SURFACE
SCIENCE 7 (1967) 332-350 o North-Holland
DER EINFLUSS SPANNUNGEN
VON
GITTERDEFEKTEN
Publishing Co., Amsterdam
UND
AUF DAS ATZVERHALTEN
MECHANISCHEN VON
SILIZIUM
H. SEITER Forschungslaboratorium
der Siemens-Halske-
Werke
der Siemens
Eingegangen am 25. Februar 1967; revidiertes Manuskript
AC, Miinchen,
Germany
eingegangen am 17. M&z 1967
The dissolution of single crystal silicon by aqueous solutions of hydrofluoric acid and chromium (VI) oxide was studied as a function of the composition of the etchant. It was found that the reaction mechanism of dissolution is independent of diffusion in a wide concentration range, and therefore the etchant can be used to develop dislocation etch pits. If silicon samples are etched under elastical stress, one gets etch patterns caused by the stress. The location and shape of these etch pits are defined by the superposition of the externally applied uniaxial stress and the stress field of the dislocations. Isotropic stress can produce similar etch patterns as it is shown for the example of epitaxial silicon layers on spine]. Etch pits caused by stress develop also in solutions of nitric acid and fluoric acid. In both etchants the stress effect is inhibited by a high concentration of the oxidant.
1. Einleitung Bei Atzversuchen zum Nachweis von Versetzungen und Stapelfehlern in epitaxialen Siliziumschichten, die mechanisch stark verspannt waren, wie z.B. regellos angeordnete Risse. erhielten wir anomale iitzfiguren, Da bekannt ist, daD beim Atzen von Metallen, die unter mechanischer Spannung stehen, h&fig Atzrisse auftreten (“Spannungskorrosion”)l), vermuteten wir, da13 es sich hier urn einen ahnlichen Effekt handeln konnte. Im folgenden wird iiber Versuche zur Priifung dieser Arbeitshypothese berichtet. Das hier verwendete Gemisch von Chromsaure und FluDsaure wurde
zuerst von Sirtl und Adlera) zur Atzung von Versetzungen angegeben, spater von Chuaa) zum Nachweis von Stapelfehlern. Diese Angaben beziehen sich nur auf einige wenige Mischungsverhlltnisse. Da aber fur das Auftreten der von uns beobachteten Atzeffekte die Zusammensetzung der Atzlosung ausschlaggebend ist, wurde hier als erstes das System CrO,-HFH,O tiber einen grSBeren Zusammensetzungsbereich untersucht. Dazu wurde jeweils die Auflijsungsgeschwindigkeit des Siliziums bestimmt, urn Hinweise auf die Kinetik der Auflosungsreaktion zu erhalten. Anschlierjend wurde der EinfluD der Zusammensetzung der Atzliisung auf die Atzung von 332
DER
EINFLUSS
VON GITTERDEFEKTEN
333
Versetzungen und Stapelfehlern sowie auf die Entstehung spannungsinduzierter Atzfiguren untersucht. Die epitaxialen Siliziumschichten auf Spinell, an denen erstmalig ein EinfluD der mechanischen Spannung auf das iitzverhalten beobachtet wurde, lassen sich nicht in spannungfreiem Zustand herstellen; daher wurden Modellversuche an di.innen Siliziumbandern durchgefiihrt. Diese Siliziumbander wurden in gebogenem Zustand, also unter dem Einflul3 einer angelegten mechanischen Spanrmng geatzt. Gleichartige Versuch mit Salpeters~ure-Flu~s~ure zeigen einen ~hnli~hen EinfluB der mechanischen Spannung. 2. Experimentelles 2.1. BESTIMMUNG DER&JFL~~SUNGSGESCHWINDIGKEIT VONSILIZIUM Es wurden nach (111) bzw. (100) geschnittene Siliziumscheiben (10 R cm n-Typ) verwendet, die chemisch poliert waren, urn die mechanisch gestiirte Oberflachenschicht zu entfernen. Die Proben wurden in einem Polyathylenbecher bei Magnetr~h~ng geatzt, pro cm2 Siliziumoberfl~che wurden 10 cm3 Atzlijsung verwendet, so dal3 keine Temperatur~nderung auftrat. Die abgetragene Silizi~menge wurde durch W~gung bestimmt. Zum Ansatz der &zliisung diente 50%ige FluBsaure (Merck p.a.) und eine 33%ige LSsung von CrO, (Merck p.a.) in bidestilliertem Wasser (50 g CrOJlOO cm3 H,O), nachfolgend als “HF” bzw. “Cr03” bezeichnet. Die im folgenden angegebenen CrO,-HF-Gemische sind immer auf diese beiden LSsungen bezogen. Das Silizium wird gleichmaBig abgetragen, ausgenommen an Versetzungen, deren Fldchenanteil aber immer unter 5% bleibt, wenn man nicht mehr als 10 mg pro cm2 Siliziumoberflache abtrlgt. Die Randflache der Proben ist ebenfalls kleiner als .5%, daher la& sich die Auflbsungsgeschwindigkeit such in ,um/min angeben. 