Über Kinetinwirkungen bei intakten Blättern von Nicotiana rustica

Über Kinetinwirkungen bei intakten Blättern von Nicotiana rustica

f 1£3 Flora, Bd. 154, S. 57-69 (1964) Aus dem Institut fiir Biochemie der Pflanzen in Halle (SaaJe) der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Be...

3MB Sizes 32 Downloads 76 Views

f

1£3

Flora, Bd. 154, S. 57-69 (1964)

Aus dem Institut fiir Biochemie der Pflanzen in Halle (SaaJe) der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin

Uber Kinetinwirkungen bei intakten BHittern von Nicotiana rustica Von L.

ENGELBRECHT

1I1it 9 Abbildungen im Text I Eingegangen

am 7. Mai 1963)

Durch verschiedenc Yeroffentlichungen unseres Laboratoriums (14, 3, 12) wurde gezeigt, daB Kinetin insbesondere grUnem Blattgewebe die Fahigkeit zur Akkumulation und Retention verschiedenster Stoffe verleiht und damit den Stoffwechsel in der Richtung del' Synthesen beeinfluBt, die Abwanderung von Stoffen verhindert und den betreffenden Organen den Charakter der "Jugendlichkeit" erhiilt oder neu vermittelt. Da wir bisher keine befriedigende Erklarung filr das Phiinomen des .,aktiven Transportes" haben, der del' Akkumulation und Retention zugrunde liegt, kann auch noch nichts dariiber ausgesagt werden, wie Kinetin in diesen Mechanismus eingreift. Es erscheint keineswegs ausgeschlossen, wie wir wiederholt betont haben, daB der JJaktive Transport" selbst metabolische oder strukturelle Voraussetzungen hat. zu denen z. B. die standige Synthese von Nucleinsauren oder EiweiBen gehoren konnte, so daB eine Kinetinwirkung moglicherweise primar auch bei solchen Synthesen ansetzt. In dieser Frage erscheint eine Klarung bislang noch nicht gegeben (15, 19, 11). Del' groBte Teil del' von uns verOffentlichten Kinetin-Versuche wurde mit isolim·ten Blattern von Nicotian(( rustica bei abgeschwachtem Tageslicht durchgefiihrt. Das ist kein Zufall. Xatlirlich haben wir verschiedene Pflanzen getestet. Die Reaktionsfahigkeit del' Arten ist sehr verschieden. Und es liegen Anzeichen dafiir vorl daB das applizierte Kinetin zel'stort oder metabolisch so yerandert werden kann. daB Extrakte kinetinbehandelter Blatter nicht mehr kinetinwirksam sind. Aber auch unser Hauptobjekt ist nicht immer im Zustand hoher Reaktionsbereitschaft gegenUber Kinetin. Wir haben darauf hingewiesen, daB ein isoliertes Blatt in einem gewissen Hungerzustand die besten Versuchsvoraussetzungen bietet. Intakte, an der Pflanze befindliche Blatter reagim'en trager oder nicht sichtbar. Das diirfte verschiedene Ursachen haben. Wir wiesen frUher dar auf hin, daB eine

SLiL.

r

08

L.

