CO2-abhängige Mutante von Salmonella typhi als Ursache typhöser Erkrankungen bei zwei Patienten

CO2-abhängige Mutante von Salmonella typhi als Ursache typhöser Erkrankungen bei zwei Patienten

ZbI. Bakt. H yg. , 1. Abr. Orig. A 252, 193-195 (1982) Medizinalunrersuchungsan sralt am H ygieni schen Institut Hamburg, Bernhard-Nocht-Institut fii...

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ZbI. Bakt. H yg. , 1. Abr. Orig. A 252, 193-195 (1982)

Medizinalunrersuchungsan sralt am H ygieni schen Institut Hamburg, Bernhard-Nocht-Institut fiir Schiffs- und Tropenkrankheiten , H amburg, und In stitut fiir M edizinische Mikrobiol ogie und Immunologie der Un iversita t Bonn

CO2-abhangige Mutante von Salmonella typhi als Ursache

typhoser Erkrankungen bei .zwei Patienten CO2-dependent Mutant of Salmonella typhi Causing Typhoid Fever in Two Patients S. ALEKSIC,

J.

BOCKEMOHL,

J.

KNOBLOCH und R. HAMMANN

Eingegangen am 17. Dezember 1981

Abstract A CO 2 -dependant mutant of Salm onella typhi was isolated fro m anae ro bic but not from aero bic blood-cultures of two patients with typhoid fever. Both pati ent s diseased after return from their home coun try Turkey. The strains developed in a CO 2-enric hed atmosphere and und er anaero bic but not aer ob ic culture conditions. This p rop erty rema ined stable during 20 subcultur es. The fermentative and sero logical pattern was identica l with S. typhi T 2' Both strai ns were of lysovar E,,,.

Zusammenfassung Aus den anaerob angelegten Blutkulturen zweier Patienten mit fieberhaftem typhosem Krankheitsbild wurden Starnme von Salmonella typhi geziichtet, die in der aero ben Blutkulrur nicht nachweisbar waren, Beidc Patienten erkrankten nach Riickkehr aus einem Heimaturlaub in der Tiirkei. Die Stamrne wuchsen nur in CO 2- ang ereicherter Atmosphare sowie un ter anaeroben Bedingungen , nicht aber bei aer ob er Bebriitung. Die bakteriologisch-serol ogischen Eigensch aften werden beschrieben ; diagnost ische und epidemiologische Bedeutung der Befunde werd en erorterr.

Enterobacteriaceae sind definiert als aerob und fakultativ anaerob wachsendc Stabchenbakterien (1). In den vergangenen Jahren wu rde jedoch vereinzelt iiber Isolierungen von Escherichia coli, Klebsiella sp, und Proteus mirabilis aus Blutkulturen berichtet, die nur bei ana erober, nicht aber bei gleichzeitiger aerober Be-