2.2. BIEGENUND ATZEN VONSILI%IUMB~NDERN Aus (11 I)-Siliziumscheiben wurden Rechtecke von 15-20 mm Lange und 5 mm Breite geschnitten und mit HNO,-HF auf eine Dicke von 100 ,um abgeatzt. Fur einige Versuche lie13 man auf diese diinnen Bander eine Siliziumschicht von 10 pm Dicke epitaxial aufwachsen. Die Proben wurden mit Bienenwachs auf die lnnenseite (bzw. AuBenseite) eines Polyathylenbechers von 80 mm lnnendurchmesser so aufgeklebt, da0 die Biegeachse senkrecht zur Langsseite verlief. Dabei steht die freiliegende Siliziumoberflache entweder unter Druck- oder unter Zugspannung. Die aufgeklebten Siliziumb~nder wurden mit Trichlordthylen und Aceton entfettet. Die Entwicklung von ~tzfiguren an Versetzungen, S~pelfehlern und auf mechanisch verspannten Oberfiachen wurde wie unter 2. I durchgef~hrt.
334
H. SEITER
Die bier vorgegebene Biegung entspricht dZ/l von 1.2 x 10e3. Wird ein Elastizidtsmodul
einer relativen L~ngen~nderung von (1.3 - 1 .S) x 10” dyn/cm’
angenommena), dann stehen die obersten Schichten unter einer Spannung von etwa 0=2 x 10’ dyn/cm2.
der Siliziumb5nder
3. Ergebnisse 3.1. VERSUCHE ZUR KINETIK DER SILIZIUMAUFL~SUNG Die Auflijsung von Silizium in wdssrigen Atzmitteln la& sich formal in zwei Reaktionen aufteilen: Zuerst wird das Silizium oxydiert und dann durch einen Komplexbildner in Liisung gebracht, Als Oxydationsmittel dienen z. B. CrO, oder HNO,, als Komplexbildner la& sich in saurer Liisung allein HF verwenden. 1st der erste Reaktionsschritt fiir die Auflbsungsreaktion geschwindigkeitsbestimmend, dann lassen sich Inhomogenitaten in der Kristalloberfldche durch ihre unterschiedliche Abtragungsgeschwindigkeit sichtbar machen. 1st dagegen die Nachdiffusion eines Reaktionspartners aus der Atzliisung geschwindigkeitsbestimmend, so werden sich energetische Unterschiede im Kristallgitter nur wenig auf die Abtragungsgeschwindigkeit auswirkensa). Will man also inhomogenitaten im Kristall (z. B. Versetzungen) sichtbar machen, dann mu13 man ein Atzmittel wahlen, bei dem die Diffusion nicht geschwindigkeitsbestimmend ist. Zur ~ntscheidung, in welchen Fallen ein Diffusionsmechanismus vorliegt, wird im folgenden die Abhangigkeit der Aufl~sungsges~hwindigkeit von der Zusammensetzung der Atzlosung, der Temperatur, der Fliissigkeitsbewegung und der kristallographischen Orientierung der Siliziumoberfhiche betrachtet. a) Zusammensetzung der Atzliisung: In Fig. 1 sind Linien gleicher Aufltisungsgeschwindigkeit im System CrO,-HF-H,O eingetragen. Das Maximum der Abtragungsgeschwindigkeit liegt bei einem Konzentrationsverhaltnis “CrO,“: “ HF” von 1:4 bis 1: 9, das entspricht einem Molverh?iltnis I-IF: CrO, von 27 bis 68. Im hier untersuchten Konzentrationsbereich liegt Chroms~ure als Cr,0,2-Ion vor, FluBdure als undissoziiertes HFMolekiii. Bei der Reaktion mit Silizium wird Cr6+ zu Cr3+ reduziert, das in Liisung gehen kann”), wahrend Si4+ als [CrF,‘J3’ oder Cr3+-Chromat bildet. Unter den so miiglichen Reaktionsgleichungen das [SiF,] 2--ion kommt folgende dem experimentell gefundenen Molvertiltnis relativ am nachsten: 3Si+2H2Cr,0,+42HF-+3HzSiF,+4H3CrF,*+14H20. * Diese Verbindung
ist nicht in isolierter Form bekannt.