EXGELBRECHT

(;inem intakten Tabakblatt applizierte Kinetinmenge selbst nach 30 Tagen ohne bedentende Minderung wieder extrahiert werden kann, obwohl es in einem solchen Blatt keine sichtbare \Virkung vollbracht hat. Der Extrakt lieB an einem isolierten Blatt seine Kinetinwirksamkeit demonstrieren (10, S. 346). Wenn man ein an der Pflanze befindliches, mit Kinetin versorgtes Blatt jedoch starker Lichteinwirkung aussetzt, so ist der spater darans gewonnene Extrakt wenig kinetinwirksam. Das Kinetin ist wahrseheinlich zerstort oder irgendwie metabolisiert. So wnrden im Juni N. 1'lIstic(l-Pflanzen.im Knospenstadium dekapitiert und jeweils den zweiten ausgewachsenen Blattern (von oben gerechnet) auf einer HaUte ihrer Flache die recht geringc Menge von 6 y Kinetin appliziert. Danach wurden die Pflanzen bei normaler Besonnung, bei schwacherer und bei starker Beschattung flir 8 bzw. 11 TagI' belassen. Dann wurden die Kinetinblatter abgeschnitten und, wie iiblich. in feuchter Kammer bei gedampftem Tageslicht aufgehoben (Tabelle 1). Die Yergilbnngshemmung bei dpn Kinetinhalften, verglichen mit den unbehandelten Kontrollhalften, war nm so starker, je mehr dip Blatter an der Pflanze beschattet waren. Wir waren znnachst geneigt. in einem Schwund des Auxins die Ursache zu suehen. da die grof3e Stabilitat des Kinetins uns vielfach aufgefallen war. Wenn aus solchen kinetinbehandelten Spreitenhalften mit den iiblichen Methoden ein kinetinhaltiger Extrakt hergestellt wurde und dieser nach Reinigung iiber ciner Saule von Dowex [)O unrl Konzentrierung isolit'rten Testblattern so appliziert wurde, dars einem Testblatt eine elwnso gror;\e Extraktmenge zur VerfUgung stehen muBte, wie ans einem Versuchsblatt gewonncn \wrrlen konnte, so zeigten sich Kinctineffekte in ganz ahnlicher Abstufung wie bei den Versuchsblattern. Diese mit gleichI'm Ergebnis wiederholten Versuche scheinen auszusagen. daf3 die Einwirkung starkeren Lichtes auf ein mit Kinetin versorgtps Blatt eine spatere Kinetimvirkllng hera bsetzt. Tabellp 1

hinetillstabilitiit Hnll Liehtwirkllllg

Einwirklln~szeit

Kinetins an tiN Pflanzp in Tagen

des

Helirhtung der Yersllchspfla:lzen Ilach fIN Killetinapplikatioll

normal besehattet stark beSt" hattet 11

(+), +,

norlllal besrhattet stark beschattet -l _L

Killetineffekt als \" er~ilbllllgshpmmun~ beim isolierten Yersur hsblatt

isolierten Testblatt nach Allftragen drs Extraktes

(+) (+)

++ ++

bedeutet zunehnwndeu Grad der Vergilbungsverzogerung.

+ +1

+ ++

["ber Kinetinwirkuugeu bei intakteu Bliittern yon Sica/iflllli Tus/iell

59

Die Aufhebung der Kinetinwirksamkeit durch Lichteinwirkung wird auch durch Abb. 1 demonstriert. Bei bliihenden Tabakpflanzen (Juni ] 960) wurde das dritte Blatt von unten mit Kinetinlosung (36 mgjl) bespriiht. Diese Kinetinbliitter blieben im Fall 1 unter normaler Belichtung, im FaIle 2 wurden sie verdunkelt. Die Pflanzen standen im iibrigen am gleichen Standort wie bisher und unter gleiehem LichtgenuI3. Die Kinetinbliitter wurdell taglich einmal mit Kinetin bespriiht, so daI3 sie im Laufe der Versu~hszeit (32 Tage) eine ungewohnlich groI3e Menge Kinetin erhielten. Bei solchen bliihenden,. unter leichtem N-Hunger stehenden Pflanzen schreitet das normale Vergilben von unten nach oben fort und hat nach 32 Tagen bereits das fiinfte Blatt erfaf3t. Die Kinetinbliitter der Serie (1) bleiben bei diesem Vergilben nur wenig zuriick. Es ist also kein w"sentlicher Kinetineffekt festzustellen. Dagegen bleiben die Kinetinblatter def Serie (2) dunkelgriin. obwohl sie groI3em Kohlenh .. dratHunger ausgesetzt sind. Wurden solche 32mal mit Kinetin (36 mgjl) gespriihten Blatter abgeschnitten und Iwi schwachem Licht in feuchter Kammer gelagert,. so hielten sich diy Liehtbliitter (1) bis zu 2 }lonaten griin. die Dunkelbliitter (2) aber bis

Abb. 1. Blatter YOU !II. rus/ica-Pflanzen, deren drittes Blatt yon unten jcwcils 32mal an der Pflanze mit Kinetin (30 mg/I) gespriiht worden war. 1. Kinetinblatt dem Tageslirht ansgesetzt, 2. Kinetinblatt wrdunkelt.

60

L.

