Das flavonoidmuster der winterknospen und laubblätter von Corylus avellana L.

Das flavonoidmuster der winterknospen und laubblätter von Corylus avellana L.

Botanisches Institut der Universitat zu Koln Das Flavonoidmuster der Winterknospen und Laubblatter von Cory/us avellana L. MARIA STAUDE und HANS REZN...

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Botanisches Institut der Universitat zu Koln

Das Flavonoidmuster der Winterknospen und Laubblatter von Cory/us avellana L. MARIA STAUDE und HANS REZNIK Mit 5 Abbildungen Eingegangen am 21. August 1972

Summary By using the chromatographic methods and spectroscopy, in winter-buds and leaves of Corylus avellana, the presence of the following f1avonol-glycosides could be proved: myricetin-3-digalactoside, quercetin -3-diglucoside, quercetin-7 -( di ?)glucoside, quercetin -3-arabinoside, quercetin-3-galactoside, quercetin-3-arabinoside (= Avicularin), kaempferol-3-(p-curnaroylglucose). As reported by earlier workers myricetin-3-rhamnosid and quercetin-3-rhamnosid the two main-glycosides and also kaempferol-3-rhamnosid too could be identified. During the developmental stages (from onset of the buds to the falling down of the leaves in autumn) f1avonol-glycosides goes through so vivid metabolic changes, that one can assign the terms bud-f1avonols and leaf-flavonols.

Zusammenfassung In Winterknospen und Laubblattern von Corylus avellana wurden auf chromatographischem und spektralanalytischem Wege folgende Flavonolglycoside nachgewiesen: Myricetin-3digalactosid, Quercetin -3-diglucosid, Quercetin -7-( di?)glucosid, Quercetin-3-arabinosid, Quercetin-3-galactosid, Quercetin-3-arabinosid (= Avicularin), Kampferol-3(p-cumaroyl-glucose). Die bereits von fruheren Autoren fur Corylus avellana beschriebenen Hauptglycoside Myricetin-3-rhamnosid und Quercetin-3-rhamnosid sowie Kampferol-3-rhamnosid konnten ebenfalls identifiziert werden. Die Flavonolglycoside sind wahrend des Entwicklungsablaufes (von der Anlage der Knospen bis zum Laubfall) einem regen Metabolismus unterworfen, so daB man von Knospen- und Laubblattflavonoiden sprechen kann.

Einleitung Untersuchungen aus neuerer Zeit konnten zeigen, daB das Flavonoidmuster in pflanzlichen Geweben keine statische, sondern eine dynamische GroBe ist (TISSUT, 1967; 1969; 1970; BURIAN und AICHMAR, 1968; NOGUCHI und MORI, 1969; llARZ und HOSEL, 1971 u. a.). Ein besonders reger Metabolismus ist wahrend intensiver Wachstums- und Entwicklungsperioden beobachtet worden (RUMPENHORST, 1968; PAHLICH, 1969; STAFFORD, 1969; WEISSENBOCK und REZNIK, 1970 u. a.). Wahrend der Ontogenese von Laubgeholzen stellt der alljahrliche Knospenaustrieb einen besonders stoffwechselaktiven ProzeB dar. Will man wahrend dieses Entwicklungsablaufes die Kinetik flavonoider Verbindungen studieren, so ergibt sich die Bestimmung des Flavonoidmusters als unumgangliche Notwendigkeit.

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Flavonoidmuster von Corylus a·vellana

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Cber das Flavonoidmuster der Haselnug ist erst wenig bekannt. 1941 isolierte RAaus den Laubblattern Myricetin-3-rhamnosid. Spater wurde Quercetin-3rhamnosid als Nebenkomponente nachgewiesen, desgleichen ein weiteres Glycosid, das jedoch nicht naher charakterisiert werden konnte (HORHAMMER et aI., 1956). In neuester Zeit konnte als Laubblattflavonoid noch ein Kampferol-3-rhamnosid identifiziert werden (TISSUT und EGGER, 1972). BATE

