Über die Wirkung von 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure auf den Stoff-wechsel in vitro kultivierter Spargelsprosse

Über die Wirkung von 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure auf den Stoff-wechsel in vitro kultivierter Spargelsprosse

(Aus dem Botani.schen Institut der Universitat Miinchen) Ober die Wirk ung von 2,4_Dichlorphenoxyessigsaure auf den stoffwech sel in vitro kultiviert...

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(Aus dem Botani.schen Institut der Universitat Miinchen)

Ober die Wirk ung von 2,4_Dichlorphenoxyessigsaure auf den stoffwech sel in vitro kultivierter Spargelsprosse Von

Otto Kandler uud Herbert Neumair Mit 14 Abbildungen im Text (Eingegangen am 17. Januar 1954)

Kiirzlich konnte gezeigt werden (KANDLER 1953a), daB 2,4-D tiefgreifend e Verand erungen im Stoffwe chsel isolierte r Wurzel n hervorr uft. Es lag nahe, derartig e Versuch e auch auf Sprosse auszude hnen, fiir die bereits eine groBe Zahl von Einzelb efunden vorliegt . Es fehlen jedoch Arbeite n, in denen an ein und demselb en Objekt unter gleichen Wachstums bedingu ngen mehrere stoffwe chselph ysiologi sche Verand erungen gleichze itig untersu cht worden sind. Alle bisherig en Einzelb efunde wurden unter so verschie denen Bedingu ngen und mit so untersc hiedlich em Materia l gewonn en, daB ihre Vereini gung zu einem Gesamt bild zu zahlreich en Widersp riichen fiihrt (vgl. FRoHBERGER 1951, CRAFTS 1953). Es wurden daher wiederu m isolierte Organe, und zwar Spargel sprosse verwendet. Loo (1945) konnte zeigen, daB diese unbegre nzt in Mineral salze und Glukose enthalte nden Nahrlos ungen kultivie rt werden konnen , ohne daB sie Wurzel n bilden. Damit komme n korrela tive Storung en, die gerade bei Arbeite n ii ber Wuchss toffwirk ungen wegen der untersch iedliche n Reaktiv itat von Sprol3 und Wurzel sehr unange nehm sind, in Fortfall . Weiterh in gestatte t diese Method e aul3ero rdentlic h gleichmaBige Kulturbedingu ngen und die Aufrech terhaltu ng einer definier ten Wuchss toffkonzen tration wahren d der gesamte n Kulturd auer. Wie WIENTR AUB und Mitarbe iter (1952) fanden, wird 2,4-D relativ rasch von den Pflanze n abgeba ut, so daB bei einmali ger Applika tion ein rasches Absinke n der Wuchss toffkon zentrati on im Gewebe eintritt. 1m Faile der Organk ultur stellt der in der Nahrlos ung geloste Wuchss toff einen im Vergleich zum Abbau grol3en Speiche r dar, so daB die Konzen trations anderun gen nur minima l sein diirften .

Dber die Wirkung von 2,4-Dichlorphenoxyessigsaure auf den Stoffwechsel usw.

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Nachdem die Wir~ung von fJ-Indolylessigsaure (IES) auf den Stoffwechsel isolierter Spargelsprosse schon frtiher untersucht wurde (KANDLER und VIEREGG 1953), sollen in vorliegender Arbeit die entsprechenden Daten ftir die Wirkung von 2,4-D mitgeteilt werden. Zusammen mit den Ergebnissen weiterer Untersuchungen tiber die Wirkung einiger anderer Wuchsstoffe und "Ant!lgonisten", die z. Z. am hiesigen Institut noch im Gange sind, sollen sie dazu beitragen, einen immer vollstandigeren Uberblick tiber die durch Wuchsstoffe induzierten Stoffwechselveranderungen zu vermitteln. Es steht zu hoffen, daB damit auch ein Beitrag zur Frage nach dem biochemischen Mechanismus der Wuchsstoffwirkung geliefert werden kann.

