Clinica Chimica Acta. 45 (1973) 177-187 0 Elsevier Scientific Publishing Company,
Amsterdam
- Printed in The Netherlands
I77
co.4 5570
ELEKTROPHORETISCHE IM SERUM
JijRG
BE1
HEPATOBILIAREN
E. PETERS,
Znstitut fiir Klinische HallelSaale (DDR) (Eingegangen
VARIANTEN
RUDIGER
NILIUS
Biochemie
den 20. November,
und I.
DER
ALANIN-AMINOPEPTIDASE
ERKRANKUNGEN
UNIJ LIENHARD Me&in&he,
Klinik
OTTO der Martin-Luther-Universitiit,
1972)
SUMMARY
Electrophoretic Variants of Alanine Aminopeptidase biliary Diseases
in Serum of Patients with Hepato-
In normal serum only one electrophoretic fraction of alanine aminopeptidase is present. Electrophoretic patterns of this enzyme were investigated in the serum of 696 patients with hepatobiliary diseases and 339 patients with various other diseases. In the first group additional fractions of alanine aminopeptidase could be demonstrated in 35 %B in the second group in only 3 %. There was a conspicuous correlation between the occurrence of additional variants of alanine aminopeptidase and the presence of diseases of the biliary tract which in part could be detected only on reexamination.
No pattern
specific for pancreatic
diseases was observed.
EINFtiHRUNG
Untersuchungen der letzten IO Jahre haben ergeben, dass die Alanin-aminopeptidase (EC 3.4.1.-; Aminosaure-arylamidase; AAP) in verschiedenen elektrophoretischen Varianten auftreten kann (Refn. I, z; dort Literaturtibersicht). Im Serum gesunder Probanden ist im allgemeinen nur eine Fraktion in anodischer Position nachweisbar. Das gilt fur die Elektrophorese auf Papie?, Zelluloseazetatmembranen4, im Starkeblock6, Agargelz,+* und AgarosegeF’. Lediglich im Starkegel ist von einigen Autoren lpl” zusatzlich eine sehr schwache, oft kaum erkennbare AAP-Fraktion beobachtet worden. Schwer zu tibersehen sind die Befunde bei hepatobiliar-pankreatischen Erkrankungen 1~2~4+~7~**10, einmal wegen der Anwendung verschiedener Trennverfahren mit unterschiedlichem Auflosungsvermogen, zum anderen wegen Schwierigkeiten in der Organzuordnung der Serumfraktionen. Letzteres gilt insbesondere ftir Techniken mit hoher Auflosung, beispielsweise die Starkegeltrennung, mit der sich unter pathologischen Bedingungen insgesamt 9-10 verschiedene Positionen der Serum-AAP nachweisen lassenlvlo.
696
29 140 34
45
0 134
8
28 12
o
III 22
299 263
21 I
15
7 23
5
9
o
‘4
5
56
31
I
7=
20
I
3 50
18 20
23 32
44 59 4
16 0
20
14
7
24
84 3
54 19
I54 22
9s 0
21
27
453 185
30
I I27
IO
39
34
0
0
0
0
0
0
0
0
30
7
21
o 0
2
7
I
0
II
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0
0
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0
0
0
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E
6
D
4§9:O 3 I
5
I
1
2
2
652 20
I o
2
8 0
C
4216 40
2***0
8
r3 42
7 0
I33 22
B
*
3
0
9
0
22 24 3
7
19
53
267
0 107 20
A
GI*
0
0
0
28
4
0000 4 0 0200
4
0000
0
1000
0
0
0
I 0 0 7 10 0000
0
0
CDE I 0000
o
II
B
* GI = Gesamtaktivitat 5 50 U/I. GII = Gesamtaktivitzt > 50-100 U/l. GIII = Gesamtaktivitat ** Zymogrammtypen nach Abb. 3. *** Bei I der 2 Patienten Zustand nach Cholezystektomie mit Fortdauer der Beschwerden. $ Bei 5 der 9 Patienten rontgenologisch gesicherte Cholelithiasis. Q Bei I der 4 Patienten riintgenologisch gesicherte Cholelithiasis
Metastasenleber und maligne Infiltration Biliare Zirrhose Steatosis hepatis Unspezifische reaktive Hepatitis Insgesamt
Akute Hepatitis Chronisch-persist. Hepatitis Chronisch-aggressive Hepatitis Postnekrotische Zirrhose Portale Zirrhose Nicht klassifizierte Zirrhose Extrahepatischer Verschlussikterus Gallenwegserkrankungen ohne I kterus Cholestatische Hepatose
A
GIII
GI
GII
Gesamt
Davon
Gesamt
BRKRANKUNGEN
A A P-Zymogrammtypen*
der Seven
Anzahl
Erkrankung
BEI HEPATOBILIAREN
DERSERUM-.kAP
I
ELEKTROPHORETISCHESVERHALTEN
TABELLE
0
0
0
0 0
0
0
I
IO
73 23
4 4 I
1
6
3 4 0
2
1
: 0
3
6 0
C
18
15
> IOO U/l.
