleiter von Geiarsbiindeln, namentlich der Leptomstringe, auf. Die VereintHiufigkeit setzt jedenfalls eine physiologische Beziehung zwischen den Sekretgangen und den Gefafshiindeln voraus, ehenso wie die Vereintlaufigkeit von Bast und Mestom auf physiologischer Basis ruht. Es ist nun das N aheliegendste, diese Beziehung darin zu such en , dafs die Sekretgange zur Ausscheidung jener nutzlosen Exkrete bestimmt sind, welche den Gefafsbiindeln, vor aHem den Leptomstrangen, von den in lebhafter Vegetation befindlichen Organen und Geweben zugefiihrt wurden. Uberall, wo sich lebhafte Stoffwechselprozesse vollziehen, kommt es notwendig auch zur Bildung von wertlosen Endprodukten, welche so wie die plast~schen Baustoffe zunachst in die stoffleitenden Gewebe gelangen. Das leitende Strangsystem der Pflanzen verhalt sich in dieser Beziehung nicht anders wiedas Blutgefafssystem der Tiere. Wir konnen noch ein viel naher liegendes Organsystem zum Vergleiche heranziehen, namlich die Milchrohren, welche wohl zweifellos neben den plastischen Baustoffen auch nutzlose Exkrete enthalten. Wahrend aber die Milchrohren die zugefiihrten Exkrete, so viel uns bekannt, nicht wieder ausscheiden, entledigen .sich die Gefafsbiindel zahlreicher Pflanzen durch Vermittelung der sie begleitenden Sekretionsorgane jener Auswurfsstoffe, gleichwie das Blut durch die Sekretion der Nieren von den in ibm enthaltenen Endprodukten des Stoffwechsels - sofern dieselben nicht gasformig sind - befreit wird. Eine nicht unwichtige Stutze dieser Hypothese bildet die Tatsache, daCs jene Pflanzen, welehe Milchrohren aufweisen (die ja zugleich als Sekret be h a It e r fungieren), mit seltenen Ausnahmen (Scolymus) keine Sekretgange besitzen. leh kann aus versehiedenen Grunden dieser Ansicht nieht beistimmen~ Ohne auf die von H abe r I and t angefuhrte Analogie mit dem Blute der Tiere naher einzugehen, welche schon deshalh unstatthaft ist, weil das Nierensekret, der Harn, vorwiegend aus stick stoff. haltigen A bbauprodukten desStoffwechsels besteht, die den in der Pflanze bei der Eiweifszersetzung entstehenden Amidokorpern, welche bekanntlich n i e h t ausgeschieden werden, entsprechen, wahrend die c

1) H a b arl and t, Physiologisoha Pftanzen{.Lnatomie, 3. Aufi., Leipzig 1904:.