Material und Methodik Beeren von Aspalagus officinalis L. wurden getrocknet, die Samen durch Reiben herausgelOst und von den anhaftenden Samenhauten befreit. Die Samen wurden dann in einem Glas aufbewahrt und im Laufe des folgenden Jahres verarbeitet. Die Sterilisation erfolgte durch 45miniitiges Einlegen in konzentriertes Bromwasser und Auswaschen des Broms mit sterilem Wasser. Ais Keimbett dienten sterile Petrischalen mit einer 5 mm dicken, 1,2 % igen Agarschicht. Die Schalen wurden in der Klimakammer bei 27 0 C bebriitet, bis sich nach etwa 3 Wochen 20 bis 30 mm lange Sprosse entwickelt hatten. U nter Einhaltung steriler Bedingungen wurden dann SproBspitzen von 6 mm Lange abgeschnitten und je 5 Stiick in die 10 ml NahrlOsung enthaltenden Erlenmeyerkolbchen iibertragen. Das weitere Wachstum erfolgte dann wieder in der Klimakammer auf einer Schiittelmaschine (50 Schwingungen/min) bei 27 0 C. Die Nahrlosung hatte folgende Zusammensetzung (nach WHITE, jedoch mit vermehrtem Stickstoff): 360 mg MgSO,· 7 H 2 0; 200 mg Ca(N0 3 )2· 4 H 2 0; 200 mg Na 2 SO,; 1080 mg KN0 3 ; 65 mg KCI; 16 mg KH 2 PO,; Fe 2 (SO,)a; 1 ml HOAGLANDSche A-Z-Losung; 10 g Glukose; 1000 ml Aqua bidest. Der pH-Wert betrug 5,7. Zu dieser NiihrlOsung wurde 2,4-D in den Konzentrationen 10- 5 M bis 10-- 9 M in Abstanden von Zehnerpotenzen zugesetzt. Bei einigen Reihen kam noch die Konzentration 10- 4 M hinzu, so daB eine Versuc~sreihe aus 6 bzw. 7 Kolbchen bestand. Insgesamt wurden zu vorliegender Arbeit 16 derartige Reihen aufgearbeitet, wobei etwa 10% der Proben wegen Infektion mit Pilzen oder Bakterien verworfen werden muBten. Die Kulturdauer betrug 8 bis 10 Tage. Die Verarbeitung der herangewachsenen Sprosse erfolgte in der bereits friiher (KANDLER und VIEREGG 1953) beschriebenen Weise: Glukosebestimmung nach BERTRAND (vgl. BERTHO und GRASSMANN 1936); Stickstoffbestimmung mit Hilfe der Mikrokjeldahlmethode, wobei nach KLINGMULLER (1950) n/200 H 2 SO, vorgelegt und die restliche Siiure jodometrisch bestimmt wurde. Die Atmungsmessung erfolgte manometrisch mit der Warburgapparatur, nach Beendigung der Kultur. Zur Bestimmung des Mittelwertes und des mittleren Fehlers ( Streuung u= 1V~!:) wurde das graphische Verfahren zum Ausgleich wiederholter Messungen angewendet, das LODE (1948) beschrieben hat. Es gestattet gleichzeitig eine Homogenitatspriifung Flora, Bd. 141 2

OTTO KANDLER und HERBERT NEUMAIR

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und erlaubt es, Werte, die nicht der GAussschen Fehlerverteilung entsprechen, zu eliminieren. Der mittlere Fehler des Mittelwertes (m =

1:) wurde in den Abbildungen

durch die Kurve schneidende, senkrechte Linien dargestellt. Da die Anzahl der Messungen (n) bei den einzelnen Darstellungen nicht einheitlich ist, wurde sie in den Legenden zu den Abbildungen jeweils angegeben.

Versuchserge bnisse 1. Langenwachstum In einem kurzen Vorversuch wurde der EinfluB von 2,4- D auf das Langenwach stum von Avenakoleop tilen gepriift. Koleoptilens pitzen von 6 mm Lange wurden zu je 20 Stiick in Wageschalch en, die mit je 3,3 ml mm 40

mm/20Std. 3

f-+--+---f--+-i

2 10

10-5 10-6 10-7 10-8 10-9 Kontrolle -log (2.4-D)

Abb.1. Langenzuwachs von Avenakoleoptilen nach 20 Stunden in Abhiingigkeit von der 2,4-D-Konzentration. (n = 20.)