163
I 20 IO
4
2
II
4
I
: 0
5
6 17 14
5 o
B
70 3
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0 0 0
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o 0
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23
0 0 0
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I
0
2
3 4 0
0
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A
GIII*
000 300 000
300
o
84
3
IS 10 100 000
13
300
500
I
3
o
o
CDE
2 13 000
36
B
21
2 0 0
7
I
0
II
0 0 0
0
0 o
ALANIN-AMINOPEPTIDASE
I79
IN SERUM
In der vorliegenden Arbeit werden unsere an einem reprasentativen Krankengut erhaltenen Befunde mitgeteilt und diskutiert. Als Trennverfahren bot sich nach Voruntersuchungen die Agargelelektrophorese an, weil fur aufwendigere Verfahren mit hijherem AufXisungsverm6gen bislang keine differenzierteren diagnostischen Aussagen erkennbar sindl?lO und weil gerade mit dieser Technik gewonnene gleichartige Befunde eine widersprtichliche Interpretation erfahren haben7p8*11.Zudem ist das von uns erarbeitete Verfahren einfach und schnell durchfiihrbar.
ABELLE
II
LEKTROPHORETlSCHESVERHALTEN &zgnoszgru~pe
DER
SERUM-&W
BEIVERSCHIEDENEN
ERKRANKUNGEN
Bemevkungen
Zahl der
A A P-Zymogramm
Seven
Tvb A *
‘3
13
Andere
‘iabetes mellitus
In II Fallen bioptisch keine nennenswerten Leberveranderungen, z Falle ohne Leberpunktion.
dipositas
In 7 Fallen bioptisch keine nennenswerten Leberverlnderingen, 2 Falle ohne Leber- punktion.
9
9
[ypertonie
Unterschiedliche Formen; in 5 Fallen bioptisch keine nennenswerten Leberveranderungen; 13 Fllle ohne Leberpunktion Unterschiedliche Schweregrade nach Fontaine; verschieden stark ausgepragte biochemische Symptomatik Verschiedene Atiopathogenese
18
17
IXB
7r
70
IXB
19
18
IXC
Angeborene und erworbene Formen z.B. Gastroduodenitis, Enteritis, Ulcus ventriculi, chronische Pankreatitis, Malabsorption, funktionelle Magen-Darmbeschwerden, in 19 Fallen bioptisch keine nennenswerten Leberveranderungen, IO Fllle ohne Leberpunktion
12 29
29
hronische organische arterielle Verschlusskrankheiten inks-/Rechtsherzinsuffizienz .itia cordis Iagen-Darm-Erkrankungen
‘ronchitis yelonephritis ‘rolithiasis kutes Nierenversagen lomerulonephritis lport-Syndrom rim&r chronische Polyarthritis kzem soriasis rysipel xhialgie, Wurzelirritation, statischer Beschwerdekomplex ebennierenrindenInsuffizienz childdrtisenerkrankungen ndere Erkrankungen Typen nach Abb. 3.
Unterschiedliche
Stadien und Funktionszustande
Bei Morbus Weil Unterschiedliche Formen und Stadien Verschiedene Aktivitlts-, DeformierungsFunktionsgrade; Kortikosteroidtherapie Akute Kontakt- und endogene Ekzeme Generalisierte Formen
und
Hyperthyreosen, I Hypothyreose, I Thyreoiditis Hypotonie, zerebrale Durchblutungsstorungen, psychovegetative Labilitlt, Diabetes insipidus 2
5 35 3 I a3 5
I2
5 33 3 I
zxB
22
IXB
25
5 24
IXB
18 ‘3 I 17
‘7 I3 I 17
3
3
4
3
IXB
15
14
IXB
IXB
PETERS
MATERIAL
et al.