E"GELBRECIIT

zu J .Monaten (Abb. 2). Die mikroskopische Untersuchung kinetinbehandelter intakter Bla,tter, die trotz langer Verdunkelung noch immer dunkelgriin sind, ergibt, daB sie Starke nur in den SchlieBzellen und im Parenchym, das die GefaBbiindel begleitet, fiihren. Die Retention und Akkumulation erstreckt sich demnach kaum auf Kohlenhydrate, in starkstem MaBe aber auf EiweiBe und Aminosauren. Das zeigen auch die Analysen des folgenden Versuches, der im September durchgefiihrt wurde (Abb. 3). Die 16 Versuchspflanzen befanden sich in voller Bliite und standen wahrend des 8 Tage dauemden Versuches im Gewachshaus, dem vollen Tageslicht ausgesetzt und unter leichtem Stickstoffmangel. Als Versuchsblatter dienten jeweils die zweiten von unten, die ihrem Alter entsprechend kurz vor der natiirlichen Vergilbung standen. Die Pflanzen hatten dariiber noch 1-1: weitere Blatter. In jedem FaIle wurde eine Spreitenhiilfte bei Versuchsbeginn analysiert (Abb. 3, Ko), die andere unter Verwerfen von Mittelrippe und Stiel bei Versuchsende. Das :\iaterial wurde in 4 Gruppen geteilt. 1. 2, 5, 6: Die ganzen Pflanzen einschlief,1lich der Yersuchsblatter in normalelll Tageslicht. 3, 4, 7, 8: Die VersuchsbHitter wnrden verdunkelt, iibrige Pflanzen im Tageslicht. 1. 3, 5, 7: Die VersnchsspreitenhiHften wnrden tiiglich einmal mit Kinetinliisnng(36 mg/l) bespriiht. 2,

-+,

U. 8: Die Versuchsspreitenhalften erhielten kein Kinetin, sondem eine ~H4~03-Losnng von gleichem N-Gehalt.

Xach 8 Tagen waren die z. T. yergilbt:

Yersueh~halftpn

1, 3, 5. 7: griin. :2 und t3:

etwas heller als 1, 3. ;). I.

J uncI 8:

fast gelb.

Es wurdcn Analysen in iiblieher ,Yeise naeh Fallung mit Trichloressigsanre auf EiweiB-)J lind loslichen N (l-J) sowie mit Hilfe von Anthron auf liisliche Zueker lind Starke (5-8) durchgefiihrt. Abb.:Z. Tabakblatt, das an der Pflanzl' wrdllllkelt und 3:Zmal taglieh mit Kinetin (36 mg!l) 11Pspriiht worden war, narh Jmonatiger Isolienm/!.

61

Uber Kinetillwirkungell bei intakten Blattern von Nicoliana Tltsi'ica

Trotz Kinetingabe nimmt der Gesamt-N bei den Blattern 1 und 3 etwas ab (Folge des N-Mangels), aber im Dunkeln weniger als bei vollem LichtgenuB. Licht laBt also keine volle Kinetinwirkung zu. Ohne Kinetin verarmen ab.er die Dunkelblatter (4) viel starker als die Lichtblatter (2). Die Lichtblatter zeigen den naturlichen Vergilbungsablauf mit dem gewohnten allmahlichen EiweiBschwund. Wesentlich andere Bilder ergeben die Kohlenhydratanalysen (5-8). In allen Versuchshalften nehmen die Kohlenhydrate bedeutend ab, in den verdunkelten Halften (7 und 8) starker als in den belichteten (5 und 6), in den Kinetinhiilften (5 und 7) weniger als in den entsprechenden Nichtkinetinhalften (6 und 8). Wahrend -also unter dem EinfluB des Kinetins im verdunkelten Blatt an der Pflanze der EiweiBstoffwechsel einigermaBen balanciert ist (3), ist der Kohlenhydratstoffwechsel trotz Kinetin von extrem negativer Bilanz. Das Blatt atmet weiter, die Kohlenhydrate werden verbraucht, ohne daB durch Kinetinwirkung ausreichende Mengen von anderen Bliittern abgezogen werden konnen.

VersuchSlJliilter verdunkelc

Ganze Pflanzen

im Lichl

Ko.

mitKin.

CJ liiSl.N EZl £iw:N

KO. mitKin.