+

10 4 10-5

10-6

10- 7

10-8 10-9 Kontrolle -log (2,4-D)

Abb. 2. Lange der Spargelsprosse nach Stagiger Kultur bei verschiedenen 2,4-DKonz. (n = 10-12.)

1 % Glukoselosun g mj45 Phosphat puffer (pH = 5,7) und 2,4-D in verschiedenen Konzentratio nen (10- 5 M bis 10- 9 M) beschickt waren, gebracht. Nach 20stiindigem Aufenthalt in der Klimakamm er bei 27 0 C wurde die Lange bestimmt. Abb. 1. zeigt, daB stark ere Konzentratio n als 10- 8 Meine Wachstumsf orderung urn etwa 25 % bewirken. Demgegeniib er ergibt sich fiir 8 Tage kultivierte Spargelspros se in diesem Konzentratio nsbereich bereits eine betrachtliche Hemmung, wahrend eine statistisch gesicherte Forderung bei 10- 8 M auftritt (Abb. 2). Es lag nahe, daB dieser Unterschied gegeniiber dem Kurzversuch darauf beruht, daB die Wachstumsf orderung nur kurzfristig in den erst en Stunden oder Tagen erfolgt, dann aber von einer Hemmung gefolgt wird. Die Kontrollspro sse zeigen, wie bereits aus einer friiheren Darstellung (KANDLER und VIEREGG 1953) hervorgeht, erst nach dem dritten Tag ihre Hauptwachs tumsrate.

Dber die Wirkung von2',4-Dichlorphenoxyessigsaure auf den Stoffwechsel usw.

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Um diese Frage zu kliiren, wurden je fiinf SpargelsproBspitzen von 6 mm Liinge genau so wie oben fiir die Avenakoleoptilen beschrieben, behandelt und in 12stiindigen Abstiinden wiihrend 3 Tage die Liingenzunahme bestimmt. Um StOrungen durch Bakterienwachstum auszuschalten, wurde die Zuckerlosung jeweils bei der Messung erneuert, Abb. 3a zeigt die Liingenzunahme der Spargelsprosse in diesem Zeitraum. Tatsiichlich bewirken die starken Konzentrationen 10- 4 M und 10- 5 Meine Wachstumsforderung, wiihrend sich die Werte fiir die iibrigen Konzentrationen so weitgehend mit der Kontrolle decken, daB sie auf mm

mm/Tag

12 20

to-5 to

15

8 1(J6

10

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10- 4

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6

Konfrolle

4

5

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2

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.......

Konfrolie

""'" 10-4 2.4-0

2

3 Tage

Abb.3a. Lange der Spargelsprosse in Abhangigkeit von der Zeit. (10 -4 M und 10-5 M: n = 5; ubr. Konz. und Kontrolle: n = 25.)

2

3 Tage

Abb.3b. Wachstumsgeschwindigkeitder Spro.6spitzen in den ersten 3 Tagen.

Grund der Homogenitiitspriifung gemeinsam mit den Kontrollwerten verrechnet werden konnten. Die Darstellung der Wachstumsgeschwindigkeit in Abb. 3 b zeigt, daB die anfiingliche Forderung sehr rasch abnimmt und bei 10- 4 M bereits am 3. Tag die Zuwachsrate !lahe Nullliegt. Diese Sprosse stellen in den folgenden Tagen ihr Liingenwachstum vollig ein. Bei 10- 5 M Iiegt der Uberschneidungspunkt etwa am 4.-5. Tag, und Wachstumsstillstand tritt etwa am 10. Tag ein. Einige Reihen wurden mehrere Wochen lang kultiviert, um dies en Sachverhalt klarzustellen. Dabei zeigte sich, daB zwar die Forderung dieser starken Konzentration nur voriibergehend ist, die Zuwachsforderung durch 10- 8 M aber selbst nach 3 Wochen noch deutlich sichtbar bleibt. Die Kontrollen zeigen in den ersten beiden Tagen nach der Isolierung ebenfalls einen stark en Ab2*