UND METHODIK
Es wurden 696 Seren von Patienten mit hepatobiliaren Erkrankungen untersucht. Die Verteilung auf die verschiedenen Diagnosegruppen geht aus Tab. I hervor. Berticksichtigt wurden ausschliesslich Patienten mit gesicherter Diagnose. Die Sicherung erfolgte mittels anamnestischer und klinischer Erhebungen sowie klinisch-chemischer, bioptischer, endoskopischer und rontgenologischer Verfahren. Vergleichsweise wurden 339 Patienten mit verschiedenen Erkrankungen untersucht. In dieser Gruppe waren hepatobiliare Erkrankungen nicht bekannt oder standen nicht im Vordergrund. Bei suspektem Befund (Zymogrammveranderungen, erhiihte Gesamtaktivitat der AAP) wurde eine gezielte Leberdiagnostik angeschlossen. Die Verteilung auf die Erkrankungsgruppen ist aus Tab. II ersichtlich. Trennung der AAP-Fraktionen. Durchjiihrung fiir Routineuntersuchungen Die elektrophoretische Trennung erfolgte im Agargel. Als Tragermedium diente ~%iger Agar (Difco-Special-Noble) in Diathylbarbiturat-Azetat-Puffer (I = 0.1; pH 8.4). Die aufgebrachte Serummenge betrug ~-IO ~1. Die Elektrophorese wurde in einer Eigenbauapparatur mit Peltier-Ktihlung durchgeftihrt. Bei 12 V/cm Agarstrecke und ca. 12 mA/Trager erwiesen sich IZO min als gtinstige Trennzeit. Die AAP-Fraktionen wurden mit Alanin-P-naphthylamid als Substrat und Echtblausalz B als Kupplungskomponente fur das enzymatisch freigesetzte /I-Naphthylamin dargestellt. Das verwendete, unmittelbar vor Gebrauch frisch hergestellte Reaktionsgemisch hatte folgende Zusammensetzung : 2.0 ml 20 mM wassrige Losung von rx-Alanin-P-naphthylamid.HCl +44.5 ml 50 mM Phosphatpuffer, pH 7.0 + 3.5 ml wassrige Liisung von Echtblausalz B (IO mg/ml). In Zonen mit Enzymaktivitat entwickelt sich ein roter Farbniederschlag. Die Farbung erfolgte nach Sicht, im allgemeinen wurde die Inkubation tiber Nacht bei 37” durchgefuhrt. Die Gele wurden nach Wasserung in einem Gemisch aus 7o%igem Methanol und 5%iger Essigsaure (I : I) fixiert. Benaerkungen (I) Bei Inkubation der Pherogramme ohne Substrat sind keine roten Farbzonen nachweisbar, weder in normalen noch in pathologischen, z.B. ikterischen Seren. Unter den gewahlten Bedingungen verfalschen somit endogene Substanzen nichtenzymatischer Natur den Zymogrammbefund nicht . (2) Durch die Inkorporation des Farbsalzes in das Reaktionsgemisch (s. oben) kann die Enzymaktivitat beeintrachtigt werden. Bei Inkubation tiber Nacht werden aber vorhandene Fraktionen durch diese Hemmwirkung nicht maskiert, wie Vergleichsuntersuchungen mit verlangerter Bebrtitungsdauer ergeben haben. Die Zugabe von Echtblausalzlosung erst nach der Inkubation mit dem Puffer-Substrat-Gemisch (30-90 min bei 37O) schliesst den Nachteil der freien Diffusion des enzymatisch freigesetzten fi-Naphthylamins ein und ist nur bei speziellen Fragestellungen zur Anwendung gekommen, so bei Ermittlung der Nachweisbarkeitsgrenze. Diese liegt bei Aufbringen von 5 ~1 Trenngutmenge und 90 min Inkubation (37’) vor Zugabe der Farbsalzlijsung bei einer Konzentration von ca. IO U/l. (3) Werden geeignete Mischungen verschiedener Organhomogenate, verschiede-
ALANIN-AMINOPEPTIDASE
IN SERUM
181
Abb. I. Elektrophoretische Beweglichkeit van Serum- und Harn-Alanin-aminopeptidasen im Agargel (Methodik siehe Text). I, Normalserum; II, Serum eines Patienten mit extrahepatischem Verschlussikterus (Typ B); III, Normalharn (= Nieren-AAP); IV, Mischung van Normalharn (III) und Serum eines Patienten mit extrahepatischem Verschlussikterus (II). Abb. 2. Elektrophoretische Beweglichkeit van gereinigten Alanin-aminopeptidasenzo im Agargel (Methodik siehe Text). I, Leber-AAP (spezifische Aktivit%t 25 U/mg Protein): II, Nieren-AAP (spezifische Aktivit%t zz U/mg Protein); III, Pankreas-AAP (spezifische Aktivitzt 18 U/mg Protein) ; IV, Mischung van Leber- (I), Nieren- (II) und Pankreas- (111) AAP.
