ARTICLE IN PRESS Ann Anat 187 (2005) 1—11
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Ero ¨ffnungsansprache anla ¨sslich der 99. Versammlung der Anatomischen Gesellschaft in Wien vom 2. bis 5. April 2004 Detlev Drenckhahn Julius-Maximilian-Universita ¨t, Institut fu ¨ r Anatomie und Zellbiologie, Koellikerstraße 6, 97070 Wu ¨ rzburg, Germany
Magnifizenz, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das erste von unseren Wiener Kollegen gewu ¨nschte Hauptthema befasst sich mit dem HerzKreislauf-System. Ich habe mir deshalb das Herz ausgesucht, um am Beispiel der Anatomie des Herzens Gedanken zu ¨ außern, die mir sinnbildlich auch am Herzen liegen. Dieses Gema ¨lde eines Anatomen in der Vorlesung mit Herz (Abb. 1) hing fru ¨her im Foyer des Anatomischen Instituts in Wu ¨rzburg. Es verdeutlicht Vergangenes und Aktuelles gleichermaßen. In der rechten Hand ha ¨lt der Anatom sein ehemals wichtigstes Werkzeug, das Skalpell, mit dem er aufschneidet, um den Bau des Ko ¨rpers und seine Organe zu explorieren. Das Aufschneiden (gr.: anatemnein) ist die Ta ¨tigkeit, nach der die Anatomie benannt wurde. Das Bild zeigt zugleich auch die unvera ¨nderte zentrale Aufgabe unseres ¨rzten durch Faches, na ¨mlich die Ausbildung von A Vermittlung umfassender Kenntnisse u ¨ber den Bau des menschlichen Ko ¨rpers und seiner Organe, von der makroskopischen Dimension, die hier gezeigt ist, bis in den zellula ¨ren Bereich. Das Herz nimmt entsprechend seiner großen klinischen Bedeutung einen wichtigen Platz im anatomischen Unterricht ein. Die komplizierte dreidimensionale Struktur und Topographie des Herzens kann man am besten verstehen, wenn man das Herz in situ in der Leiche
anschaut und es anschließend, wie hier (Abb. 1), in die eigenen Ha ¨nde nimmt und pra ¨pariert. Der Pra ¨parierkurs muss deshalb als zentrales Element ¨rzten erhalten bleiben. Diese der Ausbildung von A ¨rzten Forderung wird auch durch Umfragen unter A nach dem Abschluss des Studiums bekra ¨ftigt, die den Pra ¨parierkurs mit großer Mehrheit als die wichtigste Kursveranstaltung in ihrer gesamten Ausbildung bewerten. Zu einem modernen Pra ¨parierkurs geho ¨ren auch Unterrichtselemente mit bildgebenden Verfahren. Diese bildgebenden Untersuchungsverfahren, wie Ultraschall, Ro ¨ntgen- und Magnetresonanz-Tomographie (MRT) bilden das Herz in international definierten Ebenen ab (Abb. 2). Die Interpretation der Tomographie-Darstellung der Kurzachsenebene, die um etwa 30 Grad gegen die Frontalebene versetzt ist, bereitet in der Regel keine gro ¨ßeren Schwierigkeiten, weil sie die klassische zweidimensionale Ansicht von ventral widerspiegelt, die ¨berall dargestellt wird. Dagegen ist die 10–301 u gegen die Transversalebene des Thorax versetzte Vierkammerebene ra ¨umlich schwieriger zu verstehen. Sie ist aber fu ¨r die Gesamtorientierung u ¨ber die Herzinnenra ¨ume eine besonders wichtige klinische Darstellung. Transversale Schnittebenen werden vereinbarungsgema ¨ß von kaudal betrachtet, also vom
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Abbildung 1. Anatom in der Vorlesung. Original: Institut fu ¨r Anatomie und Zellbiologie, Wu ¨rzburg.