20

OTTO KANDLER und HERBERT NEUMAIR

fall der Zuwachsrate, erholen sich aber dann, und der tagliche Zuwachs betragt in den folgenden Tagen 3-4 mm. Gleichzeitig mit der Hemmung des Langenwachstums erfolgen auch morphologische Deformationen der Sprosse. Bei 10- 4 M bleiben sie auBerordentIich dunn und sind nicht mehr voll turgeszent. FaBt man sie mit der Pinzette an, so hangen sie links und rechts herunter. Bei 10- 5 M treten starke Verkrummungen auf, und an einigen Stellen sind die Sprosse unregelmaBig verdickt. Wesentliche anatomische Veranderungen IieBen sich am Querschnitt allerdings nicht feststellen. Wie bei

Abb.4. Spargelsprosse nach 8tagiger Kulturdauer. Von links nach rechts: 10-4 M. 10- 5 M, 10-6 M, 10- 7 M, 10-8 M, 10-~~ M, Kontrolle.

den Wurzeln (KANDLER 1953a) sind die Parenchymzellen an den Verdlckungen etwas blasig. 10- 6 M bewirkt ahnliche Veranderungen wie 10- 5 M, aber in erheblich abgeschwachter Form. Die fordernde Konzentration 10- 8 M fUhrt keine morphologischen Abweichungen herbei. Abb. 4 veranschaulicht diese Verhaltnisse.

2. Trockengewicht Die Bestimmung des Trockengewichtes nach durchschnittlich 8 tagiger Kulturdauer ergab die in Abb. 5 dargestellten Werte (jeweils funf Sprosse). Das Ausgangstrockengewicht betrug 1,2 mg. Mit Ausnahme der starken Hemmung der Trockengewichtszunahme bei 10- 4 M, wo offensichtIich schon eine generelIe, unspezifische Hemmung vorIiegt, beeinfluBt 2,4-D in einem weiten Konzentrationsbereich das Trockengewicht kaum. Das leichte Maximum bei 10- 8 M liegt noch weit innerhalb der Streuung und kann statistisch nicht gesichert werden. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit fUr seine Realitat besteht nur in dem stetigen Kurvenverlauf. Vergleicht man das Verhalten des Trockengewichts mit dem des Langenwachstums, so £alIt auf, daB der Hemmung des Langenwachstums

Dber die Wirkung von 2,4-Dichlorphelioxyessigsaure auf den Stoffwechsel usw.

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durchaus keine annahernd- gleiche Hemmung der Substanzvermehrung entspricht. Dies kommt besonders gut zum Ausdruck, wenn man den Quotienten Lange/Trockengewicht, den wir entsprechend einem friiheren mg

5 4

I

h-----Y-----~-----~-----f----~

I /

3

2

ft' 10-4

I

10-5

1-0-8 10-9 Konlrol/e -log (2,4-D)

10- 7

Abb. 5. Trockengewicht von je 5 Spargelsprossen nach Stagiger Kulturdauer. (n = 10-12.) .

Vorschlag (KANDLER 1953 b) als "s pezifische Lange" bezeichnen, bilden. Abb. 6 zeigt die Abhangigkeit der "spez. Lange" von der 2,4- D- Konzentration. Das Umkehren der Kurve bei 10- 5 M zeigt an, daB hier der Bereich ailgemeiner Schadigung beginnt, wie man ihn bei Verwendung beliebiger Gifte erhalten kann.

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1/ (f

70-4 70-5

10-6 70- 7 70- 8 70-9 Konlrolle -log (2,4-D)

Abb. 6. Spezifische Lange der Spargelsprosse nach Stagiger Kultur.

3. Stickstoffgehalt Der Gesamtstickstoff- (Kjeldahl-AufschluB) Gehalt der Sprosse, von denen oben das Trockengewicht wiedergegeben wurde, ist aus der Abb. 7 ersichtlich. AuBerhalb der Fehlergrenze liegt wiederum nur der niedere Wert bei 10- 4 M. Die Erhohung des Stickstoffgehaltes bei 10- 5 Mist zwar statistisch nicht ganz gesichert, aber in diesem Faile diirfte auf Grund der Stetigkeit der Kurve die Realitat des Maximums nicht zweifelhaft sein. Da das Trockengewicht in diesem Bereiche keine Forderung aufweist, ergibt sich flir den Quotie-nten N/Trgew. eine starke Erhohung.