ner Korperfltissigkeiten (z.B. Serum und Harn, Abb. I) oder gereinigter Enzyme verschiedener Organherkunft (Leber-, Nieren-, Pankreas-AAP, Abb. z) als Trenngut eingesetzt, dann lassen sich nach der Agargelelektrophorese die Einzelfraktionen im Zymogramm nachweisen. (4) Die Trennungen wurden haufig am Tage der Blutentnahme durchgefiihrt, spatestens aber nach zweitagiger Lagerung der Seren bei +4”. Unter diesen Bedingungen zeigte das Zymogramm-Muster keine Ver&nderungen, Nur bei langfristiger Lagerung (+4”), frtihestens nach 21 Tagen, lassen sich gelegentlich qualitative Veranderungen beobachten: Die Gesamt-AAP kann sich in einer einheitlichen kathodischen Fraktion darstellen, die anfangs vorhandene “normale” AAP-Zone in anodischer Position fehlt dann. (5) Wie oben angegeben, diente im allgemeinen Alanin+naphthylamid (ANA) als Substrat. Im Vergleich zu Leuzin$-naphthylamid (LNA) wird ANA durch AAP schneller12, durch genuine Leuzin-aminopeptidase (LAP) hingegen deutlich langsamer (ref. 13) hydrolysiert. Da extrem hohe Serum-LAP-Aktivitaten, die durch LNAHydrolyse im Zymongramm nachweisbar werden kiinnten, allenfalls in Anfangs-
182
PETERS
et al.
stadien akuter diffuser Leberparenchymlasionen auftreten kbnnen, ist LNA mit Einschrankungen als Substrat iiber die AAP-Darstellung verwendbar. Die mikrosomale Leberesterase, die synthetische Aminopeptidase-Substrate spalten kann, ist bei Lebererkrankungen nicht im Serum nachweisbarl*. (6) Zur Bewertung der Zymogramme ist u.E. die qualitative Beurteilung ausreichend. Bestimmung de7 AAP-Gesamtaktivitiit Die Gesamtaktivitat der Serum-AAP
wurde mit Alanin+naphthylamid
(0.75
mM, bezogen auf die L-Komponente, in 25 mM Phosphatpuffer, pH 7.0) nach dem Verfahren von Farr et ~1.~~bestimmt. Der g5%-Vertrauensbereich der Norm liegt zwischen 16 und 38 U/l bei lognormaler Verteilung der Werte. Signifikante Geschlechtsunterschiede bestehen nicht. ERGEBNISSE
Im Serum Gesunder tritt geschlechtsund altersunabhangig nur eine AAPFraktion auf. Sie wandert wie das Leberenzym mit den cr,-Globulinen (Abb. 3).
i’N
L
Abb. 3. Elektrophoretische Varianten der Alanin-aminopeptidase des Serums im Agargel (Methodik siehe Text). A, Normaltyp der Serum-AAP; B-E, Typen, die bei hepatobililren Erkrankungen im Serum beobachtet wurden, sofern kein Normaltyp vorlag. Die Intensitlt der Fraktionen wechselt und ist nicht berticksichtigt worden. Vergleichsweise sind im unteren Teil die Mobilitaten van gereinigter Leber-(L), Nieren-(N) und Pankreas-(P)AAP dargestellt. Das Vorkommen der Serumtypen bei hepatobiliaren Erkrankungen geht aus Tab. I hervor.