Fußende des im Bett auf dem Ru ¨cken liegenden Patienten. Es ist deshalb bereits im anatomischen Unterricht darauf zu achten, dass alle Darstellungen von Organen in Transversalschnitten aus dieser kaudalen Perspektive erfolgen. Leider gibt es aber immer noch Lehrbu ¨cher und Atlanten, in denen diese klinisch festgelegte Orientierung von Transversalschnitten wenig Beru ¨cksichtigung findet. Links (Abb. 3) ist ein Transversalschnitt durch den Thorax und rechts ein korrespondierendes Magnetresonanzbild in der Vierkammerebene, mit deutlicher Gliederung der Herzinnenra ¨ume in Vorho ¨fe und Kammern gezeigt. Eine vielfach missgedeutete Struktur ist durch einen Stern markiert. Es handelt sich um einen Anschnitt der Aortenwurzel und zwar des Sinus posterior (noncoronarius) aortae. Dieser ragt charakteristischerweise in die Ebene des Vorhofseptums vor. An dieser Stelle ist oft auch ein gemeinsames Septum aorto-atriale zwischen Aorta und rechtem Vorhof ausgebildet. Bei Ruptur des hinteren Sinus aortae kann deshalb eine Kurzschlussverbindung zum rechtem Vorhof entstehen, mit akuter Einflussstauung und pulsierenden Jugularvenen. Das hier (Abb. 4) gezeigte Plastinationspra ¨parat wurde exakt in der Vierkammerebene geschnitten, um diese klinisch wichtige topographische Situation zu veranschaulichen. Das Kapillarsystem des Her-
Abbildung 2. (a) Die Hauptebenen des Herzens bei Untersuchung mit Ultraschall und Magnetresonanztomographie (MRT). (b) MRT-Darstellung in der Kurzachsenebene. Aus: Drenckhahn D. (2004) In: Benninghoff/ Drenckhahn, Anatomie Bd. 2. Elsevier GmbH, Urban & Fischer, Mu ¨nchen.
zens wurde ¨ uber die Koronararterien mit rot gefa ¨rbtem Silikon gefu ¨llt, die Venen mit blauem Silikon ¨ uber den Sinus coronarius dargestellt. Der Vorteil dieser und anderer Plastinationspra ¨parate liegt in der Formstabilita ¨t der Organe und der Mo ¨glichkeit, alle Strukturen ohne Konservierungsflu ¨ssigkeit als Trockenpra ¨parat dauerhaft haltbar betrachten zu ko ¨nnen. Man sieht jetzt bei den aufgeklappten Herzha ¨lften wie sich der hintere Klappensinus der Aorta in die Ebene des Vorhofseptums vorwo ¨lbt. Ebenfalls ist das glattrandige Vestibulum aortae, die eigentliche Ausstrombahn des linken Ventrikels, hier voll einsehbar. Auch die Lage der Lungenvenen entspricht genau dem rechts gezeigten NMR-Bild. Dieses Plastinat des Herzens
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Abbildung 3. Transversalschnitt durch Thorax und MRT-Darstellung des Herzens in der Vierkammerebene. (a) Lippert H. (2004) Lehrbuch Anatomie. Urban & Fischer, Mu ¨nchen – Jena (mod. D. Drenckhahn), (b) Drenckhahn D. (2004) In: Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie Bd. 2. Elsevier GmbH, Urban & Fischer, Mu ¨nchen.
Abbildung 4. Plastinat des menschlichen Herzens in der Vierkammerebene, halbiert. Oben rechts MRT-Darstellung in der selben Ebene (s. Abb. 3). Aus: Hagens G., von (2003) Ko ¨rperwelten, Katalog zur Ausstellung. Institut fu ¨r Plastination, Heidelberg (Beschriftung: D. Drenckhahn).
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Abbildung 5. Entnommen aus Broschu ¨ren zur Ausstellung Ko ¨rperwelten‘‘. Rechts G. von Hagens bei der Pra ¨paration ’’ von Plastinaten (mit Erlaubnis von G. von Hagens abgedruckt).
wurde von Herrn Gunther von Hagens zur Demonstration der Vierkammerebene gezielt pra ¨pariert. Es ist das einzige mir bekannte Pra ¨parat in der Literatur, das die Topographie der Vierkammerebene so eindrucksvoll in allen Details dokumentiert. Die Perfektionierung und Weiterentwicklung der Plastinationstechnik und Einfu ¨hrung plastinierter Organe und Ko ¨rperteile in den anatomischen Unterricht ist zweifelsohne ein weltweit anerkanntes technisch-wissenschaftliches Verdienst von Herrn von Hagens. Keine Person steht aber derzeit so im Kreuzfeuer zwischen Kritik und Bewunderung. Herr von Hagens hat mit seiner Mischung aus ¨ asthetisch hervorragenden Pra ¨paraten und teilweise ku ¨nstlerischer Verfremdung des menschlichen Ko ¨rpers (Abb. 5) eine o ¨ffentliche Kontroverse in Gang gesetzt, die alle Gesellschaftsschichten erfasst hat und grundsa ¨tzliche Fragen des Umgangs mit Leichen und der Wu ¨rde der Verstorbenen beru ¨hrt. Auch unsere Anatomische Gesellschaft, der Herr von Hagens als Mitglied angeho ¨rt, steht in einem inneren Zwiespalt zwischen prinzipieller Anerkennung seiner Leistungen und vo ¨lliger Ablehnung seiner showartigen Pra ¨sentationen der Anatomie von menschlichen Ko ¨rpern. Ein Teil der Kritiker befu ¨rchtet, dass in der o ¨ffentlichen Meinung das Fachgebiet Anatomie mit der makroskopischen Anatomie gleichgesetzt werden ko ¨nnte. Diese Befu ¨rchtung sollte uns nicht beru ¨hren, denn die makroskopische Anatomie ist und bleibt eine zentrale Sa ¨ule unseres Faches, die nicht verscha ¨mt in den Hintergrund geru ¨ckt werden