OTTO KANDLER und HERBERT NEUMAIR

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Wegen der groBen Streuung der Stickstoffwerte wurde der Quotient NjTrgew. nicht aus den Mittelwerten, sondern aus den Einzelwerten gebildet und diese Daten geyStickstoff mittelt. Abb.8 gibt die ent170 sprechende Kurve wieder. 160 Die Verschiebung des Ver150 haltnisses EiweiBjKohlenhydrat, die der Quotient 140 NjTrgew. anzeigt, ist bei 130 dieser DarsteIlung auch sta120 tis tisch gut gesichert. Glin110 stiger als die Verwendung der Endwerte flir N und Trgew. erscheint die Quotientenbildung aus den Zuwachs betragen. Die zweite Abb. 7. Stickstoffgehalt von je 5 Spargelsprossen nach 8tagiger Kultur. (10- 4 M: n = 4; 10-5 M: Kurve in Abb. 8 ist aus den n = 11; 10-6 M: n = 10; 10- 7 M: n= 12; 10-8M: errechnet Zuwachswerten n = 6; 10-9 M: n = 10; Kontrolle: n = 12.)

45 40

35 N

30

Tr

25 20

15

10-4

10-5

10-6

10-7

10-8 10-9 Kontrolle -log (2,4-D)

Abb.8. Verhaltnis von StickstoffiTrockengewicht bei Spargelsprossen nach 2,4-DEinwirkung. (10- 4 M: n = 3; 10-5 M, 10-9 M und Kontrolle: n = 12; 10-6 M: n = 11; 10-7 M: n = 7; 10-8 M: n = 10.)

und zeigt, daB in diesem FaIle bei 10- 5 M wiederum der typische Knick auftritt. Die fUr 2,4- D spezifische Wirkung einer Verschiebung des EiweiBKohIenhydratverhiUtnisses zugunste? des EiweiB erreicht bei 10- 5 M sein Maximum.

Ober die Wirkung von 2,4-Dichlorpbenoxyessigsiiure auf den Stoffwechsel usw.

23

4. Atmung Der manometrisch gemessene Sauerstoffverbrauch der etwa 8 Tage alten Sprosse kann sowohl auf Stickstoff wie auf Trockengewicht bezogen werden. Erste720 res verdient bei pflanzlichem Gewebe mit seinem groBen Anteil an Zellulose zweifellos den Vorrang. Wie aus der Abb. 9 hervorgeht, bewirken die hohen Konzentrationen 10- 6 Mund10- 5 M starke Erhohungen des Sauerstoffver10-4 10-8 _ 10-9 Kon/rolle 10-5 10-6 10-7 brauchs, wahrend die -/0(/ (2,4-D) toxische KonzentraAbb. 9. Sauerstoffverbraucb von & Tage kultivierten tion 10- 4 M zu einem Spargelsprossen naeb 2,4-D-Einwirkung. (10- 5 M: n = 8; -.starken Abfall fUhrt. 10-6 M lind 10-8 M: n = 5; 10-7 M: n = 9; 10-9 M: n = 11; Kontrolle: n = 10.) Der Wert fUr 10- 4 M wurde nachtraglich an anderen Proben bestimmt wie die Werte fUr die librigen Kon800 zentrationen, weshalb auch keine Angaben liber die Streuung ge- 600 macht sind. Er stellt ~..o70-4M den Mittelwert aus 400 -----_ --drei Versuchen dar -------und ist so eindeutig, 200 daB eine oftere Wiederholung zur statistischen Sicherung liber2 3 Tage fllissig erschien. Abb. lOa. Sauerstoffverbraucb von je 10 Spargelsprossen Zur Darstellung im Verlauf von 3 Tagen bei verscbiedenen 2,4-D-Konz. der Kinetik der Sauerstoffaufnahme wurden je 10 frisch abgeschnittene, 6 mm lange SproI3spitzen in WarburggefaI3e, die mit 3 ml 1 %iger GlukoselOsung mj45 Phosphatpuffer pH = 5,7 und 0,3 ml der entsprechenden 2,4-D-Konzen....