DER
EWFLUSS
VON GITTERDEFEKTEN
335
SchrafFig. 1. Linien gleicher Atzgeschwindigkeit (pm/min) im System CrOvHF-H20. fierter Bereich links: keine Spannungs~tz~guren. Schraffierter Bereich rechts: keine
Versetz~n~~tzung. Diese Gleichung entspricht einem Molverhaltnis HF: CrO, = 10.5. 1st die Diffusion geschwindigkeitsbestimmend, dann wird die Geschwindigkeit der Reaktion durch die Konzentration von Oxydationsmittel und Komplexbildner in der Losung gegeben. Das Maximum der Au~~sungsges~hwindigkeit wird dann erreicht, wenn sie in dem Molverhaltnis in der ;itzliisung vorliegen, in dem sie zur Sihziumauflijsung entsprechend der Reaktionsgleichung verbraucht werden. Das ist z.B. bei HNO,-HF der Fall’) (Fig. 2). Bei CrO,-HF dagegen stimmen das nach der Reaktionsgleichung zu erwartende Molverh~ltnis und das experimentell gefundene nicht iiberein; das weist darauf hin, da8 hier die maximale Auff~sun~sgeschwindigkeit nicht durch Diffusion begrenzt wird. b) Riihren: Der EinfluD des Rtihrens der Atzliisung auf die Abtragungsgeschwindigkeit ist in Fig. 3 dargestellt. Man erkennt, da0 bei geringen “CrO~‘~-Konzentrationen ( < 20%) das Riihren eine Vergr~~rung der ~tzgeschwindigk~it bewirkt. In diesem Bereich ist also offenbar der Antransport von CrO, geschwindigkeitsbestimmend. Bei “CrO,‘‘-Konzentrationen > 20% zeigt das Riihren keinen EinfluB auf die Atzgeschwindigkeit, d.h. hier wird die Reaktion nicht durch Diffusion bestimmt.
336
H. SEITER
HNO, (6s % ig)
Fig. 2.
Linien
50
gleicher Atzgeschwindigkeit @m/min) im System Schraffierter Bereich: keine Spannungsltzfiguren.
10
HNOa-HF-HzO.
c) Temperatur : Die Auflosungsgeschwindigkeit wurde fur Atzlosungen verschiedener Konzentration im Bereich von + 5” bis 50” bestimmt (Fig. 4). Aus der Temperaturabhangigkeit la& sich eine Aktivierungsenergie be“CrO,“/“HF”= 9OjlO betragt die rechnen. Fur eine Zusammensetzung Aktivierungsenergie 11.4 kcal/mol, fur “CrO,“/“HF”= 5/95 ist sie 6.7 kcal/ mol. Dieser Wert fur die kleinere CrO,-Konzentration entspricht der in der Literatur angegebenen Aktivierungsenergie fur eine diffusionsbestimmte Auflosungsreaktionsa). d) Orientierung der Siliziumoberflache: In Fig. 3 ist die Aufliisungsgeschwindigkeit fur (1 I l)- und (lOO)-Oberflbche eingetragen, bei “CrO,“Konzentrationen iiber 20% wird die (lOO)-Flache etwa doppelt so schnell abgetragen wie die (11 I)-F&he. Dagegen wurden bei HNO,-HF hijchstens 10% Unterschied gefunden7). Bei Germanium finden einige Autoren in verschiedenen Atzmitteln eine Orientierungsabhangigkeit der AuflGsungsgeschwindigkeits), und zwar ebenfalls in der Reihenfolge (100) > (1 I I), wie es nach den Unterschieden der Bindungsstruktur zu erwarten ist. Dieser EinfluB der kristallographischen Orientierung deutet darauf hin da13 bei hoher “CrO,“-Konzentration die Reaktion mit dem Silizium der geschwindigkeitsbestimmende Vorgang ist.