darf. Andere sehen grundlegende Fragen des Geschmacks und der Ethik verletzt. Man macht es sich aber sicherlich zu leicht, wenn man die inzwischen 14 Millionen Besucher dieser erfolgreichsten Wanderausstellung aller Zeiten als Schaulustige und Voyeure abqualifiziert. Das wa ¨re eine Elfenbeinturm-Attitu ¨de, eine Art Volksschelte, die die Anatomie eher ins Abseits dra ¨ngen wu ¨rde. Eine fachlich-kritische Gesamtwertung der Ko ¨rperwelten wurde inzwischen von den amerikanischen Anatomen Moore und Brown im Anatomical Record vorgenommen [Moore C.M., Brown C.M. (2004) Anat. Rec. 276B: 8–14; 277B: 14–20], die zu einer eher kritisch positiven Gesamtbewertung kommen. Nach diesem Exkurs in ein schon beinahe politisches Thema mo ¨chte ich noch einmal auf das Gema ¨lde des Anatomen in der Vorlesung mit Herz aus Wu ¨rzburg zuru ¨ckkommen (Abb. 1). Es hing symboltra ¨chtig bis 1992 im Foyer des Instituts und wurde von uns schließlich in die Bibliothek umgeha ¨ngt. Wir waren der Meinung, dass dieses Gema ¨lde ein zu einseitiges Bild der Anatomie zum Ausdruck bringt, das nicht mehr die Bedeutung der modernen Anatomie in ihrer Breite widerspiegelt. Das Skalpell des Anatoms ist seit Mitte des 19. Jahrhunderts bereits durch Mikrotommesser erga ¨nzt worden, die eine licht- und spa ¨ter elektronenmikroskopische Analyse des menschlichen Ko ¨rpers ermo ¨glichten. Der Anspruch unseres Faches erstreckt sich ausgehend von der Makrostruktur bis in den zellula ¨ren und subzellula ¨ren Bereich und hat heute durch den Einsatz von Immun- und Gensonden schon la ¨ngst molekulare Dimensionen erreicht.
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Abbildung 6. Links: Portra ¨t von Albert Koelliker im Foyer des Instituts fu ¨r Anatomie und Zellbiologie der JuliusMaximilians-Universita ¨t Wu ¨rzburg. Rechts: Aus dem Vorwort von Koellikers Gewebelehre (1889).
Anstelle des Anatomen mit Skalpell und Herz haben wir das in Abb. 6 gezeigte Gema ¨lde von Albert von Koelliker in das Foyer des Instituts geha ¨ngt. Koelliker verstand sich wie kein anderer schon vor 150 Jahren als Bindeglied zwischen den Disziplinen und er hat, wie rechts im Vorwort zu seiner Histologie von 1889 niedergeschrieben ist, bereits die ku ¨nftige Entwicklung des Faches in Richtung einer molekular orientierten Histologie vorausgesehen. Als zoologisch Gebildeter entdeckte er beispielsweise 12 neue Arten von Medusen, als Histologe und Embryologe wurden von ihm zahlreiche Zellen und Strukturen erstmals beschrieben und richtig gedeutet, wie beispielsweise der Primitivknoten und -streifen als Quelle des Mesoderms, die glatte Muskelzelle, die Identifizierung der Purkinje-Fasern als Herzmuskelgewebe, die Beschreibung der kontraktilen Einheit der Herzmuskulatur als einkernige Herzmuskelzelle, die Erstbeschreibung des Axons (Axenko ¨rper genannt), die Erstbeschreibung der marklosen Nervenfaser, die Identifizierung des Bu ¨rstensaums (von ihm Sta ¨bchensaum genannt) des Darmepithels, die Beteiligung an der Entdeckung des Corti-Organs durch seinen Laborgast Alfonso Graf von Corti zu San Stefano Belbo und vieles mehr. Aus seiner Hand stammte 1854 das erste Lehrbuch der Histologie in der Medizingeschichte. Koelliker vertrat, wie in seiner Zeit u ¨blich, als Anatom auch das Gebiet der Physiologie, hat dieses aber 1865 als eigensta ¨ndige Disziplin durch Berufung von Albert von Bezold ausgegliedert, der zum Konservator ’’ des physiologischen Kabinetts‘‘ in Wu ¨rzburg ernannt