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196 im Milchsaft und den Harzbehaltern der Kompositen enthaltenen Sekrete . stickstofffreie 8ubstanzen von sehr hohern Kohlenstoffgehalt sind und jedenfalls nicht bei der Dissociation der Eiweifsmolekiile entstehen, mochte ich zunachst bemerken, dafs die Lagerung der Sekretkanale durchaus nicht immer so enge Beziehungen zu dem Leitgewebe erkennen lafst, als es H abe r 1a n d t angibt. Oft liegen sogar, wie ich mich durch eigene Untersuchung von Tubulifloren iiberzeugen konnte, zwischen beiden mehrere Schichten grofser Rindenzellen, so dafs die "Abbauprodukte" also einen ziemlich weiten Weg durchwandern miifsten, urn zurn Orte ihrer Ablagerung zu gelangen. Weit mehr als das fallt jedoch gegen die Wahrscheinlichkeit der H abe rIa n d t 'schen Hypothese der Umstand ins Gewicht, darB die in den' Sekretkanalen enthaltenen 8toffe in den Ep it he I z ellen s e 1b s t e r z e u g t werden. Man findet die letzteren ni.i.mlich entweder sehr sti.i.rkereich oder sie enthalten eine Emulsion von stark lichtbrechettden, oligen Substanzen, welche mit den in den Harzkanalen enthaltenen Stoffen identisch sind oder V orstufen derselben darstellen. 1) Selbstverstandlieh ist nicht zu bezweifeln, daCs die Epithelzellen ihrerseits das Material zur Harzbildung· anderen Zellen entnehmen. So weit sich urteilen lafst, sind aber die zugeleiteten Substanzen stickstofffreie Nahrstofi'e, aus denen in den Epithelzellen die in den Sekretkanal ausgeschiedenen Harze resp. atherischen Ole gebildet werden. Fiir . die Coniferen kann es, wie schon in der Einleitung erwahnt, naeh den Untersuchungen von S t r as bur g e r 2) U.· a.' als sichergestellt geIten, dars zur Harzbildung die im Markparenchym sich anreichernde Starke verwendet· wird. Es liegtalso sehr nahe, fiir die Kompositen, deren Sekretgange ganz ahnlichen Ban aufweisen, ain analoges Verhalten anzunehmen, besonders ds die direkte Beobachtung dies in jeder Beziehung unterstiitzt. Damit ist gezeigt, dafs der Inhalt der Harzkanale nicht aus "jenen nutzlosen Exkreten besteht, welche den Leptomstrangen von den in lebhafter Vegetation befindlichen Organen 1) Welche von beiden Ansichten fur die Kompositen die zntrefl'ende ist oder ob man bier mit Tschirch die Beteiligung einer "resinogenen" Membranschicht bei der Entstehung des Exkrets annehmen mufs, ist nicht entschieden. .Es scheint nach den Angaben von Hell e r (Flora, Bd. 93, 1904, page 30) festzustehen, dars Harz im Epithel der Gange vorkommen kann; dies mutste dann die Membran durchwandern. Ubrigens ist diese spezielle Frage fUr die obigen Erorterungen, fur die allein die Tatsache in Betracht kommt, d a fa das Harz aus zugefiihrtem, koblenstoffreichen Nahrmatcrial entsteht, ziemlich belanglos. 2) Strasburger, Leitungsbahnen pag. 4. Vgl. besonders auch Tschirch, Harze und Htu'Zbehilter. Leipzig 1900.

191 und Geweben zugefiihrt werden", sondern dars sic yon der Pflanze in bestimmt loka1isierten Behaltern in regulatorischer Weise erzeugt werden. Gerade dieser letzte Punkt scheint mir von besonderer Wiehtigkeit zu seine Wir wissen, dars die Harzbehalter ebensowenig wie die Milchrohren in offener Verbindung mit der Aufsenwelt stehen. EnthieIten sie nun tats8.chlich nutzlose Produkte des Stoifwechsels, welche. je nach der Intensitiit der Lebensvorgiinge in der Pflanze in .wechselnder Menge entstehen miirsten, so ware nichts natiirlicher, als dafs diese Stoffe aus. der Pflanze ausgeschieden wiirden und nicht als unniitzer Ballast sufbewahrt blieben. 1) Zu beachten ist ferner das sehr friibzeitige Erscheinen der HarzkSJliile und Milchsaftbehalter im Vegetationspunkt. Bei Tagetes patula sind z. B. erstere schon in voller Ausbildung vorhanden und von starkereichen Parenchymzellen umgeben, noch ehe die Gefiifsbiindel sieh entwickelt haben und in dem iibrigen Gewebe Starke nachzuweisen ist. - Diese Argumente diirften geniigen um darzutun, daCs die H abe rI and t 'ache Ansicht nicht aufrecht zu erhalten ist. Die sehr merkwiirdigeAnalogisierung der Milehrohren, welcbe in ihrer vermeintliehen doppelten Funktion als Leitungsorgane plastischer Stoffe und Exkretbehilter bei den Ligulifloren nach H abe rIa n d t die Rolle iibernehmen, die bei den TubuliHoren zum Teil dem Leitungsgewebe des Leptoms, durch das. die nutzlosen Sekreta zugefiihrt werden sollen, zum anderenTeil den Harzgangen zukommt, ist danach schwerlich noch haltbar. Viel naher liegt es, nachdem sich eine ernahrungs.. physiologische Bedeutung des Milchsafts als hochst zweifelhaft erwiesen hat, Milchrohren und Sekretbehalter selbst als Gebilde gleicher Funktion zu ·betrachten, und ich kann in diesem Sinne Va n Tie g he m.2) beipHichten, der den Inhalt der Sekret- und Milchsaftbehiilter als physiologisch gleichwertig betrachtet. Wenn er ihn jedoch als ein ffir das Leben der PHanze unnfitzes Produkt bezeichnet, 80 mufs icb dem aus mehreren Griinden widersprechen. Die anatomischen Befunde haben erstens gelehrt, dars die verschiedenen Arten von Sekretbehaltern (Sekretrohren, -schliiuche, -:-Idioblasten) und die Milchsaftgefifse vom entwicklungsgeschichtlichen, morphologischen Standpunkte aU8 ganz heterogene Gebilde sind, zweitens, dafs sie sich im allgemeinen in ihrem Auftreten ersetzen. Eine so hochgradige Differenzierung, die namentlich in den sehr ausgesprochenen Korrelationen 1) Vgl. hierzu auch Schwendener, Einige Beobachtungen an Milchsaft-