DER
Ia-
20
0 HFfSU % igt
EINFLUSS
VON GI~ERDEFEKT~N
40 cro 3 -
337
me cro3 133 Y.igi
60
Fig. 3. EinfluR der Riihrung und kristallograph~~hen Orientierung auf die Atzgeschwindigkeit: (1) (lo)-O~~~che, mit Rtihrung; (2) (1 lo)-Oberfl~che. ohne Riihrung; (3) (11 l)Oberfliiche, mit Riihrung.
1
2 x \ \
x
“‘\ Abtrogung
Fig. 4.
Temperaturabhgngigkeit
der jitzgeschwindigkeit. (2) “CrOa:HF” = 5:95
10’
Ip/minJ-
(1) “CrOa:HF”
to2 = 90: 10;
338
H. SEITER
e) Autokatalyse: Im System Salpetersaure-FluBsame wird bei kleiner Anfl~sungs~eschwindigkeit die Reaktion durch Autokatalyse bestimmt. Eine Reduktion von HNO, erfolgt namlich nur, wenn eine geringe Konzentration von HNO, vorhanden ist, die bei der Reduktion entsteht oder such vorgegeben werden kann7). Bei Chromstiure-FluBslure hat dagegen eine Vorgabe des Reaktionsproduktes Cr 3+ keinen Einflulj auf die Auflosungsgeschwindigkeit. Ebensowenig zeigt sich beim Riihren eine Verringerung der Reaktionsgeschwindigkeit, was ebenfalls bedeutet, daB keine autokatalytisch beeinflul3te Reaktion vorliegt. f) Atzverhalten von Versetzungen: Auf der flul3saurereichen Seite von Fig. I Iiegt ein Gebiet, in dem Versetzungen praktisch nicht angegriffen werden. Die ~tzstrukturen beiderseits der Bereichsgrenze sind in Fig. 5 bis 7 dargestellt. In dem Konzentrationsbereich, in dem Versetzungen nicht ange&zt werden, kann nicht die Reaktion mit dem Silizium geschwindigkeitsbestimmend sein, sondern nur eine vor- oder nachgelagerte Reaktion, hier die Diffusion der Cr,O, 2--lonen aus der Losung zur Phasengrenze. Unterschiede des Siliziums in Leitungstyp und Dotierung wirken ghnlich wie Kristallbaufehler. Ein pn-~bergang zeigt sich als Stufe im ittzbild bei Atzgemischen, die such Versetzungen an&en, er wird dagegen in dem Konzentrationsbereich gleichmaI3ig abgetragen, in dem Versetzungen nicht angegriffen werden. 3.2. DE~~INFLUS~~E~HA~IS~~ER
S~~NNU~G~NAUFDAS~TZVE~HALT~~
VQN SILIZIUM
Die mechanischen Spannungen werden von auDen*aufgepragt nen uniaxial oder isotrop sein. 3.2. I. Uniaxiak
und kijn-
Spannung
Werden Versetzungen auf einer gebogenen (I 1l)-F&he geatzt, dann sind die Atzgruben senkrecht zur Spann~ngsrichtung stark vergr6Bert (Fig. 8 und 9). Auch mit HNO,-HF teigt sich derselbe Effekt (Fig. 10). Die ~tzgrubenform von Stapelfehlern** auf einer (I 1I)-F&he wird ebenfalls durch Biegen der Probe wLhrend der Atzung stark ver&rdert. Fig. 11 und 12 gibt den Vergleich von mit und ohne Biegung angeatzten Oberflachen. Die langgezogenen Spitzen der Stapelfehlerdreiecke und der Stapel* Eigenspannungen kiinnen ebenfalls Atzeffekte hervorrufen, wie von Stickler”) an tiegelgezogenen Siliziumeinkristallen beobachtet wurde. ** Die Spuren der Stapelfehler-{ 111 }-Ebenen mit der (11 l)-OberGiche bilden geschlossene Dreiecke oder einzelne Linienstiicke, die im folgenden als Sta~~fehlerdrei~ke und Stapelfehlerlinien bezeichnet werden.