wurde und uns heute noch vom Bezold-JarischReflex, dem Depressorreflex des Herzens, bekannt ist. Koelliker erkannte, dass das Feld zu groß geworden war, um alle Gesichtspunkte der Erforschung der Struktur und Funktion des Menschen mit einem Lehrstuhl und Institut gerecht werden zu ko ¨nnen, und dass eine erzwungene Integration der Fa ¨cher weniger erfolgreich sein wu ¨rde als Vielfalt der Wissenschaften. Es sei an dieser Stelle angefu ¨gt, dass Koelliker als Physiologe‘‘ zusammen mit ’’ dem Anatomen Heinrich Mu ¨ller, den wir vom Mu ¨llerMuskel des Auges kennen, als erste Wissenschaftler in der Geschichte 1856 elektrophysiologische Eigenschaften der Erregungsausbreitung am Froschherzen und damit die ersten Vorla ¨ufer des heutigen Elektrokardiogramms beschrieben haben [Koelliker ¨ ber das elektromotorische A., Mu ¨ller M. (1856) U ’’ Verhalten des Froschherzens‘‘. In: Doerr W. (1974) Organpathologie, Bd. 1, Thieme, Stuttgart]. Nachdem die Disziplinen Anatomie, Physiologie und Biochemie unter anderem wegen großer technisch-methodischer Barrieren lange voneinander getrennt waren, sind die vorklinischen Disziplinen jetzt in ein Stadium eingetreten, bei dem technische Barrieren zwischen den Fa ¨chern weitgehend aufgehoben sind. Alle drei Hauptdisziplinen der naturwissenschaftlich orientierten Medizin in der Vorklinik besitzen derzeit ein zentrales gemeinsames Interesse an der Entschlu ¨sselung der Funktion der Zelle, der kleinsten autonomen Lebenseinheit der Gewebe des Ko ¨rpers (Abb. 7). Der Biochemiker mo ¨chte die von ihm isolierten
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Abbildung 7. Zusammenwirken der Fachgebiete Biochemie, Anatomie und Physiologie bei der Analyse von Struktur, Funktion und Molekularbau von Zellen. Jede Disziplin hat ihre eigene spezifische wissenschaftliche Betrachtungs- und Zugangsweise mit breiten interdiszi¨ berlappungen. plina ¨ren U
Moleku ¨le auf zellula ¨rer und geweblicher Ebene verstehen. Die Physiologie befasst sich ebenfalls schwerpunktma ¨ßig mit der Aufkla ¨rung der zellularen Grundlagen von Organfunktionen und die Gewebe- und Zellforschung unter dem Dach der Anatomie ist zentral an der subzellula ¨ren Zuordnung von Moleku ¨len und den sich daraus ergebenden Funktionen fu ¨r Zellen und Organe interessiert. Zwischen den Fa ¨chern bestehen demzufolge breite Wechselbeziehungen im Bereich der Zellforschung. Man kann deshalb heute die Labors von anatomischen, physiologischen und biochemischen Instituten oftmals kaum noch aufgrund der technischen und methodischen Ausstattung voneinander unterscheiden. Aus diesem gemeinsamen Forschungsinteresse an der Zelle entstehen immer wieder Bestrebungen, die Eigensta ¨ndigkeit der drei vorklinischen Disziplinen aufzugeben und eine vollsta ¨ndige Integration herbeizufu ¨hren. Von einer solchen Integration, die inzwischen auch ihren Niederschlag in integrierten vorklinischen Lehrbu ¨chern gefunden hat, erhofft man sich besondere Synergieeffekte und Qualita ¨tsverbesserung in Lehre und Forschung. Andere, zu denen ich geho ¨re, verstehen unter Integration aber das, was in diesem Bild veranschau¨ berlaplicht ist, na ¨mlich enge Beru ¨hrungen und U pungen zwischen den Disziplinen bei Bewahrung einer gewachsenen Eigensta ¨ndigkeit. Jede Disziplin hat ihre eigenen spezifischen wissenschaftlichen Betrachtungsweisen. Die daraus entspringenden
D. Drenckhahn methodisch-konzeptionellen Zugangsweisen zu einem wissenschaftlichen Problem unterscheiden sich von denjenigen, mit denen dasselbe Problem durch andere Disziplinen angegangen wird. So wie biologische Diversita ¨t in der Natur die Basis fu ¨r stabile ¨ kosysteme bildet, so ist die Vielfalt der mediziO nischen Disziplin Erfolg versprechender als verordnete Integration. Diese besondere wissenschaftliche Nische oder Perspektive ist bei uns Anatomen und Zellbiologen prima ¨r strukturell gepra ¨gt. Die Anatomie hat aufgrund ihrer traditionellen breiten Ausbildungs- und Unterrichtserfahrung in der Regel den ¨ berblick u umfassendsten U ¨ber den Organismus und kann dadurch oftmals besser als andere Disziplinen aus Beobachtungen u ¨ber gewebliche und zellula ¨re Zuordnung von Moleku ¨len funktionelle Zusammenha ¨nge erkennen. Der studentische Unterricht in Makroskopie und Mikroskopie ist deshalb nicht nur ¨rznotwendige Verpflichtung zur Ausbildung der A teschaft, sondern gleichzeitig auch eine wichtige Grundlage unseres wissenschaftlichen Denkens und Handelns, die ohne Unterricht verloren gehen wu ¨rde. Die Sta ¨rke