Bei hepatobiliaren Erkrankungen konnen zusatzliche AAP-Fraktionen auftreten (Abb. 3, Tab. I). In unserem hepatologischen Krankengut (Tab. I) zeigen cu. 35% aller Zymogramme Abweichungen von der Norm. Ausser einer in Seren mit hoher AAP-Aktivitat haufiger vorkommenden Farbezone in der Albuminregion haben alle Varianten eine geringere Mobilitat als das “normale” Serumenzym. Die Veranderungen sind typisierbar (Abb. 3), aber nicht krankheitsgruppenoder krankheitsspezifisch (Tab. I). Fur die Diagnostik sind mehrere Beobachtungen von besonderem Interesse: (I) Zymogrammabweichungen haufen sich bei Erkrankungen, die vorwiegend bzw. massgeblich das biliare System schadigen oder von ihm ausgehen (Verschluss-
ALANIN-AMINOPEPTIDASE
IN SERUM
I83
ikterus, cholestatische Hepatose, sekundar biliare Zirrhose, Metastasenleber, maligne Infiltration, Gallenwegserkrankungen ohne Ikterus). Bei Zusammenfassung dieser Gruppen ist die Haufigkeit anomaler Zymogramme mit cu. 81% signifikant grosser als im hepatologischen Gesamtkrankengut. Bei extrahepatischem Verschlussikterus und biliarer Zirrhose stellen normale Elektrophoresebefunde die Ausnahme dar. Die wenigen Versager betreffen inkomplette, oft fltichtige Verschliisse. Anikterische Gallenwegserkrankungen (Entztindungen, Steinleiden) sind in 63 y0 mit Zymogrammabweichungen vergesellschaftet (Tab. I). (2) Pathologische Zymogrammbefunde kommen such bei massig (Tab. I, Gruppe II) und leicht erhohter bzw. normaler Gesamtaktivitat (Tab. I, Gruppe I) vor. In jeder Aktivitatsgruppe (Tab. I, Gruppen I-III) ist der prozentuale Anteil der Gallenwegserkrankungen an der Gesamtzahl anomaler Zymogramme deutlich grosser als der relative Anteil an der Gesamtzahl der Patienten. (3) Hohe AAP-Aktivitaten im Serum gehen nicht regelmassig mit Zymogrammveranderungen einher (Tab. I, Gruppen III und II). Insbesondere vorwiegend parenchymatiise Schadigungen (Hepatitiden, Zirrhosen, Fettlebern) weisen haufig normale Zymogramme auf. Die genannten Erkrankungen sind bei Zusammenfassung der Gruppen II und III zu cu. 53% an der Gesamtzahl der Untersuchten beteiligt, stellen aber 85% der normalen Zymogramme. Im Anfangsstadium akuter Hepatitiden sind nur ausnahmsweise mehrere Fraktionen der Serum-AAP nachweisbar. Wenn Veranderungen auftreten, dann manifestieren sie sich im allgemeinen erst zu Beginn der 3. Erkrankungswoche oder spater. (4) Als haufigste Variante tritt eine zusatzliche anodische Fraktion auf (Abb. 3, Tab. I ; Typen B und E). Beim vortibergehenden Verschluss konnen Auftreten und Verschwinden dieser Fraktion Veranderungen im klinischen Bild entsprechen. Vom Typ B ist formal Typ C abgrenzbar (Abb. 3). Er ist gekennzeichnet durch die Ausbildung einer startwarts aus der Normalfraktion hervorgehenden Schleppe. Auch bei Wiederholungsuntersuchungen gelingt keine Abgrenzung einer eigenstandigen Fraktion. Offenbar bestehen aber Ubergange zum Typ B. Bei biliaren Zirrhosen, Verschlussikterus und Metastasenleber haben wir im Erkrankungsablauf gelegentlich Wechsel zwischen Typ B und Typ C beobachtet. In Seren mit hoher AAP-Aktivitat kann zusatzlich zu einer oder zwei anodischen Fraktionen eine schmale kathodische enzymaktive Zone auftreten (Abb. 3, Tab. I; Typen D und E). Deren Position ist nicht stabil, die Mobilitat entspricht aber in keinem Fall der Hauptfraktion des Pankreas. (5) Unter den Gallenwegserkrankungen (Tab. I) sind 32 Falle mit gesicherter Begleitpankreatitis (N = 26) bzw. maligner Pankreaserkrankung (N = 6) erfasst. Eine Serum-AAP-Zone in Position der Prankreasfraktion (Abb. 2, 3) ist dabei nie nachgewiesen worden. Die Typenverteilung hat folgendes Aussehen : A = 3, B = 27, E = 2. (6) Bei 339 Patienten mit verschiedenartigen Erkrankungen wurden IO anomale Zymogramme gefunden (Tab. II). Die Ergebnisse gezielter Nachforschungen und Untersuchungen (Tab. III) weisen aus, dass bei der Mehrzahl der Patienten mit Zymogrammabweichungen nicht im Vordergrund stehende bzw. nicht bekannte Alterationen des Biliartraktes vorlagen. In einem Falle hatte eine Schwangerschaft am Ende der Zeit bestanden.