DER
Fig. 5.
(Ill)-OberEiche,
Fig. 6.
EINFLUSS
VON GITTERDEFEKTEN
339
mit Riihrung ge&tzt in “CrOs: HF” = 20: 80 (VergriiBerung wie Fig. 6.)
Wie Fig. 5 und “CrOs: HF” = 10: 90 (MaSstab ist eingezeichnet).
H. SEITER
340
Fig. 7.
Fig.
8.
Wie Fig. 5 und “CrOs:
(Ill)-Oberkhe,
ge&zt
HF”
“in CrOs:HF”
= 5:95.
= 80:20.
DER
Fig. 9.
Fig. 10.
EINFLUSS
VON GITIERDEFEKTEN
341
(1 I I)-Oberfkhe bei gleichzeitiger Biegung geltzt in “CrOs: HF” = 80 :20. Die Richtung des eingezeichneten Pfeils entspricht der Spannungsrichtung.
(1 11)-Oberfllche, bei gleichzeitiger Biegung geLtzt in HNOa(65 %): HF(50 %): Eisessig = 10:25:65.
342
H. SEITER
Fig. 11.
Fig. 12.
Stapelfehler auf (11 I)-Oberfkiche,
Stapelfehler
geltzt in “CrOs:HF”
= 80:20.
auf (Ill)-Oberflkhe, bei gleichzeitiger Biegung gePtzt in “003: HF” : 80: 20. Spannungsrichtung : [I IO].
DER
fehlerlinien
verlaufen
EINFLUSS
343
VON GITTERDEFEKTEN
auf einer Seite senkrecht
zur Spannungsrichtung.
Die
an der Gegenseite durch die Spannungs~tzung verursachten Spitzen verlaufen aber in anderen Richtungen, was sich besonders gut an den Stapelfehlerlinien erkennen la&. Atzgruben von Stapelfehierlinien, die parallel zur Spannungsrichtung liegen, zeigen fast keine Formdnderung. Die hier beschriebenen Effekte zeigen sich nur bei Druckspannung; bei einer Zugspannung gIeicher G&e und bei gleichen Atzbedingungen wurden an Versetzung~n und Stapelfe~ern keine span~ungsinduzierten ~tz~guren gefunden . Auftreten und Richtung der Spannungsatzgruben hangen such von der kristallographischen Orientierung der Probe in bezug auf die Spannungsrichtung ab. Liegt die Spannungsrichtung parallel zu [I lo], dann entstehen an den Stapelfehlerlinien, die parallel zur Spannungsrichtung liegen, keine Spannungs~tzgruben (Fig. 12), ist die Spannungsrichtung dagegen parallel zu [211], dann gibt es keine gleichsinnig verlaufende Stapelfehlerlinie, und es treten an allen Spannungsatzgruben auf (Fig. 13). 3.2.2. EinJrup der Zusammensetzung
der k’tzliisung
In Fig. 1 und 2 sind fiir CrO,-HF und HNO,-HF die Bereiche eingezeichnet, in denen keine Spannungdtzfiguren entstehen. In beiden FBllen
Fig. 13. Wie Fig. 12. Spannun~ri~htung:
f211].
H. SEITER
344
liegt dieses Gebiet auf der Seite hoher Konzentration
des Oxydationsmittels.