Ko.

t

J

4

VersuCl1S5Iiitter

flanze Pflanzen

vemunkelt

imLichl CJ ZucJccr EZl $ttirke

Ko. ohne Ki11. 6

Ko.

mitKin. 1

KO. obneKin. B

Abb. 3. Kinetinwirkungen bei belirhteten und verdunkelten intakten Blattern von N. rustica. 1-4: Wirkung auf die N-Verteilung, 5--8: Wirkung auf die Kohlenhydratverteilung.

,.... ti2

SoJange iiberhaupt Kohh'nhydrate und damit auch Energiereserven vorhanden sind und nicht extremster Hunger 7.wingt. die EiweiBe in den Atmungsstoffwechsel hineinzureiI3en; ermoglicht Kinetin durch Retention der standig anfallenden EiweiBhydrolyseprodukte die Resynthese der Proteine. Immerhin kann ein an der Pflanze befindliches verdunkeltes Blatt noch nach 4 Wochen griin und turgeszent sein; wenn es geniigend Kinetin erMlt. DaB diese "Sparwirkung" des Kinetins ein verdunkeltes Blatt in bezug auf seinen EiweiBstoffwechsel sogar in einen Vorteil bringt gegeniiber einem stark belichteten Blatt, ist ein besonders auffalliges Phanomen. Die Ergebnisse sprechen dafUr, daB starkes Licht eine Hemmung der Kinetinwirkung verursacht. Andererseits fanden wir, daB gerade in den dunklen Wintertagen die sonst verwendete Kinetinbehandlung nicht ausreicht, um ein verdunkeltes Blatt an der Pflanze iiber langere Zeit griin zu erhalten, sondern daB es einer Erganzung durch Auxin bedarf. Abb. -l zeigt 3 Blatter von N. rustica, die sich an bliihenden Pflanzen befanden und bei kiinstlicher Verlangerung des Wintertages gewachsen waren. Diese Blatter waren yom 7. bis zum 16. Dezember an der Pflanze verdunkelt worden, wobei die - yom Betrachter aus gesehen - linke Spreitenhalfte 7mal bespriiht wurde mit a) Indolylessigsaurem Kalium (100 mgjl), b) Kinetin (30 mgjl), c) a

/

+ b.

Abb.4. 3 an der Pflanze verdunkelte N. 1'ustic(l-Biiitter, deren rechte (vom Betrachter aus linke) Spreitlllhiilfte 7mal gespriiht war: a) mit K-JES (100 mg/I), b) mit Kinetin (30 mg/I), c) mit K-JES + Kinetin.

Uber Kinetinwirkungen bei intakten Bliittern von Nicoliana rus/ica

63

Danach war die zu erwartende Vergilbung durch Auxin (links) sogar etwas gefiirdert, durch Kinetin (Mitte) etwas gehemmt, durch eine Kombination von Kinetin una Auxin (rechts) stark gehemmt worden. Gerade diese Beobachtungen deuten darauf hin, daB die Hemmung der Kinetinwirkung durch starkes Licht keine unmittelbare zu sein brauchte; sondern es kiinnte sich urn eine mittelbare Wirkung handeIn, urn eine lichtempfindliche stoffliche Voraussetzung des Kinetineffektes. Wir miichten in dies em Zusammenhang darauf hinweisen, daB bereits im Beginn der Kinetinforschung von verschiedenen Autoren (vgl. 2, 17) die Auffassung von einem Zusammenspiel von Kinetin und Auxin entwickelt wurde. Wir selbst (4) haben darauf hingewiesen, daB auch bei isolierten Bliittern Kinetin zusammen mit Auxin kriiftigere Wirkungen haben kann als jeder dieser Stoffe flir sich. Ob es sich dabei wirklich nur urn eine Untersttitzung der beiden. im freien Zustande vorhandenen Stoffe handelt oder urn kompliziertere Zusammenwirkung (z. B. tiber ein dem Co-Enzym I entsprechendes "Dinukleotid" aus AuxinRibose-Phosphat - Phosphat-RiboseKinetin) bedarf weiterer Untersuchungen. Es ist jedenfalls von Interesse, daB Kinetin selbst in Nukleoside und Nukleotide eingebaut werden kann (8). Abb. 5 zeigt ein halbseitig tiiglich mit Kinetin besprtihtes Blatt nach 18tiigiger Verdllnkelung an der Pflanze, die im tibrigen normales Tageslicht erhielt (Juli). Man sieht, daB bei dies en extremen Hungerbedingungen die Kinetinhiilfte noch dunkeigriin ist, wiihrend die Nichtkinetinhalfte schon viillig vergilbt, aber noch ungewiihnlich turgeszent ist. Die Analysen dieser Hiilften wie auch der beiden benachbarten dariiber (Kontrollblatt 1) und darunter (Kontrollblatt 2) befindlichen Kontrollbliitter gibt Abb. 6 wieder. DasVersuchsblatt diirfte bei Yersuchsbeginn einen