PETERS et al.
184 TABELLE
III
ERGEBNIs DER GEZIELTENUNTERSUCHUNG DES HEPATOBILIzkREN SYSTEMS BEI PATIENTEN MIT VERSCHIEDENEX HAUPTDIAGNOSEN UND AUFF~LLIGEM AAP-ZYMOGRAMM (VGL. TAB. II) Serum-AA
Haufitdiagnose
Patient
P
Ergebnis
(*Ill
H.W. 9 I.W. 9 M.L. 9 G.W. 9
Ekzem Hypertonie, zerebrale Durchblutungsstorungen Pyelonephritys Struma nodosa
Cholelithiasis Zustand 4 Monate nach Cholezystektomie mit Fortdauer der Beschwerden Zustand 7 Jahre nach Cholezystektomie mit intermittierden Beschwerden. Kontrolle nach 2 Monaten : Typ A ; Gesamtaktivitlt : 42 U/l Gallenbeschwerden, jedoch i.v. Cholezystogramm ohne sicheren pathologischen Befund. Langzeitige Behandlung mit Goldpraparaten und Kortikosteroiden Akutes Nierenversagen I Tag nach Abort am Ende der Zeit. Kontrollen : nach 4 Wochen: Typ A; Gesamtaktivitat: 40 U/l nach 4 Monaten: Typ A; Gesamtaktivitat: 25 U/l Zentroazinare Leberparenchymverfettung Patient nicht mehr erreichbar Keine weitere Untersuchung moglich
64 57
R.B. $
Chronische organ&he arterielle Verschlusskrankheit
H.W.
Primair chronische Polyarthritis
45
H.B. 9
Pyelonephritis
35
H.M. $ 0. 9 0,s. 8
Da Costa-Syndrom Glomerulonephritis Ebstein-Syndrom Rechtsherzdekompensation
93 39 99
9
Cholelithiasis Cholelithiasis
142 254
66
DISKUSSION
Die Konstanz des AAP-Musters im Serum Gesunder gibt die Berechtigung, das Auftreten von Varianten als Folge peristatischer Veranderungen aufzufassen. Nach den hier vorgelegten Befunden sind Anomalien im AAP-Zymogram ausserhalb der Schwangerschaft (zusammenfassende Darstellung dieses Problems bei g) relativ spezifisch fur hepatobiliare Erkrankungen. Von den Patienten mit primar extrahepatischen Erkrankungen (Tab. II) und nicht normalem Zymogramm verbleibt nach gezielter Untersuchung nur ein geringer Teil, bei dem der Nachweis einer Schadigung oder Beteiligung des Biliartraktes nicht gelingt (Tab. III). Schlaeger und Kattermann* haben demgegentiber bei verschiedenen Erkrankungen (z.B. Hypertonie, Herzinsuffizienz, Pyelonephritis, Hyperlipidamie, hamatologische Erkrankungen) ohne klinische Zeichen einer Leberaffektion haufig (bei 15 von 35 Untersuchten) z anodische Fraktionen beobachtet. Als Auswahlkriterium geben sie eine (meist geringe) Erhijhung der AAP undjoder der alkalischen Phosphatase an. Diese Befunde sprechen u.E. nicht gegen eine relative hepatobiliare Spezifitat. Das verwendete Auswahlkriterium schliesst eine Schadigung von Leber und Gallenwegen nicht aus, sondern lasst sie eher moglich erscheinen: Nicht hepatogene AAP-Erhohungen haben wir2 wie such die meisten anderen Autorenr916 riur selten gesehen. Das Auftreten von AAP-Varianten im Serum zeigt relativ selektiv Schadigungen des Biliartraktes an. Zwar kiinnen such bei akuter Hepatitis infectiosa (21/154 Untersuchungen),
chronisch-agressiver
Zymogrammverkderungen
Hepatitis
nachgewiesen
(I I /z4) und portaler
werden,
doch
miissen
Zirrhose bei
der
(17/59) Wertung
ALANIN-AMINOPEPTIDASE
IN SERUM
dieser Befunde zwei Gesichtspunkte beachtet werden : (I) Bei akuten Hepatitiden sind cholestatische Verlaufsformen
185
allgemein
be-