Bei diesen Versuchen zeigt sich kein uniaxialer und isotroper Spannung.
zwischen
Unterschied
Proben
mit
Atzfiguren wie in Fig. 9 und 12 entstehen nur dann, wenn gleichzeitig Versetzungen und Stapelfehler gedtzt werden. Die Form der Spannungsatz-, figuren in HNO,-HF ist kristallographisch weniger gut definiert (Fig. 10). In Liisungen, die keine Versetzungsdtzgruben entwickeln, zeigen die Proben lange, tiefe Risse, die hdufig von den Randern ausgehen. 3.2.3. Isotrope
Spannung
Epitaxiale Siliziumschichten auf Spinelllo) sind mechanisch stark verspannt, bedingt durch die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Substrat und Aufwachsschicht und die Herstellungstemperatur von etwa 1200°C. Fur Siliziumschichten auf Saphir wurden Druckspannungen von lo9 bis IOr dyn/cm’ errechnetll). Abschatzungen auf Grund der thermischen Ausdehnungskoeffizienten haben ergeben, da13 die Spannungen in Siliziumschichten auf Spine11 in der gleichen GrBDenordnung liegen. Diese Spannungen sind isotrop in der Schichtebene, d.h. es gibt keine bevorzugte Spannungsrichtung. Verglichen mit epitaxialen Siliziumschichten auf einem Siliziumsubstrat sind die Siliziumschichten auf Spine11 stark gestiirt. Tn eine Matrix (Hauptanteil der F&he) sind zahlreiche Bereiche in Zwillingsorientierung eingelagert, die durch Stapelfehler begrenzt sindla). Dieses Gefiige la& sich gut sichtbar machen, wenn man ein Atzmittel verwendet, das mechanische Spannungen nicht angreift (Fig. 14 und 16). Dagegen entstehen mit anderen Atzmitteln viele Spannungatzrisse (Fig. 15 und 17). Bei der (11 I)-orientierten Siliziumschicht (Fig. 15) ist eine [ 11O]-Vorzugsrichtung der Spannungsatzrisse zu erkennen, parallel zu den eingelagerten Zwillingsbereichen. Dagegen zeigt sich bei (lOO)-orientierten Siliziumschichten
keine Vorzugsrichtung
(Fig. 17). 4. Diskussion
4.1. KINETIK DER SILIZIUMAUFL~SUNG Der EinfluD der untersuchten Parameter auf die Auflosungsgeschwindigkeit ist in Tabelle 1 zusammengestellt. Der Vergleich mit SalpeterdureFluBsaure und mit einem hypothetischen Atzrnittel, dessen Kinetik allein durch Diffusion bestimmt wird, zeigt, da13 im untersuchten Bereich bei Chromsdure die Autlosungsgeschwindigkeit bei HF-UberschuB (HF: CrO, > 27) durch Diffusion bestimmt wird. Bei CrO,-UberschuD (HF: CrO, < 27) ldDt sich kein EinfluB einer Diffusion nachweisen, im Gegensatz zu Salpeter-
DER
Fig. 14.
Fig. 15.
EINFLUSS
345
VON GITTERDEFEKTEN
Silizium auf Spine11 (11 l), ge%tzt in “CrO3:HF”
= 95:5.
Silizium auf Spine11 (11 l), gePtzt in “‘CrOs: HF” = 70: 30 (VergrGDerung wie Fig. 14).
H. SEITER
346
Fig. 16.
Silizium
auf
Spine11 (loo),
Fig. 17.
Silizium
auf Spine11 (loo),
gegtzt in “CrOs Fig. 14).
: HF” = 95 : 5 (VergrLiRerung
geltzt in “CrOs:HF” Fig. 14).
= 70:30
(VergrGBerung
wie
wie
341
DEREINFLUSSVONGITTERDEFEKTEN TABELLE
1
KermgrijSen verschiedener
Molverhlltnis im Atzmittel
Molverhaltnis bei maximaler Auflosungsgeschwindigkeit exp.
HF CrO3
< 27 > 27
HF < 4.5 HNOa > 4.5 nach Ref. 7 Wtzmittel mit diffusionsbestimmter Kinetik5a)
27
Aktivierungs energie (kcal/mol)
theor.