des Faches besteht im Vertrauen darauf, durch Analyse von Strukturen, funktionelle Zusammenha ¨nge aufdecken zu ko ¨nnen. Die Entdeckung des Erregungsleitungssystems des Herzens ist geradezu ein Paradebeispiel, das zeigt, wie ein unbeirrbares Vertrauen auf Strukturen zu einem großen Welterfolg der medizinischen Forschung gefu ¨hrt hat. Die zeitlich getrennte Abfolge von Vorhofkontraktion und Kammerkontraktion ließen Ende des 19. Jahrhunderts an Verbindungen zwischen Vorhof und Kammer denken, die entweder durch Nerven oder durch elektrisch leitende Muskelfasern erfolgen ko ¨nnten. Histologen fanden keine auffa ¨lligen Nervenverbindungen zwischen Vorhof und Kammern des menschlichen Herzens, so dass ein nervo ¨ses Leitungssystem im Herzen fu ¨r den Morphologen nicht gut vorstellbar war. Der Leipziger Wilhelm His entdeckte 1893 ein Muskelbu ¨ndel zwischen Vorhof und Ventrikelsystem, das atrioventrikula ¨re Bu ¨ndel. Nach dessen Durchschneidung stellte His eine absolute Arrhythmie im Tierexperiment fest [His W. jun. (1893) Arbeiten aus der medizinischen Klinik zu Leipzig, pp. 14–49]. Ludwig Aschoff in Marburg folgerte, dass das His-Bu ¨ndel keine vollsta ¨ndige Erkla ¨rung fu ¨r das Kontraktionsverhalten des Herzens sein konnte, ¨ berleitung der Erregung auf das Kamweil bei U merseptum und damit die Herzbasis zuerst die Ausstrombahn kontrahieren mu ¨sste, und somit eine von der Herzspitze ausgehende Entleerung der Ventrikel behindert wu ¨rde. Er forderte deshalb ein Erregungsleitungssystem bis in den Herzspitzenbereich und stellte dem japanischen
ARTICLE IN PRESS Ero ¨ffnungsansprache anla ¨sslich der 99. Versammlung Gastwissenschaftler Dr. Sunao Tawara die Aufgabe, dieses strukturell zu analysieren. Es wurde allerdings schon damals etwas die Nase geru ¨mpft, prima ¨r morphologisch ausgerichtete Studien vorzunehmen. So steht es im Vorwort von Aschoff zur Monographie von S. Tawara (1906), das auszugsweise hier (Abb. 8) abgedruckt ist. Aschoff konnte schließlich mit einer gewissen Genugtuung konstatieren: Dieses Vertrauen auf die Struktur wurde ’’ schließlich in hervorragender Weise belohnt‘‘. Anmerken mo ¨chte ich noch dazu, dass heute weder Aschoff noch Tawara mit diesen rein strukturell ausgerichteten Untersuchungen einen DFG-Antrag durchbekommen ha ¨tten, und weiterhin, dass die Publikation ihrer Bahn brechenden morphologischen Ergebnisse in einem Verhandlungsband der Pathologischen Gesellschaft und schließlich in dieser Monographie von den Impaktfaktor-Gla ¨ubigen unserer Tage nicht gewu ¨rdigt worden wa ¨re. Tawara fertigte Serienschnitte an (Abb. 9) und fand schließlich, dass sich das His-Bu ¨ndel, welches in Abb. 8 orangefarben dargestellt ist, im muskula ¨ren Ventrikelseptum in Schenkel aus spezialisierten Herzmuskelzellen aufspaltet, die 1845 der bo ¨hmische Forscher Johann Evangelista Purkinje in Breslau als knorpela ¨hnliche Zellen beschrieben hatte, ohne damals eine funktionelle Zuordnung dieser eigentu ¨mlichen Zellen vornehmen zu ko ¨nnen. Tawara hat ebenfalls gefunden, dass die Kammerschenkel und die Bu ¨ndel der PurkinjeFasern von Bindegewebe eingehu ¨llt sind, das in der Van-Gieson-Fa ¨rbung violett erscheint. Erst im
7 Spitzendrittel des Herzens gehen die PurkinjeFasern in Kammermuskulatur und Papillarmuskeln ¨ber. Aus diesen rein morphologischen Befunden u entstand die heute noch gu ¨ltige funktionelle Interpretation u ¨ber die Erregungsausbreitung im Herzen, bevor elektrophysiologische Experimente den funktionellen Beweis fu ¨r die zentrale Bedeutung des Aschoff-Tawara-Erregungsleitungssystems erbringen konnten. Tawara untersuchte schließlich im Detail das Hundeherz und gab millimetergenau anatomische Hinweise fu ¨r Durchschneidungsexperimente an, die von Physiologen durchgefu ¨hrt werden sollten, um seine Folgerungen weiter zu belegen. Heute wu ¨rden wir als Anatomen und Zellbiologen sagen, dass wir die aus der Struktur entwickelten Hypothesen zur Funktion natu ¨rlich selbst ¨ uberpru ¨fen wu ¨rden, weil wir uns mit der bloßen Beschreibung der Struktur nicht mehr zufrieden geben wollen. Aschoff und Tawara haben mit ihren auf der Rekonstruktion von histologischen Serienschnitten beruhenden Untersuchungen die immer noch gu ¨ltige strukturelle Grundlage der sich im EKG widerspiegelnden Erregungsausbreitung im Herzen aufgedeckt (Abb. 10). Die Erregung breitet sich vom Sinusknoten u ¨ber den Vorhof aus. Spezifische Erregungsleitungsmuskulatur zwischen Sinusknoten und AV-Knoten gibt es nicht. Diese Vorstellung wurde abschließend 1910 auf dem Pathologenkongress in Erlangen zu Grabe getragen, geistert aber immer noch in manchen Lehrbu ¨chern herum. Der AV-Knoten verzo ¨gert die Erregungsausbreitung um