kannt, insbesondere in spateren Stadien, in denen wir Zymogrammabweichungen vorzugsweise beobachtet haben. Auf die haufige Beteiligung der intrahepatischen Gallenwege bei chronisch-aggressiver Hepatitis und alkoholbedingten Hepatopathien ist erst unlangst wieder hingewiesen worden17g1*. (2) Die modernen Konzeptionen tiber das Cholestase-Syndromla betonen die zentrale Stellung des sog. “Gallensekretionsapparates”. Es ist durchaus denkbar, dass bei Schadigungen des “Parenchyms” in bestimmten Stadien und unter bestimmten Bedingungen der Gallensekretionsapparat mit betroffen wird. In diagnostischer Sicht ist das AAP-Zymogramm zusammen mit anderen Parametern und fiir gezielte Fragestellungen von Interesse. Nach bisherigen Erfahrungen geben wir folgende Einschatzung: (I) Fur die Differentialdiagnose zwischen “frischer” akuter Hepatitis und Verschlussikterus kann die AAP-Auftrennung einen zusatzlichen Hinweis liefern. Qualitativ normale Zymogramme sprechen eher gegen ein Cholestase-Syndrom, deutliche Veranderungen (Typen B und E in Abb. 3) machen eine akute Hepatitis im Anfangsstatium unwahrscheinlich. (2) Bei anikterischen Patienten, bei denen Schwangerschaft (vgl. 9) und Alkoholabusus ausscheiden und bei denen klinisch und laborchemisch kein Anhalt fur eine chronisch-aggressive Hepatitis besteht, kann der Nachweis von Veranderungen fiir eine Gallenwegserkrankung als Ursache mijglicher Beschwerden sprechen und Ansatzpunkte fur eine gezielte Diagnostik bieten. Unsere Befunde im Agargel und Ergebnisse anderer Autorenlplo im Starkegel lassen unter Berticksichtigung des unterschiedlichen Auflosungsvermogens gemeinsame Grundztige erkennen : (I) Bei hepatobiliaren Erkrankungen kiinnen zusatzliche Serum-AAP-Fraktionen auftreten. (2) Vorwiegende Parenchymlasionen dokumentieren sich im Agargel vor allem in einer Verstarkung der normalen AAP-Fraktion (Abb. 3, Typ A). Auch im Starkegel wird der Faktor, der bei Parenchymschadigungen ausschlaggebend ist, durch die normale Hauptfraktion reprasentiertl. Letztere ist bei Zirrhosen mit erhohter SerumAAP oft die einzige Fraktion. Das Auftreten von Varianten bei akuten Hepatitiden ist offenbar vom Stadium der Erkrankung abhangig. (3) Cholestatische Komponenten manifestieren sich im Erscheinen zusatzlicher AAP-Fraktionen, 1-2 im Agargel (Abb. 3, Typen B und E), 4-5 im Starkegel (Fraktionen IV-VII, IX nach Wewalkal). Obzwar im Starkegel die Zahl differenzierbarer Fraktionen grosser ist, werden sie alle der Cholestase bzw. Gallenwegsentztindungen zugeordnetl. Ein fur Pankreasaffektionen spezifischer Zymogrammtyp ist tibereinstimmend nicht gefunden worden. Das hepatobiliare System ist nach heutiger Auffassung eine wesentliche Quelle der physiologischen AAP-Aktivitat des Serums 1~2~5~10. Es stellt sich die Frage nach der Herkunft bzw. Natur der nur unter pathologischen Bedingungen beobachteten zusatzlichen Zonen. In Leber-AAP-Praparationen verschiedener Reinheit war im Agargel keine der 2. anodischen Fraktion vergleichbare Enzymbande nachweisbar2v8. In der Gallenblasenschleimhaut liessen sich hingegen 2 anodische Fraktionen differenzieren, such im Starkeblock12. Im Pankreashomogenattiberstand stellte sich bei un-
I86
PETERS
et d.