Auflosungsgeschwindigkeit wird beeinflugt von * Rtih- Si-OrienAutorung tierung katalyse
10.5
11.4 6.7
f
+ _
4.5
4.1 lo-13
+ +
_
4-6
+
4.5
exp. = theor.
* + = starker Effekt; -
Atzmittel
~ (i-) +
_
= kein Effekt.
saure-Flul3saure, wo im ganzen Konzentrationsbereich Diffusion (bzw. Autokatalyse) die Aufliisungsgeschwindigkeit bestimmt. Wie zu erwarten ist, schliebt der Konzentrationsbereich, in dem Diffusion geschwindigkeitsbestimmend ist, such den Bereich ein, in dem Versetzungen nicht angeatzt werden (Fig. 1). Die unterschiedliche Aufl6sungsgeschwindigkeit der nach (100) und (111) orientierten Siliziumoberflachen sowie die Atzung von Versetzungen zeigen, da13 bei CrO,-UberschuB offenbar die Reaktion mit dem Silizium geschwindigkeitsbestimmend ist. Eine miigliche Deutung daftir gibt die elektrochemische Theorie der Korrosion von Halbleiternis). Danach ist zur Abliisung der Gitteratome die Zufuhr von Defektelektronen erforderlich. Diese werden bei der Reduktion des Oxydationsmittels an der Halbleiteroberflache erzeugt. Der an Germanium gemessene Wirkungsgrad der Injektion von Defektelektronen ist fur CrO, offenbar vie1 geringer als fur HNO,sb) und kiinnte daher fur die SiliziumauflGsung in Chromsiure-FlulXure geschwindigkeitsbestimmend werdensb). Bei HNO, kann man diese Reaktionshemmung vernachlassigen, dort ist dann die Diffusion der langsamste Teilschritt der Reaktion. Bei kleiner HNO,-Konzentration und langsamer Atzgeschwindigkeit wird die Autokatalyse durch das bei der HNO,-Reduktion entstehende NO;-Ion ge-
H. SEITER
348
schwindigkeitsbestimmend 7). Das macht die Atzung von Kristallbaufehlern such in HNO,-HF moglich (Atzmittel nach Dash14)). Man nimmt an, da13 dabei an Versetzungen ausgeschiedene Verunreinigungen eine bevorzugte HNO,-Reduktion
bewirken
und damit
die Autokatalyse
durch
das NO,-
Ion in Gang bringensc). 4.2. ATZVERHALTEN VON MECHANISCHEN SPANNUNGEN Bei den hier beschriebenen Atzversuchen mit auf3en angelegter, gerichteter Spannung sind die spannungsinduzierten Atzfiguren an Versetzungen und Stapelfehlern lokalisiert. Dies 1BDt sich in folgender Weise deuten. Jede Versetzung * ist im Kristallgitter von einem inhomogenen Spannungsfeld umgeben, das aus Zug- und Druckspannung senkrecht zur Versetzungslinie zusammengesetzt ist. Die Spannung ist umgekehrt proportional der Entfernung von der Versetzung und betragtl5) in 1 pm Abstand von einer Versetzungslinie etwa 10’ dyn/cm’. Da such Stapelfehler von Partialversetzungen begrenzt werden, treten ahnlich geartete Spannungen auf. Man kann nun annehmen, da13 sich Spannungsatzfiguren dort bilden, wo sich die an die Probe angelegte Spannung und das Spannungsfeld von Versetzungen in gunstiger Weise iiberlagern. Damit la& sich die unterschiedliche Orientierung der Spannungsatzgruben auf derselben Probe als Resultante von in verschiedener Richtung angreifenden Spannungen erklaren. Eine solche iiberlagerung von mechanischen Spannungen kann such in Siliziumschichten auf Spine11 zu einer Orientierung von Spannungsatzfiguren fiihren. Die makroskopischen Spannungen in epitaktischen Siliziumschichten auf Spine11 sind in der Schichtebene isotrop. Jede der zahlreichen Partialversetzungen, die die Oberflache durchsetzen, besitzt aber ein eigenes Spannungsfeld, das sich dieser makroskopischen Spannung dberlagert. Wahrscheinlich sind es diese mikroskopischen lnhomogenitaten der Spannungsverteilung, die bei (11 I)-Oberflachen zu einer Orientierung der Spannungsatzrisse fiihren (Fig. 15). Da Partialversetzungslinien ([l IO]-Richtung) eine (lOO)-Flache unter einem kleineren Winkel (45”) durchdringen als eine (11 I)-F&he (SS’), ist offensichtlich ihre Spannungskomponente parallel ZLI einer (lOO)-Flache kleiner. Der Einflul3 der Versetzungslinien auf die Spannungsverteilung ist deshalb geringer, was die fehlende Orientierung der Spannungsatzrisse in (lOO)-F&hen erklaren kiinnte (Fig. 17). Im Gegensatz zur Spannungskorrosion von Metallenr), die von Zugspannungen ausgelijst wird, fiihrt bei den hier untersuchten Siliziumeinkristallen nur Druckspannung zu den beschriebenen Spannungsatzfiguren. Gemeinsames Merkmal der meisten Theorien der SpannungsriBkorrosion van * Unter dem Ausdruck “Versetzung” wird im folgenden verstanden.