Abbildung 8. Vorwort von Ludwig Aschoff zur Monographie von Sunao Tawara u ¨ber das Erregungsleitungssystem des Herzens.
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Abbildung 9. Beru ¨hmte histologische Schnittserie durch die Pars membranacea des Ventrikelseptums des menschlichen Herzens (links) und Darstellung des Erregungsleitungssystems des linken Ventrikels (rechts). Im histologischen Schnitt (Van-Gieson-Fa ¨rbung) sind das Bindegewebe violett und die Erregungsleitungsmuskulatur orange koloriert. Aus: Tawara S. (1906) Das Reizleitungssystem des Sa ¨ugetierherzens. Fischer, Jena.
eine 1/10 Sekunde und la ¨sst dann die Erregung u ¨ber die Tawara’schen Kammerschenkel zur Herzspitze propagieren. Im distalen Drittel des Septums findet zuerst die Erregungsu ¨bertragung auf das Kammermyokard statt, so dass das Septum als erster Abschnitt des Ventrikelmyokards ru ¨ckwa ¨rtig in Richtung auf die Herzbasis erregt wird. Das fu ¨hrt zu einem rechts gerichteten Vektor, der vereinbarungsgema ¨ß zu einem Ausschlag nach unten im EKG registriert wird und die Q-Zacke bildet. Es folgt dann die gesamte Erregung der Spitzenha ¨lfte des Herzens, mit der nach links gerichteten R-Zacke, die zugleich auch die anatomische La ¨ngsachse des Herzens widerspiegelt. Die anschließend zur Herzbasis aufsteigende Erregung bildet die kra ¨ftige S-Zacke. Diese rein anatomisch zu erkla ¨renden Grundlagen des EKGs geho ¨ren bei der Besprechung des Erregungsleitungssystems des Herzens natu ¨rlich in den modernen anatomischen Unterricht. Die Physiologen und Kliniker haben es dann wesentlich leichter, die speziellen elektround pathophysiologischen Sachverhalte den Studenten zu erla ¨utern. Ich mo ¨chte noch einmal auf eine Besonderheit des Erregungsbildungs- und -leitungssystems des Herzens eingehen. Ein im deutschen Schrifttum weitgehend vergessener, aber im angloamerikanischen Raum sehr gegenwa ¨rtiger Pathologe und Anatom war Walter Koch aus Marburg, ein Doktorand von Aschoff. Koch hat den Namen Sinuskonten gepra ¨gt und detaillierte Untersuchungen u ¨ber die
Topographie und Histologie von Sinus- und AVKnoten durchgefu ¨hrt. Der Sinusknoten liegt typischerweise subepikardial im Sulcus terminalis (Abb. 11) und hat eine bis 2,5 cm lange, karottenfo ¨rmige Gestalt, die sich kaudalwa ¨rts verju ¨ngt. Er ist reich an Kollagenfasern, die ihn in der VanGieson-Fa ¨rbung durch kra ¨ftige Rotfa ¨rbung vom ¨brigen Myokard abheben. Dazwischen liegen Nesu ter von rundlichen Schrittmacherzellen, die bei ¨ bersicht nicht zu sehen sind. Ein Charakdieser U teristikum ist die stets durch den Knoten laufende Sinusknotenarterie. Durch ihren Verlauf kann ja auch im Pra ¨parierkurs die Ausdehnung des Knotens pra ¨zise von den Studenten abgesteckt werden. Koch hat weiterhin die Topographie des AV-Knotens in einem dreieckigen Abschnitt des Vorhofs definiert, welcher im Angloamerikanischen als KochDreieck bekannt ist und auch von manchen Kardiologen in Deutschland so benannt wird. Ich komme auf die Topographie des Koch-Dreiecks gleich zuru ¨ck. Der prinzipielle Bau des AV-Knotens war bereits durch Tawara und die Arbeiten von Koch weitgehend richtig beschrieben und wurde in eine Transitionszone und eine kompakte Zone untergliedert. Die Arbeiten von Thomas James und anderen haben in der 2. Ha ¨lfte des abgelaufenen Jahrhunderts weiteres Detailwissen zum AV-Knoten erbracht, u.a. was eine genauere Analyse der Verbindungen zwischen AV-Knoten und Vorhofmuskulatur betrifft, mit besonderer Beru ¨cksichtigung von Kurzschlussverbindungen, so genannte
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Abbildung 10. Strukturelle Grundlage des Elektrokardiogramms des menschlichen Herzens. Aus: Drenckhahn D. (2004) In: Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie Bd. 2. Elsevier GmbH, Urban & Fischer, Mu ¨nchen.