Abb. 5. Tabakblatt an der Pflanze, dessen rechte Spreitenhiilfte tiiglich mit Kinetin geRpriiht wurde, nach 18tiigi?:er Verdunkelung.

r

L.

64

ENGELBRECHT

zwischen den Kontrollen liegenden mittleren Eiwei£- und Gesamt-N-Wert gehabt haben. Nach del' Verdunkelung entspricht die Kinetinhalfte noch weitgehend diesem Zustand, die Nichtkinetinhalfte hat abel' durch Verlust del' Retention ihren N-Bestand weitgehend an die iibrige Pflanze abgegeben. Dagegen sind die Kohlenhydratbestande auch in del' Kinetinhalfte stark abgesunken. Hier entscheidet die Retention nicht allein, da im Dunkeln del' Verbrauch an Kohlenhydraten nicht kompensierbar ist. Del' starke Schwund an Eiwei£ in Blattern, die an del' Pflanze verdunkelt und nicht mit Kinetin behandelt wurden, hat weittragende Konsequenzen fUr die iibrige Stoffwechseltatigkeit. Das wurde u. a. mit Hilfe del' Photosynthese gepriift, indem vergleichbare mit einem Korkbohrer ausgestanzte Blattscheiben (13 mm 0) llnter Kohlenhydrace

StiCkSlOff CJ

"

~

"

losJich unl5$lich

"'" -,

KiJ.-1l1all1 vr:rdunk. KiJ.-blaU2 BJart.

Abb. 6. Stickstoff- und Kohlenhydrat verteilung in einem verdunkelten, halbseitig mit Kinetin behandelten Tabakblatt an der Pflanze. Jeweils links: darilber stehendes Kontrollblatt. Mitte: Versuchsblatt , rechts: darunter stehendes Kontrollblatt.

LicJ1llJliitter

CJ iilbanol-liisL IZZl albano/-unlOSl.

ounkellJliitter

1~8% j

mitKirl

ol1ne Kin.

ohneKin.

(Ka-7J}atlJ

Abb. 7. Photosynthes e bei kinetinbehand elten Licht- und Dunkelblatter n von N. rustica. Die verwendeten Blattscheiben wurden unmittelbar vor Versuchsbeginn entnommen.

Uber Kinetinwirknngen bei intakten Bliittern von Nicotiana rustica

6&

uiner Glasglocke auf feuchtem FlieBpapier bei Bestrahlung durch eine Quecksilberdampflampe (2000 Lux) in einer an CO 2 angereicherten (0,075 %) Atmosphare, deren CO 2 durch 14C (Ba 14C0 3 70 mC/g) markiert war, 30 Min. lang photosynthetisieren konnten. Danach wurden sie weitere 30 Min. in gewohnlicher Atmosphare dem Licht ausgesetzt. Diese Blattscheiben wurden kurz vor dem Versuch aus mittleren Blattern bluhender Tabakpflanzen ausgestanzt, die eine verschiedene Vorbehandlung uber 6 Tage erhalten hatten:

1. 2. 3. 4.

Tagliche Bespruhung mit Kinetin, normales Licht; kein Kinetin, normales Licht; tagliche Bespruhung mit Kinetin. verdllnkelt: kein Kinetin, verdunkelt.

