Heutige und zukünftige probleme der tierernährungs-forschung

Heutige und zukünftige probleme der tierernährungs-forschung

Livestock Production Science, 1 (1974)351--354 © Elsevier Scientific Publishing Company, Amsterdam -- Printed in The Netherlands HEUTIGE UND ZUKONFT...

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Livestock Production Science, 1 (1974)351--354

© Elsevier Scientific Publishing Company, Amsterdam -- Printed in The Netherlands

HEUTIGE UND ZUKONFTIGE PROBLEME DER TIERERNAHRUNGSFORSCHUNG

A. SCHURCH Institut fur Tiererni~hrung, Eidgen(~ssische Technische Hochschule, Zurich (Suisse)

EINLEITUNG Hauptaufgabe der Forschung auf dem Gebiet der Tierern~ihrung ist die Suche nach MSglichkeiten zur besseren Verwertung der verffigbaren Futtermittel durch die verschiedenen Haustiere. Dabei sollen hochwertige Nahrungsmittel ffir den menschlichen Konsum erzeugt werden. Zu diesem Zweck muss der N~ihrwert der Futtermittel, ihre Verarbeitung und Konservierung sowie ihre A u f n a h m e und Verwertung untersucht werden. Besondere Beachtung ist dem Einfluss der Tierern~ihrung auf die Ern~ihrungsphysiologischen Eigenschaften tierischer Produkte zu schenken. FUTTERMITTEL Rauhfuttermittel

Die Fl~iche des natfirlichen Grfinlandes der Erde ist mit rund 2,6 × 10 0 Hektaren ungef~[hr 2,5 mal so gross wie die gesamte Ackerfl~iche; ein betr~ichtlicher Teil davon wird jedoch nicht in geeigneter Weise ffir die Tierproduktion genutzt Aus diesem Grund werden Untersuchungen fiber die bestmSgliche Verwertung yon R a u h f u t t e r m i t t e l n durch den Wiederk~iuer immer von besonderer Bedeutung sein. Die Griinlandforschung, die in starkem Masse yon den klimatischen Bedingungen abh~ingt, wird sich auch in Z u k u n f t mit Methoden zur GrSnlandverbesserung zu befassen haben. Diese umfassen die Einffihrung neuer Arten, haupts~ichlich von Leguminosen, Bew~isserung und Dfingung sowie Ffitterungsmethoden, die v o n d e r alleinigen Stallffitterung bis zum ganzj~ihrigen Weidegang reichen kSnnen. In Weidegebieten bildet sowohl die Uber- als auch die Unternutzung ein wichtiges Problem. Beide Nutzungsextreme haben eine unzureichende Bodenproduktivit~it zur Folge. Ffir natfirliches Weideland ist eine grosse, von Klima und Jahreszeit abh~ingige Variation des Futterertrages typisch. Es ist deshalb notwendig, die Besatzdichte diesen Bedingungen anzupassen, Futterfiberschfisse zu konservieren oder in Perioden geringen Futterwachstums Erg~inzungsfutter zu verabreichen. Falls keine dieser Massnahmen ergriffen werden kann, mfissen die Tiere in Zeiten genfigender F u t t e r p r o d u k t i o n KSrperreserven aufbauen, die