¨ ber atriofaszikula ¨re und atrioventrikula ¨re Fasern. U diese kann die Erregung am Knoten vorbei in das His-Bu ¨ndel oder die Kammermuskulatur ¨ uberspringen. Auf diese Weise ko ¨nnen schwere Herz-Rhythmus-Sto ¨rungen entstehen. Heute ko ¨nnen diese Bu ¨ndel durch pra ¨zise Mikro-Lokalisation mit Hilfe des Herzkatheters im Koch-Dreieck abgeleitet und durch Hochfrequenzablation gezielt zersto ¨rt werden. Das Koch-Dreieck ist hier (Abb. 12) noch einmal illustriert. Es liegt zwischen der Tendo valvulae venae cavae inferioris, im Angloamerikanischen als Todaro-Sehne bezeichnet, der Basis des septalen Trikuspidalsegels und der Mu ¨ndung des Sinus coronarius. Der AV-Knoten liegt ausnahmslos in der Spitzenha ¨lfte des Koch-Dreiecks und ragt auf das Trigonum fibrosum dextrum herauf. Es ist die
9 Aufgabe unseres Faches, Schritt mit den Entwicklungen in der Klinik zu halten und den Medizinstudenten und ku ¨nftigen Arzt auf diese besonderen anatomischen Verha ¨ltnisse vorzubereiten. Lassen Sie mich abschließend noch auf die molekulare Dimension kommen. Immunhistochemische und elektronenmikroskopische Untersuchungen haben gezeigt, dass die plumpen Schrittmacherzellen, P-Zellen, in der kompakten Zone des Sinusknotens durch Nexus gekoppelt sind, die das Connexin 45 enthalten (Abb. 13). Dieses besitzt den geringsten elektrischen Leitwert unter den Connexinen, na ¨mlich nur 25 Pikosiemens. Die PurkinjeFaserzellen besitzen das am schnellsten leitende Connexin u ¨berhaupt, das Connexin 40, mit einem Leitwert von 150 Pikosiemens. Durch diese Nexus mit spezialisierten Connexinen kann die besonders schnelle Erregungsausbreitung u ¨ber die PurkinjeFasern strukturell molekular erkla ¨rt werden. Der AV-Knoten ist wahrscheinlich ¨ ahnlich strukturiert. Eine detaillierte histologische und ultrastrukturelle Untersuchung ist aber immer noch nicht erfolgt und wa ¨re besonders wu ¨nschenswert, auch wenn eine solche Untersuchung mo ¨glicherweise nur‘‘ in ’’ histologischen Journalen mit geringem Inpaktfaktor publiziert werden ko ¨nnten. Dieses Schema (Abb. 13) verdeutlicht die Situa¨ bertragung zwischen Sinustion der elektrischen U knotenzellen und Vorhofmyokard. Man kann bei der schwachen Leitfa ¨higkeit von Connexin 45 davon ausgehen, dass nur starke und synchrone Depolarisationen auf die Transitionszellen weitergeleitet werden. Diese sind mit dem Vorhofmyokard ebenfalls u ¨ber Nexus verbunden und zwar auf der Transitionszellseite durch das Connexin 45, und im Bereich des Arbeitsmyokards durch das mit 100 Pikosiemens wesentlich leitfa ¨higere Connexin 43. Der heterotypische Kontakt zwischen Connexin 45 und Connexin 43 scheint Gleichrichterfunktion zu haben, mit einer bevorzugten Erregungsleitung von den Transitionszellen zum Arbeitsmyokard und einer Verhinderung der ru ¨ckwa ¨rtigen Erregungsausbreitung vom Arbeitsmyokard zum Sinusknoten. Diese und andere Analysen zur Expression und Lokalisation bestimmter Moleku ¨le, in diesem Fall von Connexinen, sind auf geweblicher und zellula ¨rer Ebene klassische Felder der modernen Anatomie und Zellbiologie. Sie ko ¨nnen nur schwerlich von anderen Disziplinen mit dieser Pra ¨zision vorgenommen werden. Ich habe es in meinem Vortrag nicht geschafft, auf eine weitere sehr wichtige Teildisziplin unseres Faches einzugehen, na ¨mlich auf die Embryologie. Dieses Versa ¨umnis ist gerade bei der Besprechung des Herzens kaum zu verzeihen, weil Sto ¨rungen der Herzentwicklung immer als Paradebeispiel fu ¨r die
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Abbildung 11. Topographie und Struktur von Sinus- und Atrioventrikularknoten. (a) Koch W. (1909) Weitere Mitteilungen u ¨ber den Sinusknoten des Herzens. Verh. der Deutschen Pathol. Ges. pp. 85–92. (b) Drenckhahn D. (2004) In: Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie Bd. 2. Elsevier GmbH, Urban & Fischer, Mu ¨nchen.