gefiifsen. . Sitz.-Ber. d. Berliner Akad. 1885 Bd. I pag. 884. 2) Van Tieghem in Bull. bot. de Franoe, Tome 31, 1884, page 116.

198 zum Ausdruck kommt, macht es nun sehr wahrscheinlich, dara hier die aktive Wirkung der natiirlichen Zuchtwahl auf ein bestimmtes Ziel hingearbeitet hat. Dieae Konsequenz schlierst aber die Voraussetzung in sich, dars die in den Milchroren und Sekretgangen enthaltenen Harze etc. der Pflanze wichtige Dienste leisten, sonst konnten sie im Kampfe urns Dasein keine ausschlaggebende Rolle gespielt haben. Nach diesen Erwagungen konnen wir zusammenfassend fur die Kompositen folgendes sagen: Die anatomischen Verhaltnisse lassen deutlich ein Vikariieren der Sekret- und Milchsaftbehalter erkennen. Der Inhalt der ersteren besteht nicht aus zufallig entstehenden Abbauprodukten des Stoffwechsels, sondern wird von der Pflanze aus stickstofffreien Nahrstoffen gebildet. Hieraus, sowie aus verschiedenen anderen, naher besprochenen Tatsachen lafst sich folgern, dars die SekretbehiUter eine bestimmte Funktion verrichten. Da nun diese eine physiologische nicht sein kann, weil die Sekrete nicht wieder in den Stoffwechsel gerissen werden, so bleibt nur die Moglichkeit einer okologischen Bedeutung. S t a h 1 hat nun gezeigt, dars die atherischen Ole bezw. Harze ein sehr wirksames Abwehrmittel gegen Schnecken sind, was ich durch einige Versuche mit Tubuliflorim bestatigen konnte. 1) Ferner dienen diese Harze, wie wir oben sahen, hochstwahrscheinlich dem W undverschlufs. Man wird somit in dieser doppelten Richtung die Bedeutung der Sekretbehalter zu suchen haben. Andererseits folgt aus dem Vikariieren der Milchrohren mit den Sekretbehaltern, dafs sich beide gegenseitig in ihrer Funktion ersetzen. 1st sonach fur die SekretbehaIter eine biologische Bedeutung die einzig mogliche, so lafst sich weiter schliefsen, dars dieselbe jedenfalls auch den Milchrohren zukommt. Die Wahrscheinlichkeit dieser bier auf rein tbeoretischem Wege abgeleiteten Folgerung erhiilt nun durch die oben mitgeteilten Versuche eine wichtige Stiitze. Wenn man demnach eine zwecklose Materialvergeudung, fur welche sich im Orga~ismenreich keine Analogie finden lierae, nicht annehmen will, so bleibt nichts anderes iibrig, als dem Milchaaft eine hervorragende okologische Bedeutung tats8.chlich zuzuerkennen. 2) 1) loh legte mit lther und Benzol ausgelaugte Blatter von Tanaoetum vulgare, Solidago canadensis und Centaurea montana nach volliger Losung des Harzes resp. iitherischen Oles nnd Entfernnng der Auslaugemittel den Schnecken zusammen mit frischen PBanzenteilen vor. Die frischen wurden von den stark au~gehungert~n Tieren vollkommen unbernhrt gelassen, wihrend sie die ausgelangten gern frafsen. 2) Es handelt sich hier nur urn die Exkrete des Milchsafts, welche fir seine Funktion bestimmend sind. Von den "Nihrstoifen" ist zunichst abgesehen.