Material und Methodik 1. Herkunft des Materials und Gewinnung der Extrakte Das Pflanzenmaterial stammt aus dem Botanischen Garten Koln. Die Ernte erfolgte jeweils am Vormittag, so da~ quantitative Veranderungen des Flavonolgehaltes durch tagesperiodische Schwankungen weitgehend ausgeschlossen werden konnen. Die Knospen, bzw. Laubblatter von Carylus avellana wurden nach der Frischgewichtsbestimmung unter Zugabe von kochendem dest. Wasser zerrieben, anschlie~end 15 Minuten lang hei~ extrahiert und filtriert. Das gewonnene Filtrat wurde bei 50° C im Vakuum eingeengt, der verbleibende Fliissigkeitsrest von 2-3 ml mit Methanol dest. aufgenommen und der auftretende Niederschlag abfiltriert. Das Einengen erfolgte wiederum im Vakuum bei 30° C. Der Extrakt wurde jeweils auf 10 ml aufgefiillt. 2. Methoden zur Identifizierung der Glycoside

a. chromatographische Methoden Es wurden papier- und diinmchichtchromatographische Trennungen vorgenommen (Papierc: MN 263, Macherey und Nagel; SS 2043 b, Schleicher und Schiill). Bei praparativen Arbeiten wurde die Diinnschichtchromatographie auf Cellulose mikrokristallin (Avicel, Merck; Schichtdicke 0,25 mm) angewendet. Die Bestimmung des Glycosidierungstypes erfolgte nach der Methode von EGGER (1964). Laufmittel: lEW Isobutanol :Eisessig: Wasser (10 :3,5 :7) CEW Chloroform:Eisessig, wassergesattigt (2:1, bzw. 3:2) 15 Ofo E 15 Ofoige Essigsa ure H 20 Dest. Wasser Er Wasser :Kthanol :Methylathylketon :Acetylaceton (10:3:3:1) En Chloroform: Meth. :Methylathylket. :Acetylac. (25 :10:5:1)

b. Analyse der Hydrolyseprodukte Zur sauren Hydrolyse wurden die GlycosidlOsungen mit 2 n HCI im Verhaltnis 1:1 versetzt und auf dem Wasserbad am Riickflu~kiihler 0,5 - 5 Stunden auf 100° C gehalten. Da die Hydrolysegeschwindigkeit sowohl vom Zucker selbst als auch von der Position des Zukkers abhangt (HARBORNE, 1965), wurde die Hydrolysezeit jeweils nach der durch Absorptionsspektren ermittelten Stellung des Substituenten festgelegt. Das Ausschiitteln der Aglyca erfolgte nach dem Abkiihlen der Lasung mit Essigsaureathylester. Die so gewonnene Phase wurde im Vakuum bis zur siruposen Konsistenz eingeengt und auf Cellulose-Platten (MN 200, Macherey und Nagel) aufgetragen. Eine Testlasung mit Myricetin, Quercetin und Kampferol aus Myrica gale diente als Vergleichsstandard. Zur Trennung der Aglyca dienten die Losungsmittel: CEW = Chloroform:Eisessig, wasserges. (2:1, bzw. 3:2) Forestal = Eisessig :Wasser :Salzsaure (konz.) (30 :10:3) Die zuriickgebliebene wassrige Phase (mit gel astern Zucker) wurde im Vakuum bis zur Trockne eingeengt, in wenig Methanol dest. aufgenommen und eben falls mit Testsubstanzen auf

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n-Cellulose-Platten aufgetragen, denen zum Zwecke des Durchlaufs Chromatographiepapier (SS 2043 b) angelegt worden war (KRAUSE, 1971). Die Chromatogramme wurden nun 12 Stun den in Butanol :Pyridin :Wasser (3:1:1) entwickelt und mit Anilinphthalat bespriiht. c. UV-spektroskopische Untersuchungen Die gereinigten Substanzen wurden mit Methanol p. a. eluiert und gegen eine entsprechende Menge Leereluat gemessen. Die Aufzeichnung der Spektren erfolgte am registrierenden Spektralphotometer "Spectronic 505" (Bausch und Lomb) bei 200-500 nm. Zur methodischen Durchfiihrung siehe MARBRY, MARKHAM und THOMAS (1970).