Abbildung 13. Vorstellung zur Erregungsu ¨bertragung von Schrittmacherzellen des Sinusknotens auf die Arbeitsmuskulatur des Vorhofs durch homo- und heterotypische Nexuskontakte zwischen den Connexinen 45 und 43. Zusammengestellt nach verschiedenen Angaben in der Literatur.
Abbildung 12. Topographie des Koch-Dreiecks. Aus Drenckhahn D. (2004) In: Benninghoff/Drenckhahn, Anatomie Bd. 2. Elsevier GmbH, Urban & Fischer, Mu ¨nchen.
Bedeutung embryologischer Grundlagen fu ¨r das Versta ¨ndnis von angeborenen Erkrankungen herangezogen werden. Die Embryologie ist aber zu bedeutend, um sie nur randlich im Rahmen einer Ero ¨ffnungsrede abzuhandeln. Die Verha ¨ltnisse der
ARTICLE IN PRESS Ero ¨ffnungsansprache anla ¨sslich der 99. Versammlung Herzentwicklung sind obendrein sehr kompliziert und lassen sich nicht so einga ¨ngig in einer Ero ¨ffnungsrede darstellen wie die anderen hier behandelten Gesichtspunkte des Herzens. Ein wichtiges Forschungsfeld der Anatomie mit wachsender Bedeutung ist die Entwicklungsbiologie, welche inzwischen durch den Einsatz molekularer Methoden zu klinisch wichtigen Konzepten und Therapiestrategien gelangt ist, beispielsweise auf dem Gebiet der Stammzellforschung und Geweberegeneration. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich abschließend an Sie appellieren, die Anatomie in allen ihren Facetten in lebendiger Form zu erhalten. Dazu geho ¨rt ein vorbildlicher Einsatz, nicht nur in der Lehre, sondern ganz besonders auch in der Forschung. Vor allem die Forschungsleistungen werden daru ¨ber entscheiden, ob die Anatomie ihre noch zentrale Stellung als Universita ¨tsinstitution beha ¨lt oder sich in eine mehr unterrichtsorientierte Lehreinheit mit Fachhochschulausrichtung wandelt. Es wa ¨re wu ¨nschenswert, wenn gerade die Institute im alpenla ¨ndischen Bereich die Auflo ¨sung
11 des Faches in Lehrstu ¨hle und Institute mit besonderer Unterrichts- und Forschungsspezialisierung ru ¨ckga ¨ngig machen wu ¨rden. Wir brauchen die anatomische Lehre in ihrer ganzen Breite, nicht ¨rzte, sondern auch, um nur zur Ausbildung junger A uns als Wissenschaftler die Kompetenz zu einer ¨bergeordneten strukturell-funktionellen Sichtu weise anzueignen und dieses Wissen zu vervollkommnen. Die Bewahrung und Weiterentwicklung dieses strukturell-funktionellen Wissens unseres Faches ist eine große Verpflichtung, die nicht leichtfertig aufgegeben werden darf. Die großartigen Erfolge von Koelliker, Aschoff, Tawara, Koch und anderen ko ¨nnen bis in die ju ¨ngste Zeit beweisen, dass prima ¨r strukturell ausgerichtete Forschungsstrategien ganz wesentlich zum Erkenntnisfortschritt in der Medizin beigetragen haben und mit Sicherheit auch weiterhin beitragen werden, weil, wie schon Koelliker voraussagte, inzwischen eine neue Zeit der Molekulartheorie‘‘der Histolo’’ gie und Anatomie begonnen hat mit spannenden forscherischen Perspektiven.