.o-~

+

OTTO KANDLER und HERBERT NEUMAIR

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tration beschickt waren, gebracht und im Laufe von 3 Tagen die Sauerstoffaufnahme gemessen. Die Losung wurde wiederum zur Verhinderung des Bakterienwachstums in Abstanden von 12 Stunden erneuert. In Abb. lOa ist die Gesamtsauerstoffmenge, in Abb. lOb die Geschwindigkeit der Sauerstoffaufnahme kurvenmaJ3ig dargestellt. ~70-5 18 10- 7 M fiihrt in dieser kurzen Beobachtungszeit noch zu 16 keinen Veranderungen gegen14 iiber der Kontrolle, wah rend 12 5 M vom 2. Tage an deut1010 lich fordert, 10- 4 M schon nach 8 24 Stunden hemmt. Der Sauer6 stoffverbrauch ist in diesen 4 Beispielen nicht auf Trocken2 gewicht oder N bezogen, sondern nur auf die jeweils 3 Tage 2 in einem GefaB befindlichen Abb. lOb. Geschwindigkeit der Sauerstoff10 Sprosse. Daraus erklaren aufnahme von Spargelsprossen bei verschiesich auch die unterschiedlichen denen 2,4-D-Konz. in den 3 ersten Kulturtagen. Anfangswerte. Da bei 10- 4 M nur eine sehr geringe Trocken1.2 gewichtszunahme erfolgt, die t.1 Atmung aber nicht in dem 1.0 MaBe wie in den ersten Tagen 0.9 weiter abfallt, errechnet sich 0.8 bei Versuchsende bei Bezug 0.7 auf Trockengewicht keine so 0.6 starke Hemmung wie dies in 0.5 Abb. lOb der Fall ist. 0.4

I

I

5. Synthetischer Wirkungsgrad

I

0.3

I I

0.2

~

0.1 10-4

10-5 10-6 10- 7

10-8 10-9 Kontrolle -log (24-D)

Abb. 11. Synthetischer Wirkungsgrad von Spargelsprossen nach Stiigiger Kulturdauer. (10- 4 M: n = 3; 10- 5 M und 10- 8 M: n = 12; 10-6 M und 10-9 M: n = S; 10- 7 M: n = 9; Kontrolle:. n = S.)

Die starke Atmungsforderung bei leicht fallender Tendenz des Trockengewichtes bei den starkeren Konzentrationen zeigt an, daB Atmung und Substanzeinbau nicht mehr parallel gehen, sondern daB die nor-

II

;'

-aber die Wirkung von 2,4-Dichlorphenoxyessigsaure auf den Stoffwechsel usw. Iii

25

malerweise an die Abbauprozesse gebundenen Synthesen zum Teil entkoppelt sind. Dies la.13t sieh genauer zahlenmaJ3ig erfassen, wenn man die wahrend der Kultur verbrauehte Glukose bestimmt und sie mit dem Zuwaehs an Troekengewieht verreehnet. Es miissen zwar einige vereinfaehend e Annahmen gemaeht werden, die aber den so erreehneten synthetisehen Wirkungsgrad nur mit einer kleinen Unsieherheit belasten (vgl. KANDLER 1953 b). In der TabeIle 1 ist eine ausfiihrliehe DarsteIlung des Bereehnungsverfahrens fiir eine Versuehsreihe gegeben. Urn von der insgesamt verbrauehten Glukose auf die eingebaute Glukose zu kommen, wurden 10 % hinzugezahlt, da bei der Kondensation von Glukose zu Polysaeeharid pro Mol Glukose ein Mol Wasser austritt, was gewiehtsma.l3ig etwa 10 % ausmaeht. Entspreehend dem angefiihrten Beispiel wurden aIle Reihen verreehnet, und die Mittelwerte wurden in Abb. 11 kurvenma.13ig dargesteIlt. Eine statistiseh gut gesieherte Erh6hung ergibt sieh fiir die, aueh das Langenwaehstum fOrdernde Konzentration von 10- 8 M, wahrend aIle starkeren Konzentrationen die synthetisehe Leistungsfahigkeit beeintraehtigen. Tabelle 1 Beispiel fiir die Berechnung des synthetischen Wirkungsgrades