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Nach allem, was bisher besprochen wurde, ist es auch kaum noch zweifelhaft, daCs es dieses Moment ist, welches im Existenzkampfe als hestimmender Faktor fur die A uslese gewirkt bat. W ollte man hierfiir die mutmafslichen physiologischen Funktionen des Milchsafts heranziehen, welche selbstverstandlich durch die genannten biologischen nicht ausgeschlossen sind, so konnte eine solche Auffassung erst dann zu Rechte bestehen, wenn wirkliche, positive Beweise dafiir vorligen. . Einstweilen sprechen die Tatsachennicht dafiir und wenn wir selbst unter der V oraussetzung, dars die Milchrohren sich in geringem Marse an der Leitung plastischer 8toffe beteiligen, unsere gegenwirtigen Kenntnisse in Form einer Theorie zusammenfassen wollen, so kann diese nur so lauten, d a f 8 a II e r Wah r s c he i n Ii c h k e it n a c h die primare Funktion des Milchsafts auf biologischem Geb i e t e Ii e g t. Was fur die Kompositen gilt, Hifst sich zwar nicht ohne allen Vorbehalt auf die anderen milchsaftfiihrenden Pflanzen iihertragen, doch sind Oriinde vorhanden, welche diesen Analogieschlufs rechtfertigen. Einmal haben uns die Schneckenversuche mit Euphorhiaceen und Papaveraceen zu demselben Resultat wie die mit Cichoriaceen gefiihrt; dessen Wahrscheinlichkeit wird noch dadurch erhoht, daCs bei heiden Familien ebenfells ein deutliches Vikariieren verschiedener Schutz mittel zu beobachten ist. Unter den Euphorbiaceen fuhren bekanntlich hei weitem nicht aIle Genera Milchsaft. N eben ungegliederten Milchrohren finden sich in dieser Famile gegliederte Milchsaftgefifse, Milchsaftzellreihen, Gerbstoffschlauche, langgestrekte Sekretschlauche, 8ekretidioblasten und Sekretlakunen. 1) Obgleich iiber die genauere Verteilung dieser Behalter innerhalb der Familie nooh detaillierte Untersuchungen fehlen, so lassen sich doch die. in der Literatur vorhandenen Angaben zur Feststellung interessanter Beziehungen verwerten. lch begnuge. mich auf die Aufzahlung weniger Falle. Die in dem System von Muller Argovensis zu dem Tribus der Acaly'pheen gerechneten Gattungen Aleurites, J oannesia, Macaranga und Pachystroma hesitzen ungegliederte Milchrohren; dieselben fehlen den ebenfalls hierher gehorigen Gattungen Alchornea und Mallotus; sie hahen als Ersatz typisch ausgebildete, lange 8ekretschlauche. Die mit der gegliederte Milchrohren riihrenden Hevea nabe verwandte Micrandra ist durch langgestreckte, weitlumige Milcbsaftidioblasten ausgezeichnet; andere Arten von 8ekretorganen kommen bei ihr niobt 1) Vgl. Bolereder, BY8t. Anatomie d. Dikotyl. 1899, und die Pax'sohe Bearbeitung der Euphorbiaoeen in Nat. Pflanzenfam.