Ergebnisse Obwohl bei Corylus avellana das Flavonoidmuster der Winterknospen sich betrachtlich von dem erwachsener Laubblatter unterscheidet, ist es bei geeigneter Wahl des Entwicklungsstadiums moglich, samtliche Flavonoide chromatographisch zu erfassen. Bei fortschreitendem Laubausbruch sind einerseits noch samtliche Knospenglycoside, andererseits bereits die Laubblattflavonoide in ausreichender Quantitat vorhanden (Abb. 1).

11-0


~

3

w ,..,

~. ~1\ ......... ... 2 ~

o

a

C:)

Houptkomponente Nebenkomponente

Spur

15% HOAc Abb. 1. Schematische Darstellung eines zweidimensionalen Chromatogrammes der FlavonolGlycoside bei Corylus avellana wahrend des Knospenaustriebes.

1) Aglyca

Bei der sauren Hydrolyse des Gesamtextraktes sowie der einzelnen Glycoside waren als Aglyca lediglich Myricetin, Quercetin und Kampferol nachweisbar. Die Identifizierung erfolgte aufgrund von Cochromatogrammen mit Test- und authentischen Substanzen, mit Hilfe von Spriihreagenzien und auf spektralanalytischem Wege (Tab. 1). Z. P/lanzenphysiol. Bd. 68. S. 346-356. 1973.

Flavonoidmuster von Cory lus avellana

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Tab. 1. Charakteristik der Aglyca . Myricetin

Quercetin

Kampferol

gelb kraftig gelb grunl. gelb orange-braun\. dunkel

gelb kraftig gelb grunl. gelb grunl. gelb orange-gelb

UV, 350 nm unbeh. + NHa + AICl a + PbAc + BR

gelb kraftig gelb grunl. gelb braun\. dunkel

MeOH MeOHI Na-O-Me MeOHI AICl a MeOHI AICla l HCI MeOH I Na-O-Ac MeOHI Na-O-Ac l H aBOa

Spektralmaxima in nm 252, 269+, 297+ 254, 268 +, 295+ 371 369 269+, 321 244+, 324 422 (dec.) 440 267,311 + 269, 301 + 444 427,450 266, 299+ 264,29r 360+, 427 360, 425

251 +, 264, 293+ 321+, 364 282, 318+ 354+, 434 (dec.) 257+, 268, 302+ 350, 420 254+, 268, 302+ 347,420

252+, 271 330, 390 (dec.) 259, 299+ 386

26 8, 302+ 375 265, 298+, 319+ 368

264 333 (dec.) 256, 269+ 392

Tab. 2. Charakteristik der Glycoside. Laufmittel :

lEW 115 Ofo E ICEW 3 : 21 unbeh.INHa

Verbindung: Verb. 1 (M-3 -digal) Verb. 3 (Q-3-digluc) Verb. 5/ 1 a (Q-7-gluc) Verb. 5/ 1 b (Q-3-arab) Verb. 5/2 (Q-3-gal) Verb. 5/3 (M-3-rh) Verb. 7/ 1 (Avicularin) Verb. 7/2 (Q-3-rh) Verb. 8 (K-3-rh) Verb. 9 (K-3- [p-cum-gluc] )

I

Rf X 100 42

19

4

dunkel gelb

51

26

5

dunkel gelb gelb

I AIC1 3 I PbAc (UV, 350 nm) kraftig gelb grun\. gelb

gelb

I BR

braun

dunkel

kraftig or.-gelb or.-gelb

dunkel dunkel

60

26

25

dunkel gelb

gelb

or.-gelb

dunkel

62

38

25

dunkel gelb

gelb

or.-gelb

dunkel

67

54

20

dunkel or.-gelb

gelb

braun

dunkel

70

32

28

dunkel grl.-gelb gelb

or.-gelb

dunkel

73

48

33

dunkel brl.-gelb gelb

or.-gelb

dunkel

78

48

42

dunkel gelb

92

27

63

dunkel dk.-grun gelb

z.

grl.-gelb or.-gelb braun!.

gelb gelb

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RE ZN IK

Tab. 3. Spektralmaxima der Glycoside (in nm). - --

MeOHI

MeOHI

MeOH! AlCl,]

NaOMe -_ . ....