I

10- 5 M

I 10- 7 M

90,9 86,0

91,4 81,0

I I

90,9 83,1

91,5 83,7

4,9 1,2 2,9

10,4 1,2 4,4

I

7,8 1,2 4,6

7,8 1,2 5,1

0,8

3,2

3,4

3,9

3,5

0,067 0,083 . 0,016

0,070 0,145 0,075

0,070 0,145 0,075

0,070 0,135 0,065

0,070 0,140 0,70

0,75 0,83 4,07

0,965 3,32 7,08

3,155 3,5 4,3

3,640 4,04 3,76

3,255 3,62 4,38

0,21

0,47

0,82

1,08

0,83

1O- 4 M

Ausgangsglukose ' , .. , , , ,. Restglukose ' . , ... , . . . . .. Gesamtverbrauch an GIu-

II

AU~;:e~~S~~~~k~~~~~i~h~ :: I Endtrockengewicht ....... Zunahme an Trockensubstanz ... , .. , ... , ... , .. Ausgangsstickstoff ...... , Endstickstoff ............ Stickstoffzunahme ....... Zunahme an organischer Substanz ohne Asche und Stickstoff ..... , , .. , ... Eingebaute GIukose ..... , Veratmete GIukose ....... Assimilation .0 • • . • • • • • • • Dissimilation

I

I

1O- 8 M IKontrolle

I

I I

90,0 82,0 8,0 1,2 4,7

I

OTTO KANDLER und HERBERT NEUMAIR

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Diskussion der Ergebnisse Einen zusammenfassenden Uberbliek iiber die oben mitgeteilten Befunde geben die Abb. 12 a und 12 b, in denen aIle Werte in Prozent der Kontrolle dargesteUt sind. Besonders auWillig ist die starke Verse hie bung im Stiekstoffhaushalt, die allerdings speziell nur im SproB, nieht aber in der Wurzel so extrem ausgepriigt ist. 1m Diagramm der Abb. 13 sind

"/0 der Kontrol/e 160

/

140

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100

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4L

40 10- 5 10- 4 10- 6 -log (2,4- )

Abb. 12a. Lange-, Trockengewichts- und Stickstoffzunahme sowie 'N Q0 2 in Prozenten der Kontrolle.

die Werte fiir die Konzentration 10- 5 M beim SproB und 10- 6 M 2,4- D bei den Maiswurzeln gegeniibergestellt. Sowohl der Gesamtstiekstoffgehalt als aueh der Anteil des Stiekstoffs am Troekengewieht ist im SproB auBerordentlieh viel hoher als in der Wurzel. Dieses Phiinomen der Stiekstoffanreieherung naeh 2,4-D-Behandlung wurde bereits von mehreren Autoren beobaehtet (ERICKSON und Mitarbeiter 1948, MITCHELL und BROWN 1945, RASMUSSEN 1947, SELL und Mitarbeiter 1949, WELLER

Uber die Wirkung von 2,4-Dichlorphenoxyessigsaure auf den Stoffwechsel usw.

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und Mitarbeiter 1950), und REB- %der Konlrolle 1\ l\\ STOCK und Mitarbeiter (1952) '150 I I \ I \ konnten zeigen, daB diese An- 140 I \ I \ sammlung nur im Stengel, nicht 130 I \ AN aber in den Wurzeln und Blat120 / \ " l.-;;-r;:tern erfolgt. Er fand entspre- 110 / \ .l /.,. \ // chend auch eine Steigerung der 100'~:""""---sp./ proteolytischen Fermente nur 90 "'OC- ___ ...__ --0" "im SproB. 80 \ Der Vergleich der Wirkung 70 von rES aus Spargelsprosse, den \ 60 die Abb. 14 vermittelt, zeigt, \x 50 daB zwar auch durch rES der \ 40 \ Gesamtstickstoffgehalt erhiiht \ wird, aber in diesem FaIle etwa 30 \ xS.w. im gleichen MaBe wie das Trok20 kengewicht, so daB sich keine 10-9 70-8 10- 7 10-6 10-5 10-4 Verschiebung im Verhaltnis -/og(2,4-D) EiweiB/Kohlenhydrat ergibt, wie dies durch 2,4-D bewirkt wird. Abb.12b. Spezifische Lange, synthetischerWirkungsgrad und StickstoffzunahmejTrockenWeitere erhebliche Unterschiede gewichtszunahme in Prozenten der Kontrolle .