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S.Aleksic,

J.Bockemiihl, J.Knobloch und R. Hammann

briitung erhalten wurden (zit. 2). Weiterhin identifizierten Eykyn u. Phillips (3) sowie Essers u. Mirarb. (2) Stamme von E. coli im Urin, die nur anaerob oder unter CO 2-angereicherter Atmosphare, aber nicht unter den iiblichen aeroben Wachstumsbedingungen anziichtbar waren. Die vorliegende Arbeit berichret iiber eine CO 2-abhiingige Mutante von Salmonella typhi, die von zwei Patienten in Hamburg und Augsburg isoliert wurde. Die erste Patientin, eine 40jahrige Tiirkin, erkrankte im September 1980 kurz nach Riickkehr aus dem Heimaturlaub an einem klinisch typischen typhosen Krankheitsbild. Der Erreger (Stamm Nr. 350-36/80, Nationale Salmonella-Zentrale Hamburg) wurde am Bernhard-Nocht-Institut fur Schiffs- und Tropenkrankheiten aus der anaeroben Blutkultur isoliert; aerobe Blurkultur sowie Urin- und wiederholte Stuhlkulturen waren negativ. Serologischwar nach zwei Wochen ein Titer von 1: 100gegenAntigen der Salmonella-Gruppe D nachweisbar, der im Verlauf von zwei weiteren Wochen auf 1:400 anstieg. Der zweite Patient, ein fiinfjahriger tiirkischer Junge, erkrankte im Herbst 1980 nach der Riickkehr aus seinem Heimatort in der Osttiirkei an einem klinisch typischen typhosen Krankheitsbild. Der Erreger wurde im mikrobiologischen Labor des Krankenhauszweckverbandes Augsburg aus der anaeroben Blutkultur isoliert und zunachsr aIs Anaerobierstamm an das Institut fiir Medizinische Mikrobiologie und Immunologie der Universitat Bonn zur Idenrifizierung eingesandt. Kurze Zeit sparer wurde unabhangig in Bonn und Augsburg die Diagnose gestellt und der Stamm der Nationalen Salmonella-Zentrale in Hamburg zugeleitet (Nr. 432-36/80). Bei aerober Bebriitung (7 Tage bei 37°C) zeigten Oberflachenkulturen beider Sramme kein Wachstum auf Blutagar, Nahragar, Weichagar nach Sven Card, MacConkey-Agar, Salmonella-Shigella-Agar und Xylose-Lysin-Desoxycholat-Agar, wohl aber bei Bebriitung in CO 2-angereicherter Atmosphare (Kerzentopf, GasPak-Topf [BBL] mit CO 2-Generator) sowie unter anaeroben Bedingungen (GasPak-Sysrem, BBL). Weiterhin waren die Starnme unter aeroben Bedingungen anziichtbar in fliissigen Medien mit reduzierter Oj-Spannung (Leberbouillon, Thioglykolatbouillon, frisch hergestellte Brucella Broth mit 0,16 (I/o Agar). Kulturen in fliissigen Medien ohne Zusatz von Agar oder reduzierenden Substanzen (Nahrbouillon mit und ohne Glukose, Flussignahrboden der "Bunten Reihe") zeigten dagegen nur Wachstum im CO 2-Topf und unter anaeroben Ziichtungsbedingungen. Diese Eigenschaften blieben tiber 20 Passagen in 48stiindigem Abstand konstant; eine Riickgewohnung an ein rein aerobes Wachstum gelang nicht. Beide Starnme waren biochemisch identisch und unterschieden sich nur durch positive Reaktionen in Arabinose und Stern's Glycerin-Bouillon von S. typhi T 2 ; Katalase wurde gebildet. In der Objektglas-Agglutination von Kligler-Agar und Weichagar nach Sven Card nach Anziichtung im CO 2-Topf lieB sich in beiden Fiillen die Antigenformel 9,12,Vi: d:- bestimmen. Die serologische Identitat mit S. typhi T 2 wurde in Absorptionsversuchen nachgewiesen; beide Stamrne erschopften Antiseren dieses Stammes gegen 0-9,12,Vi bzw. H-d. Die Resistenzbestimmung im Plattendiffusionstest unter CO 2-angereicherter Atmosphare zeigte kein auffalliges Verhalten; die Stamrne waren sensibel gegen Ampicillin, Cephalosporine, Gentamycin, Chloramphenicol, Tetrazyklin und Co-Trirnoxazol. Die Phagenrypisierung von Nr. 350-36/80, durchgefiihrr am Institut Pasteur Paris, bzw. von Nr. 432-36/80, durchgefuhrt am Institut fiir Medizinische Mikrobiologie und Irnrnunologie der Unversitat Bonn, ergab in beiden Fallen den Lysovar E1a • Auf Grund der Laboruntersuchungen darf angenommen werden, daB es sich in

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beiden Fallen urn den gleichen Erreger handelt, der sich von typischen Kulturen von S. typhi durch seine Unfahigkeit unrerscheidet, unter den iiblichen aeroben Ziichtungsbedingungen zu wachsen. Im Internationalen Salmonella-Referenzlabor, Institut Pasteur Paris, ist kiirzlich ein ahnlicher Stamm unt ersucht worden, der als Lysovar 47 bestimmt wurde. Dieser Stamm war von einem Patienten isoliert worden , der nach einem T ibet-Aufenth alr an einem typ hosen Krankheitsb ild erkrankt war (Le Minor, pers. Mitt. vom 15. 12. 1980 ). Die Ergebni sse zeigen, daB die Virulenz der T yphus-Erre ger durch die veranderten Wach stumsan sprii che nicht beeintrachrigr wird. Die be iden hier beschriebenen Stamme waren im etwa gleichen Zeitraum in der Tiirkei erworben worden; beide Pat ienten erkrankten nach Riickkehr von einem Heimaturlaub. Ober die tatsachliche Verbreitung des Erregers liegen keine Inferrnat ionen vor. Die beschriebenen Falle stellen sicher nur die "Spitze des Eisberges " dar, da der Erreger in den ublichen, aerob gezuchteten Proben bei Umgebungsuntersuchungen nicht erfalit wird. Die Ergebnisse unterstreichen die Norwendigkeit, bei klinischem Verdacht auf eine Typhus-Erkrankung und fehlendem Erregernachweis eine anaerobe Blutkultur anzulegen, Frau S. Plausii sei an dieser Stelle fiir sorgfaltige technische Assistenz gedankt.

Literatur 1. Bergey's Manual of Determinative Bacteriology (ed, by Buchanan, R. E. and N . E. Gibhons), p. 290. 8th Edition, Williams & Wilkins Co., Baltimore (1974) 2. Essers, L., W. D. Heinrich und E. Rosenthal: lsolierung einer CO 2-bediirfrigen E. coliMutanre aus Urin . Zbl. Bakt. Hyg., l.Abt. Orig. A 244 (1979) 229-232 3. Eyky n, S. and I . Phillips : Carbon dioxide-dependent Escherichia coli. Brit. med. J. 4 (1978) 576

Dr. S. AleksiC, Prof. Dr. lBoclcemuhl, Nationale Salmonella-Zentralc, Medizinaluntersuchungsanstalt am Hygienischen Institut, Gorch-Fock-Wa1115-17, 0 -2000 Hamburg 36 Dr. j. Knobloch, Bemhard-Nochr-lnstitut fur Schiffs- und Tropenkrankheiten, Bernhard-Nocht -Str, 74, 0-2000 Hamburg 4 Dr. R. Hamm ann , Institut fiir Medizinische Mikrobiologie und Immunologie der Universirar, 0-5300 Bonn-Venusberg