_

Verb. 1 (M-3-digal)

255, 264+, 304+ 361

Verb. 3 (Q-3-digluc) Verb. 5/1a (Q-7-( di?)-gluc)

256, 266 +, 300+ 357 253, 268+, 302+ 368

Verb. 5/1b (Q-3-arab) Verb. 5/2 (Q-3-gal) Verb. 5/3 (M-3-rh)

253, 266+, 29r 354 255, 266 +, 301 + 357 254, 262+, 303+, 351

Verb. 7/ 1 (Avicularin) Verb. 7/ 2 (Q-3-rh)

254, 265+, 291 + 354 254, 264+, 300+ 347

272, 327+, 408 273, 329+ 412 254+, 262, 292+ 390+ (dec.) 271,326+ 404 270, 325+, 394

Verb. 8 (K-3-rh)

262, 293+, 313+ 340

272,320, 387

.. ..... _

MeOHI AlCl 31

HCl

MeOH/ Na-O-Ac ..

---

-

-- - -

MeOH NaOAc H 3 B0 3 -

-_ .... __ .... _--

-

265,304+, 324+ 392 (dec.) 279, 334+ 418

269, 307+ 360+, 423

270,307+ 360+, 405

268, 326+ 377 (dec.)

257, 306+ 381

269, 300+ 370+, 408

268, 296+ 366+, 400

270,299+ 360+, 424 266,299+ 363+, 413 271, 309+ 360+, 427

265, 293 +, 363+, 403 268,298+ 365+, 399 271, 307+ 364+, 401

265, 320+ 380 255, 268 +, 302+ 328+, 379 269, 320+, 376 264, 319+, 380 268, 302+ 376

261, 305+ 377 258,272+, 302+ 384 259, 297+, 376 261, 297+, 376 257,297+ 372

272,298+ 355+, 426 271,305+, 330+ 425 272,300 343, 395

267, 295+ 360+, 399 268, 303+ 354, 399

270, 324+ 386 270,320+ 379

260,29r

273,300 340, 392

267, 298+, 350

264, 298+, 315+ 344

.

374 259, 303+, 365

2) Glycoside Verbindung 1 (= Spot 4, Myricetin-3-digalactosid): Bei der Spektralanalyse zeigt die Verbindung ein fur Glycoside mit Pyrogallolstruktur typisches Verhalten (Abbau der bathochrom verlagerten Bande I im Na-O-Me- und im Na-O-Ac-Spektrum bei geschiitzter 3-0H-Gruppe - angezeigt durch das Fluorescenzverhalten, vgl. Abb. 2). 3 benachbarte unsubstituierte OH-Gruppen im Seitenring deckt die Raktion bei Zugabe von AICl 3 / HCI auf (LI I AlCb - AICb/ HCl = 18 nm). Die Hydroxylgruppen in 5- und 7-Stellung sind ebenfalls ungeschutzt (vgl. Tab. 3). Nach der sauren Hydrolyse wurden Myricetin als Aglycon, Galactose als Zuckerrest identifiziert. Rf-Werte und EGGER-Probe zeigen ein Biosid an. Bei der Verbindung handelt es sich wahrscheinlich urn Myricetin-3-digalactosid. Dieses Glycosid wurde in Betula verrucosa- und B. pubescens-Bliittern von HORHAMMER, WAGNER und LUCK (1957) gefunden. TrssuT (1970) konnte das Glycosid bei seinen Untersuchungen nicht nachweisen. Verb in dung 3 ( = Spot 5) erbrachte als Teilstucke bei der sauren Hydrolyse Quercetin und Glucose. Da die Rf-Werte und die Egger-Probe die Verbindung als Biosid ausweisen, muB es sich urn ein Quercetin-3-diglucosid handeln. Verbindung 511 a (= Spot 6) ist nur in Spuren vorhanden. Die spektralen Daten decken eine substituierte Z. PJlanzenphysiol. Ed. 68. S. 346-356. 1973.