immer
eine Stufenversetzung
DER
EINFLUSS
VON GITTERDEFEKTEN
349
Metallen ist die Annahme einer plastischen Verformung als ausltisendes Moment der RiBbildung. Im Gegensatz zu Metallen ist eine plastische Verformung des Siliziums bei Raumtemperatur nicht miiglich. Das konnte den unterschiedlichen EinfluD von Zug- und Druckspannung verursachen. Wie in CrO,-HF, so entstehen such in HNO,-HF Spannungslitzfiguren. Beiden Systemen gemeinsam ist aber, da13 eine grol3e Konzentration des Oxydationsmittels die Bildung von Spannungs~t~guren verhindert. Fiir die Spannungskorrosion von Metallen gibt es eine Theoriers), die annimmt, dal.5ein auf der Metallober~~che vorhandener Oxidfilm eine Li.icke aufweist, Oxid und Metal1 an dieser Stelle in der Atzliisung ein Lokalelement bilden und sich so ein AtzriB entwickelt. Andererseits wiirde dies bedeuten, da13 eine geschlossene Oxidbedeckung keine Spannungsatzrisse entstehen lassen sollte. Radiochemische Untersuchungenr7) zeigten, dal3 eine Siliziumoberflache im System HNO,-HF-H,O bei grol3en HNO,-Konzentrationen mit einer Oxidschicht bedeckt ist, dasselbe kann man wohl such fur das System CrO,-HF-H,O annehmen. 1st der Uberschul3 des Oxydationsmittels grol3 genug, dann verlduft die Bildung der Oxidschichten offenbar schneller als ihre A~~sung in FluDsaure. Eine geschlossene Oxidschicht kijnnte dann, wie bei der oben erwahnten Theorie, die Entstehung von Spannungs~tz~guren verhindern. Der Vergleich des Atzverhaltens von Versetzungen und mechanischen Spannungen (Fig. 1) zeigt einen Konzentrationsbereich, in dem Versetzungsatzgruben, aber keine Spannungsatzfiguren entstehen und einen anderen Konzentrationsbereich, in dem nur mechanische Spannungen, aber keine Versetzungen angeatzt werden. Offenbar entstehen Spannungsatzfiguren nach einem anderen Mechanismus ais Versetzungsatzgruben. Eine mijgliche Deutung fiir diesen Unterschied liegt in der “Struktur” der Gitterstiirungen. Wlhrend eine Versetzung eine lokalisierte Gitterstiirung darstellt, kann man eine mechanische Spannung als raumlich ausgedehnte Labilitat des Kristallgitters betrachten. Durch Wahl eines geeigneten Atzmittels aus dem System CrO,-f-IF-H,0 ist es also miiglich, zwischen dem EinfluB der Gitterbaufehler und dem einer mechanischen Spannung auf die Atzstruktur zu unterscheiden. Ftir die Durchfiihrung der Versuche danke ich Frl. Booms, fur wertvolle Diskussionen den Herren Dr. Sirtl und Dr. Schliitterer.
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350
H. SEITER
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