352 alsdann bei Futtermangel verbraucht und anschliessend wiederum aufgebaut werden. Neue Verfahren der Futtermittelkonservierung oder Verbesserung bestehender Verfahren sowie Untersuchungen fiber den Stoffwechselmechanismus des kompensatorischen Wachstums dfirften zur rationelleren Nutzung des Weidelandes beitragen. Recht wenig ist fiber die in Pflanzen enthaltenen Giftstoffe bekannt. Der Befall von Luzerne und Weissklee mit verschiedenen pathogenen Pilzen 1/isst, wie neuere Untersuchungen gezeigt haben, den Oestrogengehalt dieser Pflanzen merklich ansteigen. Tiere auf solchen Weiden zeigen eine geringere Fruchtbarkeit. Weitere Untersuchungen fiber den Einfluss verschiedener Ernghrungsfaktoren auf das Fortpflanzungsgeschehen werden notwendig sein. Ein hiiufiges Problem auf leguminosenreichen Weiden mit hohem Proteinund niedrigem Rohfasergehalt ist die Bl~hsucht. In einigen Gebieten ist es deshalb notwendig, um gr5ssere Verluste zu verhindern, den Milchkfihen regelmiissig synthetische oberfl/ichenaktive Stoffe oder Olemulsioaen zu verabreichen oder die Weiden vor dem Austrieb der Tiere damit zu besprfihen. Man ist neuerdings der Ansicht, dass die abnormale Ansammlung von Gasen im Pansen auf bestimmte 15sliche Fraktionen der Blattproteine zurfickzuffihren ist. Die Schaumbildung wird jedoch durch gewisse Tannine, welche die schaumbildenden Proteine ausf~illen, verhindert. Da die ffir die Pansenbl/ihung verantwortlichen Leguminosen die aktiven Gerbstoffe nicht enthalten, kSnnte man vielleicht in Z u k u n f t das Problem der Bliihsucht dadurch 15sen, dass man tanninreiche Arten in die Weidemischung aufnimmt. Eine bessere Methode zur analytischen Unterscheidung zwischen verdaulichen und unverdaulichen Zellwandkomponenten als die weitverbreitete Rohfaserm e t h o d e oder das van Soest-Verfahren wiire von grossem Nutzen. Eine derartige Methode wfirde es gestatten, den N~ihrwert des Rauhfutters aufgrund einer chemischen Analyse genauer zu erfassen. In Z u k u n f t muss ein 5kologisches Gleichgewicht zwischen den Haustieren, den Wildtieren und dem Menschen in Bezug auf die Beanspruchung des natfirlichen Griinlandes gefunden werden, das dazu beitdigt, die irreversible ZerstSrung der Bodenproduktivit~it zu verhindern, die Wildtiere vor dem Aussterben zu schfitzen und gleichzeitig die Erholungsbediirfnisse des Menschen zu befriedigen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind interdiszipliniire Untersuchungen erforderlich.

Kraftfu ttermittel Der Wettbewerb zwischen Menschen und landwirtschaftlichen Nutztieren um Getreide und eiweissreiche Produkte, welche direkt ffir die menschliche Erniihrung verwendet werden kSnnen, n i m m t zu. Man wird also ffir die landwirtschaftlichen Nutztiere, insbesondere fiir Schweine und Geflfigel, neue Energieund Proteinquellen finden miissen. Auch werden in Z u k u n f t die konventionellen Kraftfuttermittel besser genutzt werden mfissen. Hierzu sind zus~itzliche Kenntnisse fiber die Zusammensetzung und den Futterwert der Futtermittel, insbe-