Flavonoidmuster von Cory/us avellana

E

---- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - ,

--Methanol

----- + No -O-Me

"/~\

..:''' /' \....

0,5

351

-----. + AlCl 3/HCl .... _ ... Na-O-Ac

~\, N

\

"'.

\ "

\\\

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.....

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\~ g.-~ I- :./-----~------- ------,>\ :: "\.,., .....··.·.··.....' ....;;; ....-..-.Sl.r....-.... "

. '-''-«:::" ........,

200nm

I

300

400

500

Abb. 2. UV -Absorptionsspektren von Myricetin-3-digalactosid.

7-0H-Gruppe auf, aIle anderen Hydroxyle sind ungeschiitzt. Bei der Verbindung handelt es sich urn ein Quercetin-7-(di?) glucosid. Verbindung 5/1 b (= Spot 6) ist ein Quercetin-3-arabinosid. Die spektralen Daten stimmen im wesentlichen mit den en der Verbindung 7/1 (= Spot 9) iiberein. Auch hier wurden bei der sauren Hydrolyse Quercetin und Arabinose freigesetzt, beide Glycoside sind nach der Egger-Probe Monoside. Die Verbindungen sind jedoch nicht identisch. Wahrend die Rf-Werte der Verb. 7/1 weitgehend mit denen iibereinstimmen, die in der Literatur fiir das am haufigsten vorkommende Quercetin-3-arabinosid (= Avicularin) angegeben sind, weichen die Rf-Werte der Verb. 5/1 b deutlich von diesen abo U. U. handelt es sich bei dies em Glycosid urn eines der drei weiteren bekannten Quercetin-3-arabinoside: Guaijaverin (= Q-3-a-L-arabofuranose) oder Polystachosid (= Q-3-jJ-L-arabinosid) oder Foeniculin (Konfiguration des Zuckers unbekannt) (HARBORNE, 1967). Die Verbindung 5/2 (= Spot 7) ist ein Quercetin-3-galactosid. Bei der Verbindung 5/3 (= Spot 8) handelt es sich urn die bereits friiher beschriebene Hauptkomponente in den Laubblattern der Haselnu~ Myricetin-3-rhamnosid (RABATE, 1941; HANSEL und HORHAMMER, 1954; HORHAMMER et aI., 1956; TrssUT und EGGER, 1972). Verbindung 7/2 (= Spot 10) ist ein Quercetin-3-rhamnosid. Es wurde bereits in den Laubblatter von Corylus avellana nachgewiesen (HORHAMMER et aI., 1956; TrssuT und EGGER, 1972). Bei der Verbindung 8 (= Spot 11) handelt es sich urn das von TrssuT und EGGER (1972) beschriebene Kampferol-3-rhamnosid. Verbindung 9 (= Spot 12): Die durch das Bespriihen mit BR hervorgerufene Gelbfluorescenz des unbehandelt absorbierenden Glycosides, die sehr geringe bathochrome Verschiebung des I. Maximums im Na-O-Ac/H 3B0 3-Spektrum und die Saurestabilitat schlie~en o-Dihydroxygruppen aus. Die bei der Zugabe von Na-O-Ac entstehenZ. PJlanzenphysiol. Bd. 68. S. 346-356. 1973.