Die Blatter I, 2 und 3 hatten bei AbschluB der Vorbehandlung ein ziemlich gleiches normal grunes Aussehen, wahrend die Blatter 4 schon fast gelb waren. Die Radioaktivitat wurde im athanolloslichen und im unlOslichen Anteil bestimmt und in Abb. 7 dargestellt. Danach liegt in den vorbelichteten Blattern die Photosynthese wesentlich hoher als in den vorverdunkelten und in kinetinvorbehandelten Blattern hoher als in Nichtkinetinblattern. Dieser Unterschied ist besonders groB bei den Dunkelblattern. Die verdunkelten Blatter haben sehr viel EiweiB verloren (vgl. Abb. 3, 4), ihr photosynthetischer Apparat ist weitgehend geschwacht. Sie leisten nur 1,2 %, verglichen mit den Kontrollen (2), und sie wandeln nur 10,8 % des assimilierten CO 2 in unlOsliche Form urn. Aber auch die kinetinbehandelten Dunkelblatter sind bereits mehr geschwacht, als ihrem EiweiBgehalt nach zu erwarten ist. Diese Tatsache verdient eine weitere Bearbeitung. Ein anderer Faktor, der eine Kinetinwirkung bei intakten Blattern nicht oder schwerer sichtbar werden laBt, geht von der Wurzel aus (5). Schon RICHMOND und LANG (16) verglichen die Verzogerung des Vergilbens von Xanthiumblattern unter dem EinfluB von Kinetin mit der Wirkung des hypo thetis chen Wurzelhormons der EiweiBsynthese von CHIBNALL (I), und wir haben dariiber hinaus Beispiele gebracht, daB Wurzel und Kinetin darin ubereinstimmen, daB sie die EiweiBbilanz positiv beeinflussen (10, 12, 13, 14). Wir sahen in einer solchen Wirkung eines zunachst hypothetischen Wurzelfaktors die Moglichkeit einer Sattigung des Blattes mit einer dem Kinetin wirkungsahnlichen Substanz, so daB zusatzliches Kinetin keine weitere Steigerung der Wirkung hervorbringen konnte. DaB eine solche Sattigung moglich ist, geht aus friiher mitgeteilten Versuchen hervor (10, Abb. 22). In der Tat konnte in verschiedenen Laboratorien gezeigt werden, daB dem Kinetin wirkungsahnliche Substanzen in hoheren Pflanzen vorhanden sind (6, 9, 20) und dati solche Stoffe von den Wurzeln aufsteigen konnen (7). So laBt sich der vergilbungshemmende Effekt des Kinetins viel leichter bei Blattern an wurzellosen Sprossen zeigen als bei Blattern an intakten Pflanzen (10, Abb. 23). / 5

Flora, Rd. 15·1

L.

EXGELIlRECHT

Es sind erst extreme Bt'dingungen notig, urn an bewurzelten Pflanzen den Kinetineffekt zu demonstrieren, z. B.langere Verdunkelung einer ganzen Pflanze (Abb. 8) oder eines Einzelblattes (Abb. 5), Erhitzen eines Blattes (5, Abb. 7) oder wiederholtes starkes Welken (12~. Abb. 8). Die Wurzelwirkung kann man bei gleichzeitiger Einwirkung von Kinetin und Verdunkelung in folgender Weise demonstrieren: Abb.9 zeigt 3 einander entsprechende Blatter: das linke war zu Versuchsbeginn von einer bluhenden Pflanze isoliert worden, das in der }iitte befand sich wahrend der Versuchszeit an einer bluhenden Pflanze, da6 ree hte war bereits 18 Tage VOl' Versuchsbeginn isoliert und zur Bewurzelung gehraeht worden (vgl. 13). In allen Fallen wurde die rechte Spreitenhiilfte taglich mit Kinetin (36 mgjl) hcspruht, die apikale verdunkelt. Der Versuch lief 11 Tage. ~ach dieser Zeit glichen die rechten oberen Quadranten (verdunkelt + Kinetin) weitgehend den rechten unteren und waren dunkelgrun. Die linken oberen Quadranten ,,',uen lwi a) und b) stark vergilbt, bei c) dagegen nicht heller als der rechte obere Quadrant. Hieraus mochten wir schlie13en, daJ3 ein wachsendes, also aktives, im Verhaltnis zum versorgendt'll SproB groBes Wurzel system, wic es im Extrem bt'im Blattsteck-

Abb.8. \"erdunkelte S. mstica-Pflanzen, yon denen je ein Blatt 7mal mit Kinetin (30 mg/l) gespriiht worden war. Linke Pflanze naeh 13tagiger Verdunkelung, reehte Pflanze nach 26tagiger Verdunkelung.