200 vor. Der Gattung Pachystroma sehrnahestehend sind die Kautschukpflanzen der Gattung Manihot; ,sie fiihren jedoch gegliederte Milch. saftgefafse. Die Gruppe der Hipomaneen enthalt sehr viele Vertreter, welche ,einzellige Milchrohren besitzen; Ausnahmen davon bilden die Gattungen, Givotia, Pausandra und Pogonophora; bei ihnen treten Sekretschlauche auf. Interessant ist ferner die Gruppe der Crotoneen, deren vier Gattungen samtlich durch sog.Olzellen charakterisiert sind. Dieselben fehlen nur wenigen Crotonarten, und das sind gerade solche, die ungegliederte Milchrohren besitzen. Auch fur das Auftreten von Gerbstoffidioblasten und Milchsaft- resp. Sekretbehaltern lafst sich vielfach ein Vikariieren erkennen. N ach Fro m b 1i n g 1), der hieriiber einige Mitteilungen macht, treten GerbstoffschHiuche da an Menge zuriick, wo ungegliederte Milchrohren reichlich vorhanden sind, sind jedoch iiberaus reichlich entwickelt, wo letztere schwach ausgebild~t sind.oder fehlen. Ausfiihrlichere Angaben Hegen leider hieruber nicht vor. Jedenfalls steht zu erwarten, dafs von okologischen Gesichtspunkten geleitete Untersuchungen in dieser Richtung noch manche interessante Tatsache ans Licht bringen werden. Dasselbe gilt, fur die Papaveraceen, liber die hier nur einige allgemeine Bemerkungen Platzfinden mogen. .A.uch bei ihnen findet sich der Milchsaft in morphologisch verschiedenartigen Behaltern, indem bei einigen Gattungen gegliederte Milchsaftgefafse, bei anderen Milchsaftidioblasten auftreten. Beide schliefsen sich in ihrem V orkommen gegenseitig aus, ein Beweis fiir ihre Ersetzbarkeit. Hervorzuheben ist noch, dafsandere Sekretorgane fehlen und auch Drusenhaare nicht vorkommen. Es eriibrigt nun noch, auf einige PHanzenfamilien zuruckzukommen, fur die die biologischen Versuche zu negativen Ergebnissen gefiihrt haben. . Das betrifft in erster Linie die .A.pocynaceen und .A.sclepiadaceen. Zwar hat sich gezeigt, dafs der mit dem Milchsaft einiger diesen Familien angehorigen Pflanzen durchtrankte Starkekleister von den Schnecken gemieden wird, den milchsaftfreien BHittern von Rhazya orientl}lis und Vinca major gegenuber zeigten dagegen die Schnecken kein anderes Verhalten als gegenuber den milchsafthaltigen normalen. Sie wurden beide etwas angefresaen. Beriicksichtigt man, dafa die grofse Mehrzahl der Apocynaceen und Asclepiadaceen bei uns nicht einheimisch ist, somit auch der deutschen Fauna nicht angepafst sem kann, so ist das verstandlich. Wenn sie hier trotzdem gedeihen, 80 1) Fro m b Ii n g, Anatomisch - systematische Untersuchung von Blatt und Achee der Crot~neen und Phyllantheen. Bot. Centralbl. 1896 I.

201 folgt darau8 nur, dars sie zufallig eine Konstitution besitzen,· welche sie gegen die in den ungewohnten Klimaten vorhandenen atmo8pha.. rischen Einflusse und sonstigen Gefahren, unter denen die, welehe von der Tierwelt ausgehen, keine zu unterschatzende Rolle spieleu, widerstandsfahig macht. 1) Speziell bei Vinca diirften die lederartigen BHitter einen Schutz bieten. 1st nun das V orhandensein von Milchsaft fiir die bei uns kultivierten Apocynaceen und Asclepiadeen vielleicht keine Existenzbedingnng, so ist er es jedenfalls in ihrer Heimat, in der an Stelle unserer Schnecken, Insekten etc. andere Tiere vorkommen, die durch andere Stoffe abgeschreckt werden. Hier versprechen namentlich in den Tropen angestellte Versuche interessante Ergebnisse, welche uns vielleicht auch iiber die noch ganz unbekannte Bedeutung des MilchBafts der Kautschuk. und Guttaperchapflanzen Aufklarung verschaffen werden. Es ist fur die Apocynaceen und Asclepiadaeeen .ebenfalls Behr wahrscheinlich, dafs ihr Milchsaft gegen Tierfrafs schiitzt, denn beide Familien entbehren sowohl ausgiebiger mechanischer Schutzmittel als auch anderer Sekretorgane. Auch Drusenhaare fehlen im allgemeinen. Erwahnung verdient hier noch der Umstand, dars die mit den Asclepiadaceen verwandten G e n t ian e e n keine Milchrohren besitzen, dafiir aber sehr reich an Bitterstoffen sind. Ganz ahnliches, gilt fur die Log ani a c ee n , die an stark giftigen Alkaloiden .reich sind. In gewisser Beziehung eine Sonderstellung schein en die Camp an u 1ace en einzunehmen. S t a h 12) vermutet, dafs hier die ursprungliche Bedeutung des Milchsafts, als Abwehrmittel gegen Tierfrafs zu dienen, teilweise unter Ausbildung ergiebiger· mechanischer Schutzmittel verloren gegangen ist. Er legte in einem Versuche mehreren Schnecken . Blatter von Campanula· medium und persicifolia VOl; wahr~nd die ersteren vertilgt wurden, blieben die anderen infolge des Besitzes von Kieselhockern unberiihrt. In An betracht der gleich zu beriihrenden Frage der Relativitat der Sehutzmittel ist es nieht ganz ausgeschlossen, dafs der Milchsaft auch von Campanula medium in der Natur als Abwehrmittel wirksam ist. In letzterem FaIle konnten wir es dann miteiner Hanfung von Schutzruitteln zu tun haben~ Anderseits ist aber aueh die Annahme eines nachtraglichen Funktions1) Nach personlicher Mitteilung des Herrn Professor Stahl ist der in unseren Gewachshiusern und Girten im allgemeinen sehr gut gedeihende nordamerikanische Farn Campto8orU8 rhizophyllus Hk. nur dann kultivierbar, wenn man die Schnecken fernhalt, die ihn sonst in kurzer Zeit verwiisten. 2) Pflanzen und Schnecken pag. 112 und 113.