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de bathochrome Verlagerung der Bande II urn 8 nm zeigt eine freie OH-Gruppe in 7-Stellung an. Das im AICb-Spektrum urn 82 nm bathochrom verlagerte Maximum der langwelligen Bande weist - da aufgrund des Fluorescenzverhaltens die 3-0HGruppe geschutzt erscheint - auf eine freie S-OH-Gruppe hin. 1m AICl 3 -Spektrum erfolgte die Aufspaltung sowohl des langwelligen als auch des kurzwelligen Maximums in jeweils 2 Banden und Jafh damit auf eine Kampferolverbindung schlid~en. Dieser Vermutung widerspricht das Maximum der Bande I im Methanol-Spektrum bei 312 nm. Ein Maximum bei dieser Wellenlange ist fur einfache Kampferol-3-g1ycoside untypisch (vgl. Abb . 3 und 4).

0,5

300 400 500 200nm Abb. 3. UV-Absorptionsspektren von Kampferol-3-g1ucosyl-(p-cumarat): Na-O-Me, A1C1 3 , A1CI 3/HCI. --Methanol ----- + Na -O-Ac ............ + Na-O-Ac/H B0 3 3 N M

0,5

Abb. 4. UV-Absorptionsspektren von Kampferol-3-g1ucosyl-(p-cumarat): Na-O-Ac, Na-OAc/ H 3 B0 3 • Z. Pjlanzenphysiol. Bd. 68. S. 346-356. 1973.

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Sowohl bei der sauren als auch bei der alkalischen Hydrolyse (Glycosid und 2 n NaOH 1 :1, 2 Stunden bei Zimmertemperatur) wurde Kampferol freigesetzt. Die Identifizierung erfolgte durch UV-Spektren, Cochromatogramme mit authentischem Kampferol und durch Farbreaktionen mit Sprlihreagenzien. Nach dem Bedampfen mit NH3 erschienen auf den Chromatogrammen der Hydrolyseprodukte neben Kampferol noch ein Kampferol-3-glycosid (Rf-Wert und Verhalten stimmen mit Kampferol-3-glucosid liberein) und bei hRf 34 und hRf 69 (Chromatogramm in H 2 0 entwickelt) jeweils eine blaue Bande. Beide Verbindungen ergeben beim Besprlihen mit AICL keine Reaktion, erscheinen mit PbAc schwach hellblau, mit BR nachtblau. Nach dem Isolieren wurde die Verbindung bei hRf 34 mit verschiedenen authentischen Zimtsauren chromatographiert. Sie zeigte stets gleiches Verhalten mit der p-Cumarsaure. Auch das Spektrum zeigt weitgehende Obereinstimmung mit der authentischen Substanz. Die Verbindung bei hRf 69 stimmt sowohl in den Rf-Werten als auch in den spektralen Daten mit den in der Literatur flir p-Cumaroylglucose angegebenen Werten liberein (HARBORNE, 1964). Die Substanz ist sehr alkaliempfindlich. Das Zusammenfligen der einzelnen durch die Hydrolyse gewonnenen Teilstlicke des Glykosides 9 zeigt eine acylierte Verbindung. Ihr kommt (da neben Kampferol und p-Cumarsaure auch p-Cumaroyl-glucose und in Spur en Kampferol-3-g1ucosid? gefunden wurden) wahrscheinlich die Struktur eines Kamperol-3-0-g1ucosyl-(p-cumarat) zu. Eine solche Verbindung wurde von HORHAMMER, STICH und WAGNER (1959) aus Lindenblliten isoliert und mit Tilirosid benannt. Die spektralen Daten des Glycosides 9 stehen in guter Obereinstimmung mit den in der Literatur flir Tilirosid angegebenen Werten (HARBORNE, 1964): Athanol + Na-O-Et + AICl a + Na-O-Ac + Na-O-Ac/H3B03

267, 305 sh, 317, 357 sh 377 225 sh, 277, 304, 320, 392 273,314,360 sh 270,315,357 sh

eigene Werte: Methanol + Na-O-Me + AICl 3 + AlCh/HCI + Na-O-Ac + Na-O-AclH 3B0 3

263, 297sh, 271,310 sh, 225sh, 274, wle vor 271,293sh, 266,293sh,

312, 356sh 368 303, 320,394 311, 362sh 315, 356sh

Bei der vorliegenden Verbindung handelt es sich vielleicht um Tilirosid. Es muB noch gepriift werden, ob sie mit dem aus Tilia argentea-Bliiten isolierten Glycosid identisch ist. Z. Pjlanzenphysiol. Ed. 68. S. 346-356. 1973.