-

r l I

"Cbef Kinetinwirkungen bei intakten Bliittcrn von Sicutiana flls/iea

67

ling gegeben ist, derart wirkt. als wenn eine so groBe }Irnge eillt-s kinetiniihnlichen Stoffes zu den oberirdisehen Teilen abflieBt) daB diese ben-its gesattigt sind und eine zusatzliehe Kinetinmenge keine Wirkung mehr zeigen kallll. Der Blattsteekling vermag daher anrh ohne Kinetin eine partielle Verdunkelung fiir sogar einige Wochen ohne siehtbaren Srhaden zn uberdauern. Das Wurzelsy::;tem einer ganzen Pflanze dagegen kann nicht aUe Blatter in ausreichendem l\Iaf~e mit einer kinetinahnlichm Subs tanz nrsorgen) deshalb vergilbt ein an einer Pflanze verdunkelter Blatteil nach einigen Tagen. kann aber durch rechtzeitige und ansreirhende Applikation von Kinetin davar bewahrt werden 1 ). Da13 aber auch das nrhaltnismiiBig inaktive Wurzelsystem der bHihenden Pflanze 110eh einen positiven Einflnf.\
//

Abb. 9. 3 entsprcehende rcehtsseitig: mit Kinetin behandelte Ta bakblatter, deren apikale Haiften verdunkelt warcn. \-ersuehszeit 11 Tage. Links: Zu '-ersllchsbpginn isoliertes Blatt, verdunkelter kinetinfreier Bezirk viillig gelb; }Iitte: Blatt, das sich wiihrend der Yermchszeit an der Pflanze befand, nnlunhlter kinetinfreier Bezirk fast gelb: rcehts 18 TagI' vor ,-ersm hsbeginn isoliertes und bewnrzeltes Blatt, verdunkelter kinetinfreier Bezirk griin. 1) Sicherlich spillt bli der Geschwindigkeit des Vergilbens anch das Yolumcn jenes Gewebes eine Roll~, (las die abfli21.lenden Spaltprodukte aufnimmt. 5*

r L.

ENGEI,BRECHT

Zusammenfassuog Bei intakten, an der Pflanze befindlichen Blattern von N. rustica wirken das Wurzelsystem wie auch starke Belichtung dem Auftreten eines Kinetineffektes entgegen: 1. Wurden Pflanzen unter abgestufter Belichtung gehalten und je eines ihrer Blatter mit Kinetin behandelt, so zeigten die am schwachsten belichteten Blatter nach ihrer Isolation die starkste Vergilbungshemmung, und der aus ihnen gewonnene waBrige Extrakt ergab, auf Testblatter aufgetragen, ebenfalls den besten Kinetineffekt. 2. Wurde an voll belichteten Pflanzen je ein Blatt verdunkelt und taglich mit Kinetin gespriiht, so blieben diese Versuchsblatter nicht nur langer griin als entsprechende Kinetinblatter im Licht, sondern sie zeigten nach der Versuchszeit auch den hoheren absoluten Gehalt an Protein- und loslichem N, wahrend der Kohlenhydratgehalt wesentlich starker absank als bei kinetinbehandelten Lichtblattern und fast den Wert kinetinfreier Dunkelblatter erreichte. 3. An der Pflanze verdunkelte Blatter, die nur halbseitig mit Kinetin behandelt waren, lieBen ebenfalJs seine starke Wirkung auf den N-Haushalt und seine nur maBige Wirkung auf die Kohlenhydrate erkennen. 4. Photosyntheseversuche mit Blattscheiben, die unmittelbar vor der 14C0 2 -Exposition kinetinbehandelten und kinetinfreien Licht- und Dunkelblattern entnommen waren, ergaben im Gesamteinbau von 14C eine Uberlegenheit der Lichtblatter, die Starkebildung (im Verhaltnis zum Gesamteinbau) war jedoch bei den kinetinbehandelten Dunkelblattern groBer als bei den entsprechenden Lichtblattern. 5. Teilweise verdunkelte und mit Kinetin behandelte Blattstecklinge lassen - im Gegensatz zu Blattern an einer Pflanze - auch nach mehreren Wochen noch keinerlei Kinetineffekt sichtbar werden. Das steht in Ubereinstimmung mit der Vorstellung, daB ein bewurzeltes Blatt allseitig und optimal mit einem aus der Wurzel stammenden Kinin versorgt ist.