202 weohsels wohl denkbar, zumal da naoh· Mo lis oh l)der Milohsaft von C. medium eine sehr· deutliche EiweiCsreaktion zeigt und· siiCsen Gesohmack hat. Um die Frage der Schutzmittelhaufung zu entscheiden, stellte ich . mit mehreren behaarten Campanula -Arten einige Versuche an. So entfernte ich an BBittern von C. glomerata auf der einen Spreitenhalfte oben und unten die Haare, was duroh Abstreichen mit dem Rasiermesser leicht moglich ist, und legte sie den Schnecken zusammen mit anderen Blattern vor ,denen die Haare belassen, der Milchsaft aber durch ·ofteres heftiges Durchschiitteln in Wasser (die Blatter wurden in Stiicke geschnitten, so dafs sie an allen Seiten freie Schnittfiachen hatten) ausgelaugt war. Es zeigte sich, daCs die milchsaftfreien Blatter vorgezogen wurden; die enthaarten Halften der milchsafthaltigen Blatter wurden im allgemeinen· erst nach diesen gefressen, wahrend die normalen Blatthalften vollig unberiihrt blieben. Campanula grand is gegeniiber zeigten dieSchnecken dasselbe Verhalten. , Von der normalerweise sehr stark behaarten Companula cervicaria wurden die milchsaftfreien und enthaarten Blatter in gleicher Weise bevorzugt, die normalen ebenfalls unberiihrt gelassen. Campanula rapunculoides, deren Blatter keine Haarbekleidung haben, zeigte schon nach kurzer Zeit sehr deutlicheUnterschiede: die milchsaftfreien Bliitter waren nach einigen Stunden vollstandig vertilgt, wiihrend die normalen ganz unversehrt· blieben. Rier scheint der Milchsaft wirksamer zu sein, ds ibm keine mechanischen Schutzmittel zu Hilfe kommen konnen. Zum gleichen Resultate fiihrten aucb Versuche, welche in oben (pag.187) angegebener Weise mit in Wasser aufgeschlemmter Starke ausgefiihrt wurden. loh bestricb vier Obj ekttrager mit Starke brei ; derselbe wurde auf Nr. 1 mit einigen Tropfen des Milchsafts von C. cervicaria (stark behaart), auf Nr. 2 mit demjenigen von C. glomerata (bebaart), auf Nr.3 mit dem von C. rapunculoides (nnbehaart) vermiscbt; anf Nr. 4 blieb reiner Starkebrei. Die omnivoren Schnecken (Limax agrestis) verhielten sich folgendermaCsen: Auf Nr. 4 war der Starkebrei schon nach einem balben Tag vollig vertilgt, Nr.1, 2 und 3 waren zu dieser Zeitnoch unberiibrt. Einen Tag spiiter war jedocb auf Nr. 1 nnd 2 der Brei stark angefressen. Nr. 3 blieb nnversehrt. Hieraus erhellt also ebenfalls ganz deutlich, dars der Milcbsaft von Campanula rapunculoides ein wirksameres Abwebrmittel ist. Es spricht also, wie gesagt, manches dafiir, daCs wir es bei den behaarten Campanula-A.rten viel>

1)

Mo~i8Ch,

Studien iiber den Milch- und Schleimsaft. Jena 1901. ,.