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3. Das Flavonoidmuster in Winterknospen und Laubbliittern Das Flavonoidmuster der Winterknospen weicht hei Corylus avellana wesentlich von dem erwachsener Laubblatter abo Hauptkomponente in ruhenden Knospen ist die acylierte Kampferolverbindung. Wenig schwacher treten Quercetin-3-arabinosid und Quercetin-3-galactosid auf. Als Nebenkomponenten sind Avicularin, Quercetin3-rhamnosid und Quercetin-3-diglucosid zu bezeichnen, wahrend Myricetin-3-rhamnosid, Kampferol-3-rhamnosid, Myricetin-3-digalactosid und Quercetin-7-(di?) glucosid lediglich in Spuren vorhanden sind. Ausgewachsene Laubbliitter weisen dagegen sehr hohe Konzentrationen von Myricetin-3-rhamnosid auf. Sie ist 4mal so stark wie die der Nebenkomponente Quercetin-3-rhamnosid. Kampferol-3-rhamnosid und Myricetin-3-digalactosid treten nur in Spuren auf (vgl. Abb. 5).

I Winterknospen K-3- (p-cumaroyl-glucose)

o -3-arab

,

0-3 - gal Avicularin

• • • C)

0- 3 - rh

C)

0- 3 - digluc

C)

M -3- rh

0

K - 3 -rh

0

M-3-digal

0

0-7 -digluc eHauptkomponente

Laubblbtter i

i !

: C)

!

i i I

I

• 0

0

0 () Nebenkomponente

0 Spuren

Abb. 5. Das Flavonoidmuster der Winterknospen und LaubbHitter.

Diskussion Das Flavonoidmuster von Corylus avellana erweist sich als sehr reichhaltig. Mit Ausnahme der als Quercetin-7-(di?) glucosid angesprochenen Verbindungen handelt es sich ausschlieBlich urn 3-Glycoside. Dabei treten die ubiquitiiren Quercetinglycoside in besonders breiter Skala auf. Interessant ist das Vorkommen der weniger haufig nachgewiesenen Myricetinglycoside, die in den ausgewachsenen Laubblattern den iiberwiegenden Anteil der Gesamtflavonolmenge ausmachen. Ober Myricetinvorkommen ist bereits bei anderen Betulaceen berichtet worden (HORHAMMER et aI., 1954; 1956; TrssuT und EGGER, 1972). In ruhenden Knospen stellt eine acylierte Kampferolverbindung die Hauptkomponente dar. Moglicherweise handelt es sich bei dieser urn ein Glycosid, das bereits aus Tilia argentea-Bliiten isoliert und mit Tilirosid benannt wurde (HORHAMMER et a!.,

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Flavonoidmuster von Corylus avellana

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1959; HARBORNE, 1964). 1m Verlaufe des Knospenaustriebs von Corylus avellana erfahrt das Kampferol-3-glucosyl-(p-cumarat) innerhalb von 7 Tagen eine starke Abnahme und verschwindet schlieBlich am 30. Tag ganz. Die Tatsache, da~ Winterknospen und ausgewachsene Laubblatter verschiedene Hauptpigmente aufweisen, gestattet eine grobe Einteilung der auftretenden Glycoside in Knospen- und Laubflattflavonoide. Dariiber hinaus sind samtliche auftretenden flavonoiden Verbindungen von der Anlage der Winterknospen bis zum Laubfall einem beachtlichen Auf- und Abbau unterworfen. Ober diese lebhafte Kinetik werden wir in einer weiteren Arbeit berichten. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind wir fiir die Bereitstellung von Sachmitteln zu grollem Dank verpflichtet.

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