Summary In attached leaves of Nicotiana rustica the root-system as well as strong light inhibit the manifestation of a kinetin effect: 1. If attached leaves treated with kinetin were exposed to different light intensities, those leaves which received the lowest light intensity showed the most obvious retardation of yellowing, and their aqueous extract, when applied to test leaves, yielded the best kinetin effect. 2. If plants were grown in full light with only one leaf darkened and sprayed with kinetin every day, these experimental leaves did not only remain green for a longer time than similar kinetin-leaves in light, but after the time of experiment they also had the higher absolute amount of protein and soluble N whereas carbohydrates decreased much more in the kinetin-treated darkned leaves than in those exposed to light; they almost reached the value of the kinetin-free darkened leaves. 3. Attached leaves which were darkened and sprayed only on one half of the blade with kinetin also showed kinetin to be very effective on the nitrogen metabolism but rather indifferent to carbohydrates. 4. Photosynthetic experiments with leaf-discs cut from kinetin-treated and kinetin-free attached Laves in light and darkness immediately before the 14C0 2 -exposition, showed a superiority of the leaves in light over the corresponding darkened ones as to the total HC-incorporation. The formation of starch, however, (as related to the total 14C-incorporation) was more

s

r

z

r

e

e g,

n

tT

rt

k-

ee

th nt

11)r-

)re

Uber Kinetinwirkungen bei intakten Bliittern yon Nicotiana rustica

69

intensiye in the kinetin-treated darkened leayes than in the kinetin-treated leaves exposed to

light. 5. Leaf-cuttings which were partially darkened and treated with kinetin, as contrasted to attached leaves, did not show any visible kinetin effect even after weeks. This observation is in full agreement with the conception that a rooted leaf is fully supplied with a kinin ascending from the root.

Literatur 1. CHlllNALL, A. C., 1954. New Phytologist 53,51. - 2. VA~. N. K.o 1'A1'AU, K., und SKOOG, Y., 1956. Physiol. Plant 9, 640. - 3. ENGELBRECHT, L., 1961. Flora 150, 73. - 4. Dies., und CONRAD, K., 1961. Ber. D. Bot. Ges. 74,42. - 5. Dies., und MOTHES, K., 1960. Ber. D. Bot. Ges. 73, 246. - 6. GOLDACRE, P. L., und BOTTOMLEY, W., 1959. Nature 184, 555. - 7. KULAJEWA, O. N., 19G2. Fiziol. Rast. 9, 229. - 8. MCCALLA, I. R., MORRE, D. J., und OSBORNE, D. J., 1962. Biochim. Biophys. Acta 55,522. - 9. MILLER, C. 0., 1961. Proc. Nat. Acad. Sci. 47, 170. -10. MoTHES, K.. 1960. Naturwiss. 47, 337. - 11. Ders., 1961. 12. ColI. Ges. physiol. Chern., Mosbach, S.189. 12. Ders., 1961. Ber. D. Bot. Ges. 74, 24. - 13. Ders., und ENGELBRECHT, L., 1956. Flora 143, 428. - 14. Ders., ENGELBRECHT, L., und KULAJEWA, O. N., 1959. Flora 147, 445. 15. PARTHIER, B., 1961. Flora 151, 518. - 16. RICH~IOXD, A., und LANG, A., 1957. Science 125, 650. - 17. SKOOG, F., und MILLER, C. 0., 1957. Sympos. Soc. expt. BioI. 11, 118. - 18. Ders., lind :\IO:';'T,\LIJI, K, 1961. Proc. Nat. Acad. Sci. 47, 36. ,,-19. WOLLGIEHN, R., 1961. Flora 1M, 411. 20. ZW,\R, J. A., BOTTOMLEY, W., lInd KREFFORD, N. P., 1963. Aust. Z. BioI. Sci. 16, 407. Anschrift der Verfasserin: Fraulein Dr. LISABETH ENGEUlRECHT, Institut fiir Biochemie der Pflanzen in Halle (Saale), Halle (Saale), Weinbergweg.