353 sondere fiber die Verffigbarkeit der Proteine und Spurenelemente sowie fiber die Erg~inzung yon F u t t e r r a t i o n e n durch unkonventionelle K r a f t f u t t e r m i t t e l und durch N e b e n p r o d u k t e neuer industrieller Verfahren erforderlich. Da es immer schwieriger wird, Proteine zu einem niedrigen Preis zu beschaffen, gewinnen Untersuchungen fiber die bessere Verwertung des Proteins durch den Wiederk~iuer an Bedeutung. Diese Untersuchungen konzentrieren sich zur Zeit auf Verfahren, welche den Abbau der Proteine durch die Mikroorganismen im Pansen vermindern, sowie auf die HShe der Gaben und die Methoden zur Verffitterung yon Nichtproteinstickstoff. Viele Fragen hinsichtlich einer ausgeglichenen Erg~inzung yon Rationen, die Proteine geringer Qualit~it enthalten, durch einzelne Aminos~iuren ffir Nichtwiederk~uer bedfirfen noch der Kl~irung. In vielen L~indern ist in letzter Zeit der Einsatz verschiedener wachstumsfSrdernder und antibakterieller Stoffe in der Tierern~ihrung verboten worden, h~iufig aufgrund wenig fiberzeugender Argumente. Um die Verluste heranwachsender Jungtiere durch unspezifische VerdauungsstSrungen niedrig zu halten und um maximale Wachstumsraten zu ermSglichen, sind weitere objektire Untersuchungen fiber die Nfitzlichkeit und mSgliche Gefahren yon Futterzus~itzen dringend erforderlich. FUTTERAUFNAHME UND FUTTERVERWERTUNG Zfichtung auf h f h e r e Leistungen muss von einer angepassten Ffitterung der Hochleistungstiere begleitet sein. Aus diesem G rund sind Untersuchungen fiber F u t t e r a u f n a h m e , Verdauung und Stoffwechsel yon Hochleistungstieren notwendig, so dass ihr genetisches Potential optimal ausgenutzt werden kann. Es wird notwendig sein, periodisch die Ffitterungsnormen auf ihre Gfiltigkeit zu prfifen und nach Bedarf zu revidieren, wobei vor allem neuere Angaben fiber den Bedarf an S p u r e n e l e m e n t e n zu berficksichtigen sind. Aus diesem G rund sollte man sich bald fiber ein zuverl~issiges Mass ffir den energetischen Weft der F u t t e r m i t t e l und den Energiebedarf einigen. Die Bedeutung des Wiederk~iuers ffir die Umwandlung yon Zellulose und yon Nichtproteinstickstoff, d i e in reichlichen Mengen zur Verffigung stehen, in Milch und Fleisch, wird auch in Z u k u n f t einen Anreiz zum Studium der im Pansen s t a t t f i n d e n d e n mikrobiellen Prozesse bilden. Erstaunlicherweise ist unser Wissen fiber die Zusammensetzung der Mikrobenpopulation, die S t o f f w e c h s e l f u n k t i o n e n verschiedener St~imme sowie den Einfluss von Ern~ihrungsfaktoren auf ihre Aktiviti~t im Pansen n och sehr gering. TIERERNAHRUNG UND ERNAHRUNGSPHYSIOLOGISCHER WERT DER PRODUKTE Als Folge der wachsenden Kenntnisse fiber den Nahrungsbedarf des Menschen und des h o h e n Lebensstandards in den entwickelten Liindern werden neben gerechtfertigten auch unverniinftige Forderungen an die "Qualit~it" tierischer P r o d u k t e gestellt. Die Nachfrage des Verbrauchers nach Fet t en, die reich an

354 Polyens/iuren sind, bildet immer noch eine Herausforderung ffir die Tierern~ihrer. Im Bestreben den Gehalt tierischer Fette zu erh5hen, sind an Nichtwiederk~iuem Rationen mit einem hohen Gehalt an solchen Fetts/iuren mit gutem Erfolg verabreicht worden. Bei Wiederk~iuern kSnnen die mit der Nahrung aufgenommenen unges~ittigten Fetts~iuren das KSrpergewebe jedoch nur unver~indert erreichen, wenn sie gegen die Hydrierung im Pansen geschfitzt sind. Methoden zur Herstellung geschfitzter Fette durch Umhfillung der Fettkfigelchem mit einer denaturierten Proteinschicht sind bereits untersucht worden. Verabreicht man Wiederk/iuern solche Fette, so erh~ilt man Produkte, die reich an Polyens~iuren sind. Die Auswirkungen dieser Verfahren auf den Bedarf der Tiere an Vitamin E sowie auf den Konsumenten solcher Produkte mfissen noch weiter untersucht werden. Die Anforderungen der Nahrungsmittelindustrie an die Lagerf/ihigkeit und an die Eignung tierischer Produkte fiir die industrielle Weiterverarbeitung werden an Bedeutung zunehmen. Die mit der Verabreichung yon Zartmachern und grossen Mengen von Antioxidantien (z.B. Vit.E) an Tiere vor der Schlachtung zusammenh/ingenden Fragen sind noch nicht endgfiltig gekl~irt. Ferner ist noch nicht vSllig klar, welchen Einfluss die Ern~ihrung auf die Entstehung von Weissfleischigkeit und von weichem und w~srigem Fleisch bei schnell wachsenden Tieren hat. Das gleiche gilt in vielen F~llen ffir das Auftreten von Geschmacksver~inderungen in tierischen Produkten. Die Forschung fiber alle Qualit~itsprobleme sollte in engem K o n t a k t mit den Entwicklungen auf dem Gebiet der Nahrungsmitteltechnologie stehen.