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;Va der Kontrolle 180

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Abb.13. Vergleich der Wirkung von 2,4-D auf Maiswurzeln (10-6 M) und Sparge!-sprosse (10- 5 M). (Die Daten fiir die Maiswurzeln wurden einer friiheren Arbeit _ KANDI,ER, 1953a - entnommen.)

OTTO KANDLER und HERBERT NEUMAIR

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in der Wirkung beider Wuchsstoffe ergeben sich besonders beim synthetischen Wirkungsgrad und in der Atmungsintensitat. Die Erhohung des Sauerstoffverbrauches nach 2,4-D-Einwirkung wurde eben falls schon wiederholt berichtet (KELLY und AVERY 1949, SMITH 1948, NICKELL 1950); sie ist bei der Wurzel noch etwas starker als beim SproB.

%der



Kontrol/e

-2,4-D

~ JES.

180 160 140 120 100

80 60 40

Ci)

t::n

co

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-....J

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Abb.14. Vergleich der Wirkung von 10- 5 M 2,4-D mit der von 10- 5 M IES auf Spargelsprosse. (Die Daten fiir IES sind einer friiheren Arbeit - KANDLER und VIER EGG 1953 - entnommen.)

AbschlieBend kann gesagt werden, daB die 2,4-D sich in ihrer physiologischen Wirkung deutlich von dem natiirlichen Wuchsstoff IES unterscheidet und zu charakteristischen Anderungen fUhrt. Sie bewirkt auch im SproB wie in der Wurzel drastischere Eingriffe in den Stoffwechsel als IES und wirkt dadurch in vielen Fallen toxisch. Nur in sehr engen Grenzen und bei sehr komplexen, "oberflachlichen" Merkmalen, wie Langenwachstum, Verkriimmungen usw. sind die beiden Stoffe in ihrer Wirkung identisch. 2,4-D ist, urn mit einem alten Vergleich zu sprechen, ein recht unvollkommener Dietrich fUr das StoffwechselschloB, der nur bei schonendster Anwendung (10- 8 M fiihrt zu einer Steigerung der Syntheseleistung!) das SchloB ohne Beschadigung sperrt.

Zusammenfassung 1. Langenwachstum, Trockengewicht, Stickstoffgehalt, Sauerstoffverbrauch und synthetischer Wirkungsgrad von in vitro kultivierten Spargelsprossen werden in Abhangigkeit von der Einwirkung verschiedener 2,4- D- Konzentrationen untersucht und kurvenmaBig dargestellt.

Ober die Wirkung von 2,4-Dichlorphenoxyessigsaure auf den Stoffwechsel usw.

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2. 10- 4 M und 10- 5 M fiihren in den erst en Tagen der insgesamt 8tagigen Kulturperiode zu einer vorubergehenden Forderung des Langenwachstums, die von einer starken Hemmung gefolgt wird. Nach etwa 10 Tagen tritt Wachstumsstillstand ein. Dagegen bewirkt 10- 8 Meine lange Zeit anhaltende Forderung des Langenwachstums. 3. Die Trockengewichtzunahme ist zwischen 10- 5 M und '10- 9 M kaum beeinflu.l3t. Nur bei 10- 4 Mist sie erheblich gehemmt. 4. Der Stickstoffeinbau wird von starkeren Konzentrationen als 10- 6 M stark gefordert. Der Quotient N/Trgew. steigt in diesem Bereich sehr steil an. 5. Die Atmungsintensitat ist bereits bei 10- 8 M leicht erhoht und erreicht bei 10- 5 M 155 % der Kontrolle. 6. Der synthetische Wirkungsgrad ist nur bei der langenwachstumsfordernden Konzentration 10- 8 M erhoht, wahrend er bei allen starkeren Konzentrationen unter der Rontrolle liegt. 7. Die Unterschiede zwischen dem Verhalten des Sprosses und der bereits fruher untersuchten Wurzeln gegenuber der 2,4-D-Einwirkung sowie die unterschiedliche Wirkung von 2,4-D und IES auf den Stoffwechsel der Sprosse werden in Diagrammen zusammengefa.l3t.

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Anschrift der Verfasser: Dr. OTTO KANDLER, Miinchen 38, Menzingerstra.l3e 67, Botan. Institut, und Dr. HERBERT NEUMAIR, ebenda.