seren frtiheren Untersuchungen im Agargela vorwiegend eine anodische Bande in Position der hier in Rede stehenden 2. anodischen Fraktion dar. Nach neuen Untersuchungen, such mit gereinigter Prankreas-AAP 2o, kann dieser Befund aber nicht als typisch gelten : die Hauptfraktion des Pankreas wandert deutlich kathodisch (Abb. 2). Mobilitatsuntersuchungen und hier vorgelegte Ergebnisse bei hepatobiliar-pankreatischen Erkrankungen sprechen ebenso wie Befunde anderer Autoren* gegen die vermutete Pankreasspezifitat der 2. anodischen Fraktion7311. Es liegt vielmehr nahe, die anodische AAP-Variante bei Gallenwegserkrankungen such beziiglich der Herkunft mit dem hepatobiliaren System in Zusammenhang zu bringen. Gegen die nach dem AAP-Muster grundssltzlich in Rechnung zu stellende Gallenblasenschleimhaut als wesentliche Quelle sprechen unsere Befunde : AAP-Varianten treten such bei verschiedenen Formen der intrahepatischen Cholestase auf (Tab. I) und sind von der Anwesenheit der Gallenblase unabhangig (viele Patienten mit atypischem Zymogramm bei Gallenwegserkrankungen waren cholezystektomiert). Auch im Zusammenhang mit Untersuchungen an gereinigten Alanin-aminopeptidasenZO halten wir es deshalb fur miiglich, dass durch die Cholestase ausgelijste oder mit ihrer Entstehung verkntipfte biochemische Abweichungen tiber Veranderungen des Enzymmolektils zu Anderungen der elektrophoretischen Mobilitat ftihren konnen. ZUSAMMENFASSUNG
Im normalen Serum ist nur eine elektrophoretische Fraktion der Alanin-aminopeptidase vorhanden. Elektrophoretische Muster dieses Enzyms wurden im Serum von 696 Patienten mit hepatobiliaren Erkrankungen und 339 Patienten mit verschiedenen anderen Erkrankungen untersucht. In der ersten Gruppe waren zusatzliche Fraktionen der Alanin-aminopeptidase in 35% nachweisbar, in der zweiten Gruppe nur in 3%. Es bestand eine deutliche Korrelation zwischen dem Auftreten zusatzlither Varianten der Alanin-aminopeptidase und dem Vorhandensein von Erkrankungen des Biliartraktes. Letztere wurden teilweise erst bei der gezielten Nachuntersuchung aufgefunden. Ein fur Pankreaserkrankungen spezifisches Muster wurde nicht beobachtet. LITERATUR I F. WEWALKA, in F. W. SCHMIDT (Hrsg.), Praktische Enzymologie, H. Huber, Bern und Stuttgart, 1968. 2 J. E. PETERS, in R. J. HASCHEN (Hrsg.), Alanin-Aminopeptidasen: Biochemie und diugnostische Bedeutung, Johann Ambrosius Barth, Leipzig, im Druck. 3 E. E. SMITH, E. P. PINEDA UND A. M. RUTENBURG, PYOC. Sot. Expev. Biol. (N.Y.), IIO (1962) 683. 4 B. W. MEADE UND S. B. ROSALKI, J. C&n. Pathol., 17 (1964) 61 5 S. NAKAGAWA UND H. TSUJI, Clin. Chim. Acta, 13 (1966) 1.55. 6 J. E. PETERS, N. REHFELD, L. BEIER UND R. J.-HAscHE~,-C~~~Z. Chim. Acta, rg (1968) 277. 7 L. BEIER, I. BEIER UND R. J, HASCHEN, Clin. Chim. Acta, 24 (1969) 405. 8 R. SCHLAEGER UND R. KATTERMANN, C&z. Chim. Acta, 33 (1971) 13. g E. JACOBSOHN, in R. J. HASCHEN (Hrsg.). Alanin-Aminope~tidasen: Biochemie u+zd diagnostische Bedeutung, Johann Ambrosius Barth, Leipzig, im Druck. IO B. SCHOBEL UND F. WEWALKA. Klin. Wochschr. 40 ~1062~ 1048. II I. BEIER, L. BEIER UND R. J. HASCHEN, Deut. Gesundheitsw., 38 (1969) 1804. 12 N. REHFELD, J. E. PETERS, H. GIESECKE, L. BEIER UND R. J. HASCHEN, Acta Biol. Med.
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