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faeh mit einer Schutzmittelhaufung zu tun haben, die den Pflanzen gewifs noch in verschiedenen anderen Richtungen Nutzen bringt. Naturlich sind die Verhaltnisse, urn die es sich hier handelt (und das gilt auch fdr die Versuche mit den anderen Milchsaftpflanzen), nur relative. Legt man den Schnecken haarlose, milchsafthaltige Bliitter von Campanula glornerata neben normalen vor, so fressen sie erstere nicht deshalb, weil sie ihnen besonders angenehm sind, sondern sie wahlen von beiden das geringere Ubel. Wiirde man ihnen aufserdem einige Scheiben sufser Carotten vorsetzen, so wiirden sic auch die haarlosen und die milchsaftfreien Blatter verschmahen. Hieraus folgt, dafs es stets unerlifslich ist, bei derartigen Versuchen die Bedingungen genau zu beriicksichtigen. Auch in der Natur kann es sich selbstverstindlich nur urn solche Relativitaten handeln. J e nach der Verbreitung der pflanzenschidlichen Tiere, dem Grade ihres Hungers, der Menge der vorhandenen Nahrung usw. werden die Pflanzen einer mehr oder weniger grofsen Gefahrausgesetzt sein und davon wird es auch abhangen, 'ob minder geschutzte Exernplare stark unter dem Tierfrafs zu leiden haben oder· nicht. Obwohl man also von Schutzmitteln im streng absoluten Sinne nicht red en kann, so gebt doch deren Bedeutung so weit, dars den Pflanzen durch ihr Vorhandensein die Existenz gewahrleistet wird , .. ·vorausgesetzt naturlich, dafs nicht unv()rhergesebene VerhaItnisse plOtzlich eintreten, denen die PHanze durch Zuchtwahl selbstverstandlich nicht angepafst sein kann. Handelt es sich um nicht zu komplizierte FaIle, so lifst sich, wie wir an den Freilandversuchen mit Euphorbien sahen ,I dur~h· rel~tiv einfache Versuehe feststellen, wie ausschlaggebend die Rolle iat, die gewisse Schutzmittel fur die Erhaltung des Lebens der Organism en spielen. Niemals iet jedoeh zu vergessen, dafs auch da, wo wir die Tatsachen zu iibersehen glauben, sicher noch eine grotae Anzahl aufserer Faktoren mit im Spiele ist, welche nur durch eine. yom Experiment unterstiitzte gen~u.e Naturbeobachtung unserem Verstilidnis wird niher geruckt werden konnen. Speziell bei den behaarten Campanulaceen mochte ich noch am ehesten dazu neigen, dem Milchsaft eine grofsere physiologische Bedeutung zuzusprechen. Sollten physiologische Versuche diese Vermutung bestatigen, so ware damit zugleich das Aliftreten der Schutzmittelhaufung plausibel gemacht, denn es ist wohl denkbar, daCs der Milchsaft, der an der Ernahrung der Pflanze wesentlichen Anteil nimmt, in seiner Funktion als Sehutzmittel etwas geschwacht wird, und daCs der Pftanze dafiir ein Ersatz 'geboten werden muCs.

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Zum Schlu8se mogen die mitgeteilten Ergebnisse kurz zusammengefafst werden.Es Hirs.t sich danach iiber die Bedeutung des Milchsafts folgendes sagen: Die von vielen Autorenden Milchrohren zugeschriebene Funktion al~''Yichtige Organe derLeitung oder Speicherung plastischer Substanzen larst sich weder durch die anatomischen Befunde wahrscheinlich'machen, noch sind bis jetzt physiologische VerBuche bekannt, welche eine solche Annahme begriinden. konnten. Sowohl der Ausfall der Ringe~ungsversuche (Ficus Carica, elastica, australis, vgl. pag.137 ff.) als derjenige der Hungerkulturen (im Dunkeln oder in kohlensaurefreier A.tmosphiire, mit KeimpHanzen von Euphorbien, Tragopogon, Vincetoxicum, Chelidonium, siebe page 147 ff.) spricht vielmehr gegen eine erhebliche Beteiligung des Milchsafts an. der Erniihrung der Pfla~ze. Hiermit stehen auch die Tatsachen der Chemie in Einklang, nach welchen der Gehalt an unverwertbaren Stoffwechselprodukten (Gummi, Harze, Kautschuk, Alkaloide usw.) in den Milchsaften ein ungleich hoherer ist als der an sog. Nahrstoffen. Die ersteren sind keine notwendigen Abfallprodukte des Stoffwechsels, sondern siewerden'unter grofsem' Aufwand organischenMaterials gebildet. Somit ist anzunehme.n t dars sie von der PHanze im.Hinblick auf bestimmte Funktionen produziert werden. Esgibt nun in der Tat Belege. fiir eine he.rvorragendc okologische Bedeutung des Milchsafts. So leistE~t er def Pflanze .beim V erschliefse~ von W unden oft gute Dienste. Vor aHem" aber schiitzt er sie, wie experimentell gezeigt wurde, infolge des' Gebaltes an giftigen, atzenden und widrig schmeckenden Substanzen ~or der Vernichtung durch Tierfrafs. Die Tatsachen der vergleichenden Anatomie (Vikariieren von Sekretgangen mit ;Milchsaftbehaltern bei' d~n Kompositen, von Gerbstoffschlauchen, SekretschlauchEm und Mil~hrohren bei den Euphorbiaceen u. v. a.) stehen mit dieser Auffassung in gutem Einklang (vgl. page 192-201). Auch diirfte der hohe. Turgor in den Milchrohren, der bei den geringsten Verletzungen sofortiges Ausspritzen des Saftes bewirkt, als begunstigendes Moment in diesem Sinne mitwirken. Es mufs spateren Untersuchungen vorbehalten bleiben, die iibrigen noch unbekannten Funktionen des Milchsafts, die sicher sehr mannigfach· sind, genauer zu erforschen. Dabei werden sich vielleicht auch AnhaltBpunkte dafiir gewinnen lasBt}n, wie man das Auftreten der Fermente in einigen Milchsaften zu verstehen bat. Bislang wissen wir niQht, ob diese fiir den Gesamtstoffwechsel der Pfianze von Bedeutung 'sind (womit den' betreffenden Milchsaften eine physiologische Funktion zuz_uschreiben ware) oder ob ihre Wirkung auf die Milch-

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rahren beschrankt ist, oder endlich, was auch nicht ganz unwahrscheinlich ist, ob sie erst in dem ausgetretenen, mit der Luft in Beriihrung gekommenen Milehsaft irgend welche ehemische Veranderung en , die maglicherweise mit den Gerinnungserscheinungen zusammenhangen, hervorrufen. Gewifs werden sich noch viele biologisch interessante Tatsachen ergeben, aber aueh die physiologiBche Seite der Frage ist keineswegs ersehopfend behandelt und bedarf, nachdem eine vervollkommnete Methodik einwandfreie Versuche gestatten wird, noch nach mancher Richtung einer Bearbeitung.

Laboratoriumsnotizen. Zur Demonstration positiv geotropischer Sprosse im Winter eignet sich besonders Bryophyllum erenatum. Die Pflanze bliiht hier meist gegen Mitte November, 'konnte aber durch Kultur bei niedriger Temperatur jedenfalls auch noeh langer zuriickgehalten werden. 1m Winter stehen in botanischen Garten zur Demonstration .positiv geotropischer oberirdischer Sprosse wo'hl meist nur Bliiten von Cyclamen persicum und anderen Arten zur Verfiigung. Diese aber sind namentlich zur Demonstration im Horsaal 'wenig geeignet. Bryophyllum erenatum bietet den Vorteil, dafa das ganze;obere Ende des vorher streng orthotropen beblattertenSprosses'sich umkriimmt, sobald die Bildung der terminalen Inflorescenzheginnt; schliefslich ist die Inflorescenz, wie die Abbildung pag. 206 zeigt, mit der Spitze gerade nach abwarts gerichtet. Durch Umlegen der Pflanze lafst sich leicht demonstrieren, dafs es sich urn positiven Geotropismus handelt; wenn die Bliiten weiter entwickelt sind, tritt die' zur Aufriehtung der Inflorescenz fiihrende "Umstimmung" ein. l ) 1) Beilaufig bemerkt, wie verhii.lt sich die Statolithentheorie zu solchen Fii.llen s p on tan e r geotropischer U mstimmung? Sie konnte wohl verstandlich machen, dafs der positiv geotropische Sprofs sicb wieder aufrichtet, wenn dann in der Zelle nach unten sinkende StatoHthen vorhanden sind. Aber wie wird er negativ geotropisch ? Hilfshypothesen lassen sich auch hier geben, aber zunachst hedarf es wohl genauerer Untersuchung der Vorginge selbst.